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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Pen & Paper - Umfragen => Thema gestartet von: Jiba am 22.12.2021 | 15:24

Titel: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Jiba am 22.12.2021 | 15:24
Oh so provokant! Was soll ich da nu tun! Ach, darauf hinweisen, dass oD&D eine GATTUNG begründet hat. Sind im Wesentlichen D&D homebrews. ;)

Ja, aber oD&D ist an sich selbst keine Gattung, sondern letztlich nur ein Vertreter dieser Gattung, gleichsam also eine IP. Und wenn eine IP bestimmten Leuten nicht gefällt, sie aber die grundsätzlichen Ästhetiken, Methoden und Mechaniken als produktiv erachten, dann kombinieren sie die und entwickeln sie weiter, häufig auf Basis anderer Medien, Kunstprodukte oder Alltagserfahrungen.

Wir können natürlich jetzt anfangen zu argumentieren, dass "The Waterer Watered" (https://en.wikipedia.org/wiki/L'Arroseur_Arros%C3%A9) der spielfilmigste Spielfilm aller Zeiten sei und alle anderen Filme nur Schwundformen dieses Films seien. Oder gleich Filmgenres wie Musicals oder Body-Horror-Filmen oder Mockumentaries die Innovationskraft absprechen. Aber meine Güte, das wär schon etwas weit hergeholt...

Genau wie Film nicht nur noch die Werke der Lumière-Brüder sind, sind Rollenspiele nicht nur noch D&D. D&D hat gleichwertige, unabhängige Rollenspiele neben sich, die völlig andere Dinge tun, die oD&D niemals tun könnte, rein mechanisch schon nicht.
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 22.12.2021 | 15:33
Genau wie Film nicht nur noch die Werke der Lumière-Brüder sind, sind Rollenspiele nicht nur noch D&D. D&D hat gleichwertige, unabhängige Rollenspiele neben sich, die völlig andere Dinge tun, die oD&D niemals tun könnte, rein mechanisch schon nicht.

Was ist denn das rollenspielerische Äquivalent zur Steady-Cam? Oder zum Farbfilm?

@Epaminodas

Ich zitiere mich mal selbst:

"Die Spannbreite für Bezahl-Spielleitung ist vermutlich recht groß. Wer bin ich jemandes Broterwerb zu kritisieren? Aber wenn es sich Richtung Kommidifizierung bewegt, sehe ich das als schlechte Entwicklung."

Ist deine Position, dass Kommodifizierung des Rollenspiel-Hobbies eine wünschenswerte Entwicklung ist?

Zitat
Mit anderen Worten: Nein, bezahltes Spielleiten ist nicht neu und auch kein Symptom für den Werteverfall im Hobby. So einen Werteverfall gibt es ohnehin nicht. Ganz im Gegenteil wird das Hobby immer bunter, fördert immer mehr Optionen und Diversität und damit auch Kreativität.

Wie ordnest du ein, dass der Großteil der von WotC veröffentlichten 5e Abenteuermodule Neuauflagen bekannter, etablierter Module sind?
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Jiba am 22.12.2021 | 15:44
Was ist denn das rollenspielerische Äquivalent zur Steady-Cam? Oder zum Farbfilm?

Kann ich dir nicht sagen. Aber die Frage geht in die richtige Richtung: Steady-Cam. Farbe. Tiefenschärfe. Green-Screens.
Alles technische Innovationen im Film, die bestimmte spätere Entwicklungen erst möglich machten. Aber: Man braucht nicht auf all diese Innovationen zurückzugreifen, um einen Film, ja, um einen guten Film zu machen: "Nebraska" braucht keine Farbe. "Black Swan" braucht keine Steady-Cam.

Und genauso hat oD&D vielleicht das Rollenspiel begründet. Aber trotzdem kann ich so viel an Mechaniken verändern oder weglassen, dass es nicht mehr als D&D erkennbar ist und völlig anders funktioniert. Größere Innovationssprünge im RPG-Mainstream gab es im Übrigen durchaus: Also, so Sachen mit denen ein Spiel angefangen hat und das dann Rollenspiele, die sich in ähnlicher Tradition sehen, übernommen haben. Unsere kontroversen Gummipunkte als Metaressource z.B. So entstanden quasi die verschiedenen Rollenspiel-"Genres", for lack of a better term.

Zitat
Wie ordnest du ein, dass der Großteil der von WotC veröffentlichten 5e Abenteuermodule Neuauflagen bekannter, etablierter Module sind?
Gegenfrage: Wie ordnest du ein, dass du jetzt bei DriveThruRPG 5e-Module von Fans kaufen kannst, sich die reine Fanarbeit also jetzt auch monetär lohnt.
Die Auswahl an völlig neuen Abenteuern dürfte nicht gering sein.
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 22.12.2021 | 15:48
Kann ich dir nicht sagen. Aber die Frage geht in die richtige Richtung: Steady-Cam. Farbe. Tiefenschärfe. Green-Screens.
Alles technische Innovationen im Film, die bestimmte spätere Entwicklungen erst möglich machten. Aber: Man braucht nicht auf all diese Innovationen zurückzugreifen, um einen Film, ja, um einen guten Film zu machen: "Nebraska" braucht keine Farbe. "Black Swan" braucht keine Steady-Cam.

Und genauso hat oD&D vielleicht das Rollenspiel begründet. Aber trotzdem kann ich so viel an Mechaniken verändern oder weglassen, dass es nicht mehr als D&D erkennbar ist und völlig anders funktioniert. Größere Innovationssprünge im RPG-Mainstream gab es im Übrigen durchaus: Also, so Sachen mit denen ein Spiel angefangen hat und das dann Rollenspiele, die sich in ähnlicher Tradition sehen, übernommen haben. Unsere kontroversen Gummipunkte als Metaressource z.B. So entstanden quasi die verschiedenen Rollenspiel-"Genres", for lack of a better term.

Also dein Beispiel sind Gummipunkte und Metaressourcen?
Welches Rollenspiel ist denn derart innovativ, dass die Verwandschaft mit D&D nicht mehr zu erkennen ist?
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Jiba am 22.12.2021 | 15:56
Welches Rollenspiel ist denn derart innovativ, dass die Verwandschaft mit D&D nicht mehr zu erkennen ist?

Hmmm, let's see...

Sowas wie "I'm sorry, did you say street magic" sicherlich.
Und natürlich die norwegischen Role-Playing Poems.
Je nach Umsetzung kommt aber ein großer Teil der SL-losen Rollenspiele infrage.
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Crimson King am 22.12.2021 | 16:14
Welches Rollenspiel ist denn derart innovativ, dass die Verwandschaft mit D&D nicht mehr zu erkennen ist?

Ich sehe kein Problem darin, wenn die Verwandtschaft zu DnD zu erkennen ist. Innovation bedeutet meistens Evolution, nicht Revolution. Also sind Themen wie verregeltes Player Empowerment oder SL-loses Spiel, Spiele, die Funktionen von Spielern und SL zumindest teilweise umkehren, Einführung von Abbruchbedingungen, komplexe Abbildungen des Innenlebens oder Beziehungen zu anderen Charakteren, Fokussierung von Regeln auf Emulation bestimmter Genres, Baukastensysteme etc. allesamt innovativ.

Davon ab, bei Fiasco ist von DnD echt nicht mehr viel übrig. Dito für Itras by.
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 22.12.2021 | 16:31
Gegenfrage: Wie ordnest du ein, dass du jetzt bei DriveThruRPG 5e-Module von Fans kaufen kannst, sich die reine Fanarbeit also jetzt auch monetär lohnt.
Die Auswahl an völlig neuen Abenteuern dürfte nicht gering sein.

Freut mich für die Leute! Sollen wir Verkaufszahlen vergleichen? :)

@Rhylthar

Du hast Recht; es sind nicht immer Module, sondern auch Konstellationen und Locations aus anderen Werken. Abenteueranthologien würde ich mal außen vor lassen.

SKT: Against the Giants stand da recht offensichtlich Pate
Dragon Heist: Die meisten der Fraktionen und Konflikte stammen aus alten Werken.
HoDQ/RoT: Dito
Out of the Abyss: Die meisten Locations stammen wohl aus Drizzt Do Urden's Guide to the Underdark

@Jiba+Crimson King
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Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 22.12.2021 | 16:31
Davon ab, bei Fiasco ist von DnD echt nicht mehr viel übrig. Dito für Itras by.

Er hat Schwundform gesagt! Er hat Schwundform gesagt!
 ~;D
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Crimson King am 22.12.2021 | 16:37
Aber selbst die SL-losen Spiele, haben irgendeine Form von Mechanismus, um festzulegen, wie es weiter geht. Kybernetische Spielleitung, quasi.

Also ja, ein Spiel, das irgendwie eine eine Abfolge von Ereignissen abbilden soll, hat irgendwelche Regeln,die die Handlungsabfolge strukturieren. Wenn du das ernsthaft als DnD-spezifisch ansiehst, bin ich an der Stelle raus. Ich komme in diese Diskussionen immer mit viel Wohlwollen für die Standpunkte der anderen Diskussionsteilnehmer, aber irgendwann ist auch mal gut.
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: nobody@home am 22.12.2021 | 16:40
Also ja, ein Spiel, das irgendwie eine eine Abfolge von Ereignissen abbilden soll, hat irgendwelche Regeln,die die Handlungsabfolge strukturieren. Wenn du das ernsthaft als DnD-spezifisch ansiehst, bin ich an der Stelle raus. Ich komme in diese Diskussionen immer mit viel Wohlwollen für die Standpunkte der anderen Diskussionsteilnehmer, aber irgendwann ist auch mal gut.

Mm. Wenn's danach geht, ist auch Monopoly irgendwo ein D&D-Klon -- das kann's also irgendwo nicht sein. ;)
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 22.12.2021 | 16:40
Also ja, ein Spiel, das irgendwie eine eine Abfolge von Ereignissen abbilden soll, hat irgendwelche Regeln,die die Handlungsabfolge strukturieren. Wenn du das ernsthaft als DnD-spezifisch ansiehst, bin ich an der Stelle raus. Ich komme in diese Diskussionen immer mit viel Wohlwollen für die Standpunkte der anderen Diskussionsteilnehmer, aber irgendwann ist auch mal gut.

Caveat war doch, dass das noch unreine Gedanken sind. Ich versuche zu verstehen, was die Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind. Also bleib mal entspannt. :)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: treslibras am 22.12.2021 | 17:26
Sorry, und ich hoffe, ich werde dafür nicht gleich gekreuzigt, aber als jemand, der den Altfaden nicht mitverfolgt hat - was ist genau das Thema hier?
Und vielleicht schon durch 1 beantwortet, aber ist das ein geschlossener Diksussionsfaden zwischen "den üblichen Verdächtigen" oder darf man sich auch beteiligen sobald die Fragestellung klar ist?

Nur zur Orientierung für diejenigen im Forum, die nicht immer jede OT-Charade mitverfolgen.  ;)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Crimson King am 22.12.2021 | 17:30
Sorry, und ich hoffe, ich werde dafür nicht gleich gekreuzigt, aber als jemand, der den Altfaden nicht mitverfolgt hat - was ist genau das Thema hier?
Und vielleicht schon durch 1 beantwortet, aber ist das ein geschlossener Diksussionsfaden zwischen "den üblichen Verdächtigen" oder darf man sich auch beteiligen sobald die Fragestellung klar ist?

Nur zur Orientierung für diejenigen im Forum, die nicht immer jede OT-Charade mitverfolgen.  ;)

Du darfst dich selbstverständlich an jeder Diskussion hier beteiligen. Solche Stränge entstehen, wenn sich in einem Thread eine Off Topic-Diskussion entspinnt, die die Originaldiskussion stört, nach Ansicht der an der Off-Topic-Diskussion beteiligten User und der Moderation aber fortgeführt werden kann und sollte.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 22.12.2021 | 17:30
Sorry, und ich hoffe, ich werde dafür nicht gleich gekreuzigt, aber als jemand, der den Altfaden nicht mitverfolgt hat - was ist genau das Thema hier?
Und vielleicht schon durch 1 beantwortet, aber ist das ein geschlossener Diksussionsfaden zwischen "den üblichen Verdächtigen" oder darf man sich auch beteiligen sobald die Fragestellung klar ist?

Nur zur Orientierung für diejenigen im Forum, die nicht immer jede OT-Charade mitverfolgen.  ;)

Oh Gott, auf jeden Fall soll jede.r mitdiskutieren! Kurz zum Kontext:

Jiba hat auf meine Frage, ob er den gleichen Einheitsbrei im Kino nicht leid sei, folgendermaßen geantwortet:

"Doch klar. Geht ja auch vielen so. Deswegen hat die Rollenspielerschaft ja auch nicht bis in alle Ewigkeit immer nur oD&D gespielt, sondern hat sich irgendwann anderen, neuartigen und innovativeren Spielen zugewandt. "

Die zentrale Frage ist, welche technischen Innovationen gab es denn im Rollenspiel seit D&D.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: treslibras am 22.12.2021 | 17:33
Vielen Dank, Crimson King & hassran. Das macht es einfacher, der Diskussion zu folgen!  :d
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Jiba am 22.12.2021 | 18:09
Die zentrale Frage ist, welche technischen Innovationen gab es denn im Rollenspiel seit D&D.

Nur – ich habe nochmal nachgedacht, dazu – dass das eigentlich doch nicht die Frage ist, womöglich. Die technischen Innovationen hast du mit dem Verweis auf Steady-Cam etc. aufgebracht. Mein Punkt ist, dass oD&D eigentlich mehr eine IP ist als dass es deckungsgleich mit der Gattung Rollenspiel ist.

Wenn du davon redest, dass Leute immer wieder dieselben Geschichten sehen wollen, dann sind wir nicht auf der Ebene der Technik. Die Filmtechnik entwickelt sich stetig weiter. Die ist immer innovationshungrig und sucht nach neuen Methoden und technologischen Ausdrucksformen. Diese Form der Innovation ist auch nicht gefährdet durch eine Hinwendung zum Mainstream... oder, sagen wir mal, nicht auf dieselbe Weise gefährdet. Auch die einförmigste Filmlandschaft muss Schauwerte produzieren. Und dazu braucht man gute Technik.

Es geht also eigentlich gar nicht um die "technische" Seite des Rollenspiels (wobei wir dann eigentlich fragen müssten, was wir unter Technik verstehen), denke ich zumindest. Vielmehr reden wir über IPs. Also über inhaltliche Dinge. Was wird bespielt, was wird dargestellt und (analog zum Schauspiel und zur Regie im Film) wie wird das getan. Und da gibt es, wie bei Crimson King schon anklang, eklatante Unterschiede zwischen oD&D und modernen Storygames wie Fiasco. Wenn wir sagen wollen, dass "Technik" im Rollenspiel die Spielroutinen, -abläufe und Regeln sind, dann können wir feststellen, dass die Innovationen auf der IP-Seite oft auch an diesen Techniken herumdoktern, mal mehr, mal weniger. Einfach weil sich durch andere Mechaniken die entsprechenden Inhalte auf eine bestimmte Weise ausdrücken lassen.

Wenn ich einen Jenga-Turm auf den Tisch stelle, um Dread zu spielen, spiele ich Rollenspiel... aber gewiss keine Variante von oD&D (mehr).
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 22.12.2021 | 18:20
Nur – ich habe nochmal nachgedacht, dazu – dass das eigentlich nicht die Frage ist, womöglich. Die technischen Innovationen hast du mit dem Verweis auf Steady-Cam etc. aufgebracht. Mein Punkt ist, dass oD&D eigentlich mehr eine IP ist als dass es deckungsgleich mit der Gattung Rollenspiel ist.

War ja auch nur ein Nebenschauplatz, ich muss dazu wie angekündigt, länger nachdenken.


Zitat
Wenn du davon redest, dass Leute immer wieder dieselben Geschichten sehen wollen, dann sind wir nicht auf der Ebene der Technik. Die Filmtechnik entwickelt sich stetig weiter. Die ist immer innovationshungrig und sucht nach neuen Methoden und technologischen Ausdrucksformen. Diese Form der Innovation ist auch nicht gefährdet durch eine Hinwendung zum Mainstream... oder, sagen wir mal, nicht auf dieselbe Weise gefährdet. Auch die einförmigste Filmlandschaft muss Schauwerte produzieren. Und dazu braucht man gute Technik.

Ich rede davon, dass die Produzenten immer wieder die gleichen Geschichten präsentieren!

Zitat
Es geht also eigentlich gar nicht um die "technische" Seite des Rollenspiels (wobei wir dann eigentlich fragen müssten, was wir unter Technik verstehen), denke ich zumindest. Vielmehr reden wir über IPs. Also über inhaltliche Dinge. Was wird bespielt, was wird dargestellt und (analog zum Schauspiel und zur Regie im Film) wie wird das getan. Und da gibt es, wie bei Crimson King schon anklang, eklatante Unterschiede zwischen oD&D und modernen Storygames wie Fiasco. Wenn wir sagen wollen, dass "Technik" im Rollenspiel die Spielroutinen, -abläufe und Regeln sind, dann können wir feststellen, dass die Innovationen auf der IP-Seite oft auch an diesen Techniken herumdoktern, mal mehr, mal weniger. Einfach weil sich durch andere Mechaniken die entsprechenden Inhalte auf eine bestimmte Weise ausdrücken lassen.

Vielleicht ist die Analogie auch einfach nicht gut. Caveat: siehen oben. :)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Jiba am 22.12.2021 | 18:23
Dann lass uns über Videospiele reden. Die sind Pen&Paper-Rollenspielen sicherlich am nächsten verwandt, im Bereich darstellender Medien.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 22.12.2021 | 18:33
Dann lass uns über Videospiele reden. Die sind Pen&Paper-Rollenspielen sicherlich am nächsten verwandt, im Bereich darstellender Medien.

Brauchen wir denn unbedingt Analogien? Videospiele in ihrer jetztigen Form haben ja auch gewisse "Schulde"n D&D gegenüber.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: nobody@home am 22.12.2021 | 18:33
Ich denke, daß eine technische Entwicklung stattgefunden hat, wird niemand abstreiten, der nicht auch Fiasko noch als OD&D-Spiel einstuft. ;)

Wäre also die Frage, um welche Art von Innovation es uns konkret geht. Thematisch beispielsweise hat D&D ja auch einstmals recht nischig angefangen (Fantasy-"Abenteurer" auf der Suche nach Ruhm, Macht, und Geld, um irgendwann in der großen Politik mitmischen zu können, wenn ich mich recht entsinne), und inzwischen steckt das Hobby Rollenspiel auch schon längst nicht mehr in dieser speziellen Schiene allein fest...
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Haukrinn am 22.12.2021 | 18:35
Dann lass uns über Videospiele reden. Die sind Pen&Paper-Rollenspielen sicherlich am nächsten verwandt, im Bereich darstellender Medien.

Egal ob Film, Videospiel oder RPG, was ist denn jetzt überhaupt Innovation? Die wäre ja etwas, dass sich nachweislich auf breiter Basis durchsetzt. Sprich, da ist etwas nicht nur anders, sondern so gut und mit großer Bandbreite anwendbar, dass immer mehr darauf umsteigen. Beim Film findet man die, beim Videospiel wird's schon schwieriger (gab's da nach Autoheal noch was wirklich großes?). Beim RPG bin ich da tatsächlich gerade komplett überfragt.
Titel: Re: Re: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Rhylthar am 22.12.2021 | 18:41
@Rhylthar

Du hast Recht; es sind nicht immer Module, sondern auch Konstellationen und Locations aus anderen Werken. Abenteueranthologien würde ich mal außen vor lassen.

SKT: Against the Giants stand da recht offensichtlich Pate
Dragon Heist: Die meisten der Fraktionen und Konflikte stammen aus alten Werken.
HoDQ/RoT: Dito
Out of the Abyss: Die meisten Locations stammen wohl aus Drizzt Do Urden's Guide to the Underdark
Oh come on!
Sorry, das ist mir viel zu billig.

Es kommen Riesen vor, damit ist es Against the Giants? Drachen...gab es doch schon in Dragonlance!
Es ist ein Underdark-Abenteuer...schon alt seit der Menzoberranzan-Box.

Und bei Dragon Heist ist
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Wenn man WotC sowas vorhalten will, dann mehr, dass der Fokus in den Forgotten Realms in der 5E nur noch primär auf der Schwertküste (mit Ausnahmen) liegt. Been there, done that. Und das hat zwar meiner Meinung nach durchaus was Kommerzialisierung zu tun, aber mehr in der Richtung, dass die erfolgreichsten Romane und PC-Spiele dort spielen und der Bekanntheitsgrad dementsprechend da ist.

Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: YY am 22.12.2021 | 18:51
Ich denke, daß eine technische Entwicklung stattgefunden hat, wird niemand abstreiten, der nicht auch Fiasko noch als OD&D-Spiel einstuft. ;)

Entwicklung ist da ggf. etwas unscharf: dass einige Spiele technisch anders sind als oD&D - klar.
Dass es da einen technischen Fortschritt gegeben hätte...da wirds dagegen schon ziemlich wacklig.

Thematisch beispielsweise hat D&D ja auch einstmals recht nischig angefangen (Fantasy-"Abenteurer" auf der Suche nach Ruhm, Macht, und Geld, um irgendwann in der großen Politik mitmischen zu können, wenn ich mich recht entsinne), und inzwischen steckt das Hobby Rollenspiel auch schon längst nicht mehr in dieser speziellen Schiene allein fest...

Da waren schon die "Proto-Rollenspiele" drüber raus und es sieht heute höchstens so verengt aus, wenn man den Zeitpunkt überfokussiert, wo jemand Rollenspiel drangeschrieben hat - das wird u.A. von J. Peterson ganz schön rausgearbeitet (eher in "The Elusive Shift" als in "Playing At The World").
Man hat ja damals nicht mit D&D bei Null angefangen - was auch klar wird, wenn man sich anschaut, wie anders Traveller quasi direkt im Anschluss schon war.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 22.12.2021 | 19:09

Da waren schon die "Proto-Rollenspiele" drüber raus und es sieht heute höchstens so verengt aus, wenn man den Zeitpunkt überfokussiert, wo jemand Rollenspiel drangeschrieben hat - das wird u.A. von J. Peterson ganz schön rausgearbeitet (eher in "The Elusive Shift" als in "Playing At The World").
Man hat ja damals nicht mit D&D bei Null angefangen - was auch klar wird, wenn man sich anschaut, wie anders Traveller quasi direkt im Anschluss schon war.

Ich denke, das ist ein guter Punkt, da sind wir auf einer ganz heißen Spur!
Zum Glück hat ZBR die Frage nach den Pfaden und Bedingungen für uns ergründet, die für die Erfindung des RPGs notwendig waren:
https://pesa-nexus.de/2021/01/26/episode-15-reise-zum-mittelpunkt-vom-kern-vons-janze/ (https://pesa-nexus.de/2021/01/26/episode-15-reise-zum-mittelpunkt-vom-kern-vons-janze/)
Beste Folge!  :headbang:
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Crimson King am 22.12.2021 | 19:10
Entwicklung ist da ggf. etwas unscharf: dass einige Spiele technisch anders sind als oD&D - klar.
Dass es da einen technischen Fortschritt gegeben hätte...da wirds dagegen schon ziemlich wacklig.

Fortschritt ist da schon schwer zu definieren. Ich persönlich sehe stringentere Designs mit einem einzigen Resolutionsmechanismus statt diverser Subsysteme sowie besserer Balance schon als Fortschritt an, genauso Player Empowerment, offene Fertigkeits- und Aspektbeschreibung. Die Sachen heben allesamt Schranken auf oder vereinfachen das Spiel.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: nobody@home am 22.12.2021 | 19:12
Entwicklung ist da ggf. etwas unscharf: dass einige Spiele technisch anders sind als oD&D - klar.
Dass es da einen technischen Fortschritt gegeben hätte...da wirds dagegen schon ziemlich wacklig.

Was "Fortschritt" ist und was nicht, ist ja auch schon wieder ein Werturteil und damit zwangsläufig mindestens ein Stück weit subjektiv. Wem ein neueres System (und/oder die mit ihm verbundenen Themen) schlicht besser gefällt als oD&D, der wird sich halt mit jemandem, der das umgekehrt sieht, wahrscheinlich nicht einig werden, wer denn nun "objektiv" recht hat...
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Crimson King am 22.12.2021 | 19:14
Was "Fortschritt" ist und was nicht, ist ja auch schon wieder ein Werturteil und damit zwangsläufig mindestens ein Stück weit subjektiv. Wem ein neueres System (und/oder die mit ihm verbundenen Themen) schlicht besser gefällt als oD&D, der wird sich halt mit jemandem, der das umgekehrt sieht, wahrscheinlich nicht einig werden, wer denn nun "objektiv" recht hat...

Es ging dem YY nicht nur um oD&D, sondern um alle Spiele, die da Ende der 70er entstanden sind und den Regelvorrat, aus dem sie sich bedient haben. Aber auch da gibt es allgemein Fortschritt zu erkennen. Es wirkt ja nicht nur oD&D altbacken auf mich, sondern auch Traveller oder BRP/Runequest.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 22.12.2021 | 19:15
@Epaminondas: Oh je, ich wollte dich doch gar nicht anblaffen! Ich wollte dich nur vor der harten Hand der Moderation bewahren, die sortieren hier gerade eifrig Beiträge hin und her.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 22.12.2021 | 19:24
Es ging dem YY nicht nur um oD&D, sondern um alle Spiele, die da Ende der 70er entstanden sind und den Regelvorrat, aus dem sie sich bedient haben. Aber auch da gibt es allgemein Fortschritt zu erkennen. Es wirkt ja nicht nur oD&D altbacken auf mich, sondern auch Traveller oder BRP/Runequest.

Dann benenne doch bitte diesen Fortschritt mal konkret.

Edit: also am konkreten Spiel.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Crimson King am 22.12.2021 | 20:01
Ich habe diverse Posts in den Ursprungsthread zu bezahltem Spielleiten (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,121206.msg135039447/topicseen.html#new) verschoben. Ich bitte darum, die Themen getrennt zu halten.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: treslibras am 22.12.2021 | 21:44
Ähm, Crimson King, hast Du jetzt Deine Antwort in hassrans Kommentar per Redaktion eingefügt oder hat er sich das jetzt selbst beantwortet?  :think:
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Crimson King am 22.12.2021 | 21:48
Das war mein Fehler, danke. Dummerweise liegen der Ändern-Knopf und der Zitat-Knopf für Mods direkt nebeneinander.

Also hier die Antwort:

Dann benenne doch bitte diesen Fortschritt mal konkret.

Edit: also am konkreten Spiel.


Pendragon, Feng Shui, Savage Worlds, Ubiquity, DnD 4, FATE, PDQ, PbtA, diverse Indies, Liste beliebig erweiterbar. Die sind alle stringent auf ihre bevorzugten Spielweisen hin designed, haben größtenteils leicht erlernbare Regeln (DnD 4 sicher nicht), bilden vielfach (auch beileibe nicht alle) Dinge ab, die DnD so nicht hat, lösen oft auch Funktionstrennungen teilweise oder sogar ganz auf.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ArneBab am 22.12.2021 | 22:47
Um zu schauen, was sich entwickelt hat, schauen wir uns doch erstmal das am leichtesten vergleichbare an: Wie hat sich D&D5 im Vergleich zum ersten D&D entwickelt? Was gibt es da an Änderungen?

Und wie viele der Änderungen hat D&D5 aus anderen Spielen übernommen?
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Boba Fett am 22.12.2021 | 23:00
Dann benenne doch bitte diesen Fortschritt mal konkret.

Edit: also am konkreten Spiel.
Ich nehme Traveller als Beispiel, weil es ähnlich alt (1977) wie oD&D (1974) ist und weil die Wertigkeit von Traveller kaum in Frage gestellt werden kann.

Als Innovation, die bis dahin und zu guten Teilen im Wesentlichen auch durch Traveller implementiert wurden, möchte ich nennen:

lifepath-Charakter-Erschaffungssystem, das dem Charakter eine randomisierte Einbettung in die Spielwelt liefert.
Stufenloses System
Fertigkeiten
Glockenkurve in der Resultats.Verteilung des Würfelsystems
Abkehr von der Kompetenz-Steigerungs-Spirale (kein „from Zero to Hero“, keine Rüstungsspirale)
Ermöglichung der Erschaffung von kompetenten Charakteren gleich bei der Charaktererschaffung.
Nutzung anderer Genres (Science Fiction in diesem Fall).

Nicht alles davon ist möglicherweise allein Traveller zuzuschreiben, da ich meine Runequest (1978) kam (fast zeitgleich, und inwiefern man die unbekannte Zeit des Beta-Stadiums eines RPG vor dem Release schon als Zeit der gelierften Innovation einrechnen kann, ist strittig) auch gleich als Stufenloses RPG mit Fertigkeiten…


Spontan würde mir danach noch jede Menge „neuer Elemente“ einfallen, die das Rollenspiel im allgemeinen Verständnis bereichert haben.
Vor allem aber würde ich sagen, haben (allgemein formuliert) eine Menge Inventionen eine unglaubliche Vielfalt an alternativen Optionen, wie Rollenspiel umgesetzt werden kann, gebracht. Das geht bis zum LARP, das letztendlich auch aus dem Tischrollenspiel entstanden ist.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: YY am 22.12.2021 | 23:20
Was "Fortschritt" ist und was nicht, ist ja auch schon wieder ein Werturteil und damit zwangsläufig mindestens ein Stück weit subjektiv.

Das ist mir zu vorsichtig; es ging ja gerade um den technischen Teil und nicht um allgemeinen Fortschritt.

Weil der Filmvergleich schon aufkam: Dass Ton und Farbe in der Breite akzeptierte (die Gegenbeispiele muss man nach der jeweiligen Übergangsphase mit der Lupe suchen) technische Fortschritte sind, wird man kaum abstreiten können. Da fängt das Werturteil frühestens da an, wo man behauptet, dass sich die Filmemacher seitdem nicht mehr auf das Wesentliche konzentrieren, sondern nur noch auf das verzichtbare und sinnlose Bling-Bling...

Vergleichbares findet sich im Rollenspielsektor kaum.

Fortschritt ist da schon schwer zu definieren. Ich persönlich sehe stringentere Designs mit einem einzigen Resolutionsmechanismus statt diverser Subsysteme sowie besserer Balance schon als Fortschritt an, genauso Player Empowerment, offene Fertigkeits- und Aspektbeschreibung.

Damit kann man ja schon arbeiten. Mit diesen - oder quasi beliebigen anderen - Kriterien stelle ich aber fest, dass mit fortschreitender Zeit natürlich absolut mehr Beispiele dafür zu finden sind, aber keine flächendeckende Entwicklung. 
Clevere Entwürfe und handwerklich "sauberes" Design finden sich recht früh, aber daneben gibt es immer die Flut an Gegenbeispielen.

Zum Glück hat ZBR die Frage nach den Pfaden und Bedingungen für uns ergründet, die für die Erfindung des RPGs notwendig waren:
https://pesa-nexus.de/2021/01/26/episode-15-reise-zum-mittelpunkt-vom-kern-vons-janze/ (https://pesa-nexus.de/2021/01/26/episode-15-reise-zum-mittelpunkt-vom-kern-vons-janze/)
Beste Folge!  :headbang:

Ja, die kann schon was.
Bei den sehr allgemeinen Sachen gehe ich großteils mit; nur wo es spezieller/konkreter wird, ist es mir stellenweise zu nah an dem, was tatsächlich stattfand und die denkbaren alternativen Entwicklungswege kommen mir etwas zu kurz.
In einigen Bereichen - die im tatsächlichen Verlauf natürlich Wechselwirkungen mit dem Rollenspiel hatten - brodelte die rollenspielerische Ursuppe ja schon kurz vor dem "Urknall" ziemlich, etwa bei der SCA oder bei den Spielbüchern.

So gibt es dann ja auch den einen oder anderen Zeitzeugen, der quasi über Bande in Eigenregie das Rollenspiel "erfunden" hat und dann feststellen musste, dass er damit ein paar Jahre bis Jahrzehnte zu spät kommt...


Noch mal kurz zu Indiespielen: Da macht man aus "moderner" Perspektive gerne den Fehler, die Explosion des Angebots an "ordentlich" produzierten Spielen durch die seinerzeit enorm niedrig gewordenen Einstiegshürden in Sachen Produktion mit der Entwicklung der Sparte gleichzusetzen.
Noch mehr als bei den Retroklonen wurde schon viel früher in diese Richtung gedacht und vor allem tatsächlich gespielt, nur hat das vorher keine großen materiellen Spuren hinterlassen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Jiba am 22.12.2021 | 23:39
Wäre die "Goldene Regel" nicht etwas, was (nahezu? fast? annäherungsweise?) eine Art allgemeine "Best Practice" geworden ist? Ich muss dazu natürlich auch sagen, dass ich nicht weiß, wo die ihren Anfang nahm.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Runenstahl am 22.12.2021 | 23:53
Pendragon, Feng Shui, Savage Worlds, Ubiquity, DnD 4, FATE, PDQ, PbtA, diverse Indies, Liste beliebig erweiterbar.

Genau. All diese Spiele haben mehr oder weniger kleine Neuerungen und Änderungen eingebracht. Kaum ein Spiel wird das Rad von Grund auf neu erfinden. Aber nahezu alle genannten Spiele spielen sich schonmal ganz anders als D&D. Innovationen gibt es im RPG Bereich mMn ständig. Wie auch in anderen Bereichen muß sich halt im Laufe der Zeit zeigen was sich davon durchsetzen kann. Dabei spielt nicht nur die Brauchbarkeit dieser Innovationen eine Rolle, sondern auch wie gut diese vermittelt werden können und wie sie vermarktet werden. Die tollste Erfindung nützt nichts wenn sie unbemerkt in einer Ecke verschimmelt. Ansonsten hätte die industrielle Revolution bereits vor Christi beginnen können (https://en.wikipedia.org/wiki/Aeolipile (https://en.wikipedia.org/wiki/Aeolipile)).
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: nobody@home am 23.12.2021 | 00:19
Das ist mir zu vorsichtig; es ging ja gerade um den technischen Teil und nicht um allgemeinen Fortschritt.

Weil der Filmvergleich schon aufkam: Dass Ton und Farbe in der Breite akzeptierte (die Gegenbeispiele muss man nach der jeweiligen Übergangsphase mit der Lupe suchen) technische Fortschritte sind, wird man kaum abstreiten können. Da fängt das Werturteil frühestens da an, wo man behauptet, dass sich die Filmemacher seitdem nicht mehr auf das Wesentliche konzentrieren, sondern nur noch auf das verzichtbare und sinnlose Bling-Bling...

Vergleichbares findet sich im Rollenspielsektor kaum.

Nun, um beim Vergleich zu bleiben: im möglichen Gegensatz zum Film finden sich im Rollenspielsektor durchaus zwar möglicherweise nicht besonders zahlreiche, mitunter aber doch lautstarke Gegenstücke zu hypothetischen "Nur SW-Stummfilm ist der wahre Film!"-Anhängern. Insofern möge man mir meine "übergroße Vorsicht" also nachsehen. ::)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ArneBab am 23.12.2021 | 00:27
Weil der Filmvergleich schon aufkam: Dass Ton und Farbe in der Breite akzeptierte (die Gegenbeispiele muss man nach der jeweiligen Übergangsphase mit der Lupe suchen) technische Fortschritte sind, wird man kaum abstreiten können. Da fängt das Werturteil frühestens da an, wo man behauptet, dass sich die Filmemacher seitdem nicht mehr auf das Wesentliche konzentrieren, sondern nur noch auf das verzichtbare und sinnlose Bling-Bling...

Vergleichbares findet sich im Rollenspielsektor kaum.
Es sei denn, du nimmst Onlinespiel mit rein. Das wäre Vergleichbar: Eine technische innovation, die nicht direkt mit dem Spielen und Planen zu tun hat, sondern mit dem Drumherum.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ArneBab am 23.12.2021 | 00:32
Gurps hat als Innovation Charaktere, die hauptsächlich aus Vor- und Nachteilen und Fertigkeiten bestehen — zusammen mit einer Liste von Vor- und Nachteilen, durch die sich Wesen der verschiedensten Arten abbilden und in der gleichen Gruppe spielen lassen (bis hin zu Kosten für Techlevel).

Und wahnsinnig gut recherchierte Quellenbücher.

Shadowrun hat das Pool-System als Spaßquelle bekannt gemacht: „Jetzt bist du dran, ich brauch noch die 5 Würfel aus dem zweiten Beutel — 12 W6, friss das!“ {klapperklapper} — dadurch wurde Macht am Spieltisch haptisch erfahrbarer.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 23.12.2021 | 00:48
Ich bin mit AD&D 2nd Ende der 90er ins Hobby gestartet:

Davon ausgehend fand und finde ich folgende Mechaniken innovativ:
- freies Steigern ohne Klassenkorsett
- Vorteilswürfel statt +x Boni
- Fertigkeiten für alle bzw. Lifepathsysteme
- Würfelmechanismen jenseits des W20 (2w6, w6 Würfelpool, Stufentabelle)
- relativ statische Lebenpunkte (in Abgrenzung zur starken Progression bei jeglichem DnD)

Methodisch finde ich das Konzept des Pointcrawls sowie Beziehungsgeflechte spannend/innovativ. Gehört IMHO beides nicht zur oDnD-DNA. Beim Beziehungsgeflecht bin ich mir nicht sicher.

Auch das kooperative Erschaffen der Spielwelt inklusive Vernetzung der SC (in formalisierter Form) scheint mir eine Innovation jenseits von oDnD zu sein.

Gummipunkte wurden schon genannt.

Das Einführen einer aktiven Parade in zahlreichen Systemen war auch eine Innovation.

Was davon gut oder schlecht ist liegt allein  im Auge des Betrachters, aber es hat eine relevante Verbreitung im Hobby gefunden - vulgo irgendwer kauft das.

Die meisten sogenannten Innovationen sind letztlich Anpassungen des Bestehenden an eine neue Anwendung oder Fragestellung. Wirklich disruptive Innovationen sind sehr selten.

Man kann das Auto, den Stickstoffdünger, Impfungen oder das Rollenspiel nunmal nicht zweimal erfinden. Das heißt aber nicht, dass nach deren initialer Entwicklung keine wesentlichen Änderungen am Konzept kamen.

Edit: Die x-Card ist auch eine Innovation im Rollenspiel.
 


Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: YY am 23.12.2021 | 00:58
Wäre die "Goldene Regel" nicht etwas, was (nahezu? fast? annäherungsweise?) eine Art allgemeine "Best Practice" geworden ist? Ich muss dazu natürlich auch sagen, dass ich nicht weiß, wo die ihren Anfang nahm.

Die gab es schon längst bei den Vorläufern.

All diese Spiele haben mehr oder weniger kleine Neuerungen und Änderungen eingebracht. Kaum ein Spiel wird das Rad von Grund auf neu erfinden. Aber nahezu alle genannten Spiele spielen sich schonmal ganz anders als D&D.

Das krankt mMn - ähnlich wie Bobas Auflistung - ein gutes Stück weit daran, dass man nur auf D&D schaut und alles direkt genau damit vergleicht.

Wenn man sich anschaut, was kurz vorher kam, ist es schon ein bisschen willkürlich, an D&D das Schildchen "erstes Rollenspiel" zu hängen und es in diesem Zuge auch direkt als den Maßstab zu setzen, mit dem alles andere verglichen wird.

Da kommt man wohl weiter, wenn man nach der Etablierung des Konzepts Rollenspiel (als ganzes Konstrukt, nicht als Teilaktivität) ein bisschen Selbstfindungszeit* gewährt.
In den ersten paar Jahren war da natürlich Goldgräberstimmung in dem Sinne, dass sich viele auf die Grundidee gestürzt und geschaut haben, was man damit so machen kann.
Gerade Traveller ist spielmechanisch nicht in bewusster Abgrenzung von oder Weiterentwicklung von D&D entstanden, sondern als eigenständiger Entwurf mit gleichem abstraktem Grundkonzept.


*Wie lange man diesen Zeitraum setzt, ist dann die spannende Frage. 5 Jahre sind sicher nicht zu wenig und damit hat man schon eine ziemliche Bandbreite an Mechanik und Settings beisammen.
10-12 Jahre sind möglicherweise zu lang, aber damit wäre die "technische" Entwicklung weitestgehend abgeschlossen in dem Sinne, dass man für so gut wie alles, was danach kommt, auf ein Spiel verweisen kann, in dem es das schon sehr ähnlich gab.


Es sei denn, du nimmst Onlinespiel mit rein. Das wäre Vergleichbar: Eine technische innovation, die nicht direkt mit dem Spielen und Planen zu tun hat, sondern mit dem Drumherum.

"Technik" bezog sich ja auf Spielmechanik und deren gedankliche Grundlagen.

Und das Onlinespiel hat nicht in rasender Geschwindigkeit das "konventionelle" Spiel verdrängt :think:
Mit Gewalt könnte man trotzdem Parallelen ziehen und schauen, wo Onlinespiel vom "eigentlichen" Kern des Rollenspiels ablenkt, aber das führt glaube ich nirgends hin. 

Gurps hat als Innovation Charaktere, die hauptsächlich aus Vor- und Nachteilen und Fertigkeiten bestehen — zusammen mit einer Liste von Vor- und Nachteilen, durch die sich Wesen der verschiedensten Arten abbilden und in der gleichen Gruppe spielen lassen (bis hin zu Kosten für Techlevel).

Da waren Champions und The Fantasy Trip früher dran - Gurps hat da höchstens das i-Tüpfelchen draufgesetzt.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: 6 am 23.12.2021 | 04:03
Weil der Filmvergleich schon aufkam: Dass Ton und Farbe in der Breite akzeptierte (die Gegenbeispiele muss man nach der jeweiligen Übergangsphase mit der Lupe suchen) technische Fortschritte sind, wird man kaum abstreiten können. Da fängt das Werturteil frühestens da an, wo man behauptet, dass sich die Filmemacher seitdem nicht mehr auf das Wesentliche konzentrieren, sondern nur noch auf das verzichtbare und sinnlose Bling-Bling...
Gestreamte Rollenspielrunden bzw. auf YT gestellte Rollenspielrunden.
Also Rollenspiel vor (zahlendes) Publikum. Wenn ich mir die Klickzahlen und Umsätze verschiedener Streamer anschaue und dann den beobachteten Mercer-Effekt mit einpreise, sehe ich da einen technischen Fortschritt mit samt dem Vorwurf auf die Konzentration auf verzichtbare und sinnloses Bling-Bling.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 23.12.2021 | 08:33
Zwei Gedanken:

1. Fortschritt und Innovation sind bereits jenseits des Rollenspiel-Hobbies umstrittene und bestrittene Konzepte. Für mich ist es dann in letzter Konsequenz ok, wenn es hier dazu keinen Konsens gibt.

2. Danke für die vielen Beispiele (vermeintlichen) Fortschritts. Um im Bild zu sprechen: Ich sehe da überwiegend (ausschließlich?) "Seitenschritte".
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 08:58
Seiten- oder Fortschritt? Lässt sich das ohne subjektive Wertung unterscheiden? Wenn ja, wie?

Wenn nein: Technischer Fortschritt kannn im Patentwesen mit dem sog. Aufgabe-Lösungsansatz bewertet werden, der formal prüft, ob ein Unterschied zu bereits Bekanntem offensichtlich ist oder erfinderisch. Dieser Ansatz ist nur eine formale Hilfe, und verläuft nicht ohne große Diskussionen, hilft in der Praxis aber bei der Beurteilung der Patentfähigkeit. Achtung: Eine Erfindung ist dadurch nicht zwangsläufig als eine Verbesserung definiert, es gibt auch Umgehungslösungen usw.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 09:05
Aufgabe-Lösungs-Ansatz für Rollenspiel-Systeme
Formale Schritte zur Beurteilung einer Weiterentwicklung:
1 - Welches ältere Regelsystem ist das ähnlichste, nächstliegende?
2 - Welcher Unterschied besteht zwischen einer neuen und einer nächstliegenden älteren Regel?
3 - Welchen Effekt hat der Regelunterschied auf das Spielgeschehen?
4 - Welche objektive Aufgabe (Problem) löst dieser Regelunterschied?
5 - Wäre diese Lösung für einen Nerd-Spielleiter ohne besondere Kreativität, aber mit einer umfassenden Kenntnis aller vorangegangenen Rollenspielsysteme offensichtlich, ausgehend vom nächstliegenden Regelwerk, bspw. durch die Kombination bekannter Regeln?
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Darius der Duellant am 23.12.2021 | 09:16
6 - Hat das durchexerzieren der Punkte 1 - 5 einen quantifizierbaren Mehrwert, der in angemessener Relation zur aufgewendeten Zeit steht?

MMn ist schon der Punkt 1 deiner Liste eine Falle, da bereits die  systematische Nähe etwas ist, über das man sich in Elfenbeinturm-Diskussionen endlos den Kopf einschlagen kann und wird.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 09:29
Über jeden der Punkte kann man lange diskutieren. Das geschieht in der patentrechtlichen Praxis auch. Der Aufgabe-Lösungs-Ansatz ist weder der einzige noch der einfachste Ansatz, um Innovation zu beurteilen, aber der wirkmächtigste.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 09:44
Praktisches Beispiel
Classic Traveller - erfahrene Personnage wird generiert, keine Erfahrungspunkte im Spiel, keine oder optional sehr schwache Steigerungsmöglichkeit.

1 - OD&D wäre eine Möglichkeit als Startpunkt / nächstliegendes Rollenspielsystem
2 - Unterschied: keine XP / Stufenerwerb / Steigerung im Spiel
3 - Effekt: Personnagenfähigkeiten bleiben konstant - kein "from zero to hero", Personnage startet erfahren, aber nicht heldenhaft, und bleibt immer so.
4 - obkjektive Aufgabe kann bspw. so formuliert werden: Abschaffung künstlicher Spielermotivation (z.B. zum Looten/Kämpfen) durch abstrakte Belohnungsmechanismen (XP).
5 -  Der Nerd kennt OD&D mit süchtig machenden Belohnungsmechanismus -  daraus ergibt sich erstmal keine inherente Motivation, diesen abzuschaffen, OD&D lehrt von Classic Traveller fort. Allerdings kennt der Nerd zahlreiche Wargames ohne Steigerungsoption für einzelne Einheiten. Würde der Nerd diese Systeme kombinieren, und dadurch CT-Personnagenregeln erreichen? Nein, weil die Kombination nicht naheliegend ist, Nein, weil als zusätzlicher Schritt zur Abschaffungd er EP auch die Einführung einer Erschaffungsmethode für erfahrene Personnagen erforderlich ist. Das ist alles nicht trivial und Classic Traveller ist genial und innovativ.

Jetzt könnte man auch noch abklopfen, ob ausgehend von SciFi-Strategiespielen Classic Traveller offensichtlich gewesen wäre, aber in Kombination mit OD&D wäre ein System mit XP offensichtlich gewesen, keines ohne.

Das mal als Beispiel für die praktische Anwendung dieses formalen Ansatzes.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Darius der Duellant am 23.12.2021 | 09:50
Das richtige Werkzeug für die passende Aufgabe.
Im Patentrecht geht es auch gerne einmal um Summen die größere Zeitaufwände rechtfertigen und (viel wichtiger!) man hat dank Patentantrag und existierender Altpatente sehr konkret umrissenen Dinge an denen man sich abarbeiten kann.

Im Rollo-Kontext ist es hingegen der Versuch Schwafelei nachträglich in Normen zu fassen.
Das ist in dieser Form meiner Meinung nach nicht sinnvoll, wenn das Ziel mehr als nur das führen einer ausschweifenden Diskussion ist.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Alexandro am 23.12.2021 | 10:17
Innovation (im Sinne eines "Paradigmenwechsels" nach Kuhn) erfordert erstmal eine Unzufriedenheit mit den bisherigen Erklärungsmodellen (Systemen) und die Anpassung derselben, um die "Krise" zu vermeiden. Dies kann eine Ausreizung des bestehenden Systems bis an seine Grenzen (z.B. Lernregeln in AD&D, um das "zero-to-hero"-Gefühl abzumildern und den Gedanken, dass man doch Zeit und Unterricht braucht, um besser zu werden), was idR aber zur Verschärfung der Krise führt, oder das arbeiten innerhalb der Grenzen des Systems.

Letztendlich war die Traveller-Entwicklung ja nur ein Rückschritt zu Ur-D&D und das Nachvollziehen der ersten "Krise" des Systems (Charaktere waren statisch, Spieler wollten aber, dass diese mit der Zeit besser werden - also kamen XP in das System) und das Wählen einer anderen "Abzweigung" (Verteidigung des bestehenden Paradigmas). Ebenso gab es andere Innovationen, wo erkannt wurde, dass als "essentiell" angesehene Elemente von Rollenspielen (solche Dinge wie Würfel, Charakterwerte oder ein Spielleiter) evtll. gar nicht so essentiell für das gewünschte Spielerlebnis sind (und konsequenterweise entfernt wurden).

Interessanter sind aber imo diejenigen Innovationen, wo tatsächlich etwas neues dazugekommen ist (im Falle von Traveller würde ich da eher das "Vorleben" des Charakters als Teil des Systems betonen, weil das vorher halt etwas war, worüber man sich nicht so Gedanken gemacht hat).
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 10:29
Ich sehe keinen Unterschied. Patentfachleute schwafeln genauso gerne wie Rollenspielforisten.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 23.12.2021 | 11:03
Das richtige Werkzeug für die passende Aufgabe.
[...]

Im Rollo-Kontext ist es hingegen der Versuch Schwafelei nachträglich in Normen zu fassen.
Das ist in dieser Form meiner Meinung nach nicht sinnvoll, wenn das Ziel mehr als nur das führen einer ausschweifenden Diskussion ist.

Welches Werkzeug würdest du denn vorschlagen?
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Darius der Duellant am 23.12.2021 | 11:28
Ich würde die Diskussion gar nicht erst in dieser Art führen weil nix sinnvolles dabei rumkommt.

Ich sehe keinen Unterschied. Patentfachleute schwafeln genauso gerne wie Rollenspielforisten.

Juristen haben wenigstens eine formalisiertes Werk bei dem man sich "nur" über die Interpretation von Paragraphen fetzen muss

Rollos haben nix, schon allein der Punkt "was ist näher wird zu unproduktiven Endlosdiskussionen führen, wenn man sich nicht zufällig eh schon einig ist.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 23.12.2021 | 11:38
Ich würde die Diskussion gar nicht erst in dieser Art führen weil nix sinnvolles dabei rumkommt.

Meinst du die Diskussion, ob und was es an Innovationen bei RPGs gibt oder meinst du eine Diskussion mit Hilfe formaler Werkzeuge?
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 11:42
Irrtum, Darius. Es geht im Aufgabe-Lösungs-Ansatz nicht (kaum) um juristische, sondern um technische Aspekte. Deshalb können wir ihn mit Leichtigkeit, wenn wir wollen, auf verfahrenstechnische Spielregeln übertragen.

Ich weiß, es wirkt ein wenig kompliziert und unnötig formal, wenn man unverhofft damit konfrontiert wird. Du kannst ihn auch einfacher denken:
2 - Unterschied
4 - Aufgabe
5 - Lösung
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 11:48
@alexandro: patentrechtlich betrachtet: Du gehst vom subjektiven Problem des Erfinders aus. Der Aufgabe-Lösungs-Ansatz betrachtet dagegen eine (formal definiertes, theoretisches) objektive Aufgabe.
Fortschritt, Seitenschritt, Rückschritt - diese wertenden Kategorien werden dabei umgangen. Es geht nur um die Frage, ob die Neuerung naheliegend war.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Alexandro am 23.12.2021 | 12:05
In erster Linie sind Spielregeln Kommunikationsstrategien, daher ist der Gedanke dass diese (von den Benutzern losgelöste) Aufgaben haben, eher kontraproduktiv. In diesem Kontext ist Rückschritt nicht wertend zu sehen, weil eine Reduzierung der Komplexität eines Modells (immer daran denken: Rollenspielregeln sind Modelle, keine technischen Güter!) den Blick auf Dinge freigibt, welche bei höherer Komplexität nicht klar ersichtlich sind.

Deswegen sind Additions- und Subtraktionsprozesse in der Entwicklung von Spielregeln von gleich hoher Wichtigkeit - man sollte trotzdem nicht den Fehler machen, diese Prozesse miteinander zu vermengen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 12:10
Genau wie in der Technik. Ich sehe Spielregeln als Verfahrensregeln, analog zu einem technischen Verfahren (also nicht analog zu Erzeugnissen oder Vorrichtungen).
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Jiba am 23.12.2021 | 12:47
2. Danke für die vielen Beispiele (vermeintlichen) Fortschritts. Um im Bild zu sprechen: Ich sehe da überwiegend (ausschließlich?) "Seitenschritte".

Ja... und warum?
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Kurna am 23.12.2021 | 12:49

[...]


Und das Onlinespiel hat nicht in rasender Geschwindigkeit das "konventionelle" Spiel verdrängt :think:

[...]

Das Innovationen mit "rasender Geschwindigkeit" etwas älteres Verdrängen heißt ja nicht, dass es keine Innovationen sind. Außerdem kommt einem das mit der Schnelligkeit oft nur im Rückblick so vor. Nehmen wir doch einmal das schon genannte Beispiel Film.
Der Tonfilm z.B. war tatsächlich sehr schnell. The Jazz Singer war 1927 und schon 1929 kam der letzte klassische Hollywoodstummfilm. Global gesehen hat es natürlich noch etwas länger gedauert (bis ca. Mitte der 30er).
Beim Farbfilm war die Phase aber schon deutlich länger. Der erste größere abendfüllende Hollywoodfarbfilm kam 1935 raus, aber trotzdem hat es bis ca. 1960 gedauert, bis Farbfilme die Schwarzweißfilme im Wesentlichen verdrängt hatten. Lange waren nur die "großen Blockbuster" in Farbe, aber nicht das Gros der Filme. Das hatte zum Teil "externe" Gründe, wie zum Beispiel den 2. Weltkrieg. Und das beim Fernsehen so lange schwarzweiß noch vorherrschte (gerade für B-Movies ab den 1950ern schon eine wichtige Zweitverwertungsquelle).
Als drittes Beispiel nehmen wir noch den 3D-Film. Der hat es bis heute noch nicht geschafft, den 2D-Film wirklich zu verdrängen. Und die erste größere 3D-Welle stammt immerhin aus den 1950ern! Aber selbst die aktuelle Welle ist schon wieder über 15 Jahre alt (Polarexpress 2004) und scheint fast schon eher wieder auf dem Rückzug als auf dem Vormarsch.

Trotzdem sind imho alles drei technische Innovationen, nur die Übernahme ist halt unterschiedlich schnell. Beim Onlinerollenspiel dürfte es daher auch stark von äußeren Umständen abhängen, wie stark es das normale Spiel offline an einem Tisch verdrängt. (Wie entwickelt sich Corona? Wie die Internetmöglichkeiten? etc.) 
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 23.12.2021 | 12:58
Ja... und warum?

Von klassen-basiert zu klassenlos z.B. scheint mir keine "höhere Stufe der Entwicklung" darzustellen. Beide Modelle machen unterschiedliche Dinge unterschiedlich gut und schlecht. Genauso die Vereinheitlichung/Reduktion auf einen Resolutionsmechanismus stellt keine "höhere Stufe der Entwicklung" dar, sondern bringt eigene Vor- und Nachteile mit sich.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: bobibob bobsen am 23.12.2021 | 13:03
Wenn ich Monopoly und D&D vergleiche sehe ich da auch lediglich Seitenschritte in der Spielentwicklung.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 23.12.2021 | 13:08
Wenn ich Monopoly und D&D vergleiche sehe ich da auch lediglich Seitenschritte in der Spielentwicklung.

Ja, und? D&D gehört doch einer anderen Spielegattung an. Die Spieleentwicklung hin zu D&D ist ja von anderen Leuten reichlich diskutiert worden; was deine Trollerei anbelangt: gibt nur 3/7.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Prisma am 23.12.2021 | 13:12
Auch Kommodifizierung und Railroading können Fortschritt, bzw. Innovation bedeuten. Kommodifizierung kann einer Gruppe ermöglichen zu spielen, deren SL wenig Zeit oder keine Lust hat, selbst ein Abenteuer zu designen oder sich mit der generellen Thematik überfordert fühlt. Dank der Kommodifizierung ist das Hobby dann dennoch möglich.
Railroading kann einen analogen Effekt haben, wenn Ergebnisoffenheit nicht gewünscht wird. Solche Spieler gibt es durchaus und die können auch weiter Teil des Hobbys sein.

Die OSR wird immer als sehr avantgardistisch angesehen. Ist das innerhalb einer "old school" Thematik wirklich möglich? Ist die OSR daher ein Fortschritt oder vielleicht doch ein Rückschritt in überholte Systeme? Interessante Abenteuer, ergebnisoffen und schnell, dies alles kann man auch mit aktuelleren Systemen spielen. Aber wäre die OSR ohne den Artpunk so groß geworden? Ich denke nicht. Viele Spiele gehen im Desing und manche Hand in Hand mit den Regeln neue Wege. So könnte man sagen, Artpunk ist der wirkliche Fortschritt in der OSR, nicht die OSR an sich.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 23.12.2021 | 13:36
"Innovation" trägt für mich den Eindruck von "Werbesprech".

"Mutieren" tut Spiel eh andauern, mal gezielt, mal als Hausregel und mal, weil irgendwer eine bestehende Regel missverstanden hat.

Ob das nun "Fortschritt" ist, steht auf einem ganz anderen Blatt und ist dann wohl auch wenn nicht global, sondern nur bezogen auf eben ein spezifisches (und zu guten Teilen geschmacksbestimmtes) Anforderungsprofil zu bestimmen.

Die bessere Mausefalle mag für den Bauern gut sein, für die Maus und ggf die nun arbeitslose Katze eher nicht.

In dem Sinne empfinde ich Innovation oder Fortschritt ohne konkrete Bezüge auf den damit bedienten Bedarf als Bauernfängerei.

So ungefähr da hat jetzt jemand seinen Heartbreaker geschrieben und jeder soll erkennen wie toll der ist, weil eben NEUUUU.

Railroading kann einen analogen Effekt haben, wenn Ergebnisoffenheit nicht gewünscht wird.

Wenn eine entsprechende Führung gewünscht wird, ist das vorher mit den Spielern abzusprechen und hat dann einen eigenen Namen. Ein neuer Trojaner zum Bankdatenfischen ist auch eine Art Fortschritt, insbesondere zu Weihnachten, wo doch eh viele Leute ans Spenden denken, sich aber da nicht so ganz sicher sind an wen ... .
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Zed am 23.12.2021 | 13:44
Seiten- oder Fortschritt? Lässt sich das ohne subjektive Wertung unterscheiden? Wenn ja, wie?

Ja, und ich bin überzeugt, dass nur eine subjektiv verzerrte Sicht die objektiven Kriterien ausblenden kann.

Die naheliegendste Möglichkeit ist, die Dauerhaftigkeit einer Regel zu betrachten: Je schneller sie überholt wurde, desto schwächer war sie.

Und natürlich darf man nicht völlig quantitative Aspekte aus dem Auge verlieren (- hier muss sicher zusätzlich interpretiert werden): Dass DnD4e ein Irrweg war, lässt sich alleine schon hier im Forum an den aktiven Diskussionen zu Regeln messen. Auch wenn verlässliche Verkaufszahlen schwer zu bekommen sind, so gibt es wohl keinen Widerspruch, wenn man sagt: 3.5/PF und 5e haben sich je um Längen besser verkauft als die 4e. Kurz:

Auch der kommerzielle Erfolg des jüngeren Systems ist ein starkes Indiz für die Überholtheit des nicht mehr aktiv gespielten älteren Systems.

Ich spreche mich nicht gegen die Existenzberechtigung von Nischen aus - ich bastle ja selbst an einer, einem 3.5-Fork. Auch wenn es schmerzhafte Selbsteinsicht erfordert: Es hilft sicher der Diskussionskultur, dazu zu stehen, dass man nur in einer kleinen, unbedeutenden Nische spielt, die keinen Anspruch auf besseres Rollenspiel als die Big-Player erhebt.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 13:46
@Prisma, re OSR: sehe ich ähnlich.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 13:48
@Zed: Das ist mir persönlich zu neoliberal gedacht. Da gehe ich nicht mit.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 23.12.2021 | 13:50
Ja, und ich bin überzeugt, dass nur eine subjektiv verzerrte Sicht die objektiven Kriterien ausblenden kann.

Die naheliegendste Möglichkeit ist, die Dauerhaftigkeit einer Regel zu betrachten: Je schneller sie überholt wurde, desto schwächer war sie.

Und natürlich darf man nicht völlig quantitative Aspekte aus dem Auge verlieren (- hier muss sicher zusätzlich interpretiert werden): Dass DnD4e ein Irrweg war, lässt sich alleine schon hier im Forum an den aktiven Diskussionen zu Regeln messen. Auch wenn verlässliche Verkaufszahlen schwer zu bekommen sind, so gibt es wohl keinen Widerspruch, wenn man sagt: 3.5/PF und 5e haben sich je um Längen besser verkauft als die 4e. Kurz:

Auch der kommerzielle Erfolg des jüngeren Systems ist ein starkes Indiz für die Überholtheit des nicht mehr aktiv gespielten älteren Systems.

Ich spreche mich nicht gegen die Existenzberechtigung von Nischen aus - ich bastle ja selbst an einer, einem 3.5-Fork. Auch wenn es schmerzhafte Selbsteinsicht erfordert: Es hilft sicher der Diskussionskultur, dazu zu stehen, dass man nur in einer kleinen, unbedeutenden Nische spielt, die keinen Anspruch auf besseres Rollenspiel als die Big-Player erhebt.

Das ignoriert den "Fortschritt", den eine Änderung für eine entsprechende Nische haben kann.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 23.12.2021 | 13:56
Ja, und ich bin überzeugt, dass nur eine subjektiv verzerrte Sicht die objektiven Kriterien ausblenden kann.

So wie ich es verstehe,  ist die Frage, was eigentlich Fortschritt sei, in vielen Disziplinen umstritten.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Zed am 23.12.2021 | 14:18
@Zed: Das ist mir persönlich zu neoliberal gedacht. Da gehe ich nicht mit.
Allein die Hoffnung starb zuletzt.  :-\

Zitat
Ja, und ich bin überzeugt, dass nur eine subjektiv verzerrte Sicht die objektiven Kriterien ausblenden kann.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: treslibras am 23.12.2021 | 14:32
Von klassen-basiert zu klassenlos z.B. scheint mir keine "höhere Stufe der Entwicklung" darzustellen. Beide Modelle machen unterschiedliche Dinge unterschiedlich gut und schlecht. Genauso die Vereinheitlichung/Reduktion auf einen Resolutionsmechanismus stellt keine "höhere Stufe der Entwicklung" dar, sondern bringt eigene Vor- und Nachteile mit sich.

Ich glaube das ist hier ein Knackpunkt. Es hängt nämlich davon ab, wie Du "höhere Stufe" definierst (bzw. dass Du Fortschritt damit gleichsetzt). Aus Deinem Post entnehme ich eine präferenziell bewertende Definition, d.h. Fortschritt heißt bei Dir Verbesserung oder zumindest Entwicklung zu etwas systemisch komplexeren.
Das ist aber nur EINE von möglichen Definitionen. Man könnte auch einfach eine historisch-ontologische Definition verwendern. Klassenlose Syteme als Antwort auf ein als restriktives empfundenes Klassensystem. Das hat dann nicht per se eine höhere Komplexität, und die Bewertung ist subjektiv. Es war trotzdem ein Fortschritt im urpsrünglichen Sinne eines "es hat sich aus dem alten entwickelt und war etwas anderes oder neues".

Innovation =/= Verbesserung von etwas vorhergegangenem.

Eine Innovation setzt sich dann durch, wenn sich genügend Nachfrage dafür entwickelt.
Das mindert aber erst einmal nicht bewertend das Ursprungsding, sondern bedeutet eher eine Materialisierung der vorhandenen (oder sich entwickelnden) Bedürfnisse in neuen Instrumenten der spezifischen Bedürfnisbefriedigung.

Natürlich waren Traveller und Runequest Innovativ. Natürlich waren sie anders.
Sie machen aus Deiner Warte vielleicht die Dinge nicht besser, aber diese Bewertung ist Deine, subjektiv.
Objektiv muss man sagen, dass sie erfolgreich waren, weil sie eine Alternative boten, die ausreichend anders war, und die ausreichend Menschen gekauft und gespielt haben.

Und genauso ist es mit den anderen Innovationen, wie z.B. XP für Handlungserfolge (statt Gold), XP für gutes Rollenspiel (statt erfolgreiche Proben), klassenlose Systeme, Stufenlose Systeme, XP-freie Systeme, Skills für alle, Metaplots, soziale Mechaniken, Mechaniken der Reise, Geistige Gesundheit, Würfelpools, Story-telling Systeme, narrative Systeme, narrative Würfel, würfellose Systeme, Aktionstabellen, Bennies/Fate Points/Metawährungen etc pp.

Das sind alles Materialisierungen von Bedürfnissen nach einer anderen oder bisher fehlenden Spielerfahrung. Will sagen: Alle Innovationen sind nur Symptome von unbefriedigten Bedürfnissen nach einer anderen Art von Rollenspiel, nach einer anderen Art Dinge zu realisieren.
Bestimmte Änderungen wurden auch nur deswegen realisiert, weil jemand dachte "Ich mache genau das, aber 3mal besser." Das ist dann ein Bedürfnis nach (erstmal hochsubjektivem) "besserem Design", vielleicht auch wegen des kulturellen Kapitals (z.B. auch "Prestige").
Ob die Änderungen sich dann durchsetzen, egal welches der ursprüngliche Motivator war, hängt zum Teil einfach von historischem Glück ab, und letztendlich natürlich davon, ob genügend andere Menschen ähnliche Bedürfnisse haben und darauf anspringen.

Der Motivator ist nicht (immer) der Wunsch nach Optimierung, der Motivator ist erst einmal Unzufriedenheit. Die Antwort auf Unzufriedenheit kann dann Optimierung sein, oder das Suchen und Finden von Alternativen. Und das kann auch dazu führen, dass man nach dem ausprobieren vieler verschiedener Systeme wieder beim Ursprungssystem landet. Nicht, weil es das beste wäre, sondern weil man etwas über sich selbst gelernt und erkannt hat, dass z.B. alle verschiedenen Mechaniken bestimmte Grundproblematiken nicht lösen können (die z.B. zwischenmenschlicher Natur sind oder mit der eigenen Psyche zusammenhängen), und man dann doch auch beim Altsystem bleiben kann. Oder bei einer "optimierten" Version (wie z.B. die ganzen OSR-Ableger).
(Manchmal ist es auch einfach Nostalgie, die einen zu alten Systemen zurücktreibt. Das ist dann ja auch ein Bedürfnis, aber weniger nach einem System als nach der Reproduktion einer Lebenserfahrung.)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 23.12.2021 | 14:54
Ich glaube das ist hier ein Knackpunkt. Es hängt nämlich davon ab, wie Du "höhere Stufe" definierst (bzw. dass Du Fortschritt damit gleichsetzt). Aus Deinem Post entnehme ich eine präferenziell bewertende Definition, d.h. Fortschritt heißt bei Dir Verbesserung oder zumindest Entwicklung zu etwas systemisch komplexeren.

Ich schrieb ja bereits, was denn genau Fortschritt sei, ist in allerlei Disziplinen munter umstritten, deshalb möchte ich mich da gar nicht zu sehr im Detail bzw. der Definition verlieren. Ist schon alles richtig, was du schreibst. Fortschritt als "grundlegende Verbesserung" scheint mir jedenfalls eine Idee, die grunfsätzlich vertretbar ist.

Mir stellt sich die Frage, ob "Fortschritt" überhaupt die richtige geistige Kategorie ist, um über Rollenspiele zu sprechen und zu denken.
Im Zusammenhang von Musik, wäre eine Aussage wie:"Justin Biebers My Girl ist fortschrittlicher als Beethovens 9te" vielleicht in Bezug auf Produktionstechniken als wahr anzusehen. Aber sonst?

Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Prisma am 23.12.2021 | 15:09
Wenn eine entsprechende Führung gewünscht wird, ist das vorher mit den Spielern abzusprechen und hat dann einen eigenen Namen.
Der Witz ist ja, genau das passiert. Ein aktuelles Beispiel: Spieler meiner aktuellen Kampagne haben sich neulich Railroad von mir gewünscht. Zur Zeit herrsche zu viel Freiheit. Das entspricht etwa 1/3 der Spieler am virtuellen Tisch.   
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 23.12.2021 | 15:34
Der Witz ist ja, genau das passiert. Ein aktuelles Beispiel: Spieler meiner aktuellen Kampagne haben sich neulich Railroad von mir gewünscht. Zur Zeit herrsche zu viel Freiheit. Das entspricht etwa 1/3 der Spieler am virtuellen Tisch.   
Wie gesagt, dann hat das einen eigenen Namen - Partizipationimus - und alles ist OK bzw. einfach ein eigener spielgeschmack.. Railroading ist es eben im Gegensatz dazu, wenn es unabgesprochen passiert und der SL sich das mit seinen anvertrauten Möglichkeiten einfach selbst herausnimmt.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Zed am 23.12.2021 | 16:14
Mir stellt sich die Frage, ob "Fortschritt" überhaupt die richtige geistige Kategorie ist, um über Rollenspiele zu sprechen und zu denken.
Im Zusammenhang von Musik, wäre eine Aussage wie:"Justin Biebers My Girl ist fortschrittlicher als Beethovens 9te" vielleicht in Bezug auf Produktionstechniken als wahr anzusehen. Aber sonst?
Ich wusste gar nicht, dass "My Girl" eine Symphonie ist... Oder Beethovens 9. ein Song/Lied.

Als kundiger und kluger Redner, für den ich Dich halte, vergleichst Du Äpfel mit Birnen, um die völlig gerechtfertigte Fortschritts-Diskussion, in der OD&D als früher Ursprung und zB die 5e als zeitgemäße Weiterentwicklung betrachtet wird, zu derailen, würde ich sagen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 23.12.2021 | 16:23
Ich wusste gar nicht, dass "My Girl" eine Symphonie ist... Oder Beethovens 9. ein Song/Lied.

Als kundiger und kluger Redner, für den ich Dich halte, vergleichst Du Äpfel mit Birnen, um die völlig gerechtfertigte Fortschritts-Diskussion, in der OD&D als früher Ursprung und zB die 5e als zeitgemäße Weiterentwicklung betrachtet wird, zu derailen, würde ich sagen.

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen beiden Musikstücken. Aber es gibt eben auch strukturelle Gemeinsamkeiten und wir würden beides als "Musikstück" verstehen.
Ein Vergleich braucht keine Deckungsgleichheit.
Ist Biebers My Girl denn fortschrittlicher als Queens Bicycle Girl?

Meinetwegen kann 5e eine zeitgemäße Weiterentwicklung sein. Aber "5e ist fortschrittlicher als oD&D" scheint mir falsch. Ich versuche hier zu ergründen, wieso.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Darius der Duellant am 23.12.2021 | 16:49
Irrtum, Darius. Es geht im Aufgabe-Lösungs-Ansatz nicht (kaum) um juristische, sondern um technische Aspekte.

Gehüpft wie gesprungen da:

Zitat
Deshalb können wir ihn mit Leichtigkeit, wenn wir wollen, auf verfahrenstechnische Spielregeln übertragen.

Nein.

Also, mach ruhig.
Stell hier n'en Faden aufs Brett in dem du so eine Nähediskussion bezüglich 4 Systemen führst.
Ich kann mir ziemlich plastisch ausmalen wie das enden wird und wie wenig es mit einer einfachen Umsetzung zu tun hat, die konkrete Ergebnisse statt Seitenlangem Geschwafel ohne Inhalt liefert.
Du begehst den Kardinalfehler vieler Geisteswissenschaftler, ein absolut unscharfes Feld in klar umrissene Kategorien ohne Kontextbezug pressen zu wollen.
Daran scheitern allerdings schon Generationen.
Aber mach ruhig.
Wenn's für dich funktioniert hast du ja einen Nutzen daraus ziehen können.
Erwarte nur nicht dass andere aus den gegebenen Fakten notwendigerweise die gleichen Schlüsse ziehen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 23.12.2021 | 17:39
Ich wusste gar nicht, dass "My Girl" eine Symphonie ist... Oder Beethovens 9. ein Song/Lied.

Ich wusste gar nicht, das Fate ein Rollenspiel ist ...  >;D
Oder Fiasco, Heroquest, Talisman oder MagicTG.

Irgendwo werden sich mit den entsprechenden Änderungen - und eben auch sich ändernden Anforderungen, welche die Varianten bedienen - dann auch Varianten entwickeln welche auch bei erkennbaren gemeinsamen Wurzeln dann doch besser als etwas eigenständiges Neues bezeichnet werden und eben nicht als die "moderne" Version des Althergebrachten.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Alexandro am 23.12.2021 | 18:34
Du begehst den Kardinalfehler vieler Geisteswissenschaftler, ein absolut unscharfes Feld in klar umrissene Kategorien ohne Kontextbezug pressen zu wollen.

Den Fehler begehen auch viele Naturwissenschaftler. Da nehmen sich die Wissenschaftszweige nichts.

Ich denke es wäre sinnvoller, erst einmal einzelne Prozesse ("Regeln") des Rollenspiels zu beschreiben, bevor man am allumfassenden Erklärungsmodell arbeitet, in dem alles (inklusive der extrem spekulativen Entwicklungswege von einer Regelgeneration zur nächsten) enthalten ist. ;)

Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: YY am 23.12.2021 | 19:15
Gestreamte Rollenspielrunden bzw. auf YT gestellte Rollenspielrunden.
Also Rollenspiel vor (zahlendes) Publikum. Wenn ich mir die Klickzahlen und Umsätze verschiedener Streamer anschaue und dann den beobachteten Mercer-Effekt mit einpreise, sehe ich da einen technischen Fortschritt mit samt dem Vorwurf auf die Konzentration auf verzichtbare und sinnloses Bling-Bling.

Wie gesagt: "Technisch" bezog sich bei mir vor allem auf Spielmechanik und weniger auf das Drumherum.

Trotzdem kann man als Gegenprobe hergehen und schauen, ob man auch ohne die Kommunikationstechnik vor bzw. für Publikum spielen kann.
Da stelle ich fest: Kann man, ist aber kein offensichtlicher und durchgehender Mehrwert für die Spieler, so dass man sagen würde "Das machen wir ab jetzt nur noch so, weil es unser Spiel so deutlich verbessert".
Ergo: In dieser konkreten Form neu (grundsätzlich aber nicht - mit Publikum gespielt wurde auch schon in den Vorläufern), aber keine allgemeine Verbesserung, nur eine andere Ausprägung.

Trotzdem sind imho alles drei technische Innovationen, nur die Übernahme ist halt unterschiedlich schnell. Beim Onlinerollenspiel dürfte es daher auch stark von äußeren Umständen abhängen, wie stark es das normale Spiel offline an einem Tisch verdrängt. (Wie entwickelt sich Corona? Wie die Internetmöglichkeiten? etc.)

Ich sehe da nicht nur eine unterschiedlich schnelle Übernahme (die vor allem an den technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lag), sondern im Fall der 3D-Technik eine letztlich eben gerade nicht breit übernommene Innovation, auch wenn das Marketing den 3D-Kram krampfhaft in eine Reihe mit Ton- und Farbfilm stellen wollte.

Onlinespiel deckt für einige alles ab, was sie sonst vom Tischrollenspiel erwarten und wollen - da ist ein vollständiger Ersatz natürlich denkbar und kommt auch tatsächlich vor. Quer durchs Hobby ist das aber nicht der Fall.


Und damit zurück zu dem, was ich mit der "technischen" Seite eigentlich meinte, nämlich die Spielmechanik.
Gibt es da Beispiele, wo sich - gerne auch im zweiten oder dritten Anlauf - irgendeine Spielmechanik so breit durchgesetzt hat, dass sie in so gut wie allen nennenswert verbreiteten Systemen vorkommt?
Sehr wenige und die meist auch nur mit zusammengekniffenen Hühneraugen.

Plakativ beispielhaft formuliert: Gummipunkte sind eben nicht die neu dazu gekommene Tonspur des Rollenspiels.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 20:32
@YY: Ich finde es geradezu verblüffend, wie stark sich Stufensysteme durchgesetzt haben, obwohl Traveller einen anderen Weg aufgezeigt hat. Und verkappte Stufensysteme mit starker Steigerung.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ghoul am 23.12.2021 | 20:33
@Darius: OK, das war vielleicht etwas zu kompliziert als Werkzeug. Dann setzen wir für diese Diskussion einfach Neuheit = Entwicklung.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: 6 am 23.12.2021 | 21:20
Wie gesagt: "Technisch" bezog sich bei mir vor allem auf Spielmechanik und weniger auf das Drumherum.

Trotzdem kann man als Gegenprobe hergehen und schauen, ob man auch ohne die Kommunikationstechnik vor bzw. für Publikum spielen kann.
Du stützt Dich da zu sehr auf die technischen Geräte, die verwendet werden. Die eröffnen dabei nur Optionen, die vorher nicht vorhanden waren(*). Aber darum ging es mir ja logischerweise nicht hauptsächlich. Das Onlinespielen als Alternative zum gemeinsamen Spielen am Tisch selber war ja hier schon vorher Thema und wenn es alleine darum gegangen wäre, hätte ich nicht gepostet, weil redundant.
Die Möglichkeiten des Streamens und damlt des Spielens vor Publikum hat dann aber andere Kriterien als das Spielen im Privaten ohne Publikum. Dabei werden dann auch andere Spielmechaniken und -techniken genutzt als beim "normalen" Rollenspiel. Das siehst Du ja schon bereits daran, dass die erfolgreichen gestreamten Runden Erwartungen weckt, die eine private Runde garnicht erfüllen kann (Mercer-Effekt).

*Ausser Du kennst jetzt historische Events, die vor dem Streamingzeitalter Spielrunden die Möglichkeit gaben Hundertausende von Zuschauern (darunter auch zahlende Zuschauer) ganze Kampagnen vorzuführen.
Zitat
 
Da stelle ich fest: Kann man, ist aber kein offensichtlicher und durchgehender Mehrwert für die Spieler, so dass man sagen würde "Das machen wir ab jetzt nur noch so, weil es unser Spiel so deutlich verbessert".
Ergo: In dieser konkreten Form neu (grundsätzlich aber nicht - mit Publikum gespielt wurde auch schon in den Vorläufern), aber keine allgemeine Verbesserung, nur eine andere Ausprägung.
Und dann schaue ich auf die Anzahl der Klicks auf den Critical Roll-Kampagnenvideos und bemerke, das extrem viele Leute unser Hobby durch diese Zuschauerbrille kennen lernen. Ob Du persönlich das als "Verbesserung" ansiehst, ist dabei völlig irrelevant. Tatsache ist, dass sich dadurch unser Hobby insgesamt gesehen verändert. Und das ist in unserem Hobby ein "Fortschritt" (wobei ich Fortschritt als wertfreien Begriff verwende. Für mich bedeutet die Veränderung an sich. Zum Guten oder Schlechten können Andere entscheiden. Wie Du selber sagtest, auch der Übergang von Schwarzweissfilm zum Farbfilm auch kritisch betrachtet)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Eismann am 23.12.2021 | 23:03
Im Kontext der Spielrunden vor Publikum finde ich durchaus auch die Interaktion zwischen Spielrunde und dem Publikum und dessen Einfluss auf die Handlung ganz interessant.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Rorschachhamster am 23.12.2021 | 23:23
Dabei werden dann auch andere Spielmechaniken und -techniken genutzt als beim "normalen" Rollenspiel. Das siehst Du ja schon bereits daran, dass die erfolgreichen gestreamten Runden Erwartungen weckt, die eine private Runde garnicht erfüllen kann (Mercer-Effekt).
Ohne die Diskussion zu genau verfolgt zu haben, möchte ich nur kurz anmerken, das Hausrunden eine Menge haben, das die klinischen, toten Runden (jedenfalls was ich gesehen habe) tausendmal in den Schatten stellt. Deswegen sehe ich da höchstens eine Verschiebung von Erwartungen, die ebenso negativ wie positiv gebrochen werden können...  :think:
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Metamorphose am 23.12.2021 | 23:30
Im Grunde gibts bis jetzt nur RPG's, zumindest solche die ich kenne, die 1-2 Seiten haben: Spieler*in und Leitung. Manchmal wird die Leitung durch eine Mechanik gesteuert oder die Rechte werden aufgeteilt. Eine Veränderung wäre beispielsweise eine dritte Seite zu etabilieren: das Publikum und dieses dann auch Spielmechanisch zu verankern.

Zu Innovation: Ich denke, ohne hier alles gelesen zu haben und tief in das Thema einzutauchen, dass Fortschritt meist verbesserung eines Prozesses, bzw. aufnahme eines Bedürfnisses ist. Bedürfnisse können aber auch hervorgerufen werden bzw. erschaffen, wenn jemand etwas bietet was Leute anspricht. Somit ist Innovation sehr komplex. Es vereint bedürfnis, erfolg, bewusstsein und teilhabe. Individualität wäre noch eines, wenn es um nicht die "grosse" innovation geht, von der hier mehrheitlich gesprochen wird (was ich so lese).

Was wäre dann die Innovation im kleinen? Einfach eine Variante oder Veränderung? Inwiefern wird innovatives Denken den legitimiert und wann ist es nur rumspinnerei ;) Ich denke, innovation ist für viele ein sehr eigener, persönlicher Begriff. Innovation ist das, was uns aus unseren Denkmustern rausholt - zumindest eben im kleinen. Im grossen sind es erfolgreiche, grosse und bleibende Veränderungen die vieles beeinflussen. Könnt ihr mir da folgen, von der "kleinen" und "grossen" innovation? Oder sind meine Gedanken komplett abwägig? xD
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: treslibras am 23.12.2021 | 23:33

Gibt es da Beispiele, wo sich - gerne auch im zweiten oder dritten Anlauf - irgendeine Spielmechanik so breit durchgesetzt hat, dass sie in so gut wie allen nennenswert verbreiteten Systemen vorkommt?


Zumindest hierfür möchte ich anmerken, dass diese weitfassende Einschränkung  von Dir postuliert bzw. gefordert wird. Das Rollenspiel Genre zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass es sich anhand unterschiedlicher Präferenzen verzweigt hat. Deine Definition von Innovation ist so nicht in der Lage, diese Verzweigungen zu erfassen, bzw. ist auf die kleine Menge an Innovationen beschränkt, die durch Dein selbsrgestecktes Nadelöhr passen.

Und nur zur Klärung,  Du darfst gerne Deine Definition von "was sind echte RPG Innovationen so definieren! Ich wollte nur mal spiegeln, dass die Einschränkung von Dir gemacht wurde, nicht vom Mangel an Innovationen. Du erforscht so also nur eine Teilmenge der Gesamtinnovationen, die nämlich so allgemein super waren,  dass alle sie übernehmen" mussten"

(Und ob verschiedene, ja durchaus von Ihren Autoren/Verlagen geschützte, Systeme überhaupt so eine Permeabilität haben, "the best innovations  of all worlds" in sich aufzunehmen, ist noch mal eine ganz andere Frage.)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: YY am 24.12.2021 | 01:29
Zumindest hierfür möchte ich anmerken, dass diese weitfassende Einschränkung  von Dir postuliert bzw. gefordert wird. Das Rollenspiel Genre zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass es sich anhand unterschiedlicher Präferenzen verzweigt hat.

Die Frage und die zugehörige Einschränkung kamen im Kontext des Vergleiches mit Ton- und Farbfilm - eben um zu zeigen, dass es eine ähnliche flächendeckende technische Weiterentwicklung im Rollenspiel nicht gibt.

Ich will ja gerade darauf hinaus, dass Rollenspiel sehr früh sehr weit in die Breite ging, es aber eben keinen nennenswerten technisch-spielmechanischen oder auch konzeptionellen Fortschritt in dem Sinne gab, dass er so gut wie alle "modernen" Rollenspiele von allen früheren unterscheidet.

Da ist auch gerade die Vorstellung, dass man in der Rollenspielsteinzeit mit den damaligen D20-Faustkeilen nur stumpfe Dungeoncrawls spielen konnte und sich davon erst weg entwickeln musste, erwiesenermaßen komplett falsch (insbesondere vom schon erwähnten "The Elusive Shift" sehr gut gezeigt).
Rollenspiel als eigenständiges, abgrenzbares Spiel(konzept) hat sich aus sehr verschiedenen Quellen gespeist und daher u.A. von Anfang an den notwendigen Spagat und unauflösbaren Konflikt zwischen Game und Story beinhaltet.

Entsprechend besteht auch die "Innovationswelle" während der Goldgräberzeit der ersten ca. 10-12 Jahre zu einem sehr großen Teil "nur" darin, verschiedene Ideen aus anderen Ecken, in denen sie längst vorhanden waren, ins Rollenspiel zu holen.
Und der Rest seither ist dann ziemlich durchgehend Mode/Zeitgeist und Wellenverläufe, die u.A. geprägt durch das (eigentlich/tatsächlich technische) Drumherum verschieden hoch ausfallen und entsprechend unterschiedlich bewertet werden - letzteres auch bedingt durch neue Spielergenerationen, die vorherige Wellen nicht nur nicht selbst mitgemacht haben, sondern gar nichts davon wissen oder sie zumindest nicht als solche erkennen.

(Und ob verschiedene, ja durchaus von Ihren Autoren/Verlagen geschützte, Systeme überhaupt so eine Permeabilität haben, "the best innovations  of all worlds" in sich aufzunehmen, ist noch mal eine ganz andere Frage.)

Die Frage würde sich bei einer tatsächlich (um den abgedroschenen Begriff zu verwenden:) disruptiven Innovation gar nicht stellen - die würde man mitmachen (müssen) oder wäre weg vom Fenster.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Kurna am 24.12.2021 | 01:45
Also ich muss sagen, wenn es explizit um Innovationen bei Spielmechaniken geht, dann würde ich das auch nicht unbedingt mit technischen Innovationen vergleichen, sondern eher mit unterschiedlichen Stilen in der Musikgeschichte. Der erste Rocksong oder der erste Punksong waren für mich auch innovativ, aber stellen doch eher eine neue Alternative dar als etwas gegebenes komplett zu ersetzen, wie es bei technischen Innovationen eher mal vorkommt. Was meines Erachtens unter anderem daran liegt, dass technische Innovationen eher auch objektiv fassbare Verbesserungen darstellen (können), während es bei der Musik (und genauso bei Spielmechaniken) im Wesentlichen subjektive Unterschiede sind. Zum Beispiel hat die Erfindung der Eisenbahn Geschwindigkeiten und Transportleistungen ermöglicht, die vorher im Landverkehr nicht machbar waren.

Bei Spielmechaniken wüsste ich keine, die aus sich heraus objektiv besser ist als ihre Alternativen. Die sind alle nur subjektiv besser oder schlechter. Das ändert sich erst, wenn ich Sonderbedingungen stelle. Wenn ich z.B. ein besonders feingranulares Würfelergebnis fordere, ist ein System, dass auf einem w100 basiert natürlich passender als ein auf einem W6 basierendes. Aber dann ist die dahinter liegende Forderung dann wieder subjektiv begründet.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: 6 am 24.12.2021 | 07:04
Ohne die Diskussion zu genau verfolgt zu haben, möchte ich nur kurz anmerken, das Hausrunden eine Menge haben, das die klinischen, toten Runden (jedenfalls was ich gesehen habe) tausendmal in den Schatten stellt. Deswegen sehe ich da höchstens eine Verschiebung von Erwartungen, die ebenso negativ wie positiv gebrochen werden können...  :think:
Ich zitiere mich da mal selber (im gleichen Posting. Okay. als Antwort auf YY, aber ich denke es sollte auch so verständlich sein):
"Und dann schaue ich auf die Anzahl der Klicks auf den Critical Roll-Kampagnenvideos und bemerke, das extrem viele Leute unser Hobby durch diese Zuschauerbrille kennen lernen. Ob Du persönlich das als "Verbesserung" ansiehst, ist dabei völlig irrelevant. Tatsache ist, dass sich dadurch unser Hobby insgesamt gesehen verändert. Und das ist in unserem Hobby ein "Fortschritt" (wobei ich Fortschritt als wertfreien Begriff verwende. Für mich bedeutet die Veränderung an sich. Zum Guten oder Schlechten können Andere entscheiden. Wie Du selber sagtest, auch der Übergang von Schwarzweissfilm zum Farbfilm auch kritisch betrachtet)"
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 24.12.2021 | 09:51
Die (vollständige) Verdrängung von etwas Bestehendem ist nicht Teil des Wesenskerns einer Innovation, auch wenn das bei großen Innovationen häufig passiert.

Die CD hat bspw. die Laserdisc verdrängt. Die CD hat aber weiter Ihren Markt, obwohl es MP3 und Musicstreaming gibt.
Alle vier waren Innovationen.
Letztlich wird eine Invention erst zur Innovation, wenn sie ein relevantes Bedürfnis befriedigt. Was relevant ist darüber kann man sicher wieder trefflich streiten. Aus wirtschaftlicher Sicht werden hier oft Umsatzvolumina genutzt.

In diesem Faden wird imho oft eine völlig überhöhter Innovationsbegriff verwendet.


Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 24.12.2021 | 10:05
...
In diesem Faden wird imho oft eine völlig überhöhter Innovationsbegriff verwendet.

Weil "innovativ" oder "moderrn" in ähnlichen Umständen dann öfters als werbemäßiges Qualitätskriterium an sich dargestellt wird. Und das weckt dann natürlich Ansprüche bzw. Widerspruch.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: treslibras am 24.12.2021 | 10:44
Die Frage und die zugehörige Einschränkung kamen im Kontext des Vergleiches mit Ton- und Farbfilm - eben um zu zeigen, dass es eine ähnliche flächendeckende technische Weiterentwicklung im Rollenspiel nicht gibt.

Ich will ja gerade darauf hinaus, dass Rollenspiel sehr früh sehr weit in die Breite ging, es aber eben keinen nennenswerten technisch-spielmechanischen oder auch konzeptionellen Fortschritt in dem Sinne gab, dass er so gut wie alle "modernen" Rollenspiele von allen früheren unterscheidet.


Das habe ich verstanden, aber so ist es tautologisch. D.h. Du argumentierst quasi in der Gummizelle. Damit kannst Du nichts sinnvolles zur Diskussion beitragen, außer Deine Sicht, dass das letztendlich alles die gleiche Spielart des selben Konzepts ist, durch deine limitierende Definition zu "untermauern".

Anders gesagt: Du gehst von einer möglichst allgemeingültigen, breiten Definition von Rollenspiel aus, und fragst dann "und was ist dann dazu gekommen, was da nicht hineinpasst?" (und das sind dann die einzig wichtigen Innovationen).

Das ist methodisch falsch, analog (nicht identisch!) zu einer nicht falsifizierbaren Aussage.

Das ist so als würde ich sagen, "Alle Stühle sind Sitzgelegenheiten, die gestellt werden und die Beine entlasten. Ich behaupte, es gab keine großen Innovationen in der Stuhlproduktion seit XY!" Und wenn dann jemand mit schwingenden Stühlen, Stuhlbällen oder an der Decke aufgehängten Stühlen kommt, dann kommst mit noch dem Argument "Das sind alles nur Modulationen, technische Details. Man kann auch mit traditionellen Stühlen wippen! Und außerdem hat sich dass ja nie flächendeckend durchgesetzt."

Du hast dann höchstwahrscheinlich immer recht. Aber trägst nichts zur Beleuchtung dieser Modulationen/Innovationen bei. 

Caveat: Wir sollten immer vorsichtig sein, in Analogien und Vergleichen zu arbeiten, dass passt in den seltensten Fällen gut und läd zu Missverständnissen ein. Lass uns also nicht über Stühle diskutieren, und eigentlich war auch schon der Filmindustrievergleich ziemlich hinkend.

Was ich verdeutlichen will, ist folgendes: Natürlich gibt es Definitionen, die alle Spielarten der heutigen Rollenspiele umfassen, und das ursprüngliche Modell voll umfassen. Das eignet sich sehr gut, um Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten oder Unterschiede zu anderen Freizeitbeschäftigungen zu beleuchten.
Es ist aber die schlechteste Basis, um über Innovationen innerhalb von Tabletop Rollenspielen zu sprechen.

Ich glaube, Dir geht es letztendlich um eine emotionale Verteidigung von DnD/OSR gegen in Deinen Augen ungerechte Verengungen, was man mit diesen Rollenspielen machen kann. Ich glaube, PESA nährt sich zum großen Teil auch aus so einem "Ressentiment".

Da ist auch gerade die Vorstellung, dass man in der Rollenspielsteinzeit mit den damaligen D20-Faustkeilen nur stumpfe Dungeoncrawls spielen konnte und sich davon erst weg entwickeln musste, erwiesenermaßen komplett falsch (insbesondere vom schon erwähnten "The Elusive Shift" sehr gut gezeigt).
Rollenspiel als eigenständiges, abgrenzbares Spiel(konzept) hat sich aus sehr verschiedenen Quellen gespeist und daher u.A. von Anfang an den notwendigen Spagat und unauflösbaren Konflikt zwischen Game und Story beinhaltet.

Ich kann natürlich nur für mich und meine Wahrnehmung sprechen, aber ich glaube, niemand wollte DnD und OSR abwerten, wenn sie über Fortschritt bzw. Innovationen (im Sinne von "bestimmte Dinge werden in anderen RPG anders gemacht") sprechen.

Am nähesten zu Deinem Schmerzpunkt kommt vielleicht die Argumentation, dass oDnD bestimmte Dinge explizit förderte, und bestimmte Dinge nicht. (Nochmal: das heißt nicht, dass nicht auch schon in den 70ern viele Gruppen mehr gemacht haben als "nur Dungeons Filzen"!)
Und dass viele "Innovationen" genau darauf abzielten, andere Dinge anders zu fördern.

Indem z.B. explizit beschrieben wurde, was gutes Spielleiten ist. Oder indem man die "XP für Gold für Kills"-Mechanik durch andere Regelungen ersetzt hat. Oder indem man das narrative Element explizit verstärkte, und die Anzahl und Häufigkeit von Würfelwürfen reduzierte.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 24.12.2021 | 10:46
Das ist sicherlich nicht falsch ändert aber nichts an meiner Aussage  :)

Und das Innovation im Werbesprech eher inflationär genutzt wird, wissen aber auch alle.

Edit: Bezog sich auf Marzaan
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: YY am 24.12.2021 | 11:12
Anders gesagt: Du gehst von einer möglichst allgemeingültigen, breiten Definition von Rollenspiel aus, und fragst dann "und was ist dann dazu gekommen, was da nicht hineinpasst?" (und das sind dann die einzig wichtigen Innovationen).

Das ist methodisch falsch, analog (nicht identisch!) zu einer nicht falsifizierbaren Aussage.
+
Ich glaube, Dir geht es letztendlich um eine emotionale Verteidigung von DnD/OSR gegen in Deinen Augen ungerechte Verengungen, was man mit diesen Rollenspielen machen kann.

Der Knackpunkt ist nicht die breite Definition, sondern der Blick zurück, was es damals™ schon belegtermaßen gab.
Gerade wenn jemand mit "das gab es noch nie!" ankommt, lohnt sich dieser Blick nämlich allemal - auch, um vielleicht zu beleuchten, warum es sich damals nicht durchgesetzt hat und wie man es heute ggf. besser machen könnte.

Rollenspiel war in der Frühphase quasi sofort "technisch" (d.h. spielmechanisch) unheimlich breit aufgestellt, gerade wenn man die langsamere Kommunikation und die höheren Hürden für Fanzines und andere DIY-Geschichten bedenkt.
Das betrifft ja gerade nicht nur D&D (zu dem ich im Übrigen, wenn überhaupt, eine eher negative emotionale Beziehung habe), sondern unmittelbar im Anschluss z.B. En Garde und Traveller - und dann ging die Flut an Experimenten und besseren Mausefallen los, die in den nächsten 10 Jahren so gut wie alles mal ausprobiert hat, was ggf. noch mal 10 oder 15 Jahre später jemand "neu" erfinden musste, weil er einfach schon rein biographisch bedingt nichts davon wusste.

Da verwechselt man gerne mal den eigenen "Lebensweg" als Spieler mit der Szene als Ganzes und betrachtet dann den nächsten Wellenberg als neue Entwicklung.

Indem z.B. explizit beschrieben wurde, was gutes Spielleiten ist. Oder indem man die "XP für Gold für Kills"-Mechanik durch andere Regelungen ersetzt hat. Oder indem man das narrative Element explizit verstärkte, und die Anzahl und Häufigkeit von Würfelwürfen reduzierte.

Genau diese Betrachtungen gab es schon im Vorfeld (!) von D&D und natürlich mit der großen Verbreitung des Hobbys noch mal - und da haben die alten Hasen schon gestöhnt und gesagt "Ist doch alles längst geklärt" ;)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 24.12.2021 | 11:35
Ich glaube, Dir geht es letztendlich um eine emotionale Verteidigung von DnD/OSR gegen in Deinen Augen ungerechte Verengungen, was man mit diesen Rollenspielen machen kann. Ich glaube, PESA nährt sich zum großen Teil auch aus so einem "Ressentiment".

"Die Projektgruppe Ergebnisoffenheit, Selbermachen und Abenteuer ist ein deutschlandweiter Zusammenschluß von Mitgliedern des NEXUS e. V. zur Förderung der DIY- und Abenteuerspielkultur. Als Abenteuerspiele verstehen wir alle Elemente der Fantastik, die es den Spielern ermöglichen, spannende und abenteuerliche Dinge zu erleben. Dabei werden insbesondere die Spiele, Rollenspiele und Spielformen gefördert, die einen ergebnisoffenen Verlauf des Spielgeschehens ausdrücklich befürworten und zum Ziele haben, sowie die Förderung aller Selbermachkulturen."

Das ist Kern der PESA. Ergebnisoffenheit, Selbermachen, Abenteuer werden gefördert.

Dass in der Diskussion gerne die historisch belegten Spielformen aus der" Gründerzeit"  ignoriert werden, lässt sich auch gut belegen, ist aber auch gar nicht so wichtig.

Die Frage, die ich mir stelle ist ob eine Aussage wie "D&D 5e ist fortschrittlicher als OD&D" wahr ist/sein kann.

Was trivialerweise wahr ist, dass 5e mehr der gängige Mode entspricht (moderner ist). Ebenfalls wahr scheint mir, dass 5e auf der Zeitachse "fortgeschritten" ist.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 24.12.2021 | 11:37
@ YY
Es bestreitet ja auch keiner, dass in den ersten 10 Jahren des Hobbys unglaublich viel passiert ist und das da viel entstanden ist, was wir heute noch nutzen.
Aber es ist genauso abwegig zu sagen danach kam nichts mehr.

Beispiele wurden genannt.

z.B. Gummipunkte
Die müssen eben nicht in jedem modernen RPG vorkommen um als Innovation zu gelten. Sonst wäre die aktive Parade damals bei En Gard ja auch keine gewesen  ;)

Und die Behauptung eigentlich ist alles DnD ist allemal streitbar, weil es eben schon in den 70ern Systeme gab, die sich da deutlich abgrenzten.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 24.12.2021 | 11:42
Zitat von: Ma tetz


Und die Behauptung eigentlich ist alles DnD ist allemal streitbar, weil es eben schon in den 70ern Systeme gab, die sich da deutlich abgrenzten.

Wobei sowohl bei RuneQuest als auch Traveller klar zu erkennen ist, dass sich an D&D abgearbeitet wird.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: YY am 24.12.2021 | 11:49
Beispiele wurden genannt.

z.B. Gummipunkte
Die müssen eben nicht in jedem modernen RPG vorkommen um als Innovation zu gelten.

Wann gab es die denn zuerst? ;)
Das ist doch ein Paradebeispiel für Mechaniken, die schon vor einer kleinen Ewigkeit eben in genau jenem Zeitfenster der ersten großen Entwicklungsschwemme erdacht wurden.

Und ich habe nicht gesagt, dass danach nichts mehr kam, sondern dass vieles, was danach kam, eine (ggf. stärker ausgeprägte) Wiederholung früherer Entwicklungen war.
Dass es Moden in der spielmechanischen Entwicklung gibt, ist ja recht offensichtlich.

Und die Behauptung eigentlich ist alles DnD ist allemal streitbar, weil es eben schon in den 70ern Systeme gab, die sich da deutlich abgrenzten.

Die kam allerdings nicht von mir.
Ich stelle da - wenn überhaupt - eher auf die frühe Dualität und die enormen spielmechanischen und konzeptionellen Unterschiede von D&D und Traveller ab. Aber eigentlich darf und sollte man dann auch auf ein paar recht zeitnah folgende Systeme schauen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 24.12.2021 | 12:00

Die kam allerdings nicht von mir.
Ich stelle da - wenn überhaupt - eher auf die frühe Dualität und die enormen spielmechanischen und konzeptionellen Unterschiede von D&D und Traveller ab. Aber eigentlich darf und sollte man dann auch auf ein paar recht zeitnah folgende Systeme schauen.

Die Behauptung gab es noch von niemandem ernsthaft. Eingänglich habe ich auf eine Provokation von Jiba augenzwinkernd geschrieben, alles sei nur ein D&D Homebrew.

Historisch halte ich es weiterhin für hilfreich von D&D, RuneQuest und Traveller aus zu denken. Hat zumindest eine recht hohe Erklärkraft.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: nobody@home am 24.12.2021 | 12:30
Historisch halte ich es weiterhin für hilfreich von D&D, RuneQuest und Traveller aus zu denken. Hat zumindest eine recht hohe Erklärkraft.

Und sind nebenbei alle drei neben einer Vielzahl anderer früher Systeme noch solche, in denen man seinen Charakter schön brav "auswürfelt", weil der Gedanke, bei der Charaktererstellung auch mal ohne Zufallselement auszukommen und einfach zu spielen, was man von vornherein wollte, in der Frühzeit des Hobbys zumindest bei den jeweiligen offiziellen Regelmachern (wie individuelle Gruppen das für sich am Tisch separat verhausregelt haben mögen, ist sicher historisch interessant, aber für eine "Innovations"diskussion vermutlich weniger relevant) in der Form scheinbar noch gar nicht aufgekommen ist. In dem Punkt hat sich also, denke ich, zum Beispiel schon ganz objektiv etwas getan.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 24.12.2021 | 12:43
Und sind nebenbei alle drei neben einer Vielzahl anderer früher Systeme noch solche, in denen man seinen Charakter schön brav "auswürfelt", weil der Gedanke, bei der Charaktererstellung auch mal ohne Zufallselement auszukommen und einfach zu spielen, was man von vornherein wollte, in der Frühzeit des Hobbys zumindest bei den jeweiligen offiziellen Regelmachern (wie individuelle Gruppen das für sich am Tisch separat verhausregelt haben mögen, ist sicher historisch interessant, aber für eine "Innovations"diskussion vermutlich weniger relevant) in der Form scheinbar noch gar nicht aufgekommen ist. In dem Punkt hat sich also, denke ich, zum Beispiel schon ganz objektiv etwas getan.

Du ordnest das gleich ideologisch ein. Eine Figur bei Classic Traveller ist z.B. deutlich schneller erstellt als bei Traveller: New Era. TNE erlaubt dir dafür mehr zu "basteln".
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: nobody@home am 24.12.2021 | 13:35
Du ordnest das gleich ideologisch ein. Eine Figur bei Classic Traveller ist z.B. deutlich schneller erstellt als bei Traveller: New Era. TNE erlaubt dir dafür mehr zu "basteln".

Ich stelle eine historische Tatsache fest (jedenfalls im Rahmen meiner persönlichen Erfahrung -- bis mal tatsächlich auch nur ein Rollenspiel in meinem Gesichtsfeld aufgetaucht ist, das mit der "natürlich werden Charaktere ausgewürfelt"-Gewohnheit gebrochen hat, sind mit Sachen wie DSA1, Mentzer-D&D, Midgard, frühem Traveller usw. schon ein paar erste Jahre vergangen). Woher da ein "ideologisches" Element überhaupt kommen soll, müßtest du mir erst einmal erklären.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 24.12.2021 | 13:42
Ich stelle eine historische Tatsache fest (jedenfalls im Rahmen meiner persönlichen Erfahrung -- bis mal tatsächlich auch nur ein Rollenspiel in meinem Gesichtsfeld aufgetaucht ist, das mit der "natürlich werden Charaktere ausgewürfelt"-Gewohnheit gebrochen hat, sind mit Sachen wie DSA1, Mentzer-D&D, Midgard, frühem Traveller usw. schon ein paar erste Jahre vergangen). Woher da ein "ideologisches" Element überhaupt kommen soll, müßtest du mir erst einmal erklären.

Figuren werden vorher "schön brav ausgewürfelt" schreibst du und suggerierst, es handelte sich um Fortschritt.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: nobody@home am 24.12.2021 | 14:29
Figuren werden vorher "schön brav ausgewürfelt" schreibst du und suggerierst, es handelte sich um Fortschritt.

Ist es das denn nicht? Wenn ich schon ein Charakterkonzept im Kopf habe, das ich gerne spielen möchte, dann ist das beste Ergebnis, auf das ich bei einer Zufallsmethode hoffen kann, doch nur, daß sie mir durch pures Glück mal keine Knüppel zwischen die Beine wirft(*). Ist mir umgekehrt eh egal, wen ich spielen soll, Hauptsache, irgendwen überhaupt...dann ist das mit einem zufallsbefreiten "reinen" Bausystem immer noch kompatibler als der Zufallsansatz mit der vorigen Position.

(*) Tatsächlich drängt sich mir da eine gewisse konzeptionelle Ähnlichkeit zum klassischen Bogosort (https://de.wikipedia.org/wiki/Bogosort)-Algorithmus auf; der besteht im Wesentlichen auch darin, Elemente einer unsortierten Liste ohne Anschauen einfach so lange rein zufällig zu vertauschen, bis hoffentlich irgendwann mal ein sortiertes und damit das gewünschte Ergebnis herauskommt...
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ArneBab am 24.12.2021 | 14:39
Im Grunde gibts bis jetzt nur RPG's, zumindest solche die ich kenne, die 1-2 Seiten haben: Spieler*in und Leitung. Manchmal wird die Leitung durch eine Mechanik gesteuert oder die Rechte werden aufgeteilt. Eine Veränderung wäre beispielsweise eine dritte Seite zu etabilieren: das Publikum und dieses dann auch Spielmechanisch zu verankern.
Damit rückt es dann näher ans Theater — nachdem inzwischen Runden Geld durch Streaming verdienen, wäre das eine plausible Entwicklung. Für Streamer-Systeme.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ArneBab am 24.12.2021 | 14:46
Ich sehe deutliche Innovationen darin, dass bestimmte Kampagnenkonzepte mit neueren Systemen besser gehen.

Unsere aktuelle Science-Fiction Runde mit Fate würde mit DnD oder Traveller nicht so laufen wie mit Fate.
Ob sie jetzt besser läuft ist Bewertungsfrage. Dass sie anders laufen würde, dürfte aber unstrittig sein.
Für all die, die sich diesen Ablauf wünschen, ist Fate ein Fortschritt gegenüber DnD.

Die Breite der nach den kanonischen Regeln spielbaren Kampagnen hat sich erhöht.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Eismann am 24.12.2021 | 14:49
Damit rückt es dann näher ans Theater — nachdem inzwischen Runden Geld durch Streaming verdienen, wäre das eine plausible Entwicklung. Für Streamer-Systeme.

Das wird ja durchaus bereits praktiziert. Bei einigen Formaten der Rocketbeans können bestimmte Details im Spiel durch Onlineabstimmungen etc. beeinflusst werden.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: HEXer am 24.12.2021 | 15:28
Yep. Auch bei Kollock1991 für Kids on Bikes war das so.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 24.12.2021 | 15:54
So langsam drängt mir da Bild auf, dass Wrestlings shows und Sportfilme in Kino auch als eine "Innovation" gesehen würden, welche das lahme Sport selbst schauen oder gar selbst machen berechtigterweise ablösen.

Was machen die Streamer? Sie ziehen aus einer von Beteiligung lebenden Handlung das Produkt eines passives Konsumgut. Das hat dann mit Rollenspiel selbst denke ich absolut nichts zu tun.
Wenn das Klicks gäbe, würden die genauso vor der Kamera häkeln.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Eismann am 24.12.2021 | 16:06
Das kann man vermutlich über fast jede Kultur- oder Kunstform sagen, die Zuschauer anzieht.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Pyromancer am 24.12.2021 | 17:20
Ist es das denn nicht?

Punktkaufsysteme sind in sofern kein Fortschritt, als ja in der Ursuppe der Rollenspielvorläufer Punktkaufsysteme vorhanden waren. Und das ist tatsächlich eine Entscheidung, die sich mir nicht erschließt: Warum ist man bei D&D zur Zufallserschaffung übergegangen? Hat hier jemand historische Einblicke?
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Jiba am 26.12.2021 | 21:18
Ist Biebers My Girl denn fortschrittlicher als Queens Bicycle Girl?

Ich nehme an, du meinst folgende Songs: Justin Biebers "Favorite Girl" (?) und Queens "Bicylce Race". Was natürlich die Frage aufwirft, was du da vergleichen willst und wo bereits die Wahl der Vergleichsobjekte eine Wertung suggerieren kann. "Favorite Girl" war kein Nummer-1-Hit von Bieber, "Bicycle Race" keiner von Queen. Letzterer war wegen des Musikvideos einigermaßen kontrovers. Wenn wir also den Wert dieser Künstler und ihrer Werke bewerten wollten, dann sollten wir die Beispiele entsprechend wählen, dass sie auch vergleichbar sind. Besonders wenn wir noch Beethovens 9te da mit reinwerfen. Also, ist jetzt Beethovens 9te das fortschrittlichere Musikstück oder Queens "Bohemian Rhapsody"? Und: Unter welchen Gesichtspunkten eigentlich.

Was ich sagen will: Schon die Wahl der zu vergleichenden Datenpunkte kann dazu führen, dass wir gewichtete Aussagen erstellen.

Zitat
"Die Projektgruppe Ergebnisoffenheit, Selbermachen und Abenteuer ist ein deutschlandweiter Zusammenschluß von Mitgliedern des NEXUS e. V. zur Förderung der DIY- und Abenteuerspielkultur. Als Abenteuerspiele verstehen wir alle Elemente der Fantastik, die es den Spielern ermöglichen, spannende und abenteuerliche Dinge zu erleben. Dabei werden insbesondere die Spiele, Rollenspiele und Spielformen gefördert, die einen ergebnisoffenen Verlauf des Spielgeschehens ausdrücklich befürworten und zum Ziele haben, sowie die Förderung aller Selbermachkulturen."
Und warum sind dann das "Idee!"-Rollenspiel oder Fate nicht PESA-approved?  ;)
Nein, müssen sie auch nicht, denn schon was "spannend", "ergebnisoffen", "abenteuerlich" oder sogar "selbermachen" im Rollenspielkontext heißt... darüber kann doch trefflich gestritten werden und das ist subjektiven Setzungen ohne Allgemeinheitsanspruch unterworfen. Wie eben auch, was wir unter "fortschrittlich" verstehen.  :)

Damit rückt es dann näher ans Theater — nachdem inzwischen Runden Geld durch Streaming verdienen, wäre das eine plausible Entwicklung. Für Streamer-Systeme.
Danke, dass mal wer diese Verbindung anspricht. Obwohl ich statt von "Theater" im Zusammenhang mit Actual-Play-Streams vielleicht eher von "Performances" sprechen würde. Für die klassische Theater-Situation fehlen einfach bestimmte Elemente, würde ich sagen. Etwa ein physisch anwesendes Publikum, ein im Vorfeld einstudierter Text, das Fehlen einer "Post-Production", also Schnitt, Nachvertonung, SFX, Bildschirmtext, etc.

Trotzdem: Auch wenn das im frühen D&D natürlich nicht explizit intendiert wurde, meines Verständnisses nach, dann ist der Teil des Rollenspiels, der fiktionale Inhalte am Tisch erschafft, nicht nur diegetisch (erzählerisch beschreibend) sondern auch mimetisch (gestisch/sprachlich nachahmend, schauspielerisch darstellend). In der Art, wie Rollenspiel üblicherweise gespielt wird, bleibt es nicht aus, dass wir schauspielern. Vielleicht schauspielern wir nicht "gut". Aber gerade wenn wir eine Immersion im Spiel anstreben, ist das Versenken in eine fremde Rolle eine Nachahmende, mimetische Handlung.

Da ist es auch nicht verwunderlich, dass aus dieser Richtung Einflüsse ins Hobby eingesickert sind, die abseits des im Ur-D&D ausformulierten Modellierens der Spielwelt liegen. Die ganze Traditionslinie Schauspiel => Improtheater => Character Play => Storygaming wäre ja so ein Einfluss von außen.

Insofern würde ich das hier
Zitat
Was machen die Streamer? Sie ziehen aus einer von Beteiligung lebenden Handlung das Produkt eines passives Konsumgut. Das hat dann mit Rollenspiel selbst denke ich absolut nichts zu tun.
Wenn das Klicks gäbe, würden die genauso vor der Kamera häkeln.
als Zuspitzung verstehen. Schauspiel ist natürlich auch eine Handlung, die von Beteiligung lebt, weil die Spielenden, egal ob auf der Bühne, am Filmset, im Comedy-Club oder im Impro-Workshop, natürlich auch etwas tun müssen, damit Schauspiel stattfindet. Trotzdem würden wir ja nicht auf die Idee kommen, das Anschauen eines Theaterstücke oder Films grundsätzlich moralisch als etwas Verwerfliches zu bewerten ("Schaut euch diese Schauspieler bei 'Breaking Bad' an, die wollen doch nur Geld verdienen! Und Spielberg, Nolan und Anderson würden auch jemanden beim Häkeln filmen, wenn sie dafür Geld bekämen!").

Rollenspiele sind eben keine Sportveranstaltungen. Sport ist Sport. Rollenspiel ist Rollenspiel. Sport produziert aus sich selbst heraus keine fiktionalen Inhalte. Rollenspiel tut das. Und beides ist für Zuschauende attraktiv. (Und "Wrestling Shows" sind ein besonders schlechtes Beispiel, weil die natürlich auch eben "Shows" sind, also Performances).

Ganz ehrlich, vom kommerziellen Aspekt von Actual-Play-Streaming aus kann man natürlich seine Kunst- und Konsumkritik anbringen... aber dass solche Formate mit "Rollenspiel selbst" nichts zu tun hätten, das ist angesichts der unverbrüchlichen Verbindung zwischen dem "Spiel"- und dem "Rollen"-Aspekt von RPG eben einfach nicht richtig.

Ja, ich finde letztlich war es nur eine Frage der Zeit, bis jemand eine Rollenspielrunde mit hohem Unterhaltungswert vor der Kamera leiten würde und sich das Leute anschauen. Dass Rollenspiel als Performance funktioniert, folgt ganz zwingend daraus was Rollenspiel (auch) ist. Und dass das sogar eine Geldquelle destillieren kann, das ist letztlich nicht verwerflich, weil man aus allem, was man performativ vor Zuschauern tut, eine Geldquelle machen kann.

Die Critical-Role-Crew würde sich eben nicht häkelnd vor die Kamera setzen, weil die (mutmaßlich) Häkeln eben nicht so gut beherrschen wie Voice Acting (und vermutlich auch selbst nicht so einen großen Spaß daran hätten... ich meine Matt Mercer hat ja nicht erst "für die Kamera" mit Rollenspiel angefangen, sondern das auch zuvor schon als Hobby betrieben).
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 26.12.2021 | 21:43
Insofern würde ich das hierals Zuspitzung verstehen. Schauspiel ist natürlich auch eine Handlung, die von Beteiligung lebt, weil die Spielenden, egal ob auf der Bühne, am Filmset, im Comedy-Club oder im Impro-Workshop, natürlich auch etwas tun müssen, damit Schauspiel stattfindet. Trotzdem würden wir ja nicht auf die Idee kommen, das Anschauen eines Theaterstücke oder Films grundsätzlich moralisch als etwas Verwerfliches zu bewerten ("Schaut euch diese Schauspieler bei 'Breaking Bad' an, die wollen doch nur Geld verdienen! Und Spielberg, Nolan und Anderson würden auch jemanden beim Häkeln filmen, wenn sie dafür Geld bekämen!").

Rollenspiele sind eben keine Sportveranstaltungen. Sport ist Sport. Rollenspiel ist Rollenspiel. Sport produziert aus sich selbst heraus keine fiktionalen Inhalte. Rollenspiel tut das. Und beides ist für Zuschauende attraktiv. (Und "Wrestling Shows" sind ein besonders schlechtes Beispiel, weil die natürlich auch eben "Shows" sind, also Performances).

Ganz ehrlich, vom kommerziellen Aspekt von Actual-Play-Streaming aus kann man natürlich seine Kunst- und Konsumkritik anbringen... aber dass solche Formate mit "Rollenspiel selbst" nichts zu tun hätten, das ist angesichts der unverbrüchlichen Verbindung zwischen dem "Spiel"- und dem "Rollen"-Aspekt von RPG eben einfach nicht richtig.

Ja, ich finde letztlich war es nur eine Frage der Zeit, bis jemand eine Rollenspielrunde mit hohem Unterhaltungswert vor der Kamera leiten würde und sich das Leute anschauen. Dass Rollenspiel als Performance funktioniert, folgt ganz zwingend daraus was Rollenspiel (auch) ist. Und dass das sogar eine Geldquelle destillieren kann, das ist letztlich nicht verwerflich, weil man aus allem, was man performativ vor Zuschauern tut, eine Geldquelle machen kann.

Die Critical-Role-Crew würde sich eben nicht häkelnd vor die Kamera setzen, weil die (mutmaßlich) Häkeln eben nicht so gut beherrschen wie Voice Acting (und vermutlich auch selbst nicht so einen großen Spaß daran hätten... ich meine Matt Mercer hat ja nicht erst "für die Kamera" mit Rollenspiel angefangen, sondern das auch zuvor schon als Hobby betrieben).

Es ging mir an der Stelle um den Aspekt "ist streamen eine Innovation fürs Rollenspiel".
Und meine Aussage dazu war: Das Streamen hat mit dem Rollenspiel gar nichts zu tun.
Rollenspiel ist und bleibt, was die Leute am Spieltisch machen (oder je nach Art ist auch das schon diskutabel und sieht nur so aus.) Aber ob das jetzt jemand aufnimmt und sendet oder nicht (oder ib das jetzt jemand überhaupt schaut) , hat da nichts weiter mit dem Thema Rollenspiel an sich zu tun. 
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 26.12.2021 | 22:22

Und warum sind dann das "Idee!"-Rollenspiel oder Fate nicht PESA-approved?  ;)


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Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Bubblegum am 26.12.2021 | 22:48
"genehmigt"?
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Alexandro am 26.12.2021 | 23:08
So langsam drängt mir da Bild auf, dass Wrestlings shows und Sportfilme in Kino auch als eine "Innovation" gesehen würden, welche das lahme Sport selbst schauen oder gar selbst machen berechtigterweise ablösen.

Was machen die Streamer? Sie ziehen aus einer von Beteiligung lebenden Handlung das Produkt eines passives Konsumgut. Das hat dann mit Rollenspiel selbst denke ich absolut nichts zu tun.
Wenn das Klicks gäbe, würden die genauso vor der Kamera häkeln.

Die Analogie ist ziemlich kaputt.

1) Sport schauen ist erstmal auch ein sehr passives Konsumgut (eher was für Gewohnheitstiere oder das "Drumherum" - die Veranstaltungen z.B. der Bundesliga sind es schon lange nicht mehr wert angeschaut zu werden - persönliches Investment habe ich nicht zu kickenden Millionären, sondern eher im Kreisligaspiel der Mannschaft meiner Cousinen).
2) Der Sportfilm wäre dem überlegen, wenn dieser nicht seit mehr als 70 Jahren die selbe Geschichte erzählen würde und sich dabei nicht weiterentwickelt hätte (Sport-Serien sind da dankbarer, weil sie allein durch ihre Sendestruktur gezwungen sind, die "Formel" des Sportfilms aufzubrechen).
3) Trotz allem werden Filme über Sport als "Sportfilme" bezeichnet, das Genre wird "Sport" zugehörig betrachtet (so wird z.B. "Rocky" beim Austausch über Filme als "Boxerfilm" bezeichnet und nicht (wie es korrekter wäre) als "im Boxermilieu angesiedelte Soap").
4) In der Regel sind diese Filme immer noch weniger fabriziert und künstlich, als die durchschnittliche Massensportveranstaltung

Wenn also Sportfilme umgangssprachlich der Kategorie Sport zugerechnet werden und Sport das Definierende ist, was diese Filme ausmacht... warum sollten dann Rollenspielstreams nicht dem Rollenspiel zugerechnet werden? Dass Leuten beim Rollenspiel zuzuschauen nicht dasselbe ist wie es auszuüben ist klar (genau wie Sport schauen (egal ob fiktiv oder semi-fiktiv) nicht dasselbe ist, wie selber Sport zu betreiben), aber die Sachen stehen ja nicht in Konkurrenz (sich Bundesligaspiele anzuschauen hält dich nicht davon ab selber auf dem Bolzplatz zu toben und viele Leute in meinem Bekanntenkreis sind durch CR zu eigenen Rollenspielrunden gekommen, das ist eher etwas, was sich gegenseitig befruchtet, als dass es streng getrennt wäre).
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Zed am 26.12.2021 | 23:20
"genehmigt"?
Ja, Bubblegum, "genehmigt".

Du bist gerade Zeugin eines hier länger existierenden Dissens', ob/welches Rollenspielsystem der Höhepunkt der Rollenspielhistorie darstellt und welche Systeme nur Schwundstufen (https://pesa-nexus.de/pesa-genehmigte-abenteuerspiele/) des Urvatersystemes sind. In meinen Augen argumentiert eine Seite, die aus gebildeten, eloquenten, hochinteressanten Diskutanten (https://pesa-nexus.de/category/zock-bock-radio/) besteht, überspitzt gesagt bei diesem Thema mit religiösem Eifer.

Du kannst Dir aber vielleicht selbst ein Bild machen, wenn Du Lust hast, an ihren Auslegungs- und Diskussionsrunden zum Spielleiterhandbuch des ersten AD&D teilzunehmen (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,120807.0.html).
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 26.12.2021 | 23:26
Die Analogie ist ziemlich kaputt.
...

Ich hätte wohl noch mehr Lehrzeilen dazwischen machen müssen um das als 2 Aussagen zu kennzeichnen... 

Die erste bezog sich auf den Hype der "richtigen Story" über die ursprüngliche Aktivität.
Die zweite bezog sich darauf, dass der Umstand der medialen Sekundärverwertung an sich nichts an der ursprünglichen Aktivität ändert, also da auch keine "In
novation" zu sein kann.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 26.12.2021 | 23:28
@ YY: Wann in welchem RPG gab des denn die ersten Gummipunkte? Ich lerne gerne dazu. In meiner Wahrnehmung ist das Post 2000er Spieldesign, aber ich bin da sicherlich kein Fachmann, mit zig Uraltsystemen im Regal (no Offense :) )

Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 26.12.2021 | 23:28
Ja, Bubblegum, "genehmigt".

Du bist gerade Zeugin eines hier länger existierenden Dissens', ob/welches Rollenspielsystem der Höhepunkt der Rollenspielhistorie darstellt und welche Systeme nur Schwundstufen (https://pesa-nexus.de/pesa-genehmigte-abenteuerspiele/) des Urvatersystemes sind. In meinen Augen argumentiert eine Seite, die aus gebildeten, eloquenten, hochinteressanten Diskutanten (https://pesa-nexus.de/category/zock-bock-radio/) besteht, überspitzt gesagt bei diesem Thema mit religiösem Eifer.

Du kannst Dir aber vielleicht selbst ein Bild machen, wenn Du Lust hast, an ihren Auslegungs- und Diskussionsrunden zum Spielleiterhandbuch des ersten AD&D teilzunehmen (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,120807.0.html).

Dein religiöses Framing ist gerade zu Weihnachten fast schon rührend. :)

@bubblegum

Das ganze hatte zu Beginn starke satirische Züge. Die Wurzeln dessen sind immer noch zu erkennen und auch irgendwo beschrieben. Die Empfehlungen sollten aber hoffentlich selbsterklärend sein; es wird erklärt, welche Kriterien diskutiert und kommentiert werden und die "Gestalt" der Idee ist jenseits von Stilmitteln erkennbar. Zeds Zusammenfassung ist jedenfalls falsch. :)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Alexandro am 26.12.2021 | 23:36
Zitat
Die zweite bezog sich darauf, dass der Umstand der medialen Sekundärverwertung an sich nichts an der ursprünglichen Aktivität ändert, also da auch keine "In
novation" zu sein kann.

Nicht für die Art wie die Personen spielen, nichtmal durch den Konsum selbst... allein durch die Permanenz einer Spielrunde, dass man sie in der Gesamtheit mitverfolgen kann und nicht auf (subjektive) Erzählungen und Anekdoten angewiesen ist (oder das nachträgliche framing in der eigenen Erinnerung). Und dass man dadurch sich einzelne Momente anschauen kann (so wie beim "play-by-play" in der Sportschau) und sich darüber Gedanken machen kann "Was ist da eigentlich gerade passiert (und warum)?". Das passiert bei einer nicht-aufgezeichneten Runde in der Regel nicht.

Ist jetzt keine große Innovation und (imo) auch keine, welche auf lange Sicht groß etwas an der Art wie wir das Hobby betreiben ändern wird, aber es ist schon eine Innovation und sollte daher zumindest erwähnt werden.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Zed am 26.12.2021 | 23:37
Zeds Zusammenfassung ist jedenfalls falsch. :)
Zu wieviel Prozent und an welcher Stelle ist's am falschesten?
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: RackNar am 26.12.2021 | 23:38
@ YY: Wann in welchem RPG gab des denn die ersten Gummipunkte? Ich lerne gerne dazu. In meiner Wahrnehmung ist das Post 2000er Spieldesign, aber ich bin da sicherlich kein Fachmann, mit zig Uraltsystemen im Regal (no Offense :) )


Wenn man die Schicksalspunkt von Wahrhammer dazu nimmt, auf jeden Fall weit vor 2000
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Runenstahl am 26.12.2021 | 23:41
Guter Fund ! Das Jahr war übrigens 1986.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 26.12.2021 | 23:45
Zu wieviel Prozent und an welcher Stelle ist's am falschesten?

Ich packe es mal in Spoilertags.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Zed am 26.12.2021 | 23:47
Danke, hassran!
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 26.12.2021 | 23:49
@ Runenstahl und RackNar
Danke das war doch mal konkret. WiedeR was gelernt.   Auch wenn das im Sinne der Diskussion immer noch deutlich  nach den ersten 10 Jahren liegt. :)

@ Hassran: Mir geht es überhaupt nicht um eine Diskussion über Höhepunkte der Rollenspielentwicklung. Aber ich glaube wir beide haben einen grundsätzlich verschiedenen Innovationsbegriff.

Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: nobody@home am 26.12.2021 | 23:50
@ YY: Wann in welchem RPG gab des denn die ersten Gummipunkte? Ich lerne gerne dazu. In meiner Wahrnehmung ist das Post 2000er Spieldesign, aber ich bin da sicherlich kein Fachmann, mit zig Uraltsystemen im Regal (no Offense :) )

Im ollen Marvel Super Heroes von TSR höchstselbst (englische Basisversion Jahrgang 1984) gab's schon sehr definitiv "Karma", das man sich durch angemessen superheldiges Verhalten verdienen und durch zuwenig Heldenperformance auch wieder verlieren konnte und das unter anderem zum theoretisch fast beliebigen Modifizieren von (prozentbasierten) Würfelwürfen da war. Und ich vermute zumindest, daß das noch nicht das Erste seiner Art war.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: takti der blonde? am 26.12.2021 | 23:59

@ Hassran: Mir geht es überhaupt nicht um eine Diskussion über Höhepunkte der Rollenspielentwicklung. Aber ich glaube wir beide haben einen grundsätzlich verschiedenen Innovationsbegriff.

Ich vermute sogar, bei Innovation kommen wir auf einen gemeinsamen Nenner. Z.B. sowas wie "Spiel X enthält Element Y zum ersten Mal in publizierter Form." Gummipunkte, Skills etc. lassen sich ja datieren.

Ich bin nur nicht überzeugt davon, ob etwas davon einen Fortschritt darstellt. Auch weil Fortschritt an sich deutlich schwieriger zu definieren ist.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 27.12.2021 | 00:00
ok 1984 wer bietet mehr? ( weniger) :)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 27.12.2021 | 00:07
Nicht für die Art wie die Personen spielen, nichtmal durch den Konsum selbst... allein durch die Permanenz einer Spielrunde, dass man sie in der Gesamtheit mitverfolgen kann und nicht auf (subjektive) Erzählungen und Anekdoten angewiesen ist (oder das nachträgliche framing in der eigenen Erinnerung). Und dass man dadurch sich einzelne Momente anschauen kann (so wie beim "play-by-play" in der Sportschau) und sich darüber Gedanken machen kann "Was ist da eigentlich gerade passiert (und warum)?". Das passiert bei einer nicht-aufgezeichneten Runde in der Regel nicht.

Ist jetzt keine große Innovation und (imo) auch keine, welche auf lange Sicht groß etwas an der Art wie wir das Hobby betreiben ändern wird, aber es ist schon eine Innovation und sollte daher zumindest erwähnt werden.

Ich sehe da gerade keine Innovation des Rollenspiels, sondern eine davon unabhängige neue Art der Sekundärnutzung.

Aus irgendwelchen alten Flaschen eine Art Xylophon zu basteln ist eine Innovation, aber nicht für die Flaschenherstellung.

Und private Kassettenmitschnitte von Spielrunden waren sehr selten, aber nicht unbekannt.


Ich vermute sogar, bei Innovation kommen wir auf einen gemeinsamen Nenner. Z.B. sowas wie "Spiel X enthält Element Y zum ersten Mal in publizierter Form." Gummipunkte, Skills etc. lassen sich ja datieren.

Ich bin nur nicht überzeugt davon, ob etwas davon einen Fortschritt darstellt. Auch weil Fortschritt an sich deutlich schwieriger zu definieren ist.

Für Fortschritt muss ein entsprechendes Bedürfnis zumindest eines Teils der bestehenden "Kunden" besser erfüllt werden als die bisherigen Lösungen.
Und irgend wann beginnen sich die Bedürfnisse nicht nur unterschiedlich zu gewichten, sondern schließen sich neue Bedürfnisse mit alten sogar aus. Dann haben wir wohl ein neues Produkt, welches seine eigene Innovationshistorie beginnt.
Oder wenn D&D von Chainmail abstammt, reden wir ja trotzdem nicht von innovativem Chainmail, sondern eben dem ersten formellen Rollenspiel.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 27.12.2021 | 00:17
@ Hassran:
Ja Fortschritt ist schwer zu definieren, weil es wertend ist. Aber vom Kundenbedürfnis aus betrachtet, gab es in den letzten 40 Jahren mit Sicherheit Fortschritte.
In dem Sinn, dass die individuellen Kundenbedürfnisse besser befriedigt wurden (Diversifizierung bzw. Spezialisierung).

@Maarzan:
Es ist ein Merkmal von Innovation neue Märkte/Kundenkreise zu erschließen. Ich sehe da kein  Ausschlusskriterium. Insbesondere wenn Konsumenten (Zuschauer) potentiell zu Akteuren (Spielern) werden. Das ist letztlich ein innovativer Werbekanal.

Edit: Eine bessere Verfügbarkeit/Zugänglichkeit von etwas Bestehendem kann auch innovativ sein.

Und ja sorry Innovationsförderung ist mein Job :)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 27.12.2021 | 00:40
@Maarzan:
Es ist ein Merkmal von Innovation neue Märkte/Kundenkreise zu erschließen. Ich sehe da kein  Ausschlusskriterium. Insbesondere wenn Konsumenten (Zuschauer) potentiell zu Akteuren (Spielern) werden. Das ist letztlich ein innovativer Werbekanal.

Edit: Eine bessere Verfügbarkeit/Zugänglichkeit von etwas Bestehendem kann auch innovativ sein.

Und ja sorry Innovationsförderung ist mein Job :)

Wenn man es dann weit genug treibt, ist das Pizzataxi dann auch eine Rollenspielinnovation, immerhin spart man Zeit selber zu kochen, die man so länger spielen kann und kann trotzdem zahlreiche verschiedene Geschmäcker gleichzeitig befriedigen.
Oder die Einführung des Schülertickets im ÖPNV etc.

DSA wäe alleine dadurch schon mit DSA1 bahnbrechend innovativ, da es nun in Kaufhäusern erhältlich war.

Wenn eine Innovation neue Märkte erschließt unter Ausschluss eines guten Teils der alten Kunden, würde ich schon mal genauer hinschauen, ob das eine Innovation des alten oder doch ein abgeleitetes neues Produkt ist.
Wie geschrieben: D&D ist dann eben doch etwas anderes als Chainmail und auch Magic ist kein Rollenspiel, auch wenn es aus einer ähnlichen Ursuppe kommt.

Mich deucht so eine Vorstellung von Innovation ohne Produktbezug ist vielleicht Innovation, aber meinem Empfinden nach nicht des Produkts.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: ArneBab am 27.12.2021 | 00:56
DSA wäe alleine dadurch schon mit DSA1 bahnbrechend innovativ, da es nun in Kaufhäusern erhältlich war.
Ich würde sagen: Das war es. Ich denke durch DSA hatte Rollenspiel in Deutschland nie so ein Schmuddelimage wie in den USA. Es war ja, was Eltern ihren Kindern schenkten, weil sie es im Laden sahen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 27.12.2021 | 01:32
DSA hat, ob man es mag oder nicht, zumindest einen gewissen Spielstil etabliert. Da es aber letztlich nur die aktuelle  Entwicklung des Marktes  nachvollzogen hat ( Dragonlance) und bei anderen System geklaut hat war DSA 1 keine Innovation. Die 3W20 Probe war neu und irgendwie Innovativ ( auch wenn ich sie nicht mag).
Der Pizzalieferservice war eine Innovation. Mit Rollenspiel hatte die aber nichts zu tun :).

Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 27.12.2021 | 09:46
DSA hat, ob man es mag oder nicht, zumindest einen gewissen Spielstil etabliert. Da es aber letztlich nur die aktuelle  Entwicklung des Marktes  nachvollzogen hat ( Dragonlance) und bei anderen System geklaut hat war DSA 1 keine Innovation. Die 3W20 Probe war neu und irgendwie Innovativ ( auch wenn ich sie nicht mag).
DSA1 1984, Dragonlance 1989.
Und die 3W20 kamen auch erst später.

So weit ich das mitbekommen habe war DSA ein privater D&D Heartbreaker, der auf die Schnelle als dringend benötigte lizenzfreie D&D-Kopie dann tatsächlich den Weg in den Markt gefunden hat.

Der Pizzalieferservice war eine Innovation. Mit Rollenspiel hatte die aber nichts zu tun :).

Streaming dann aber auch nicht.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Alexandro am 27.12.2021 | 09:49
DSA wäe alleine dadurch schon mit DSA1 bahnbrechend innovativ, da es nun in Kaufhäusern erhältlich war.

Das hat dann aber auch nichts mit Rollenspiel zu tun (sondern mit Einzelhandel).
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 27.12.2021 | 10:05
Zitat
  So weit ich das mitbekommen habe war DSA ein privater D&D Heartbreaker, der auf die Schnelle als dringend benötigte lizenzfreie D&D-Kopie dann tatsächlich den Weg in den Markt gefunden hat.   

Deshalb sehe ich es auch nicht als Innovation an.

Es war übrigens kein privater Heartbreaker, sondern eine Auftragsarbeit für Schmidtspiele.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 27.12.2021 | 10:13
Deshalb sehe ich es auch nicht als Innovation an.

Es war übrigens kein privater Heartbreaker, sondern eine Auftragsarbeit für Schmidtspiele.
Das hat dann aber auch nichts mit Rollenspiel zu tun (sondern mit Einzelhandel).

Exakt.
Und entsprechend meiner Ansicht auch nicht die anderen externen Innovationen, deren Nützlichkeit auch in den Rollenspielsektor reinscheinen oder die Vermarktung erleichtern, aber eben mit dem Spiel selbst nichts zu tun haben.

Deshalb sehe ich es auch nicht als Innovation an.

Es war übrigens kein privater Heartbreaker, sondern eine Auftragsarbeit für Schmidtspiele.
Ja, aber doch wohl gerade nicht von 0 entwickelt, sondern eben die so bestehenden Privatregeln schnell zurecht getrimmt. Viel Zeit war ja gerüchteweise auch nicht gewesen.
Vielleicht ist hier ja jemand DSA-historisch bewanderter und kann das aufklären.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Alexandro am 27.12.2021 | 10:26
Exakt.
Und entsprechend meiner Ansicht auch nicht die anderen externen Innovationen, deren Nützlichkeit auch in den Rollenspielsektor reinscheinen oder die Vermarktung erleichtern, aber eben mit dem Spiel selbst nichts zu tun haben.

Meinetwegen. Dann wäre Streaming auch eine externe Innovation.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 27.12.2021 | 10:30
Das erste Dragonlance Modul Dragon in Dispear ist von 1984.

Uli Kiesow hatte damals mit zwei Freunden die DnD Redbox übersetzt. Dann konnten sich Schmidtspiele und TSR nicht über die Lizenzgebüren einigen, also wurden die Jungs beauftragt einen eigenes System zu entwerfen.

Und ja sie hatten nur wenige Monate Zeit dafür.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Settembrini am 27.12.2021 | 10:37
Innovation =! Fortschritt.

Ich glaube, das klärt doch einige Mißverständnisse.

So sind ja viele Prozeßinnovationen (deregulierte Finanzmärkte und die Finanzprodukte die daraus erwuchsen) oder Arbeitsvertragsinnovationen (Kettenbefristungen etc.) doch mit einigem Fug und Recht und Konsens als gesellschaftlicher Rückschritt zu bezeichnen.

Was es im ganzen Innovationsberecih auch gibt, sind Scheinproduktinnovationen: "Hallorenkugeln jetzt mit Apfel-Zimtgeschmack!" wären eine solche.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Maarzan am 27.12.2021 | 10:42
Meinetwegen. Dann wäre Streaming auch eine externe Innovation.

Genau das mein(t)e ich. Ggf. angenehm, hilfreich bei der Vermarktung, aber nicht direkt dem Rollenspiel zuzuordnen.
Und den Diskussionsfaden hier habe ich deutlich enger auf Rollenspielinhalte selbst in der Themensetzung verstanden.
 
Das erste Dragonlance Modul Dragon in Dispear ist von 1984.

Ok, ich sehe mich korrigiert.

Uli Kiesow hatte damals mit zwei Freunden die DnD Redbox übersetzt. Dann konnten sich Schmidtspiele und TSR nicht über die Lizenzgebüren einigen, also wurden die Jungs beauftragt einen eigenes System zu entwerfen.

Und ja sie hatten nur wenige Monate Zeit dafür.

Und die Frage war, worauf haben sie aufgebaut und für den Faden hier: was war dann "Innovation" dabei. 

Innovation =! Fortschritt

Fortschritt ist halt immer eine Frage für wen.
Manche Personaler finden Kettenbefristungen vermutlich ganz gut.
Die Betroffenen sicher nicht.

Das als "modernes Perspnalmanagement" verkaufen zu wollen und Gegnern rückwärtsgewandte Engstirnigkeit vor zu werfen wäre dann "modernes Marketing".  :ctlu:
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Settembrini am 27.12.2021 | 10:45
Zitat
Ist es das denn nicht? Wenn ich schon ein Charakterkonzept im Kopf habe, das ich gerne spielen möchte, dann ist das beste Ergebnis, auf das ich bei einer Zufallsmethode hoffen kann, doch nur, daß sie mir durch pures Glück mal keine Knüppel zwischen die Beine wirft(*).

Solipsismus, zum Beispiel, kann man mit Fug & Recht als Rückschritt definieren:

Wenn die Spielerschaft nicht mehr in der Lage ist, jedwede Rolle mit Gusto anzunehmen, sondern nur noch Rollen nach Wahl, dann ist die Spielerschaft schlechter im Rollenspiel geworden.

ADD: Die Innovation Puntkekaufsystem erlaubt es dann, trotzdem, auch mit der schlechter rollenspielenden Spielerschaft zu spielen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 27.12.2021 | 10:53
Nach dieser Definition wäre das Auto keine Innovation gewesen, weil es nachweislich die Umwelt schädigt und dazu beiträgt unsere Lebensgrundlage zu zerstören.

Ich würde behaupten ein Großteil der großen Innovationen der letzten 100 Jahre (Gentechnik, Auto, Strahlentherapie, Kunststoffe) haben auch Schattenseiten/Nachteile. Trotzdem sind es Innovationen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Settembrini am 27.12.2021 | 10:53

Fortschritt ist halt immer eine Frage für wen.
Manche Personaler finden Kettenbefristungen vermutlich ganz gut.
Die Betroffenen sicher nicht.

Das als "modernes Perspnalmanagement" verkaufen zu wollen und Gegnern rückwärtsgewandte Engstirnigkeit vor zu werfen wäre dann "modernes Marketing".  :ctlu:

Haargenau. Und wenn man wertfrei nur auf irgendwelche Innovation guckt, dann macht man sich zum Spielball der Leute, die einem via "modernem Marketing" ihre Knechtschaft verkaufen wollen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Settembrini am 27.12.2021 | 10:57
Nach dieser Definition wäre das Auto keine Innovation gewesen, weil es nachweislich die Umwelt schädigt und dazu beiträgt unsere Lebensgrundlage zu zerstören.

Ich würde behaupten ein Großteil der großen Innovationen der letzten 100 Jahre (Gentechnik, Auto, Strahlentherapie, Kunststoffe) haben auch Schattenseiten/Nachteile. Trotzdem sind es Innovationen.

Nein, INNOVATIONEN sind das alles, hat nie jemand bezweifelt. Nur eben ob es ein gesellschaftlicher Fortschritt war, das muß man wertegebunden beantworten.
Wer alleine aus  "Umwelt" -Sicht argumentiert, der will doch auch das Auto abschaffen, schon lange, und das sei dann der Fortschritt. Aus Sicht der Arbeitsteilung, persönlichen Freiheit, Techgrad, Produktivität und Lebensqualität ist der Verbrennungsmotor ein Fortschritt, wie es ihn selten in der Menschheitsgeschichte gab.

Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Jiba am 27.12.2021 | 11:05
Zitat
Wenn die Spielerschaft nicht mehr in der Lage ist, jedwede Rolle mit Gusto anzunehmen, sondern nur noch Rollen nach Wahl, dann ist die Spielerschaft schlechter im Rollenspiel geworden.

Wenn die Spielerschaft (?) in der Lage ist, jedwede Rolle auch ohne Fokus auf Gold, Monster und Kerker, Zahlenwerte und Trefferpunkte mit Leben, Stringenz und Bedeutung zu füllen, anstatt immer mit den Stützrädern der Weltmodellierung fahren zu müssen, dann ist die Spielerschaft besser im Rollenspiel geworden. :)

Wenn sie in der Lage ist, sich in sehr unterschiedliche, mechanische Sets mit ganz unterschiedlicher Fokusziehung hereinzuarbeiten, anstatt regelmäßig und anhaltend immer mit demselben, alten Regelset zu spielen, dann ist die Spielerschaft wohl auch besser im Rollenspiel geworden. :)

Im Ernst, Set... du kochst doch auch am Liebsten mit den Zutaten seiner "PESA-approved systems" und wirfst anderen Spielstilen Selbstbezüglichkeit vor? Wenn du mal eine längere Kampagne "City of Mist" oder "Genesys" oder "Cortex Prime" oder "Fate" oder "Monsterhearts" oder irgendwas anderes, was grade der heiße NAR-Scheiß ist, gespielt hast, dann bist du auch in der Position, anderen Solipsismus vorzuwerfen.

(Zumal die Zufallserschaffung von Charakteren innerhalb bestimmter Parameter abläuft, also immer eine Einschränkung von Charakteroptionen bedeutet... und Klassen dann auch wieder. Da kommt, im Gegensatz zu freien Punktebausystemen oder solchen, die auf narrative Descriptoren setzen, letztlich doch nur ein eingeschränktes Set an Möglichkeiten heraus. Wer jedwede beliebige Rolle spielen will, der muss zunächst jedwede beliebige Rolle bauen können.)

Zitat
"modernem Marketing"
Jede moderne Firma, ganz egal ob sie jetzt auf dem oma-umweltsauigen oder dem öko-gemeinwohlökonomischen Feld spielt benutzt selbstverständlich "modernes Marketing", was letztlich auch nur ein Kampfbegriff ist. Der "modernen Marketingpraxis" befleißen sich dann selbstverständlich nur jene Firmen, NGOs oder Influencer, die man selbst nicht leiden kann.  ::)
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Alexandro am 27.12.2021 | 11:10
Fortschritt wird auch kritisch betrachtet (https://youtu.be/Z7IvCqIjrlY).

Insgesamt ist es (wie in dem alten Sprichwort) eine "Man wird sehen"-Situation - auch scheinbare Rückschritte können auf lange Sicht gesellschaftlichen Fortschritt bewirken (z.B. die Deregulierung, welche die Mängel eines ungebremsten Marktes aufgezeigt hat, welche in den 80ern noch energisch geleugnet wurden - auch wenn sie da längst absehbar waren).
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: klatschi am 27.12.2021 | 11:15
Solipsismus, zum Beispiel, kann man mit Fug & Recht als Rückschritt definieren:

Wenn die Spielerschaft nicht mehr in der Lage ist, jedwede Rolle mit Gusto anzunehmen, sondern nur noch Rollen nach Wahl, dann ist die Spielerschaft schlechter im Rollenspiel geworden.

ADD: Die Innovation Puntkekaufsystem erlaubt es dann, trotzdem, auch mit der schlechter rollenspielenden Spielerschaft zu spielen.

Das impliziert jedoch, dass davor jedwede Rolle von allen oder zumindest einem Gros der Spielenden „mit Gusto“ angenommen und gespielt wurde, was ich bezweifeln würde, ohne dass mir nicht-anekdotische Belege für die eine oder die andere Argumentation vorliegen.
Titel: Re: Rollenspiel und Innovation, war: Bezahltes Spielleiten?
Beitrag von: Ma tetz am 27.12.2021 | 11:19
Zitat
   Innovation =! Fortschritt.     

Sollte das jetzt ungleich heißen? Du verwirrst mich.

Und was Deine Bewertung nach Werten angeht, da kommen wir zumindest was rpg angeht nicht zusammen (siehe Deine Aussage zu schlechten Spielern  ::))

Normative Argumente sind immer schwache Argumente, weil Sitten und Moral sich ständig wandeln.