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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielberichte => Thema gestartet von: Desch1986 am 26.12.2019 | 22:38

Titel: [Cthulhu] Ars Mathematica (und Vorgeschichte)
Beitrag von: Desch1986 am 26.12.2019 | 22:38
Geschildert wird hier unser Erlebnis mit dem Abenteuer "Ars Mathematica" von Andreas Osterroth sowie ein Teil der Vorgeschichte, da wir dieses Abenteuer zwischen einem One Shot und der Königsdämmerung-Kampagne mit den (fast) gleichen Charakteren bestritten haben. "Wir", das sind ich als Spielleiter und drei weitere Mitspieler. Wir spielen in der Konstellation nun fast vier Jahre zusammen und spielen - so würde ich das am ehesten beschreiben - mit einem etwas pulpigen Einschlag. Ich habe das Abenteuer als Übergang/Reiseabenteuer für meine Gruppe benutzt, da diese von Deutschland nach England reisen musste. Das Abenteuer habe ich daher auf der Zugstrecke von Duisburg nach Dünkirchen angesiedelt. Mit allen drei Spielern habe ich vorher ein selbst geschriebenes Abenteuer in Duisburg gespielt. Zwei der Charaktere (Anneliese und Leonora) sind nach wie vor dabei, der dritte Charakter (Walter) bleibt in Deutschland und der zugehörige Spieler verkörpert nun Jeremiah, den Anneliese und Leonora im Zug treffen. Die gesamte Geschichte mündete irgendwann im Start der Königsdämmerung-Kampagne, weshalb in dem Duisburger Abenteuer auch eine Korrespondenz des "Gegenspielers" mit Talbot Estus eingebaut wurde. Bei den Schilderungen lasse ich Infos zu Proben oder anderen Spielmechaniken weg. Aber am Ende gibt es ein kurzes Fazit.

Kurzbeschreibung der Charaktere


Ende des vorherigen Abenteuers

(den Text habe ich zum Vorlesen in der Runde geschrieben, daher ist er ein wenig ausgeschmückter als der Bericht selber weiter unten...)

Duisburg, der 17.01.1924; 23:30 Uhr. Der Anblick des blutverschmierten Ortsvorstehers Meyer ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er wollte einschlafen, aber wälzte sich stattdessen in einem für ihn viel zu großen Bett umher und wurde von seinen Gedanken nicht in Ruhe gelassen. Der Einsatz im Wirtshaus war nun schon vier Tage her: Ein verletzter Mann, zwei Tote und jede Menge Fragezeichen. Er konnte sich aus alledem keinen Reim machen. Was muss einem Jungen dieses Alters wiederfahren sein, um eine solche Tat zu vollbringen? Warum gerade Meyer? Was sollte er nur in den Bericht schreiben? Was seinen Vorgesetzten berichten? Er hatte nichts… seit diesem Abend noch nicht mal besonders viel Schlaf. Durch seine Gedanken drang ein penetrantes Klopfen; es dauerte etwas, bis er es realisierte. Es kam von seiner Wohnungstür. „Einen Moment, ich bin gleich da“, sagte er. Zuerst leise und nach einem ausgiebigen Räuspern ein zweites Mal etwas lauter. Er streifte die blaue Polizeihose neben seinem Bett über und knöpfte sich das Hemd halb zu, bevor er an die Tür ging. „Kommissar Hornbostel. Im Schacht I hat es eine Explosion gegeben!“

Der Regen tropfte auf die Windschutzscheibe; die in der Ferne aufsteigenden Rauchschwaden bedeckten die Sterne, verschlungen den Mond und machten die Nacht noch dunkler als sie sowieso schon war. Die Eindrücke der vergangenen zwei Stunden klebten in ihren Köpfen wie der Gestank des Ungeheuers, dem sie noch kurz zuvor gegenüberstanden, an ihrer Kleidung. Sie wollten weg, einfach weg. Drei Streifenwagen kamen ihnen entgegen; das Blaulicht ließ einen Blick auf ihre ausdruckslosen Gesichter zu. Dreimal, dann fuhren Walter, Leonora und Anneliese weiter in die Dunkelheit. Das ungleiche Trio verabredete sich für den nächsten Morgen; schlafen sollte jedoch keiner. Anneliese und Leonora konnten nicht; Walter wollte nicht: Er verbrachte den Rest der Nacht in seiner Dunkelkammer und vor der Schreibmaschine. Die Welt musste erfahren, was dort geschehen ist. In die nächste Abendausgabe würde es sein Bericht schon schaffen.

Am nächsten Morgen – Innenstadt-Café. Anneliese – noch immer sichtlich mitgenommen von der Tatsache, dass sie Henry am Vorabend im Schacht zurücklassen musste - rang um Fassung, als Walter die beiden mit seinem Artikel konfrontierte. Die Fotos, die reißerischen Schilderungen und vor allem ihr Name als Bestandteil des Textes. “Ihr seid Helden! Kommt erstmal runter und trinkt etwas. So ein Erlebnis schweißt zusammen, wir sollten uns besser kennenlernen. Apfelschorle?” Versuchte Walter sein Werk zu verteidigen. Anneliese packte ihn am Kragen und zog ihn an sich heran. “Ein Wort über uns in dieser Geschichte und sie lernen mich kennen, das sage ich ihnen.” Leonora grinste. Der Artikel ging ohne die Nennung von Namen in Druck. Er fand jedoch eine überaus große Beachtung – positiv wie negativ. Die Polizei lud Walter zu Befragungen ein und beschuldigte ihn des Hausfriedensbruchs und anderen illegalen Aktivitäten; mit Hilfe seiner Redaktion und Hinweisen auf den Informantenschutz kam Walter jedoch glimpflich davon. Der Schacht der Stillfried GmbH wurde stillgelegt, eine Bergung und Freilegung der Strukturen aus dieser Tiefe würde Jahrzehnte dauern – viele gingen davon aus, dass man nichts finden würde, da sie Walter Königs Geschichte für eine Lüge hielten. Das Gelände und die Bürogebäude der Stillfried GmbH gingen an die Stadt Duisburg über und wurden nach einigen Monaten von Fritz Thyssen aufgekauft, der sich durch seinen Widerstand gegen die französisch-belgischen Besatzer in der Öffentlichkeit großer Beliebtheit erfreute.

Überleitung zu Ars Mathematica

Oktober 1924. Neben ihren Eltern in London war Leonora für Anneliese ein wichtiger Anker bei der Verarbeitung des Erlebten. Je besser sich Leonora und Anneliese kennenlernten, desto weniger trafen sie sich mit Walter; dieser fand viel Gefallen an zahlreichen Auftritten in ganz Deutschland, wo er einem interessierten Publikum regelmäßig von seiner Version der Schacht-Geschichte erzählte. Leonora und Anneliese verbrachten viel Zeit mit Nachforschungen, um weitere Hinweise auf den Kult, Talbot Estus und den Monolithen zu finden. Es mag Zufall oder göttliche Vorhersehung gewesen sein, als Annelieses Eltern einen entscheidenden Hinweis lieferten: Einen Flyer vom Scala Theater in London. Talbot Estus inszeniert dort das Stück „Carcosa“. Die Premiere in London ist in schon in einer Woche, am 17. Oktober 1924. Auf Drängen von Leonora und Anneliese – mit dem ersten handfesten Hinweis für weitere Nachforschungen – treffen sich die drei am Sonntagmorgen, den 12. Oktober 1924 mit Walter in Duisburg. Die Reisetickets bereits in der Tasche, berichten die beiden Walter von ihrem Vorhaben. Dieser weigert sich, die Reise mit den beiden anzutreten. Vorrangig um sich um seine Familie zu kümmern, insgeheim jedoch auch um seinen Glauben nicht noch einmal aufs Spiel zu setzen.

So finden sich Anneliese und Leonora am nächsten Abend gegen halb sieben am Duisburger Hauptbahnhof, wo der Nachtexpress nach Dünkirchen gerade einfährt.

Geschehnisse in Ars Mathematica

Anneliese und Leonora treffen am Hauptbahnhof ein, dort werden sie in ein Gespräch mit Merrit Hartwell und Clyde Hopkins verwickelt. Dabei werden sie von Jeremiah beobachtet, vor dessen Fenster sich das Gespräch abspielt. Als er von Anneliese erfährt, dass sie Archäologin ist, erzählt Merrit von einem interessanten Artefakt, welches er den beiden gerne in seinem Abteil zeigen will. Clyde eilt voraus, um alles vorzubereiten. Anneliese und Leonora stimmen der Einladung von Merrit zu und verabreden eine Zeit kurz nach Fahrtbeginn. Ebenfalls von diesem scheinbar wertvollen Artefakt angetan, bringt sich Jeremiah im Zug bei Clyde ebenfalls ins Gespräch und wird daher auch eingeladen, sich das Artefakt näher anzusehen.

Am Bahnsteig selber wird ansonsten noch die Polizistin Florence Jackson wahrgenommen; ebenso die beiden Wissenschaftler Felix Hausdorff und Peter Ingendahl, welche lautstark über ein mathematisches Problem diskutieren. Die beiden Zugräuber Philips und Bixby stechen für keinen der dreien aus der Masse hervor. Den besonders gut und teuer eingekleideten Lord Abbott nehmen die drei ebenfalls erst im Zug war, lassen ihn aber links liegen.

Jeremiah, Anneliese und Leonora teilen sich während der Überfahrt das gleiche Abteil und lernen sich dort oberflächlich kennen. Dies ist auf Grund von Jeremiahs Charme und Aussehen kein großes Problem. Gemeinsam machen sie sich kurze Zeit später in das Abteil von Merrit und Clyde auf. Jeremiah erkennt, dass Clyde sehr nervös ist und mit übermäßigem Weinkonsum gegensteuert. Jedoch lassen sich alle drei von Merrits bedeutungsschwangeren Worten und dem kleinen Versuchsaufbau (er entzündet kleine Kohlen in einer Pfanne vor einem schwarzen Spiegel) in seinen Bann ziehen. Alle drei blicken in den Spiegel von Mortlan und werden von den Hetzhunden gesehen. Jeremiah erhält am meisten Stabilitätsverlust und wird fortan (ohne dass er es jetzt schon weiss) das bevorzugte Opfer sein. Als die drei wieder aus ihrer seltsamen Trance erwachen, sind weder Merrit noch Clyde zu sehen. Von ihnen fehlt jede Spur.

Die drei durchsuchen den Wagon, finden aber die beiden nicht. Nach kurzer Beratschlagung und beunruhigt durch die erlebte Vision, schauen sie sich das Abteil von Clyde und Merrit genauer an. Leonora findet das Tagebuch von Merrit und erfährt von dem "Fluch", den er sich mit dem Spiegel eingehandelt hat. Anneliese gelingt es, in den krakeligen Notizen so etwas wie eine unvollendete mathematische Formel zu erkennen. Die drei beginnen zu begreifen, dass die Zeit drängt. Sie beschließen, nun auch den restlichen Zug zu durchsuchen, um Merrit und Clyde zur Rede zu stellen. Dabei ignorieren sie so gut wie alle anderen Mitreisenden.

Im Gepäckwagen finden sie schließlich Clyde in der Mitte des Wagens auf dem Boden sitzen. Er hat einen Folianten vor sich aufgeschlagen und seine Kleidung ist mit Gips verschmiert. Von Anneliese angesprochen bricht er in Tränen aus und entschuldigt sich bei den dreien, bleibt dabei aber panisch. Annelieses direkte und wenig rücksichtsvolle Art trägt nicht zur Besserung seiner Gemütslage bei. Als plötzlich Rauch in einer Ecke des Raumes aufsteigt, verliert er endgültig die Fassung und bricht zusammen. Die Investigatoren informieren unverzüglich das Zugpersonal, welche sich um ihn kümmert. Der Foliant wird von Leonora in dem Trubel mitgenommen. Als die drei den Wagen dafür verlassen haben, hat auch der Rauch in der Ecke aufgehört zu entstehen (vgl. oben: Die Hetzhunde sind hinter Jeremiah her).

Die Ermittler beratschlagen sich in ihrem Abteil und schauen sich den Folianten an. Sie kommen darauf, dass sie den unvollendeten matematischen Beweis führen müssen. Sie können ihn jedoch nicht selbst erstellen und nehmen die Hilfe eines mitreisenden Mathematikers in Anspruch. Durch viel (Würfel-)Glück werden sie doch noch auf seine +/- Schwäche aufmerksam und können korrigierend eingreifen.

Plötzlich gibt es Geschrei in einem der Abteile: Bixby und Philips haben eine teure Uhr von Lord Abbott geklaut und bewegen sich mit gezogenen Waffen durch den Zug. Florence Jackson eilt durch den Wagon nach vorne. Die drei Spielercharaktere halten sich aber heraus und sind nur an der Vollendung des Beweises interessiert. Jeremiah setzt Hausdorff erfolgreich unter Druck, als wieder Rauch in der Ecke aufsteigt. Hausdorff gibt immer mehr Kauderwelsch von sich und beginnt am Ende hysterisch zu lachen als er Anneliese den Zettel in die Hand drückt. Doch der Rauch steigt weiter auf und funkelnde Augen zeichnen sich darin ab! Jeremiah reisst Anneliese den Zettel aus der Hand und schaut sich die Formel an. Der Rauch wird weniger und die Augen verschwinden.

Derweil Offscreen: Bixby und Philips können durch einen Sprung durch ein Fenster entkommen. Florence Jackson konnte sie nicht stoppen, veranlasst aber einen Nothalt des Zuges. Von der nachrückenden Polizei wird auch der zerfetzte Körper Merrits gefunden, er ist den Hunden in seinem Versteck nicht entkommen.

Jeremiah muss fortan den Beweis bei sich tragen, um den Hetzhunden zu entgehen; der Spieler freut sich schon auf ein Gemetzel, sobald er diesen Zettel in einer ausweglosen Situation zerreisen wird.

Fazit

Ich bin von diesem Abenteuer nicht sonderlich überzeugt; für mich wirkt alles zu sehr präpariert (allen voran der mitreisende Mathematiker, der den Beweis führen muss, um die einzig richtige Lösung für das Abenteuer zu bewerkstelligen); auch haben die Charaktere, nachdem sie von dem "Fluch" auf sich wissen, keine wirkliche Motivation sich um irgendetwas anderes als die Aufhebung von diesem zu kümmern; die meisten Mitreisenden (die durchaus interessant sein können!) verkommen zu Statisten. Wenn ich das Abenteuer nochmal leiten sollte, würde ich die Abfolge so gestalten, dass die Charaktere erst ziemlich spät in den verfluchten Spiegel schauen :).