Andere Spielsysteme und Lucky NumbersIch bin tatsächlich ein bisschen ein "Kasper Hauser", was vielfältige Kenntnisse von Regelsystemen betrifft. Ich kenne nur (A)D&D bis 3.5 gut (unsere Kampagne spielen wir seit 25 Jahren und seit 2003 als 3.5) und Runequest. Andere Systeme habe ich höchstens mal überflogen - Neoclassical Geek Revival ist nicht dabei - aber nie gespielt. Schon lange hatte ich die Idee, auf den DnD-typischen Überprüfungswurf bei kritischen Treffer zu verzichten und einfach die 15 auf dem W20 als kritische Trefferzahl festzulegen. Von dort aus war es ein kleiner, aber erst jüngst durchgeführter Schritt, weitere "Lucky Numbers" für die Kämpferbasisklasse zu etablieren. Noch ein Vorteil der natürlichen Zahlen und von daher auch für andere Systemerfinder eine gute Idee: Sie sind ein toller Ersatz für Fähigkeiten, die man andernfalls auf "X-mal pro Tag anwendbar" eingrenzen möchte.
Auf die Parallele zu 13th Age hatte mich hier vor Jahren mal jemand aufmerksam gemacht. Das kannte ich bis dahin nicht, und sie waren sich zufällig ähnlich (und: Es gibt auch schon im 3.5-Regelwerk "Unearthed Arcana" Baukasten-Ideen (http://dndsrd.net/unearthedCoreClass.html).) Die Unterschiede zwischen TAITO und 13thAge insbesondere in den Fertigkeitenreglungen waren dann doch noch groß genug ;D.
Das DrachenbeispielNun, das Balancing in TAITO verhindert, dass mit einer guten Idee a l l e s möglich wäre. Auch Trefferzonen hat TAITO als Fork der DnD-Familie ausdrücklich nicht - es gibt zwar Kampfmanöver, die auf die Hand gehen (Entwaffnen) oder auf den Kopf (Kopftreffer), die Wirkungen sind aber geringer als die in Trefferzonen-Systemen wie Runequest.
Die Voraussetzung für die Drachen-Nacken-Handlung wäre die: Der Protagonist müsste ein Streicher sein, der seinen Präzisionsschaden anbringen will. Drachen haben eine hohe Schadensresistenz, und wenn die leichte Streicherwaffe diese Schadensresistenz nicht durchdringt, dann kann auch kein Präzisionschaden ausgewürfelt werden. Praktisch liefe das so: Eine hochstufige Eloj, sagen wir 16. Stufe, würde eigentlich einen Pfeiltreffer wie Bard im Hobbit (https://lotr.fandom.com/de/wiki/Bard_I.) versuchen. In der 16. Stufe wäre die maximale Entfernung für einen Präzisionsangriff 11m. Aber lassen wir das Bogenschießen mal außer acht.
Eloj hat die eine Stelle am Nacken entdeckt, wo die Schuppen kleiner und verletzlicher aussehen. Sie springt von einer Klippe auf den Körper des Drachen hinab, schlägt hart auf ihm auf, kann sich aber festkrallen, aufstehen und den Rücken entlang balancieren Richtung Kopf.Regeltechnisch liefe das so ab: Eloj (16. Stufe) aktiviert ihre Psikräfte und steigert ihre sowieso schon hohen Athletikskills um +25. Sie würde beim Aufprall auf dem Drachenkörper Schaden nehmen. Der ist bei vielen Athletik-Fertigkeiten entscheidend, denn anstatt zu würfeln, ob Blancieren, Klettern, Springen usw. klappt, gehen wir in TAITO davon aus, d a s s es klappt, bis Eloj mehr Schaden nimmt, als (in diesem Fall) ihr Balancieren-Wert ist. Durch den Psi-Boost dürften ihre Athletikskills bei 45 liegen, soviel Schaden kann sie also vertragen, bevor sie abstürzt.
Der Rücken tanzt, und Eloj tanzt mit ihm: Der Drache kämpft gegen eine Armee todesmutiger Soldaten und unsere Heldengruppe. Er schlägt um sich, biegt sich, fegt mit dem Schwanz viele totgeweihte Krieger beiseite - und bemerkt Eloj nicht, die auf dem gewaltigen, sich windenden Körper Richtung Nacken läuft. Ihren Rapier wirbelt sie dabei durch die Luft, sie lädt ihn auf mit Bewegungsenergie. Gleich hat sie die Schwachstelle des Drachen erreicht, und sie muss hoffen, dass ihre Gefährten jetzt alles richtig machen und den Drachen weiter ablenken.Ich habe zuvor schon davon geschrieben, dass sich manche Waffen - insbesondere Äxte und Hämmer - "schwingen" lassen. Man wirbelt sie eine Runde umher, kann nur jede zweite Runde zuschlagen, aber dann macht die Waffe doppelten Schaden. Es gibt eine Kampffertigkeit, die Eloj gewählt hat, mit der sich jede andere Waffe - auch Rapiere - schwingen lassen. Dieses Taktik wendet Eloj an, während sie zum Nacken läuft.
Aber selbst wenn sie die Schuppen durchdringen kann, muss der Drache, um Elojs Präzisionsschaden zu erhalten, zusätzlich gehandicappt sein. Regeltechnisch ausgedrückt muss seine Rüstungsklasse um -4 verringert sein. Dafür müssen Elojs Gefährten sorgen, zB durch Zauber, Gift etc.
Fauchend wirbelt der Rapier durch die Luft, und sich drehend wie ein Luftstrudel setzt der Rapier auf den Schuppen an. Für einen Moment ist unklar, ob er eindringt, doch langsam bohrt er sich dann in das Fleisch des Drachen. Der merkt erst noch nichts, doch als der Rapier sich tief in seinen Körper versenkt hat, bäumt sich der riesige Leib mit einem grauenhaften Schmerzensschrei auf.Der Drache hat eine Schadensresistenz von 16. Bei jedem erfolgreichen Angriff werden die ersten 16 Punkte des Schadens abgezogen. An dieser Nackenstelle ist die Schadensresistenz nur 8. Ein Rapier macht nur 1W6 Schaden. Weil der Rapier sich jedoch auch mit Geschicklichkeit führen lässt, kann Eloj einen Teil ihres Geschicklichbonus als Schaden hinzuaddieren (+3). Dadurch, dass sie den Rapier wirbelt, macht er also 2W6+6 Schaden. Nur wenn sie damit die Schadensresistenz von 8 überwindet, verursacht sie zusätzlich 8W8 Punkte Präzisionsschaden.
Welche Kräfte bei diesem Manöver noch hätten helfen können? Wahrscheinlich braucht es schon in der Original-Situation Bardengesang, um die Furchtaura des Drachen zu kontern. Dem Waffengefährten "wächst" mit der Zeit eine intelligente, mächtige Waffe heran, der Rapier hätte so "noch schärfer" sein können. Als Glücksspielerin hätte Eloj nicht nur eigene Angriffs-, Fertigkeiten- oder Schadenswürfe wiederholen können, sie hätte auch den Drachen zwingen können, ein paar seiner Angriffswürfe zu wiederholen. Als Schattenblut hätte sie eine Aura der Erschöpfung ausgestrahlt, die dem Drachen das wichtige Handicap hätte bescheren können. Als Trunkenbold wäre sie besoffen auf dem Drachen gelandet und hätte vielleicht einen Glückstreffer gelandet. Als Mastermind wäre Eloj vielleicht etwas ein- oder aufgefallen, was dem Drachen einen Nachteil verschafft. Als Dryadenblut hätte sie den Drachen vielleicht durch giftigen Efau, der auf Eloj gewachsen wäre, vergiftet und gehandicapt. Als Exorzistin hätte Eloj den brutalen Ruf des Drachen in einen Schadensbonus gegen ihn selbst verwandelt.
Erfahrungen mit Dauerwürfelei ohne TrefferHmja, das ist ein Problem: Ich habe zwar viel Erfahrung im verwandten DnD 3.5, aber nicht in TAITO - hier fehlen mir Spieltests. Ich bin zuversichtlich, dass die neuen Kampfoptionen Bewegung in festgefahrene Kämpfe bringen:
Wenn ein Gegner umzingelt wird, sinkt seine Rüstungsklasse um bis zu 4 Punkte. Dann ist er außerdem verwundbar gegen den Präzisionsschaden des Streichers. Das herzustellen oder zu verhindern bringt Bewegung in den Kampf und steht auch schon niedrigstufigen Charakteren zur Verfügung. Ein schwingender Kämpfer wird doppelten Schaden verursachen - wenn er beim Schwingen nicht unterbrochen wird. So wird er zu einem interessanten Ziel. Man kann sich auch fokussieren, um einen besonders gezielten Schuss anzubringen.
Durch viele dieser Optionen wird die Rüstungsklasse gesenkt oder der eigene Angriffsbonus erhöht. Und so sollten das Treffen des Gegners auch möglich werden.
Zuviel Schadenresistenz?Ich möchte den Spielern zwar viel Freiraum zum Gestalten geben, aber soviel dann doch nicht: Je einen Punkt Schadensresistenz als Feature gibt es fix auf Kämpferstufe 5, 11, und 17. Einige Kräfte geben zusätzliche Schadensreduktion. Ich möchte sehr sparsam mit magischen Gegenständen sein, aber über Zauber lassen sich Rüstungen zumindest temporär mit etwas Schadensreduktion aufladen.
Dauer von Kampf-Abhandeln & potentielle LangeweileWie gesagt: Spieltests stehen noch aus. Ich rechne aufgrund der Kampoptionen mit dynamischen Kämpfen - oder ich hoffe darauf. Viele Blitzaktionen darf man auch dann anwenden, wenn man nicht an der Reihe ist: Diese sind so designt, dass sie spontan Sinn ergeben. So können die Zauberkundigen und manche Kräfteinhaber Eloj besipielsweise kurz bevor sie den Rapier in den Drachen rammt noch kurze Segen/Unterstützungen zukommen lassen.
Es fällt mir schwer, die Dauer von Kämpfen (Du meinst die Spielzeit, die die Gruppe für Kämpfe aufwendet, richtig?) einzuschätzen. Wahrscheinlich dauert es länger, die ersten Runden eines Kampfes auszuspielen: Hier bringen sich alle in die beste Stellung, hier werden wichtige Entscheidungen getroffen, welche Kräfte, Zauber und Strategien die besten sind. Im Laufe des Kampfes nimmt die Spielgeschwindigkeit dann zu, denke ich. Dadurch, dass ich nicht anstrebe, in jeder Sitzung einen Kampf stattfinden zu lassen, ist es für mich in Ordnung, wenn ein Kampf dann auch mal etwas länger dauert.