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Pen & Paper - Spielsysteme => Apocalypse World System (PbtA) => Thema gestartet von: aikar am 21.03.2020 | 07:50

Titel: Subjektives Versagen
Beitrag von: aikar am 21.03.2020 | 07:50
Ich habe jetzt schon mehrfach von Spielern die Beschwerde gehört, dass PbtA-Systeme zwar ein interessantes Spielgefühl liefern, es sich aber so anfühlt, als wären die Charaktere unfähig.
Nach kurzem Fragen lässt sich diese Aussage immer auf den Erfolg mit Haken bei 7-9 zurückführen. Diese Spieler haben das Gefühl, dass alles, was kein perfekter Erfolg ist, ein Versagen darstellt.

Rein statistisch erreicht z.B. ein  Dungeon World-Charakter sein angepeiltes Ziel deutlich häufiger als ein vergleichbarer D&D-Charakter

Ein typischer D&D-Anfängercharakter (Stufe 1-4) der in einem Bereich geübt ist und einen sehr guten Attributswert hat, hat einen Bonus von +5.
Das bedeutet bei einer durchschnittlichen Probe (15) eine Versagensschance von 1-9 = 45%.
Ein ungeübter Charakter mit einem durchschnittlichen Attributswert hat einen Bonus von +1.
Das bedeutet bei einer durchschnittlichen Probe (15) eine Versagensschance von 1-13 = 65%.

Ein Anfängercharakter mit einem guten Wert bei DW (+2) hat eine Chance von 6/36 ~ 16% nicht zu erreichen was er erreichen will und eine Chance von jeweils 15/36 ~ 42% sein Ziel mit Haken oder sehr gut zu erreichen.
Ein Anfängercharakter mit einem durchschnittlichen Wert bei DW (+0)  hat eine Chance von 15/36 ~ 42% nicht zu erreichen was er erreichen will, eine Chance von 15/36 ~ 42% sein Ziel mit Haken und von 6/36 ~ 16% sehr gut zu erreichen.

Diese Spieler rechnen den Erfolg mit Haken aber subjektiv dem Versagen zu, womit ein hohes Versagensgefühl aufkommt.
Dass das eigentliche Ziel erreicht wird, tritt neben dem Haken in den Hintergrund.

Das ist leider so schlimm, dass es einigen Spielern (und vor allem einer Spielerin, die mir sehr wichtig ist, meiner Frau  ;D) das Spiel ruiniert. Da ich aber sehr auf Dungeon World und andere PbtA-Systeme wie Der Sprawl stehe und gerne mehr damit machen würde, würde ich gerne einen Weg finden, dieses (in meinen Augen) Missverständnis aufzubrechen oder abzufedern, bin aber noch zu keiner Lösung gekommen.

Hat evtl. jemand hier Ideen? Hattet ihr schon ähnliche Erfahrungen? Wie geht ihr damit um?

Danke
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: KhornedBeef am 21.03.2020 | 08:15
Kann man fragen, woher diese Versagensgefühle kommen? *Psychotherapietonfall* ? Haben sie vielleicht zu oft Spiele gespielt, bei denen es nur darum geht, was ihnen nach einer Herausforderung alles fehlt gegenüber dem "perfekten" Ergebnis? Oder ist das eher eine private Sache?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Alexandro am 21.03.2020 | 08:21
Ich denke die Lösung liegt in der Überarbeitung der Moves. Gerade Dungeon World hat ein paar Moves, wo bei einen 7-9 Dinge passieren, welche in anderen System (nicht-kritische) Fehlschläge wären oder bei FATE Erfolge mit großen Haken. Oft sind das Moves nach dem Prinzip "Du erreichst X, aber dafür passiert dir Y schlimmes". Das fühlt sich natürlich nicht nach einem Erfolg an.

Besser sind Moves, wo man zwischen Erfolgsoptionen wählen kann und bei einer 10+ mehr Optionen auf einmal bekommt. Da hat man eher das Gefühl "7-9 ist ein Erfolg und 10+ ist ein supidupi-Erfolg".
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Toht am 21.03.2020 | 08:23
Vielleicht sind deine Haken auch zu ausufernd und gravierend?

Hast du es mal mit Clocks wie in Blades in the Dark probiert?

Beispiel: ihr seid verdeckt auf einem Maskenball, verschiedene Fahlschläge oder Haken füllen nur einen Teil eines bspw, 6fach geteilten Kreises der Konsequenz "ihr werdet enttarnt. Somit muss man als Team 6 mal scheitern ehe die negative Konsequenzen wirklich greift.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: aikar am 21.03.2020 | 08:33
Ich denke die Lösung liegt in der Überarbeitung der Moves.
Ich will eigentlich dediziert nicht das System angreifen/hausregeln. Mir gefällt Dungeon World so wie es ist. Ich möchte nur einen Weg finden, es besser zu verkaufen.

Hast du es mal mit Clocks wie in Blades in the Dark probiert?
Wir haben es mit Scum & Villainy versucht, Blades in the Dark in Space. Da kam das Problem sogar noch stärker zum tragen. Da führt 1-3 auf dem besten von XW6 zum Versagen und 4-5 einer verschlechterten Situation. Das ist durch die Death Spiral (Schlechtes Ergebnis führt zu schlechterer Position die ein schlechtes Ergebnis wahrscheinlicher macht) schnell soweit eskaliert, dass nicht mal ich als SL mehr wusste, wie die SCs da noch sinnvoll und ohne Deus Ex Machina rauskommen sollen.


Und ich denke ob Clock oder nicht ist egal. Es geht nicht darum, was oder wie schlimm der negative Effekt ist, sondern dass er überhaupt existiert.
Mein Ziel wäre (über Erklärungen oder andere SL-Handlungen im Spiel) zu erreichen, dass die Spieler einen kleinen Preis nicht als völliges Scheitern betrachten.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: phant am 21.03.2020 | 09:16
Ist für Deine Frau das Glas halbvoll oder halbleer?

Hatte dieses Phänomen noch nicht bei DW.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Edwin am 21.03.2020 | 09:26
Ich kenne das Problem aus Spielleitersicht.

Leider oder zum Glück hat man aber auch als Spielleiter viel in der Hand, das Problem zu lösen ohne an den Regeln zu drehen.

Ich hatte irgendwann einen Zettel auf dem Tisch: "7-9 ist ein Erfolg!"

Das hilft bei Beschreibungen und bei Konsequenzen den "Ja"-Aspekt in den Mittelpunkt zu stellen und nicht den "Aber" Aspekt.

Als Faustregel für den "Aber" Aspekt: dieser sollte niemals so weit gehen, dass die Spielerin den Move lieber gar nicht gemacht hätte. Eine 7-9 versetzt die Spielfigur mit gewissen Einschränkungen in eine deutlich bessere Situation, nicht in eine schlechtere oder eine gleichwertige.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: schneeland am 21.03.2020 | 12:52
Ja, das Problem kenne ich - wir (sowohl die Spieler als auch ich selber) haben uns mittlerweile einigermaßen dran gewöhnt, aber ich empfinde in den meisten Fällen die Einschränkungen für den Erfolg schon als so signifikant, dass sie das Erfolgsgefühl mindern.

Was man machen kann ist, World of Dungeons zu spielen und damit quasi OSR mit 2W6. Das hat erstaunlich gut funktioniert (die Einschränkungen für Erfolge kann der SL ja hier flexibel festlegen).

Alternativ - und das ist das, was wir im Moment machen - spielen mit zwei Regelvariationen/Hausregeln:
1. Es einen situativen Bonus/Malus von +1/-1 nach Ermessen des SL (erleichtert/erschwert)
2. Spielzüge werden nicht mehr zwingend ausgelöst, wenn die passende Situation eintritt, sondern nur, wenn auch etwas auf dem Spiel steht - je nachdem, wie eine Aktion beschrieben wird, lasse ich sie entweder direkt gelingen (häufig) oder fehlschlagen (selten).

So kommen wir recht gut damit klar, wobei ich nach 1 1/2 Jahren PbtA zu dem Schluss komme, dass das im Kern noch nicht 100% das ist, was ich mir wünsche, auch wenn ich viele Aspekte mag.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Haukrinn am 21.03.2020 | 13:09
Bring deine Leute davon weg zu denken, dass Moves sowas wie Proben oder Fertigkeiten sind. Moves sind dazu da, die Geschichte weiter zu erzählen. Nichts weiter.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 21.03.2020 | 13:31
Bring deine Leute davon weg zu denken, dass Moves sowas wie Proben oder Fertigkeiten sind. Moves sind dazu da, die Geschichte weiter zu erzählen.

Das ist gar nicht mal so einfach, wenn verschiedene Playbooks deutlich voneinander abgegrenzte Aktionen haben, mit denen sie die Geschichte vorantreiben.
Da kann man lang erzählen, dass das keine Klassen und keine konkreten Fertigkeiten sind, aber die Parallelen drängen sich immer wieder auf.

Als Faustregel für den "Aber" Aspekt: dieser sollte niemals so weit gehen, dass die Spielerin den Move lieber gar nicht gemacht hätte.

Guter Hinweis.

Wenn ich so an die PbtA-Runden denke, die ich gesehen habe, war es gefühlt der Normalfall, dass die Spieler sich bei 7-9 dachten: So ein Mist, das hat ja mal gar nichts gebracht.
Liegt vielleicht auch daran, dass einige Regelwerke bei den Moves mit genauer verregelten Konsequenzen fast schon Pyrrhussiege vorleben. 
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Jiba am 21.03.2020 | 15:54
Bei City of Mist wird der Eindruck noch dadurch verstärkt, dass es eine 12+ Option, einen kritischen Erfolg, gibt.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Deep_Flow am 21.03.2020 | 17:11
7-9 ist ein Erfolg bei PbtA-Spielen. Die Spielfigur bekommt, was sie erreichen möchte. Es hat eben nur eine nicht-intendierte Konsequenz (die den Erfolg nicht negieren sollte !!!!) oder Kosten und zwar aufgrund der widrigen Umstände, nicht weil die Figur nicht kompetent wäre. Was die Story wieder voran bringt. 
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: schneeland am 21.03.2020 | 17:21
7-9 ist ein Erfolg bei PbtA-Spielen. Die Spielfigur bekommt, was sie erreichen möchte. Es hat eben nur eine nicht-intendierte Konsequenz (die den Erfolg nicht negieren sollte !!!!) oder Kosten und zwar aufgrund der widrigen Umstände, nicht weil die Figur nicht kompetent wäre. Was die Story wieder voran bringt. 

Grundsätzlich ja, aber jetzt nehmen wir mal folgenden Spielzug aus The Sprawl:

AUFMISCHEN (FLEISCH)
Wenn du gegen die gegnerische Seite Gewalt anwendest, um dein Ziel zu erreichen, benenne dein Ziel und würfele Fleisch.
7+ Du erreichst dein Ziel.
7-9 Wähle zwei Optionen aus der folgenden Liste:
* Du machst zu viel Krach. Zähle den Missions-Countdown hoch.
* Du nimmst – der Erzählung entsprechend – Schaden.
* Ein Verbündeter nimmt – der Erzählung entsprechend – Schaden.
* Etwas von Wert wird zerstört.

Da fühlt man sich m.E. mit einer 7-9 nicht so wahnsinnig kompetent.

Fairerweise muss man sagen: andere Spielzüge aus dem gleichen Spiel sind da weniger problematisch.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Deep_Flow am 21.03.2020 | 17:53
Ist nicht immer ganz trennscharf...

Und Aufmischen ist eben auch AUFMISCHEN. Da geht das Villeroy und Boch Fachgeschäft eben zu Bruch, aber man erreicht sein Ziel...  ;) Und auch wichtig: Spielerin oder Spieler wählt selber.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Haukrinn am 21.03.2020 | 17:55
Grundsätzlich ja, aber jetzt nehmen wir mal folgenden Spielzug aus The Sprawl:

 [...]

Da fühlt man sich m.E. mit einer 7-9 nicht so wahnsinnig kompetent.

Ist den Leuten denn auch klar dass da die Aktion des Gegners mit drin ist? Du machst Schaden, dein Gegner aber auch. Ist jetzt kein so unwahrscheinliches Ergebnis. Ich glaube damit tun sich viele aber bei ptba generell schwer. Auch SLs, die meinen, sie müssten da dann auch Aktionen machen, obwohl die Leute erfolg haben - und dann werden die Erfolge natürlich klein.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 21.03.2020 | 18:04
Du machst Schaden, dein Gegner aber auch. Ist jetzt kein so unwahrscheinliches Ergebnis. Ich glaube damit tun sich viele aber bei ptba generell schwer.

Kommt eben drauf an, was vorher gelaufen ist und wie die Situation sich darstellt - darauf wird bei diesen Würfen je nach konkretem Regelwerk sehr wenig bis gar keine Rücksicht genommen und die tauglichste Lösung ist mMn, für Einiges gar nicht würfeln zu lassen (siehe schneeland), anstatt sich doch wieder Ansätze eines konventionellen Systems zusammenzustoppeln.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: schneeland am 21.03.2020 | 18:08
Ja, mein Eindruck ist, dass das grundsätzlich schon verstanden ist, aber emotional trotzdem eher als Scheitern empfunden wird (insbesondere wenn narrativ einiges an guter Vorbereitung erfolgt ist). Und die 10+ liefert schon einen uneingeschränkten Erfolg, aber tritt halt auch nicht so häufig auf (vielleicht würfeln wir aber auch nur alle bescheiden  ;D).

Im Endeffekt neigt PbtA m.E. dazu, Situationen eskalieren zu lassen und sieht Komplikationen eher als etwas positives (Geschichte wird potenziell spannender). Aber nicht jeder Spieler empfindet das wirklich so (bei mir sind zwei Spieler relativ zügig wieder ausgestiegen; auch die verbleibenden zwei haben u.a. nicht so wahnsinnig viel Spaß an der Auswahl der Komplikationen bei den Spielzügen, haben sich aber zumindest ein Stück weit damit angefreundet, weil sie die Leichtgewichtigkeit der Regeln und den Playbook-Ansatz mögen).
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Haukrinn am 21.03.2020 | 18:10
@YY: Was dann aber das System schnell kaputt macht. Die Maxime ist ja nicht umsonst "Wenn ein Move passt, dann musst du den Move machen". Ich sehe aber auch oft das ein Spieler sagt "Ich erledige den Wächter mit meinem Scharfschützengewehr" und der SL dann sagt "Ah, AUFMISCHEN" - nein, eben nicht. Wenn's keinen passenden Move gibt, dann klappt das halt einfach und fertig.

@schneeland: Deine Beobachtung ist völlig richtig. Ptba ist auf generell auf Eskalation ausgelegt. Und so eine 10+ ist durchaus schaffbar, Du brauchst halt durch irgendwas einen Bonus, und den bezahlst du dann halt wieder mit dem Risiko an anderer Stelle. Geschenkt gibt es da nix, und Pbta erzählt nie die Geschichte von Teflon-Helden.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 21.03.2020 | 18:14
Ich bin jetzt mit speziell The Sprawl nicht vertraut, bin's aber andererseits schon gewohnt, daß verschiedene pbtA-Spiele gerade die "Ich wende Gewalt an!"-Moves unterschiedlich verregeln und dabei auch nicht davor zurückschrecken, sie auch für den Anwender selbst gefährlich zu machen. Das liegt aus meiner Sicht mit an den angepeilten Genres und der dazugehörigen Atmosphäre -- wer beispielsweise bei Monster of the Week mit dem Monster oder sonst einem nennenswerten Gegner per "Kick Some Ass" in den Nahkampf-Clinch geht, der weiß dann eben auch, daß er sich dabei wahrscheinlich entsprechende Blessuren einhandeln wird, weil "dein Gegner verpaßt dir im Gegenzug seinen Schaden wie gehabt" da einfach selbst bei einer 10+ noch dazugehört.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: schneeland am 21.03.2020 | 18:25
@nobody:
The Sprawl hat zwei Kandidaten für solche Situationen:
* Aufmischen (wie oben)
* Unter Druck Handeln (Ruhe) - Wenn es um die Wurst geht, du dich in Gefahr befindest oder Gefahr aus dem Weg gehen willst, würfele Ruhe

Grundsätzlich ist das aber ein valider Punkt - ein Hinweis im Spielzug Aufmischen besagt:
"Aufmischen ist der Grundzug, um Gegner gewaltsam auszuschalten. Dein Ziel sollte dabei aber eher selten „Alle töten“ sein. Ihr seid Profis auf einer Mission, keine Soziopathen."

Da scheint für mich eine Haltung zum Einsatz von Gewalt durch, die bei uns nicht durch die Spielpraxis gedeckt ist (ein Spielercharakter ist ein Jäger mit Verbindungen zu einem Yakuza-Clan, der andere ein drogenabhängiger Ex-Bodyguard (Spielbuch: Killer), der sein Überleben auf der Straße auch mit Wetwork finanziert). Nach meinem Empfinden lassen zumindest einige der Charakterbücher nicht auf übermäßigen Gewaltverzicht schließen.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 21.03.2020 | 18:32
Ja, mein Eindruck ist, dass das grundsätzlich schon verstanden ist, aber emotional trotzdem eher als Scheitern empfunden wird (insbesondere wenn narrativ einiges an guter Vorbereitung erfolgt ist).

Mir geht es da schnell so, dass ich die Motivation an eben dieser narrativen Vorbereitung verliere. Leicht überspitzt: wenn das darauf rausläuft, dass ich am Ende sowieso den Move würfle und fertig, dann kann ich mir das Gelaber vorher auch sparen.

Ich sehe aber auch oft das ein Spieler sagt "Ich erledige den Wächter mit meinem Scharfschützengewehr" und der SL dann sagt "Ah, AUFMISCHEN" - nein, eben nicht. Wenn's keinen passenden Move gibt, dann klappt das halt einfach und fertig.

Joah, so wird wohl ein Schuh draus.

Da krankt aber z.B. The Sprawl für mich schwer an der schwammigen "Zoomstufe".
AUFMISCHEN etwa ist ziemlich weitläufig/umfassend beschrieben, aber man spielt intuitiv viel kleinschrittiger mit dem Ergebnis, dass man das dann viel zu oft würfelt.
Oder man tastet sich andersrum quasi unterhalb der Auslöseschwelle nach vorne und stellt irgendwann fest, dass man für das Ding als Ganzes hätte würfeln sollen - und würfelt dann aus der Not heraus ganz am Ende für etwas mit dem gleichen Umfang wie die Sachen, für die man vorher nicht gewürfelt hat.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: SturmOhneNamen am 21.03.2020 | 18:46
Ich kann nur aus Spielerperspektive zum AUFMISCHEN bei The Sprawl sagen, dass ich da den Eindruck hatte, dass es besser in meiner Runde besser war, es nicht zu schaffen, als den Erfolg mit aber bei 7-9 zu haben.

Das hat meinen Spielspaß deutlich abgemildert, um es milde zu umschreiben.

Es würde auch reichen, wenn man eine negative Konsequenz nehmen müsste und nicht zwei. So habe ich einfach keinen Bock mehr noch mal nach den Orginal-Regeln The Sprawl zu spielen.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Haukrinn am 21.03.2020 | 19:32
Auf der anderen Seite ist sprawl aber auch halt Neuromancer und nicht Shadowrun.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Jiba am 21.03.2020 | 20:20
Auf der anderen Seite ist sprawl aber auch halt Neuromancer und nicht Shadowrun.
Naja. Also das Spiel fing als Shadowrun-Hack an und das steckt auch tief in der DNA des Spiels.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Sashael am 21.03.2020 | 20:43
Auf der anderen Seite ist sprawl aber auch halt Neuromancer und nicht Shadowrun.
Also eine "Missionsstruktur" im Spielaufbau sagt mir da was anderes. ;)
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 21.03.2020 | 23:07
An SR1/2 und CP2013/2020 hätte man genau so gut Neuromancer the RPG dranschreiben können.

Und die absolute Fokussierung auf die Missionsstruktur ist mMn einer der größten Fehltritte von The Sprawl.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 22.03.2020 | 00:15
Letztendlich spielt wohl einfach ein gutes Stück Erwartungshaltung mit hinein. Bei anderen Systemen fühle ich mich ja auch nicht gleich subjektiv als "Versager", nur weil ich nicht dauernd kritische Erfolge würfle (okay, vielleicht bin ich da auch die Ausnahme ;)) -- allerdings kriege ich da normalerweise auch mit einem "nur normalen" Erfolg immer noch das, was ich will, ohne Risiken und Nebenwirkungen, unabhängig davon, ob das seinerseits immer unbedingt so glaubwürdig ist oder nicht (ist nun mal speziell als allgemeine Grundregel einfacher in der Handhabung).

Und gerade letzteres ist nun aber bei pbtA gerne mal anders. Das liegt sicher mindestens zum Teil mit daran, daß jeder Move ohnehin seine eigene Sonderregel ist und es dafür beispielsweise eben keinen "allgemeinen Fertigkeitswurf" o.ä. als Grundregel mit diversen separaten Ausnahmen gibt; wenn ich vom Designkonzept her ohnehin schon jedes vorgesehene "Würfelmanöver" einzeln für sich betrachte, dann bin ich als Designer eben auch nicht an ein "allgemeines" Ganz-oder-Gar-Nicht-Schema von Erfolg oder Mißerfolg ohne irgendwelche Zwischentöne gebunden, sondern kann mir jeweils im Einzelfall ganz bewußt zurechtlegen, wie der "normale" Standarderfolg für die jeweilige Aktion meiner Meinung nach eigentlich aussehen soll. Und dann kann der durchaus schnell mal auch auf "du kriegst in etwa, was du willst, aaaber eben nicht sofort alles für lau" hinauslaufen.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: 1of3 am 22.03.2020 | 05:08
Das stimmt schon. Bei Urban Shadows etwa kann man nicht "erfolgreich" weglaufen. Auch bei 10+ gibt es noch Kosten.

Ich bin aber nicht sicher, ob das irgendwen von irgendwas überzeugt.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: aikar am 22.03.2020 | 08:04
Nach einigem Nachdenken glaube ich, dass zumindest bei Dungeon World das Hauptproblem der Spielzug Gefahr trotzen ist.

Die Nebenwirkungen bei Hauen & Stechen und Salve abgeben werden als Teil des Konflikts größtenteils akzeptiert bzw. kann ich entsprechend verkaufen.

Aber Gefahr trotzen kommt relativ häufig außerhalb eines Konflikts vor UND hat dediziert harte Konsequenzen bei 7-9

Zitat
Gefahr trotzen

Wenn du trotz einer unmittelbaren Gefahr handelst oder dir ein Unheil widerfährt, beschreibe wie du damit umgehst und würfle.
* Bei einer 10+ gelingt dir was du vorhattest und die Gefahr ist gebannt.
* Bei 7–9 stolperst du, zögerst oder zuckst zurück: der SL wird dir ein schlimmeres Resultat verpassen, eine harte Forderung an dich richten oder dich vor eine schwierige Wahl stellen.

Du trotzt der Gefahr, wenn du im Angesicht einer akuten Bedrohung etwas tust. Das ist so allumfassend gemeint, wie es klingt! Gefahr trotzen kommt dann ins Spiel, wenn du eindeutig etwas würfeln solltest, aber keiner der anderen Spielzüge passt.
Gefahr trotzen kommt auch dann zum Einsatz, wenn du einen anderen Spielzug machst, obwohl du in einer Gefahr bist, die dieser Spielzug nicht abdeckt.
Die Kombination machts. Ein Zug der eine Art "Catch-All" ist, aber bei der Wurfergebnisse <10 immer zu einer "schlimmen bzw. harten" Verschlechterung führen.

Ich werde meiner Gruppe mal vorschlagen 7-9 als "Gefahr überwunden" anzusehen und 10+ als "Gefahr überwunden + Vorteil" und nur bei 6- schlimme Konsequenzen einzubringen.

Wie seht ihr das?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: 1of3 am 22.03.2020 | 08:27
Außerhalb von Kämpfen häufig... Nenn doch mal ein paar Situationen, außer eben solche, wo die Gefahr von NSCs und Monstern ausgeht.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: aikar am 22.03.2020 | 08:32
Außerhalb von Kämpfen häufig... Nenn doch mal ein paar Situationen, außer eben solche, wo die Gefahr von NSCs und Monstern ausgeht.
Eigentlich überall wo ich ein Ziel erreichen will und der Weg dorthin mit einem Risiko verbunden ist. Eine Kletterpartie (ist bei uns konkret vorgestern völlig eskaliert), das Durchschwimmen eines strömenden Flusses, Schleichen oder Verstecken, ...

10+ erreichen die wenigsten und wenn bei 4 von 5 Charakteren gilt: * Bei 7–9 stolperst du, zögerst oder zuckst zurück: der SL wird dir ein schlimmeres Resultat verpassen, eine harte Forderung an dich richten oder dich vor eine schwierige Wahl stellen., kommt man aus der Szene kaum mehr raus, weil sie sich von einem Problem zum nächsten hochschaukelt. bzw. fühlen sich 4 von 5 als Versager (Siehe Eingangspost).
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: 1of3 am 22.03.2020 | 08:50
Da kann man jetzt eben drüber nachdenken. Schwimmen zum Beispiel kann ich. In den allermeisten Fällen würde ich nicht sagen, dass es eine drohende Gefahr für mich ist einen Fluss zu überqueren. Beachte: Nicht nur schwierig oder anstrengend. Nicht nur risikobehaftet. Drohende, das heißt offensichtliche Gefahrenquelle für jemanden mit Ahnung.

Und dann ist die Frage wie oft ihr da würfelt. Also nehmen wir mal an es ist Frühling. Der Fluss ist auf das doppelte seiner Breite angeschwollen und reißend mit Schmelzwasser. Bademeister sagt nein. Wer würfelt dann? Denn wenn fünf SC s alle diesen Wurf machen, ist klar, dass das nicht sauber abgehen wird. Das Phänomen tritt allerdings bei so allen Spielen mit so Würfen auf.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: aikar am 22.03.2020 | 09:54
Nicht nur schwierig oder anstrengend. Nicht nur risikobehaftet. Drohende, das heißt offensichtliche Gefahrenquelle für jemanden mit Ahnung.
Wie gehst du dann bei DW mit Situationen um, die eine Herausforderung/Risiko sind, aber keine aktive offensichtliche Gefahr?

Ist wirklich jedes Abenteuer bei dir ein Schwanken zwischen den Extremen Easy=>Brauchst nicht Würfeln und tödliche Gefahr?

Konkretes Beispiel aus der letzten Runde: Die Gruppe wollte eine Schlucht überqueren, die Brücke war eingestürzt. Der Druide brachte in Vogelgestalt ein Seil hinüber und dann hat sich die Gruppe rübergehangelt. Risiko ist klar (Absturz), daher hab ich Würfeln gelassen. Kein einziger SC kam auf 10+. d.h. es gab für jeden einzigen einen Preis oder eine zusätzliche Gefahr.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: 1of3 am 22.03.2020 | 10:19
Wie gehst du dann bei DW mit Situationen um, die eine Herausforderung/Risiko sind, aber keine aktive offensichtliche Gefahr?

Also Mensch vs. Natur halte ich generell im Rollenspiel nie für so sonderlich spannend. So Weghindernisse, wie du sie in deinem vorletzten Beitrag angeführt hast, würde ich vielleicht im Hinterkopf behalten, wenn der Navigator bei einer Überlandreise den Wurf vergeigt. Ansonsten sind die nicht der Rede wert. Man kommt halt an, wo das Abenteuer weiter geht. Deshalb hat das Spiel diese Abstraktion. Und ansonsten ist das halt Framing. Das ist nicht einfach nur eine Schlucht. Da ist Lava drin und die Geier kreisen schon. Mindestens. Die SCs sind Actionhelden. Wenn John McClane nicht würfelt, würfeln die auch nicht.

Für spezifische Abenteuer-Locations hab ich auch schon Custom Moves geschrieben. Also: "Wenn du ohne den Weg zu kennen in der Schwarzen Pyramide umherirrst...", "Wenn du in der Festung des Roten Lords nicht auffallen willst..." Das ist dann quasi die lokale Überlandreise, die halt dann und wann zufällig mal eskaliert.

Zitat
Konkretes Beispiel aus der letzten Runde: Die Gruppe wollte eine Schlucht überqueren, die Brücke war eingestürzt. Der Druide brachte in Vogelgestalt ein Seil hinüber und dann hat sich die Gruppe rübergehangelt. Risiko ist klar (Absturz), daher hab ich Würfeln gelassen. Kein einziger SC kam auf 10+. d.h. es gab für jeden einzigen einen Preis oder eine zusätzliche Gefahr.

Jo. Alles klar. Ihr habt ein Seil. Weiter im Text.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 22.03.2020 | 10:22
Das stimmt schon. Bei Urban Shadows etwa kann man nicht "erfolgreich" weglaufen. Auch bei 10+ gibt es noch Kosten.

Ich bin aber nicht sicher, ob das irgendwen von irgendwas überzeugt.

Letzten Endes ist es aus meiner Sicht halt so, daß das 7-bis-9-er-Ergebnis für einen Move schon den zu erwartenden "Normalerfolg" darstellt -- ergibt auch schon rein statistisch Sinn, denn auf 2W6 ist das nun mal der Erfolgsgrad, mit dem ich am ehesten rechnen kann, wenn ich nicht gerade mit einem für pbtA-Verhältnisse ungewöhnlich massiven Bonus auf den Wurf daherkomme.

Das Problem liegt mMn eher darin, daß die klassisch-gängige Rollenspielpraxis nun mal dazu neigt, Erfolge unrealistisch klinisch sauber darzustellen und alles unterhalb davon schon zum Fehlschlag zu deklarieren. Und das führt dann zu überhöhten Erwartungen. Nimm etwa das "Aufmischen"-Beispiel: rein intuitiv würde ich durchaus schon erst mal erwarten, daß da, wo jemand hobelt, auch Späne fallen...nur, wieviele Rollenspiel-Kampfsysteme vermitteln einem dann das mit so einer Situation verbundene Chaos schon wirklich, statt gerade da in den bürokratischsten Spielmodus von allen zu wechseln?

Und ja, "Escape a Situation" bei Urban Shadows ist auch bei Erfolg immer(*) mit einem zumindest nominellen Preis verbunden. Dafür, daß ich im Gegenzug aus der aktuellen brenzligen Situation dann aber auch wirklich erst mal heraus bin (und brenzlig muß sie schon sein -- wenn ich einfach nur so gehen könnte, ohne damit ein Risiko einzugehen, würde der Move ja gar nicht erst ausgelöst), scheint mir das bei einem eher "dunkel" angelegten Urban-Fantasy-System mit längst nicht nur rein körperlichen Gefahren und Intrigen an allen Ecken allerdings nicht so wirklich unangemessen -- wenn ich besagten Preis nicht riskieren will, kann ich ja auch einfach bleiben und schauen, was passiert... >;D

(*) Ausnahme: ich habe den Move als "advanced" -- was allerdings für Anfängercharaktere eine ganze Weile keine Option ist -- und kriege dann auch wirklich eine 12 oder besser.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: aikar am 22.03.2020 | 10:44
Also Mensch vs. Natur halte ich generell im Rollenspiel nie für so sonderlich spannend.
Ich schon ;) Wenn du die Natur aber nicht als spiel-würdige Herausforderung siehst/darstellst, verstehe ich auch, dass du es nicht als spannend siehst. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

So Weghindernisse, wie du sie in deinem vorletzten Beitrag angeführt hast, würde ich vielleicht im Hinterkopf behalten, wenn der Navigator bei einer Überlandreise den Wurf vergeigt.
Was genau das ist, was passiert ist ;)

Jo. Alles klar. Ihr habt ein Seil. Weiter im Text.
Klingt ehrlich gesagt für mich totlangweilig. Für was erwähne ich die Situation dann überhaupt? Manchmal soll halt auch die Reise das Abenteuer sein und nicht nur mit zwei Worten von A nach B abgehandelt werden.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: 1of3 am 22.03.2020 | 10:58
Dann ist Dungeon World pur vielleicht nicht ganz das optimale Spiel für deine Vorlieben. Es gibt da noch ein Supplement für Wildnis. Da hab ich aber nie reingeguckt. Vielleicht hilft dir das. Und wie gesagt: Wenn das mal vorkommt, muss halt vorher klar sein, warum da rüberzuklettern/-schwimmen/-was-auch-immer wirklich eine ziemlich beknackte Idee ist. Das ist dann Framing.

Ansonsten reden wir natürlich über die Schlucht, weil man auf dem Rückweg wieder darüber zurück muss. Und dann womöglich, je nachdem, wie sich die Sache entwickelt, mit einer Horde feuerspeiender Kobold-Barbaren an den Hacken.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 22.03.2020 | 11:12
Klingt ehrlich gesagt für mich totlangweilig. Für was erwähne ich die Situation dann überhaupt?

Die Frage stellt sich mir in der Tat. Wenn die Gruppe an eine Schlucht kommt und sowohl die Ausrüstung zur Überquerung derselben als auch beliebig Zeit hat, wozu soll man das dann extra erwähnen? Das gehört dann halt ganz allgemein zum routinemäßigen Reisen durch die Wildnis und früher oder später kommen sie da auch auf die andere Seite, denn ein "würfelt gefälligst, ob ihr das überhaupt schafft oder gleich abstürzt und toooot seid, muaharrharrharr!" wirst du da ja wahrscheinlich auch nicht ausdrücklich im Sinn haben -- oder? ;)

Also: worin genau besteht hier eigentlich noch mal die konkrete Gefahr, der getrotzt werden soll?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: aikar am 22.03.2020 | 11:38
Also: worin genau besteht hier eigentlich noch mal die konkrete Gefahr, der getrotzt werden soll?
An einem einzelnen Seil 20 Meter über einen Abgrund hangeln betrachte ich nicht als problemlos mit ein paar Worten abhandelbar.
Drunter ist ein Fluss, Charaktere können abstürzen, Schaden kriegen, abgetrieben werden, müssen evtl. gerettet werden, dabei kann man neue Sachen entdecken,...
Ich hatte dann noch (als Folge eines versauten Wurfs beim Rüberklettern) ein Monster in der Felswand, das neugierig geworden ist.

Also im Grunde gleich wie auch bei einer Falle o.Ä. im Dungeon.
Es gab doch mal die Aussage: Wildnis ist nur ein Dungeon ohne engen Wänden. Das sehe ich gerade bei Dungeon World genauso.

Aber ich glaube, wir driften da jetzt zu weit ab, oder? Ein eigener Thread Wildnisabenteuer und Expeditionen mit Dungeon World wäre aber sicher mal interessant.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: skorn am 22.03.2020 | 12:21
Ich glaube nicht das ihr nun zu weit abdriftet sondern das genau dieses "Missverständnis" eben auch für die Probleme sorgt.
Wenn du so viele gute Ideen hattest um die Schlucht zu einer wirklich spannenden Gefahr zu machen dann sind doch 7-9 Ergebnisse genau das richtige.

Nummer 1: Du hast es rübergeschafft - Minor, den der Spieler erst einmal nicht mitbekommt. "Das Monster in der Felswand wird aufmerksam"
Nummer 2: Auch du hast es rüber geschafft - Minor du hast etwas mehr gependelt weshalb das Seil sich abgenutzt hat - auch hier muss der Spieler nur mitbekommen das er Aufgrund mehr Wind etwas gependelt hat.
Nummer 3: Du hast es geschafft bist abgerutscht und hast Rollsplit gelöst. Aus der Schlucht hört Ihr einen angsterfüllenden Schrei. Spieler Nummer 4 du siehst das sich XYZ aus einem Felsloch bewegt und zu deinen Freunden fliegt. Was tust du?

usw.

aber wenn die Vorbereitung und die Ideen deiner Gruppe so gut waren (Tierform - Seil) und sie eben keine Zeitprobleme hatten. Dann gibt es hier  einfach keine Gefahr der es zu trotzen gilt. Ja, sie werden länger brauchen aber auch der langsamste wird sich irgendwann erfolgreich über die Schlucht begeben.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: SturmOhneNamen am 22.03.2020 | 12:37
Das Problem liegt mMn eher darin, daß die klassisch-gängige Rollenspielpraxis nun mal dazu neigt, Erfolge unrealistisch klinisch sauber darzustellen und alles unterhalb davon schon zum Fehlschlag zu deklarieren. Und das führt dann zu überhöhten Erwartungen. Nimm etwa das "Aufmischen"-Beispiel: rein intuitiv würde ich durchaus schon erst mal erwarten, daß da, wo jemand hobelt, auch Späne fallen...nur, wieviele Rollenspiel-Kampfsysteme vermitteln einem dann das mit so einer Situation verbundene Chaos schon wirklich, statt gerade da in den bürokratischsten Spielmodus von allen zu wechseln?
Ja, das ist halt so, dass man im Rollenspiel meist die kompetenten Leute in einer Situation spielen will/möchte. Wenn bei fast jedem meiner Angriffe im Prinzip starke Kollateralschäden auftreten aber interessanterweise nie, wenn die Gegner das machen, dann fühlt man sich nicht nur nicht kompetent, sondern man fühlt sich als spielt man ein Spiel, das darauf ausgelegt ist, dass man möglichst viel auf die Mütze bekommt und der Versuch sich wehren wird dann noch extra bestraft.

Deswegen habe ich auch keine Lust mehr The Sprawl nach den Regeln so zu spielen. Wem das gefällt und für wen das für ein spannendes Spielgefühl bereithält, der soll das spielen. Ich sage nicht The Sprawl ist für niemanden was, aber so ist es eben nichts für mich. 
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: schneeland am 22.03.2020 | 12:45
...aber wenn die Vorbereitung und die Ideen deiner Gruppe so gut waren (Tierform - Seil) und sie eben keine Zeitprobleme hatten. Dann gibt es hier  einfach keine Gefahr der es zu trotzen gilt. Ja, sie werden länger brauchen aber auch der langsamste wird sich irgendwann erfolgreich über die Schlucht begeben.

An der Stelle ist es halt ein bisschen schade, dass das Regelsystem standardmäßig keine Differenzierung vorsieht - entweder Deine Vorbereitung ist gut genug (dann kein Spielzug) oder halt nicht. Es wird mechanisch nicht differenziert zwischen bspw.:
1. Druide in Tierform bringt Seile rüber, knotet es an kräftigem Baum fest, alle klettern (niedriges Risiko, kann ggf. einfach durchgewinkt werden)
2. Barbar fällt einen Baum, der über die Schlucht fällt, aber es muss über diesen balanciert werden (mittleres Risiko)
3. Wir springen über die morschen Planken der alten Zugbrücke und hoffen, dass sie nicht zerbrechen (hohes Risiko - übergewichtige Kleriker in Vollrüstung stürzen vermutlich einfach automatisch ab :))
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 22.03.2020 | 12:56
An der Stelle ist es halt ein bisschen schade, dass das Regelsystem standardmäßig keine Differenzierung vorsieht - entweder Deine Vorbereitung ist gut genug (dann kein Spielzug) oder halt nicht. Es wird mechanisch nicht differenziert zwischen bspw.:
1. Druide in Tierform bringt Seile rüber, knotet es an kräftigem Baum fest, alle klettern (niedriges Risiko, kann ggf. einfach durchgewinkt werden)
2. Barbar fällt einen Baum, der über die Schlucht fällt, aber es muss über diesen balanciert werden (mittleres Risiko)
3. Wir springen über die morschen Planken der alten Zugbrücke und hoffen, dass sie nicht zerbrechen (hohes Risiko - übergewichtige Kleriker in Vollrüstung stürzen vermutlich einfach automatisch ab :))

4. Wir klettern einfach die eine Schluchtwand herunter, gehen unten ggf. ein Stück zu Fuß, und klettern dann die andere wieder herauf: braucht vermutlich mehr Zeit (je nachdem, wie tief die Schlucht nun eigentlich ist -- wenn man sie an Seilen überklettern kann, dann wissen wir ja zumindest schon mal, daß sich ihre Breite in Grenzen hält) und kann seinerseits mit Komplikationen verbunden sein, aber das Risiko des Ganz Großen Absturzes (TM) entfällt weitgehend.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: skorn am 22.03.2020 | 12:58
An der Stelle ist es halt ein bisschen schade, dass das Regelsystem standardmäßig keine Differenzierung vorsieht - entweder Deine Vorbereitung ist gut genug (dann kein Spielzug) oder halt nicht. Es wird mechanisch nicht differenziert zwischen bspw.:
1. Druide in Tierform bringt Seile rüber, knotet es an kräftigem Baum fest, alle klettern (niedriges Risiko, kann ggf. einfach durchgewinkt werden)
2. Barbar fällt einen Baum, der über die Schlucht fällt, aber es muss über diesen balanciert werden (mittleres Risiko)
3. Wir springen über die morschen Planken der alten Zugbrücke und hoffen, dass sie nicht zerbrechen (hohes Risiko - übergewichtige Kleriker in Vollrüstung stürzen vermutlich einfach automatisch ab :))

Wäre für mich alles kein Gefahr trotzen wenn eben nicht etwas hinter Ihnen her wäre. Mit genug Zeit sind all diese Hindernisse kein Problem für einen Abenteurer und gerade 1 + 2 sind eben auch kreative Lösungen die das sogar noch fördern.

Übrigens differenziert auch kein anderes Regelwerk das ich kenne zwischen diesen Situationen. Ausser das in einigen Regelwerken hier ein Wurf zwingend verlangt werden würde. Was passiert denn da bei einem misslungenen Wurf?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: schneeland am 22.03.2020 | 13:04
Wäre für mich alles kein Gefahr trotzen wenn eben nicht etwas hinter Ihnen her wäre. Mit genug Zeit sind all diese Hindernisse kein Problem für einen Abenteurer und gerade 1 + 2 sind eben auch kreative Lösungen die das sogar noch fördern.

Sagen wir halt: in der Ferne ist das Donnern von Hufen zu hören - die Reiter des schwarzen Fürsten können nicht mehr fern sein.

Übrigens differenziert auch kein anderes Regelwerk das ich kenne zwischen diesen Situationen. Ausser das in einigen Regelwerken hier ein Wurf zwingend verlangt werden würde. Was passiert denn da bei einem misslungenen Wurf?

In einem klassischen System würde hier m.E. entweder der Schwierigkeitsgrad angepasst oder einer oder mehrere situative Modifikatoren angerechnet - je nach System entweder nach SL-Ermessen oder durch entsprechende Regelvorgaben.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: skorn am 22.03.2020 | 13:12
Sagen wir halt, in der Ferne ist das Donnern der Hufe der nahenden Reiter des schwarzen Fürsten schon zu hören.

Das ist noch nicht nah genug. Wenn die Gefahr schon wirklich bei Ihnen ist. Die Reiter kommen herangeprescht. Vor euch ist die morsche Zugbrücke über die Schlucht zur rettenden Festung.
Kleriker du weißt das du zu schwer gerüstet bist um einfach so über die Brücke zu kommen. Was tust du?
Ok, Kleriker du hast gemerkt das Freund Druide euer Seil an einem Mauerbalken befestigt hat. Die Reiter schiessen mit Ihren Reiterbögen auf euch. Was tust du?

Wenn ich immer Gefahr trotzen würfeln lasse, weil ja irgendwo eine Gefahr lauern könnte dann bin ich schnell bei sehr inkompetenten Abenteurern.

In einem klassischen System würde hier m.E. entweder der Schwierigkeitsgrad angepasst oder einer oder mehrere situative Modifikatoren angerechnet - je nach System entweder nach SL-Ermessen oder durch entsprechende Regelvorgaben.

Genau und bei einem Fehlschlag fühlt es sich dann kompetenter an?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: schneeland am 22.03.2020 | 13:21
Genau und bei einem Fehlschlag fühlt es sich dann kompetenter an?

Nein, aber der Fehlschlag ist durch entsprechende Vorbereitung oder clevere Lösungen unwahrscheinlicher geworden.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: skorn am 22.03.2020 | 13:23
Nein, aber der Fehlschlag ist durch entsprechende Vorbereitung oder clevere Lösungen unwahrscheinlicher geworden.

Ja und bei Dungeon World wie ich es leiten würde, ist er komplett verschwunden wenn es nicht eilt.
In meinen Augen ist meine Abenteurer Gruppe dann kompetenter ;)
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: schneeland am 22.03.2020 | 13:33
Ja und bei Dungeon World wie ich es leiten würde, ist er komplett verschwunden wenn es nicht eilt.
In meinen Augen ist meine Abenteurer Gruppe dann kompetenter ;)

Ja, ich glaube, im Kern läuft es auf die Perspektive raus. Wenn ich Dich richtig verstehe, sagst Du: gewürfelt wird nur, wenn eine unmittelbare Bedrohung besteht, alles andere wird rein erzählerisch abgehandelt und weil die Charaktere kompetent sind, schaffen sie das auch. Es gibt also keine Notwendigkeit differenzierter mechanischer Abhandlung von Situationen - gewissermaßen sehr viel "Rollen" und wenig "Spiel".

Jetzt handhabe ich das in der Praxis zwar ähnlich, aber ich bin - anders als Du - nicht so wirklich glücklich damit. Und, um mal den Bogen zum Ausgangsbeitrag zu schlagen, mein Eindruck ist, dass es aikar da ähnlich geht.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: skorn am 22.03.2020 | 13:41
Ja, ich glaube, im Kern läuft es auf die Perspektive raus. Wenn ich Dich richtig verstehe, sagst Du: gewürfelt wird nur, wenn eine unmittelbare Bedrohung besteht, alles andere wird rein erzählerisch abgehandelt und weil die Charaktere kompetent sind, schaffen sie das auch. Es gibt also keine Notwendigkeit differenzierter mechanischer Abhandlung von Situationen - gewissermaßen sehr viel "Rollen" und wenig "Spiel".

Jetzt handhabe ich das in der Praxis zwar ähnlich, aber ich bin - anders als Du - nicht so wirklich glücklich damit. Und, um mal den Bogen zum Ausgangsbeitrag zu schlagen, mein Eindruck ist, dass es aikar da ähnlich geht.

Schön zusammengefasst  :d
Ich denke einfach, das viele PtbA Spiele in einer Art "Slapstick" enden wenn zu viel gewürfelt wird. Hier sollte man konsequent nur in den "Action" Szenen Würfeln lassen und wenn man in den eher unwichtigen Szenen würfeln lässt dann sollten die Minors für die Gruppe erst einmal kaum spürbar sein. Sonst dürfte diese Gruppe nämlich nicht auf Abenteuerfahrt.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: aikar am 22.03.2020 | 13:57
Es hängt wohl auch stark von der Gruppe ab.
Ich habe den Eindruck, dass die meisten Spieler nur wirklich mitfiebern, wenn die Würfel rollen. Ich mag zwar leichte und sehr leichte Regelsysteme, aber (fast) völliges Freeform ist dann doch nicht meins (und ich denke auch nichts, was meine Spieler wollen würden). Würfellose Konfliktlösung ist evtl. noch in sozialen Szenen nett, aber ansonsten eher mäh.

Ich denke einfach, das viele PtbA Spiele in einer Art "Slapstick" enden wenn zu viel gewürfelt wird.
Das kann ich bestätigen.

Hier sollte man konsequent nur in den "Action" Szenen Würfeln lassen und wenn man in den eher unwichtigen Szenen würfeln lässt dann sollten die Minors für die Gruppe erst einmal kaum spürbar sein. Sonst dürfte diese Gruppe nämlich nicht auf Abenteuerfahrt.
Hier gibt es wohl nur deutlich unterschiedliche Ansichten, was eine "Action-Szene" ist und was nicht.

Ich werde die verschiedenen Varianten aber mal in meinen Runden zur Diskussion stellen. Danke.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: skorn am 22.03.2020 | 14:08
Ich weiß nicht ob es dir hilft, probiere es aber dennoch einmal.

Im Herr der Ringe Film passiert im Grunde viel Reise auch durch gefährlicheres Terrain. Wo hättest du Würfeln lassen.
Nur die Gedanken machen und vielleicht bringt es ja weiter.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 22.03.2020 | 14:40
Es hängt wohl auch stark von der Gruppe ab.
Ich habe den Eindruck, dass die meisten Spieler nur wirklich mitfiebern, wenn die Würfel rollen. Ich mag zwar leichte und sehr leichte Regelsysteme, aber (fast) völliges Freeform ist dann doch nicht meins (und ich denke auch nichts, was meine Spieler wollen würden). Würfellose Konfliktlösung ist evtl. noch in sozialen Szenen nett, aber ansonsten eher mäh.

Na ja, und je öfter die Würfel rollen, um so öfter wird andererseits im Rahmen der Spielsitzung etwas rein zufällig schiefgehen und gegebenenfalls dazu führen, daß die Charaktere und ihre Spieler entsprechend dumme Gesichter machen. Das ist nicht mal pbtA-spezifisch, sondern einfach reine Wahrscheinlichkeitsrechnung -- ganz egal, ob's uns nun gefällt oder nicht.

Mit deswegen halte ich es allgemein für eine gute Idee, erstens schon vorher darüber nachzudenken, was eigentlich konkret bei einem bestimmten Wurf auf dem Spiel stehen soll, und zweitens die Würfelei allgemein nicht zu übertreiben. Würfel, Karten, und sonstige Zufallsgeneratoren sind nützliche Werkzeuge, auf die ich auch selber ungern verzichten würde...aber ein magisch allwissendes Orakel mit der Lösung für alle Probleme sind so ein paar blinde und taube Kunststoffklötze o.ä. allem eventuellen Aberglauben zum Trotz nun auch wieder nicht. ;)
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: tanolov am 23.03.2020 | 13:01
Zitat
* Bei 7–9 stolperst du, zögerst oder zuckst zurück: der SL wird dir ein schlimmeres Resultat verpassen, eine harte Forderung an dich richten oder dich vor eine schwierige Wahl stellen.

ist das echt die deutsche Übersetzung?

hier das englische original:

Zitat
On a 7–9, you stumble, hesitate, or flinch: the GM will offer you a worse outcome, hard bargain, or ugly choice.

das wichtige Fett markiert. bei einer 7-9 haben die Spieler die Wahl ob sie die Konsequenz aus der 7-9 wollen oder die Konsequenz aus ihrem nichts tun. Das ist eine wichtige Unterscheidung und wichtig für die Frage "was will der Charakter wirklich". Es kann bei einer 7-9 daher nie eine Verschlechterung der derzeitigen Situation eintreten, sehr wohl aber eine Veränderung hin zu etwas anderem.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 13:16
"Worse outcome, hard bargain, or ugly choice" klingt auch alles nicht nach Erfolg mit einem kleinen, sondern einem recht fetten aber.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: tanolov am 23.03.2020 | 14:05
Nach dem lesen des Threads wird es etwas klarer wo euer Problem mit PbtA liegt.
Zuerst: Dungeon World ist nicht das beste PbtA Beispiel, weil es versucht klassisches DnD nachzustellen und PbtA gar nicht für klassisches DnD ausgelegt ist. Das aber nur am Rande.

Ein Problem was ich herauslesen kann ist das Proben in PbtA nicht Lösen ob jemand etwas kann, sondern ob jemand seinen Konflikt gewinnt oder halt verliert. (Task Resolution vs Conflict Resolution)
D.h. es wird nur gewürfelt wenn etwas auf dem Spiel steht und wenn das was auf dem Spiel steht auch tatsächlich interessant ist. Würfelwürfe sind nicht dafür da die Welt zu simulieren, sondern die Wendepunkte einer Geschichte zu ermitteln. Das wird gemacht in dem man den Charakteren Statistiken gibt die beeinflussen in welchen Szenen ein Charakter erfolg hat und in welchen nicht.
Idealerweise ändert sich daher die Szene nach jedem Würfelwurf unabhängig vom Würfelergebnis.
Deswegen ist es auch nicht grade Vorteilhaft 5 mal "Gefahr trotzen" würfeln zu lassen wenn 5 Helden die Schlucht überwinden müssen. Die Szene ändert sich einfach nicht genug um das spannend zu halten. Je nach Situation und nach Vorgehen pickt der GM sich eine Facette heraus, setzt das Spotlight auf dieses Problem und lässt dann Würfeln.
Zwei Beispiele:

Beispiel 1:
Druide fliegt als Vogel mit Seil auf die andere Seite:
"Ok als Vogel kommst du Problemlos herüber, aber das Seil was du da grade rüberziehst könnte die Aufmerksamkeit von etwas unschönen auf dich lenken. Wenn du rüber willst musst du Gefahr trotzen Würfeln".
10+ -> "du machst das Seil fest und deine Kameraden hangeln sich herüber. Ihr fühlt euch dabei konstant beobachtet und als Leofil, der Krieger, nochmals den Abgrund hinab schaut sieht er einen der gefährlichen Felsenschlurfer. Zum Glück scheint dieser grade gefressen zu haben und ist keine Gefahr für euch"
7-9+ -> "als du über die Schlucht fliegst siehst du einen Gefährlichen Felsenschlurfer. Dieser würde defintiv auf euch aufmerksam werden wenn ihr euch rüber hangeln wollt. Was macht ihr?"
6- -> "du machst das Seil auf der anderen Seite fest als du ein Geräusch von unten hörst. Du siehst wie ein gefährlicher Felsenschlurfer hochgeschossen kommt und dich fressen will. Was machst du?"

Falls der Felsenschlurfer besiegt wird wird auch nicht noch mal gewürfelt ob alle rüber kommen. Die Szene "Helden an Schlucht ist vorüber" und wir springen zum nächsten interessanten Punkt.


Beispiel 2:
Krieger mit schwerer Rüstung und vollem Rucksack will ebenfalls (wie seine Kameraden) über die Schlucht:
"du bist vollgepackt bis oben hin und seit zwei Wochen unterwegs. Das ist selbst für dich keine leichte Übung mehr und außerdem: wer weiß ob das Seil hält?. Wenn du rüber willst musst du Gefahr trotzen Würfeln"

10+ -> "du schaffst es ohne Probleme rüber, es ist zwar anstrengend aber für dich ist das kein Problem."
7-9 -> "Das Seil scheint weniger Stabil zu sein als gedacht und du merkst wie es langsam reißt. Um rüber zu kommen müsstest du dich leichter machen in dem du deinen Rucksack fallen lässt, ansonsten fällst du mitsamt deinem Hab und Gut 20 Meter in die Tiefe in den Fluss"
6- -> "Das Seil reißt und du fällst 20 Meter hinab in den Fluss"

Das wichtige an der 7-9 ist tatsächlich die Wahlmöglichkeit. Ansonsten gäbe es auch keinen unterschied zur 6- und genau das scheint hier Teil des Problems zu sein.

PbtA macht solche Gruppentasks nicht besonders elegant, deswegen fühlt sich sowas immer etwas komisch an wenn nur einer Würfelt obwohl alle von dem Würfelwurf betroffen sind. Das ist wirklich Gewöhnungssache.



Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: tanolov am 23.03.2020 | 14:18
"Worse outcome, hard bargain, or ugly choice" klingt auch alles nicht nach Erfolg mit einem kleinen, sondern einem recht fetten aber.

naja "worce outcome" heißt einfach das das Ergebnis schlechter ist als ein totaler Erfolg. Hard Bargain und Ugly Choice sind da deutlich härter, haben aber immer die Wahlmöglichkeit im Fokus.

Da ist einfach die deutsche Übersetzung völlig am Ziel vorbeigeschossen. Rules as written funktioniert das so wie es im deutschen steht tatsächlich nicht.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: SturmOhneNamen am 23.03.2020 | 14:37
Das bei The Sprawl und anderen sind aber keine Übersetzungsfehler. Sondern da würfelst Du 7-9 und bekommst Deinen Erfolg und zwei negative Konsequenzen. Immer. Mir ist schon klar, dass man damit erzwingen möchte, dass man auch wirklich irgendwann die entsprechende Clock hochtreiben muss, aber so macht mir das sehr wenig Spaß.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: 1of3 am 23.03.2020 | 14:42
Beispiel 1:
Druide fliegt als Vogel mit Seil auf die andere Seite:
"Ok als Vogel kommst du Problemlos herüber, aber das Seil was du da grade rüberziehst könnte die Aufmerksamkeit von etwas unschönen auf dich lenken. Wenn du rüber willst musst du Gefahr trotzen Würfeln".

Das halte ich für kritisch. Es ist gerade die Fähigkeit des Druiden durch seine Verwandlung Würfe automatisch zu schaffen bzw. zu umgehen.

Ein Problem was ich herauslesen kann ist das Proben in PbtA nicht Lösen ob jemand etwas kann, sondern ob jemand seinen Konflikt gewinnt oder halt verliert. (Task Resolution vs Conflict Resolution)
D.h. es wird nur gewürfelt wenn etwas auf dem Spiel steht und wenn das was auf dem Spiel steht auch tatsächlich interessant ist. Würfelwürfe sind nicht dafür da die Welt zu simulieren, sondern die Wendepunkte einer Geschichte zu ermitteln. Das wird gemacht in dem man den Charakteren Statistiken gibt die beeinflussen in welchen Szenen ein Charakter erfolg hat und in welchen nicht.

Diese Bewertung halte ich für mindestens ungünstig. Task Resolution und Conflict Resolution sind praktisch ohne jede Aussage, zeigen dafür aber wie sich Provisorien verselbstständigen können. Statt irgendwie abstrakte Kategorien zu errichten und dann gucken, wie sich beliebige Spiele in Schublade A oder B quetschen lassen, müssen wir auf die tatsächlichen Spiele gucken und wie sie die Interaktionen am Spieltisch regeln. Und da ist PbtA ganz einfach: Gewürfelt wird, wenn ein Move triggert, der einen Würfelwurf beinhaltet. Und daraus ergibt sich denn auch die Diskussion hier: Der Move ist offenbar nicht so gut und klar geschrieben, dass sich alle unmittelbar einig sind, wann es triggert.

Ich habe jüngst mal verschiedene Typen (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,114512.0.html) zusammengetragen. Es ergibt sich dabei, dass PbtA, wenn überhaupt, dann eher näher an dem ist, was gemeinhin als Task Resolution bezeichnit wird. Dazu passt eben auch, dass das Problem mit Gruppen-Aktionen auftritt. Das existiert 1:1 auch bei D&D und entsprechend werden auch dieselben Workarounds empfohlen, die du hier ganz richtig beschreibst.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 14:52
Würfelwürfe sind nicht dafür da die Welt zu simulieren, sondern die Wendepunkte einer Geschichte zu ermitteln. Das wird gemacht in dem man den Charakteren Statistiken gibt die beeinflussen in welchen Szenen ein Charakter erfolg hat und in welchen nicht.

Na ja. Es wird (recht undeutlich) beschrieben, wann gewürfelt wird, aber die Charakterwerte haben auf genau diesen Wurf sehr wenig Einfluss. Das ist doch der zentrale Punkt der Kritik.

Und doch, sobald es diese Werte gibt, ist das ein Stück weit Simulation, da kann man noch so sehr auf die zentrale Bedeutung der Geschichte hinweisen.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 23.03.2020 | 15:13
Und doch, sobald es diese Werte gibt, ist das ein Stück weit Simulation, da kann man noch so sehr auf die zentrale Bedeutung der Geschichte hinweisen.

Da bin ich dezent anderer Meinung -- hauptsächlich, weil ich es für einigermaßen schwierig halte, zwischen der "Simulation" einer wie auch immer gearteten unabhängigen Spielwelt einer- und den schlichten Erwartungshaltungen der diversen beteiligten "Zuschauer" am Spieltisch andererseits überhaupt sauber zu trennen. "Mein Charakter hat mehr Muckis/Grips/wasauchimmer als deiner, also sollte er vor vergleichbare Probleme gestellt auch besser abschneiden" läßt sich jedenfalls aus beiden Positionen heraus gleich gut rechtfertigen.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 15:17
Die Unterscheidung ist ja auch nicht zwischen der Simulation und den Erwartungshaltungen (die auf die Werte zurückgehen), sondern zwischen Simulation und Geschichte.

Ich kann doch gar nicht "rein" von der Geschichte her denken, wenn das Ganze dann doch halbwegs ergebnisoffen auf Werten und Würfen fußen soll.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 23.03.2020 | 15:20
Die Unterscheidung ist ja auch nicht zwischen der Simulation und den Erwartungshaltungen (die auf die Werte zurückgehen), sondern zwischen Simulation und Geschichte.

Ich kann doch gar nicht "rein" von der Geschichte her denken, wenn das Ganze dann doch halbwegs ergebnisoffen auf Werten und Würfen fußen soll.

...wieso nicht? "Ergebnisoffen" ist die ganze Sache ja allein schon dadurch, daß überhaupt andere Leute entsprechend mitmischen dürfen -- machen also speziell die Zahlenwerte und Würfel einen derart großen Unterschied? :think:
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Agaton am 23.03.2020 | 15:21
Meine 2 Cent mal durch die Runde.

-> Die Schlucht
Die Spieler haben eine Gute idee, kein Zeitdruck -> es Passiert.
Hätten sie Keinen Druiden hätten sie sich etwas anders Ausdenken müssen. Gut für die Spieler.

Wenn man da unbedingt noch etwas draus machen will (Nochmal nachdenken: Bringt das die Geschichte Voran?) dann sollte man vielleicht nur den Schlechtesten Würfeln lassen. Die anderen Können dann Helfen. Da Versagt nämlich auch jedes Konventionelle System. Wenn ich Jeden Charakter auf Klettern würfeln lasse geht es auf jeden fall schief.
 
Kompetent Aussehen
Gerade The Sprawl weißt darauf hin dass der SysOp die Spieler auch bei miesen Würfen gut aussehen lassen soll. Ich weiss, Wenn die 6- fällt und das Ding den Ventilator trifft ist es schwer sich den Schuh nicht anzuziehen. Aber es sind die begleitumstände die schlecht sind, nicht die Charaktere.

Gefahr Trotzen / Unter Druck Handeln
Wie an den Ergebnissen abzulesen ist kann man hier nur schwer gewinnen. Deshalb sollte man als SL / SysOp da auch nur drauf Würfeln lassen wenn WIRKLICH WIRKLICH die Kacke am Dampfen ist. Ich mache das auch immer wieder falsch. Besonders gerne wenn ich vorher ein nicht PbtA Spiel gespielt habe wo mann auch mal würfelt ob die Schnürsenkel gebunden sind. Aus dem Großartigen Into The Odd gibt es die empfehlung wie Folgt zu Prüfen.
1) Kann es nicht einfach klappen -> GO
2) Kannst du ein Dilemma daraus machen? Du kannst Ohne Rucksack ohne Probleme über die Schlucht.
3) Würfeln.

Aufmischen
Siehe Gefahr Trotzen/ Unter Druck handeln. Die Sache ist auch bei einer 7-9 hart.
Und die Sache geht schief wenn die Situation zu kleinteilig gehandhabt wird. Ist schwierig aber man muss ganz DRINGED weg von: Der Zugang wird von 3 Wachen mit Sturmgewehr gehalten. Ich schieß auf den ersten links.
Wenn ich das mache und dafür Schaden nehme und noch das Cyberdeck des Deckers zu bruch geht wäre ich auch sauer.
Wenn der Erfolg aber dazu führt das ich an denen vorbei komme und auch meine Kollegen mit durchgezogen habe, dann ist es das vielleicht wert.
Ich finde es auch sehr schwierig da den richtigen Fokus zu erwischen. Da muss mann auch mal verhandeln und sich austauschen.

Die Charakterwerte haben Wenig einfluss auf den Wurf
WHAAAATTTT!!!
PbtA Typisch liegen die Werte zwischen -1 und +2 Bei Dungeon World ab level 3 auch mal +3
Mit viel Pech (Nimm -1 Mit und einem Zustand) können da noch -2 abkommen
und mit guter zusammenarbeit können noch +3 dazukommen. (Helfen, Gewissheit erlangen, nimm +1 mit)

Das macht im extremfall ein Erfolg/ misserfolg sicher. Also bitte!


Das alles mache ich auch immer wieder Falsch. Es hilft Spieler zu haben die einen Darauf hinweisen. Da gibt es in den Büchern auch immer wieder schöne Beispiele.

Würfel auf Hauen und Stechen! Was? Der Liegt am Boden und ist Vom Schlag den Barbaren noch betäubt. Du hast recht, Würfel Schaden.
Er Schnappt dich und stürzt mit dir in den Abgrund! Was? Ich hatte eine 9 auf Gefahren Trotzen, Sollte ich es nicht geschafft haben? Ok, dann eben.....
Was wegen dem Wurf mischt uns die Assogang direkt vor der Akologie auf? Du hast recht wir zählen nur den Bedrohungs Counter hoch.

Bitte sehr. Meine 2 Cent.
Was für eine Folter das mitzulesen ohne an eine Tastatur zu können.

Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: tanolov am 23.03.2020 | 15:22
Und da ist PbtA ganz einfach: Gewürfelt wird, wenn ein Move triggert, der einen Würfelwurf beinhaltet. Und daraus ergibt sich denn auch die Diskussion hier: Der Move ist offenbar nicht so gut und klar geschrieben, dass sich alle unmittelbar einig sind, wann es triggert.

Der Move ist völlig klar:

Zitat
When you act despite an imminent threat or suffer a calamity,

Das Problem ist das die Fiction nicht völlig klar ist. Gibt es in dieser Situation grade wirklich eine unmittelbare Bedrohung?
Hier muss sich die Gruppe klar sein was sie denn interessant findet und wie sie das Kompetenzniveau der Charaktere einordnen will und am Ende ist es eben der GM der unter Berücksichtigung dessen offen legt wieso das jetzt grade gefährlich ist oder wieso eben nicht. entsprechend wird gewürfelt oder eben nicht.


Zitat
Na ja. Es wird (recht undeutlich) beschrieben, wann gewürfelt wird, aber die Charakterwerte haben auf genau diesen Wurf sehr wenig Einfluss. Das ist doch der zentrale Punkt der Kritik.

Und doch, sobald es diese Werte gibt, ist das ein Stück weit Simulation, da kann man noch so sehr auf die zentrale Bedeutung der Geschichte hinweisen.

Inwiefern haben die Charakterwerte wenig Einfluss auf den Wurf?
Simuliert wird natürlich, aber es wird eben eine Geschichte simuliert und keine Welt. Dungeon World simuliert DnD Stories, das ist aber was anderes als ob versucht wird eine Fantasy Welt zu simulieren in der Figuren leben deren Abenteuer eventuell zu Geschichten werden.

Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 15:29
...wieso nicht?

Wie denke ich denn bei pbtA in Abgrenzung von weitgehendem Freeform mit minimalistischem Zufallsgenerator von der Geschichte her und warum habe ich dafür dann Werte, die doch wieder extrem nah an prozedural orientierten Fertigkeiten u.Ä. sind?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 23.03.2020 | 15:34
Wie denke ich denn bei pbtA in Abgrenzung von weitgehendem Freeform mit minimalistischem Zufallsgenerator von der Geschichte her und warum habe ich dafür dann Werte, die doch wieder extrem nah an prozedural orientierten Fertigkeiten u.Ä. sind?

Ich hatte den Originalpost in der Zwischenzeit noch einmal ergänzt, weil die Erstfassung selbst mir noch etwas zu knapp vorkam. Vielleicht könntest du also auf die Frage, warum gerade speziell die Werte und Zufallsgeneratoren einen größeren Unterschied machen sollen als die reine Mitarbeit anderer Gehirne als nur des eigenen an der "Story" ohnehin schon, noch mal getrennt eingehen.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 15:46
Hatte den Edit gesehen; schien mir nur irrelevant, wenn es darum ging, wofür die Würfe stehen, wann sie ausgelöst werden, worauf sie basieren und wo sie hin führen können oder sollen.

Beim genannten (Fast-)Freeform habe ich diese Zusammenarbeit auch. Da ist ja gerade meine Frage, inwiefern sich die Würfe bei pbtA davon unterscheiden sollen, wenn nicht dadurch, dass sie etwas mehr Simulation reinbringen.
Was macht aber daran die "Geschichtssimulation" aus?

In der Hinsicht steht für mich z.B. ein Torchbearer wesentlich verständlicher da. Das mechanisiert nämlich alles.
(Fast-)Freeform mechanisiert so gut wie nichts.
PbtA wirkt auf mich, als hätte man sehr wortreich und mit dem Anschein eines Fokus auf die Metaebene ein minimalistisches konventionelles Spiel erstellt und will das nicht so recht zugeben. Daher der stete Verweis auf das Primat der Geschichte.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 23.03.2020 | 16:02
Beim genannten (Fast-)Freeform habe ich diese Zusammenarbeit auch. Da ist ja gerade meine Frage, inwiefern sich die Würfe bei pbtA davon unterscheiden sollen, wenn nicht dadurch, dass sie etwas mehr Simulation reinbringen.

Dadurch, daß sie in bestimmten Situationen ausdrücklich ein Zufallselement einbringen. Das hat aber an sich zunächst mal noch gar nichts großartig mit "Simulation" zu tun, sondern dient aus meiner Sicht erst mal nur schlicht als Hilfsmittel zur Inspiration -- zufällig die gleiche Endsilbe, aber doch nicht so ganz dasselbe Konzept. :)
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 16:20
So weit war ich ja schon.

Die Frage ist, was pbtA dahingehend an greifbarer Hilfestellung bietet, wenn es um die Entwicklung der Geschichte geht (wie es z.B. Burning Wheel oder Torchbearer tun).
Drüber geredet wird viel, aber das kann man erst mal völlig unabhängig von der Spielmechanik in jedes Regelwerk schreiben.
Sonderlich handfest ist da aber nichts, oder?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Haukrinn am 23.03.2020 | 16:26
So weit war ich ja schon.

Die Frage ist, was pbtA dahingehend an greifbarer Hilfestellung bietet, wenn es um die Entwicklung der Geschichte geht (wie es z.B. Burning Wheel oder Torchbearer tun).
Drüber geredet wird viel, aber das kann man erst mal völlig unabhängig von der Spielmechanik in jedes Regelwerk schreiben.
Sonderlich handfest ist da aber nichts, oder?

Keine Ahnung wie das Dungeon World mittlerweile handhabt, aber Spiele wie Apocalypse World oder Monsterhearts betten das Ganze schon in eine recht ausgefuchste und auch regeltechnisch fest gezurrte "Story-Engine" ein.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: 1of3 am 23.03.2020 | 16:28


So weit war ich ja schon.

Die Frage ist, was pbtA dahingehend an greifbarer Hilfestellung bietet, wenn es um die Entwicklung der Geschichte geht (wie es z.B. Burning Wheel oder Torchbearer tun).
Drüber geredet wird viel, aber das kann man erst mal völlig unabhängig von der Spielmechanik in jedes Regelwerk schreiben.
Sonderlich handfest ist da aber nichts, oder?

Da musst du schon konkreter werden. PbtA ist eben kein Spiel oder System, sondern eher Rahmen, um dein eigenes Spiel darin zu entwickeln. Ich kann dir da Auskunft zu Masks oder Urban Shadows geben. Sicher findest du Experten für andere PbtA-Spiele.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: tanolov am 23.03.2020 | 16:31
So weit war ich ja schon.

Die Frage ist, was pbtA dahingehend an greifbarer Hilfestellung bietet, wenn es um die Entwicklung der Geschichte geht (wie es z.B. Burning Wheel oder Torchbearer tun).
Drüber geredet wird viel, aber das kann man erst mal völlig unabhängig von der Spielmechanik in jedes Regelwerk schreiben.
Sonderlich handfest ist da aber nichts, oder?

Die Moves von PbtA lenken Geschichten in genretypische Richtungen. Ich kann dann diese Genres spielen ohne selbst ein tieferes Verständnis der Genres haben zu müssen. Mit Monsterhearts kann man Teenage Highschool Monster Drama spielen ohne auf einem tieferen Level verstehen zu müssen wie das Genre funktioniert. Wenn alle Spieler am Tisch ein Genre gut kennen und wissen worauf es dabei ankommt, dann kann PbtA denen auch nichts zusätzliches bringen, aber das ist ein sehr sehr großes "wenn".


Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 16:37
Die Moves von PbtA lenken Geschichten in genretypische Richtungen. Ich kann dann diese Genres spielen ohne selbst ein tieferes Verständnis der Genres haben zu müssen.

Mal für The Sprawl gesprochen (das kenne ich halbwegs):
Bei den Moves sehe ich das so gar nicht. Wo kommt da quasi "automatisch" was Genretypisches raus?
Meinem Eindruck nach hat man da jede Menge atmosphärische Farbe drangeklatscht, aber mehr auch nicht.

Wenn überhaupt, dann treiben die Clocks das Spiel voran und prägen es in Sachen Genre - aber an denen stört mich wiederum, dass sie nicht stringent genug sind. Das ist ein Brocken Crunch ohne hinreichende Verzahnung - gerade im Vergleich etwa zu Torchbearer, wo tatsächlich recht zwingend ein klassisch-altmodischer Dungeoncrawl-Spielverlauf rauskommt (ohne das Ergebnis vorwegzunehmen), solange man sich an die Regeln hält.

The Sprawl sagt mir da viel zu früh: Ja mach halt mal irgendwie so, wie du das für passend hältst.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Agaton am 23.03.2020 | 16:57
Also the Sprawl sagt ganz klar: Wir wollen eine Missions Struktur wie sie für Schadowrun gedacht war aber nie Funktioniert hat.
Die Mission ist Genre Typisch und wird von the Sprawl Forciert.
Wenn man Auftrag annehmen und Bezahlung einstreichen nicht Weglässt, hat man zwangsläufig eine Mission.

Bei Dungeon World hast du Fronten welche die Geschichte vorantreiben. Funktioniert großartig.

Bei so Tief die Schwere see gibt es Geschichsstöme. Aber die Funktionieren für mich nicht. Oder ich habe sie nicht verstanden oder beides.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 17:17
Also the Sprawl sagt ganz klar: Wir wollen eine Missions Struktur wie sie für Schadowrun gedacht war aber nie Funktioniert hat.

Kann ich beides nicht nachvollziehen.
Also weder, wo das bei SR nie funktioniert hat*, noch wie das für Cyberpunk-Rollenspiel genretypisch sein soll.
Will heißen: Missionen/Questen/Aufgaben/Ziele finden sich in so gut wie jedem Rollenspiel, das taugt nicht als Abgrenzung, selbst wenn es im zugrundeliegenden Genre etwas wäre, was andere Genres so nicht bieten (und auch das ist nicht so). Einerseits finden sich solche Strukturen auch in anderen Genres und andererseits - viel wichtiger und einer der Punkte, wo The Sprawl für mich deutlich zu kurz greift - gibt es Cyberpunk-Geschichten ganz ohne diese Struktur.


*Wo es bei SR "traditionell" hakt, ist die Planungsphase.
Das ist allerdings für die Herangehensweise von SR ein Spieler- und kein Systemfehler.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: 1of3 am 23.03.2020 | 17:41
*Wo es bei SR "traditionell" hakt, ist die Planungsphase.
Das ist allerdings für die Herangehensweise von SR ein Spieler- und kein Systemfehler.

Wenn große Teile der Spielenden das selbe Problem haben, ist es wohl zwangsläufig das System. Was sollte es sonst sein?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 18:10
Dass viele Spieler schlicht nicht planen können, weil sie es nie gelernt haben.

Da kann man sich jetzt drüber streiten, ob sich Systeme wie Blades in the Dark, Leverage und wie sie alle heißen rühmen können, dieses Problem gelöst zu haben, indem sie schlicht die Anforderung, OOC-Planung zu betreiben, entfernt haben.

MMn ist es nur eine "echte" Lösung (also die Anforderung zu erfüllen statt sie zu entfernen), wenn man den Spielern aufzeigt, was sie falsch machen und wie sie es besser machen.


Nachtrag:
Das ist auch nur deswegen scheinbar ein SR-spezifisches Problem, weil SR so viel gespielt wird.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Sashael am 23.03.2020 | 18:13
MMn ist es nur eine "echte" Lösung (also die Anforderung zu erfüllen statt sie zu entfernen), wenn man den Spielern aufzeigt, was sie falsch machen und wie sie es besser machen.
Der Blechpirat hatte auf der Rücktour vom Treffen dazu eine andere und imho ziemlich geniale Idee, die ich eigentlich schon längst mal im Produktivbereich diskutieren wollte. ;)
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 18:16
Auf!  :)
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Jiba am 23.03.2020 | 18:17
@YY. Du meinst also: Ein Rollenspiel mit Mechaniken zu schreiben, die die Spieler konkret bei Planungsprozessen unterstützen. DAS wiederum klingt spannend.

Wobei man natürlich sagen muss, dass Shadowrun wohl am ehesten diese Struktur haben wird, weil es in einer Zeit entstand, in der Rollenspiele nun einmal so funktionierten:
Auftraggeber => Quest => Belohnung.

Grade in modernen Shadowrun-Editionen wird der klassische "Run" doch auch schon einmal links liegen gelassen. Also insofern Zustimmung, dass "The Sprawl" vielleicht besser wäre, würde man die Mission als ein Abenteuertemplate verstehen. Eines von vielen. Man muss ja theoretisch nur den "Den Auftrag annehmen"- und den "Bezahlung erhalten"-Move anpassen und durch etwas "zivileres" ersetzen und schon wär die Sache gelöst.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Alexandro am 23.03.2020 | 18:18
Es gibt durchaus eine große Anzahl Spielern, die in ihrer Stammrunde, die schon seit Jahrzehnten zusammen spielt, planen können, dazu aber nicht in der Lage sind, wenn sie bei einem komplett fremden SL spielen.

Klassische Rollenspiele (zu denen Shadowrun halt gehört) tendieren halt dazu bestimmte Dinge nicht zu verregeln, weil diese "selbstverständlich" sind. In Wirklichkeit ist es aber nicht so selbstverständlich und wenn der gemeinsame Konsens nicht da, dann funktioniert die Planung plötzlich nicht mehr.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: schneeland am 23.03.2020 | 18:18
MMn ist es nur eine "echte" Lösung (also die Anforderung zu erfüllen statt sie zu entfernen), wenn man den Spielern aufzeigt, was sie falsch machen und wie sie es besser machen.

Wobei es da m.E. schon Zwischenstufen gäbe - The Sprawl/Blades gehen ja relativ weit damit, Planung zu entfernen und in The Sprawl hat man ja die generischen Ressourcen [Infos] und [Ausrüstung]. Zumindest konzeptionell wäre da m.E. denkbar, dass man zumindest so konkret ist und sagt, ich habe weniger generische Ausgaben, bspw. [Waffen], [Lagepläne], [Sicherheitscodes], etc.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 18:32
@YY. Du meinst also: Ein Rollenspiel mit Mechaniken zu schreiben, die die Spieler konkret bei Planungsprozessen unterstützen. DAS wiederum klingt spannend.

Ich meinte erst einmal nur, einen Abschnitt im Regelwerk oder einer entsprechenden Spielhilfe zu haben, der einen brauchbaren Planungsprozess darstellt und die strukturellen Unterschiede zum problematischen Zerreden und den leidigen "Ja aber was wenn..."-Orgien aufzeigt.
Und der meinetwegen auch eine Ebene höher darauf eingeht, wo diese Probleme herkommen und welche Grundlagen für diese Art Spiel notwendig sind (vgl. alexandro).


Wenn man dafür Mechaniken erstellt, muss man höllisch aufpassen, dass dabei auch wirklich nur Stützräder rauskommen und keine Rikscha ;)
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Haukrinn am 23.03.2020 | 21:31
Wenn große Teile der Spielenden das selbe Problem haben, ist es wohl zwangsläufig das System. Was sollte es sonst sein?

Ja, ist aber gerade bei der ersten Shadowrunedition eher ein "as played" als "as written". Die ersten Abenteuer waren da schon sehr stringent wenn es darum ging, die Planung nicht ausarten zu lassen und die Charaktere in die Aktion zu bringen.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Sashael am 23.03.2020 | 21:36
Ja, ist aber gerade bei der ersten Shadowrunedition eher ein "as played" als "as written". Die ersten Abenteuer waren da schon sehr stringent wenn es darum ging, die Planung nicht ausarten zu lassen und die Charaktere in die Aktion zu bringen.
Ausser das Abenteuer im SL-Schirm "Silver Angel". Da drin gings fast "nur" um die Legwork. Da zumindest ich das neben der Stuffershack-Schießerei als Einstiegsabenteuer wahrgenommen habe, hat man da vielleicht schon die Weichen für einige Leute gelegt?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: nobody@home am 23.03.2020 | 21:45
Ausser das Abenteuer im SL-Schirm "Silver Angel". Da drin gings fast "nur" um die Legwork. Da zumindest ich das neben der Stuffershack-Schießerei als Einstiegsabenteuer wahrgenommen habe, hat man da vielleicht schon die Weichen für einige Leute gelegt?

Ist natürlich gerade bei Einstiegsabenteuern immer denkbar. Wieviele DSA-Spieler der ersten Stunde wohl durch "Silvanas Befreiung" schon vorgeprägt worden sind? ;D
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 23.03.2020 | 22:33
hat man da vielleicht schon die Weichen für einige Leute gelegt?

Legwork ist aber auch was anderes als stundenlanges "Ja aber was wenn..." ;)

Wenn man jede Planung und Vorbereitung als schlecht ansieht, kann man das natürlich nur noch komplett rauswerfen.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: 1of3 am 24.03.2020 | 04:59
Ja, ist aber gerade bei der ersten Shadowrunedition eher ein "as played" als "as written". Die ersten Abenteuer waren da schon sehr stringent wenn es darum ging, die Planung nicht ausarten zu lassen und die Charaktere in die Aktion zu bringen.

Das ist nett, hat dann ja aber wohl nicht gefruchtet, wie es scheint. D&Ds Alignments sind Kacke. Das erkennt man daran, dass die Leute seit Jahrzehnten darüber furchtlos diskutieren. Das liegt dann entweder daran, dass die Bücher es schlecht erklären oder dass es in dieser Form nun mal praktisch unmöglich ist. Wenn nun bedeutende Teile der Spielenden bei SR also ungünstig ihren Spielabend mit Planung verbringen - das müsst ihr mir sagen, ich spiel das nicht -, dann ist doch offensichtlich das einzig verbindende Element dieses dicke schwarze Buch, das sie alle auf dem Tisch haben. Ob sich das nun damit abstellen lässt, die Charaktererschaffung zu verändern, ein Beispielabenteuer ins Grundregelwerk zu drucken oder die Elfe und den Uzi-Punk auf dem Cover durch fliegende Autos zu ersetzen oder vielleicht eben gar nicht, das vermag ich nicht zu beurteilen. Aber das ist alles bedeutsam, ist alles System.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 24.03.2020 | 08:58
dann ist doch offensichtlich das einzig verbindende Element dieses dicke schwarze Buch, das sie alle auf dem Tisch haben.

Eben nicht.
Dass es Leute mit diesem schwarzen Buch auf dem Tisch hinbekommen - geschenkt, ein relevantes Problem muss ja nicht alle betreffen.

Aufschlussreicher ist da, dass es genau so auch dort passiert, wo ein anderes Buch auf dem Tisch liegt. Und zwar mit vergleichbarer Häufigkeit, wo die Anforderungen vergleichbar sind.
Die absoluten Zahlen sind bei SR aufgrund der Verbreitung höher und tragen nebenher auch noch zum Wahrnehmungsfehler bei, dass es immer passiert, weil bei fast jedem Gespräch zu dem Thema einer seine alten SR-Geschichten auspackt.


Ab wann ist ein System nicht mehr "schuld"?

Wenn es
den Spielern sagt, dass sie etwas tun sollen,
den Spielern haarklein erklärt, wie sie es tun sollen,
oder erst wenn es strukturell so aufgebaut ist, dass die Spieler es gar nicht mehr falsch machen können?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Agaton am 24.03.2020 | 10:19
ich glaube ich muss mal über eine Überspitzung sprechen die ich verwendet habe:

Zitat
eine Missions Struktur wie sie für Shadowrun gedacht war aber nie Funktioniert hat

Natürlich haben wir Jahrelang so gespielt und es war Toll. Also hat es funktioniert.

Heute Funktioniert es für mich nicht mehr weil wir einfach keine zwei Freitag abende a 8 Stunden in die Planung eines Runs stecken können der dann 10 minuten nach beginn in Plan B übergeht und wir uns in weiteren 8 Stunden aus der Bude wieder rausschiessen.

Mit the Sprawl bekomme ich das gleiche Spielgefühl in 4 Stunden hin. Das macht the Sprawl sehr gut wie ich finde.

Heute weiss ich es zu schätzen wenn ein Spiel mir mitteilt wie es gespielt werden will.

Allen ist geholfen wenn das Spiel das auch sagt. SR1 hat es nicht gesagt. War egal damals. Wir waren begeistert,
The Sprawl und DW sagen es. So tief die Schwere See sagt es.
Es ist der Kern der PbtA Spiele das sie sagen wie sie gespielt werden wollen.


Ich stelle fest das ich keinen Bezug mehr zum Thema des Fadens Herstellen kann. Kann jemand von euch?
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: Alexandro am 24.03.2020 | 10:54
Ab wann ist ein System nicht mehr "schuld"?

Wenn es
den Spielern sagt, dass sie etwas tun sollen,
den Spielern haarklein erklärt, wie sie es tun sollen,
oder erst wenn es strukturell so aufgebaut ist, dass die Spieler es gar nicht mehr falsch machen können?

Zumindest das mittlere sollte schon drin sein.

Wenn ein System (wie es Shadowrun tut) Spieler und SL komplett allein lässt, sogar aktiv Desinformation betreibt (dümmstmögliche Auslegung von Legwork in "Silver Angel"), dann kann man das dem System schon vorwerfen.
Titel: Re: Subjektives Versagen
Beitrag von: YY am 24.03.2020 | 11:07
Allen ist geholfen wenn das Spiel das auch sagt. SR1 hat es nicht gesagt.

Ab SR2 steht zwar explizit etwas zur Planungs- und Vorbereitungsphase drin, allerdings nur die erste Variante.
Sprich: Es wird gesagt, was man tun soll, aber die Erläuterungen halten sich dann arg in Grenzen und beziehen sich fast ausschließlich darauf, ingame Druck zu machen und nicht auf das, was für eine zielführende Planung (auch) am Tisch passieren muss.


Ich stelle fest das ich keinen Bezug mehr zum Thema des Fadens Herstellen kann. Kann jemand von euch?

Wenn es im weitesten Sinne darum geht, wie gut ein Spiel sich selbst erklärt, sind wir doch noch gut dabei.