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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielleiterthemen => Thema gestartet von: Lord Verminaard am 21.12.2020 | 12:10

Titel: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Lord Verminaard am 21.12.2020 | 12:10
Hallo liebes Tanelorn, ich hörte heute früh Rillenmanni im Zock-Bock-Radio (https://pesa-nexus.de/2020/12/05/die-namenlose-episode-13/) über seine Erfahrungen mit den Sieben Gezeichneten sprechen, und das brachte mich auf das Thema Rückschläge. Ich habe die G7 nicht gespielt, aber offensichtlich gibt es dabei immer wieder diese unausweichlichen, gerailroadeten Rückschläge, wo alles Streben der Charaktere umsonst gewesen ist oder gar nur den Bösen in die Hände gespielt hat. Rillenmanni fand das sehr störend und mir ginge es ganz genauso.

Ich habe das jüngst auch selber mal wieder in einer meiner Runden erlebt, wo ein NSC, dem die SCs vertraut haben, sich als Verräter herausstellte, und die SCs hatten ihm unwissentlich sogar das Artefakt, das er zur Weltzerstörung brauchte, in die Hände gespielt. War alles ganz elegant eingefädelt, die Hinweise waren von Anfang an da, aber so subtil, dass es erst im Nachhinein klar wurde. Der SL war bestimmt sehr stolz auf sich. In dem Falle war es nicht mal im engeren Sinne gerailroadet, aber es war erkennbar genau das, was der SL geplant und bezweckt hatte. Ich fand es doof. Was mich zu dem Schluss führt, dass das Problem nicht nur das Railroading an sich ist.

Ich denke, man sollte differenzieren zwischen dem Rückschlag als Teil der Handlung, einerseits, und den Spieltechniken, mit denen der Rückschlag herbeigeführt wird, andererseits. Am Spieltisch: Geht es da um Macht, um Entwertung von Spielerbeiträgen, um Täuschung, Railroading? Und ist es eigentlich wirklich ein großer Unterschied, ob der Spielleiter im engeren Sinne railroadet, oder ob das Szenario einfach von Anfang an so angelegt ist, dass ein Scheitern vorprogrammiert ist, ohne dass dies im Ausgangspunkt für die Spieler erkennbar ist? Letzteres ist vielleicht eleganter, aber meines Erachtens im Ergebnis gleichwertig.

Braucht man das alles überhaupt? Wenn man ergebnisoffen spielt, sowieso nicht. Aber selbst wenn man dramaturgisch spielt, kann man überlegen, ob es bessere Techniken, kooperative Techniken gibt, um Rückschläge ins Spiel zu bringen. Oder ob man auch im dramaturgischen Spiel vielleicht besser daran tut, sich ganz altmodisch auf die Spielregeln zu verlassen und Rückschläge nur dann einzubauen, wenn die Spielregeln solche eben ausspucken, sodass die Spieler nicht dieses Gefühl haben, sich umsonst angestrengt zu haben.

Und in der Fiktion: Was für eine Funktion haben Rückschläge dramaturgisch und welche Art von Rückschlag stellt eigentlich einen Gewinn dar? Die meisten gängigen Plot-Modelle werden dir sagen, dass eine Geschichte, in der der Protagonist in jeder Szene bekommt, was er will, eine dumme und langweilige Geschichte ist. Aber genauso werden sie dir sagen, dass eine Geschichte, deren Ausgang durch die Entscheidungen und Handlungen des Protagonisten gar nicht beeinflusst wird, eine dumme und frustrierende Geschichte ist.

Fairerweise gibt es ja schon solche Romane und Filme, wo die Protagonisten eigentlich die ganze Zeit einen Nackenschlag nach dem anderen bekommen und dann auch noch selber alles falsch machen, bis sich dann ganz am Ende alles wendet. Ich kann sowas nicht ertragen, andere scheinen sich da aber weniger dran zu stören. Das sind dann vielleicht auch die, die mit so was wie den G7 besser leben können?
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Issi am 21.12.2020 | 12:19
Zitat
Fairerweise gibt es ja schon solche Romane und Filme, wo die Protagonisten eigentlich die ganze Zeit einen Nackenschlag nach dem anderen bekommen und dann auch noch selber alles falsch machen, bis sich dann ganz am Ende alles wendet. Ich kann sowas nicht ertragen, andere scheinen sich da aber weniger dran zu stören. Das sind dann vielleicht auch die, die mit so was wie den G7 besser leben können?
Was mich daran stört, ist, wenn es nicht organisch nachvollziehbar wirkt, sondern geskriptet.
(Was im schlimmsten Fall zum Identifikations Bruch mit dem Protagonisten führt).

Zitat
Und in der Fiktion: Was für eine Funktion haben Rückschläge dramaturgisch und welche Art von Rückschlag stellt eigentlich einen Gewinn dar? Die meisten gängigen Plot-Modelle werden dir sagen, dass eine Geschichte, in der der Protagonist in jeder Szene bekommt, was er will, eine dumme und langweilige Geschichte ist. Aber genauso werden sie dir sagen, dass eine Geschichte, deren Ausgang durch die Entscheidungen und Handlungen des Protagonisten gar nicht beeinflusst wird, eine dumme und frustrierende Geschichte ist.
Ohne jetzt länger darüber nachgedacht zu haben:
Glaube ein guter Rückschlag ist entweder ein Hindernis, das den Weg zum Erfolg/Ziel für die SC/SPL spannender macht.
Oder einer, den sich die SC/SPL selbst "verdient" haben, indem sie trotz anderer Möglichkeiten unkluge Entscheidungen getroffen haben.
(Ist beides auch bei ergebnisoffenem Spiel so)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: ErikErikson am 21.12.2020 | 12:30
Die G7 ist insofern eine epische Kampagne ,als dass sie sich klassischen fantasygeschichten orientiert, bsp. dem Herrn der Ringe.

Der herr der Ringe funktioniert ja grob nach dem Schema: "Unbedeutender niemand bekommt große Macht, wird daher vom Bösen gejagt, sucht und trifft verbündete, macht sich auf den bösen Feind zu konfrontieren, erleidet dabei diverse herbe Rückschäge, bleibt beharrlich, arbeitet sich zum Feind vor, aber der ist übermächtig, alles sieht verloren aus, am Ende triumphiert das Gute, weil das Schicksal bzw. Gott eingreift. 

Genauso funktioniert auch die G7. Daher ist der Rückschlag ein notwendiges Element, wenn man an diesem Schema festhalten will. ich würde sagen, mindestens 50% aller fantasy funktioniert nach diesem Schema F. Warum? Weil es sich bewährt hat. Es gefällt den Leuten. irgendwann hat man es satt, aber im grunde ist das die Goldformel.

ich würde als sagen, der Rückschlag ist-wenn man diesem Schema folgen will, notwendig. Gut ist der Rückschlag dann, wenn er der Formel folgt, also zur zeit kommt (irgendwann gegen Mitte/Ende) und von einer triumphalen Umkehr gefolgt ist, wo dann das Gute sich aufrappelt und doch siegt.

Das problem sehe ich beim Aufrappeln. Der fantasyHeld tut das. Weil er ein held ist, und gelernt hat, das man beharrlichkeit braucht, um dem Guten zum Sieg zu verhelfen. Das Böse ist leicht und verführerisch, das gute schwer und nur durch täglichen Kampf zu erreichen. Das ist die christliche Botschaft hinter dem Rückschlag. Der Rückschlag trifft nicht nur die SC, sondern auch die Spieler.
Die Spieler sind keine Helden. Die Spieler haben gegebenenfalls die Schauze voll, und geben auf, oder verfallen gar dem Bösen (nutzen den Ring selbst, bzw. fagen an, moralisch fragwürdige aber effektive methoden zur Zielerreichung einzusetzen, und werden damit dem Bösen gleich).

Sinnvoll ist es daher IMO, das man die zwei botschaften "das gute kann nur durch Mühsal und beharrlichkeit erreicht werden" und "helden sind die die das Gute nicht aufgeben, auch wenn es schwer wird" vorher richtig mit dem Holzhammer reinhaut, damit es auch der letzte kapiert. 
 
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Rorschachhamster am 21.12.2020 | 12:30
Ohne jetzt länger darüber nachgedacht zu haben:
Glaube ein guter Rückschlag ist entweder ein Hindernis, das den Weg zum Erfolg für die SC/SPL spannender macht.
Oder einer, den sich die SC/SPL selbst "verdient" haben, indem sie trotz anderer Möglichkeiten unkluge Entscheidungen getroffen haben.
Unkluge Entscheidungen wie die Hinweise wegen Vertrauens in den NSC ignorieren?  :D

Die Frage ist da eher die Balance, wie subtil waren die Hinweise im Gegensatz zu anderen Hinweisen? Wenn die Spieler gewöhnt sind, das der SL mit der Hinweiskeule kommt, sobald sie irgendwo stecken bleiben, ist das wirklich irgendwo... naja.  :-\

Aber: Wenn die Spieler sowas vorher aufdecken, ist die Gratifikation dafür umso höher.  :d

Das Problem an sich sehe ich eher in der Existenz eines Weltzerstörungsdingens sowieso.
Außerdem: Wenn ich von der durchschnittlichen Fantasywelt ausgehe, würden vielleicht ja auch spätestens im Endgame deutliche Hinweise von anderen Akteuren kommen, und wenn es Götter sind.  :think:
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Issi am 21.12.2020 | 12:46
Unkluge Entscheidungen wie die Hinweise wegen Vertrauens in den NSC ignorieren?  :D

Die Frage ist da eher die Balance, wie subtil waren die Hinweise im Gegensatz zu anderen Hinweisen? Wenn die Spieler gewöhnt sind, das der SL mit der Hinweiskeule kommt, sobald sie irgendwo stecken bleiben, ist das wirklich irgendwo... naja.  :-\
Yepp.
Wobei man einen Verräter auch einfach nicht zu überzeugend spielen darf.
Die Möglichkeit, dass mit dem etwas nicht stimmen könnte, darf von Anfang an durchblicken.
- Nur haben die SC/SPL halt noch keine Beweise, die das bestätigen.

Es sollte sich nicht wie "Spieler reinreiten" anfühlen.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Lord Verminaard am 21.12.2020 | 13:06
Verräterplots sind ja gefühlt sowieso überproportional beliebt. Da könnte man tw. sogar mit Meta-Überlegungen den Verräter entlarven, genau wie man bei einem Whodunnit sich mit Meta-Überlegungen erschließen kann, wer der Täter sein muss, nämlich der, den NIEMAND verdächtigt. Ich finde sowas beknackt aber ich nehme zur Kenntnis, dass Whodunnits seit 100 Jahren nicht tot zu kriegen sind... ;)

Ob die Hinweise zu subtil oder die Gruppe zu blöd war, sei dahingestellt, mein Punkt war, der SL hätte nicht gewollt, dass wir den Verräter rechtzeitig enttarnen, um die Katastrophe zu verhindern. Sondern erkennbar war "dieser Moment, wo du erkennst, dass du die ganze Zeit den Bösen in die Hände gespielt hast" (tm), sein Ziel.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 21.12.2020 | 13:09
Verräterische NSC darf's schon geben. Da sehe ich das Problem noch am ehesten darin, daß speziell im Medium Rollenspiel die ansonsten "normale" Trennung zwischen Publikum und Akteuren weitgehend aufgehoben ist -- im Buch oder Film kann ich als Verfasser natürlich dem Leser oder Zuschauer leicht Hinweise darauf geben oder sogar ganz platt enthüllen, wer der Verräter ist und was er vorhat, ohne daß das gleichzeitig auch die Charaktere erfahren, aber am Tisch kann das so eigentlich nur dann funktionieren, wenn wirklich niemand größere Probleme damit hat, zwischen Spieler- und Charakterwissen zu trennen. Sonst fällt das klassische "der Leser weiß das schon oder kann sich zumindest was denken, aber der Held ist halt noch ganz ahnungslos..."-Stilmittel zur Spannungsförderung nämlich dummerweise aus reinen Formatgründen direkt ins Wasser und ersäuft.

Rückschläge allgemein dürfen natürlich vorkommen und werden das wohl auch fast schon von alleine; die muß man also den Spielern gar nicht erst brachial mit der Holzhammermethode aufzwingen. Wichtig kann es allerdings durchaus sein, den Unterschied zwischen "Rückschlag, aber es geht noch weiter" einer- und "Ende, das war's" andererseits klar zu kommunizieren; der ist aus der reinen Charakter- und Spielweltperspektive nicht unbedingt immer gleich offensichtlich, macht aber für die Motivation der Spieler potentiell einen Riesenunterschied aus.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Lord Verminaard am 21.12.2020 | 13:13
Da sehe ich das Problem noch am ehesten darin, daß speziell im Medium Rollenspiel die ansonsten "normale" Trennung zwischen Publikum und Akteuren weitgehend aufgehoben ist -- im Buch oder Film kann ich als Verfasser natürlich dem Leser oder Zuschauer leicht Hinweise darauf geben oder sogar ganz platt enthüllen, wer der Verräter ist und was er vorhat, ohne daß das gleichzeitig auch die Charaktere erfahren, aber am Tisch kann das so eigentlich nur dann funktionieren, wenn wirklich niemand größere Probleme damit hat, zwischen Spieler- und Charakterwissen zu trennen. Sonst fällt das klassische "der Leser weiß das schon oder kann sich zumindest was denken, aber der Held ist halt noch ganz ahnungslos..."-Stilmittel zur Spannungsförderung nämlich dummerweise aus reinen Formatgründen direkt ins Wasser und ersäuft.

Das wäre eben z.B. eine der kooperativen Techniken, die ich meinte. Das muss man können/wollen, der große Vorteil dabei ist, dass es dann eben überhaupt nicht mehr um die Frage geht, ob man als Spieler zu blöd war und das hätte erkennen können oder ob der SL einem ne faire Chance gelassen hat oder ob es Railroading war oder ob der SL bei dieser verdeckt gewürfelten Menschenkenntnis-Probe geschummelt hat oder was auch immer. Der Frust kommt ja unter anderem auch daher, weil man eben als Spieler auch das Gefühl hat, ein Spiel mit gezinkten Karten verloren zu haben. Wenn aber nur der Charakter aufs Glatteis geführt wird und der Spieler nicht, dann fällt das von Anfang an weg.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Issi am 21.12.2020 | 13:24
Zitat
Verräterplots sind ja gefühlt sowieso überproportional beliebt. Da könnte man tw. sogar mit Meta-Überlegungen den Verräter entlarven, genau wie man bei einem Whodunnit sich mit Meta-Überlegungen erschließen kann, wer der Täter sein muss, nämlich der, den NIEMAND verdächtigt.
In einem guten Fall hast du mehrere Verdächtige. - Und auch mehrere die ein Motiv haben.
- So gar nicht verdächtig zu sein, kann genauso Verdächtig wirken, wie sofort superverdächtig zu sein.
(Wenn es immer nur die Unverdächtigen sind, wird das auch irgendwann langweilig- bzw. reizlos.- Denn es macht häufig auch den Reiz aus- seinen Gegner zu kennen, ihn aber noch nicht überführen zu können- Ein Katz und Maus Spiel mit einem reizvollen Gegner quasi)
- Statt einen stillen Gartenzwerg. (Der wegen mangelnder Auffälligkeit erst am Ende entlarvt wird)

Zitat
Ob die Hinweise zu subtil oder die Gruppe zu blöd war, sei dahingestellt, mein Punkt war, der SL hätte nicht gewollt, dass wir den Verräter rechtzeitig enttarnen, um die Katastrophe zu verhindern. Sondern erkennbar war "dieser Moment, wo du erkennst, dass du die ganze Zeit den Bösen in die Hände gespielt hast" (tm), sein Ziel.
Das ist mMn.  "reinreiten".
Wenn die SPL keine Chance haben, das vorher herauszufinden, ist da ja irgendwie auch keine Challenge dabei.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Isegrim am 21.12.2020 | 14:15
In vielen Spielfilmen* gibt es den Tiefpunkt, in dem für den/die Protagonisten alle Hoffnung verloren scheint, bevor sie sich dann aufrappeln und im Showdown alles zum guten wenden. Scheint dramaturgisch zu funktionieren. Nicht immer und bei jedem Film freilich, aber oft genug, dass das Instrument immer wieder hervor gekramt wird. Die Grundidee "Ja tiefer die Nacht war, um so strahlender erscheint der Sonnenaufgang" ist ja auch nicht völlig verblödet.

Das übertragen manche/viele Abenteuer-Schreiber aufs Rollenspiel und planen so was in der einen oder anderen Form ein. Lassen wir die ganze Railroading-Sache beiseite und gehen davon aus, dass der Rückschlag vermeidbar war. ME gibt es dennoch (min) einen Unterschiede: Man nimmt als Spieler eine Rollenspiel-Geschichte nunmal (noch) mehr aus der Innensicht der Protagonisten wahr, und bei allem Mitfiebern mit Filmcharakteren, das macht das Erleben anders. Man kann Return of the Jedi geil finden und sich dennoch bewusst sein, dass Luke es nicht toll fand, als Vader ihn dem Imperator ausliefern ließ, oder als Han & Leia diesen vermaledeiten Bunker die Stormtoopern umstellten sahen, oder Ackbar aufging: "It's a trap!". Auch nicht in der Rückbetrachtung bei der großen Siegesfeier.

Kann es spannend sein, wenn den SC alles gelingt? Ja, wenn es immer auf der Kippe stand (oder die Spieler dieses Gefühl hatten... da war i-was mit Sim, und SimCity wars nich...). Nein, wenn die Spieler das wissen, bzw davon ausgehen und recht behalten.

Bau ich solche Rückschläge gezielt ein, bzw plane sie gezielt voraus? Hab ich in 30 Jahren bestimmt gemacht, würd ich heute aber nicht mehr als besonders gute Handwerkskunst ansehen. Allerdings mach ich mir Gedanken, wie sich gegebene bzw erspielte Situationen fortentwickeln, was für die SC schief gehen kann, und wie man dann damit umgehen könnte. Und das kann vermutlich im Erleben der Spieler auf das Gleiche hinaus laufen, insofern: Ja.

* zT sicher auch in Romanen, aber die sind idR viel länger; bieten also Raum für diverse Rückschläge... ;)

EDIT
Wenn aber nur der Charakter aufs Glatteis geführt wird und der Spieler nicht, dann fällt das von Anfang an weg.

Vielleicht versteh ich dich miss, aber für mich ist das nichts. Wenn ich als Spieler raffe, dass die Gruppe in die Irre geht, oder einem Verräter aufsitzt, oder statt dem McGuffin dem red hering nachjagt, muss es schon gute Gründe geben, dass mein SC das nicht auch rafft. So "herausforderungsorientiert" will ich es dann doch haben.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Lord Verminaard am 21.12.2020 | 14:53
Vielleicht versteh ich dich miss, aber für mich ist das nichts. Wenn ich als Spieler raffe, dass die Gruppe in die Irre geht, oder einem Verräter aufsitzt, oder statt dem McGuffin dem red hering nachjagt, muss es schon gute Gründe geben, dass mein SC das nicht auch rafft. So "herausforderungsorientiert" will ich es dann doch haben.

In so nem klassischen Abenteuerplot mit Mission / McGuffin würde ich das auch eher nicht machen. Aber in persönlicheren Plots kenne ich das schon, z.B. in romantischen Angelegenheiten, wo völlig klar ist, dass zwei aufeinander stehen, nur den beiden halt nicht, oder wo ein Charakter von einer Person, die er liebt, ausgenutzt oder hintergangen wird und es nicht wahrhaben will, o.ä.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Hotzenplot am 21.12.2020 | 16:01
Ich habe gerade leider nicht genug Muße, dass Thema komplett zu durchdenken, finde es aber sehr interessant.

Auf den ersten Blick würde ich ganz gerne unterscheiden, welcher Art die Rückschläge sind. Manche dieser Rückschläge haben nur bedingt oder gar nicht etwas mit den Handlungen der Protagonisten (SC) zu tun (die erneute Entstehung der Weißen Wanderer oder das es überhaupt wieder Winter wird in GoT). Ist das dann überhaupt noch ein Rückschlag in diesem Sinne?
Andere Rückschläge haben direkt mit den Handlungen der SC zu tun, ergeben sich vielleicht aus deren Versagen (die Frage ist dann, ob man das Spielerversagen mit hinzunimmt oder nur SC-Versagen nimmt (also letztlich Würfelpech und Unfähigkeit?)).

Was viele vielleicht als Negativbeispiel kennen ist dieser eine Railroad, der die SC das McGuffin wieder verlieren lässt, was sie mühsam errungen haben. Das ist die Art von Rückschlägen, die ich persönlich auch nicht mag.

Ich habe das jüngst auch selber mal wieder in einer meiner Runden erlebt, wo ein NSC, dem die SCs vertraut haben, sich als Verräter herausstellte, und die SCs hatten ihm unwissentlich sogar das Artefakt, das er zur Weltzerstörung brauchte, in die Hände gespielt. War alles ganz elegant eingefädelt, die Hinweise waren von Anfang an da, aber so subtil, dass es erst im Nachhinein klar wurde. Der SL war bestimmt sehr stolz auf sich. In dem Falle war es nicht mal im engeren Sinne gerailroadet, aber es war erkennbar genau das, was der SL geplant und bezweckt hatte. Ich fand es doof. Was mich zu dem Schluss führt, dass das Problem nicht nur das Railroading an sich ist.
Ich war natürlich nicht dabei, aber das ist etwas, was ich als Spieler rein deiner Beschreibung nach ganz cool fände. Wenn ich es selbst hätte lösen können, es aber verbockt habe, dann finde ich es auch spannend zu erfahren, wie ich aus der Situation noch rauskommen kann.

Ich denke, man sollte differenzieren zwischen dem Rückschlag als Teil der Handlung, einerseits, und den Spieltechniken, mit denen der Rückschlag herbeigeführt wird, andererseits. Am Spieltisch: Geht es da um Macht, um Entwertung von Spielerbeiträgen, um Täuschung, Railroading? Und ist es eigentlich wirklich ein großer Unterschied, ob der Spielleiter im engeren Sinne railroadet, oder ob das Szenario einfach von Anfang an so angelegt ist, dass ein Scheitern vorprogrammiert ist, ohne dass dies im Ausgangspunkt für die Spieler erkennbar ist? Letzteres ist vielleicht eleganter, aber meines Erachtens im Ergebnis gleichwertig.
Ich finde es sehr wichtig, da zu unterscheiden. Dass die White Walkers samt Winter wiederkommen, ist ja sozusagen Voraussetzung für das große Ganze. Die Autoren der G7 - man muss das natürlich im damaligen Kontext sehen - haben m. E. den Fehler gemacht, dass sie die Rückkehr Borbarads einerseits genau festgelegt haben, andererseits genau dieses Event als Abenteuer erlebbar gemacht haben. Das funktioniert halt nicht. Apollo Creed muss auf die Bretter gehen, damit das Finale zwischen Rocky und Ivan Drago steigt. Wenn Apollos Niederlage verhindert wird, wird der Rest des Filmes nicht mehr stattfinden. So ist es auch bei Borbarad. Deshalb gibt es diese - durchaus zurecht - als Railroading empfundenen Episoden schon direkt zu Anfang, als man weder seinen Wiedereintritt in die 3. Sphäre, noch seine Körperlichwerdung, verhindern kann. Eleganter wäre es vermutlich gewesen, es einfach zu setzen, dass Big B wieder da ist und die Abenteuer (Alptraum ohne Ende, Unsterbliche Gier) als Boni oder Mali für einen späteren Kampf gegen ihn zu schreiben (im Ergebnis könnten sie damit nämlich fast gleich bleiben).

Ob die Vorprogrammierung eines Scheiterns als negativ empfunden wird, kommt meinem persönlichen Geschmack nach stark darauf an, was überhaupt gespielt wird. Mir fällt spontan das wunderschöne RPG "Polaris" ein (das alte Polaris), in dem das Scheitern einfach von Anfang an gesetzt ist. Dennoch kann man mit diesem Spiel sehr viel Spaß haben.

Apropos Spaß: Das Spielerlebnis bei Rückschlägen ist schon etwas anderes. Es macht in diesem Moment vielleicht keinen richtigen Spaß, aber dennoch viel Freude im Gesamterlebnis. Letztendlich hofft man - und so sollte es natürlich auch irgendwie sein - auf einen Sieg trotz aller Rückschläge. Das hängt glaube ich auch sehr an einem persönlichen Empfinden dafür, wie lange man bereit ist, auf einen Payoff zu warten. Insbesondere im Kampagnenspiel bin ich als Spieler da aber sehr geduldig und erwarte das eigentlich auch von meinen Spielern, wenn ich selbst Kampagnen leite.

Braucht man das alles überhaupt? Wenn man ergebnisoffen spielt, sowieso nicht. Aber selbst wenn man dramaturgisch spielt, kann man überlegen, ob es bessere Techniken, kooperative Techniken gibt, um Rückschläge ins Spiel zu bringen. Oder ob man auch im dramaturgischen Spiel vielleicht besser daran tut, sich ganz altmodisch auf die Spielregeln zu verlassen und Rückschläge nur dann einzubauen, wenn die Spielregeln solche eben ausspucken, sodass die Spieler nicht dieses Gefühl haben, sich umsonst angestrengt zu haben.
"Wenn man ergebnisoffen spielt, sowieso nicht." - Ich bin nicht sicher, ob ich diesen Widerspruch so sehe. Auch im ergebnisoffenen Spiel hast du ja vielleicht bestimmte Entwicklungen des Settings - also Dinge, die die SC nicht direkt beinflussen (können) - die die Gruppe als Rückschlag empfindet ("och nö, jetzt grassiert hier auch noch die Pest!").

Und in der Fiktion: Was für eine Funktion haben Rückschläge dramaturgisch und welche Art von Rückschlag stellt eigentlich einen Gewinn dar?
Als erstes fällt mir da ein, dass sich durch einen (guten) Rückschlag ein neuer Spannungsbogen ergibt.

Fairerweise gibt es ja schon solche Romane und Filme, wo die Protagonisten eigentlich die ganze Zeit einen Nackenschlag nach dem anderen bekommen und dann auch noch selber alles falsch machen, bis sich dann ganz am Ende alles wendet. Ich kann sowas nicht ertragen, andere scheinen sich da aber weniger dran zu stören. Das sind dann vielleicht auch die, die mit so was wie den G7 besser leben können?
Ja, vielleicht ist das so. Ich bin kein Freund Protagonisten, die die meisten Zeit auch selbst noch alles falsch machen, aber ich habe eine gewisse Leidensfähigkeit, wenn ziemlich lange erstmal alles gegen sie läuft. Da mir aus dem Romanbereich nichts einfällt, nehme ich mal ein Beispiel aus dem echten Leben: "Der lange Weg zur Freiheit" (Nelson Mandela) tut eigentlich die ganze Zeit nur weh. Wenn mich jemand fragt, ob es Spaß macht, dieses Buch zu lesen, sage ich nein. Aber es hat mich doch mit einer gewissen tiefen Freude erfüllt. Auf den Payoff musste der Protagonist in diesem Fall selbst halt sehr lange warten. :)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 21.12.2020 | 16:26
Ich würde mal sagen, ein klassisches Beispiel für einen Protagonisten, der einen Rückschlag nach dem anderen einsteckt (zumindest, wenn man seiner eigenen Erzählung Glauben schenken mag... ;)) und sich sein Happy End einigermaßen mühsam verdienen muß, ist Odysseus. Zehn Jahre Verspätung auf der Heimreise von Troja nach Ithaka, sämtliche Schiffe und Männer verloren -- letztere tatsächlich wenigstens teilweise auch wegen deren Tendenz, alles falsch zu machen --, und als er es endlich nach Hause geschafft hat, muß er es erst noch mit all den Typen aufnehmen, die inzwischen seiner Frau den Hof machen und in Sachen "Nein" auf beiden Ohren taub sind...
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Marot am 10.01.2021 | 06:29


Ich bin auch kein Freund des ständigen Scheiterns und der unbezwingbaren Aufgaben.
Ich erinnere mich noch an eine Runde als ich noch 17 wahr. Die Spieler wollten eine Stadt erobern, die von Untoten besetzt war, besser gesagt von einem Necromanten. Sie planten und hatten wirklich erstaunliche Ideen und ich merkte,  dass sie das eigentlich packen müssten. Das passte mir aber gar nicht in den Plot und ich ließ sie so brutal scheitern, dass sie völlig enttäuscht waren ob wohl es die Geschichte und ihre Charakter-Entwicklung deutlich besser vorangetriben hatte als ein Sieg.
 Ich leite so generell schon seit Jahrzenten nicht mehr, aber es hat mich etwas essentielles gelehrt:
Der reine Plot sollte der Spielerfahrung  nicht schaden. Es muss spaß machen, man muss Erfolge haben können und wenn man einen genialen Einfall hat sollte der auch belohnt werden. Das tolle ist, das sich so die Geschichte wandelt und zu etwas wird, dass niemand erwartet hat. Kein Plot sollte so fest stehen, dass man ihn nicht umstürzen kann.
 Die Möglichkeit des Scheiterns ist wichtig um Spannung zu erzeugen, aber die ist ein Werkzeug das die Spielentwicklung vorantreibt, kein Mittel zum Zweck eines Plots.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Arkam am 10.01.2021 | 12:18
Hallo zusammen,

wenn ich bei einer mehrbändigen Kampagne am Anfang die Chance sehe diese obsolet zu machen wundert es doch den etwas erfahreneren Spieler nicht das das so nicht klappt. - Diese Metaüberlegung kann leider eine ganze Menge Spannung aus dem Plot ziehen.
Beim speziellen Rückschlag durch einen Verräter oder einen verräterischen Auftraggeber kommt es aus meiner Sicht darauf an das entweder das Setting klar macht das man damit zu rechnen hat oder aber das Ganze eine absolute Ausnahme bleibt.
Ich spiele gerade mit dem Alpha Komplex von Paranoia ein Setting wo jedem klar ist das mit Verrätern zu rechnen ist. Nicht umsonst gibt es auch im Setting den Satz:"Bleiben Sie mißtrauisch, vertrauen Sie niemanden und halten Sie eine Waffe bereit!".
Der Umgang mit Verrat muß aber auch eingeplant werden. Denn wenn man mit Verrat rechnet werden Informationsbeschaffung und die Absicherung sowohl des Charakters als auch der jeweiligen Szene durchaus Zeit benötigen. Auch das Teamwork in der Gruppe könnte ganz anders laufen als geplant.
Wir haben durch Mißtrauen gegenüber einem NPC schon Mal ein ganzes Abenteuer gesprengt. Der NPC sollte und durch Magie ein Spukhaus vorspielen so das wir unserem Auftraggeber einen Verkauf empfehlen würden. Der NPC wollte das Haus dann preiswert erwerben. Leider erforderte Zaubern Gesten und Worte und wir hatten den NPC ausdrücklich gewarnt das alles außer atmen, in seiner zugewiesenen Posituion die Gruppe begleiten und alle anderen Handlungen nur nach unserer Erlaubnis ausführen seinen Tod bedeuteten. - Es war einfach der 3 oder 4 verräterische NPC denn wir hintereinander hatten.
Die endlos langen Planungen für die Übergabe des Mc Guffins gegen die ausgemachte Belohnung bei Shadowrun ist ja auch ein Zeit raubender Klassiker.

Gruß Jochen
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: ArneBab am 11.01.2021 | 08:47
Vielleicht versteh ich dich miss, aber für mich ist das nichts. Wenn ich als Spieler raffe, dass die Gruppe in die Irre geht, oder einem Verräter aufsitzt, oder statt dem McGuffin dem red hering nachjagt, muss es schon gute Gründe geben, dass mein SC das nicht auch rafft. So "herausforderungsorientiert" will ich es dann doch haben.
Wenn z.B. bei der Charaktererschaffung schon angelegt wird, dass jemand andere Gründe hat, in der Gruppe zu sein, und alle anderen das auch wissen, dann hast du diese Situation. Wenn das alle am Tisch wissen, die SCs aber nicht, dann entsteht eine darunter liegende Spannung. Funktioniert allerdings nur, wenn sich alle drauf einlassen können und wollen. Wenn ein SC von Anfang an jede kleinste Spur als Grund für sofortige Anschuldigungen nimmt, funktioniert es nicht.

(allgemein: Ich mag Verräterplots nicht mehr wirklich, die waren schon zu oft nervig. Die einzigen, die ich noch interessant finde, sind die, bei denen der Verrat am Spieltisch offen gehandhabt wird, und nur die SCs nichts davon wissen.)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 13.01.2021 | 22:09
Naja, es muss vor allem halt eine Veränderung in der Story bewirken, wenn man den Rückschlag durchkreuzt. Dabei darf das Endergebnis ruhig im Kern (nicht aber am Rande) das gleiche sein.

Beispiel: Ich hatte bei einer Außenmission mal den direkten Vorgesetzten in Verdacht. Gab keine konkreten Hinweise dafür, aber mein SC war nicht risikoavers und hatte sich bereit erklärt, den Vorgesetzten für dienstuntauglich zu befinden (er war der einzige mit medizinischen Kenntnissen) und dann wurde vom SL signalisiert, dass dies nicht funktionieren und praktisch kollektiven Selbstmord bedeuten würde (nach Einsatzende). Dabei spielten simulationistische Erwägungen nicht wirklich eine Rolle, man wollte einfach zum geplanten Ende kommen (der verdächtigte Vorgesetzte war nämlich wirklich ein Verräter).

Dabei wäre es doch mit einem Kontingenzplan des Abenteuers/SLs ganz einfach gewesen: angenommen wir hätten es durchgezogen, dann hätte der Verräter noch einen Komplizen haben können, der einfach noch nicht in Erscheinung getreten war. Dann hätte halt der am Ende den Dämon beschwören können und das große Finale hätte trotzdem stattfinden können. Wir hätten aber schon einmal einen Teilerfolg gehabt, weil wir den einen Schurken schon aus dem Gefecht gezogen hätten und der Assistent (nicht aber der Dämon) vielleicht einfacher zu besiegen wäre. Plus ein paar Bonus-XP und die Sache wäre geritzt gewesen.

Warum sonst sollte man sich Mühe geben, vorausschauend zu agieren?

[EDIT] Ich sehe es also vor allem aus gamistischen Erwägungen, die bei genre-simulationistischen/narrativen Erwägungen nicht völlig auf der Strecke bleiben dürfen.

Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 13.01.2021 | 22:54
Na ja, ein Abenteuer, das schon auseinanderfällt, wenn der falsche Schurke einfach nur "zu früh" enttarnt wird, kann eigentlich von vornherein nicht viel getaugt haben. ;)

Für Komplizen läßt sich in so einem Fall nebenbei tatsächlich auch ein Stück weit mit der schlichten Spielweltplausibilität argumentieren: ein einzelner feindlicher Agent ist zwangsläufig in seinem Schadenspotential eher beschränkt, weil er nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein kann und je nach dem offiziellen Status seiner Tarnung an manchen für einen Agenten durchaus interessanten auch leicht überhaupt nicht erst herankommt. So jemand wird also nach Möglichkeit Helfer haben wollen -- fast egal, ob er sich die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen beschafft, ins Vertrauen zieht und "ehrlich" anwirbt, oder ob sie vielleicht auch nur von vornherein schon Kollegen waren, die zusammen losgeschickt worden sind -- und entsprechend kann man auch nicht einfach davon ausgehen, daß er schon keine gehabt haben wird, und gleich wieder zur Tagesordnung zurückkehren. (Wenn das doch einmal der Fall gewesen sein sollte, auch gut; dann haben die SC die Gefahr eben zumindest so weit tatsächlich schon gebannt und müssen sich also "nur noch" um die Hintermänner kümmern, die nicht mit direkt vor Ort sitzen...)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 14.01.2021 | 00:06
Na ja, ein Abenteuer, das schon auseinanderfällt, wenn der falsche Schurke einfach nur "zu früh" enttarnt wird, kann eigentlich von vornherein nicht viel getaugt haben. ;)

Das Einführungsabenteuer aus Dark Heresy 1. ;)

Das Wichtige ist für mich eben die gamistische Seite hier, wie erwähnt, und speziell der Verlauf des Rückschlags. Noch spezieller: häufig die Szene unmittelbar vor dem Rückschlag. Sagen wir, der Rückschlag ist gesetzt. Fest geskriptet, außer es gibt eine absolut geniale Idee der Spieler. Vielleicht. Was steht dann im Vorlauf noch auf dem Spiel?   Was können die Spieler überhaupt erreichen?

Beispiel: Es gibt einen epischen 3 Stunden langen Kampf und egal wie es ausgeht, die SCs werden gefangengenommen. Wozu dann die Mühe vorher? Dann kann man auch gleich alles skripten, ansonsten fühlt man sich auf den Arm genommen. Wenn man das nicht will, müssen die Spieler in dem Kampf einen Teilerfolg erzielen können, vielleicht ohne es zu wissen. Vielleicht können sie die rechte Hand des Schurken zumindest ausschalten. Oder etwas wichtiges zerstören, was auch immer.

Es reicht eben nicht nur wie in einem Hollywood-Skript epische Plot-Twists zu haben - man muss in jeder Szenen auch die spielerische Seite berücksichtigen. Da kommt ein Aspekt hinzu, der berücksichtigt werden will. (Ich plädiere ja schon länger für herausforderungs-orientiertes Abenteuer-Design (http://www.knightsoftheblacklily.com/2018/03/a-brand-new-angle-on-running-rpgs/), ob mit oder ohne Gummipunkte.)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 14.01.2021 | 00:45
Das Wichtige ist für mich eben die gamistische Seite hier, wie erwähnt, und speziell der Verlauf des Rückschlags. Noch spezieller: häufig die Szene unmittelbar vor dem Rückschlag. Sagen wir, der Rückschlag ist gesetzt. Fest geskriptet, außer es gibt eine absolut geniale Idee der Spieler. Vielleicht. Was steht dann im Vorlauf noch auf dem Spiel?   Was können die Spieler überhaupt erreichen?

Genau das "fest geskriptet" halte ich persönlich auch aus SL-Perspektive eh generell für einen Designfehler. Zum einen ist es gar nicht so einfach, ein garantiert unabwendbares Scheitern ohne Ausweg welcher Art auch immer glaubhaft genug so zu begründen, daß es nicht doch drei Meilen gegen den Wind nach Railroading riecht, wie es sich manche Abenteuerdesigner vielleicht vorstellen mögen. Und zum anderen will ich ja vielleicht gar keine "Garantien", sondern mich selbst im Spiel auch ein Stück weit überraschen lassen...da steht dieser Brachialansatz dann aber auch mir selbst im Weg. (Upps.)

Szenen, in denen zumindest eine gute Chance besteht, daß die Spieler und ihre Charaktere etwas gründlich versemmeln werden, kann ich ja auch ohne diese Methode immer noch einbauen -- insofern verzichte ich also ohne "unausweichliche" Rückschläge gar nicht mal auf sooo viel.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Lord Verminaard am 14.01.2021 | 09:48
Beispiel: Es gibt einen epischen 3 Stunden langen Kampf und egal wie es ausgeht, die SCs werden gefangengenommen. Wozu dann die Mühe vorher?

Genau. Und dabei kommt es weniger darauf an, ob im Abenteuer drinsteht, "schick solange immer mehr Gegner, bis die Charaktere sich ergeben", oder ob die Anzahl der Gegner und wann die Verstärkung eintrifft genau festgelegt ist. Das ist eben die Augenwischerei, so als ob man ein solches Encounter ohne Hintergedanken designen würde. Wenn das Encounter so designt ist, dass die Charaktere mit 98% Wahrscheinlichkeit gefangen genommen werden, dann ist es im Ergebnis das gleiche. Dann kann man sich große Mühe machen, es schon vorher alles einzufädeln, sodass man hinterher sagen kann, man ist kein Schummel-SL. Aber damit lügt man sich selber in die Tasche, denn qualitativ ist es genau das gleiche.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: JollyOrc am 14.01.2021 | 09:50
Ich möchte mal über positive Beispiele sprechen:

Das Dresden Files RPG

Ein Klischee bei den Romanvorlagen ist ja, dass Harry Dresden über drei Viertel des Buches Prügel einsteckt, um dann am Ende aufzutrumpfen. Das Rollenspiel setzt das mittels der FATE Mechaniken um. Wenn man Konflikte aufgibt, Prügel einsteckt, dann bekommt man FATE Chips. Als Spieler werde ich da direkt aufgefordert, das zu nutzen um mir Chips für den Endkampf zusammenzusammeln. Die Konflikte bei denen ich scheitere werden als Informationsquelle genutzt - ich bekomme Prügel, bin aber hinterher schlauer. (weil natürlich die baddies beim verprügeln Monologe halten)

Das ist dann also auch für die Spieler befriedigend. Auf der in-character-Ebene, da man halt Dinge herausgefunden hat. Und auch auf der Metaebene, weil die Spieler wissen, dass sie Boni für den Endkampf sammeln.

Das Leverage RPG

Dieses Spiel emuliert ja Heist-Filme, also Oceans Eleven, die Leverage Serie, White Collar, usw. Das Regelwerk sagt dabei ganz eindeutig, dass es weniger darum geht, OB die Helden das schaffen, sondern WIE. Die Fixer werden dabei konkret dazu aufgefordert, Verräter, Plot-Twists und ähnliche Dinge einzubauen. Als Spieler nehme ich das hin, weil ich vorab weiß, dass es dabei nicht darum geht, meinen Erfolg zu verhindern, sondern dass es eine Schikane aus der Sportwelt ist, die das ganze einfach nur "herausfordernder" machen soll.

Der Rückschlag in Leverage ist also weniger ein "oh verdammt, meine Erfolge sind zunichte gemacht worden", sondern eher mit dem Staunen über einen Bühnenmagier zu vergleichen: Man weiß, dass man betrogen wird, freut sich aber über die gelungene Umsetzung.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 14.01.2021 | 12:06
Ich finde die Verräter-Situation ganz gut um das zu beleuchten: Was steht auf dem Spiel?
Wenn der Verräter nicht enttarnt werden kann/darf, weil sonst der Plot nicht funktioniert, dann ist der Verräter ein Hurrikan, ein Tsunami. ein Erdbeben - eine unabänderliche Naturgewalt. Das ist wenig spannend.

ABER: Muss die (ungeplante?) vorzeitige Enttarnung und Entsorgung des Verräters den Plot damit stoppen? Abenteuer gelöst, hier sind eure XP, wir können jetzt alle schon nach hause gehen? Ich finde, das ist eine Maximalforderung von Spielerseite.

Zwischen "Da kann man gar nichts machen" und "Das Ende" muss es doch noch etwas geben - so eine Art Teilerfolg. Darüber sollte man sich mMn Gedanken machen, wenn man einen Verräter einsetzen will.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 14.01.2021 | 12:21
Zwischen "Da kann man gar nichts machen" und "Das Ende" muss es doch noch etwas geben - so eine Art Teilerfolg. Darüber sollte man sich mMn Gedanken machen, wenn man einen Verräter einsetzen will.

Auf jeden Fall. Allein damit, daß man den Verräter erkannt hat, hat man ihn ja noch gar nicht unbedingt auch schon geschnappt -- geschweige denn die Probleme beseitigt, die er mit seinem Verrat bereit ins Rollen gebracht hat. "Okay, um den Kerl kümmern wir uns, aber irgendwer muß General Plotidius warnen, bevor er in den Hinterhalt gerät, und weil unser Kode jetzt kompromittiert ist, geht das nur per Bote!"
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Buddz am 14.01.2021 | 12:56
@OP: Mu. Das hört sich nach einem Out-of-Game Problem an, für das du eine In-Game Lösung suchst. Wenn du der Meinung bist, dass die SL ein persönliches Machtspielchen mit euch Spielern spielt, dann wird kein Regelwerk der Welt daran etwas lösen. Und umgekehrt, wenn man Verrat / Rückschläge als Spielinhalt thematisieren will, dann muss man das angstfrei angehen—sowohl auf der Ebene des Miteinanders im Spiel, als auch auf der Ebene des Spieldesigns.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Lord Verminaard am 14.01.2021 | 20:12
Die Verräter-Sache ist halt auch so anfällig, weil es eben leicht auch als ein Fehler/Versagen der Spieler dann erscheint, ihn nicht enttarnt zu haben. Und das gilt eben sogar bei erzählerischem Spiel, wenn man es so aufzieht, dass die Spieler nicht wissen oder ahnen, dass es einen Verräter gibt. Das Problem ist hier auch die so unklare Erwartungshaltung an die Spieler: Sollen sie den Verräter enttarnen oder nicht? Oft scheint die Erwartung zu sein: Sie sollen es nach besten Kräften versuchen, sollen es aber nicht schaffen (können), sollen also, mit anderen Worten, verlieren, und das dann gut finden. Und da wohnt halt schon eine Menge Dysfunktionalität in diesen Annahmen.

Hinzu kommt ja noch, dass gerade im erzählerischen Spiel und gerade bei dramaturgischem Leitstil die Spieler ja zugleich auch irgendwo vom SL dirigiert werden. D.h. gerade im Verräter-Plot ist es dann auch unklar, ob eine Ungereimtheit einfach nur eine Ungereimtheit ist, die man als großzügiger Spieler durchgehen lassen sollte im Interesse des Plots, oder ob eine Ungereimtheit ein Hinweis auf einen Verräter sein soll. Ich wundere mich da eben vor allem über den SL, weil er einerseits so offensichtlich dramaturgisch leitet, und andererseits so übergroßen Wert darauf legt, es so erscheinen zu lassen, als täte er genau das nicht.

@Buddz: Eine In-Game-Lösung gibt es dafür nicht, ich habe auch keine gesucht.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Alexander Kalinowski am 15.01.2021 | 14:37
Weniger Metagaming wäre ein Teil der Lösung. :P Ich würde als Spieler Unstimmigkeiten immer addressieren wollen, dann kann mir der SL ja zur Not immer noch signalisieren, dass hier einfach nur der Plot etwas wackelig ist oder so.

Spielerversagen gehört mit zum Spiel, es sein denn man will alle Szenarien nur im Leicht-Modus spielen. Ist ja auch langweilig. Wichtig beim herausforderungsorientiertem Spiel ist für den SL nur (intern) die Wetteinsätze/Stakes zu setzen und eine klare Vorstellung davon zu haben, welche Kriterien der Ausgang der Herausforderung/Challenge letztlich entscheiden: Was müssen die Spieler grob machen, um den Verräter zu enttarnen bzw. mit welchen Mitteln können sie es überhaupt?

Dabei hängen beide Komponenten zusammen: es ist zB nicht fair, schwierig zu bestehende Herausforderungen mit einem möglicherweise katastrophalen Ausgang zu verbinden.

Das alles betrifft übrigens uU auch einen eher erzählerischen Spielstil, insofern die SPL einen favorisierten Fortgang der Geschichte haben.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Derius am 17.01.2021 | 14:19
Und in der Fiktion: Was für eine Funktion haben Rückschläge dramaturgisch und welche Art von Rückschlag stellt eigentlich einen Gewinn dar? Die meisten gängigen Plot-Modelle werden dir sagen, dass eine Geschichte, in der der Protagonist in jeder Szene bekommt, was er will, eine dumme und langweilige Geschichte ist. Aber genauso werden sie dir sagen, dass eine Geschichte, deren Ausgang durch die Entscheidungen und Handlungen des Protagonisten gar nicht beeinflusst wird, eine dumme und frustrierende Geschichte ist.

Ach, ich kann mir da vielerlei vorstellen. Es muss nur gut/schön gemacht sein. Man stelle sich eine vom Finsteren beherrschte Welt vor, in der schon längst jeder in Angst und Schrecken lebt, den Kopf einziehend um ja nicht noch mehr abzubekommen. Doch ein Mann schöpft Mut und Hoffnung und stellt sich der schier unbesiegbaren Finsternis entgegen. Der Kampf erscheint aussichtlos und dennoch begegnet der mutige, hoffnungsvolle Mann ihm erhobenen Hauptes. Heldenhaft stürzt er sich in den Kampf und wird besiegt. Natürlich unterliegt er, was sollte er alleine denn auch gegen die übermächtige Finsternis ausrichten können? Seine sterbliche Überreste werden verscharrt und die Finsternis beherrscht weiter das Land.
Könnte das nicht eine gute Geschichte sein? Obwohl der Ausgang der Geschichte, jedenfalls der großen Ganzen, nicht wirklich von den Handlungen des Protagonisten beeinflusst wurde? Ich finde schon.

Genauso auch mit Rückschlägen in P&P-Runden. Erst kürzlich sind meine Spieler bzw. deren SC, die vorher vom Erfolg verwöhnt waren, an einer Herausforderung krachend gescheitert. Ich hatte das so nicht direkt geplant, es aber kommen sehen. Und es war toll. Es führte zu schönem Charakterspiel und einem guten Management der vorhandenen Ressourcen (sie zogen sich zurück, hatten davor schon einen Zwischenerfolg erreicht, den sie nutzten, um sich besser vorzubereiten etc.), sodass sie die Herausforderung beim zweiten Anlauf meisterten und da waren sie dann doppelt stolz und froh.

Das ist nun nicht das gleiche wie die Sache mit dem Verräter, doch ich hoffe stark, dass sie mit so etwas ähnlich gut umgehen. So etwas in der Art habe ich für die fernere Zukunft der Runde nämlich schon angedacht. Mal sehen. Jedenfalls halte ich Rückschläge, auch in P&P-Runden, für eine außerordentliche gute Sache.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Blechpirat am 28.04.2021 | 09:56
Mich hat das Thema noch nicht losgelassen, deshalb hole ich es jetzt mal von den Toten zurück.

Ich denke nämlich, dass wir als Rollenspieler ohnehin generell ein Problem mit dem Scheitern haben. Wenn wir jetzt mal Spiele im Stil der OSR weglassen, dann stellen ich fest, dass die Spiele im Laufe der Zeit immer größeren Schutz vor dem (endgültigen, aber auch kurzfristigen) Scheitern der Gruppe eingezogen haben. TPKs sind eben nur für eine Subgruppe der Rollenspieler eine Spaßquelle. Ich meine mich zu entsinnen, zu D&D 3.5-Zeiten einen Paizo Adventurepath durchgespielt zu haben, ohne ernsthafte Niederlagen erleben zu "müssen" - so sehr war das System auf den Spielererfolg ausgelegt. Und das trotz eines SL, der die Gegnerwerte schon verbessert hatte.

Generell wird man deshalb bei der Betrachtung der meisten Regelwerke wenig dazu finden, wie man sich einer Konfliktsituation entzieht, die man nicht gewinnen kann. Weil Kämpfe/Konflikte eben nicht verloren werden sollen. Oft genug ist Rollenspiel - wie z.B. der Spielfilm auch - nur ein Vorspielen der Ungewissheit des Ausganges, denn am Ende sollen die Helden natürlich gewinnen. Is halt doof, wenn Frodo mit dem Ring zum Bösewicht wird.

Und da wir (historisch) meistens kriegerische Konflikte in den Mittelpunkt stellen, ist eine Niederlage eben auch besonders schmerzhaft, weil der Preis der Niederlage der Charaktertod ist. Den gilt es dann zu vermeiden, wenn man komplexere Charakterbeziehungen aufbauen möchte, die viele Spielsitzungen erfordern.

Rückschläge kann man aber mechanisch so abbilden dass sie spannend werden: Meine aktuelle Lieblingsmechanik dazu ist "Hot Lead" aus Nights Black Agents. Das ist ein Punktekonto, das beschreibt, wie viel Zeit man hat bis die überlegene Gegenseite einen findet und angreift. Mit bestimmten Aktionen kann man (sehr mühselig) Punkte auf das Konto erspielen, aber fast alles andere kostet Punkte: Ausruhen, Heilen, Ermitteln, etc. Das erlaubt spannende Entscheidungen - da hinten wissen wir noch von einer interessanten Szene, die uns ggf. Informationen bringen könnte oder den Gegner schadet - aber dann werden wir angegriffen und das können wir uns gerade nicht leisten. Also fliehen wir lieber um so einen Punkt aufs Konto zu bekommen. Das ist eine Form des Scheiterns, die nicht die PCs inkompetent wirken lässt, sondern die Kompetenz der Opposition betont. Und vor allem Konsequenzen hat, die nicht spielbeendend sind. Oder man vermeidet eine Kampfszene, weil die Resourcen dafür gerade nicht da sind, weil man nicht heilen konnte. Außerdem fühlt man sich ständig von der Mechanik gehetzt, was sehr on topic ist.)

(Das vom Abenteuer zwingend vorgegebenes Scheitern bei gleichzeitigem Vorspielen der Illusion, es käme auf das Handeln der Gruppe an, gar nicht geht, muss ich wohl nicht betonen.)

Echtes Scheitern ohne (in meinem Fall mechanische) Einordnung können die meisten Spieler, mich eingeschlossen, nicht gut ab. Auch dann nicht, wenn das Scheitern nicht spielbeendend ist. Gibt man ihnen/mir aber einen Anhaltspunkt, wie sich der Rückschlag in die Gesamtlage einordnet, dann können das viel mehr Spieler ab. Es ist eben was ganz anders, wenn man abends aus dem Spielabend mit dem Eindruck kommt
a) Die Orks haben euch brutal in den Arsch getreten, ihr Nullen oder
b) Ihr konntet die Eisenerzmine der Orks nicht zerstören, deshalb haben die Orks bei den Belagerungswürfen gegen die Stadt weiterhin +1

Letztlich gilt aber vermutlich, dass wir uns nicht abends nach der Arbeit noch zum Scheitern verabreden. Das macht Rückschläge so unattraktiv :) Wenn ich mich nach 8 Stunden Arbeit noch zum Rollenspiel aufraffe, dann wäre eben ein positives Gefühl auf dem Heimweg schon nett.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Supersöldner am 28.04.2021 | 10:48
Rückschlag ? so wie wenn man die Hexen Ausgerottet hat und dann marschiert eine Werwolf Armee ein ? Obwohl das ist mehr eine neue Kampagne. Oh ich weiß. Spielen als Schergen eines Mächtigen Villain. man wird oft scheitern wenn man zb von einem Helden verprügelt wird oder im Krankenhaus/Knast landet. Doch wer durchhält sammelt auch Erfolge an. irgendwann bist du vielleicht der Veteran mit den Narben der die neuen Schergen an ihrem Ersten Tag begrüßt und zu dem sie aufschauen.Künstliche Rückschläge müssen nicht sein in einem /Normalen/ Spiel .   Aber wenn die Sc einen Fehler Machen oder die Würfel fallen kann so was Passiren. Künstliches verhindern von  TPK ist Schummeln und Verletzung von NSC Rechten. Die Sc zu töten und zu Fressen (bei einem Monster) oder sie zu Töten und seine Bösen Pläne weiter zu Führen (bei Klügeren Wesen ) ist nun mal die wichtigste Freude im leben eines Villain. Und so wurde der NSC nicht nur zum Schlachten erschaffen es ist ...besser. So wie den Löwen nicht mit Drogen zu Schwächen und kein Sturmgewehr mit auf die Jagd zu Nehmen. 
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: unicum am 28.04.2021 | 10:51
Ich denke nämlich, dass wir als Rollenspieler ohnehin generell ein Problem mit dem Scheitern haben.
...
Letztlich gilt aber vermutlich, dass wir uns nicht abends nach der Arbeit noch zum Scheitern verabreden. Das macht Rückschläge so unattraktiv :) Wenn ich mich nach 8 Stunden Arbeit noch zum Rollenspiel aufraffe, dann wäre eben ein positives Gefühl auf dem Heimweg schon nett.

In der Hinsicht ist es merkwürdig das ich - auch wenn es schon Jahre her ist - immer noch von zwei Spielern angesprochen werde ob ich mal wieder was leiten würde,...
die beiden haben in einer Kampange mitgespielt welche in einem absoluten Debakel endete,...  (TPK - die Bösen übernehmen die Welt)

Ich mag es auch nicht wenn ich das gefühl habe vom SL etwas geschenkt zu bekommen.

Das oben auch postulierte "NSC-Verrätertum" ist für mich kein großes Problem.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Settembrini am 28.04.2021 | 11:22
Zitat
Ich meine mich zu entsinnen, zu D&D 3.5-Zeiten einen Paizo Adventurepath durchgespielt zu haben, ohne ernsthafte Niederlagen erleben zu "müssen" - so sehr war das System auf den Spielererfolg ausgelegt. Und das trotz eines SL, der die Gegnerwerte schon verbessert hatte.

Weil Du harte Strategie- und Taktikveteranen als Begleiter hattest! Die z. B. mit ihren Horden von Untoten die Kastanien ein ums andere mal aus dem Feuer geholt haben! Das sei nicht verschwiegen!

Oder Dragotha geschickt mit 1000l Weihwasser benetzten! Jaja! Sei nicht unerwähnt! ;D
Oder immer genug Heilung dabeihatten und fein ausbaldowerte Spruchrollenlisten geführt haben oder Ranger, die mehr Schaden mit Ihren Bögen als sturmangreifende Pegasusreiter machten...
DA STECKTE VIEL ARBEIT DRINNE und der HERR ASTERIX ELF sagt das sei "das System" gewesen!  ~;D
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Blechpirat am 28.04.2021 | 11:45
DA STECKTE VIEL ARBEIT DRINNE und der HERR ASTERIX ELF sagt das sei "das System" gewesen!  ~;D

Tja, für den Laien sieht es leicht aus, weil er einfach nicht über die vertieften Kenntnisse verfügt um zu erkennen, welche Meisterschaft nötig ist... :)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Maarzan am 28.04.2021 | 11:57
Ich sehe das Problem zu guten Teilen auch in der "Verstoryung" des Spiels veranlagt:
Wenn wegen "Drama" es immer um alles gehen muss bis hin zum regelmäßigen Weltuntergang und es eben genau dieses eine alles überlagernde Problem gibt (gerne auch wieder den SC aufgezwungen) , dann kann sich eben keiner eine Niederlage oder auch nur Flucht und Abschreiben des Ziels leisten.

Die häufige Vorstellung auf Spielerseite einen Automatikanspruch auf "strahlender Held"-Status zu haben, sowie die Unsitte gerailroadete Vorabniederlagen auf der anderen Seite des Schirms nach SL-Gusto einzufügen - wieder für "Drama" - , tut dann den Rest dazu -> die spielerische Geschäftsgrundlage und das dazu gehörende Vertrauen auf Fairness und Beteiligung ist weitreichend zerstört.

Beispiel:
Wenn es nur um einen niederschwelligen lokalen Konflikt geht und die Beteiligten  (inkl Spieler) halbwegs rational sind, kann man auch aufgeben und dem Gegner hier den Sieg überlassen. Reden wir von einem katastrophalen Ende der zumindest lokalen Welt, wie sie bisher bestand, dann ist dass eben keine Option mehr.
Auch muss ein rechtzeitiger Missionsabbruch möglich sein und darf nicht als "Plotverweigerung" railroaderisch verhindert werden.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: unicum am 28.04.2021 | 12:11
Kann ich mit der X-Card auch so einen Rückschlag verhindern?
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Jiba am 28.04.2021 | 12:24
Und unser tägliches "Diese Story-Drama-Tradition ist an allem Schuld!" gib uns heute...  ::)

Ein Gegen-Katechismus:
- "Drama" und "Story" sind zwei voneinander zu unterscheidende Aspekte im Rollenspiel: Stories kommen überall raus und eine Konzentration auf eine (vorgefertigte) Story kann sogar wahnsinnig drama-arm sein. Viele Pathfinder-Abenteuerpfade sind zum Beispiel sehr storygetrieben, sehr linear, aber um zwischenmenschliches Drama geht es überhaupt nicht. Stories können "Drama" enthalten, müssen das aber nicht.
- Ob ein Spiel fair, offen und beteiligend abläuft, liegt an der Gruppe und ihrer Kommunikation, nicht an der Prävalenz von Story oder Non-Story.
- Tatsächlich benötigen Drama-Rollenspiele einen höheren Absprachelevel, um gut zu funktionieren – deshalb sind so viele davon auch SL-reduziert, -alternierend oder -los.
- Bei den meisten "Drama"-Rollenspielen geht es eher um "Persönliche Konflikte" – worauf du mit deinem Weltuntergang anspielst, ist "Epicness", da geht es dann um alles. Das ist aber gute alte Fantasytradition, die du wirklich nicht den narrativen Spielern vorhalten kannst.   
- Kann natürlich sein, dass du hier "(Action)-film-dramaturgisch" meinst und dazu dann "Drama" sagst, aber das ist eine ganz andere Rollenspieltradition als "storygetrieben"; storygetrieben waren evtl. DSA, sicherlich die oWoD; film-dramaturgisch getrieben waren hingegen 7th Sea oder Feng Shui oder Wushu... und die haben deutlich weniger mit Railroading oder sowas gearbeitet.
- Viele Rollenspieler, die mit Fokus auf "Drama" spielen, zelebrieren das Scheitern ihres Charakters regelrecht; in moderneren Ausprägungen arbeiten Rollenspiele, die im weitesten Sinne "Drama" sind, auch oft mit Rückschlägen als Teil der Spielmechaniken. Fate hat beispielsweise tatsächlich viele Regeln dafür, Ziele absichtlich nicht zu erreichen, um mechanisch mit Niederlagen zu arbeiten – aufgeben in niedrigschwelligen Konflikten ist sogar der Standard-Modus-Operandi, denn Konsequenzen heilen und Fate-Punkte regenerieren einfach nicht so schnell. Und bei den PbtA-Spielen gibt es oft keine lupenreinen Siege, sondern ständig Kompromisse. Und "you can't always get what you want" finden Dramaspieler in der Regel geil. Dafür spielen sie das überhaupt.
- "Strahlende Helden" sind auch wieder so ein Fantasymotiv und da doch am weitesten verbreitet: Die üblichen Verdächtigen sind hier DSA und SpliMo. Hochprozentige Dramarollenspiele schießen sich eher auf Antihelden, grau-moralische Charaktere oder Opfernarrative ein. Ein echter Dramaheld hat eigentlich immer "Issues".

Wie wär's, schreib mir doch mal, dann trommel ich ein paar coole Dramaleute zusammen und wir zocken eine Runde genuines Dramarollenspiel zusammen, ohne die ganzen Vorurteile und Begriffsverquirkungen. Ist sicher erkenntnisreich.  :)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Crimson King am 28.04.2021 | 12:27
Eine gute Story hat ganz sicher Rückschläge. Ich würde allerdings darin zustimmen, dass die anders geartet sind, als bei verstärkt herausforderungsorientierten Runden. Da steckt dann die Idee dahinter, dass die Spielercharaktere als Protagonisten der Story keinesfalls frühzeitig und zufällig ableben sollen, sondern der Tod irgendwie dramatisch sein und die Story vorantreiben muss. Rückschläge finden auf anderer Ebene natürlich statt. Gerade für Dramaspieler sind persönlicher Verlust, Schuld, Trennung oder vergleichbare Themen das Salz in der Suppe.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 28.04.2021 | 12:27
Ich sehe das Problem zu guten Teilen auch in der "Verstoryung" des Spiels veranlagt: [...]

Ja, aber das ist bekanntlich deine Antwort auf alles. :) Aus meiner Sicht sind dagegen "Spiel als Story" einer- und "Totale Railroading-Tour nach fest vorgegebenem Skript" andererseits noch lange nicht ein und dasselbe, also kann ich letzteres problemlos ablehnen, ohne gleich auch mit gegen ersteres wettern zu müssen.

Ansonsten hat sich an meiner schon früher im Faden beschriebenen Position nichts geändert: daß die Entscheidungen der Spieler und Aktionen ihrer Charaktere möglichst auch tatsächlich konkrete Auswirkungen auf den Rest des Spiels haben sollten, gehört für mich schlicht dazu, und das schließt die Möglichkeit des Scheiterns notwendigerweise ebenso ein wie die eines Überraschungserfolgs im Angesicht einer "eigentlich geplanten" Niederlage. Daß dabei am Schluß aus der "Erzählerperspektive" idealerweise obendrein auch noch etwas herauskommen soll, was sich zumindest auf Groschenheftniveau als so 'ne Art Geschichte verwursten lassen könnte, das aber eben nach Kräften improvisiert und ohne den Versuch, den Ablauf irgendeines "Drehbuchs" erzwingen zu wollen...nun, das ist halt Teil der Herausforderung und klappt mal mehr und mal weniger gut.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: unicum am 28.04.2021 | 12:36
Ich würde mich nicht so auf das Railroading einschiessen,... ich brauch kein railroading um die Gruppe einen Rückschlag fühlen zu lassen.

Ich muss die NSC nur intelligent spielen - dabei aber natürlich trozdem fair gegenüber den Spielern sein.
In den seltesten Fällen führen auch die ach so geliebten Würfel welche die Geschichte kennen zu einem Rückschlag,... /btw ich hasse diesen Spruch "die Würfel kennen die Geschichte" nachdem "die Würfel" mal die Geschichte in den Lokus getreten haben.

Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Alexandro am 28.04.2021 | 14:17
Wenn die Spieler im Szenario nicht den richtigen "Hebel" finden, um zum Erfolg zu kommen, dann gibt es eben einen Rückschlag. Passiert und ist (imo) nicht das Ende der Welt.

Das finden des Hebels macht mir persönlich Spaß, gibt aber anscheinend einige, die das anders sehen. Es gibt wohl nicht wenige Spieler, die meinen alles mit Ressourceneinsatz und Pseudo-Taktik (die letztendlich nur darin besteht, wann man seine Problemlösungscoupons einsetzt) "brute-forcen" zu können und verstimmt reagieren, wenn der SL das ablehnt.

So auch in meiner ersten Vampire-Runde: der SL hatte den Plot an "Sieben" angelehnt (mit genug Änderungen, dass man auch mit Kenntnis des Films noch von Dingen überrascht werden konnte) - entsprechend war die Motivation des Killers am Ende gefasst zu werden und (idealerweise) von einem der SC getötet zu werden. Was einer der Spieler (keine Kenntnis des Films) auch gerne tat - und dann nicht verstand, warum dies innerhalb des Szenarios nicht als "Sieg" gewertet wurde und die Gruppe dadurch in größere Schwierigkeiten kam.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Settembrini am 28.04.2021 | 14:39
Tja, für den Laien sieht es leicht aus, weil er einfach nicht über die vertieften Kenntnisse verfügt um zu erkennen, welche Meisterschaft nötig ist... :)

Ich gebe Dir aber Recht insofern, als daß je tiefer Paizo in die Paths vordrang, desto mehr wandelte sich die Kultur zum "schaffbaren Encounter" bei Empörung seitens der Onlinespielerschaft, sollte dem mal nicht so sein...Encounterisierung was a thing!

Wer gar keine Frustrationstoleranz hatte, der konnte dann 4e spielen, das war so der Gipfel dieser Entwicklung.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: ghoul am 28.04.2021 | 14:48
Ich denke nämlich, dass wir als Rollenspieler ohnehin generell ein Problem mit dem Scheitern haben. Wenn wir jetzt mal Spiele im Stil der OSR normale Rollenspiele weglassen, dann stellen ich fest,

Fixed it for you.  ~;D
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 28.04.2021 | 15:01
Wer gar keine Frustrationstoleranz hatte, der konnte dann 4e spielen, das war so der Gipfel dieser Entwicklung.

Schon mal einem Needledrake Swarm in 4e begegnet? Oder drei davon?  >;D

Einer meiner schönsten RPG-Horror-Momente als unser Kleriker in Sekunden zerrissen wurde.  ;D
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Jiba am 28.04.2021 | 15:06
Fixed it for you.  ~;D

Und damit offenbart sich die PESA, bei all dem rebellischen Verve, doch als eine konservative Bewegung. Kein Vorausdrang, keine Progressivität. Nur schnöde, jägerumzäunte Normalität. Rollenspiel, aber normal. Schade, nein danke.  >;D
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: ghoul am 28.04.2021 | 15:16
Und damit offenbart sich die PESA, bei all dem rebellischen Verve, doch als eine konservative Bewegung. Kein Vorausdrang, keine Progressivität. Nur schnöde, jägerumzäunte Normalität. Rollenspiel, aber normal. Schade, nein danke.  >;D
Ich bin bekannt dafür, nie etwas neues auszuprobieren. Und ich bin stolz darauf, seit 30 Jahren immer nur den gleichen Dungeon zu leiten, mal spiegelverkehrt, mal um 180° gedreht, ohne dass es meine Spieler merken. Alle Monster darin haben die gleichen Stats. Deswegen habe ich hier in dem Forum auch nie etwas beizutragen.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Jiba am 28.04.2021 | 15:19
Ich bin bekannt dafür, nie etwas neues auszuprobieren. Und ich bin stolz darauf, seit 30 Jahren immer nur den gleichen Dungeon zu leiten, mal spiegelverkehrt, mal um 180° gedreht, ohne dass es meine Spieler merken. Alle Monster darin haben die gleichen Stats. Deswegen habe ich hier in dem Forum auch nie etwas beizutragen.
Ach so, das hätte mir auffallen müssen. Mensch, danke für die Klarstellung!  :D
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: ghoul am 28.04.2021 | 15:25
Mensch Ghul
Fixed it for you.

Neulich bin ich dann aber über meinen Schatten gesprungen und wollte Whack Hack ausprobieren. Durfte ich dann aber nicht.  :'(
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Maarzan am 28.04.2021 | 15:33
Und unser tägliches "Diese Story-Drama-Tradition ist an allem Schuld!" gib uns heute...  ::)

Ein Gegen-Katechismus:
...

Der Oberbegriff "Story" ist offenbar nicht erschöpfend präszise:

Hier:
https://www.tanelorn.net/index.php/topic,118919.0.html (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,118919.0.html)
der Versuch der/ Bitte um Präzisierung. 

Wie wär's, schreib mir doch mal, dann trommel ich ein paar coole Dramaleute zusammen und wir zocken eine Runde genuines Dramarollenspiel zusammen, ohne die ganzen Vorurteile und Begriffsverquirkungen. Ist sicher erkenntnisreich.  :)

Nächste Spielemesse nach Corona?!
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Crimson King am 28.04.2021 | 16:28
Wer gar keine Frustrationstoleranz hatte, der konnte dann 4e spielen, das war so der Gipfel dieser Entwicklung.

Wir hatten eigentlich immer solide Bodycounts unter den SC mit der 4e. Ein Voll-TPK war nur deshalb nicht drunter, weil die letzte Überlebende es in einen Gang geschafft hat, in den der Drache ihr nicht folgen konnte. Die Bag of Holding mit dem Hort hatte sie auch dabei. Mein Char war da frisch dabei. Die Nummer mit dem Drachen war sein erster Kampf in der Spielrunde und sein letzter.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Runenstahl am 28.04.2021 | 16:35
Mal so ein Einwurf von mir:
Mit der richtigen Gruppe kann es übrigens auch klappen das man den Spielern (nicht den Charakteren) in einer "Zwischensequenz" enthüllt das ihr lieblings-NSC ein Verräter ist. Sind es gute Rollenspieler so steigt die Spannung weil die Spieler eben wissen das der Typ sie irgendwann hintergeht, sie aber dennoch weiterhin die Charaktere ahnungslos spielen müssen.

Zum Thema Rückschläge:
Als SL tendiere ich dazu die Abenteuer eher zu leicht als zu schwer zu machen und auch auf Ideen der Spieler einzugehen. Das führt oftmals dazu das ihnen vieles gelingt. Wenn dann hin- und wieder mal ein Kampf sehr hart ist oder ein Plan nicht funktioniert dann habe ich inzwischen mehrmals erlebt das die Spieler das richtig toll finden weil sie jetzt mal gefordert werden. Wie bei so vielen Dingen ist es wichtig ein gesundes Mittelmaß zu finden. Zuviele Rückschläge können frustrieren, während zuviele Erfolge langweilig werden können.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 28.04.2021 | 16:50
Nur kurze Anmerkung: ich bin großer Drama-Fan beim Rollenspiel und gerade deshalb hauptsächlich an beinhartem Old-School-Spiel interessiert. Denn diese abgenudelten 08/15-Fantasy-Plots, die irgendwelche Spielleiter oder verhinderten Roman-Autoren abliefern, und darauf stolz sind, dass ihnen wieder ein so episches Abziehbild eines Abziehbildes gelungen ist, sind für mich eigentlich nur peinlich.

Ich kann nur noch beim offenem Spiel etwas empfinden, wenn der Charaktertod immer an nur einen Schritt entfernt ist und da schafft es die emergente Story mich echt noch zu überraschen - zumindest noch jedes dritte oder vierte Mal. (Und das ist eine viel höhere Erfolgsrate als es z.B. Hollywood-Filme haben.)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Mentor am 28.04.2021 | 18:46
Der schlechte Rückschlag ist für mich der, der die SC "überrascht" aber für den sie nichts können (Oh no, the princess is in another castle!). Egal ob das im 1000-Seiten Abenteuer fix drin steht oder ein SL die Sache spontan etwas aufpeppen mag. Der gute Rückschlag ist von der Gruppe hausgemacht, und am Besten noch mit kalkuliertem Risiko. Persönlich haben mir Kampagnen mit negativen Auswirkungen immer dann gut gefallen, wenn es z.B. 3 Dinge zu tun gab, doch nur Zeit 2 davon nach Wahl zu erledigen (erfolgreich oder auch nicht) - und Handlungsstrang 3 wird sich automatisch negativ entwickeln. Aber die SC/Gruppe hatte die Wahl, was scheitert.

Verräter-Auftraggeber oder Verräter-Mitreisende finde ich ok in Oneshots, aber in Kampagnen ein unglückliches Plot-Element - die machen die Gruppe nur paranoid. Beim nächsten Auftraggeber wird dann lang rumgezickt, statt dass das Abenteuer beginnen kann.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Weltengeist am 28.04.2021 | 20:01
Ich denke nämlich, dass wir als Rollenspieler ohnehin generell ein Problem mit dem Scheitern haben. Wenn wir jetzt mal Spiele im Stil der OSR weglassen, dann stellen ich fest, dass die Spiele im Laufe der Zeit immer größeren Schutz vor dem (endgültigen, aber auch kurzfristigen) Scheitern der Gruppe eingezogen haben.

Ich möchte gerne mal betonen, dass ich in diesem Sinn nicht zu "wir als Rollenspieler" zähle. Ich schreie seit Jahren vergeblich gegen immer noch mehr Gummipunkte und andere Auffangnetze im Rollenspiel an - vergeblich.

Eine erschreckend große Zahl von Rollenspielern sind im Grunde ängstlich. Sie möchten entweder gleich übermächtige Charaktere spielen, oder sie spielen so vorsichtig, dass es irgendwie auch keinen Spaß macht. Was die Mehrheit möchte, ist eine Illusion von Gefahr, hinter der sich aber bitte kein wirkliches Risiko verbergen soll.

Die oben genannten Schutzmechanismen sind der Kompromiss, der daraus entstanden ist. Ich lebe damit - zähneknirschend. Aber ich lasse mir nicht gerne nachsagen, dass "wir als Rollenspieler" ein Problem mit dem Scheitern haben.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 28.04.2021 | 20:05
Eine erschreckend große Zahl von Rollenspielern sind im Grunde ängstlich. Sie möchten entweder gleich übermächtige Charaktere spielen, oder sie spielen so vorsichtig, dass es irgendwie auch keinen Spaß macht. Was die Mehrheit möchte, ist eine Illusion von Gefahr, hinter der sich aber bitte kein wirkliches Risiko verbergen soll.

Was erwartest du auch von Leuten, die bloß läppisch herumrollenspielen, anstatt wie richtige Machos Extremsport mit echtem Risiko zu betreiben? ::)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Blechpirat am 28.04.2021 | 20:43
Ich möchte gerne mal betonen, dass ich in diesem Sinn nicht zu "wir als Rollenspieler" zähle. Ich schreie seit Jahren vergeblich gegen immer noch mehr Gummipunkte und andere Auffangnetze im Rollenspiel an - vergeblich.

In jeder Generalisierung steckt natürlich eine unzulässige Vereinnahmung. Das bitte ich zu entschuldigen.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 28.04.2021 | 21:48

Eine erschreckend große Zahl von Rollenspielern sind im Grunde ängstlich. Sie möchten entweder gleich übermächtige Charaktere spielen, oder sie spielen so vorsichtig, dass es irgendwie auch keinen Spaß macht.

Warum sollte auch irgendwer, der nicht ängstlich ist, sich für Rollenspiel Interessieren?

Da habe ich doch dann die ganze echte Welt um mich auszutoben und brauche nicht Regeln pauken.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: RackNar am 29.04.2021 | 09:08
Ich möchte gerne mal betonen, dass ich in diesem Sinn nicht zu "wir als Rollenspieler" zähle. Ich schreie seit Jahren vergeblich gegen immer noch mehr Gummipunkte und andere Auffangnetze im Rollenspiel an - vergeblich.

Ich weiß Gummipunkte werden oft am Auffangnetze gesehen und genutzt, aber ich sehen ihren Vorteil nicht darin. Ich mag sie dann, wenn sie helfen Spotlight zu erzeugen.

[Edit]Im Nirwana verlorenen Satzteile ergänzt[/Edit]
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Weltengeist am 29.04.2021 | 10:04
Warum sollte auch irgendwer, der nicht ängstlich ist, sich für Rollenspiel Interessieren?

Da habe ich doch dann die ganze echte Welt um mich auszutoben und brauche nicht Regeln pauken.

Naja, da geht es ja weniger um Ängstlichkeit als um Ausprobieren. Das Hauptproblem in der wirklichen Welt ist eben, dass es zumindest sehr viel länger dauert, bis du der sein kannst, der du sein willst. Natürlich kannst du dein Geschlecht ändern lassen oder so lange trainieren, bis du einen passablen Kämpfer abgibst, aber da ist es dann doch einfacher, einen entsprechenden Charakter zu erzeugen.

Was ich nicht verstehe ist, warum man teilweise hunderte Seiten von Regeln braucht, nur damit das dann doch auf "du wirfst einen Gummipunkt rein und gewinnst" rausläuft. Da könnte man auch billiger haben.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 29.04.2021 | 10:24
Was ich nicht verstehe ist, warum man teilweise hunderte Seiten von Regeln braucht, nur damit das dann doch auf "du wirfst einen Gummipunkt rein und gewinnst" rausläuft. Da könnte man auch billiger haben.

Gummipunkte als begrenzte Resource um die Meta-Ebene widerzuspiegeln (was der Spieler will, nicht der Charakter), finde ich super.

Ein Reroll pro Abend hat meiner Ansicht noch nie geschadet.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Blechpirat am 29.04.2021 | 10:29
Was ich nicht verstehe ist, warum man teilweise hunderte Seiten von Regeln braucht, nur damit das dann doch auf "du wirfst einen Gummipunkt rein und gewinnst" rausläuft. Da könnte man auch billiger haben.

Naja, in manchen Systemen mag das so funktionieren, wie du es darstellst. In anderen (Fate, SaWo) kriegst du die Dinger ja nicht geschenkt, sondern musst sie dir erspielen. Und du bekommst sie in der Regel, wenn du Dinge anspielst, die nicht unmittelbar dem "Gewinnen" dienen, sondern z.B. dem Genre. Natürlich ist es "klüger", den Desperado abzuknallen, wenn er besoffen im Saloon am Pokertisch eingeschlafen ist. Du kriegst deinen Schicksalspunkte dafür, dass du ihn zum Duell auf offener Straße forderst - und dank des Schicksalpunktes hast du eine verbesserte Chance, dass auch zu überleben.

Mist, auf Derailing reingefallen :)

Zurück zum Thema: Es ist ja kein Zufall, dass nicht, Mick der Buchmacher, Tom der Rechtsanwalt und Bobby der rollstuhlfahrende Technische Zeichner in den Dungeon gehen, sondern muskelbepackte Barbaren, graubärtige Meister mysteriöser Energien und Bogenschützen, die auf 100m einer Mücke den Flügel abschießen können. Eine gewisse Machtsphantasie wohnt den Hobby eben doch schon von Anfang an inne. Und ich spiele nicht mit Ansage solche Typen, um dann ständig zu scheitern. Das wäre dann doch eher das Metier von Mick, Tom und Bobby... Insofern könnte man schon sagen, dass Rückschläge und Scheitern der Idee des Rollenspiels als Machtphantasie entgegenstehen.

Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Crimson King am 29.04.2021 | 10:30
Natürlich kannst du dein Geschlecht ändern lassen oder so lange trainieren, bis du einen passablen Kämpfer abgibst,

Zumindest bei letzterem steht einem beim Einsatz seiner Fähigkeiten sehr oft das Gesetz im Weg. Ganz allgemein ist "Abenteuer an einigermaßen unzivilisierten, potenziell gefährlichen Orten" nicht nur mit Trainingsaufwand verbunden. Da muss man auch sonst ein paar Resourcen rein stecken.

Ängstlichkeit dürfte nicht wirklich ein Faktor bei Rollenspielern sein, dessen Ausprägung sich merklich vom Bevölkerungsdurchschnitt unterscheidet.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 29.04.2021 | 11:00
Zum Thema Rückschläge:
Als SL tendiere ich dazu die Abenteuer eher zu leicht als zu schwer zu machen und auch auf Ideen der Spieler einzugehen. Das führt oftmals dazu das ihnen vieles gelingt. Wenn dann hin- und wieder mal ein Kampf sehr hart ist oder ein Plan nicht funktioniert dann habe ich inzwischen mehrmals erlebt das die Spieler das richtig toll finden weil sie jetzt mal gefordert werden. Wie bei so vielen Dingen ist es wichtig ein gesundes Mittelmaß zu finden. Zuviele Rückschläge können frustrieren, während zuviele Erfolge langweilig werden können.

Das ist halt so die Frage des Erzeugens eines Eindrucks von Kompetenz, ja. Wenn die Spieler und ihre Charaktere auch "nur" so oft verlieren, wie sie gewinnen, dann wird wahrscheinlich schon ein deutlicher Eindruck von Losertum samt entsprechendem Frust aufkommen, wenn man ihnen das Spiel nicht von vornherein schon mit genau dieser "Spielt doch mal die Verlierer"-Prämisse schmackhaft gemacht hat und sie darauf auch eingegangen sind.

Also sollten die klassisch-typischen Arten von Rollenspielcharakteren auf jeden Fall deutlich öfter gewinnen als verlieren, und entsprechend sollten angemessene "Standardherausforderungen" (also die, auf die sie dann im Spiel auch wirklich am häufigsten treffen) solche sein, die für sie einigermaßen bequem und gerne auch schon mal halb auf Autopilot schaffbar sind. Dann haben wir mit denen nämlich auch gleich einen gewissen Erwartungshintergrund, vor dem sich die wirklich harten "eigentlichen" Gegner und Hindernisse anständig als solche abheben können...
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Weltengeist am 29.04.2021 | 11:37
Naja, in manchen Systemen mag das so funktionieren, wie du es darstellst. In anderen (Fate, SaWo) kriegst du die Dinger ja nicht geschenkt, sondern musst sie dir erspielen.

Also in dem SaWo, das ich hier liegen habe, bekommt man pro Sitzung und Charakter schon mal 3-5 Bennies als Startausstattung. Dazu kommen pro Kampf im Mittel noch 1-2 Bennies dank der "Joker is Wild"-Regel, die seit der SWADE Standard ist. Das sind für eine Sitzung von 3-4 Stunden schon mal ziemlich viele Bennies, ohne dass man irgendwas dafür tun musste oder sich - Gott bewahre! - einen wirklichen Nachteil dafür eingehandelt hat.

Aber @topic: Die Alternative zu Superheldencharakteren sind ja nicht "Luschen" oder "Quentin der Qualitätsmanager". Die Alternative zu Superheldencharakteren sind kompetente Charaktere. Die gewinnen zwar meistens, verlieren aber eben auch manchmal. Und genau dieses "manchmal" wird in den letzten Jahren von immer mehr Regelwerken speziell im Mainstream immer weiter in Richtung "möglichst nie" verschoben.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 29.04.2021 | 13:01
Die gewinnen zwar meistens, verlieren aber eben auch manchmal. Und genau dieses "manchmal" wird in den letzten Jahren von immer mehr Regelwerken speziell im Mainstream immer weiter in Richtung "möglichst nie" verschoben.

Also in unseren D&D5-Runden hatten wir immer noch Bodycount - zumindest auf den unteren Stufen.

Und wenn es zu einfach wird, kann man immer noch die Gegneranzahl verdoppeln.  >;D

Als Spielleiter habe ich auch manchmal Sorge, dass die Spieler sich nicht gefordert fühlen, aber meist sind die doch eher dankbar, dass die Kämpfe kurz bleiben und es mehr Zeit für anderes gibt.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Blechpirat am 29.04.2021 | 14:13
Eine Beobachtung noch: Bei interpersonellen Plots, z.B. romantischen Beziehungen oder selbst bei der Suche nach dem verlorenen Barbarenvater (gell, @Megavolt) sind die Spieler viel bereiter, Rückschläge hinzunehmen, als bei "harten" Konflikten, ob nun Bergsteigen oder Orks hauen.

Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 29.04.2021 | 15:13
Eine Beobachtung noch: Bei interpersonellen Plots, z.B. romantischen Beziehungen oder selbst bei der Suche nach dem verlorenen Barbarenvater (gell, @Megavolt) sind die Spieler viel bereiter, Rückschläge hinzunehmen, als bei "harten" Konflikten, ob nun Bergsteigen oder Orks hauen.

"Besser die eigene Mutter als da magische Schwert verlieren", kann man wohl über 90% aller Spielercharaktere sagen.  8]

Wäre interessant in einem System Bonuse auf die (Kampf)Werte für Familie und Verwandte zu kriegen...
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Blechpirat am 29.04.2021 | 15:20
"Besser die eigene Mutter als da magische Schwert verlieren", kann man wohl über 90% aller Spielercharaktere sagen.  8]

Interessanter Hinweis!

Mir fällt dabei auf, dass ein sozialer Konflikt aber für die meisten Spieler nicht leichter zu verlieren ist. Und meine These ist weiterhin, dass man sich seinen Charakter als coolen, mächtigen, Krieger/Magier/irgendwas vorstellt - und der verliert auch kein Duell der Beleidigungen. Aber ob er nicht besonders gut darin ist, seinen verlorenen Barbarenvater wiederzufinden - das tangiert diese Vorstellung eben nicht.

"Play to loose" oder "Play to drama" ist eben letztlich mit den Wargamingwurzeln der klassischen Rollenspiele nur sehr begrenzt vereinbar.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Erbschwein am 29.04.2021 | 15:30
Hallo,

Im Eigentlichem Sinne ist das schei... Da die Erde sich weiter dreht muss man dieses als Scheibe sehen. Wenn die Abenteuer weiter sich im Power-Levels sich befinden, ist es schrott.

Da man wenig Zeit und Mal was anderes Ausprobieren möchte, ist klar das man da Nicht mit einem gutem schuhe da stehen tut.
Ich persönlich finde, es sollte schon schaffbar sein. Nur wie einfach oder im anderen Sinne es ist, ist das jetzt auch egal.... Also ein-e- Möglichkeit wäre nett, nicht das man dumm stehen tut und noch nicht mal durch sein versagen noch dümmer zu stehen.

Edit:- e -
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Jiba am 29.04.2021 | 15:32
Wäre interessant in einem System Bonuse auf die (Kampf)Werte für Familie und Verwandte zu kriegen...

Hmmmm, mit PbtA. Inspiriert hiervon (https://www.youtube.com/watch?v=XBJpOi5JgD0). Warum eigentlich nicht... :think:
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 29.04.2021 | 15:39
Eine Beobachtung noch: Bei interpersonellen Plots, z.B. romantischen Beziehungen oder selbst bei der Suche nach dem verlorenen Barbarenvater (gell, @Megavolt) sind die Spieler viel bereiter, Rückschläge hinzunehmen, als bei "harten" Konflikten, ob nun Bergsteigen oder Orks hauen.

Na ja, überall da, wo das Wort "Rückschlag" gleich so unangenehm potentiell nach "Tod" klingt, ist das wohl auch einigermaßen verständlich. 8]

"Besser die eigene Mutter als da magische Schwert verlieren", kann man wohl über 90% aller Spielercharaktere sagen.  8]

Wäre interessant in einem System Bonuse auf die (Kampf)Werte für Familie und Verwandte zu kriegen...

Nun, Dinge wie mechanische Boni für wichtige Beziehungen gibt's ja in einigen Systemen durchaus. Die beziehen sich halt nur normalerweise nicht so sehr auf irgendwelche Hintergrund-NSC (wie die zu Hause im Dorf gelassenen Eltern und sonstige Verwandtschaft), die in den Abenteuern selbst dann meist eh nicht vorkommen...beziehungsweise da, wo sie es doch mal tun sollten, wäre das umgekehrt schon eine regelrechte Aufforderung an die SL, besagte Verwandtschaft auch mal tatsächlich aktiver und regelmäßiger ins Spiel einzubinden, als es in der typischen Mörderhobokampagne sonst der Fall ist.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Jiba am 29.04.2021 | 15:41
Deshalb mein Beispiel oben: Die Lösung ist doch, dass die Abenteuergruppe selbst eine Familie ist und regelmäßig in das eigene Zuhause zurückkehrt.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: JollyOrc am 29.04.2021 | 15:59
Ich glaube, es ist wirklich eine Frage der Rollo-Sozialisierung, ob und wie man mit einem Rückschlag umgehen kann.

Diejenigen unter uns, die damit Schwierigkeiten haben, sind mit Alles-oder-nichts-Challenges "erzogen" worden: Hier ist die Tür, wenn Du die nicht aufkriegst, geht das Abenteuer halt nicht weiter. Hier ist der Bossgegner, wenn der nicht besiegt wird, geht die Welt halt unter. Hier ist die Falle, wenn Du da nicht drüberspringen kannst, ist deine Figur tot und Du kannst nach Hause gehen.

Wer hingegen entweder mit einem Zoo an entbehrlichen Mietlingen oder anderen lvl1 Figuren durchs Dungeon zieht, wer gelernt hat, dass es für jedes Problem drölfzig Lösungswege gibt, wer weiß, dass der Rückschlag Teil einer größeren Narrative ist, oder wer ganz simpel gar nicht an Weltrettung sondern nur der persönlichen Bereicherung seines Murderhobos interessiert ist, diese Leute kommen damit klar, dass mal was schiefgeht.

Ich stelle für mich übrigens fest, dass ich, je nachdem was (und mit wem!) ich gerade spiele, durchaus mal der einen und mal der anderen Gruppe zuzuordnen bin.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 29.04.2021 | 16:04
Deshalb mein Beispiel oben: Die Lösung ist doch, dass die Abenteuergruppe selbst eine Familie ist und regelmäßig in das eigene Zuhause zurückkehrt.

Wäre eine Möglichkeit, ja...obwohl's gerade unter Spielercharakteren nicht unbedingt Familienbande sein müssen, die die Gruppe mehr oder weniger gut zusammenhalten. Mir ging's also schon ein bißchen spezieller mehr um "was ist dir mehr wert, dein magisches Schwert oder der NSC da drüben?". :)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Erbschwein am 29.04.2021 | 16:08
Wäre eine Möglichkeit, ja...obwohl's gerade unter Spielercharakteren nicht unbedingt Familienbande sein müssen, die die Gruppe mehr oder weniger gut zusammenhalten. Mir ging's also schon ein bißchen spezieller mehr um "was ist dir mehr wert, dein magisches Schwert oder der NSC da drüben?". :)


...What????
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 29.04.2021 | 16:41
Ich dachte mir gerade: für jede Steigerung muss man ein Band zu einem NSC oder SC knüpfen. Und geht der drauf, ist auch die Steigerung weg...

Als kluger Power-Gamer würde man natürlich nur Bande zu den mächtigsten NSCs knüpfen.  8] Diese Arschkriecher und Lakaien von SCs aber auch...

(Und nein, an Band zu einem Gott habe ich eigentlich nicht gedacht.)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Weltengeist am 29.04.2021 | 16:45
Ich dachte mir gerade: für jede Steigerung muss man ein Band zu einem NSC oder SC knüpfen. Und geht der drauf, ist auch die Steigerung weg...

Als kluger Power-Gamer würde man natürlich nur Bande zu den mächtigsten NSCs knüpfen.  8] Diese Arschkriecher und Lakaien von SCs aber auch...

Glückwunsch - du hast gerade RealLife - The RPG erfunden... >;D
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Maarzan am 29.04.2021 | 16:52
Das Problem sehe ich in dem Fall darin, dass die Familie eben keinen Bezug zum Spielerlebnis und damit für den Spieler hat - außer vielleicht als direktes oder indirektes Gängelband eines so veranlagten Spielleiters.

Wenn Familie wirklich am Spiel - und das auch entsprechend positiv für die Figur - beteiligt wird, ändert sich auch das Gewicht, welches diesem nun "Asset" zugewiesen wird.

Ansonsten noch einmal +1: kompetent =/= Gewinngarantie.
Eher ist dies die Stufe, wo Leute bewusst und klaren freien Willens solche eher riskanten Herausforderungen angehen würden.

Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: ghoul am 29.04.2021 | 16:55
Ländereien (können durch Heirat erworben werden) generieren Einkommen. Familie generiert Erben, Ersatz-Personnagen. Pendragon.

Bei Pavillon Noir vergebe ich für Eheschließungen Ruhmpunkte (also "EP" für Ruhmstufen und Talenterwerb) je nach Stand der geehelichten Person.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Erbschwein am 29.04.2021 | 22:08
Ländereien (können durch Heirat erworben werden) generieren Einkommen. Familie generiert Erben, Ersatz-Personnagen. Pendragon.

Bei Pavillon Noir vergebe ich für Eheschließungen Ruhmpunkte (also "EP" für Ruhmstufen und Talenterwerb) je nach Stand der geehelichten Person.
Hallo,
@ghoul

ich hatte heute auch schon den Gedanken, mit Elternteile und ihre Primärattribute und warum nicht von +50% Chance zu Würfeln, wenn man über 100 kommt. Das man die hälfte an Bonus zubekommen der Primär Attribute der Eltern.

-Edit:- Das liegt mehr an der Erziehung.-
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Blechpirat am 30.04.2021 | 08:43
Ich glaube, es ist wirklich eine Frage der Rollo-Sozialisierung, ob und wie man mit einem Rückschlag umgehen kann.

Play-to-drama ist dir ja auch nicht fremd :)

Vielleicht ist es auch eine Frage der zeitlichen Dimension? Wenn Megavolt der Barbar die Tür nicht mit einem Tritt aufkriegt, dann kommt der Spieler damit vermutlich ganz gut zurecht. Wenn aber der 4-Stunden-unter-der-Woche-Kampagnenabend ungefähr so aufgebaut ist: "Abenteueraufhänger spielen - Ermitteln - Gegner bekämpfen" dann ist der Rückschlag (Die Gegner gewinnen den Kampf) ja nicht wie in Film und Fernsehen bekannt eine 5-minütige Episode des Rückschlags, sondern ein ganzer Spielabend, der als Misserfolg verbucht wird. Selbst wenn man deine (sicher richtigen) Gedanken zur Sozialisierung weglässt und davon ausgeht, dass Spieler internalisiert haben, dass die PCs den Misserfolg vermutlich überstehen, wenn auch unter Resourcenverlust, hätten wohl die meisten keinen Spaß an sowas.

Davon nehme ich mich nicht aus. Bei einer Wochenend-Runde bin ich da toleranter was Rückschläge angeht, aber da ist das Zeitfenster auch großzügiger.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Erbschwein am 30.04.2021 | 10:38
Play-to-drama ist dir ja auch nicht fremd :)

Vielleicht ist es auch eine Frage der zeitlichen Dimension? Wenn Megavolt der Barbar die Tür nicht mit einem Tritt aufkriegt, dann kommt der Spieler damit vermutlich ganz gut zurecht. Wenn aber der 4-Stunden-unter-der-Woche-Kampagnenabend ungefähr so aufgebaut ist: "Abenteueraufhänger spielen - Ermitteln - Gegner bekämpfen" dann ist der Rückschlag (Die Gegner gewinnen den Kampf) ja nicht wie in Film und Fernsehen bekannt eine 5-minütige Episode des Rückschlags, sondern ein ganzer Spielabend, der als Misserfolg verbucht wird. Selbst wenn man deine (sicher richtigen) Gedanken zur Sozialisierung weglässt und davon ausgeht, dass Spieler internalisiert haben, dass die PCs den Misserfolg vermutlich überstehen, wenn auch unter Resourcenverlust, hätten wohl die meisten keinen Spaß an sowas.

Davon nehme ich mich nicht aus. Bei einer Wochenend-Runde bin ich da toleranter was Rückschläge angeht, aber da ist das Zeitfenster auch großzügiger.
Hallo,
@Blechpirat

...dann können wir auch Anfangen, wenn Fertigkeiten die Eingesetzt werden. Wenn daraus ein Misserfolg entsteht, sollte man dieses gleich abwerten und sagen Ihr Schaft Alles was Ihr wollt.
Fertigkeiten, Kampf und Magie usw, sollten die Gedanken Anregen um Mitumgehen Können. Problem lösen oder mit Umgehen wie Probleme gelöst werden könnte.

Mal eine Andere Sichtweise Zuhaben.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: JollyOrc am 30.04.2021 | 11:58
Wenn aber der 4-Stunden-unter-der-Woche-Kampagnenabend ungefähr so aufgebaut ist: "Abenteueraufhänger spielen - Ermitteln - Gegner bekämpfen" dann ist der Rückschlag (Die Gegner gewinnen den Kampf) ja nicht wie in Film und Fernsehen bekannt eine 5-minütige Episode des Rückschlags, sondern ein ganzer Spielabend, der als Misserfolg verbucht wird.

Guter Punkt - je nachdem wann in einer Session etwas passiert, kann also die gleiche Situation eben als Rückschlag (von dem man sich erholen kann) oder eben Misserfolg/Versagen empfunden werden.

Und das ist glaube ich ein Unterschied, den man sich immer vor Augen halten sollte: Rückschläge sind im Grunde toll, da sie Anknüpfpunkte für weitere Dinge liefern und die Tür für den Erfolg aufhalten. Reines Scheitern hingegen ist doof.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Erbschwein am 30.04.2021 | 12:04
Guter Punkt - je nachdem wann in einer Session etwas passiert, kann also die gleiche Situation eben als Rückschlag (von dem man sich erholen kann) oder eben Misserfolg/Versagen empfunden werden.

Und das ist glaube ich ein Unterschied, den man sich immer vor Augen halten sollte: Rückschläge sind im Grunde toll, da sie Anknüpfpunkte für weitere Dinge liefern und die Tür für den Erfolg aufhalten. Reines Scheitern hingegen ist doof.
Hallo,
@JollyOrc

Gute Aussage und das Verhältnis zum Fehlschlag, kann einer aus der Gruppe wieder herstellen. Was bedeuten kann, das man durch Fehlschläge was lernen kann. Das bedeutet das Jeder Fehlschlag aber Gleich angesehen werden kann oder sollte. Da jeder Fehlschlag in der Situation nicht dazu führte wie die Person es Gerne Hätte.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 30.04.2021 | 12:28
Davon nehme ich mich nicht aus. Bei einer Wochenend-Runde bin ich da toleranter was Rückschläge angeht, aber da ist das Zeitfenster auch großzügiger.

Ich bin da emotional anders involviert.

Mein unbewußtes (aber inzwischen herausgearbeitetes) Ziel beim Rollenspiel ist halt: ich möchte kooperativ eine Geschichte generieren, die mir so noch nicht untergekommen ist und an die ich mich noch in Jahrzehnten zurückerinnern werde. Neben den unerwarteten Wendungen spielt da auch der Adrenalin-Level - sprich die Spannung - eine Riesenrolle. Und je näher man da an der Niederlage vorbeischrammt, desto mehr Payoff gibt es für mich.

Und es halt ja mal ein berühmter Mensch fast gesagt: alle glücklich erledigten Missionen sind gleich, aber jede gescheiterte Mission ist verschieden.  8]

Abgesehen davon gefallen mir auch Filme und Bücher mit Unhappy End besser.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Erbschwein am 30.04.2021 | 12:56
Ich bin da emotional anders involviert.

Mein unbewußtes (aber inzwischen herausgearbeitetes) Ziel beim Rollenspiel ist halt: ich möchte kooperativ eine Geschichte generieren, die mir so noch nicht untergekommen ist und an die ich mich noch in Jahrzehnten zurückerinnern werde. Neben den unerwarteten Wendungen spielt da auch der Adrenalin-Level - sprich die Spannung - eine Riesenrolle. Und je näher man da an der Niederlage vorbeischrammt, desto mehr Payoff gibt es für mich.

Und es halt ja mal ein berühmter Mensch fast gesagt: alle glücklich erledigten Missionen sind gleich, aber jede gescheiterte Mission ist verschieden.  8]

Abgesehen davon gefallen mir auch Filme und Bücher mit Unhappy End besser.
Hallo,
@tartex

Naja, das man am Ende sowieso ein Unhappy End hat, hast Du Recht das man es Genießen möchte. Nur eine Idee noch ein Abenteurer Zusein, würde schon für sich Adrenalin-Level sein.

Aber Bitte:   :btt:
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Blechpirat am 30.04.2021 | 13:36
Ich bin da emotional anders involviert.

Mein unbewußtes (aber inzwischen herausgearbeitetes) Ziel beim Rollenspiel ist halt: ich möchte kooperativ eine Geschichte generieren, die mir so noch nicht untergekommen ist und an die ich mich noch in Jahrzehnten zurückerinnern werde. Neben den unerwarteten Wendungen spielt da auch der Adrenalin-Level - sprich die Spannung - eine Riesenrolle. Und je näher man da an der Niederlage vorbeischrammt, desto mehr Payoff gibt es für mich.

Und es halt ja mal ein berühmter Mensch fast gesagt: alle glücklich erledigten Missionen sind gleich, aber jede gescheiterte Mission ist verschieden.  8]

Abgesehen davon gefallen mir auch Filme und Bücher mit Unhappy End besser.

Ich rede übrigens von mir im "Kampagnen-Modus". Oneshots oder kurze Erzählbögen über mehrere Sitzungen spiele ich - wenn das vom Tisch so für akzeptabel gehalten wird - gerne play-to-drama oder play-to-loose. Aber das ist dann eben auch mit Ansage.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 30.04.2021 | 13:48
Ich rede übrigens von mir im "Kampagnen-Modus". Oneshots oder kurze Erzählbögen über mehrere Sitzungen spiele ich - wenn das vom Tisch so für akzeptabel gehalten wird - gerne play-to-drama oder play-to-loose. Aber das ist dann eben auch mit Ansage.

Also TPK habe ich eigentlich seit den 80igern nicht mehr erlebt. Vielleicht fühlt sich das dann anders an. Irgendwer konnte immer fliehen oder wurde zumindest nur gefangen genommen.

Aber wir haben schon Abenteuer abgebrochen um uns erst einige Sitzungen später wieder daran zu trauen.

Z.B. gibt es bei 50 Fathoms einen fliegenden Turm in der Hauptquest und wir sind unter großer Gefahr hingesegelt, haben vergeblich versucht raufzukommen und einige NSCs dabei verbraten, bevor wir uns entschlossen unverrichteter Dinge wieder abzureisen.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Vasant am 1.05.2021 | 17:18
Z.B. gibt es bei 50 Fathoms einen fliegenden Turm in der Hauptquest und wir sind unter großer Gefahr hingesegelt, haben vergeblich versucht raufzukommen und einige NSCs dabei verbraten, bevor wir uns entschlossen unverrichteter Dinge wieder abzureisen.

Genau sowas finde ich toll, um zu vermitteln, dass eine Herausforderung bedeutend und schwierig ist. Umso schöner ist es dann, das beim zweiten Anlauf hinzukriegen. Und das geht eben nur "richtig", wenn der erste Anlauf nicht in einem TPK endet.

Das absichtliche, freiwillige Scheitern für Bennys / Fate-Punkte / sonstige in-game-Währungen kann das meiner Meinung nach nicht leisten. Es sorgt allerdings dafür, dass Scheitern einen Platz in der Geschichte abseits von "Würfelpech" und superknackigen Endbossszenen und sowas findet. Das ist mir in einem Rollenspiel wichtig, weil es sonst nur ums "Gewinnen" geht – was sich für mich zu platt anfühlt und mich auch am Hineinfinden in einen SC hindert. 
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Maarzan am 1.05.2021 | 17:27
Genau sowas finde ich toll, um zu vermitteln, dass eine Herausforderung bedeutend und schwierig ist. Umso schöner ist es dann, das beim zweiten Anlauf hinzukriegen. Und das geht eben nur "richtig", wenn der erste Anlauf nicht in einem TPK endet.

Das absichtliche, freiwillige Scheitern für Bennys / Fate-Punkte / sonstige in-game-Währungen kann das meiner Meinung nach nicht leisten. Es sorgt allerdings dafür, dass Scheitern einen Platz in der Geschichte abseits von "Würfelpech" und superknackigen Endbossszenen und sowas findet. Das ist mir in einem Rollenspiel wichtig, weil es sonst nur ums "Gewinnen" geht – was sich für mich zu platt anfühlt und mich auch am Hineinfinden in einen SC hindert.

Das kann aber nur funktionieren, wenn das Scheitern nicht zu einem indirekten TPK wird, weil sonst eben Ende der Welt oder anderweitig so viel (oft auch Zeit-)Druck aufgebaut wurde, dass die SC JETZT da durch müssen bzw. ein Raus jetzt nicht als "Abenteuerverweigerung" vom SL entsprechend verhindert wird.

Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Supersöldner am 1.05.2021 | 17:33
was heißt überhaupt ende der Welt ? Spielt halt beim nächsten mal in der Welt nach dem Sieg des Villain. Dient in seiner Armee um eure Familien zu Schützen. oder seit Rebellen. oder Flüchtlinge. oder Normale Leute die versuchen in der neuen Welt Lage zurecht zu Kommen. Die welt endet nicht. Sie wird nur ihre ....Politik Villain Freundlicher gestalten.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 1.05.2021 | 18:11
was heißt überhaupt ende der Welt ?

Es heißt "Das ist vom Abenteuer nicht vorgesehen und nach einem solchen Scheitern kann man das Buch oder die Kaufkampagne zumindest für diese Gruppe nicht mehr nutzen."
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 1.05.2021 | 18:31
was heißt überhaupt ende der Welt ?

Frag mal Alderaan...

(Zu früh? wtf?)
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: JollyOrc am 1.05.2021 | 18:56
Das kann aber nur funktionieren, wenn das Scheitern nicht zu einem indirekten TPK wird, weil sonst eben Ende der Welt oder anderweitig so viel (oft auch Zeit-)Druck aufgebaut wurde, dass die SC JETZT da durch müssen bzw. ein Raus jetzt nicht als "Abenteuerverweigerung" vom SL entsprechend verhindert wird.

Amen. Da sind wir auch wieder bei dem Unterschied zwischen, salopp gesagt, Murderhobos und Weltrettern. Erstere machen das um Gewinn zu erzielen, und nehmen dabei eben auch Rückschläge mehr oder weniger gelassen hin. Letztere sind zum Erfolg verdammt, weil sie sonst eben keine Welt mehr haben, in die sie sich zurückziehen können.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: nobody@home am 1.05.2021 | 19:13
Amen. Da sind wir auch wieder bei dem Unterschied zwischen, salopp gesagt, Murderhobos und Weltrettern. Erstere machen das um Gewinn zu erzielen, und nehmen dabei eben auch Rückschläge mehr oder weniger gelassen hin. Letztere sind zum Erfolg verdammt, weil sie sonst eben keine Welt mehr haben, in die sie sich zurückziehen können.

Na, ich denke, zwischen den beiden Kategorien gibt's immer noch reichlich Nicht-Mörderhobos, bei denen es trotzdem nicht immer gleich um die Rettung der ganzen Welt geht...oder in welche Kategorie sonst wollen wir beispielsweise Feuerwehrleute einsortieren?
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Supersöldner am 1.05.2021 | 19:16
bei Feuerwehrleuten  geht es sehr wohl um die Rettung der Welt. Es gibt mehrere Anime s darüber.   >;D
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Lord Verminaard am 1.05.2021 | 19:17
Das kann aber nur funktionieren, wenn das Scheitern nicht zu einem indirekten TPK wird, weil sonst eben Ende der Welt oder anderweitig so viel (oft auch Zeit-)Druck aufgebaut wurde, dass die SC JETZT da durch müssen bzw. ein Raus jetzt nicht als "Abenteuerverweigerung" vom SL entsprechend verhindert wird.

Das ist eben auch mit so viel Unausgesprochenem behangen. Ich habe schon Spieler erlebt, die ganz von sich aus meinten "dafür haben wir jetzt keine Zeit mehr, wir müssen JETZT handeln", obwohl die SL überhaupt gar nichts dergleichen gesagt hatte bzw. es war zwar klar, dass eine Doomsday Clock tickt, aber es war eben nicht genau gesagt worden wie lange, und ich persönlich hatte eher den Eindruck, das war so eine Speed-of-Plot-Sache. Die überhastete Aktion wurde dann aber zum Fehlschlag, das ist dann eben wirklich einfach nur an den Erwartungen vorbei gespielt. Da hätte aber eben die SL auch deutlicher machen müssen, was für eine Art Spiel gespielt wird.

Andererseits kenne ich einen anderen SL, der immer großen Wert darauf legt, zu sagen, dass die Doomsday Clock unbestechlich und auf keinen Fall Speed of Plot ist, aber nachdem ich fast 2 Jahre bei dem gespielt habe, weiß ich es inzwischen besser. Und der war ja auch der Auslöser dieses Threads.

Wenn die SL den Spielern eine Niederlage zufügt, die so aussieht und sich so anfühlt, als hätten die Spieler es verkackt und bei besserem Spiel verhindern können, dann ist und bleibt das eine Niederlage und lässt sich nicht zu einem dramaturgisch wertvollen Story-Rückschlag umdeuten. Und wenn diese Niederlage aber von der SL genau so bezweckt und eingefädelt wurde, sei es nun durch Railroading oder einfach durch die Art und Weise, wie das Abenteuer aufgebaut ist, dann ist das eben Foul.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: JollyOrc am 1.05.2021 | 19:22
Na, ich denke, zwischen den beiden Kategorien gibt's immer noch reichlich Nicht-Mörderhobos, bei denen es trotzdem nicht immer gleich um die Rettung der ganzen Welt geht...oder in welche Kategorie sonst wollen wir beispielsweise Feuerwehrleute einsortieren?

Wenn ich den einschlägigen Serien und Filmen trauen darf, dann gehen Feuerwehrleute aber mit einer ähnlichen Einstellung ans Werk wie Weltretter - da geht es um alles, die Menschen im Feuer müssen ja gerettet werden.

Überspitzung beiseite: Natürlich sind bei vielen Abenteuern und Kampagnen die Einsätze dann doch nicht ganz so hoch, aber meistens eben doch hoch genug, als dass ein Scheitern aus verschiedensten Gründen eigentlich nicht in Frage kommt.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Alexandro am 1.05.2021 | 19:41
Es ist tatsächlich die Frage, wie die Abenteuereinstiege verteilt sind. Gibt der alte Mann in der Taverne einfach der nächsten Gruppe die Queste, nachdem er gerade mal drei Tage nichts von ersterer Gruppe (die einen TPK auf dem Weg zum Dungeon hatte) gehört hat?

Besonders schwierig ist das bei Detektivabenteuern, wo dann die Spieler potentiell mehr Infos haben, weil ihre ersten Charaktere diese hatten, und das Problem haben, diese von den tatsächlich gefundenen Informationen zu trennen.

Ein Beispiel, wo das ziemlich verkackt wurde ist "Princes of the Apocalypse", welches genau einen Einstieg liefert, um den zentralen Dungeon des Abenteuers zu finden - folgt man dieser Spur, kommt man wahrscheinlich auf Stufe 4 oder 5 in den Dungeon (und einen TPK, weil dieser für Stufe 10+ ausgelegt ist) und muss sich die Hinweise auf diesen erst wieder mühsam erarbeiten. Oder die Gruppe läuft halt an den zentralen Hinweisen vorbei und macht dann erstmal andere Dinge, dann ist es aber unwahrscheinlich, dass sie Monate später nochmal zur ursprünglichen Queste zurückkehren.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Weltengeist am 1.05.2021 | 19:55
@ Lord Verminaard: Ich komme mal auf deinen Eingangspost zurück:

Und in der Fiktion: Was für eine Funktion haben Rückschläge dramaturgisch und welche Art von Rückschlag stellt eigentlich einen Gewinn dar? Die meisten gängigen Plot-Modelle werden dir sagen, dass eine Geschichte, in der der Protagonist in jeder Szene bekommt, was er will, eine dumme und langweilige Geschichte ist. Aber genauso werden sie dir sagen, dass eine Geschichte, deren Ausgang durch die Entscheidungen und Handlungen des Protagonisten gar nicht beeinflusst wird, eine dumme und frustrierende Geschichte ist.

Beides würde ich bestätigen. Es kommt für gewöhnlich nicht gut an, wenn die Spieler merken, dass sie ohnehin keine Chance hatten. Das ist wenig motivierend. Sinnvolle Ursachen für einen Rückschlag sind dagegen:
Jetzt fragst du, welchen Sinn Rückschläge haben. Die Gründe, die mir dazu einfallen, wurden alle oben schon genannt:
Für mich reichen diese Argumente aus, um gelegentliche Rückschläge (nicht zu verwechseln mit dem oben immer mal erwähnten Extremfall des TPK) für ein sinnvolles, belebendes Element zu halten. Aber ich weiß aus Erfahrung, dass die meisten Spieler weniger in Stories oder Charakterentwicklungen, sondern eher in Erfolgserlebnissen denken. Sie merken dann teilweise erst Jahre später, dass die Geschichte mit den Rückschlägen die ist, an die sie sich viel lebhafter erinnern als an die, in der alles geklappt hat.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: Maarzan am 1.05.2021 | 20:06
Sinnvolle Ursachen für einen Rückschlag sind dagegen:


Aber da dann Rückzug und entsprechend nachzurüsten bzw. Chararaktere zu wechseln oder externe Hilfe anzuheuern wird oft irgendwie als "cheaten" empfunden.
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 1.05.2021 | 20:07
Irgendwie hatte ich schon zu lange keinen GM mehr, wo die Gruppe passiv-aggressiv blockiert und trotzdem dem Plot entlang weitergeschleift wird.  8]
Titel: Re: Anatomie des Rückschlags
Beitrag von: tartex am 1.05.2021 | 20:10
Aber da dann Rückzug und entsprechend nachzurüsten bzw. Chararaktere zu wechseln oder externe Hilfe anzuheuern wird oft irgendwie als "cheaten" empfunden.

Wirklich?

Wahrscheinlich von Spielleitern, deren Detektivplots von simplen Standardzaubern aufgedeckt werden können und die dann deshalb sauer sind.  >;D

Wenn die Herausforderung in der letzten Session scheinbar nicht groß genug war, kann man in der Zukunft immer noch härtere Brocken bieten.