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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Doc-Byte am 23.07.2022 | 22:26

Titel: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 23.07.2022 | 22:26
Moin, moin!

Ich vermute, das Thema wurde sicher schon mal besprochen, aber ich hab mit der SuFu nichts passendes gefunden. Aus aktuellem Anlass beschäftig mich wieder mal die Frage der "negativen" Settings.

@Teylen hat drüben im Kickstarter Thread eine schöne neue, aktuelle Übersicht verlinkt und dabei sprang mir dieser KS ins Auge: https://gamefound.com/projects/a-game-of-nerds/deep-sky-ballad "Space Western" ist ja nun mal voll mein Thema und ich dachte mir, "schau mal rein, was die 'Konkurrenz' so macht". Und dann springt mich direkt im ersten Satz das hier an: "In a once-united galaxy, war and hatred have taken everything away, leaving only blackened ruins behind."

Da dachte ich mir nur: "Och nee, nicht schon wieder noch eine Dystopie, Post-Apo, wie immer man es nennen will..."

Ich frage mich echt, woher dieser Hang zu den "negativen" Settings kommt. Sind düster Settings wirklich beliebter in der Spielerschaft? Oder ist das nur ein gefühlter Eindruck, der sich für mich irgendwie auch hier im Forum zeigt. Liegt es darin begründet, dass sich in einem düsteren Umfeld einfacher Geschichten finden lassen, welche die Charaktere strahlen lassen? (Sei es jetzt subjektiv oder auch objektiv.) Oder täuscht micht der Eindruck total und positive Settings sind eigentlich genauso beliebt wie die finsteren?

Ich meine, erst diese Woche kam ja hier im Forum die Diskussion "Ist Lorakis tatsächlich "zu lieb und zu hell"?" auf, um nur ein Beispiel zu nennen. Und auch ansonsten hab ich das Gefühl, dass hier im Forum viel öfters über dunkle Settings gesprochen bzw. danach gefragt wird.

Warum kommen positive / freundliche Settings gefühlt weniger gut in der Rollenspielszene weg? Ich meine, ich sehe ein, dass es ohne ein gewisses Konfliktpotenial wirklich herausfordern ist, spannende Abenteuer zu bauen, aber muss es wirklich immer der große Holzhammer "alles ist kaputt (gegangen)" sein? - Also, im Sinne von, will die Spielerschaft das wirklich so? Das man auch funktionierende Settings mit einer positiven Grundausrichtung bauen kann, ist mir klar. Das macht bspw. DSA seit fast 40 Jahren so, auch wenn selbst das nicht ohne seine finsteren Ecken und Episoden auskommt. Nur dominieren die halt nicht das komplette Spielgefühl des Settings.

Ich finde es einfach schade, wenn ich auf ein potentiell interessantes neues Setting stoße und dann nach wenigen Sätzen feststellen muss, dass es mal wieder auf einer Dystopie oder dem Zusammenbruch einer alten Hochkultur basiert, um den Bogen zurück zum anfang zu schlagen.  :-\
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Noir am 23.07.2022 | 22:34
Ich bin jemand, der jedes düstere Setting einem hübschen, märchenhaften Setting vorzieht. Das aber auch nicht nur im Rollenspiel, sondern auch in jedem anderen Unterhaltungsmedium. Egal ob Buch, Film oder Videospiel. Wenn die Welt im Eimer ist und der Held am besten noch selbst SEHR fragwürdig (und am Ende ein Happy End vielleicht sogar sehr fraglich ist) ... dann bin ich sofort dabei und rufe, dass ichs haben will. DC ist geiler als Marvel. Die Alte Welt ist geiler als Aventurien. Das 40k Universum ist geiler als Star Wars.

Ich kann nicht einmal genau sagen, woran es liegt. Vielleicht hat es was damit zu tun, dass es insgesamt eventuell glaubwürdiger ist, wenn die Spieler sich durch Unmengen von NPCs schlachtend (und wenn es "nur" die bösen sind) von A nach B kämpfen. Ich kenne kaum eine Spielgruppe, die vollkommen ohne Kämpfe auskommt ... und die, die zwar kämpfen, ihre Gegner dann aber der Gerichtsbarkeit überstellen, dürften noch sehr viel seltener sein. Es mag sie geben ... aber ich glaube, diese Gruppen kann man an einer Hand abzählen. Und wenn die Welt drumherum ohnehin schon im Sack ist ... alles auseinanderfällt ... dann kann ich vielleicht besser damit umgehen, wenn sich die SCs trotzdem nach getaner Arbeit feiern lassen. Aber ... das ist auch nur eine Vermutung und vermutlich auch nur ein winziger Aspekt ...
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 23.07.2022 | 22:46
Positive Settings haben meist Ordnungsauthoriäten, die den Spielercharakteren die Freiheit nehmen und das Spotlight stehlen können.

Der Wilde Westen ist gut für Abenteuer, weil er eben wild ist und nicht die Polizei alles unter Kontrolle hat.

Wer will schon Befehlsempfänger spielen, die sich besser an gut definitere Regeln zu halten haben?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Weltengeist am 23.07.2022 | 22:53
@Doc-Byte:

Kann ich eigentlich alles nur so unterschreiben. Ich staune auch immer wieder, wie beliebt "düster, dreckig, fies" als Setting zu sein scheint. Dabei stelle ich in meinen Spielrunden immer wieder fest, dass sobald ich auch nur ein paar Szenen ein wenig härter gestalte, die Spieler bleibend einschüchtert sind und sich nichts mehr zutrauen. Von daher kann ich mir auch nicht erklären, wo die Begeisterung für Weltuntergänge, den Quasi-Sieg des Bösen, den Kampf gegen wirklich übermächtige Götter/Dämonen etc. herkommt.

Dabei sind gerade in der Fantasy und Science Fiction die wirklich großen Settings in Deutschland ja gar nicht so. Aventurien, Midgard, Lorakis, Forgotten Realms, Golarion, Traveller, Starfinder - alles keine Dystopien, sondern bonbonbunte Kitchen Sinks, in denen zwar mal eine düstere Ecke oder eine düstere Story vorkommt, die aber in der Mehrheit gar nicht so darque daherkommen.

Einen seltsamen Kontrast bildet die Faszination für negative Settings übrigens auch zum Siegeszug der Gummipunkte, die neuerdings überall rein müssen, damit es bloß nicht zu gefährlich wird und man sich am Spieltisch Erfolge kaufen kann. Die wirklich harten Regeln, die zu "düster und dreckig" passen würden, laufen unter Old School Revival und werden mehrheitlich von einigen alten Säcken jenseits der 45 gespielt, sind der Mehrheit aber schon lange nicht mehr zuzumuten, weil man sich doch eigentlich lieber garantierte Erfolgserlebnisse verabreichen lassen möchte.

Also nein - ich versteh's auch nicht. Und ich teile deinen Frust.

P.S.: Und weil ich jetzt oben schon wieder das Argument lese, man bräuchte negative Settings, weil positive Settings ja langweilig wären: die Alternative zu negativen Settings ist für mich nicht "blühende Wiesen mit fröhlich singenden Elfen", sondern zunächst mal ein "neutrales Setting", das sowohl gut als auch böse enthält.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: schneeland am 23.07.2022 | 22:54
Zusammenbruch einer alten Hochkultur sorgt halt für genug "rechtsfreie Räume", in denen sich marodierende Spielercharaktere verdient machen können. Und verfallene Hochkulturen sorgen halt für genug Ruinen, in denen man herumturnen kann - das hat schon einen gewissen Reiz.

Nach persönlichem Empfinden ist es so: Postapokalypse brauche ich nicht unbedingt (die klassische Variante mag ich sogar eher weniger - mit der Fantasyausgabe kann ich dagegen gut leben), aber für das klassische Abenteuerrollenspiel muss schon eine gewisse Wildheit und Grenzlanderfahrung da sein, damit die naheliegendste Möglichkeit nicht die Benachrichtigung der Stadtwache ist. Es kann dann gern urbanere Zonen geben, in denen die Welt anders tickt, aber es hilft schon, wenn dann jenseits der Stadtmauern das Abenteuer lockt und nicht die gepflasterte Straße in die nächste Metropole. Und auch in SciFi-Welten sind die unteren Etagen der Makropolwelt halt spannender als die hübschen Gärten der Oberschicht (es sei denn, man deckt dort gerade die Verschwörung eines Chaoskults auf).

Gerade für Space Western find ich's aber durchaus nett, wenn nicht ALLES den Bach runter gegangen ist, sondern Du einfach nur irgendwo weit draußen bist, wo die Probleme auch mal zur Mittagsstunde mit dem Blaster geregelt werden.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Alexandro am 23.07.2022 | 22:54
Positive Settings haben meist Ordnungsauthoriäten, die den Spielercharakteren die Freiheit nehmen und das Spotlight stehlen können.

Die meißten negativen Settings haben wesentlich repressivere Ordnungsautoritäten, welche den Spielercharakteren die Entscheidungsfreiheit nehmen, auch mal für das Gute einzustehen.

Warhammer 40k ist in dieser Hinsicht stinklangweilig, weil die Spielercharaktere zu "verhaltet euch wie Arschgeigen" gerailroadet werden, und jedes Abweichen von diesem Bild von der Institution des Imperiums knallhart (und oft final) bestraft wird.

Den Wilden Westen würde ich nicht als düster bezeichnen - eher "moral-agnostisch" und die Spielenden suchen sich selber aus, ob sie lieber als White oder Black Hats unterwegs sein wollen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Kurna am 23.07.2022 | 23:02
Für mich sind "düster" oder "grim & gritty" als Attribute eher abschreckend. Wenn ein Spiel (oder Film, Buch ...) damit wirbt, bin ich meist schon raus.

Am schlimmsten finde ich Varianten, wo man nicht einmal wirklich Erfolge gegen das Böse/Dunkle erzielen kann, sondern am Ende doch alles den Bach runtergeht. Das würde ich vermutlich nicht mal mehr spielen, wenn man mich dafür bezahlt.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 23.07.2022 | 23:33
Ich kenne kaum eine Spielgruppe, die vollkommen ohne Kämpfe auskommt ... und die, die zwar kämpfen, ihre Gegner dann aber der Gerichtsbarkeit überstellen, dürften noch sehr viel seltener sein. Es mag sie geben ... aber ich glaube, diese Gruppen kann man an einer Hand abzählen.

Positive Settings haben meist Ordnungsauthoriäten, die den Spielercharakteren die Freiheit nehmen und das Spotlight stehlen können.

Bezogen auf beide Aussagen: Wär es für euch denn unattraktiv, in diesem Kontext einfach selbst die Ordnungshüter darzustellen?

Wer will schon Befehlsempfänger spielen, die sich besser an gut definitere Regeln zu halten haben?

Naja, Starfleet hat bestimmt auch "gut definierte" Regeln und dann kommt da so ein James T. Kirk daher und sagt: "F*** it, ich regel das auf meine Art und Weise." ;D

Einen seltsamen Kontrast bildet die Faszination für negative Settings übrigens auch zum Siegeszug der Gummipunkte, die neuerdings überall rein müssen, damit es bloß nicht zu gefährlich wird und man sich am Spieltisch Erfolge kaufen kann.

So "neu" sind die für mich als alten Shadowrun Spieler gar nicht. Und ein gewisses Sicherheitsnetz finde ich persönlich auch okay, aber das würde hier vermutlich noch auf der ersten Seite des Threads ein neues Themenfeld eröffnen, wenn ich da etwas ausführlicher drauf einginge... ;)

P.S.: Und weil ich jetzt oben schon wieder das Argument lese, man bräuchte negative Settings, weil positive Settings ja langweilig wären: die Alternative zu negativen Settings ist für mich nicht "blühende Wiesen mit fröhlich singenden Elfen", sondern zunächst mal ein "neutrales Setting", das sowohl gut als auch böse enthält.

Das finde ich sehr gut auf den Punkt gebracht! Ich musste selber tatsächlich lernen, dieses Geleichgewicht zu finden, aber ich bin wirklich der Ansicht, dass man die Spielercharaktere auch in ein positives Umfeld stecken kann, so lange man genug Bedrohungen für ebenjenes einbaut. (Und dem positiven Umfeld vielleicht noch ein paar kleine Schattenseiten verpasst, über welche man ungerne öffentlich spricht. 8])

Zusammenbruch einer alten Hochkultur sorgt halt für genug "rechtsfreie Räume", in denen sich marodierende Spielercharaktere verdient machen können. Und verfallene Hochkulturen sorgen halt für genug Ruinen, in denen man herumturnen kann - das hat schon einen gewissen Reiz.

Okay, jetzt kommen wir vielleicht schon ein wenig in den Bereich des Genres. Fantasy hat natürlich oft den "Nachteil", auf eine Welt beschränkt zu sein, wärend SF häufig viele Planeten anbiete. Aber auch ein einziger Planet kann mehrere Kontinente haben. Es besteht doch grundsätzlich auch die Option, dass die Protagonisten zwar auch aus einer "Hochkultur" kommen, aber in fremde Regionen vorstoßen, wo sie auf die Überreste einer anderen, vergangenen Kultur stoßen. Auch dieser Raum kann "rechtsfrei" und "voller Ruinen" sein, ohne dass dafür gleich der komplette Planet den Bach runter gegangen sein muss. - Kann er natürlich, aber muss in meinen Augen halt nicht "immer" sein.

[...] aber für das klassische Abenteuerrollenspiel muss schon eine gewisse Wildheit und Grenzlanderfahrung da sein, damit die naheliegendste Möglichkeit nicht die Benachrichtigung der Stadtwache ist. Es kann dann gern urbanere Zonen geben, in denen die Welt anders tickt, aber es hilft schon, wenn dann jenseits der Stadtmauern das Abenteuer lockt und nicht die gepflasterte Straße in die nächste Metropole. Und auch in SciFi-Welten sind die unteren Etagen der Makropolwelt halt spannender als die hübschen Gärten der Oberschicht (es sei denn, man deckt dort gerade die Verschwörung eines Chaoskults auf).

Den Standpunkt kann ich nachvollziehen und zu einem gewissen Grad auch teilen. :d

Gerade für Space Western find ich's aber durchaus nett, wenn nicht ALLES den Bach runter gegangen ist, sondern Du einfach nur irgendwo weit draußen bist, wo die Probleme auch mal zur Mittagsstunde mit dem Blaster geregelt werden.

Absolut und dann kommt halt das eingangs verlinkte Space Western RPG wieder mit "In a once-united galaxy, war and hatred have taken everything away, leaving only blackened ruins behind." ums Eck. :-\ (Aber hey, dann is et im Gegenzug auch keine Konkurrenz für mich persönlich, was auch was für sich hat. >;D)


Den Wilden Westen würde ich nicht als düster bezeichnen - eher "moral-agnostisch" und die Spielenden suchen sich selber aus, ob sie lieber als White oder Black Hats unterwegs sein wollen.

Ja, im "historischen" Wilden Westen. Nicht aber in einem dran angelehnten Setting, dessen Grundprämisse erstmal "alles was mal war, ist an Punkt x kaputt gegangen" ist.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Alexandro am 23.07.2022 | 23:40
Mit "Wild West" meinte ich durchaus auch klassische "Grenzlande-Fantasy" oder Postapokalypse (sofern sich die Bewohner dort realistisch verhalten und nicht am Endzeit-Gehirnkrebs (morbus madmaxis) erkrankt sind, der sie zwingt sich alle einen Iro zu schneiden und in der Wüste im Kreis zu fahren).
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 23.07.2022 | 23:42
Ein gutes Stück weit mag schlichte (wenn auch nicht zwingend bewußte) Faulheit dahinterstecken. Es ist eben wesentlich leichter, einzureißen als aufzubauen, und in "dreckigen" Welten läßt sich, um's mal etwas drastisch auszudrücken, auch gleich viel besser der wurzel- und verantwortungslose Mörderhobo raushängen, ohne daß man sich deswegen gleich schlecht fühlen muß -- "die anderen sind ja auch nicht besser!", nicht wahr...?

Auf der anderen Seite ist es allerdings auch wieder nicht so, als ob tatsächlich nur noch dÿsterdharke Settings erscheinen würden. (Ich geb' ja zu, daß ich den Markt in den letzten Jahren in erster Linie durch die Fate-Linse betrachte, aber ich denke, die immer noch recht bunte Mischung, die's dafür gibt, kann wohl nicht komplett unrepräsentativ sein.) Ich denke, wenigstens zum Teil fallen die einem einfach nur schneller negativ auf, wenn man sie ohnehin schon nicht mag, und das färbt dann die Wahrnehmung seinerseits entsprechend ein.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 23.07.2022 | 23:51
Ich versteh die Attraktivität von "anarchischen Situationen" im Rollenspiel; ist halt praktisch für's Spiel, wenn es massig Probleme zu lösen gibt, ohne dass die SCs sich allzu sehr mit der Obrigkeit rumschlagen müssen. Grundsätzlich düstere Settings sind allerdings nicht meins:

Ich mag keine allzu düsteren Welten, in denen jeder wasauchimmer tut; denn es sind offensichtlich recht eindimensionale Welten, immerhin tut jeder das gleiche...

Oder anders: Ein Setting, in dem Idealismus sinnlos ist, ist langweilig.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Noir am 24.07.2022 | 00:19
Bezogen auf beide Aussagen: Wär es für euch denn unattraktiv, in diesem Kontext einfach selbst die Ordnungshüter darzustellen?

Jain. Hin und wieder tu ich das. In einem Gotham City Setting spiel ich harte Vigilantes, die mitunter ihre Gegner der Gerichtsbarkeit überstellen. Manche tun das aber nicht und beenden die Bedrohung halt endgültig. Bei Warhammer spiel ich durchaus auch schonmal so Sachen wie Hexenjäger oder Priester und gehöre damit auch zu einer gewissen Ebene der Gerichtsbarkeit.

Ob ich aber in solchen Settings einen rechtschaffen guten, strahlenden Held spielen wollen würde? Eher nicht ... passt für mich nur wenig hinein. Ob das jetzt am Ende "leichter" oder "fauler" ist ... sei mal hingestellt ... kann ich nicht sagen. Aber mir macht es mehr Freude.

Bonbonbunt und märchenhaft geht mir halt meistens (!) auf die Nüsse ... bietet mir persönlich viel zu wenig Handlungsspielraum. Und dabei sind irgendwelche Obrigkeiten sogar relativ egal. 40k ist deutlich spannender zu spielen, gerade auch dann, wenn man eben NICHT das tut, was das Gesetz sagt.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 24.07.2022 | 00:26
Naja, Starfleet hat bestimmt auch "gut definierte" Regeln und dann kommt da so ein James T. Kirk daher und sagt: "F*** it, ich regel das auf meine Art und Weise." ;D

Ja, das käme bei vielen oder zumindest einigen Spielleitern wirklich gut an, wenn man sich mit den Setting-Authoritäten anlegt.

Dann besser gleich ein rechtsfreieres Setting als darauf hoffen müssen, dass der Spielleiter die Regelbrüche in jeder Session ohne Konsequenzen durchgehen lässt. Das macht das Setting ja auch weniger glaubwürdig.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: YY am 24.07.2022 | 00:29
Bezogen auf beide Aussagen: Wär es für euch denn unattraktiv, in diesem Kontext einfach selbst die Ordnungshüter darzustellen?

Ich antworte einfach mal:
Mir persönlich gefällt das ziemlich gut, gerade weil man dann auch kleinere Mengen an im Setting verfügbarem Konfliktpotential gezielt bei den Spielercharakteren abladen kann.

Als sonderlich beliebt nehme ich diesen Ansatz aber nicht wahr, wobei ich öfter das Gefühl habe, dass man sich dabei auch selbst im Weg steht - Stichwort gefühlte Handlungsfreiheit.


Fantasy hat natürlich oft den "Nachteil", auf eine Welt beschränkt zu sein, wärend SF häufig viele Planeten anbiete. Aber auch ein einziger Planet kann mehrere Kontinente haben. Es besteht doch grundsätzlich auch die Option, dass die Protagonisten zwar auch aus einer "Hochkultur" kommen, aber in fremde Regionen vorstoßen, wo sie auf die Überreste einer anderen, vergangenen Kultur stoßen. Auch dieser Raum kann "rechtsfrei" und "voller Ruinen" sein, ohne dass dafür gleich der komplette Planet den Bach runter gegangen sein muss.

Gut, für plünderbare und zugleich noch nicht tatsächlich geplünderte (!) Ruinen brauchts schon ein bisschen Platz.
Da kann man dann aber auch zumindest hergehen und von "alles kaputt" auf "wir sind wieder im Aufbruch" schwenken, wie es z.B. Earthdawn oder Ruin Masters machen. Das sind zwar sog. "points of light"-Settings, aber immerhin mit der Grundaussage, dass es grad aufwärts geht.
Und alte Hochtechnologie oder -magie plündern und damit wieder was ordentliches anstoßen ist wohl für die meisten ansprechender als in ausgebombten Wohnblöcken nach übriggebliebenen Raviolidosen zu suchen.


Ein bisschen vom klassischen Dungeoncrawl weg brauchts aber längst keine Kontinente an Platz, um rechtsfreie oder zumindest Räume mit großer Rechtsunsicherheit zu schaffen.
Da gehts auch mal um wenige Kilometer und ganz schnell eher um soziale "Geographie".
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Space Pirate Hondo am 24.07.2022 | 01:08
Naja, Starfleet hat bestimmt auch "gut definierte" Regeln und dann kommt da so ein James T. Kirk daher und sagt: "F*** it, ich regel das auf meine Art und Weise." ;D

Witzigerweise ist Star Trek schon recht nah am SciFi Western. Die Distanzen sind groß und so hat man, wie im Grenzland, einen sehr großen rechtsfreien Raum. Das Raumschiff mit seiner Crew verkörpert den Gesetzeshüter, den man losschickt, um in den vielen kleinen Gemeinden des Grenzlandes für Ordnung zu sorgen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 24.07.2022 | 01:42
Oder anders: Ein Setting, in dem Idealismus sinnlos ist, ist langweilig.

Spannend, eine ziemlich klare Erwartungshaltung. :)

Jain. [...]

Okay, es ist also für dich im Prinzip mehr eine Frage der Rahmenbedingungen des Settings, aber mit deutlicher Tendenz zu eher zwielichtigeren Figuren, kann man das so sagen?

Ja, das käme bei vielen oder zumindest einigen Spielleitern wirklich gut an, wenn man sich mit den Setting-Authoritäten anlegt.

Also, für mich (als SL) käme das jetzt sehr auf die Umstände und auch Ergebnisse an, aber natürlich spielt da auch das Setting mit rein. Starfleet Command scheint ja tendenziell, sagen wir mal, eher 'pragmatisch' zu denken, während die Imperiale Navy wohl besser die Befehle von Darth Vader exakt ausführen sollte.

Dann besser gleich ein rechtsfreieres Setting als darauf hoffen müssen, dass der Spielleiter die Regelbrüche in jeder Session ohne Konsequenzen durchgehen lässt. Das macht das Setting ja auch weniger glaubwürdig.

Das tendiert aber jetzt etwas ins schwarz-weiß Schema, oder? Wo du "glaubwürdig" sagst, hat nicht jedes System auch seine Grauschattierungen? Ist das nicht eher realitätsnahe, als 'unglaubhaft'? :think:

Als sonderlich beliebt nehme ich diesen Ansatz aber nicht wahr, wobei ich öfter das Gefühl habe, dass man sich dabei auch selbst im Weg steht - Stichwort gefühlte Handlungsfreiheit.

Das ist spannend. Mir war nicht bewusst, dass der Ansatz möglicher Weise tatsächlich unbeliebt sein könnte. - Was die Handlungsfreiheit angeht, kommte es sicher wieder auf das Setting an. Ein Cop in Night City ist da vermutlich beschränkter, als eine Gruppe US Marshals im Old West. Aber man kann ja auch vieles schon im Vorfeld klären, bevor man in die erste Spielsitzung einsteigt, dann kann man sich mehr Raum nehmen.

Gut, für plünderbare und zugleich noch nicht tatsächlich geplünderte (!) Ruinen brauchts schon ein bisschen Platz.
Da kann man dann aber auch zumindest hergehen und von "alles kaputt" auf "wir sind wieder im Aufbruch" schwenken, wie es z.B. Earthdawn oder Ruin Masters machen. Das sind zwar sog. "points of light"-Settings, aber immerhin mit der Grundaussage, dass es grad aufwärts geht.
Und alte Hochtechnologie oder -magie plündern und damit wieder was ordentliches anstoßen ist wohl für die meisten ansprechender als in ausgebombten Wohnblöcken nach übriggebliebenen Raviolidosen zu suchen.

Ja klar. Das scheint gerade im SF Bereich relativ beliebt zu sein: Es gab eine weit ausgedehnte Zivilisation, der Kontakt brach zusammen, x Jahrhunderte später bauen wir alles langsam wieder auf... Aber es bleibt halt der Faktor erhalten "zum Zeitpunkt xy der Historie ist irgendwas mal krass schief gegangen". Warum wird so oft dieser Kusntgriff genommen, statt zu sagen: Es lief bisher zwar alles mehr oder weniger gut, trotz unvermeidlicher Rückschläge, aber es ist eine beständige Herausforderung, diesen Zustand zu halten, denn es gibt da draußen diverse Bedrohungen unserer Zivilisation, gegen die wir uns wehren müssen. - Wäre das denn "zu langweilig"?  (Frage jetzt nicht an dich persönlich gerichtet.)

Ein bisschen vom klassischen Dungeoncrawl weg brauchts aber längst keine Kontinente an Platz, um rechtsfreie oder zumindest Räume mit großer Rechtsunsicherheit zu schaffen.
Da gehts auch mal um wenige Kilometer und ganz schnell eher um soziale "Geographie".

Shadowrun? Cyberpunk? Geht das in modernen Setting eigentlich leichter oder eher schwerer, als in Fantasy Welten? :think:

Witzigerweise ist Star Trek schon recht nah am SciFi Western. Die Distanzen sind groß und so hat man, wie im Grenzland, einen sehr großen rechtsfreien Raum. Das Raumschiff mit seiner Crew verkörpert den Gesetzeshüter, den man losschickt, um in den vielen kleinen Gemeinden des Grenzlandes für Ordnung zu sorgen.

Absolut! Star Trek ist immer mit eins der ersten Beispiele, die ich für das Genre "Space Western" aufführe. Darüber hinaus stehen auf meiner Liste u.a. Saber Rider and the Star Sherrifs, Galaxie Rangers, Serenity / Firefly, Cowboy Bebop, Earth 2, Outland (1981) und in Teilen Moon 44, auch wenn da mMn etwas Cyberpunk mit reinspielt.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: YY am 24.07.2022 | 02:54
Das ist spannend. Mir war nicht bewusst, dass der Ansatz möglicher Weise tatsächlich unbeliebt sein könnte. - Was die Handlungsfreiheit angeht, kommte es sicher wieder auf das Setting an. Ein Cop in Night City ist da vermutlich beschränkter, als eine Gruppe US Marshals im Old West. Aber man kann ja auch vieles schon im Vorfeld klären, bevor man in die erste Spielsitzung einsteigt, dann kann man sich mehr Raum nehmen.

Ja, wie gesagt: man steht sich da gerne mal ein bisschen selbst im Weg und schaut ungünstigerweise auf die Sektoren, wo Hierarchie und Befehlskette am stärksten zum Tragen kommen.

Klar hat der normale Streifencop in Night City keine große Handlungsfreiheit, aber die hat der Gardist am Stadttor auch nicht.
Da sollte man sich dann schon etwas günstigere Bereiche/Aufgabengebiete und Rahmenbedingungen aussuchen wie z.B. bei Rollen im Militärkontext auch.

Und man darf das Ganze natürlich auch etwas verklären - ist ja bei den U.S. Marshals nicht anders, nur dass da die verklärte Version die öffentliche Wahrnehmung zumindest der historischen Marshals bestimmt und bei anderen Behördenvertretern nicht.

Es lief bisher zwar alles mehr oder weniger gut, trotz unvermeidlicher Rückschläge, aber es ist eine beständige Herausforderung, diesen Zustand zu halten, denn es gibt da draußen diverse Bedrohungen unserer Zivilisation, gegen die wir uns wehren müssen. - Wäre das denn "zu langweilig"?  (Frage jetzt nicht an dich persönlich gerichtet.)

Mir wäre das nicht zu langweilig.
Ich sehe den Fall einer Hochzivilisation o.Ä. als bequemen Weg zu der Situation, hinreichend interessante Dungeons u.Ä. zu haben, die man sinnvoll plündern kann und will.

Notwendig ist das allerdings nicht; es reicht ja, wenn dort irgendwas ist, das grundsätzlich auch in der aktuellen Gesellschaft vorhanden sein könnte, aber nicht vorhanden ist - oder tatsächlich vorhanden ist, aber eben nicht herrenlos wie das, was im Dungeon liegt.

Ist auch immer so ein bisschen die Frage, wie sehr Dungeoneering ein einigermaßen stringent hergeleiteter Berufs- und Wirtschaftszweig sein soll.
Wo man bei der Begründung ein Auge zudrückt oder es nicht mehr so knalleng definiert um Dungeons geht, wird das dann auch sofort einfacher.



Shadowrun? Cyberpunk? Geht das in modernen Setting eigentlich leichter oder eher schwerer, als in Fantasy Welten? :think:

(Unter der Annahme, dass wir mit "Fantasy" meinen: es gelten zumindest grob ähnliche Rahmenbedingungen wie in vergleichbaren irdischen Zeiten.
Wenn das Ganze nur die Moderne im Fantasygewand ist, ist die Unterscheidung natürlich hinfällig.)

Ich sage, es geht in modernen Settings spürbar leichter, weil die soziale "Landschaft" größer und viel weiter aufgefächert ist, während sie zugleich räumlich stärker komprimiert ist.

Verkürzt also: stärkere Urbanisierung (mit allem, was dazu gehört) packt das, was in Fantasy ein ganzer Landstrich, ein Königreich oder gar ein Kontinent an sozialer und rechtlicher Spanne ist, auf ein paar Hundert oder wenige Tausend Quadratkilometer zusammen, wenn nicht noch enger. 

Andersrum gehört die räumliche Trennung/Verdrängung zentral zur vormodernen, wenig urbanisierten (Fäntelalter-)Gesellschaft. Das sind im Kleinen die unreinen Berufe u.Ä., aber interessant wird es bei starken anderen Religionen oder sonstigen Machtgruppen, die mindestens ins Exil gedrängt werden - was wiederum voraussetzt, dass es weiße Flecken auf der Landkarte gibt, wo man überhaupt hin verdrängt werden kann.

Da bekommt man nur über die dortigen Spitzenreiter der Urbanisierung und der zugehörigen relativen Freiheit von zuvor etablierten Machtstrukturen (inklusive einer stark zersplitterten Exekutive) eine Ahnung davon, wie es in deutlich stärker urbanisierten Settings aussieht.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Camo am 24.07.2022 | 04:16
Nun ja, kommt drauf an, wen man fragt... ich liebe Western (neben anderen Genres), ABER... der historische "Wilde Westen" ist in Großteilen eine extrem gesetzlose Zeit, in welcher nur das Faustrecht galt, nebenbei aber Kolonialisten die Ureinwohner unterdrückten, vertrieben oder auch oft genug danach trachteten, sie zu vernichten. Sei das mit Alkohol, Krankheiten oder durch das Verhungern lassen, weil die "Indianeragenten" das Geld für sich abgezweigt haben. Der Rassismus blühte gegenüber Menschen mit anderen Hautfarben und wer stark oder reich war, schuf sich sein eigenes Recht. "Moral-agnostisch" ist eine Verklärung, denn Moral war durchaus bekannt, aber wo es den Mächtigen lästig war, wurde sie ignoriert.

Der historische "Wilde Westen" war also keineswegs ein "positiv aufgeladenes Setting"... und nach dem Bürgerkrieg tobte in den alten Südstaaten der Kapitalismus und die Gier der Nordstaaten, die ohne Skrupel Farmer von ihrem Land vertrieben, weil sie die komplett irrsinnigen Steuern nicht zahlen konnten.

Kann man sich alles natürlich schönbasteln, hat Hollywood ja sehr lange gemacht... ist dann aber halt im Endeffekt "Fantasy", weil das halt nur ein Teil einer Seite der Medaille ist.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 24.07.2022 | 04:48
Die menschliche Geschichte ist gespickt mit untergegangen Reichen und Zivilisationen. Es scheint mir nahe zu liegen, dass das auch in Rollenspielwelten resoniert, vor allem wenn diese eine fiktive Historie erzählen.

Dass Rollourvater D&D deutliche sword&sorcery DNA in sich trägt, wird sicherlich auch diese Beobachtung miterklären können.

Zudem sind reine Utopien meist nicht spannend. Selbst My Little Pony hat bestimmte Konflikte und Spannungen einprogrammiert.

Wer Probleme hat, sich Ordnungshüter mit ausreichend Freiheitsgraden vorzustellen, dem sei das Werk von David Simon empfohlen: The Wire, Homicide, We own this city etc.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 24.07.2022 | 06:47
Mein Tipp: Man kann dort "dreckigere" Helden spielen.

Nicht wenige SPL sind im Reallife vielleicht nette und sozial angepasste Menschen, und suchen deshalb eine Möglichkeit diese gesellschaftliche Rolle im Spiel Mal vorübergehend  abzulegen.

Keiner erwartet in einem düsteren Setting  strahlende Helden.
Sie dürfen (ja sollen dort) düster sein, oder sogar "Antihelden".
Sie müssen auf die Gesellschaft keine Rücksicht nehmen, (denn die ist ja kaputt).
Sie dürfen sich ganz auf sich selbst und ihr eigenes Überleben konzentrieren.
Sich ohne Reue irgendwo durchschnetzeln (Frustabbau).


Spiele auch eher in "Pussy" - Welten.
Düster darf schon auch Mal sein. ( :ctlu:)
Muss aber nicht.


Edit.
Zur Erklärung: In einem "hellen" Setting, erwartet man auch von den Helden, dass sie die  "Guten" sind. Dass sie die Armen und Schwachen schützen, dass sie auf der Seite von Recht/Gerechtigkeit stehen etc.
Viele Abenteuer sind genauso aufgebaut.

Bsp. Ein Dorf wird überfallen. Und die Helden riskieren ihr Leben für die Dorfbewohner (die sie nicht Mal wirklich kennen) - oder andere Dinge, die ausdrücken: "Große Macht, bedeutet Verantwortung" oder "Es gibt den Leichten und es gibt den richtigen Weg" etc.

Wenn jetzt ein SPL entscheiden würde: Was interessiert meine Figur dieses Dorf (NSC X, ) ?

Dann wären viele Abenteuer schon vorbei, bevor sie überhaupt angefangen haben.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ArneBab am 24.07.2022 | 07:35
Der historische "Wilde Westen" war also keineswegs ein "positiv aufgeladenes Setting"...
:d

Dazu passt gut, dass Geschichten im Wilden Westen oft fiktional-überhöhte ehrenhafte Cowboys zeigen. Im Kontrast zu einer kaputten Welt wird deren Ehrenhaftigkeit umso stärker sichtbar, und sie sind einer der wenigen gangbaren Wege, sich eine unschöne Vergangenheit schönzureden, ohne komplett in Illusionen zu versinken.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Crimson King am 24.07.2022 | 08:11
Mal davon abgesehen, dass untergegangene Zivilisationen reichlich erforschbare Ruinen und Loot zurücklassen, finde ich den Aspekt, dass es früher mal eine andere Hochkultur gegeben hat, eigentlich nicht besonders negativ. Bezüglich Negativität stellt sich mir eher die Frage, wie der aktuelle Zustand ist. Befinden wir uns in einer neuen Hochphase, in einer Postapokalypse oder vielmehr direkt in der Apokalypse drin? Wie gehen Menschen und andere damit um?

Settings mit höherem zivilisatorischen Niveau produzieren dagegen ein anderes Spiel, in dem soziale Interaktion insgesamt deutlich stärker betont wird, weil Gewalt als Standardvorgehen zur Konfliktlösung des Öfteren zu Problemen führt.

Mit Blick auf die Geschichte sind Abenteurer im Übrigen tendenziell eher keine Menschen, die höheren moralischen Standards gerecht werden. Die meisten trieb Gier als zentrale Motivation an, Raub, Mord, Plünderung und Versklavung waren an der Tagesordnung, das Leben in den Grenzländern hart und das Maß an Anomie hoch. Ich verstehe sehr gut, dass man sowas nicht spielen will, ich will es auch nicht. Man kann das Problem aber auch von der anderen Seite aus betrachten. Kaputte Settings oder solche, die in großem Maße dunklen Bedrohungen ausgesetzt sind, haben edle Helden viel nötiger als eine Welt, die von Hochzivilisationen in der Blüte ihrer Zeit übersät ist. Eine heile Welt muss nicht geheilt werden.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Raven Nash am 24.07.2022 | 08:17
"Zerstört" muss nicht "negativ" sein - denn wenn alles kaputt ist, ist eigentlich die Zeit des Wideraufbaus gekommen. Der aber kann sich verschieden "düster" gestalten, denn entweder man ergeht sich im "alles ist sinnlos" oder man blickt nach vorne. Normalerweise gibt es beides unter den Überlebenden.

Die meisten grim-dark Settings sind, bei genauerer Betrachtung in Wahrheit auch oft recht lächerlich. Die Alte Welt von Warhammer ist z.B. so eine, bei der ich nie wusste, ob das nun Satire sein sollte, oder ungewollt lächerlich war. 40k sowieso.

Wo liegt nun die Faszination? Für mich ist es eben die Möglichkeit, in jede Richtung zu gehen. Man kann der "Held" sein, aber genauso passt der opportunistische Söldner rein. Sogar in die gleiche Gruppe. Und es ist relativ einfach, die Spieler zu motivieren, weil sie meistens Ressourcen brauchen, egal welche genau.

Dazu kommt noch, dass ich Utopien grundsätzlich für unglaubwürdig erachte. Aber ich glaube halt nicht, dass der Mensch grundlegend "gut" ist, weil ich an das Konzept von Gut und Böse nicht glaube. Und an die Menschen gleich gar nicht. Aber das ist meiner düsteren Seele geschuldet.  >;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Radulf St. Germain am 24.07.2022 | 08:22
Spannende Diskussion. Ich habe schon viel düstere Settings gespielt und mag das irgendwie auch. Irgendwann ist dann aber bei mir Schluss, wenn es zu sehr "edgelordisch" wird und Tabubruch an allen Ecken stattfindet.

Aber ich will jetzt auch mal gern mehr positive Settings haben und die müssen nicht langweilig sein. Ich stelle dazu mal ein paar Thesen auf, die ihr gerne zerpflücken dürft.  ;D

Postapokalyse (vor allem im weiteren Sinne) muss nicht düster sein (gleichzeitig auch von aven Nash gepostet): Ich denke an "Low Life" oder an "Crystal Hearts". Gerade bei letzterem ging viel verloren aber das Leben ist trotzdem nicht schlecht und es gibt viele verlorene Wunder zu finden. Ich denke die Stärke von Grenzalnden und untergegangenen Zivilisationen ist der "Sense of Wonder" und nicht das Elend der Nachgeborenen.

Viele Fantayssettings sind in Teilen auch wieder sehr positiv. (Warhammer ist das Gegenbeispiel.) Gerechte Könige, Helden die den Tag retten, Halblinge werden nicht gemobbt usw. (Halblinge wären Top-Notch Opfer in unserer realen Welt.)

Nicht alle großen düsteren Settings wie Warhammer und W40K sind in meinen Augen deprimierend - sie sind eher satirisch überzeichnet.  Vor allem, weil man nicht die alleinerziehende Mutter mit Strahlenkrankheit spielt, die im Fab arbeitet sondern die coolen Space Marines und Inquisitoren. (Über Vampire et al weiß ich nicht so viel, das scheint mir dann eher wirklich düster.)

Und ist Chuthuluh wirklich düsterer als das, was kurz nach den 20ern in unserer Welt passiert ist? (Point in Case: Fast niemand will ein wirklich realistisches Rollenspiel über das dritte Reich spielen*. Okkulte Magie macht das Setting in meinen Augen erträglicher als düsterer.)



* Ja, gibt es bestimmt. Postet den Link und wir schütteln kollektiv den Kopf bevor wir weiterdiskutieren.  ::)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Loduanor am 24.07.2022 | 08:29
Wenn man weiss wer der Böse ist, hat der Tag Struktur.  :D
In den von dir angesprochenen negativen Settings ist es leicht, Konflikte zwischen den Charakteren und der Welt zu definieren, und aus Konflikten lässt sich eine gute Triebfeder basteln um Abenteuer zu erleben. Da stellt sich dann selten die Frage, wie man die eigenen Taten rechtfertigt - wir sind ja die Guten in einer bösen Welt.

Wenn die Aufteilung zwischen den Sith/Imperium und Jedi/Republik nicht so schwarz/weiss gewesen wäre in den Filmen, wäre die Story eine völlig andere gewesen und Luke hätte gar keine klassische Heldenreise gemacht. Dann wäre es vielleicht um zwei religiöse Splittergruppen gegangen, die mit allen Mitteln versuchen, das Universum nach ihren Vorstellungen zu formen. Vielleicht auch eine interessante Story, aber nicht so leicht Hollywood verdaulich.

Ich persönlich mag im Rollenspiel moralische Konflikte, oder mindestens nachvollziehbare Motivationen von Antagonisten, also eher graue Settings. Wenn Orkhorden plündernd und brandschatzend durch die Gegend ziehen, sollte das beispielsweise einen nachvollziehbaren Grund haben (Dürre, Vertreibung, Machtverschiebung o.ä.), und nicht weil Orks grundsätzlich böse und blutrünstig sind.

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2022 | 08:38
Ich denke die Stärke von Grenzalnden und untergegangenen Zivilisationen ist der "Sense of Wonder" und nicht das Elend der Nachgeborenen.

Solange man sie halt aus der Sicht von Kolonialherren, Touristen, Grabräubern Archäologen und anderen Eindringlingen und nicht aus der von zurückgedrängten Ureinwohnern und eventuellen "eigentlichen" Erben der alten Hochzivilisationen betrachtet, klar. ;) Wobei das vermutlich gleich ein gutes Beispiel dafür ist, wie ein und dasselbe Setting sich prinzipiell schon recht unterschiedlich anfühlen kann, einfach nur je nachdem, auf welcher Seite man eigentlich gerade spielt...
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Maarzan am 24.07.2022 | 08:40
Ein gutes Stück weit mag schlichte (wenn auch nicht zwingend bewußte) Faulheit dahinterstecken. Es ist eben wesentlich leichter, einzureißen als aufzubauen, und in "dreckigen" Welten läßt sich, um's mal etwas drastisch auszudrücken, auch gleich viel besser der wurzel- und verantwortungslose Mörderhobo raushängen, ohne daß man sich deswegen gleich schlecht fühlen muß -- "die anderen sind ja auch nicht besser!", nicht wahr...?

In rechtsfreien Raum lässt sich aber auch etwas unbeschwerter - gerade, wenn man nicht so extrem auf externen Schutz angewiesen ist - aufbauen, wenn man nicht so zwingend auf das Kleingedruckte der Bauordnung und dem rechtzeitigen Besorgen von Passierschein 14 A achten muss.

Die meißten negativen Settings haben wesentlich repressivere Ordnungsautoritäten, welche den Spielercharakteren die Entscheidungsfreiheit nehmen, auch mal für das Gute einzustehen.

Mein Eindruck ist, dass diese repressiven dunklen Autoritäten durchaus mit mehr bilden Flecken und bürokratischer Reibung bis Blindheit gesegnet sind als vom SL als "gut" definierte Autoritäten gegenüber Spielercharakteren. Wenn die erklärten Bösen dann in einen Tempel einbrechen oder auch einen Niederbrennen dann ist das Plot, wenn SC das versuchen ist es dann oft ein quasi als persönlich erlebter Affront, der mit jedem zur Verfügung stehenden Mittel zur Not vom Gott selber mit Blitz vom Himmel bekämpft wird.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Radulf St. Germain am 24.07.2022 | 09:48
Solange man sie halt aus der Sicht von Kolonialherren, Touristen, Grabräubern Archäologen und anderen Eindringlingen und nicht aus der von zurückgedrängten Ureinwohnern und eventuellen "eigentlichen" Erben der alten Hochzivilisationen betrachtet, klar. ;) Wobei das vermutlich gleich ein gutes Beispiel dafür ist, wie ein und dasselbe Setting sich prinzipiell schon recht unterschiedlich anfühlen kann, einfach nur je nachdem, auf welcher Seite man eigentlich gerade spielt...

Ich möchte da höflich ergänzen, dass es mir um einen anderen Aspekt ging, der nichts mit Kolonialismus zu tun hat. Es geht mir in einem Grenzland (oder Grenzalden oder wie immer ich das normalerweise nenne  ~;D) nicht um einen leeren Raum voller Wilder sondern um einen unbekannten Ort. Genauso spannend wie "Ruinen in der Wildnis" finde ich Barbarenhorden, die in ein dekadentes mächtiges Reich einfallen und dort exotische Wunder entdecken. Historische Beispiele gibt es genug und langweilig sind die nicht:

* Germanische Barbaren in Rom
* Alexander in Persien
* Azteken und Tolteken
* Mongolen und Chinesen

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Weltengeist am 24.07.2022 | 09:58
Ich merke in der Diskussion, dass viele hier "negatives Setting" viel weiter definieren als ich. Ich selbst würde beispielsweise den klassischen Wilden Westen oder sowas wie Star Wars nicht als negative Settings sehen, sondern als welche in der Mitte, in denen es sowohl Licht als auch Schatten gibt. Negative Settings sind für mich eher solche, bei denen man den Untergang höchstens ein bisschen verzögern kann (Call of Cthulhu), in denen die Welt von den Bösen beherrscht und geprägt wird (Midnight, Dark Souls, viele Cyberpunk-Sachen) oder in denen so gut wie jeder SC+NSC ein Arsch ist und die Welt das auch so erwartet (Warhammer, Shadowrun, viele Serien- und Computerspiel-RPGs).
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Waldviech am 24.07.2022 | 10:00
Mal ganz davon ab, dass es mehr als genug Settings gibt, in denen Leute auf die Hinterlassenschaften ihrer eigenen Vorfahren stoßen und das durchaus ein Quell von Sense of Wonder ist. Bei Exalted, Fading Suns oder Zeug das in der italienischen Rennaisance spielt, beispielsweise.

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Raven Nash am 24.07.2022 | 10:08
Solange man sie halt aus der Sicht von Kolonialherren, Touristen, Grabräubern Archäologen und anderen Eindringlingen und nicht aus der von zurückgedrängten Ureinwohnern und eventuellen "eigentlichen" Erben der alten Hochzivilisationen betrachtet, klar. ;)
Dazu muss es das aber erstmal geben. Wenn die SCs selbst die Erben der Hochkultur sind, oder es weder Ureinwohner noch lebende Nachfahren gibt, entfällt das ganze Gedöhns.

Ist ja irgendwie lustig, dass du (und wohl auch eine große Menge anderer) bei "untergegangene Hochkultur" zuerst an Südamerika und Ägypten denkst, anstatt an Römisches Reich, Griechenland und Persien.

Darauf baut ja z.B. auch Beowulf (5e) auf - die Hinterlassenschaften der "Riesen", die zum Großteil römische Ruinen sind, usw.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Alexandro am 24.07.2022 | 10:12
Mein Eindruck ist, dass diese repressiven dunklen Autoritäten durchaus mit mehr bilden Flecken und bürokratischer Reibung bis Blindheit gesegnet sind als vom SL als "gut" definierte Autoritäten gegenüber Spielercharakteren. Wenn die erklärten Bösen dann in einen Tempel einbrechen oder auch einen Niederbrennen dann ist das Plot, wenn SC das versuchen ist es dann oft ein quasi als persönlich erlebter Affront, der mit jedem zur Verfügung stehenden Mittel zur Not vom Gott selber mit Blitz vom Himmel bekämpft wird.

Habe ich komplett umgekehrt erlebt. Wenn die SC in bösen Settings irgendetwas übergriffiges machen, dann passiert erstmal gar nichts, es kommt nichtmal zu Spielinhalten ("Wie vertuschen sie das?"). Wenn sie die bösen Tempelanzünder-NSC selber zur Strecke bringen wollen, dann sind diese idR zu connected, dass schon der Versuch (selbst wenn er scheitert) durch das Setting bestraft wird, gerne mal durch NSC die plötzlich mehr Informationen haben, als sie sollten, um den Spielern zu zeigen wo der Hammer hängt. *würg*

Dagegen ist moralisch fragwürdiges Verhalten in guten Settings wesentlich interessanter: sowohl von Spielerseite (wenn die SC oder NSC fragwürdiges Verhalten vertuschen wollen, dann hat man den Plot für mehrere Spielabende, während dies in dysteren Settings auf ein "is' ja eh egal" hinausläuft).

Eher ist es so, dass man in guten Settings häufiger mit Bedrohungen für dieses zu tun hat, gerne auch mal von innen (siehe Star Trek, mit seinem "korrupten Starfleet-Admiral der Woche").
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Runenstahl am 24.07.2022 | 10:48
Ich kann da keine spezielle Tendenz erkennen. Klar gibt es "finstere" Settings, aber es gibt auch genug andere. Die Mischung machts und ich persönlich mag beide Settingtypen. Und ein bißchen ist es auch Geschmackssache. Ist Star Wars während der klassischen Filme nun ein Negativ-Setting weil dort das Böse regiert ? Meiner Meinung nach nicht, aber wie gesagt: Geschmackssache.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 24.07.2022 | 10:55
Ist Star Wars während der klassischen Filme nun ein Negativ-Setting weil dort das Böse regiert ? Meiner Meinung nach nicht, aber wie gesagt: Geschmackssache.

Wow. Die Zieheltern des Helden werden in reinster Nazi-Manier liquidiert und dann ein ganzes Planet mit Milliarden Wesen weggeblasen, dass die Atombomben gegen Hiroshima und Nagasaki nichts dagegen sind.

Naja, ich bin sicher es gibt Leute, die sagen man müsse einfach mehr positiv denken, dann wäre das alles ja nicht so schlimm.  >;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 24.07.2022 | 10:59
Star Wars ist mE kein negatives Setting, sondern der klassische Kampf gut vs böse. Wäre es ein negatives Setting, wären die Rebellen im Endeffekt genauso brutal & verkommen wie das Imperium; sind sie aber nicht. Und (Spoiler) die gewinnen sogar... ;)

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Boba Fett am 24.07.2022 | 11:00
Moin!

Ich frage mich echt, woher dieser Hang zu den "negativen" Settings kommt. Sind düster Settings wirklich beliebter in der Spielerschaft?

Dystere Settings (dark irgendwas, geht ja auch in allen Genres) haben (immer) ihre Anhänger.
Und ich hab ein bisschen den Eindruck, dass es auch "Mode-Wellen" gibt, wo diese Settings mehr Zulauf finden und die dann auch wieder abflauen.
Aber das gibt es wohl auch in anderen Pop-Medien, Comics, Movies, TV-Serien und Romanen. Und da die ja alle verbandelt sind pushen sich solche Wellen eben manchmal auch zu Hypes.

Inwiefern die dysteren Edgelords, die in purer Darkness schwelgen, dann wirklich plausibel sind, würde ich gar nicht bewerten wollen, denn ich bewerte ja auch nicht den Paladin Max Mustermann in seiner shiny sparkling Rüstung. Und ob die fünsteren Mordbuben on the Block wirklich mehr verbrannte Asche hinterlassen, als die üblichen Murder-Hobos würde mich auch (nicht) interessieren.

Es ist halt Eskapismus. Und manchmal möchte man eskapistisch auf die Kacke hauen, dass es nur so spritzt. Wer's mag...


Star Wars: kömmt drauf an. Der übliche Rebellions-Widerstandskampf "Wir stürzen den Tyrannen und stellen die gute alte Republik (die eigentlich total verkommen war)!" ist wohl eher "Brave Hero" Krams.
Auch da könnte man mal gucken, inwiefern der Zweck die Mittel heiligt (Rogue One macht das ja vor). Aber das ist ja nicht die einzige Bühne mit Lichtschwert-Lightshow dran.
Edge of the Empire (Ennio Morricone Spaghetti Western Musik - Start!) könnte man dyster präsentieren, Clone Wars auch, Ritter der alten Republik bestimmt auch.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Eadee am 24.07.2022 | 11:04
Das ist mir auch schon aufgefallen und es hängt mir zum Hals raus. Selbst das eigentlich positiv aufgebaute DSA hat ja mit der G7 gut ein viertel seiner Spielwelt weggebombt und durch postapokalyptische S****** ersetzt, nur weil Horror- und Postapokalyptische Spiele Trendy wurden.

Ich muss zugeben ich spiele auch gerne mal WoD, Shadowrun oder Cthulluh wenn ich es düster mag. Aber ich will eben auch Spiele und Settings die einen Kontrast dazu bieten, in denen die Spielwelt erstmal grundlegend positiv oder wenigstens neutral dargestellt wird.

Einen seltsamen Kontrast bildet die Faszination für negative Settings übrigens auch zum Siegeszug der Gummipunkte, die neuerdings überall rein müssen, damit es bloß nicht zu gefährlich wird und man sich am Spieltisch Erfolge kaufen kann. Die wirklich harten Regeln, die zu "düster und dreckig" passen würden, laufen unter Old School Revival und werden mehrheitlich von einigen alten Säcken jenseits der 45 gespielt, sind der Mehrheit aber schon lange nicht mehr zuzumuten, weil man sich doch eigentlich lieber garantierte Erfolgserlebnisse verabreichen lassen möchte.

Faszinierende Beobachtung, ja, die ganzen düsteren Settings hatten auch früher schon solche Mechanismen (karmapool bei Shadowrun, Willpower bei WoD).

Ich kann mir gut vorstellen dass ein System das in beiden Kategorien (Spielwelt und Regeln) gleichermaßen fies ist, wenig Spaß macht und auch ein System das in beiden gleichermaßen überfreundlich ist, schnell seinen Reiz mangels Herausforderung verliert.

Ich mag es wenn die Regeln fies sind, die Spielwelt aber eher freundlich ist. Dann versucht man Konflikte eben eher nicht durch Kämpfe zu lösen, weil die NSCs meist rational oder gut sind und ein Kampf ECHT gefährlich ist.

Ich mag aber auch Rollenspiele in denen alles und jeder böse ist, die Regeln aber erlauben mit Gummipunkten oder ähnlichem da nochmal rauszukommen. Da riskiert man gerne mal zu kämpfen (es trifft ja eh keinen Falschen) und hat trotzdem brauchbare Chancen zu überleben.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 24.07.2022 | 11:06
Wie oben gesagt, zeichnet ein negatives Setting sich für mich dadurch aus, dass Idealismus sinnlos ist, vom Setting selbst bestraft wird. In einem negativen Setting ist die einzige sinnvolle Verhaltensweise, selber ähnlich skrupellos und opportunistisch zu sein wie alle anderen auch. Cyberpunk ist da für mich ein Beispiel, oder Warhammer. Auch in eigentlich nicht rein negativen Settings kann es Orte geben, die so funktionieren (in Star Wars bspw Mos Eisley), aber das sind begrenzte Gebiete, nicht das ganze Universum.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Runenstahl am 24.07.2022 | 11:07
Wow. Die Zieheltern des Helden werden in reinster Nazi-Manier liquidiert und dann ein ganzes Planet mit Milliarden Wesen weggeblasen, dass die Atombomben gegen Hiroshima und Nagasaki nichts dagegen sind.
Naja, ich bin sicher es gibt Leute, die sagen man müsse einfach mehr positiv denken, dann wäre das alles ja nicht so schlimm.  >;D

Star Wars ist mE kein negatives Setting, sondern der klassische Kampf gut vs böse. Wäre es ein negatives Setting, wären die Rebellen im Endeffekt genauso brutal & verkommen wie das Imperium; sind sie aber nicht. Und (Spoiler) die gewinnen sogar... ;)

Danke das ihr meinen Post derart bildhaft untermauert. Genau wie ich sage: Geschmackssache.  ;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Aedin Madasohn am 24.07.2022 | 11:14
"alles ist kaputt (gegangen)" sein? - Also, im Sinne von, will die Spielerschaft das wirklich so?

Streckenweise ist in einem SF Setting das ja der Notnagel für Designer/Autor und nachher auch Spiellleitung, dass

es zwar Supertechnologie gibt: Energiebedarf der Hyperraumreise ist gedeckt, Superrechenpower für die Sprungberechnung liegt vor

genau diese Power aber nachher nicht "frei" verfügbar ist, um alle "Probleme" zu lösen.
hey, wir lassen den Hyperrraum-Energieabzapfer unseres Raumschiffes einfach den ganzen Planeten mit sauberer Energie versorgen und unsere SuperBord-KI im Zentralrechner einfach immer die besten und gerechtesten Lösungen errechnen und schon sind WIR "Helden/Explorer"Beschützer/Space-Ärchaologen" überflüssig
danke für eure Zeit in der Sitzung 1 und jetzt bestellen wir Pizza, auf Netflix läuft garantiert noch was...

Raumschiffe gibt es, sie bauen auf Technologien auf, die nicht jeder Planet mehr reproduzieren kann, die auch mal Fehlspringen (und es gibt keine gute Obrigkeit, die dann Spacenotrettungsteams losschickt. Ersatzteile kann man auch nicht so einfach online ordern und sich schicken lassen undundund)
und wo die Runde auch mal über halb vergessene/aufgegebene Sackgassenwelten stolpern darf, auf denen mehr oder weniger skurille Gesellschaftsmodelle exestieren (man denke an SF Fernseh-Serien), die in einem voll vernetzten Universum ihre liebe Not hätten mit "Öffentlichkeit" 

Waffen dürfen auch nicht zu mächtig werden  ;)
ansonsten killen ja SuperKI-wendig bis zum Abwinken, Reichweite per Hyperraum unendlich, Sprengkraft unbegrenzt KamikazeDrohnen jeden Piraten/Despoten/böse Aliens/heranrasenden Meteroiten auf dem ersten Meter
Battledroid Armeen/Polizei/Justiz unter Leitung einer unsäglich guten "gerechten" unkorrumpierbar programmierten KI regeln alles zur vollsten Utopie

also, zu viel Technologie bringt einen Kipppunkt. Übermächtig gut lässt sich wenig spielen. Wird übermächtige Technologie zum Gegner, sind wir wieder in der Cyperpunk Dystopie. Also der "Mittelweg" mit "broken" Technologielevel, wo plötzlich der Mensch/Spezies mit eignem Kompass wieder wichtig wird.

gute/helfende Chars lassen sich ja dort gut aussoielen, wo sie den Kontrast in einem garuen Setting herausarbeiten können (wenn die Tischrunde es überhaupt will)
Spacegemetzel wie 40K kann Tabletop eh besser


Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2022 | 11:14
Dazu muss es das aber erstmal geben. Wenn die SCs selbst die Erben der Hochkultur sind, oder es weder Ureinwohner noch lebende Nachfahren gibt, entfällt das ganze Gedöhns.

Ist ja irgendwie lustig, dass du (und wohl auch eine große Menge anderer) bei "untergegangene Hochkultur" zuerst an Südamerika und Ägypten denkst, anstatt an Römisches Reich, Griechenland und Persien.

Sagen wir's mal so: das Römische Reich (ob das nun wirklich so "hoch" war oder nicht, sei dahingestellt, in Sachen militärische Vorherrschaft war es jedenfalls im Mittelmeerraum und drum herum für eine ganze Weile tatsächlich dominierend) ist natürlich das Vorbild schlechthin für die verklärte untergegangene Zivilisation in so ziemlich jedem Fantasysetting. Gerade aus der Sentimentalität der Hinterbliebenen erklären sich ja so manche gängige Klischees direkt. Aber da gab's halt auch schnell keine weitab vom Weg liegenden Ruinen mit irgendwelchen lange verlorenen Gegenständen mehr, weil die Geschichte im ehemaligen Reichsgebiet munter weitergelaufen ist -- um das Gegenstück vom "Abenteurer im Dungeon" und "Sense of Wonder durch Exotik zum Bestaunen" zu kriegen, mußt du schon in Gegenden vorstoßen, wo von deiner Protagonistenkultur seit mindestens ein paar Jahrzehnten keiner mehr (oder einfach von vornherein noch so gut wie nie jemand) war.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 24.07.2022 | 11:14
Mir fällt da immer"Riddick" (Vin Diesel) ein.
"Riddick 3"- "Überleben ist seine Rache."
 ~;D

Ich habe den Film nie gesehen.
(In einen der Teile habe ich Mal kurz reingeschaut, und beschlossen, dass ich nichts verpasse)

" Walking Dead" hat ja auch seine Fans, die sich an Szenarien erfreuen, wo es ums blanke Überleben geht.
Da wird der Mensch dann zum Tier.
Und gezwungenermaßen zur Metzelmaschine. Weil er keine andere Wahl hat.


Das spielt quasi mit dem Ur- Überlebenstrieb. Adrenalin pur.
Vielleicht erhoffen sich manche dadurch auch ein intensiveres Spielerlebnis inklusive aggressiver Gegner und weniger SL- Gnade.
(Als üblich)


Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Weltengeist am 24.07.2022 | 11:23
Dystere Settings (dark irgendwas, geht ja auch in allen Genres) haben ihre Anhänger.

Das ist ja nicht der Punkt. Natürlich haben sie das, und natürlich ist das legitim.

Das Seltsame ist, dass in letzter Zeit sehr viele Settings, die neu rauskommen, auf dieser Schiene reiten. Übrigens nicht nur im Rollenspiel, sondern auch bei Romanen, Graphic Novels, Filmen/Serien und Computerspielen. So als ob die Mehrzahl der Menschen, die sich mit Medien beschäftigen, nur noch darauf stehen würden. Und das deckt sich halt nicht mit meiner Beobachtung am Spieltisch, wo die meisten sich schon von der Illusion von Gefahr fast bis zur Handlungsunfähigkeit einschüchtern lassen.

Ich sehe diese Tendenz mit einer gewissen Sorge, weil sie auch etwas über die Weltsicht der Menschen aussagt. Die Message in den Medien ist häufig: Die Welt ist total scheiße, und du kannst entweder gar nichts daran ändern oder nur dann, wenn du zur Drecksau wirst oder zufällig ein Superheld bist. Das ist - wenn es zur Regel wird - kein gutes Narrativ, auch und gerade mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: YY am 24.07.2022 | 11:33
Das Seltsame ist, dass in letzter Zeit sehr viele Settings, die neu rauskommen, auf dieser Schiene reiten. Übrigens nicht nur im Rollenspiel, sondern auch bei Romanen, Graphic Novels, Filmen/Serien und Computerspielen. So als ob die Mehrzahl der Menschen, die sich mit Medien beschäftigen, nur noch darauf stehen würden.

Auch wenn es hier endgültig zur allgemeinen Medienkritik wird (immerhin gilt es auch für Rollenspielsettings):

Da wird gerne mal Dysternis mit Tiefgang verwechselt und dementsprechend ist das für viele eher nicht so talentierte Autoren eine willkommene Abkürzung.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Aedin Madasohn am 24.07.2022 | 11:40
...das Römische Reich ...weil die Geschichte im ehemaligen Reichsgebiet munter weitergelaufen ist... "Abenteurer im Dungeon" und "Sense of Wonder durch Exotik zum Bestaunen" zu kriegen, mußt du schon in Gegenden vorstoßen, wo von deiner Protagonistenkultur seit mindestens ein paar Jahrzehnten keiner mehr (oder einfach von vornherein noch so gut wie nie jemand) war.

Kaiser Tiberius hat sein verrufenes Lustschloss ("Fischchen") auf einer Insel hinterlassen, wo die Sonne im Meer versinkt.
Trutzig, abweisend, so (ver)baut, dass der alte, menschenscheue Kaiser seine Ruhe hatte...
...so hoch auf den Felsen gebaut, dass inzwischen so einiges abgestürzt/eingestürzt ist...
...schaurige Geschichten bei der örtlichen Bevölkerung, die die Villa meiden...
aus gutem Grund vielleicht...?

diverse in unwirtlicher Landschaft (nubische Wüste, Puntland, Orphim) nur mit der Logistik eines Imperiums versorgbare Goldminen
harren mit ihrer letzten nicht abgeholten Goldausbeute den Schatzsuchenden...
...abgelegen in der syrische Wüste - arabische Limes Kastelle, zugemauert im Hadrianswall, verlassen in der caledonischen Einöde der Antoniuswall...
bergen noch "römisch/byzantinische wunderliche Vergeltungswaffen", inzwischen verbotene Schriften von damals populären christlichen Sekten, Heidenkulten und vor inquisitorischen Bücherverbrennungen gerettete medizinische Werke der Antike (bei fantasy-Einschlag: Grimoire zur Beschwörung von Krankheiten unter den erwarteten Barbaren Belagerern, die jetzt aber...)

innerhalb der riesigen Stadtmauer des antiken Roms liegen aufgegebene Stadtviertel - größer als der Teil der heute dicht bewohnten...
...es wird gemunkelt, dass der Baccus-Kult dort noch immer Menschen bei Orgien zerreißt...
...exotische, menschenfressende Bestien aus Tierhaztenzeiten hier auf die vereinzelten Streuner jagt machen...
...der heilige Stein der magnesischen Magna Mater eines Finders hart...
 ..unten die Krypta toter (??? >;D) Heidenkaiser, oben die angstschlotternden Lebenden, die sich hier verschanzten, doch werden enge Zugänge und tonnenschwere Tore (die nur dank nicht mehr verstandener griechischer "Mechanik" bewegbar waren) nicht gar zu einer Mausefalle für einen selbst, wenn...

...möge das Abenteuer mit euch sein  ;D  ~;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2022 | 11:40
Auch wenn es hier endgültig zur allgemeinen Medienkritik wird (immerhin gilt es auch für Rollenspielsettings):

Da wird gerne mal Dysternis mit Tiefgang verwechselt und dementsprechend ist das für viele eher nicht so talentierte Autoren eine willkommene Abkürzung.

Mit anderen Worten, letztendlich erleben wir hier auch nur mal wieder Sturgeons Gesetz (https://de.wikipedia.org/wiki/Sturgeons_Gesetz) in Aktion. Ich denke, dem würde ich zustimmen. :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Pyromancer am 24.07.2022 | 11:59
Das Thema "untergegangene Hochzivilisation" ist halt auch sehr tief in der Geschichte verankert. Das geht ja mindestens mit dem Zusammmenbruch der Bronzezeit von vor 3000 Jahren los. Xenophon beschreibt in der Anabasis, wie die Griechen an den Ruinen uralter, verlassener Städte vorbeiziehen, und wer die Pyramiden erbaut hat wusste damals auch keiner mehr. Der "Untergang" des römischen Reiches im Westen war dann nochmal ein Einschnitt, der vor allem ab der Renaissance betont wurde.

D.h. in Europa, im Mittelmeerraum und im Nahen Osten hast du "seit Menschengedenken" den Zustand, dass es immer eine untergegangene Hochzivilisation vorher gab.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 24.07.2022 | 12:07
Star Wars ist mE kein negatives Setting, sondern der klassische Kampf gut vs böse. Wäre es ein negatives Setting, wären die Rebellen im Endeffekt genauso brutal & verkommen wie das Imperium; sind sie aber nicht. Und (Spoiler) die gewinnen sogar... ;)

Du sagst also: düstere Settings sind nur solche, wo man nicht gewinnen kann?  :think:

Du Frage ist halt, wo man die Kamera draufhält.

Ich will jetzt natürlich nicht wieder die Diskussion "Wieviele Zivilisten auf dem Todesstern draufgegangen sind." aufmachen.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Vielleicht einigen wir uns einfach auf "Ich will ein Wohlfühl-Setting mit klarer Schwarz-Weiß-Moralität, wo ich mir keine Sorgen machen muss Unschönes hinter dem Vorhang zu finden."
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Pyromancer am 24.07.2022 | 12:16
Ich leite gerade noch Godbound. Das ist vom Setting her eine kaputte, ungerechte Welt, aber die SCs sind mächtig genug, das zu ändern. Das kommt aber bei einem Teil der Spielerschaft sehr schlecht an: "Das ist mir zu viel Verantwortung."
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 24.07.2022 | 12:27
Du sagst also: düstere Settings sind nur solche, wo man nicht gewinnen kann?  :think:

Nein, ich sage, ein düsteres Setting ist eines, in dem man (nur) gewinnen kann, wenn man selbst nach den Regeln des Settings spielt, und sich eben "düster" verhält. Ja, die Rebellen bei Star Wars haben den Todesstern gesprengt, weil er eine Massenvernichtungswaffe war und Krieg herrschte. Hätten sie Coruscant in die Luft gejagt, um den Imperator zu killen, wär das "düster"; es wär mE aber auch nicht mehr Star Wars...

Du Frage ist halt, wo man die Kamera draufhält.

Jain. Man kann (in Film, Literatur, Rollenspiel) nur ausgewählte Orte zeigen, die "düster" sind, und ignorieren, dass nebenan das ideale Utopia herrscht. Ich hatte allerdings den Eindruck, es geht Doc Byte um Settings, in denen die ganze Welt, das ganze Universum so ist. In einem Cyberpunk-Setting wird es vermutlich kein Land mit einem funktionierenden, klassenlosen Kommunismus geben, da das die Grundlage des Settings, die Allmacht der Konzerne, konterkarieren würde.

Vielleicht einigen wir uns einfach auf "Ich will ein Wohlfühl-Setting mit klarer Schwarz-Weiß-Moralität, wo ich mir keine Sorgen machen muss Unschönes hinter dem Vorhang zu finden."

???

Das verstehe ich nicht. Schwarz-weiß sagt doch grade, dass es beides gibt, schönes und unschönes, und man sich nicht sicher sein kann, was man hinter einem Vorhang findet. In den Düster-gritty-dark-Settings hingegen ist klar, hinter dem Vorhang ist es genau so grau-in-grau wie davor.

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 24.07.2022 | 12:28
Moin, moin!

Ich vermute, das Thema wurde sicher schon mal besprochen, aber ich hab mit der SuFu nichts passendes gefunden. Aus aktuellem Anlass beschäftig mich wieder mal die Frage der "negativen" Settings.

@Teylen hat drüben im Kickstarter Thread eine schöne neue, aktuelle Übersicht verlinkt und dabei sprang mir dieser KS ins Auge: https://gamefound.com/projects/a-game-of-nerds/deep-sky-ballad "Space Western" ist ja nun mal voll mein Thema und ich dachte mir, "schau mal rein, was die 'Konkurrenz' so macht". Und dann springt mich direkt im ersten Satz das hier an: "In a once-united galaxy, war and hatred have taken everything away, leaving only blackened ruins behind."

Da dachte ich mir nur: "Och nee, nicht schon wieder noch eine Dystopie, Post-Apo, wie immer man es nennen will..."

Ich frage mich echt, woher dieser Hang zu den "negativen" Settings kommt. Sind düster Settings wirklich beliebter in der Spielerschaft? Oder ist das nur ein gefühlter Eindruck, der sich für mich irgendwie auch hier im Forum zeigt. Liegt es darin begründet, dass sich in einem düsteren Umfeld einfacher Geschichten finden lassen, welche die Charaktere strahlen lassen? (Sei es jetzt subjektiv oder auch objektiv.) Oder täuscht micht der Eindruck total und positive Settings sind eigentlich genauso beliebt wie die finsteren?

Ich meine, erst diese Woche kam ja hier im Forum die Diskussion "Ist Lorakis tatsächlich "zu lieb und zu hell"?" auf, um nur ein Beispiel zu nennen. Und auch ansonsten hab ich das Gefühl, dass hier im Forum viel öfters über dunkle Settings gesprochen bzw. danach gefragt wird.

Warum kommen positive / freundliche Settings gefühlt weniger gut in der Rollenspielszene weg? Ich meine, ich sehe ein, dass es ohne ein gewisses Konfliktpotenial wirklich herausfordern ist, spannende Abenteuer zu bauen, aber muss es wirklich immer der große Holzhammer "alles ist kaputt (gegangen)" sein? - Also, im Sinne von, will die Spielerschaft das wirklich so? Das man auch funktionierende Settings mit einer positiven Grundausrichtung bauen kann, ist mir klar. Das macht bspw. DSA seit fast 40 Jahren so, auch wenn selbst das nicht ohne seine finsteren Ecken und Episoden auskommt. Nur dominieren die halt nicht das komplette Spielgefühl des Settings.

Ich finde es einfach schade, wenn ich auf ein potentiell interessantes neues Setting stoße und dann nach wenigen Sätzen feststellen muss, dass es mal wieder auf einer Dystopie oder dem Zusammenbruch einer alten Hochkultur basiert, um den Bogen zurück zum anfang zu schlagen.  :-\

Ich denke es ist einfacher in einer kaputten Welt ein "wir" Gefühl in der Gruppe zu erzeugen und moralisch leichter aus etwas kaputtem etwas aufzubauen. CoC würde ich z.Bsp. nicht als "negatives" Setting beschreiben. weil es eine vordergründig heile Welt darstellt. Der überwiegende Teil der Menschheit wird von dem Mythos zu Lebzeiten nie betroffen sein, oder nie etwas davon mitbekommen. Ich erlebe aber immer mal wieder, dass Spieler sich in solchen Settings auf die Ordnungshüter verlassen anstatt selbst aktiv zu werden, einfach weil "das Recht" auf ihrer Seite ist. Als Gegenstück zu einer heilen Welt habe ich bei Degenesis noch nicht erlebt, dass eine Gruppe mal auf die Idee kam, hey lass uns doch den Spitaliern bescheid sagen, dass wir ein Problem haben.

Um mal bei dem CoC Beispiel zu bleiben, in dem Spiel können die Spieler immer nur gegen etwas Kämpfen und verhindern das die "positive" Welt zu etwas negativem wird aka erwachen der großen Alten usw. Wenn ich eine abgefuckte Welt habe wie die von "Death in Space" dann ist es meist Ziel sich etwas aufzubauen um sicher zu sein, etwas zu verbessern in der Welt (neben der möglichen Option einfach alles noch schlechter zu machen). Meine Erfahrung ist aber wenn man den Spielern die Wahl lässt, macht gutes oder macht schlechtes tun sie meist das gute, auch in einer verdorbenen Welt. Ausnahmen gibt es immer, die waren aber derart grenzwertig, dass ich die Leute nicht in meiner Gruppe haben wollte.

Für mich ist der Reiz an negativen Settings, dass das "wir gegen den Rest der Welt" Gefühl viel stärker ist und eher zusammenschweißt, weil man als einzelner keine Chance hat und auf andere angewiesen ist. Der Impact Gutes zu tun ist präsenter als wenn man in einer positiven Welt Gutes tut. Da haben meist eher die Leute Vorteile die sich nicht an die Regeln der Gesellschaft halten und damit auch noch durchkommen.

Meistens führen positive Settings dazu, dass man gezwungen ist diese heile Welt irgendwie kaputt zu machen, damit die Spieler etwas zu tun haben. Und diesen miesen Job *g* überlasse ich dann gern den Autoren :D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Alexandro am 24.07.2022 | 12:33
Du sagst also: düstere Settings sind nur solche, wo man nicht gewinnen kann?  :think:

Ja (zumindest nicht, ohne schier unüberwindbaren Aufwand (bei Warhammer 40k: die Bürokratie des Imperiums reformieren, den Imperator aufwecken und gemeinsam den Webway wiederherstellen, nachdem man Frieden mit den Eldar und Tau geschlossen hat), welcher das Setting komplett umkrempelt).

Ein weder düsteres noch helles Setting wäre eins, wo es keine Moral gibt und die SC nach Belieben agieren können, ohne dass die Welt groß darauf reagiert (bzw. sich die Reaktionen sehr lokal begrenzt sind, z.B. wenn es keine Autorität gibt, die über das Munizipale hinausgeht, und die SC halt einfach nur weiterziehen müssen, um sämtlichen Konsequenzen ihres Verhaltens zu entkommen).

Ein helles Setting wäre eines, wo die Leute generell gute Absichten haben und mit Vernunftargumenten überzeugt werden können. Natürlich heißt das nicht, dass es in solchen Settings keine dunklen Flecken geben kann (so wie es in düsteren Settings auch moralisch integere Leute geben kann), aber die SC haben nicht das Gefühl "Die ganze Welt ist gegen dich und um daran etwas zu verändern musst du die Welt fundamental umgestalten".

Zitat
Du Frage ist halt, wo man die Kamera draufhält.

[...]

Vielleicht einigen wir uns einfach auf "Ich will ein Wohlfühl-Setting mit klarer Schwarz-Weiß-Moralität, wo ich mir keine Sorgen machen muss Unschönes hinter dem Vorhang zu finden."

Die Frage ist, wie dick der Vorhang ist.

Bestes Beispiel 7te See: vom Anstrich her ein klassisches Heldensetting in einer aufgeklärten, weitgehend gleichberechtigten, Welt in der die negativen Seiten unserer Welt größtenteils überwunden sind. Im Hintergrund gibt es allerdings so viele Bedrohungen für diese heile Welt, dass es einigen das Setting verhageln könnte, wenn sie das Gesamtbild erkennen (und nicht nur den "Villain der Woche"
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2022 | 12:34
Ich leite gerade noch Godbound. Das ist vom Setting her eine kaputte, ungerechte Welt, aber die SCs sind mächtig genug, das zu ändern. Das kommt aber bei einem Teil der Spielerschaft sehr schlecht an: "Das ist mir zu viel Verantwortung."

Ein bißchen mag da auch mit hineinspielen, daß in der klassischen Erzählweise die Leute, die die Welt tatsächlich verändern wollen, normalerweise die "Bösen" sind, während die "Guten" eher konservativ nur den Status Quo verteidigen und ggf. die eine oder andere aktive Bedrohung dafür ausschalten möchten. Ist nicht immer und überall so, aber doch speziell im Reiche der Fiktion ein fast schon verdächtig weit verbreitetes Muster...und selbst in den Fällen, in denen die "Guten" da doch mal die aktive Rolle übernehmen, geht's oft genug nur um die Wiederherstellung eines verlorengegangenen Status Quo Ante (Beispiele Star Wars, wo die Rebellen ja eigentlich auch nur ihre alte Republik statt eines Imperiums zurückhaben wollen, oder Robin Hood, wo der politische Winkel traditionell daher kommt, daß eben nicht der "richtige" König auf dem Thron sitzt), nicht um einen revolutionären Aufbruch in komplett neue Gefilde.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 24.07.2022 | 12:35
Ich sehe diese Tendenz mit einer gewissen Sorge, weil sie auch etwas über die Weltsicht der Menschen aussagt. Die Message in den Medien ist häufig: Die Welt ist total scheiße, und du kannst entweder gar nichts daran ändern oder nur dann, wenn du zur Drecksau wirst oder zufällig ein Superheld bist. Das ist - wenn es zur Regel wird - kein gutes Narrativ, auch und gerade mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen.

Der westlichen Welt sind sowohl die Utopien abhanden gekommen, als auch die Überzeugung, dass das Morgen besser wird als das Gestern es war. Im Gegenteil, viele Menschen erleben oder befürchten sehr real, dass sich ihre Situaiton fortwährend verschlechtert, und sich vermutlich weiter verschlechtern wird.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Radulf St. Germain am 24.07.2022 | 12:57
Ich finde es übrigens nicht schlimm, dass Leute düstere Settings mögen,  merke aber für mich, dass ich aktuell eher mal was fröhliches will.

Interessante Diskussion, was ist "düster" (oder besser, was ist es nicht).

Ein Setting wird für mich nicht dadurch düster, dass es Böses gibt. Ich finde Isegrimm macht einen guten Punkt, wenn er sagt, im düsteren Setting kann man nur als Arsch gewinnen.

Für mich wären weitere Punkte:

* Eine gewisse Hoffnungslosigkeit (Star Wars ist voller Hoffnung, auch wenn es manchmal nicht so richtig läuft)
* Gewisse Tabuthemen werden in den Mittelpunkt gerückt, d.h. sie existieren nicht nur in der Welt, sondern werden im Detail beschrieben. (Nicht düster: "Ich will gar nicht beschreiben, was ich in der Höhle gesehen habe!" Düster: Detaillierte Aufzählung sexualisierter Verbrechen bei denen dem Kannibalen von Rothenburg die Wurst im Hals stecken bleibt.)

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 24.07.2022 | 13:24
Definition (meine) von "düster": Die Meta Probleme der Welt sind zu groß, als dass sie von den Helden in naher Zukunft gelöst werden können.
(Die Umwelt/Gesellschaft  ist gefährlich/feindlich, dort zu überleben ist hart)
Die Helden können nur im Kleinen etwas bewirken. Jeder Tag ist ein Kampf.


Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Radulf St. Germain am 24.07.2022 | 13:31
Ich finde es spielt auch eine große Rolle, wie ernst sich das Setting nimmt, das die oben genannten Eigenschaften hat.

Paranoia wäre ein düsteres Setting, wäre da nicht der humoristische Anstrich.

Ein gutes Beispiel aus der Nichtrollenspielwelt ist "Walking Dead" vs "Z Nation". Das erstere ist düster, das zweite nicht so sehr.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2022 | 14:04
Definition (meine) von "düster": Die Meta Probleme der Welt sind zu groß, als dass sie von den Helden in naher Zukunft gelöst werden können.
(Die Umwelt/Gesellschaft  ist gefährlich/feindlich, dort zu überleben ist hart)
Die Helden können nur im Kleinen etwas bewirken. Jeder Tag ist ein Kampf.

Ist wahrscheinlich was dran. Gib mir eine Welt mit zunächst mal düsteren Aussichten, die aber unter Mithilfe unserer Spielercharaktere konkret verbessert werden können, und wir können darüber reden; ist die Welt einfach nur finster um der Finsternis selber willen und ohne Möglichkeiten für uns, daran wirklich etwas zu ändern, dann pfeif drauf. Dafür hab' ich schon die unschöneren Aspekte der richtigen Welt (die ich mich übrigens weigere, ihrerseits schon als grundsätzlich "düster" zu betrachten; so viele Komplettarschlöcher hat sie denn nun doch nicht), das brauche ich also nicht auch noch extra im Rollenspiel.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 24.07.2022 | 14:30
Das verstehe ich nicht. Schwarz-weiß sagt doch grade, dass es beides gibt, schönes und unschönes, und man sich nicht sicher sein kann, was man hinter einem Vorhang findet. In den Düster-gritty-dark-Settings hingegen ist klar, hinter dem Vorhang ist es genau so grau-in-grau wie davor.

Ja, aber Schwarz-Weiß-Setting sagt meist auch, dass man sich darauf verlassen kann, dass es eine klare Lösung, einen simple Ausweg aus der Misere gibt. Der Weg dorthin mag mit noch so viel Schweiß, Tränen, Blut und Leichen gepflastert sein, aber wenn man an sich und seine absoluten Werte glaubt und nicht aufgibt, dann führt der Weg fürs Kollektiv ins Licht.

Ich glaube mit der Beschreibung ist schon einsehbar, dass diese Wohlfühl-Settings bei manchen Leuten halt auch negative Assoziatione wecken, während andere sich da gerne reinträumen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Runenstahl am 24.07.2022 | 14:46
Für mich ist nicht belegt das es derzeit in zunehmendem Maße "Finstere" Produkte in den Medien gibt. Klar gibt es so einige, aber nehmen die wirklich überhang ? Da werden wir aber wohl auch keine "Belege" für finden, denn wie schon festgestellt ist es ja bereits sehr subjektiv was denn überhaupt "Finster" bedeutet. Der zweite unklare Punkt dürfte sein, ab wann man denn diesen "neuen" Trend feststellen will. Cthulhu & Vampire z.B. ist zwar fast immer Finster, aber nicht wirklich neu.

Zumindest aus meiner Sicht gibt es da derzeit keinen Überhang. The Boys würde ich durchaus als Düster bezeichnen, aber zum Ausgleich gibt es einen ganzen Haufen von Marvel-Serien die das Gegenteil sind. Auch der neue D&D Film scheint ebenfalls nicht wirklich finster zu werden. Und was RPGs angeht; zumindest bei den offiziellen D&D Settings würde ich nur "Ravenloft" als Finster betrachten und das neu erscheinende Spelljammer ist wohl auch eher bunt als düster. Natürlich gibt es viele "Edgy" Settings auf dem Markt. Aber machen die wirklich die Überzahl aus ? Ich sehe das zumindest nicht so.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 24.07.2022 | 14:48
@ Tartex: Das macht sie aber nicht zu "düsteren Settings" im Sinne des Thread-Themas. Ist ja schön, dass du offensichtlich solche "schwarz-weiß"-Settings ablehnst, und mag sein, dass bei dir gritty-grim-dark-Kram besser ankommt als geschnitten Brot. Aber muss dieser Thread, wie so oft im Forum, daher in eine sinnlose Definitionsdebatte verwandelt werden?

Ich bin erstmal raus. So was nervt mich einfach nur noch. Schade.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 24.07.2022 | 14:55
Bei klassischen Welten geht es meist darum, den Sieg der Dunkelheit zu verhindern, bevor es zu spät ist.
(Bsp. Herr der Ringe)

Bei düsteren Settings hat die Dunkelheit schon gewonnen.
(Das wäre dann bsp. Mittelerde nach Saurons Sieg. Alle einst freien Wesen sind versklavt, und müssen schauen, wie sie in der Welt über die Runden kommen)

Auch in einem solchen Setting gibt es noch Licht und Gutes, nur ist es unterdrückt, muss sich verstecken, und hat in absehbarer Zeit keine Chance wieder die  Oberhand zu gewinnen.
 
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 24.07.2022 | 15:12
Ich kann jetzt gerade nicht auf einzelne Posts eingehen, weil ich auf dem Sprung bin, aber ich finde es extrem spannend, wie unterschiedlich hier doch teilweise die grundsätzlichen Ansichten sind, was überhaupt ein "düsteres" Setting ist.

Und ich bin tatsächlich ein wenig überrascht, dass viele von euch ein grundsätzlich positiv ausgerichtetes Setting als "herausfordernder" bis hin zu weniger spannend betrachten. Mir war schon bewusst, dass eine 100%ig Utopie tatsächlich nicht wirklich ein spannendes Spiel fördert, aber dass selbst eine positive Grundausrichtung teilweise schon sehr kritisch gesehen wird, hat mich doch etwas überrascht.

Kann das evtl. auch dran liegen, dass ich persönlich primär im SF Bereich unterwegs bin und viele kritische Stimmen sich eher auf Fantasy Settings und dabei speziel den klassische Dungenon Crawl beziehen? - Wobei, es wurden hier ja durchaus auch ziemlich düstere SF Settings und auch Beispiele für helle Fantasy Welten genannt. :think:

---

Ich persönlich habe meine eigene Spielwelt ja tatsächlich "damals" ursprünglich aus dem Gedanken heraus geschaffen, dass ich weg von den kaputten und gescheiterten Zukuftsvisionen hin zu einer positiven Entwicklung der Menschheit wollte. Allerdings ist mir dann schnell aufgezeigt worden, dass es ohne ausreichendes Konfliktpotential dann doch recht schnell, sagen wir mal, "unspannend" wird. Daher hielten auch bei mir gewisse Bedrohungen Einzug in die Welt. Deshalb muss ich für mich persönlich in Bezug auf den "Dünsternis Faktor" sagen, dass ich total finstere Settings nicht mag, inzwischen aber das andere Extrem der puren Utopie auch nicht bespielen wollen würde. Ich denke, ich befinde mich im guten grauen Mittelfeld, aber mit einer deutlichen Tendenz zum "Hellgrau". Als Beispiel eines bekannten Settings würde ich da tatsächlich auf Star Trek verweisen. Es gibt große Bedrohungen wie etwa die Borg, aber die Föderation ist ein prinzipiell positiv besetztes Umfeld der Protagonisten.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Aedin Madasohn am 24.07.2022 | 15:33
aber die Föderation ist ein prinzipiell positiv besetztes Umfeld der Protagonisten.

mal als Beispiele

ultrahelles Setting
die Föderation macht immer alles richtig und gerecht. Die Bedürfnisse ihrer Gesellschaftsmitglieder sind in der Summe kleiner als die Summe ihrer Ressourcen (krasse Utopie), so dass dieser Überhang gerne, offenherzig und ohne piefk´sche Arroganz jedem gerade von einer Katastrophe heimgesuchten Planeten angeboten wird.

gespielt werden fordernde Rettungs- und Hilfsmissionen, Entwicklungsherlferszenarien (kann ja hand-in-hand mit Brettspielen gehen) sowie diplomatische Missionen

grimdarkes Setting
die Borg sind überall und mittels Massenvernichtungssuperwaffen versucht ihr, die Cubes wegzubomben. Da aber schon so viele von Spezies besiedelte Welten adsorbiert sind, kommen immer neue Borgs nach.
Droht eine zu verteidigende FöderationsWelt an die Borgs zu fallen, so wird sie als Operation verbrannte Erde selbst genukt.
Am Ende wäre das Universum leergemetzelt.

eine Spur von grau
es gibt Korruption in der Föderationsobrigkeit. Masslose Bedürfnisse enzelner knappern an dem begrenzten Ressourcenkuchen.
Föderationsagenten sichern Beweise und die funktionierende Föderationsjustiz kümmert sich.

eine Spur grau mehr
als Föderationsagenten seit ihr nicht freundlich zu Kindern und Angehörigen der korrupten Beamten. Ihr stellt "Fallen" und erpresst dann damit. Butcher lässt grüßen.
Am Ende waltet aber Justizia und alles ist gerecht und Gut. Die Fehlgeleiteten sind einsichtig und werden sich bessern (und sind nicht nur banal bestraft worden)

tiefgrau
alle Föderationsinstitutionen sind korrupt.
ihr sichert Beweise, bewertet, richtet, henkt.
in Personalunion.
ohne Dienstausweis
am Ende sind die korrupten Köpfe alle gelyncht und ein wenig heller Morgen darf auf das Setting fallen...
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ArneBab am 24.07.2022 | 15:46
...möge das Abenteuer mit euch sein  ;D  ~;D
Oh, wow, das ist klasse! Darf ich das eins-zu-eins für Ante Portas: Alea 1w6 Est (https://www.1w6.org/deutsch/regeln/downloads/ante-portas-v01) klauen?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Noir am 24.07.2022 | 15:51
Im Gegenzug wäre es vielleicht spannend mal herauszuarbeiten, was an grundsätzlich positiven Settings denn so viel besser/interessanter/spaßiger sein soll. Das erschließt sich mir nämlich tatsächlich eher weniger. Wenngleich ich natürlich auch sagen muss, dass es immer auch eine nicht ganz klare Sache ist, was denn jetzt "düster" heißt. Das haben wir hier im Thread ja schon gesehen. Ist Warhammer düster? Ziemlich sicher. Manche finden sogar Star Wars düster. Ein Setting, das ich für eines der Großväter des fröhlich, bunten Hoffnungssettings ansehe.

Ist "Das letzte Einhorn" düster? "Die Chroniken von Prydain"? Wie siehts mit "Harry Potter" aus? Oder "Der Brief für den König"?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2022 | 15:52
Kann das evtl. auch dran liegen, dass ich persönlich primär im SF Bereich unterwegs bin und viele kritische Stimmen sich eher auf Fantasy Settings und dabei speziel den klassische Dungenon Crawl beziehen? - Wobei, es wurden hier ja durchaus auch ziemlich düstere SF Settings und auch Beispiele für helle Fantasy Welten genannt. :think:

Mag ein Stück weit daran liegen, ja. Ich meine, was ist denn an einem "klassischen Dungeoncrawl" schon großartig positiv? Man bricht in anderer Leute Wohnung ein, nimmt nach Möglichkeit alles mit, was nicht festgenagelt ist, und wenn die Einwohner sich beschweren oder auch nur was merken, bringt man sie kurzerhand um...um so etwas und das von der Spielwelt mit einem Kopfnicken abgesegnete Davonkommen damit mit der Idee einer "positiven" Welt unter einen Hut zu kriegen, braucht's schon ein paar kreative Gehirnverrenkungen. ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Aedin Madasohn am 24.07.2022 | 15:53
Oh, wow, das ist klasse! Darf ich das eins-zu-eins für Ante Portas: Alea 1w6 Est (https://www.1w6.org/deutsch/regeln/downloads/ante-portas-v01) klauen?

bitte schön  :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 24.07.2022 | 16:07
Ist "Das letzte Einhorn" düster? "Die Chroniken von Prydain"? Wie siehts mit "Harry Potter" aus? Oder "Der Brief für den König"?

Wird am Ende das ursächlich Böse besiegt?
Ja? - dann ist es klassische Fantasy.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Noir am 24.07.2022 | 16:31
Wird am Ende das ursächlich Böse besiegt?
Ja? - dann ist es klassische Fantasy.

Das sehe ich wiederum etwas anders. Ich glaube nicht, dass "nur" das Böse ein Setting düster macht. Es hat sicherlich seinen Anteil daran ... aber ein Setting wird für mich nicht durch das Böse düster.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 24.07.2022 | 16:53
Im Gegenzug wäre es vielleicht spannend mal herauszuarbeiten, was an grundsätzlich positiven Settings denn so viel besser/interessanter/spaßiger sein soll.

Hoffnung. "That there's something good in the world, and it's worth fighting for."

https://www.youtube.com/watch?v=k6C8SX0mWP0
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Crimson King am 24.07.2022 | 16:58
Diverse sehr harte Settings kommen komplett ohne Das Böse aus. Was Menschen in der Lage sind, anderen Menschen anzutun, reicht da völlig aus.

Ich vermute aber, dass hier tatsächlich ziemlich unterschiedliche Ansichten darüber herrschen, was ein negatives Setting ist.

Das letzte Einhorn z.B. hat über weite Teile eine derart hoffnungslose Atmopshäre, dass ich das Setting nur als düster beschreiben könnte. Auch der Herr der Ringe ist diesbezüglich recht heftig. Beide Settings sind aber nicht kaputt. Ich nehme da nicht besonders viel Anomie (https://de.wikipedia.org/wiki/Anomie) wahr. Anomische Settings oder Dystopien, in denen Menschen und vergleichbare Spezies in großem Maße amoralisch handeln, wirken deutlich härter auf mich als irgendwelche übernatürlichen bösen ultimativen Bedrohungen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Faras Damion am 24.07.2022 | 17:01
Im Gegenzug wäre es vielleicht spannend mal herauszuarbeiten, was an grundsätzlich positiven Settings denn so viel besser/interessanter/spaßiger sein soll. (...)

Ich mag beides und spiele z.B. auch Warhammer sehr gerne.
Vorteile von düsteren Settings wurden ja schon genannt und stimmen.
Um Argumente der Gegenseite zu nennen.

1) Bei Kampagnen mag ich es aber durchaus, funktionierende Organisationen zu haben, da man Plotstränge so auslagern und abschliessen kann.
Beispiel: Der Mörder ist gefunden und wird den Behörden übergeben. Punkt. Meilenstein erreicht, Spielererfolg abgehackt, Endloskampagne verhindert.
Auch kann man Dinge delegieren, auf die die Spieler*innen keine Lust haben und sich auf spannende Herausforderungen konzentrieren.

2) Man hat plausible Notfallkavallerie. Und bevor jetzt jemand schimpft, dass das ja völlig schlechter ja geradezu unmöglicher Meisterstil ist: In meinen Gruppen ist das i.O.

3) Und es macht durchaus mal Spaß, für die gerechte Sache zu streiten und die Autoritäten auf der eigenen Seite zuwissen. Die Quanionsqueste war eine der beliebteste Kampagne in meiner Gruppe.

4) Vermeidung von hyperparanoiden Held*innen. Auftraggeber sind keine Verräter, das kleine süsse Mädchen ist genau das und die Siegesfeier verläuft ungestört. Die Spieler*innen verzetteln sich nicht in Absicherungsdetails und die Heldin muss im Badehaus keine Vollplatte tragen.

....
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ArneBab am 24.07.2022 | 17:35
Diverse sehr harte Settings kommen komplett ohne Das Böse aus. Was Menschen in der Lage sind, anderen Menschen anzutun, reicht da völlig aus.
Wenn die Menschen das Böse in sich tragen, ist es kaum mehr zu besiegen (zumindest nicht mit Schwert und Schild). Das macht das Setting dann leicht düster.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Boba Fett am 24.07.2022 | 17:58

Zitat
Dystere Settings (dark irgendwas, geht ja auch in allen Genres) haben (immer) ihre Anhänger.

Das ist ja nicht der Punkt. Natürlich haben sie das, und natürlich ist das legitim.

Das Seltsame ist, dass in letzter Zeit sehr viele Settings, die neu rauskommen, auf dieser Schiene reiten. Übrigens nicht nur im Rollenspiel, sondern auch bei Romanen, Graphic Novels, Filmen/Serien und Computerspielen. So als ob die Mehrzahl der Menschen, die sich mit Medien beschäftigen, nur noch darauf stehen würden. Und das deckt sich halt nicht mit meiner Beobachtung am Spieltisch, wo die meisten sich schon von der Illusion von Gefahr fast bis zur Handlungsunfähigkeit einschüchtern lassen.

Ich sehe diese Tendenz mit einer gewissen Sorge, weil sie auch etwas über die Weltsicht der Menschen aussagt. Die Message in den Medien ist häufig: Die Welt ist total scheiße, und du kannst entweder gar nichts daran ändern oder nur dann, wenn du zur Drecksau wirst oder zufällig ein Superheld bist. Das ist - wenn es zur Regel wird - kein gutes Narrativ, auch und gerade mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen wir stehen.

As I said:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Ich hab mit dem Rollenspiel ja Mitte der 80er angefangen und das war noch im kalten Krieg und in der Angst vor dem bösen Wirtschaftsriesen Japan, mit der Angst vor der Klimakatastrophe Saurer Regen, mit Tschernobyl und so. Ich hab Orwell 1984 vergessen.
Und rate mal, damals kamen dann Cyberpunk und Shadowrun in Mode und Punk war gerade in bzw. die Vorgänger von Grufties und die Kinos waren voll mit Filmen wie Terminator, die Klasse von 1984, the Day after, … und wer Shadowrun gespielt hat, hatte die gleiche Planungsparanoia, die du berichtest.

Im Moment machen sich alle Sorgen wegen Putin, wegen China, wegen der Klimakatastrophe, wegen der Pandemie.
Die einen flüchten in die heile Welt und lesen Arzt Romane, gucken Schwarzwaldklinik und die anderen gehen ins andere Extrem und koketieren mit dem Weltuntergang, solange nur mit W20 auf dem Wohnzimmertisch spielerisch stattfindet.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Harry Du Bois am 24.07.2022 | 18:07
In dystopischen Settings sind die Konflikte an denen sich die Spieler abarbeiten können, aus denen das Spiel hervorgeht, quasi schon an allen Ecken und Enden ausgesät. Ich hätte tatsächlich eher ein Problem eine harmonische Welt zu schaffen und darin irgendwie ein "positives Abenteuer" zu inszenieren, wenn da alles tutti ist.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Camo am 24.07.2022 | 18:08
Fast niemand will ein wirklich realistisches Rollenspiel über das dritte Reich spielen*. Okkulte Magie macht das Setting in meinen Augen erträglicher als düsterer.)



* Ja, gibt es bestimmt. Postet den Link und wir schütteln kollektiv den Kopf bevor wir weiterdiskutieren.  ::)

Tatsächlich gibt und gab es einiges, das im zweiten Weltkrieg spielte... aber man war nie auf der Seite der Achse. Und so wirklich "realistisch" war keines, das sind aber Rollenspiele eher selten bis gar nicht, wenn wir ehrlich sind. Das beginnt beim Indiana Jones-Rollenspiel (es gab 2... einmal das von TSR von 1994, einmal das von WEG in der Masterbook-Serie von 1994) und geht weiter zu Behind Enemy Lines von FASA von 1982. Einziges Abenteuermodul war "Guns of Navarone". Das waren die realistischeren.
Dann gab es noch andere: 1940 - England Invaded von 2003 handelt von der fiktiven geglückten Invasion Englands durch die Nazis (Operation Seelöwe), man spielt die Briten, die sich dagegen wehren. Inspiration war u.A. Dads Army. Wie schon erwähnt gibt es Achtung Cthulhu, aber mit "Underground" gibt es auch mindestens ein nicht-pulpiges Abenteuer für Cthulhu, mit "No Man's Land" auch mindestens eines im ersten Weltkrieg. Für ICONS und ich meine auch andere Superheldensysteme gab es Abstecher in den zweiten Weltkrieg. Luftwaffe 1946 ist aus einer anderen Dimension, Zeitlinie, whatever, im Endeffekt ein etwas anderer Krieg mit Wunderwaffen (ja, auch Haunebus) etc. - und Weird War II sagt schon im Titel sehr deutlich, dass es nicht realistisch ist.

Ansonsten gibt es noch folgende Rollenspiele, die andere Kriege als Hintergrund haben:
* Delta Force (eher Antiterrorismus)
* MERC (1981), eher die Niederschlagung von Aufständen, z.B. in Rhodesien
* Recon (1986), Dschungel- und Guerillakrieg, z.B. Vietnam
* Twilight: 2000 (einen fiktiven dritten Weltkrieg im Jahre 2000, das System spielt in den Nachwehen)


Ich merke in der Diskussion, dass viele hier "negatives Setting" viel weiter definieren als ich. Ich selbst würde beispielsweise den klassischen Wilden Westen oder sowas wie Star Wars nicht als negative Settings sehen, sondern als welche in der Mitte, in denen es sowohl Licht als auch Schatten gibt. Negative Settings sind für mich eher solche, bei denen man den Untergang höchstens ein bisschen verzögern kann (Call of Cthulhu), in denen die Welt von den Bösen beherrscht und geprägt wird (Midnight, Dark Souls, viele Cyberpunk-Sachen) oder in denen so gut wie jeder SC+NSC ein Arsch ist und die Welt das auch so erwartet (Warhammer, Shadowrun, viele Serien- und Computerspiel-RPGs).

Ich sehen den "Wilden Westen" auch nicht als negatives Setting an, wollte nur zu bedenken geben, dass es halt NICHT positiv besetzt und "ein großes Abenteuer" ist, sondern durchaus das Zeug dazu hat, negativ zu werden, je nachdem wie historisch korrekt man es haben möchte und zu welcher Volksgruppe man gehört... was sich durchaus auch ändern konnte, die (weißen) Texaner z.B. wurden nur eine gewisse Zeit nach dem Bürgerkrieg diskriminiert und ausgebeutet, die Asiaten, Ureinwohner und andere nicht-weiße Einwohner eigentlich ständig.


Ich kann mir gut vorstellen dass ein System das in beiden Kategorien (Spielwelt und Regeln) gleichermaßen fies ist, wenig Spaß macht und auch ein System das in beiden gleichermaßen überfreundlich ist, schnell seinen Reiz mangels Herausforderung verliert.

Ich mag es wenn die Regeln fies sind, die Spielwelt aber eher freundlich ist. Dann versucht man Konflikte eben eher nicht durch Kämpfe zu lösen, weil die NSCs meist rational oder gut sind und ein Kampf ECHT gefährlich ist.

Ich mag aber auch Rollenspiele in denen alles und jeder böse ist, die Regeln aber erlauben mit Gummipunkten oder ähnlichem da nochmal rauszukommen. Da riskiert man gerne mal zu kämpfen (es trifft ja eh keinen Falschen) und hat trotzdem brauchbare Chancen zu überleben.

Warhammer zum Beispiel ist fies im Setting und die Regeln sind recht tödlich und macht durchaus Laune... man muss halt schauen, ob man tatsächlich kämpfen will, weil zumindest in den alten Regeln der zweite Treffer einen ein Körperteil kosten kann. Generell mag ich "fiese" Systeme, weil es durch das Wegfallen der (viel zu oft) gewählten Option 1 (Wir kloppen das einfach weg) die Spieler nachdenken müssen, was sie tun. Da ist es dann egal, wie fies der Hintergrund ist, wenn man erst nachdenkt und dann (eventuell) haut, kommt man auch nicht unbedingt oft in Bedrängnis.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2022 | 18:24
Für ICONS und ich meine auch andere Superheldensysteme gab es Abstecher in den zweiten Weltkrieg.

Für Champions in der 4. Edition gab's ein Quellenbuch "Champions in 3-D" (oder jedenfalls nahe dran), in dem es thematisch um Besuche in anderen Realitäten ging. Eins der ausgearbeiteteren Beispielszenarios handelte von einer Parallelwelt, in der Nazideutschland den 2. Weltkrieg gewonnen hat und unter anderem die USA der relativen Moderne mit der Bedrohung durch nukleare Interkontinentalraketen kleinhält, während ein mit einem über Leichen gehenden Verjüngungsprozeß am Leben erhaltener Hitler weiterhin das Oberkommando hat...über den "Realismus" eines solchen Szenarios kann man sicher streiten, aber die Autoren haben sich zumindest bemüht, das Leben in einem "nazifizierten" Amerika recht ernst und bedrückend darzustellen, und eigentlich können die SC da auch nicht allzu viel mehr tun als vielleicht Adolf auszuschalten und dann zu entkommen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Camo am 24.07.2022 | 18:31
Jupp.

Ich wollte jetzt nicht die komplette Sammlung durchforsten, hab das eher aus dem Gedächtnis kurz hingeschrieben. Wobei ich die Abenteuer von "Lamentations of the Flame Princess", die im 30jährigen Krieg oder im englischen Bürgerkrieg spielen vergessen habe bei den "anderen Kriegen"... oder Pendragon, das ja mitten im Sachseneinfall spielt. Kriege spielen ja gerne mal größere Rollen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 24.07.2022 | 18:55
Diverse sehr harte Settings kommen komplett ohne Das Böse aus. Was Menschen in der Lage sind, anderen Menschen anzutun, reicht da völlig aus.
Das "Böse" muss doch nichts vom Menschen Entkoppeltes sein.
Es kann sich genauso gut in menschlicher Grausamkeit zeigen.
Oder auch nur in einem feindlichen Klima, einer bedrohlichen Umgebung/ Umwelt etc..
Kurz - das Böse ist etwas was den Protagonisten Schadet.

Hätte es geholfen, wenn ich das in Anführungszeichen gesetzt hätte?
Denn ich habe das weitaus umfassender gemeint, als es womöglich verstanden wurde.

In vielen düsteren Settings geht die Hauptbedrohung sogar häufig von einer gefährlichen Umwelt aus (verseucht, verstrahlt whatever).
Denn das bekommst du als Held so schnell nicht weg.

Die Bedrohung ist mehr oder weniger permanent.( Ein mMn. nicht ganz unwichtiges Kriterium für düstere Settings)

Oben drauf kommen dann erst die anderen Probleme - bzw. Konflikte mit irgendwelchen   Wichten. Die natürlich auch Menschen sein können.


Oder anders: In klassischer Fantasy wird, wenn die "Bedrohung/das Böse etc." am Ende besiegt wurde, häufig wieder ein besseres Leben möglich. Die Dinge können sich danach wieder zum Guten wenden.
(Auch wenn es vorher natürlich Verluste und Opfer gab)

In nem düsteren Setting, hat man, wenn es hoch kommt, nur eine Schlacht gewonnen, nicht den Krieg. Meistens kann man aber dankbar sein, dass man überhaupt überlebt hat. Und wirklich besser oder gar gut, wird deshalb so schnell noch lange nix.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Quaint am 24.07.2022 | 18:56
Welt dunkel, SC hell oder grau mag ich ganz gerne.

Schlimm finde ich es, wenn sich SC quasi von der Welt mitreißen lassen und dann auch verachtenswürdig agieren.

Und ich finde auch: in der richtigen Utopie ist es schwer, gute Abenteuer aufzumachen. Es brauch halt Mißstände die man beheben kann und Gefahren, denen man mutig entgegen treten kann.

Dabei kann man aber auch Welten hernehmen die nicht extrem finster sind, aber wenn halt alles Licht und tutti ist wird es etwas schwierig.
Ich finde es hat halt Gründe warum es bei Star Trek etwa neben der utopischen Föderation durchaus auch andere Reiche gibt, die nicht so eitel Sonnenschein sind, und selbst innerhalb der Föderation hat man dann ja zunehmend auch dunkle Seiten etabliert. Eben als Aufhänger für Konflikt und Abenteuer.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Radulf St. Germain am 24.07.2022 | 18:57
Da hier auch die Frage kam, was ein nicht-düsteres Setting "besser" macht - hier meine 2 Cent:

Erstmal gar nichts. Wer düstere Settings mag ist damit eindeutig besser bedient. Mir geht es nur so, dass ich davon einerseits übersättigt bin und andererseits aktuell genug grimdark habe, wenn ich die Zeitung aufmache. Da ist dann eine düstere Zukunft nicht mehr Eskapismus für mich. Ich habe trotzdem noch MörkBörk (oder wie immer man das schreibt ;-)) gespielt und das ist schon cool aber ich hätte auch mal Bock was fröhlicheres zu spielen.

Irgendwas, wo Fallen eher lustig sind als Blutbäder auszulösen, Goblins zwar Babies klauen aber danach mit dem kleinen Schreihals überfordert sind, die Helden einen Fastfoodimbiss aufmachen und seltsame Kunden haben...

Das muss nicht "heile Welt" sein, aber die Probleme sind halt anders oder Details werden überbügelt. Und wenn man gerade in so einer Phase ist, dann wundert man sich halt, dass alle GoT cool finden und denkt sich "naja, ohne Vergewaltigungen hätte das jetzt für mioch besser funktioniert". Ich glaube so geht es dem OP. Hier muss niemand bekehrt werden wir wollen nur, dass ihr uns ein Nischenspiel aufzeigt und wir sind still.  ;D

Das eine ist nicht besser als das andere - Chips sind nicht besser als Schokolade, es ist halt was anderes.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 24.07.2022 | 19:18
Es schlägt ja auch niemand vor, in einer utopischen, problemfreien Welt zu spielen, oder? Als ob es zwischen Dystopie und Utopie nichts gäbe. Ich bin verwirrt...

Schlimm finde ich es, wenn sich SC quasi von der Welt mitreißen lassen und dann auch verachtenswürdig agieren.

Nun, manche Settings zwingen die SCs geradezu dazu; bzw die einzige Alternative ist letztendlich, im aussichtslosen Kampf gegen all das Schlechte in der Welt zu scheitern.

In gewisser Weise tuen das die Elben im Herr der Ringe: Gegen Sauron zu kämpfen, obwohl sie wissen, dass dessen Ende auch ihres sein wird. Dennoch streiten sie darum, dass das Böse nicht den Sieg in Mittelerde davon trägt, auch wenn sie nichts mehr davon haben werden.

Ich hab vor kurzem eine Fantasy-Kampagne begonnen, bei dem der bespielte Landstrich in Chaos und Anarchie abgerutscht ist. Vorbild ist das BRandenburg des 14. Jh.:

https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_Brandenburgs#Unter_den_Wittelsbachern_und_Luxemburgern_(1319%E2%80%931415)

Dennoch ist das nicht als düsteres grim-dark-Setting geplant. Chaos kann überwunden, Monster können erschlagen und Gerechtigkeit kann (wieder) hergestellt werden. Das ist die Aufgabe der SCs.

In einem grim-dark-Setting können SCs besten falls darauf hoffen, zu überleben, wenn sie sich nicht anpassen. Erfolgreich werden sie nur sein, wenn sie selber genau so abscheulich werden wie der Rest des Settings.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 24.07.2022 | 19:27
Ein Beispiel für eine "helle" Welt wäre wahrscheinlich ein klassisches, nicht irgendwie ach so clever "dekonstruiertes" Superheldensetting. Klar: auch da gibt's Fieslinge und außerirdische Invasionen und andere kleine Problemchen genug, um regelmäßig Comichefte/Zeichentrickserienfolgen/Rollenspielabenteuer abzuwerfen. Aber auf der anderen Seite sind diese Herausforderungen prinzipiell immer meisterbar (nicht unbedingt immer gleich mit der Hulk-haut-wech-Methode, aber doch mit grundsätzlich vorhandenen oder erreichbaren Mitteln) und die Protagonisten, vulgo Spielercharaktere, stehen an vorderster Front genau der Leute, die für dieses Meistern zuständig sind, und kriegen eigens für diesen Zweck sogar noch ein paar übermenschliche Kräfte extra verpaßt, damit sie sich auch kompetent genug für den Job (an)fühlen sollen.

"Langweilig" würde ich so eine Spielwelt deswegen aber noch lange nicht nennen. :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 24.07.2022 | 19:29
@ Tartex: Das macht sie aber nicht zu "düsteren Settings" im Sinne des Thread-Themas. Ist ja schön, dass du offensichtlich solche "schwarz-weiß"-Settings ablehnst, und mag sein, dass bei dir gritty-grim-dark-Kram besser ankommt als geschnitten Brot. Aber muss dieser Thread, wie so oft im Forum, daher in eine sinnlose Definitionsdebatte verwandelt werden?

Ich sehe das ganz anders: ich bevorzuge keine düsteren Settings, aber ich denke bei vielen scheinbar hellen Settings wird viel fragwürdiges und sehr Dunkles sichtbar, wenn man sie konsequent zu Ende denkt. Ich empfinde das irgendwie als Scheinheiligkeit da an der Oberfläche zu bleiben. Mir fällt es auf jeden Fall schwer. Das berühmte Beispiel aus den 1980igern ist wohl die Diskussion bei AD&D, ob es moralisch verwerflich wäre Orkbabys zu töten.

Und folgt man der Definiton einiger Poster hier, wäre Schindlers Liste ja auch nicht düster, weil am Ende steht ja der Sieg über das Böse und der Einsatz des Einzelnen für das Gute hat sich auf jeden Fall und objektiv belegbar gelohnt. Ich kann dem emotional halt nicht folgen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 24.07.2022 | 19:51
Selbst klassische Fantasy kann an einem Punkt starten, an dem die Dinge bereits sehr schlecht stehen. Entscheidend ist, dass sie dennoch überwunden werden können.

Häufig starten klassische Geschichten jedoch mit 1.alles ist scheinbar gut,2. Ne doch nicht. 3. Verdammt es wird eng! 4..Es ist fünf vor Zwölf. 5. Zum Glück noch abgewendet, jetzt kann es wieder gut werden.

In düsteren/dystopischen Settings schaut keiner mehr auf die Uhr. Denn die Welt wird nie wieder so werden, wie sie Mal war. Und wenn sie doch irgendwann wieder lebenswert sein sollte, dann in einer sehr fernen Zukunft, die die Helden vermutlich nicht mehr erleben werden.

@
tartex
Hier geht's doch um Fantasy Geschichten und Settings, dachte ich zumindest.
 :think:

Schindlers Liste ist dann doch eher Realwelt Horror. - 




Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 24.07.2022 | 19:54
@
tartex
Hier geht's doch um Fantasy Geschichten und Settings, dachte ich zumindest.
 :think:

War ja auch nur als eine Analogie gemeint, um meinen Gedankengang verständlich zu machen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 24.07.2022 | 20:12
War ja auch nur als eine Analogie gemeint, um meinen Gedankengang verständlich zu machen.

Naja - der Bereich "Horror" kann durchaus "düster" sein, und am Schluss damit enden, dass das "Böse" besiegt wird. (One Shot, Film)
 Aber die Erlebnisse werden die Protagonisten häufig für immer (seelisch)zeichnen.
Sie werden vielleicht nie wieder die Selben sein, auch wenn das Böse längst verschwunden/überwunden ist.

Wobei "Horror" nur dann als solcher empfunden wird, wenn er nicht "normal" ist. (Wenn zum Beispiel alle Vampire als SC spielen, oder diese mit Vampiren befreundet sind, verliert das Monster im Spiel seinen Schrecken)
Nur in vielen düsteren, dystopischen Fantasy Settings gibt's die heile Welt ja schon lange nicht mehr.
Der "Horror" ist dort alltäglich geworden.
Die Protagonisten einigermaßen abgestumpft.

Edit.
Im Bereich Horror sind die Helden auch idR. Menschen ohne besondere/übernatürliche Fähigkeiten. Und die Welt ist idR. die Reale Welt.

Das ist bei Fantasy anders.

Wenn ein ganzes Setting düster sein soll, also dauerhaft, dann darf das  dafür (extra gebastelte) Übel natürlich nicht durch die Helden aus der Welt geschafft werden können. Nicht beim ersten Abenteuer und auch nicht im Verlauf des Bespielens, es sei denn, man möchte dem Setting, in dieser düsteren Form, für immer den Rücken kehren.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 25.07.2022 | 00:33
Im Gegenzug wäre es vielleicht spannend mal herauszuarbeiten, was an grundsätzlich positiven Settings denn so viel besser/interessanter/spaßiger sein soll.

Ich glaube, es hat niemand behauptet, "helle" Settings wären besser als düstere. Aber vielleicht wurde etwas mißverständlich ausgedrück. Generell ist das schlicht eine Geschmacksfrage. Der Punkt ist eigentlich vielmehr, das gefühlt viele neue Systeme einfach auf einem "düsteren Ausgangspunkt" das Setting aufbauen. Dabei spielt es für mich persönlich sogar eine untergeordnete Rolle, ob das Setting noch immer "düster" ist oder sich bspw. in einer Wiederaufbauphase befindet. Ich finde es einfach schade, dass vielfach erstmal alles vorherige im Setting kaputt gegangen ist, um zur aktuellen Situation zu gelegen, obwohl man diesen Kniff mMn nicht zwingend benötigt, um trotzdem spannende Geschichten zu erzeugen.

In dystopischen Settings sind die Konflikte an denen sich die Spieler abarbeiten können, aus denen das Spiel hervorgeht, quasi schon an allen Ecken und Enden ausgesät. Ich hätte tatsächlich eher ein Problem eine harmonische Welt zu schaffen und darin irgendwie ein "positives Abenteuer" zu inszenieren, wenn da alles tutti ist.

Muss ich dir tatsächlich recht geben. Wenn alles "perfekt" wäre, gäbe es wenige Ausgangspunkte für interessante Geschichten. Von dem Gedanke habe ich mich auch relativ schnell wieder verabschiedet. Aber man muss deshalb ja nicht gleich die komplette Zivilsation platt machen. Ich meine, ja, der Staat sorgt für seine Bürger. Es gibt genug Nahrung für alle, Seuchen sind zurückgedrängt und man führt keine Kriege bzw. keine Angriffskriege und jeder Bürger hat das Recht auf freie Bildung, bekommt im Bedarfsfall ein Dach über dem Kopf und ausreichend Kleidung gestellt... Aber es wird immer Personen geben, denen das nicht genug ist, die Macht, Einfluss oder schlicht nur Reichtum und Luxus anstreben. Die meisten arbeiten hart dafür, denn der Staat nimmt den Bürgen ihr Einkommen oberhalb der festen Abgabengrenze nicht ab, um genau dieses Bestreben zu unterstüzen, weil man sich bewusst ist, dass die Gesellschaft sonst träge wird und die Inovation leidet. Aber es gibt immer diesen einen Prozentsatz an Personen, die den leichten Weg wählen und die Abkürzung über die kriminelle Laufbahn einschlage. Und dann sind da ja noch die Nachbarn, die sich entweder wie Kinder untereinander zanken, so dass man ständig ein Auge auf sie werfen muss oder gar gleich zum Angriff übergehen, wo man sich bei der Expansion der Siedlungen in die Quere kommt. - Das Setting ist noch immer positiv, wenn man davon ausgehen, die Spielercharaktere leben im skizzierten Staat und auch für alle anderen ist es prinzipiell jetzt nicht furchbar schlecht, aber es bietet dennoch Konfiktpotenial und somit Ausgangspunkte für interessante Geschichten. - Das würde ich dann mit dem erwähnten "Hellgrau" bezeichnen.

Und ich finde auch: in der richtigen Utopie ist es schwer, gute Abenteuer aufzumachen. Es brauch halt Mißstände die man beheben kann und Gefahren, denen man mutig entgegen treten kann.

Dabei kann man aber auch Welten hernehmen die nicht extrem finster sind, aber wenn halt alles Licht und tutti ist wird es etwas schwierig.
Ich finde es hat halt Gründe warum es bei Star Trek etwa neben der utopischen Föderation durchaus auch andere Reiche gibt, die nicht so eitel Sonnenschein sind, und selbst innerhalb der Föderation hat man dann ja zunehmend auch dunkle Seiten etabliert. Eben als Aufhänger für Konflikt und Abenteuer.

Vollste Zustimmung! :d

Und jetzt denken wir das etwas weiter: Star Trek hat doch eigentlich immer ganz gut funktioniert. Warum also musste es jetzt mit ST:Discovery auch den Weg gehen und erstmal alles kaputt machen? Die Föderation liegt in Scherben, der "große Kanall" ist (quasi sogar wortwörtlich) eingetreten. - Ja, ich kann nachvollziehen, dass man so Geschichten von (Wieder)Entdeckungen und Neuaufbau schreiben kann, aber hat Star Trek diesen Weg wirklich gebraucht?

Das eine ist nicht besser als das andere - Chips sind nicht besser als Schokolade, es ist halt was anderes.

Word! Problematisch wird es erst wenn (selbst gefühlt) plötzlich nur noch Chips oder nur noch Schokolade in den Supermarktregalen steht. ;)

Es schlägt ja auch niemand vor, in einer utopischen, problemfreien Welt zu spielen, oder?

Ich glaube nicht, aber vielleicht hab ich mich irgendwo in diesem Thread missverständlich ausgedrückt. (Oder auch jemand anders.)

Ich sehe das ganz anders: ich bevorzuge keine düsteren Settings, aber ich denke bei vielen scheinbar hellen Settings wird viel fragwürdiges und sehr Dunkles sichtbar, wenn man sie konsequent zu Ende denkt.

Aber der Umgang innerhalb des Settings damit macht den Unterschied: Ist man sich als Gesellschaft der Unzulänglichkeiten bewusst und ist man bestrebt, diese gemeinsam zu überwinden? Oder sagt man sich, ja das ist halt so und wenn wir das miese Spiel mitspielen können wir doch egentlich ganz gut davon profitieren?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: bobibob bobsen am 25.07.2022 | 08:34
Meine besten Spielergebnisse habe ich mit positiven Settings gemacht in denen es ein größeres Problem gibt. Dieses ist dann auch das Thema der SC.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Loduanor am 25.07.2022 | 08:42
Und jetzt denken wir das etwas weiter: Star Trek hat doch eigentlich immer ganz gut funktioniert. Warum also musste es jetzt mit ST:Discovery auch den Weg gehen und erstmal alles kaputt machen? Die Föderation liegt in Scherben, der "große Kanall" ist (quasi sogar wortwörtlich) eingetreten. - Ja, ich kann nachvollziehen, dass man so Geschichten von (Wieder)Entdeckungen und Neuaufbau schreiben kann, aber hat Star Trek diesen Weg wirklich gebraucht?

Ich glaube da hat sich in den letzten Jahren eine Standard Checkliste in Hollywood etabliert, nachdem es einige sehr erfolgreiche Serien/Filme gab die eher düster waren. Und das sickert versetzt dann auch in unser Hobby. Gefühlt hat das mit Game of Thrones so richtig angefangen, aber ich könnte mich da irren.
Das ist aber auch nur eine Phase, die gefühlt langsam auch schon wieder abebbt.

Es gibt inzwischen auch eine neue ST Serie, die da wieder stärker zu den Wurzeln zurückkehrt: Star Trek - Strange new Worlds.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Waldviech am 25.07.2022 | 08:57
Lower Decks hat den "alten Star-Trek-Geist" IMHO auch ganz gut drauf - trotz allen Klamauks.

Zitat
Welt dunkel, SC hell oder grau mag ich ganz gerne.

Dem kann ich mich anschließen :). Was ich tatsächlich nicht so sehr mag, sind Sachen, in denen wirklich alles nur fies und hoffnungslos sind und jeder, aber auch wirklich jeder ein boshaft-zynischer Edge-Lord ist.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: OldSam am 25.07.2022 | 09:54
Lower Decks hat den "alten Star-Trek-Geist" IMHO auch ganz gut drauf - trotz allen Klamauks.

Finde ich auch!  :d  :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: OldSam am 25.07.2022 | 09:57
Mir fällt zum Topic grad das folgende Zitat ein, das auf eine der zentralen Motivationsquellen hinweist - trifft wohl auf sehr viele typische Abenteueraufhänger zu:

Wir verehren das Chaos, weil wir es lieben, Ordnung zu schaffen.

― M.C. Escher
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 25.07.2022 | 10:00
Bei den beschriebenen hellen Settings wird halt die Gefahr meist exterritorial gemacht.

Wir leben im schönen Märchenland, aber jenseits der Grenzen lauert das gefährliche Andere. Klar, es würde sich nicht zu uns trauen, deshalb schicken wir die weniger stabilen Elemente unserer Gesellschaft zu ihnen, um mal die Steine umzudrehen und schauen was da dann weghuscht.

Bzw. wir leben im Märchenland, aber es gibt verkommene Subjektive, die sich nicht an die Ordnung halten wollen. Anstatt mal bessere Vorschläge zu machen sind sie immer nur dagegen, und vielleicht sogar noch geldgierig oder gar pervers. Aber zum Glück haben wir noch Leute mit Zivilcourage, die für Ordnung in Märchenland sorgen, weil sie denen aufs Maul geben.

 >;D

Das nennen wir dann "positives Setting".
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Loduanor am 25.07.2022 | 10:03
Lower Decks hat den "alten Star-Trek-Geist" IMHO auch ganz gut drauf - trotz allen Klamauks.

Stimmt, fand ich auch gut, wollte ich aber nicht als Beispiel anführen, weil es schon ein Sprung von klassischem Star Trek zu Animationsklamauk ist. Aber auf jeden Fall lohnenswert!
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 25.07.2022 | 10:05
Bei den beschriebenen hellen Settings wird halt die Gefahr meist exterritorial gemacht.

Wir leben im schönen Märchenland, aber jenseits der Grenzen lauert das gefährliche Andere. Klar, es würde sich nicht zu uns trauen, deshalb schicken wir die weniger stabilen Elemente unserer Gesellschaft zu ihnen, um mal die Steine umzudrehen und schauen was da dann weghuscht.

Bzw. wir leben im Märchenland, aber es gibt verkommene Subjektive, die sich nicht an die Ordnung halten wollen. Anstatt mal bessere Vorschläge zu machen sind sie immer nur dagegen, und vielleicht sogar noch geldgierig oder gar pervers. Aber zum Glück haben wir noch Leute mit Zivilcourage, die für Ordnung in Märchenland sorgen, weil sie denen aufs Maul geben.

 >;D

Das nennen wir dann "positives Setting".

Oh, auch die schönen Märchenländer können es ganz schön in sich haben. Wann habt ihr Spottdrosseln überhaupt zuletzt ein Märchen gelesen? ;)

Nachtrag: ein klassisches D&D-Setting, das mMn tatsächlich recht gut in die "Märchentradition" paßt, wäre das Großherzogtum (später Königreich) Karameikos auf Mystara. Da hat man ein Quasi-Osteuropa mit Elementen von einer importierten Oberschicht aus Quasi-Byzanz, Einheimischen und Monstern, die teilweise besser nach Hollywood-Transsylvanien passen, einen tatsächlich recht anständigen und beim Volk beliebten Herrscher und dessen Familie...und dessen fiesen Cousin, der innerhalb seines Lehens unter der Maske des braven Gefolgsmanns nach oben gegenüber seinen eigenen Untertanen den großen schurkischen Schnurrbartzwirbler heraushängen läßt. Da geht schon so einiges. :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Grubentroll am 25.07.2022 | 10:09
Oh, auch die schönen Märchenländer können es ganz schön in sich haben. Wann habt ihr Spottdrosseln überhaupt zuletzt ein Märchen gelesen? ;)

Ich trau mich nicht, ich hab jetzt noch Angstzustände weil die alle so brutal und kaputt waren.
Ich kann immer noch nicht glauben dass mich meine Mutter sowas hat anhören lassen.

Das schlimmste war eins wo nem Typen hintereinander beide Augen ausgestochen wurden.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Oberkampf am 25.07.2022 | 10:12
Mehrfach wurde hier ja eingeworfen, dass es ein gewisses Ausmaß an Anomie in einem Setting braucht, um für Abenteuer zu funktionieren. Das klingt für mich überzeugend.

In einer Spielwelt besteht eine mehr oder weniger ausgeprägte, harmonische Ordnung, die 1) von äußeren feinden bedroht ist (die Orcs vor den Toren), die 2) von inneren Feinden bedroht ist (die korrupten Verräter im Stadtrat und die gierigen Oligarchen, die sie schmieren) und 3) strukturelle Schwächen hat (selbst unsere großartige Republik hat Lücken im Gesetzestext und erst Recht in der Umsetzung).

Ein "helles" Setting wäre eine Spielwelt mit geringer geringer Anomie. Größtenteils verläuft alles in geordneten, harmonischen Bahnen. Institutionen funktionieren so, wie sie sollen und sind überwiegend gerecht bzw. entsprechend unserer Wertvorstellungen, die äußere Bedrohung ist vorhanden, aber überschaubar und gefährdet nicht akut die Ordnung der Dinge. Die innere Verkommenheit lässt sich nicht leugnen, wird aber immer wieder aufgedeckt und korrigiert. Rollenspielerisch bedeutet das: Abenteuer und Regeln sorgen dafür, dass die Charaktere mit ehrlichen, fairen, humanen Methoden erfolgreich gegen die drei Gefährdungen vorgehen können.

In einem fynsteren Setting herrscht hingegen ein großer Zustand der Anomie. Institutionen sind verfallen, ihre Träger korrupt, ihre Ausführungsorgane käuflich, die Barbaren stehen nicht nur direkt vor den Toren, sondern morden, plündern und versklaven überall im Land, es gibt nur wenige, halbwegs stabile Punkte des Lichts, in die sich die Verderbnis unaufhaltsam hineinfrisst. Die Regelmechanik fördert hinterhältige Taktiken (Giftanschläge, rituelle Menschenopfer, Sklavenhandel usw.), damit die Charaktere realistische Erfolgschancen haben, und die Abenteuer sind darauf ausgelegt, die wenigen Punkte des Lichts mit allen Mitteln (!) zu verteidigen (was natürlich in dieser Spiel-Wirklichkeit aussichtslos ist, denn der Zweck heiligt eben nicht die Mittel).

Das sind jetzt zwei Extrempunkte auf der Skala. So, wie ich es einschätze, bewegen sich die meisten Gruppen in einem Mittelfeld. Beispielsweise sind einige korrupte Taktiken für die Spielfiguren erlaubt (z.B. Assassinen verwenden Gift und meucheln sogar schlafende Gegner, auch Paladine dürfen einen Hinterhalt legen), aber andere Taktiken sind verboten (SCs werden nicht reich durch Sklavenhandel und wirken keine Blutmagie, die Menschenopfer erfordert). Die Regeln unterstützen ein tendenziell eher "ehrenhaftes" Vorgehen (Gifte sind teuer, meucheln ist schwierig).

Das Ausmaß der Bedrohungen ist hingegen hoch genug, um Handlungen zur Verteidigung des Status Quo gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Primär sind die äußeren Bedrohungen sichtbar und können bekämpft werden, eben die Orcs, die in Banden durchs Land streifen. Die inneren Bedrohungen sind auch vorhanden, aber klar als Gegner der bestehenden Ordnung erkennbar, wie z.B. umstürzlerische Dämonenkulte, die im Verborgenen agieren. Die Institutionen werden meist als unproblematisch und bewahrenswert angesehen: Sklaverei ist verboten, die Lichtkirchen sind gemäßigt in ihren Regeln, die Gesetze geben jeder Bevölkerungsgruppe eine Chance zur Teilhabe, der allgemeine Wohlstand ist hoch, verdient und einigermaßen gerecht verteilt usw.

Entsprechend sind auch die Abenteuer aufgebaut. Es geht darum, diesen Zustand zu verteidigen. Viel zu verbessern gibt es nicht, denn die SCs leben ja sozusagen in der besten aller Welten.

In einem dysteren Setting wird dagegen oft auch bei den Institutionen die Axt angelegt. Die SCs sind Außenseiter, die nicht in die harmonische Ordnung integriert sind oder die Ordnung ist nicht so harmonisch, wie es auf den ersten Blick scheint.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 10:20
Ich glaube da hat sich in den letzten Jahren eine Standard Checkliste in Hollywood etabliert, nachdem es einige sehr erfolgreiche Serien/Filme gab die eher düster waren. Und das sickert versetzt dann auch in unser Hobby. Gefühlt hat das mit Game of Thrones so richtig angefangen, aber ich könnte mich da irren.
Das ist aber auch nur eine Phase, die gefühlt langsam auch schon wieder abebbt.
Aber auch jenseits von Fantasy haste viel Sex& Crime, und natürlich Horror.
(Breaking Bad, Walking Dead etc.)
Bedeutet mehr Adrenalin für die Zuschauer.
Stumpft auf Dauer aber auch ab.

Neulich zwei ältere Menschen getroffen, die sich darüber aufgeregt haben, dass es mittlerweile selbst in jedem Tatort um Sex geht." Das war früher Mal anders " bemängelten sie.  :D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 25.07.2022 | 10:27
Ich glaube nicht, aber vielleicht hab ich mich irgendwo in diesem Thread missverständlich ausgedrückt. (Oder auch jemand anders.)

Hast du mE nicht, weswegen mich der aufgebaute Strohmann wundert, alles, was nicht von Grund auf dystopisch ist, sei eine Li-La-Laune-Welt ohne Probleme.

Naja, mE läufts halt auf "Get rich (or mighty or whatever) or die tryin'" hinaus. Kann man machen, hab ja selbst lang genug SR gespielt. Ein Setting, dass dies zur Essenz der Existenz erklärt, find ich inzwischen schlicht ziemlich langweilig und eindimensional.

Das schlimmste war eins wo nem Typen hintereinander beide Augen ausgestochen wurden.

Rapunzel.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 25.07.2022 | 10:30
Aber auch jenseits von Fantasy haste viel Sex& Crime, und natürlich Horror.
(Breaking Bad, Walking Dead etc.)
Bedeutet mehr Adrenalin für die Zuschauer.
Stumpft auf Dauer aber auch ab.

Neulich zwei ältere Menschen getroffen, die sich darüber aufgeregt haben, dass es mittlerweile selbst in jedem Tatort um Sex geht." Das war früher Mal anders " bemängelten sie.  :D

Ja, ja, heute müßte man jung sein... ;D

Es scheint meinem rein subjektiv-anekdotischen Eindruck nach aber schon zu stimmen, daß Film und Fernsehen von heute irgendwie deutlich mehr Streß und Hetze enthalten (und dadurch auch beim Zuschauer abladen) als die aus meiner Kindheit und Jugend. Das ist allerdings, wohlgemerkt, keine "in den letzten Jahren..."-Entwicklung, sondern ein langfristiger Trend.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 10:41
Es scheint meinem rein subjektiv-anekdotischen Eindruck nach aber schon zu stimmen, daß Film und Fernsehen von heute irgendwie deutlich mehr Streß und Hetze enthalten (und dadurch auch beim Zuschauer abladen) als die aus meiner Kindheit und Jugend. Das ist allerdings, wohlgemerkt, keine "in den letzten Jahren..."-Entwicklung, sondern ein langfristiger Trend.
Ausschließlich schlecht finde ich das gar nicht.
Vielleicht weil da auch teilweise an Themen gekratzt wird, die mal Tabus waren (oder noch sind).
Und auch zT. menschliche Abgründe beleuchtet werden, die sonst unter einem Teppich landen würden.


Edit. Wenn die harten Sachen allerdings zum Selbstzweck werden, nur um die Zuschauer emotional zu fesseln, verfehlt das irgendwie auch.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 25.07.2022 | 10:57
Also wenn ich mir die 80iger-Actionfilme anschaue und mit den heutigen Serien-Hits vergleiche, haben wir nicht mehr Gewalt, aber deutlich  mehr Tiefgang. Tiefgang kann auch an vielen unguten Stellen kratzen. Aber zum Glück gibt es ja Trigger-Warnings.  ;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 11:12
Also wenn ich mir die 80iger-Actionfilme anschaue und mit den heutigen Serien-Hits vergleiche, haben wir nicht mehr Gewalt, aber deutlich  mehr Tiefgang. Tiefgang kann auch an vielen unguten Stellen kratzen. Aber zum Glück gibt es ja Trigger-Warnings.  ;D
Hab die uralt Robin Hood Serie auf DVD.
In der der Sohn von Sean Connery den Robin Hood spielt. (Glaube im dritten Teil)

Die Story ist ja echt interessant. Die Charaktere haben Charme.

Aber - Mei- die Kampfszenen kriegt ja jede LARP Gruppe besser hin.
 ;D
Glaube heute wäre das top choreographiert, und mit Sicherheit blutiger.

Wie zum Beispiel in "Last Kingdom".
Oder in "Wikings" etc.

Auch gäbe es mit Sicherheit einige Sexszenen. (Die der alten Serie komplett fehlen)

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 25.07.2022 | 11:20
Auch gäbe es mit Sicherheit einige Sexszenen. (Die der alten Serie komplett fehlen)

Ich habe dagegen den Eindruck, dass die Nippelquote seit den 1980igern stark rückläufig ist. Damals gabe es doch in so guten wie jeden Action-Film blanke Brüste zu sehen. Sowas wie die Highlander-Sex-Szene ist ja das beste Beispiel für das Klischee.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Raven Nash am 25.07.2022 | 11:21
Hab die uralt Robin Hood Serie auf DVD.
In der der Sohn von Sean Connery den Robin Hood spielt. (Glaube im dritten Teil)

Die Story ist ja echt interessant. Die Charaktere haben Charme.

Aber - Mei- die Kampfszenen kriegt ja jede LARP Gruppe besser hin.
 ;D
Glaube heute wäre das top choreographiert, und mit Sicherheit blutiger.

Wie zum Beispiel in "Last Kingdom".

Auch gäbe es mit Sicherheit einige Sexszenen. (Die der alten Serie komplett fehlen)
Die Kampfszenen in Last Kingdom sind auch nicht viel besser choreografiert - aber Schnitt und CGI übertünchen das kämpferische Unvermögen. Damals war's halt Bühnenfechten und die Kamera musste entsprechend geführt werden, was aber oft eher mäßig gelang.

Und Sexszenen sind so unnötig wie ein Pickel am Allerwertesten. Daran hat sich nichts geändert - auch Van Dammes nackter Hintern, der in jedem Film mindestens einmal zu sehen sein musste, war schon unnötig...

Was heute anders wäre: Die Leute wären dreckiger, weil im Mittelalter hat man sich ja bekanntlich nicht gewaschen (was die Badehäuser dann sollten, ach was...). ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 11:36
Ich habe dagegen den Eindruck, dass die Nippelquote seit den 1980igern stark rückläufig ist. Damals gabe es doch in so guten wie jeden Action-Film blanke Brüste zu sehen. Sowas wie die Highlander-Sex-Szene ist ja das beste Beispiel für das Klischee.
OK, ich habe den Film gesehen.
Aber höchstwahrscheinlich in einer nachträglich geschnittenen Version.
Ist das möglich?
Oder habe ich das schlicht übersehen?
 :think:
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 11:40
Und Sexszenen sind so unnötig wie ein Pickel am Allerwertesten. Daran hat sich nichts geändert - auch Van Dammes nackter Hintern, der in jedem Film mindestens einmal zu sehen sein musste, war schon unnötig...
;D
Naja " Sex Sells" - ist halt der Grund, warum das in vielen Filmen und Serien drin ist.

Bräuchte man sicher nicht unbedingt.
Wird aber, so vermute ich zumindest, häufig sogar erwartet.
Edit.
Game of Thrones ist ja mehr oder weniger eine Anhäufung von "Sex and Crime", "Spartacus" ist mMn. sogar noch schlimmer.

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 25.07.2022 | 12:56
Und auch zT. menschliche Abgründe beleuchtet werden, die sonst unter einem Teppich landen würden.

Das ist in vielen Fällen genau das, was ich nicht möchte und weshalb ich "fynstere" (schönes Wort) Spielwelten meide.

Mich belastet das dann potentiell mein restliches Leben lang und das muss ich nicht haben. Der Dreck und  die Widerlichkeiten des sogenannten "echten Lebens", ob Geschichte, Nachrichten oder selbst erlebt, reichen mir da völlig.

Dazu gibt es viele mögliche Positionen, die alle irgendwie legitim sind.
Einen Trend zu mehr Dingen, die zumindest ich schlecht verarbeiten kann, beobachte ich auch. Ob das wirklich zugenommen hat, ob es - warum auch immer - "sichtbarer" geworden ist, ob ich empfindlicher geworden bin - weiß ich nicht.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Noir am 25.07.2022 | 13:10
Ich glaube, es hat niemand behauptet, "helle" Settings wären besser als düstere. Aber vielleicht wurde etwas mißverständlich ausgedrück. Generell ist das schlicht eine Geschmacksfrage. Der Punkt ist eigentlich vielmehr, das gefühlt viele neue Systeme einfach auf einem "düsteren Ausgangspunkt" das Setting aufbauen. Dabei spielt es für mich persönlich sogar eine untergeordnete Rolle, ob das Setting noch immer "düster" ist oder sich bspw. in einer Wiederaufbauphase befindet. Ich finde es einfach schade, dass vielfach erstmal alles vorherige im Setting kaputt gegangen ist, um zur aktuellen Situation zu gelegen, obwohl man diesen Kniff mMn nicht zwingend benötigt, um trotzdem spannende Geschichten zu erzeugen.

Nein, im Gegenteil: Ich habe mich hier vermutlich missverständlich ausgedrückt. Ich wollte damit nicht ausdrücken, dass das jemand behauptet hat. Ich wollte eigentlich tatsächlich die Frage stellen, warum man denn in einem eher positiven Setting spielen möchte. Denn das erschließt sich mir wirklich nicht so richtig. Aber das liegt eben vermutlich tatsächlich an meinem Geschmack. Ich mag - wie gesagt - meine Settings in allen Unterhaltungsmedien so düster wie nur irgendwie möglich.

Was das Rollenspiel angeht, ist das düstere Setting einfach vollgestopft mit Abenteuermöglichkeiten. Und diese können so "düster" oder auch so "freundlich" wie möglich erzählt sein. Ich kann durchaus in Warhammer die Geschichte erzählen, wie die Protagonisten eine Jungfrau vor einem Chaoskult rettet. Inkl. Happy End mit Hochzeit der Jungfrau mit ihrem Geliebten. Das ist absolut möglich und beißt sich nicht mit dem Setting. Im nächsten Abenteuer ist man 100 Kilometer weiter in einem Bauerndorf, dass leider gerade von Tiermenschen dem Erdboden gleich gemacht wurde und die Aufbauarbeiten sind von Krankheit und Hoffnungslosigkeit gezeichnet. Die Rache an den Tiermenschen ist die nächste Geschichte. Die Bauern sind am Ende immer noch tot, die Krankheiten sind immer noch da und die überlebenden Menschen des Dorfes ziemlich sicher dem Untergang geweiht. Beides möglich. Beides das gleiche Setting. Beides logisch.

Das Ganze aber in einem kunterbunten Setting zusammenzukriegen halte ich dann doch für ziemlich unmöglich.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 13:11
Das ist in vielen Fällen genau das, was ich nicht möchte und weshalb ich "fynstere" (schönes Wort) Spielwelten meide.

Mich belastet das dann potentiell mein restliches Leben lang und das muss ich nicht haben. Der Dreck und  die Widerlichkeiten des sogenannten "echten Lebens", ob Geschichte, Nachrichten oder selbst erlebt, reichen mir da völlig.

Dazu gibt es viele mögliche Positionen, die alle irgendwie legitim sind.
Einen Trend zu mehr Dingen, die zumindest ich schlecht verarbeiten kann, beobachte ich auch.
Ich bin da auch empfindlich was Gewalt angeht.
"Wikings" habe ich deshalb abgebrochen.
Und bei " Last Kingdom" und Game of Thrones " musste ich zT. in manchen Szenen rausgehen.
Ich vertrage ja nicht Mal Folterszenen im Rollenspiel gut.( Als SPL)

Als SL schon eher, da ich mehr Kontrolle darüber habe, wie brutal eine Situation wird.
Oder nicht wird.
Auch wenn ich Szenen schreibe ist das weniger problematisch.

Edit.
Verrückterweise kann man vielleicht sogar sagen, dass die Gewalt die man sieht, ja nicht unrealistisch ist.
Nichts ist brutaler als die Realität.
Und das meiste was wir da konsumieren  gab es wirklich oder gibt es immer noch.
- Das zu thematisieren kann ein Licht darauf werfen. Und klar machen: "Sowas passiert.
Auch wenn wir das in unserer geschützten Bubble nicht wahrnehmen."
Aber sowas gespielt über ein Unterhaltungsmedium serviert zu bekommen ist auch nicht ganz ohne.

Kunst darf schon auch Mal aus der eigenen Komfort Zone rausholen, provozieren und sogar schockieren.
Funktioniert bei mir auch ziemlich leicht... :-)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Alexandro am 25.07.2022 | 13:51
Nicht-düstere Settings bedienen Ambitionen und Ziele, und erlauben Aufbaustrategen-Spielern sich auszutoben.

Wenn es einfacher ist etwas einzureißen als aufzubauen (wie es bei düsteren Settings eher der Fall ist), dann kommt da keine Freude auf, wenn man:
- mit NSC zusammenarbeiten, Aufgaben an diese delegieren und sein Vertrauen in diese setzen will (ohne dass man erwarten muss dass sie einen verraten oder aus Dysternys-Gründen ge-fridged werden)
- sich ein Umfeld von Support aufbauen, statt sich nur auf den einzelnen Charakter zu konzentrieren (und damit echte Erfolge zu erzielen, statt sich nur Probleme einzuhandeln, die man als Murder Hobo nicht hätte)
- in der Lage zu sein, auch mal suboptimale (aber nachvollziehbare) Entscheidungen zu treffen, ohne dass gleich mit einer Keule auf den gerade am Boden liegenden Charakter eingeprügelt wird (z.B. wir gefangen genommen - in dysteren Settings idR Game Over, in helleren Settings nur ein Rückschlag um zu entkommen und evtll. dabei noch etwas über die gegnerische Organisation zu erfahren).
usw. usf.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 25.07.2022 | 13:52
Ich wollte eigentlich tatsächlich die Frage stellen, warum man denn in einem eher positiven Setting spielen möchte. Denn das erschließt sich mir wirklich nicht so richtig.

Um zu spielen, wie aus dem hinterhältigen Schmuggler Han Solo der geachtete Rebellengeneral wird, der sein Leben für eine gute Sache riskiert, statt für eine möglichst hohe Profitquote. Um in einer Welt zu spielen, in der eine Rede, in der es heißt "Der Tag mag kommen, da der Mut der Menschen erlischt, da wir unsere Gefährten im Stich lassen und aller Freundschaft Bande bricht. Doch dieser Tag ist noch fern!", sich nicht wie leerer Hohn anhört. Um eine Jungfrau vor einem Chaos-Kult zu retten, ohne befürchten zu müssen, dass sie am nächsten Tag samt Bräutigam von der Inquisition abgeholt wird, die mittels Daumenschrauben & Scheiterhaufen "prüfen" will, ob die Zeit als Geisel der Kultisten nicht i-welche Chaos-Makel hinterlassen hat.

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Noir am 25.07.2022 | 14:34
Das erklärt, warum es mir keinen Spaß macht, solche Settings zu bespielen. Ich will Verfall und das Ende direkt vor der Nase. Immer :D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Quaint am 25.07.2022 | 15:11
Naja, letzten Endes sind Settings halt auch meist vielschichtiger als hell-dunkel. Beispielsweise macht es ja auch einen Unterschied ob die Protagonisten bei ggf. vorhandenem "Schweinkram" mitmachen, oder ob die Protagonisten eher "gute Leute" sind.

Herr der Ringe beispielweise ist ja an sich recht finster: Eine Mehrheit der Welt dient Sauron, Krieg droht die freie Welt zu verschlucken usw.
Aber die Protagonisten sind halt Ausbünde von Moral und Tugend, und selbst als Boromir dem Ring so halb nachgibt, opfert er sich quasi im nächsten Atemzug um die Hobbits zu retten.

Bei sowas wie Shadowrun unterscheidet sich das klar von Spielrunde zu Spielrunde, aber von dem Romanen her und der Karmaregelung habe ich eigentlich den Eindruck, dass auch da die Protagonisten dazu tendieren ganz nette Typen zu sein (für Berufsverbrecher).

Und ich finde, sowas mildert die Fiesheit des Setting nochmal etwas.

Ich spiele ganz gern sowas wie Warhammer 40K oder Shadowrun oder the Witcher, was ja jetzt alles Settings sind die deutlich weniger harmonisch sind als z.B. DSA/Aventurien, aber wenn meine Spieler das zum Anlass nehmen würden, saufiese Mistsäcke als SC zu erschaffen, würde ich glaube auch die Krise kriegen. Ich muss halt irgendwie mit den Protagonisten sympathisieren können.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 25.07.2022 | 15:22
Ich muss halt irgendwie mit den Protagonisten sympathisieren können.

Wichtiger Punkt. Vielleicht könnte man noch ergänzen, dass man auch mit - zumindest einigen - Figuren und Gegebenheiten in der Spielwelt sympathisieren können muss. Sonst wird es mit der Motivation sehr schwierig.
Und dann ist man schon sehr weit weg von dunkelfiesen Welten.

Natürlich funktioniert eine Spielwelt ohne Konflikte nicht so gut oder gar nicht. Denn ohne Konflikte gibt es ja wenig oder nichts, was die Figuren in der Welt tun können. Aber nicht jeder Konflikt muss super-finster-böse-brutal-blutrünstig sein um Bedeutung zu tragen.

Vermutlich landet man am Ende bei "Geschmacksfrage", wenn auch mit ziemlich polarisierten Lagern an den äußeren Rändern.

Was ich problematisch finde ist, eine Spielwelt als grundsätzlich nicht sinnvoll bespielbar zu bewerten. Sie mag für einige Leute mit gewisser Geschmackslage nicht bespielbar sein. Dem einen mögen in nicht ausreichend dunklen Welten die Konflikte nicht drastisch genug sein. Mir z.B. bekommen die meisten Spielwelten mit drastischeren Konflikten psychisch nicht gut. Ich sehe aber auch keine Schwierigkeit, Abenteuerideen für ziemlich helle Spielwelten (z.B. Castle Falkenstein) zu finden.
Ich würde vorschlagen: Nicht alles ist für alle (gut) spielbar. Alles andere ist eine Frage der Geschmackslage.

Und das meiste was wir da konsumieren  gab es wirklich oder gibt es immer noch.
- Das zu thematisieren kann ein Licht darauf werfen. Und klar machen: "Sowas passiert.
Auch wenn wir das in unserer geschützten Bubble nicht wahrnehmen."
Aber sowas gespielt über ein Unterhaltungsmedium serviert zu bekommen ist auch nicht ganz ohne.

Kunst darf schon auch Mal aus der eigenen Komfort Zone rausholen, provozieren und sogar schockieren.
Funktioniert bei mir auch ziemlich leicht... :-)

Klar kann man das machen.
Es ist aber dann auch legitim zu entscheiden, dass man das nicht möchte.
Den Unterschied würde ich so ziehen: Es ist völlig legitim, Darstellungen fiktionaler Grausamkeiten zu vermeiden. Es ist wahrscheinlich nicht legitim, die Existenz realer Grausamkeiten nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.
Ersteres scheint mir ganz unstrittig zu sein. Zweiteres muss man vermutlich mit diversen Abstufungen versehen und wahrscheinlich kann die volle Brutalität und Tragweite dessen, was real zwischen Menschen passiert ist und passiert, nicht jedem völlig ungefiltert zugemutet werden.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Camo am 25.07.2022 | 15:36
Ich trau mich nicht, ich hab jetzt noch Angstzustände weil die alle so brutal und kaputt waren.
Ich kann immer noch nicht glauben dass mich meine Mutter sowas hat anhören lassen.

Das schlimmste war eins wo nem Typen hintereinander beide Augen ausgestochen wurden.

Dann sollte ich jetzt nicht erwähnen, dass die Märchen, die in den letzten 80 Jahren oder so verfügbar waren, ALLE extrem verharmlost wurden und im Original SEHR viel brutaler und finsterer waren? Siehe Dornröschen: Die schlafende Schönheit wird nach hundert Jahren durch den Kuss der Liebe von ihrem Prinzen gerettet? Nicht ganz. Im Original-Märchen findet der Prinz sie, kann sie aber nicht wecken. Das hindert ihn nicht daran, sie zu vergewaltigen, woraufhin sie schwanger wird und noch immer schlafend Zwillinge zur Welt bringt. Erst, als ihre Tochter an ihrem Finger saugt und so den Giftdorn der Spindel entfernt, wacht sie auf.

Nun gibt es zwei Varianten, wie es weitergeht: In der einen verliebt Dornröschen sich in ihren Vergewaltiger, als er sie das nächste Mal besucht, und sie heiraten. In der anderen sucht sie ihn und findet heraus, dass er verheiratet ist. Seine Frau ist derart eifersüchtig, dass sie Dornröschens Zwillinge töten und kochen lässt, um sie anschließend ihrem Gemahl zu servieren. Hier kann das „Happy End“ erst kommen und Prinz und Dornröschen heiraten, als die mordende Ehegattin hingerichtet wurde.
Mehr dazu kann man hier (https://liber-laetitia.de/blog/original-maerchen-nicht-jugendfrei/) lesen.


Es scheint meinem rein subjektiv-anekdotischen Eindruck nach aber schon zu stimmen, daß Film und Fernsehen von heute irgendwie deutlich mehr Streß und Hetze enthalten (und dadurch auch beim Zuschauer abladen) als die aus meiner Kindheit und Jugend. Das ist allerdings, wohlgemerkt, keine "in den letzten Jahren..."-Entwicklung, sondern ein langfristiger Trend.

Das ist korrekt. Heute müssen Filme und Serien vor Allem Action enthalten, da muss was passieren. Wenn es Blut gibt, wird voll draufgehalten, das war früher nicht so. Ich habe, als meine Tochter jünger war, tatsächlich Serien und Filme von heute und früher (aus meiner Jugend oder davor, bin ja auch über 50 inzwischen) verglichen und festgestellt, dass ich Krimis und Western aus den 70ern und 80ern problemlos mit ihr gucken kann, die heutigen aber definitiv nicht. Sex und Gewalt werden heutzutage sehr viel expliziter dargestellt als früher... und selbst viele amerikanische Filme VOR dem sogenannten "Hays Code (https://de.wikipedia.org/wiki/Hays_Code)", der vieles verbot, waren softer als heutige, selbst wenn da Menschen komplett nackt waren.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 25.07.2022 | 15:43
Den Unterschied würde ich so ziehen: Es ist völlig legitim, Darstellungen fiktionaler Grausamkeiten zu vermeiden. Es ist wahrscheinlich nicht legitim, die Existenz realer Grausamkeiten nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen.
Ersteres scheint mir ganz unstrittig zu sein. Zweiteres muss man vermutlich mit diversen Abstufungen versehen und wahrscheinlich kann die volle Brutalität und Tragweite dessen, was real zwischen Menschen passiert ist und passiert, nicht jedem völlig ungefiltert zugemutet werden.

Mm. Einerseits ist es durchaus legitim, beispielsweise keine zu brutal-graphischen Gewalttaten in seiner persönlichen Unterhaltung zu wollen -- für viele von uns reicht da "Pistole macht bumm und Gegner fällt um" wahrscheinlich immer noch völlig aus. Was für Verletzungen solche Dinger real am menschlichen oder sonstigen Körper anrichten können, ist ein anderes und deutlich gruseligeres Thema und gehört in die Fiktion also auch nicht zwingend hinein, wird aber andererseits natürlich spätestens bei Fragen zum Thema im richtigen Leben sofort wieder relevant...
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 15:56
@
Felix

Wie stellst du denn dann z.B. Kämpfe und Gewalt im Rollenspiel dar?

Mir geht's so. - Verharmlosen will ich Gewalt (Mord und Totschlag) bei den Beschreibungen irgendwie auch nicht.
Das "Böse" ist deshalb schon böse.

Allerdings ist alles, was ich beschrieben kriege, für mich jedenfalls, besser zu verkraften, als wenn ich das in einem Film sehe.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Ma tetz am 25.07.2022 | 16:22
Also viele Rollenspiele thematisieren ja Gewalt als legitime und naheliegende Konfliktlösung. Das ist für mich per se gewaltverherrlichend. Ich kann damit gut leben.

Der eine Pol ist halt die Konsequenzen nicht aktiv zu beschreiben und es bei "Du verletzt Dein Gegenüber... Er fällt tot um" zu belassen. Was in gewisser Weise eine Verharmlosung ist.

Der Andere Pol ist dann Gewaltporno, bei dem Blut und Eiter nur so spritzen.

Ich schwanke bei meinen Runden zwischen diesen Polen mit einem Drall zum weniger Expliziten.

Keines von Beidem ist für mich besser.

Zum Thema: Ich habe viele eher düstere Welten im Schrank (Warhammer, Shadowrun, Schatten des Dämonenfürsten, Trudvang und auch das mit den schwarzen Landen und der Wildermark so garnicht li-la-lustige DSA). Aber mir ist wichtig, dass wir immer die spielen, die zumindest das Gute wollen und meist auch das Gute tun. Folter, Vergwaltigung, Verstümmelung ist Teil der Welt und wird unterschiedlich stark erzählerisch thematisiert, aber es gehört nicht zum Instrumentenkasten meiner SC.

Gewalt gegen Kinder mag ich, seit ich selber Kinder habe überhaupt nicht. Insgesamt geht mir explizite Gewaltdarstellung mittlerweile näher, als früher.

Diese Video fasst die Eigenschaften von  grimdarkem Spiel imho ganz gut zusammen:

https://youtu.be/1S8k5R5hdao
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Camo am 25.07.2022 | 16:29
Ich sag meinen Spielern im Vorwege immer ganz deutlich "Was ihr tut, das können auch eure Gegner anwenden... wenn ihr also foltert, verstümmelt, schändet etc, dann kann das auch euch passieren. Ich habe seit Jahrzehnten nichts derartiges mehr in meinen Runden gehabt... kann mir gar nicht vorstellen, woran das liegen könnte? ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 16:36
Also viele Rollenspiele thematisieren ja Gewalt als legitime und naheliegende Konfliktlösung. Das ist für mich per se gewaltverherrlichend. Ich kann damit gut leben.

Der eine Pol ist halt die Konsequenzen nicht aktiv zu beschreiben und es bei "Du verletzt Dein Gegenüber... Er fällt tot um" zu belassen. Was in gewisser Weise eine Verharmlosung ist.

Der Andere Pol ist dann Gewaltporno, bei dem Blut und Eiter nur so spritzen.

Ich schwanke bei meinen Runden zwischen diesen Polen mit einem Drall zum weniger expliziten.

Keines von Beidem ist für mich besser.
https://youtu.be/1S8k5R5hdao
Jo.
Bei mir ähnlich.

Man könnte im Extremfall sicherlich auch zu: "Der ist weg", " der ist weg", "der ist weg" übergehen.
Andererseits haben viele SPL auch kein Problem damit, wenn man Alla "300" Mal die verbale Ketchup Flasche rausholt.

Oder anders: Ich hatte noch nie jmd. am Tisch, der der Meinung war: Das ist mir jetzt zu brutal.
Außer mich selbst... ~;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Raven Nash am 25.07.2022 | 16:37
Warum macht man eigentlich "düster" an Gewalt fest?
EIn Kampf, egal wo und wann, war und ist eine brutale Angelegenheit. In den Sagas wurde zwar heroisch überhöht - aber wenn jemand seinen Gegner mit dem Schwert spaltet und das Pferd drunter gleich mit, ist das wohl unrealistisch, aber deshalb nicht weniger brutal. Und auch wenn der edle Paladin sein Schwert gegen das BöseTM erhebt - das Blut wird seinen weißen Waffenrock dennoch besudeln.

"Düsternis" hat IMHO viel mit "Hoffnung" zu tun, bzw. deren Abwesenheit. Mittelerde z.B. wäre extrem düster - wäre da nicht die Hoffnung. Solange es das GuteTM noch gibt und es sich aktiv zur Wehr setzt, ist nicht alles verloren.
D.h. ein Setting wird umso düsterer, umso weniger Hoffnung es gibt, dass sich etwas ändert. Wenn also die Welt zwar großteils in Trümmern liegt, die Bewohner daraus aber wieder etwas aufbauen, ist das Ganze nicht besonders düster. Selbst wenn es Monster, Scharmützel, Diebe, usw. gibt.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: YY am 25.07.2022 | 16:43
Der eine Pol ist halt die Konsequenzen nicht aktiv zu beschreiben und es bei "Du verletzt Dein Gegenüber... Er fällt tot um" zu belassen. Was in gewisser Weise eine Verharmlosung ist.

Da wird doch ausgerechnet die Konsequenz explizit genannt :think:

Ich kann es nicht so recht nachvollziehen, das Unterlassen einer ausufernden und detailreichen Beschreibung (schon) als Verharmlosung zu sehen.


Warum macht man eigentlich "düster" an Gewalt fest?

Nicht am großen Überbegriff Gewalt, sondern an der Art der Darstellung.
Da gehört das schon hin.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 25.07.2022 | 16:44
Gewaltdarstellung ist in der Tat noch mal ein etwas separates Thema, und persönlich denke ich ebenfalls, daß die meisten Rollenspielsysteme spätestens mit der Verwendung abstrakter "Trefferpunkte" anstelle konkreter Verletzungen und anderer Traumata Gewalt schon mal ein gutes Stück weit verharmlosen -- "du triffst für zwölf Schadenspunkte und...okay, der ist erledigt" ist schon in sich eine etwas andere Sache als "Okay, du schlitzt ihm den Bauch auf, und während er zu Boden sackt und seine Gedärme bereits herausrutschen, versucht er noch, auf Orkisch nach seiner Schwester zu rufen, die dein Zaubererkumpel übrigens gerade in eine kreischende und taumelnde lebende Fackel verwandelt hat...".

Andererseits gehört Kämpfen (nicht zwingend immer mit tödlichem Ausgang, aber eben doch der Einsatz körperlicher Gewalt gegen andere in der einen oder anderen Form) meist irgendwie schon einfach mit zum Abenteuergenre, und die Beschreibungen sind da auch in anderen Medien traditionell nicht automatisch gleich immer auf "so brutal und schockierend wie möglich" getrimmt. Ob das also jetzt auch übers spezielle Thema Rollenspiel hinaus grundsätzlich falsch ist oder wohl doch irgendwie okay sein muß, ist letzten Endes vermutlich eine Frage, die allmählich etwas den Rahmen dieses Forums sprengt -- persönlich, denke ich, kann ich auch bei "verharmlosender" Darstellung zwischen Gut und Böse meist noch dadurch unterscheiden, gegen wen sie welche Arten von Gewalt anwenden, da muß das Kunstblut nicht erst in High Definition über den Spieltisch schwappen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 25.07.2022 | 16:55
@
Felix

Wie stellst du denn dann z.B. Kämpfe und Gewalt im Rollenspiel dar?

Entweder wird stark verharmlost und mit Action-Film-Klischees gespielt.
Oder Gewalt ist realistisch und wird dann vermieden.
Ich bevorzuge zweiteres.

Ich mag Spielweisen, in denen Kämpfe nicht vermeidbar sind nicht besonders.
Fantasy macht es einem teilweise leicht, Kämpfe ohne große Dilemmata  einzubinden - eine Vielzahl von Gegnern ist halt einfach per Definition böse und es ist OK und auch gut, die zu töten. (Und nein, es gibt keine alternative Sichtweise darauf, die sind genau so. Geschaffen, um böse zu sein und böses zu tun).

Ansonsten finde ich nobody@homes Ausführungen treffend.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 17:13
Gewaltdarstellung ist in der Tat noch mal ein etwas separates Thema, und persönlich denke ich ebenfalls, daß die meisten Rollenspielsysteme spätestens mit der Verwendung abstrakter "Trefferpunkte" anstelle konkreter Verletzungen und anderer Traumata Gewalt schon mal ein gutes Stück weit verharmlosen -- "du triffst für zwölf Schadenspunkte und...okay, der ist erledigt" ist schon in sich eine etwas andere Sache als "Okay, du schlitzt ihm den Bauch auf, und während er zu Boden sackt und seine Gedärme bereits herausrutschen, versucht er noch, auf Orkisch nach seiner Schwester zu rufen, die dein Zaubererkumpel übrigens gerade in eine kreischende und taumelnde lebende Fackel verwandelt hat...".
:'(
Mach, dass der Ork wieder lebt...!
Rettet die Orks!
Die haben doch nur Hunger, und wollen was essen!
 
Ne im Ernst, wir sozialisieren die alle!
Wenn die lernen Tierfleisch oder Gemüse statt Menschen zu essen, sind sie doch harmlos!  :D

@
felix
Hab mit Wesen, die per Setting durch und durch bösen sein sollen, irgendwie trotzdem ein Problem.
(Ist natürlich irrational - da Fiktion)
Außer bei Stechmücken, vielleicht.

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 25.07.2022 | 17:21
Entweder wird stark verharmlost und mit Action-Film-Klischees gespielt.
Fantasy macht es einem teilweise leicht, Kämpfe ohne große Dilemmata  einzubinden - eine Vielzahl von Gegnern ist halt einfach per Definition böse und es ist OK und auch gut, die zu töten. (Und nein, es gibt keine alternative Sichtweise darauf, die sind genau so. Geschaffen, um böse zu sein und böses zu tun).

Wobei wir wieder beim Thema "Ist es gerechtfertigt Ork-Kinder zu töten?" wären. Für die einen ist es scheinbar dann ein helles Setting, wenn das schon okay ist, und für andere (wie mich), ist das extremst dyster.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 17:29
Wobei wir wieder beim Thema "Ist es gerechtfertigt Ork-Kinder zu töten?" wären. Für die einen ist es scheinbar dann ein helles Setting, wenn das schon okay ist, und für andere (wie mich), ist das extremst dyster.
Ich habe das Experiment gewagt, und meiner Gruppe tatsächlich mal eins (Orkbaby)verpasst.

Resultat:
Sie haben sich dann mehr oder weniger rührend darum gekümmert, und ne Ersatzmama gesucht.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 25.07.2022 | 17:49
Persönlich würde ich sagen, Settings mit "objektiver" und fest verdrahteter Moral ("Wir sind gut, die sind böse, und nie wird sich daran etwas ändern, denn SO STEHT ES IN DEN REGELN!!!") rutschen allein dadurch ohnehin schon ein gutes Stück weit in Richtung "düster" -- so ein Anspruch wäre mir nämlich schlicht und ergreifend zu totalitär mit allen negativen Assoziationen, die dazugehören. Unsere moralischen Standpunkte beziehen ich und meine Charaktere immer noch selbst, danke (wie sollte es auch anders gehen?), und wer uns mit welcher Ausrede auch immer das Recht dazu absprechen will, ist bei allen gleichzeitig zugestandenen kleinen Schwächen unsererseits wahrscheinlich nicht unser Freund.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 25.07.2022 | 17:54
Sind wir jetzt also doch bei den Li-La-Laune-Settings, in denen nur die jemals zum Schwert greifen, die absolut verkommen und böse sind?  ;D

Naja, lieber My little Pony als eine Welt, in der Hoffnungslosigkeit herrscht... ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 25.07.2022 | 18:04
Ich habe in den 90igern bei MERP/Rolemaster selbst einen Uruk-Hai, der von Nicht-Orks aufgezogen wurde und ganz nett war, gespielt.

War natürlich X-treme 90ies. ;D Aber es waren halt auch tatsächlich die 90iger und ich war jung.

Der Typ von der schlagenden Burschenschaft in der Runde fand das aber nicht so toll... 8]

Jedenfalls habe ich aus meiner Perspektive einen Beitrag geleistet Mittelerde lebenswerter und heller zu gestalten. Hat mir Spass gemacht!
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 25.07.2022 | 18:09
Sind wir jetzt also doch bei den Li-La-Laune-Settings, in denen nur die jemals zum Schwert greifen, die absolut verkommen und böse sind?  ;D
Natürlich nicht!
Das mit dem "Orkbaby - Dilemma" gibt's halt trotzdem.

Mit Skeletten und Zombies hat wahrscheinlich keiner ein Problem.
( Außer " Shawn"(of the Dead)
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
) ~;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Ma tetz am 25.07.2022 | 18:10
Da wird doch ausgerechnet die Konsequenz explizit genannt :think:

Ich kann es nicht so recht nachvollziehen, das Unterlassen einer ausufernden und detailreichen Beschreibung (schon) als Verharmlosung zu sehen.


Du tötest ihn ist halt etwas anderes als Du schlitzt ihm den Bauch auf und....

Durch die detailarme Beschreibung wird die schreckliche Tat erträglicher und ein wesentlicher Teil des Schreckens ausgeblendet. Wie schon gesagt ich finde das nicht verwerflich. Aber ich würde auch nicht sagen, dass das nichts mit den Spielern macht (z.B. Murder Hobbos). Ich finde es aber legitim, so damit umzugehen und mache das tendenziell ja auch selbst so.


Aber wenn wir das weiter vertiefen wollen sollten wir das abtrennen. Das führt recht weit vom Fadenthema weg  :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 25.07.2022 | 20:27
Wobei wir wieder beim Thema "Ist es gerechtfertigt Ork-Kinder zu töten?" wären. Für die einen ist es scheinbar dann ein helles Setting, wenn das schon okay ist, und für andere (wie mich), ist das extremst dyster.

Meine Lösung ist: in hellen Spielwelten kommt die Situation nicht vor.
Ist dann vielleicht eher helle Spielweise.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 25.07.2022 | 20:32
Das mit dem "Orkbaby - Dilemma" gibt's halt trotzdem.

Nur hat es eigentlich weder mit Orks noch mit Babies etwas zu tun. Es ist einfach ein konstruiertes moralisches Dilemma, die Elemente (Ork / Bedrohung und Baby / Unschuld) sind beliebig austauschbar.

Aber Moralische Zwickmühlen mögen ein wesentlicher Baustein von düsteren Settings sein.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 25.07.2022 | 20:42
Hm, ich überleg gerade, ob ich schon im Eingangspost einen Fehler gemacht habe, indem ich die Begriffe "negativ" und "düster" vermischt habe oder ob sich erst durch die Diskussion hier das Gefühl bei mir eingestellt hat, dass ich damit evtl. zwei verschiedene Dinge bezeichne? :think:


Diese Aufteilung auf 4 statt 2 Aspekte macht es vielleicht etwas leichter, zumal sich durch Kombiationen noch mehr Zustände ergeben. Beispiele:


... Und daran, dass mir jetzt spontan kein negativ-düsteres Setting einfällt, kann man schon sehen, dass es wichtig war, die obige Trennung vorzunehmen, denn "nur" negative Settings könnte ich schon noch ergänzen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 26.07.2022 | 00:09
Aber Moralische Zwickmühlen mögen ein wesentlicher Baustein von düsteren Settings sein.

Scheint mir auch eine Bestätigung der (ziemlich fragmentarischen) These zu sein, dass der Unterschied vielleicht eher die Spielweise ist als die Spielwelt.

Ob es moralische Dilemmata gibt, hängt davon ab, ob a) Spieler und/oder Figuren geeignete moralische Maßstäbe haben und anwenden. Und ob b) eine Situation vorkommt, in der das eine Rolle spielt. Das entscheidet in den meisten Fällen vermutlich der Spielleiter, der ein Dilemma entweder forcieren oder vermeiden kann.

Ich mag (meistens) keine moralischen Dilemmata im Rollenspiel.* Das ist dann wieder eine Frage des Geschmacks und ggfs. der individuellen Belastbarkeit.

*Begründung
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 00:43
ch wollte eigentlich tatsächlich die Frage stellen, warum man denn in einem eher positiven Setting spielen möchte. Denn das erschließt sich mir wirklich nicht so richtig.
Warum?
Muß das positive nicht geschützt und verteidigt werden
 
Ich sehe eher Probleme beide in einem düsteren Setting zusammenzubringen als in einem anderen.
Im düsteren Setting müssen ggf von den Guten 80 Jungfrauen geopfert werden um die finstere Magie abzuwehren.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 26.07.2022 | 00:48
"Moralische Zwickmühlen" verbinde ich, ehrlich gesagt, im Reflex in erster Linie mit (A)D&D-Paladinen alter Schule, die ja als fast einzige Klasse explizit ihre Kräfte verlieren konnten, wenn sie sich nicht hinreichend sklavisch an ihren Verhaltenskodex gehalten haben. Ansonsten fallen mir so viele Beispiele eigentlich schon gar nicht mehr ein...

...zumal ein echtes moralisches Dilemma ja schon eins sein müßte, bei dem sich die moralisch zweifelhaftere Wahl auch tatsächlich zumindest für eine Weile mehr auszahlt als die "eigentlich richtige". Wenn ich weiß, daß ich mit der "guten" Entscheidung letztendlich eh immer besser fahre (z.B., weil die "schlechte" Seite ja eh nur lügt und betrügt), dann ist das ja schon keine wirkliche Zwickmühle mehr, und bei einer Wahl zwischen von vornherein nur gleich schlechten Ausgängen ("Rette A oder B, der jeweils andere stirbt!") hält sich zumindest die große moralische Dimension auch eher in Grenzen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 26.07.2022 | 08:23
Nur hat es eigentlich weder mit Orks noch mit Babies etwas zu tun. Es ist einfach ein konstruiertes moralisches Dilemma, die Elemente (Ork / Bedrohung und Baby / Unschuld) sind beliebig austauschbar.

Aber Moralische Zwickmühlen mögen ein wesentlicher Baustein von düsteren Settings sein.
Naja - es passiert ja erstmal nichts Schlimmes, wenn sie das Orkbaby am Leben lassen.
Es lebt eben weiter.
Es besteht sogar die Chance, dass dieses Baby nie großen Schaden anrichtet.
Die Rettung mehr oder weniger ohne negative Folgen bleibt.

Bei einer harten moralischen Zwickmühle, müsste man wählen ob man z.B. lieber einen Freund sterben lässt oder ein ganzes Dorf.
Aber klar ist: Die Wahl entscheidet unmittelbar über Leben und Tod.

Eine weitere Zwickmühle wäre auch ob man  gegen seine Vorgesetzten, seine Prinzipien, seinen Glauben handelt, um seinem Gefühl zu folgen oder nicht.

Am Ende geht es um innere Konflikte, bei denen Emotionen und Verstand nicht einer Meinung sein müssen. Um die Wahl mit der die Figur besser leben kann.

Bei Figuren die keine Moral, keine Empathie mehr haben, kann man sich solche Zwickmühlen allerdings sparen. Die werden sich dann für die Lösung entscheiden, die ihnen weniger Probleme macht oder die ihnen mehr Ruhm, Geld etc. einbringt.
Insofern eigenen die sich für düstere Settings mit dreckigen Helden eher weniger.
Höchstens als "Rest- Empathie - Test."
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 26.07.2022 | 08:55
Das "Orkbaby-Problem" ist aus meiner Sicht eigentlich eh kein Dilemma. Wenn Orks nämlich tatsächlich von Grund auf böse sind, dann sind sie das natürlich auch schon in ihrer Erscheinungsform als Babies -- die sind dann schon aus von vornherein urbösen Samen- und Eizellen hervorgegangen und haben womöglich schon als Ungeborene ihre Geschwister in der Gebärmutter abgemetzelt, und dann greift die gängige "Aber Kinder sind doch noch unschuldig!"-Hypothese bei ihnen einfach nicht. Da spielt dann die Spielleitung also eigentlich nur hinterhältig und mit Vorsatz die Alltagsmoral der Spieler (in deren realem Leben "grundsätzlich böse" Lebensformen eher nicht so vorkommen) gegen das pragmatische Wissen der Charaktere (die sich mit so etwas eben doch herumschlagen müssen) aus und nennt es dann eine große Gewissensfrage...die es aber in Wirklichkeit gar nicht ist.

Und wenn Orkbabies nun doch nicht von Grund auf schlecht und unrettbar verdorben sind...dann stellt das natürlich auch das beiläufige Umbringen von erwachsenen Orks einfach bloß, weil sie halt "nur" Orks sind, gleich wieder in ein etwas anderes Licht. Das, was da gerade achtkantig aus dem Fenster geflogen ist? Das war unsere Ausrede dafür, daß diese Praxis okay sein soll. >;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 26.07.2022 | 09:18
Das "Orkbaby-Problem" ist aus meiner Sicht eigentlich eh kein Dilemma. Wenn Orks nämlich tatsächlich von Grund auf böse sind, dann sind sie das natürlich auch schon in ihrer Erscheinungsform als Babies -- die sind dann schon aus von vornherein urbösen Samen- und Eizellen hervorgegangen und haben womöglich schon als Ungeborene ihre Geschwister in der Gebärmutter abgemetzelt, und dann greift die gängige "Aber Kinder sind doch noch unschuldig!"-Hypothese bei ihnen einfach nicht.
Doch - unzwar in der Form, dass man annimmt: In dieser hilflosen, kleinen Form, können sie noch nichts ausrichten.
Höchstens jmd. beißen. Aber da sie auch nen Überlebenstrieb haben, werden sie die einzige Hand die sie füttert, wohl eher nicht angreifen.

Ein gewisses Ehrgefühl könnte auch dazu führen, dass man sagt: "Wir sehen uns dann wieder wenn du groß bist."
(Ich erledige dich erst, wenn du wirklich jmd. schadest.)
Oder auch "Ich töte niemanden, der noch keine ernste Gefahr ist, und sich nicht Mal dagegen wehren kann."

Die andere Seite wäre die: " Ich töte den Ork jetzt, wenn er sich noch nicht wehren kann, denn er wird irgendwann, wenn er groß ist, mal zur Gefahr."  ( Das ist dann allerdings mit "Wenns" und "Abers" und "Eventualitäten " versehen, da er in seinem aktuellen Zustand, und zum jetzigen Zeitpunkt, noch keinerlei Schuld auf sich geladen haben kann. Also perse noch unschuldig ist.)

Ohne böse Tat, keine Schuld.

Wenn sich jetzt ein "böses" Wesen dazu entscheidet, nicht "böse" zu handeln.
(Gibt es ja in zahlreichen Filmen- Vampire, Dämonen, Teufel  whatever)
Dann sind auch sie unschuldig.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 09:59


Ich mag Spielweisen, in denen Kämpfe nicht vermeidbar sind nicht besonders.
Kämpfe sind immer vermeidbar, aber um welchen Preis sind sie das
Ich habe in den 90igern bei MERP/Rolemaster selbst einen Uruk-Hai, der von Nicht-Orks aufgezogen wurde und ganz nett war, gespielt.

War natürlich X-treme 90ies. ;D Aber es waren halt auch tatsächlich die 90iger und ich war jung.

Der Typ von der schlagenden Burschenschaft in der Runde fand das aber nicht so toll... 8]

Jedenfalls habe ich aus meiner Perspektive einen Beitrag geleistet Mittelerde lebenswerter und heller zu gestalten. Hat mir Spass gemacht!
Problem ist, das Orks in Mittelerde nicht wählen können.
Das ist der Grund warum ihre Korruption als Morgoth s verwerflichste Tat gilt
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 10:48
Problem ist, das Orks in Mittelerde nicht wählen können.
Das ist der Grund warum ihre Korruption als Morgoth s verwerflichste Tat gilt

Ja, aber ich habe ein negatives Setting durch Kraft meines Spielerwillens in ein positives Setting verwandelt, wo das Gute über die Fesseln der Abstammung siegen kann.

Darauf wollte ich hinweisen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 11:43
Was dann natürlich nicht mehr kanonisch ist und den Kanon zu brechen sehe ich als problematisch an.
Genauso wenn man Cthulhu spielt und Magie problemlos gewirkt werden kann
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 26.07.2022 | 11:47
...zumal ein echtes moralisches Dilemma ja schon eins sein müßte, bei dem sich die moralisch zweifelhaftere Wahl auch tatsächlich zumindest für eine Weile mehr auszahlt als die "eigentlich richtige". Wenn ich weiß, daß ich mit der "guten" Entscheidung letztendlich eh immer besser fahre (z.B., weil die "schlechte" Seite ja eh nur lügt und betrügt), dann ist das ja schon keine wirkliche Zwickmühle mehr, und bei einer Wahl zwischen von vornherein nur gleich schlechten Ausgängen ("Rette A oder B, der jeweils andere stirbt!") hält sich zumindest die große moralische Dimension auch eher in Grenzen.

Worauf beziehst Du Dich?
Ich dachte, das was ich geschrieben hätte, wäre ziemlich klar gewesen. Aber vielleicht beziehst Du Dich auf was anderes.
Was ich meinte: Ich mag es nicht, im Spiel Entscheidungen treffen zu sollen, die ich irgendwie ethisch problematisch oder moralisch belastend finde.

Haarspaltereien mal beiseite: Es ist natürlich ein Dilemma, wenn man entscheiden muss, ob Person A oder B (beide unschuldig) stirbt. Menschen zerbrechen im realen Leben an solchen Entscheidungen.
Ob das im Rollenspiel dann auch so sein muss, hängt vom Spielstil ab. Ohnehin hängt sehr vieles davon ab - wenn alle damit einverstanden sind, kann man ziemlich viele Sachen "einfach so" runterspielen, ohne dass es in belastende Bereiche und verstörende Details gehen muss. Es scheint aber auch einen Spielstil zu geben, der genau diese Dinge sucht. Da wäre für mich der entscheidende Unterschied, der den Grad der "Fynsternis" ausmacht.

Kämpfe sind immer vermeidbar, aber um welchen Preis sind sie das

Das ist grundsätzlich ein guter Punkt, grenzt hier aber wieder hart an Sophisterei.
Ich würde wieder auf die Macht der Spielweise verweisen: Ich möchte entsprechend eine Spielweise, bei der Kämpfe kreativ und mit gutem Ausgang vermieden werden können.
(Nochmal: Nicht alle sollen so spielen, ich möchte so spielen.)

Was dann natürlich nicht mehr kanonisch ist und den Kanon zu brechen sehe ich als problematisch an.

Das hingegen ist ein guter Punkt ohne Abstriche.
Ich würde vorschlagen: Den Kanon zu verändern ist nur OK, wenn alle einverstanden sind. Dann aber ist es OK. Ist das konsensfähig?

Doch - unzwar in der Form, dass man annimmt: In dieser hilflosen, kleinen Form, können sie noch nichts ausrichten.
Höchstens jmd. beißen. Aber da sie auch nen Überlebenstrieb haben, werden sie die einzige Hand die sie füttert, wohl eher nicht angreifen.

Ein gewisses Ehrgefühl könnte auch dazu führen, dass man sagt: "Wir sehen uns dann wieder wenn du groß bist."
(Ich erledige dich erst, wenn du wirklich jmd. schadest.)
Oder auch "Ich töte niemanden, der noch keine ernste Gefahr ist, und sich nicht Mal dagegen wehren kann."

Die andere Seite wäre die: " Ich töte den Ork jetzt, wenn er sich noch nicht wehren kann, denn er wird irgendwann, wenn er groß ist, mal zur Gefahr."  ( Das ist dann allerdings mit "Wenns" und "Abers" und "Eventualitäten " versehen, da er in seinem aktuellen Zustand, und zum jetzigen Zeitpunkt, noch keinerlei Schuld auf sich geladen haben kann. Also perse noch unschuldig ist.)

Ohne böse Tat, keine Schuld.

Wenn sich jetzt ein "böses" Wesen dazu entscheidet, nicht "böse" zu handeln.
(Gibt es ja in zahlreichen Filmen- Vampire, Dämonen, Teufel  whatever)
Dann sind auch sie unschuldig.

Oh weh... Dazu würde mir dermaßen viel einfallen, dass es den Rahmen hier völlig sprengen würde. (Allein Begriffe von "Schuld" und "Ehre" - darüber könnte man sich vermutlich seitenlang streiten).
Vermutlich hatten wir auch schonmal irgendwo eine Diskussion dazu?
Würde jedenfalls vorschlagen, dass hier ruhen zu lassen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 26.07.2022 | 12:03
Genauso wenn man Cthulhu spielt und Magie problemlos gewirkt werden kann

Einfach nen großen alten spielen und zeigen, dass die auch voll knuffig sind... ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 26.07.2022 | 12:09
Wenn sich jetzt ein "böses" Wesen dazu entscheidet, nicht "böse" zu handeln.
(Gibt es ja in zahlreichen Filmen- Vampire, Dämonen, Teufel  whatever)
Dann sind auch sie unschuldig.

Tja -- dann ist es eben auch nicht grundsätzlich und unvermeidbar "böse". Du kannst nicht beides haben. ;)

Letzten Endes gibt's aus meiner Sicht eigentlich nur einen plausiblen Grund für einen "totalen Krieg" gegen eine andere Lebensform einfach als solche, und zwar dann, wenn man mit denen tatsächlich schlicht und ergreifend nicht friedlich nebeneinander her existieren kann -- also vielleicht so eine Beziehung wie die zwischen Mensch und Ebolavirus. Und selbst da ist ja das eigentliche Hauptproblem nur, daß wir uns mit dem Virus nicht einfach darauf einigen können, keine Menschen mehr zu befallen, sonst könnten wir auf vernünftige Distanz immer noch Nachbarn sein...man merkt, der Anspruch ist schon einigermaßen hoch gesetzt, was er meiner unbescheidenen Ansicht nach aber auch sein sollte. :)

Alltäglichere und individuellere Freund-Feind-Beziehungen kann ich ja ohne weiteres immer noch haben, dafür brauche ich die große kosmische Moralkeule nicht.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 12:13


Das ist grundsätzlich ein guter Punkt, grenzt hier aber wieder hart an Sophisterei.
Ich würde wieder auf die Macht der Spielweise verweisen: Ich möchte entsprechend eine Spielweise, bei der Kämpfe kreativ und mit gutem Ausgang vermieden werden können.
(Nochmal: Nicht alle sollen so spielen, ich möchte so spielen.)
Funktioniert toll in MLP , funktioniert überhaupt nicht in Mittelerde es sei denn Unterwerfung unter Sauron den Großen zählt als guter Ausgang.



Ohne böse Tat, keine Schuld.

jetzt haben wir Wesen die sich von Menschen ernähren müssen, dazu müssen sie diese töten etc.
Sind sie böse ?
ist es gerechtfertigt sie zu bekämpfen und zu töten?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 12:15
Ich würde vorschlagen: Den Kanon zu verändern ist nur OK, wenn alle einverstanden sind. Dann aber ist es OK. Ist das konsensfähig?

Also bis auf den Schlagenden waren alle einverstanden. Aber ich war wohl nicht satisfaktionsfähig.  ~;D

Nach deinem Massstab hätten wir ihn wohl aus der Gruppe hauen müssen. Aber man soll ja den politischen Brückenschlag suchen, oder?  8]

Andererseits: wenn man Mittelerde mit MERP und dem enthaltenen Zaubersystem spielt, was ist dann da noch Kanon? Und ich habe mir ja auch nicht die Entwicklungstabelle mit entsprechend gewichteten Artwork im Charaktererschaffungskapitel ausgedacht.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

 :btt:
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 26.07.2022 | 12:24
Oh weh... Dazu würde mir dermaßen viel einfallen, dass es den Rahmen hier völlig sprengen würde. (Allein Begriffe von "Schuld" und "Ehre" - darüber könnte man sich vermutlich seitenlang streiten).
Können wir auch ganz kurz machen:
Es gibt Figuren ( wie Ritter z.B) die haben einen Ehrenkodex wie : "Ich töte keine Frauen und Kinder."  Oder " ich kämpfe und töte nur ehrenvoll."  oder "ich Schütze die Schwachen."

Die gibt es. Punkt. Und deshalb kann man nicht sagen es wäre unstrittig, wie eine Figur in solch einer Situation zu handeln hätte.
Darum ging es mir.

Das können andere Figuren natürlich anders sehen. Raubritter oder Söldner z.B.
Oder Figuren die da keinerlei Kodex, Hemmung oder ähnliches haben.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 26.07.2022 | 12:28
Also bis auf den Schlagenden waren alle einverstanden. Aber ich war wohl nicht satisfaktionsfähig.  ~;D

Nach deinem Massstab hätten wir ihn wohl aus der Gruppe hauen müssen. Aber man soll ja den politischen Brückenschlag suchen, oder?  8]

Ja klar, unbedingt soll man eine Lösung für alle suchen.
Muss ja auch nicht alles der reinen Lehre nach gespielt werden - denke nur, ein bisschen Klarheit ist immer hilfreich, damit man Kompromisse besser (oder überhaupt) abschätzen kann.

Funktioniert toll in MLP , funktioniert überhaupt nicht in Mittelerde es sei denn Unterwerfung unter Sauron den Großen zählt als guter Ausgang.

1) Ja, das ist ein klassischer Fall, wo die gesamte Spielwelt darauf ausgerichtet ist, dass es einen Kampf gegen Sauron geben soll.
2) Die Gruppe kann natürlich trotzdem entscheiden, alternative Lösungen zuzulassen. Wäre für mich nicht nötig, geht aber.
3) Ist Sauron nicht in erster Linie im Feld geschlagen worden, sondern die Zerstörung des Rings hat seine Niederlage herbeigeführt.

Worauf willst Du denn eigentlich hinaus? Dass es auf den Einzelfall ankommt? Dass es kanonische Setzungen gibt? Dass es immer Ausnahmen gibt?
Sind alles Punkte, denen ich nicht widersprechen würde. Ich würde auch gar nicht fordern, dass immer und alles gewaltlos oder ohne direkten Kampf gelöst werden können muss.
Habe den Eindruck, Du willst mir einen Widerspruch nachweisen, den ich gar nicht behaupten will.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Zanji123 am 26.07.2022 | 12:28
jetzt mal für mich gesprochen mag ich... "graue" Settings lieber.

Ich komme von Jahrelangen DSA Spielen und da war's halt klassisch DU HELD DU GUT. Aventurien ist ja schon etwas arg schwarz / weiß oder war es lange Zeit.

Seitdem ich dann aber das GRW zum Schatten des Dämonenfürsten gelesen habe muss ich sagen... joha so n bisschen grimdark / grau / eigentlich will jeder nur Überleben mag ich irgendwie besser. Jetzt nicht IMMER aber mal als Abwechslung hat es was :)
(PS: Orkbabies töten wäre in dem Setting übrigens für einige Menschen okay da die Orks eine Rebellion angezettelt und den Imperator gekillt haben... für einige andere Menschen aber absolut NICHT ok weil die den Grund der Rebellion kennen und die Art wie Orks "gehalten" worden sind als Kriegsmaschinen)


Zum Thema Ritter / Paladin: Ja bin da der Meinung von Issi. Die haben einen kodex an denen haben die sich wortgetreu zu halten PUNKT da für die dieser Kodex das wichtigste ist.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 12:30
Die gibt es. Punkt. Und deshalb kann man nicht sagen es wäre unstrittig, wie man in solch einer Situation zu handeln hätte.
Darum ging es mir.

Aus so einem Ehrenkodex kann doch leicht immer die Grenzfälle rauskitzeln. Das ist alles nicht so einfach wie du denkst.

Ist ein 12jähriger oder 15jähriger (mit Waffe) noch ein Kind?

Was heißt ehrenvoll?

Wie definiert man schwach und wer verdient folglich Schutz?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ArneBab am 26.07.2022 | 12:31
Letzten Endes gibt's aus meiner Sicht eigentlich nur einen plausiblen Grund für einen "totalen Krieg" gegen eine andere Lebensform einfach als solche, und zwar dann, wenn man mit denen tatsächlich schlicht und ergreifend nicht friedlich nebeneinander her existieren kann
Das hat der Anime Goblin Hunter aufgegriffen (zumindest in Staffel 1, Staffel 2 weiß ich nicht).
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 12:35
Seitdem ich dann aber das GRW zum Schatten des Dämonenfürsten gelesen habe muss ich sagen... joha so n bisschen grimdark / grau / eigentlich will jeder nur Überleben mag ich irgendwie besser. Jetzt nicht IMMER aber mal als Abwechslung hat es was :)

Wobei Schatten des Dämonenfürsten eines der restriktivsten Corruption-Regelsysteme hat.

Die Corruption-Regeln machen die Spielercharaktere fast zwangsweiße nicht böse, denn wer so murderhobot, wie man es oft von D&D gewohnt ist, der wird schnell bei 0 HP krepieren. (Ist natürlich auch Auslegungssache und kann weg gelassen werden, aber RAW spielt man fast schon kiesow'sche Helden, denn ich glaube ich zu erinnern, dass es sogar bei bei Diebstahl in fiesen Fällen Corruption geben kann.)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 12:37
Können wir auch ganz kurz machen:
Es gibt Figuren ( wie Ritter z.B) die haben einen Ehrenkodex wie : "Ich töte keine Frauen und Kinder."  Oder " ich kämpfe und töte nur ehrenvoll."  oder "ich Schütze die Schwachen."
wie Richard Coeur de Lion
Wieviele Gefangene lies er nochmal wo abschlachten weil das Lösegeld zu spät kam?
Gilles des Rais Marschall von Frankreich wurde für Kindesmord hingerichtet
Bois Gilbert
Potted Plant Soth
Ariakan Knight of Takhisis

@ Zanji123

sagen wir mal was aus der Sicht der Retoiden als gut zählt
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

@tartex

Zitat
Ist ein 12jähriger oder 15jähriger (mit Waffe) noch ein Kind?
Welche  Rolle spielt es  wenn das Kind oder die Kindersoldaten versuchen dich oder andere anzugreifen und zu töten?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 26.07.2022 | 12:37
Aus so einem Ehrenkodex kann doch leicht immer die Grenzfälle rauskitzeln. Das ist alles nicht so einfach wie du denkst.

Ist ein 12jähriger oder 15jähriger (mit Waffe) noch ein Kind?

Was heißt ehrenvoll?

Wie definiert man schwach und wer verdient folglich Schutz?

Danke, sehr schön auf den Punkt gebracht  :d

Die Frage der Spielweise ist dann jetzt wieder: Möchte man sich mit diesen Probleme und Grenzfällen beschäftigen, oder vermeidet man das lieber.
Beides ist legitim, ich bin normalerweise für vermeiden.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 12:40
@tartex
Welche  Rolle spielt es  wenn das Kind oder die Kindersoldaten versuchen dich oder andere anzugreifen und zu töten?

Frag das nicht mich, sondern den Ehrenkodex "Ich töte keine Frauen und Kinder."
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 26.07.2022 | 12:41
Naja - es passiert ja erstmal nichts Schlimmes, wenn sie das Orkbaby am Leben lassen.
Es lebt eben weiter.
Es besteht sogar die Chance, dass dieses Baby nie großen Schaden anrichtet.
Die Rettung mehr oder weniger ohne negative Folgen bleibt.

Du hast mich nicht verstanden. Orks sind ein blödes Beispiel, weil das Monströse an Orks mittlerweile stark relativiert wurde. Siehe Schwerttänzers Hinweis.

Nimm mal eine andere Ausgangslage. Was ist mit einem Illithiden-Baby? Das versucht dir mit seinen Stummeltentakeln das Gehirn rauszusaugen. Oder Ein Baby-Mimic, der dir ohne zu zögern die Hand abbeißt.

Oder doch das Orkbaby, wenn statistisch Orks zu 60% böse werden, und pro Ork im Schnitt 3,27 Menschen getötet werden?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 26.07.2022 | 12:41
Aus so einem Ehrenkodex kann doch leicht immer die Grenzfälle rauskitzeln. Das ist alles nicht so einfach wie du denkst.

Ist ein 12jähriger oder 15jähriger (mit Waffe) noch ein Kind?

Was heißt ehrenvoll?

Wie definiert man schwach und wer verdient folglich Schutz?
Moment hier ging es doch nicht um einen 12 jährigen mit Waffe, sondern um ein Orkbaby.
Also ein BABY.

Dass es in anderen Fällen nicht so einfach ist, geschenkt!


@
Tudor the Traveller

Wenn mich schon das Baby töten kann, ist die Lage anders, ohne Frage.
Glaube keiner würde sich liebevoll um ein Baby- Alien  aus "Alien" kümmern.


Edit. "Gnade" muss man sich leisten können.
Z.B.
Wenn ich angegriffen werde, und so gut kämpfen kann, dass ich es mir leisten kann, jmd. nur zu entwaffnen oder auf sonstige Weise kampfunfähig zu machen ohne meinen Gegner zu töten, und ohne selbst getötet zu werden.

Das hängt im Rollenspiel natürlich auch stark von den Kampfregeln ab. Ob sowas geht.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 12:43
Oder doch das Orkbaby, wenn statistisch Orks zu 60% böse werden, und pro Ork im Schnitt 3,27 Menschen getötet werden?

Ich denke in dem Fall ist in einem positiven Setting die Endlösung gerechtigfertigt. :Ironie:
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Zanji123 am 26.07.2022 | 12:44
Wobei Schatten des Dämonenfürsten eines der restriktivsten Corruption-Regelsysteme hat.

Die Corruption-Regeln machen die Spielercharaktere fast zwangsweiße nicht böse, denn wer so murderhobot, wie man es oft von D&D gewohnt ist, der wird schnell bei 0 HP krepieren. (Ist natürlich auch Auslegungssache und kann weg gelassen werden, aber RAW spielt man fast schon kiesow'sche Helden, denn ich glaube ich zu erinnern, dass es sogar bei bei Diebstahl in fiesen Fällen Corruption geben kann.)

ja du bekommst Corruption bei Mord -> wenn du dich damit bereichen willst (oder halt n Assasine bist).
Diebstahl ist halt immer ein Grund für Corruption (max ein Punkt beim ersten mal... ich würde dann bei "weiteren vergehen" keine weiteren geben) liegt halt auch daran das deine "Seele halt n dunklen Fleck hat". Das ist aber euch erst ab 5 Punkten "schlimm" und da brauchts doch einiges. Des weiteren ist halt kaum ein NPC frei von corruption (außer die Strahlenden Priester... wobei auch die nicht immer ist mir aufgefallen. Inquisitoren sind nicht frei davon)


ergo: nur bei echt hardcore Fällen kriegst du Punkte und eine Pfade benötigen ja Corruption um ihre Fähigkeiten zu nutzen
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 26.07.2022 | 12:48
Das hat der Anime Goblin Hunter aufgegriffen (zumindest in Staffel 1, Staffel 2 weiß ich nicht).

Ich meine mich dunkel zu erinnern, ja (gesehen habe ich in selber nicht, aber schon davon gehört). Und ja, das mag tatsächlich als ein Beispiel durchgehen -- wo Koexistenz mit Goblins einfach nicht drin ist, weil man schon durch den bloßen Versuch nur die Sicherheit und das nackte Überleben der eigenen Leute aufs Spiel setzen würde, da ist falsche Schonung halt nicht angesagt. Wobei die Goblins in diesem Setting natürlich auch nicht einfach nur wieder die gängigen 08/15-Fäntelaltersetting-Lachnummern sind...
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 12:49
ergo: nur bei echt hardcore Fällen kriegst du Punkte und eine Pfade benötigen ja Corruption um ihre Fähigkeiten zu nutzen

Das ist aber schon Auslegungssache und nicht wirklich in den Regeln definiert. Besonders an den Teil, dass mehrmaliges Begehen desselben Verbrechens nicht zählt, kann ich mich nicht erinnern. Ich spiele ja auch nicht so restriktiv, aber wollte halt anmerken, dass SotDL eigentlich viel mehr Disziplinierungswerkzeuge zu bieten hat ist als Kiesows Zeigefinger.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Maarzan am 26.07.2022 | 12:59
Du hast mich nicht verstanden. Orks sind ein blödes Beispiel, weil das Monströse an Orks mittlerweile stark relativiert wurde. Siehe Schwerttänzers Hinweis.

Nimm mal eine andere Ausgangslage. Was ist mit einem Illithiden-Baby? Das versucht dir mit seinen Stummeltentakeln das Gehirn rauszusaugen. Oder Ein Baby-Mimic, der dir ohne zu zögern die Hand abbeißt.

Oder doch das Orkbaby, wenn statistisch Orks zu 60% böse werden, und pro Ork im Schnitt 3,27 Menschen getötet werden?

Was wäre da "böse werden" und ist diese Wahrscheinlichkeit soziologisch statistisch - also durch Erziehung aller Voraussicht nach beeinflussbar - oder ein genetischer Trigger und die anderen 39 Nichtmutanten sind halt nicht in für sie aussichtsreicher Lage auf Menschen getroffen?

Am Ende läuft es dann wohl auf  nurture vs nature hinaus und das wäre halt an der Spielweltbiologie und nicht an irdischen Belangen orientiert.
Das eine wäre ein Baby und das andere ein Monster, welches wie ein Baby aussieht.

Die nächste Frage wäre halt, gerade wenn das häufiger anfallen sollte: Wer ist dann für das Baby verantwortlich? Mittelalterliche Gesellschaften haben nicht unbedingt Überfluss, teils sogar eigene übliche Mangelverluste über den Winter und Gold kauft auch nur solange Nahrung wie Nahrung da ist.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 13:00
Frag das nicht mich, sondern den Ehrenkodex "Ich töte keine Frauen und Kinder."
Amazonen an die Front
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 26.07.2022 | 13:01
Das ist aber schon Auslegungssache und nicht wirklich in den Regeln definiert. Besonders an den Teil, dass mehrmaliges Begehen desselben Verbrechens nicht zählt, kann ich mich nicht erinnern. Ich spiele ja auch nicht so restriktiv, aber wollte halt anmerken, dass SotDL eigentlich viel mehr Disziplinierungswerkzeuge zu bieten hat ist als Kiesows Zeigefinger.

Korruptionsregeln sind nebenbei ein Beispiel dafür, was ich weiter oben zum Thema moralische Dilemmas ausdrücken wollte. :)

Habe ich ein Korruptionssystem, das mir immer nur mit dem Holzhammer auf die Finger haut, wenn ich etwas "Falsches" mache, dann habe ich eigentlich kein Dilemma, sondern dann lasse ich das in erster Näherung einfach nur -- lohnt sich ja nicht.

Habe ich dagegen eins, das zum Spielen mit ihm geradezu einlädt, weil man tatsächlich zumindest für eine Weile echte Vorteile daraus ziehen kann, es womöglich auch einen Weg zurück gibt, und die Haken erst später zu pieksen anfangen...na, dann wird's doch eigentlich erst interessant! >;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 13:08

2) Die Gruppe kann natürlich trotzdem entscheiden, alternative Lösungen zuzulassen. Wäre für mich nicht nötig, geht aber.
die Alternative Lösung hat Sauron wiederholt abgelehnt


Zitat
3) Ist Sauron nicht in erster Linie im Feld geschlagen worden, sondern die Zerstörung des Rings hat seine Niederlage herbeigeführt.
aka Commando operation, aber ohne Widerstand wäre das nicht möglich gewesen

Zitat
Worauf willst Du denn eigentlich hinaus?

Das der Preis Kampf immer zu vermeiden hoch sein kann
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Maarzan am 26.07.2022 | 13:12
Amazonen an die Front
Ein Gott, der solche suiziden Anforderungen stellt, wird recht bald ohne Gläubige dastehen.

Die historisch wohl übliche Lösung war/ist vermutlich: Das sind halt har keine "richtigen" Menschen ("Ungläubige", "Untermenschen", "Verräter" verschiedenster Art etc.) , also gelten diese Regeln hier nicht.
Und in manch einer Fanatsywelt kann das für die eine oder andere humanoide Gestalt halt sogar wahr sein.

Bezgl. Kanon: So eine Abweichung am eigenen Spieltisch ist sicher möglich und wenn alle am Tisch damit konform gehen richtig, aber halt keine Basis für allgemeine (Internet-) Diskussionen mehr.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 13:19
Bezgl. Kanon: So eine Abweichung am eigenen Spieltisch ist sicher möglich und wenn alle am Tisch damit konform gehen richtig, aber halt keine Basis für allgemeine (Internet-) Diskussionen mehr.

Wir diskutieren eh nicht Kanon, sondern dass für den einen "Orks sind absolut böse" zur Definition eines "positiven" Settings gehören, während für andere "Orks sind absolut böse" ein Setting negativ macht.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 26.07.2022 | 13:28
Nebenbei halte ich persönlich Doc-Bytes letzten Definitionsversuch...

  • "Negative" Settings haben für mich primär eine - hm - halt negative Ausgangslage: Alles ist den Bach runter gegangen, die Zivilsation von einst, ist nicht mehr, etc.
  • "Positive" Settings im Gegenzug haben eine funktionierende Gesellschaft, in der es grundsätzlich "posiitv" läuft.
  • "Düstere" Settings werden von Chaos, Willkür, Ungerechtigkeit und Gewalt als unreflektiertes Mittel zum Ziel geprägt.
  • "Helle" Settings sind etwas schwerer zu greifen, da es ja viele Schattierungen gibt. Ich würde sagen, in einem "hellen" Settings gibt es irgendeine Macht oder Gruppierung, die bestrebt ist, entweder den postiven Zustand zu erhalten oder einen negativen Zustand zu verbessern.

...für etwas unintuitiv, denn ob ein Setting auf mich nun eher "negativ" oder "positiv" wirkt, hat meist weniger damit zu tun, was da bis vor kurzem passiert ist (ist ja alles schon Schnee von gestern), als vielmehr damit, wie sich denn die Aussichten für die nahe bis mittelfristige Zukunft so präsentieren. Eins, in dem es gerade den großen Knall gegeben hat, die Überlebenden sich aber aufrappeln, in die Hände spucken, und sich gegenseitig zum Wiederaufbau ermutigen, würde zumindest ich also schon für deutlich "positiver" halten als eins, das im Moment noch weitgehend intakt wirkt, dafür aber im Lauf der nächsten Jahre unabhängig davon, was die SC eigentlich so machen, definitiv den Bach runtergehen wird...
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 13:32
Ein Gott, der solche suiziden Anforderungen stellt, wird recht bald ohne Gläubige dastehen.
das war ein Ehrenkodex was ein Gott damit zu tun haben soll erschliesst sich mir nicht.

Die übliche Art war solche I_DIOTISCHEN Suizidkodexe hat es IRL nie gegeben, mit ich töte keine Frauen und Kinder waren Nichtkombatanten gemeint und ob das so eingehalten wurde
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 26.07.2022 | 13:38
Hm, ich überleg gerade, ob ich schon im Eingangspost einen Fehler gemacht habe, indem ich die Begriffe "negativ" und "düster" vermischt habe oder ob sich erst durch die Diskussion hier das Gefühl bei mir eingestellt hat, dass ich damit evtl. zwei verschiedene Dinge bezeichne? :think:

  • "Negative" Settings haben für mich primär eine - hm - halt negative Ausgangslage: Alles ist den Bach runter gegangen, die Zivilsation von einst, ist nicht mehr, etc.
  • "Positive" Settings im Gegenzug haben eine funktionierende Gesellschaft, in der es grundsätzlich "posiitv" läuft.
  • "Düstere" Settings werden von Chaos, Willkür, Ungerechtigkeit und Gewalt als unreflektiertes Mittel zum Ziel geprägt.
  • "Helle" Settings sind etwas schwerer zu greifen, da es ja viele Schattierungen gibt. Ich würde sagen, in einem "hellen" Settings gibt es irgendeine Macht oder Gruppierung, die bestrebt ist, entweder den postiven Zustand zu erhalten oder einen negativen Zustand zu verbessern.

Diese Aufteilung auf 4 statt 2 Aspekte macht es vielleicht etwas leichter, zumal sich durch Kombiationen noch mehr Zustände ergeben. Beispiele:

  • Earth Dawn ist ein negatives Setting, aufgrund des Fokus auf Wiederaufbau und -entdeckung aber auch ein eher "helles" Setting. (Auch wenn man es natürlich alternativ sehr düster darstellen könnte.)
  • Star Trek ist (wenn man mal Discovery außen vor lässt) ein positives Setting und mit der Föderation sehr hell ausgerichtet.
  • Star Wars ist eine wunderbare Mischform. Die Republik ist zwar untergegangen, wurde aber unmittelbar vom Imperium abgelöst, es brach also nicht alles im Chaos zusammen. Und auch wenn das Imperium düster ist, gibt es mit den Rebellen auch Licht im Setting.
  • Gewisse Zeitabschnitte in Aventurien könnte man als positiv-düster bezeichnen. Die Schwarzen Lande sind gefallen, aber das Mittelreich hat überlebt und ist bemüht, die Dämonenherrscher wieder zu vertreiben.

... Und daran, dass mir jetzt spontan kein negativ-düsteres Setting einfällt, kann man schon sehen, dass es wichtig war, die obige Trennung vorzunehmen, denn "nur" negative Settings könnte ich schon noch ergänzen.

Was wäre dann für dich "Vampire die Masquerade". In der Welt der Sterblichen gibt es eine funktionierende Gesellschaft in der es überwiegend je nach Rechts- oder Unrechtslage positiv verläuft. In der Gesellschaft der Untoten gibt es eine funktionierende Parallelgesellschaft in der es "positiv" läuft. Man ist zwar als Vampir (meistens) auf Blut von Lebewesen angewiesen, aber es gibt mit der Masquerade ja eine Gruppierung die im Gegensatz zum Sabbat einen negativen Zustand verbessern möchte (auch wenn das eher zum Zweck hat unter Menschen nicht aufzufallen). 

Wäre das dann ein positives, helles Setting?

Bei allem was hier so geschrieben wird denke ich inzwischen, dass die Handlungen der Spieler und der Rahmen einer Geschichte ein Setting entweder positiv oder negativ macht. Es kommt also mehr auf den Kontext der Handlungen an und weniger auf den Rahmen der Geschichte (egal ob jetzt eine komplett kaputte Welt am Abgrund vorgegeben wird oder ein makelloses Idealbild einer harmonischen Gesellschaft).
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Zanji123 am 26.07.2022 | 13:41
Das ist aber schon Auslegungssache und nicht wirklich in den Regeln definiert. Besonders an den Teil, dass mehrmaliges Begehen desselben Verbrechens nicht zählt, kann ich mich nicht erinnern. Ich spiele ja auch nicht so restriktiv, aber wollte halt anmerken, dass SotDL eigentlich viel mehr Disziplinierungswerkzeuge zu bieten hat ist als Kiesows Zeigefinger.

Zitat: Dein wert in Verderbnis steigt u.U. im spiel an, meist in Folge einer wahrhaft bösen Tat nach dem Ermessen des SL oder nach folgenden Richtlinien

- Mord
- Diebstahl um sich selbst zu bereichern
- Verletzen von Unschuldigen beispielsweise durch das absichtliche Verbreiten einer Krankheit, das Vergiften einer Quelle  oder den unverwantwortlichen Umgang mit Magie
- erlernen von Nekromantie oder zauber der Verbotenen Schule
- Nutzung bestimmter Relikte.



generell: es hält dich keiner auf es zu tun, nur bekommst du halt Verderbnis und die ist erstmal nix besonderes, ab Stufe 4 bekommst du nen Nachteil bei sozialen Interaktionen, ab 7 hast du n ekliges Mal und ab stufe 9 kann man dich nicht mehr wiederbeleben da deine Seele in der Hölle landet (auch der Wiederbelebungzauber ist schwerer je mehr Verderbnis du hast).

Verderbnis los werden geht ja auch... nur wie gesagt gibt's einige Pfade die wollen das gar nicht und können (und wollen) damit leben


(und ja ich habe in meiner aktuellen Gruppe einen Assasinen mit 7 Punkte Verderbnis wobei das meiste aufgrund einer eklkigen Dämonen Attacke stammt .... plus sein Leben als Assasine. Seine Stimme ist daher sehr kratzig, eklig und absolut jeder der ihn nicht kennt will nicht mit ihm reden)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 26.07.2022 | 13:51
Das der Preis Kampf immer zu vermeiden hoch sein kann

Ich bin jetzt wirklich nicht mehr sicher, ob Du mich verstehst, bzw. verstehen willst.

Ich plädiere für einen Spielstil, der Vermeidung von Kämpfen ermöglicht. Das beinhaltet natürlich, dass der Preis dann nicht inakzeptabel hoch ist. Sonst wäre es wieder ein Dilemma, mit dem ich mich im Spiel nicht beschäftigen möchte. Wie hoch der Preis für etwas ist, was daraus folgt wenn etwas passiert etc., das sind alles Dinge, die man in der Spielweise von Anfang an festsetzen oder halt bei Bedarf anpassen kann. Kann, wenn man halt so spielen möchte. Wenn nicht, dann muss man das nicht machen.
Ob das realistisch ist oder nicht, ist mir nicht so wichtig. Die Formel wäre etwas so: So realistisch wie möglich, soviel Beschönigung, soviel Handwedelei wie nötig.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 13:54
Ich bin jetzt wirklich nicht mehr sicher, ob Du mich verstehst, bzw. verstehen willst.
der Punkt war mir etwas unklar
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 26.07.2022 | 13:57
Was wäre dann für dich "Vampire die Masquerade". In der Welt der Sterblichen gibt es eine funktionierende Gesellschaft in der es überwiegend je nach Rechts- oder Unrechtslage positiv verläuft. In der Gesellschaft der Untoten gibt es eine funktionierende Parallelgesellschaft in der es "positiv" läuft. Man ist zwar als Vampir (meistens) auf Blut von Lebewesen angewiesen, aber es gibt mit der Masquerade ja eine Gruppierung die im Gegensatz zum Sabbat einen negativen Zustand verbessern möchte (auch wenn das eher zum Zweck hat unter Menschen nicht aufzufallen). 

Wäre das dann ein positives, helles Setting?

Kann man so verstehen.
Du hast Dir da - vermutlich absichtlich - das Beispiel rausgesucht, bei dem man am ehesten Probleme finden kann, weil "Vampire" und "hell" ein Widerspruch zu sein scheinen. (Außerdem heißt es ja "World of Darkness"...).
Ich würde es umdrehen: Vampire ist ein gutes Beispiel dafür, wie hell eine eigentlich dunkel gedachte Spielwelt in der Spielpraxis werden kann. Was ich dann wiederum als Hinweis werten würde, dass die meisten Leute mit sehr negativ-fynster-abgefuckten Welten nicht so viel anfangen können. Die Welt von Vampire bietet noch reichlich Hoffnungsschimmer, an denen man Motivationen aufhängen kann.
Vampire ist so, wie die meisten Spielwelten: Ziemlich viel Dunkel, ziemlich viele Konflikte, ziemlich viel Potential für üble Sachen. Auf der anderen Seite aber auch eine ganze Menge Erhaltenswertes, mehr oder weniger realistische Ansätze wie der Untergang zumindest verlangsamt werden kann, sogar progressive Möglichkeiten.

der Punkt war mir etwas unklar

Ist es denn jetzt klar?
Zumal wenn ich hinzufüge, dass mir klar ist, dass mein Vorschlag einer "hellen" Spielweise nicht ohne Widersprüche und Ausnahmen funktioniert?

Würde gern von unproduktiven Haarspaltereien wegkommen. Anders ist es natürlich, wenn es tatsächlich etwas gibt, was zu klären ist oder wenn tatsächlich gravierende Denkfehler vorliegen sollten.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Alexandro am 26.07.2022 | 14:07
Vampire war ursprünglich mal (zu 1st und 2nd Edition Zeiten) so gedacht, dass in der Gesellschaft alles so unfair war, damit die Spieler früher oder später genug von der gnadenlösen, mafiösen Gesellschaftsstruktur haben, diese verlassen und als Gesetzlose (Anarchen) gegen diese rebellieren (was deutlich mehr Kerninhalt des Spiels war, als das Politikspiel späterer Editionen).

Dass dann doch einige Spieler Lust hatten in der Vampirmafia zu bleiben und zu versuchen selber zum Ober-Vampirmafiosi zu werden, war anscheinend nie beabsichtigt (ebensowenig wie Leute, welche die komplett unmenschlichen Antagonisten-Vampire spielen wollten) und erforderte einige Relativierungen im Hintergrund, um die Welt so anzupassen, dass sie auch auf diese Weise funktioniert.

@Topic:
Bisher wurde hier noch nicht herausgearbeitet, was Fans von dysteren Settings in diesen für langfristige Spaßquellen sehen. Oder spielt ihr da nur One-Shots oder Kampagnen von Einzelereignisreihungen ohne übergreifende Struktur?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 14:14
Zitat: Dein wert in Verderbnis steigt u.U. im spiel an, meist in Folge einer wahrhaft bösen Tat nach dem Ermessen des SL oder nach folgenden Richtlinien

- Mord
- Diebstahl um sich selbst zu bereichern

Klar. Besonders "Diebstahl um sich selbst zu bereichern" ist halt schon eine krasse Ansage. Das geht ja in den meisten 08/15-Fantasy-Settings okay. Wie gesagt ich habe immer auf "Ermessen des SL" gesetzt, wollte aber die Regeln, wie sie im Buch stehen, nicht unerwähnt lassen.

Und da steht auch nichts davon, dass man bei der Widerholung der selben Tat keine Korruption mehr kriegt - obwohl mir das als Hausregel sehr gut gefällt.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Zanji123 am 26.07.2022 | 15:02
allerdings mach ich sowas dann erst bei Verderbnis 4 oder so. Soll heissen: du bist schon arg verdorben das ein "normaler" Diebstahl da nichts mehr ausmacht....außer du tötest dabei noch jemanden (die spirale nach unten halt)  den ... ansonsten machen Diebesgilden in der Welt halt wenig sinn da die Mitglieder SEHR schnell irgendwelche Verderbnis Male haben müssten. Und die Assasinen Gilde in den freien Städten permanent neue Leute suchen müsste da die alten zu auffällig sind
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 15:10


Ist es denn jetzt klar?
Ja,
Der Kontext war mir unklar.
e.g. hätte Isildur nicht den Ring von Saurons Hand geschnitten hätte Frodo nie ihn zum Schicksalsberg bringen  und Gollum ihn in die Lava stürzen können
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 26.07.2022 | 15:18
Wäre Mittelerde ein "positives Setting" hätte man Gollum ja auch gleich umbringen können, wie es Frodo manchmal vorgeschwebt ist. Denn es war ja wohl klar, dass er nicht mehr auf den Pfad der Tugend zurückkehrt...

Also ganz im Sinne Tolkiens. :Ironie:
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Maarzan am 26.07.2022 | 15:28
Wir diskutieren eh nicht Kanon, sondern dass für den einen "Orks sind absolut böse" zur Definition eines "positiven" Settings gehören, während für andere "Orks sind absolut böse" ein Setting negativ macht.

Wenn "bei unserer Mittelerderunde geht das ja auch" eingeworfen wird, aber dabei eine grundlegende Setzung umgebogen wird, dann ist das  auch Teil der Diskussion - insbesondere wenn es gerade um eben "absolut böse" geht.

das war ein Ehrenkodex was ein Gott damit zu tun haben soll erschliesst sich mir nicht.

Die übliche Art war solche I_DIOTISCHEN Suizidkodexe hat es IRL nie gegeben, mit ich töte keine Frauen und Kinder waren Nichtkombatanten gemeint und ob das so eingehalten wurde

Eben, das ist typischerweise eine Erscheinung im Rahmen von Spielweltgöttern und ihren Paladinen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 26.07.2022 | 15:33
Ich glaube es kommt wahrscheinlich weniger darauf an, wie dunkel ein Setting ist, als auf die Art und Weise wie man darin spielt.

Man kann ja darin trotzdem Helden spielen, die sowas wie Werte und Moral haben, und mit genügend Regel -Rettungsnetzen, so dass "Draufgehen" nicht zur Normalität wird.


Aber ich vermute, dass SPL, die düstere Settings bevorzugen - genau das nicht wollen, sondern eher dreckige Helden in einer dreckigen Welt.

Edit.
Die Frage ist, ob man umgekehrt auch dreckige Helden in einer hellen Welt spielen könnte?
Meine Antwort: Kommt ganz auf die SL an.

Bestimmte Abenteuer funktionieren in hellen Welten nur mit hellen bis grauen Helden.
Und wenn die SL dazu neigt Handlungen zu bestrafen, statt plausible Konsequenzen zu geben, dann werden SPL natürlich auch in eine bestimmte Richtung "erzogen."
Etwas, von dem SPL vielleicht hoffen, dass das in einer düsteren Welt nicht passiert.
(Ungestraft Sau rauslassen, ohne SL- Bestrafung)


Mir machen extrem dreckige Helden keinen Spaß, egal in welcher Welt. Das sind für mich NSC.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 26.07.2022 | 15:53
Kann man so verstehen.
Du hast Dir da - vermutlich absichtlich - das Beispiel rausgesucht, bei dem man am ehesten Probleme finden kann, weil "Vampire" und "hell" ein Widerspruch zu sein scheinen. (Außerdem heißt es ja "World of Darkness"...).
Ich würde es umdrehen: Vampire ist ein gutes Beispiel dafür, wie hell eine eigentlich dunkel gedachte Spielwelt in der Spielpraxis werden kann. Was ich dann wiederum als Hinweis werten würde, dass die meisten Leute mit sehr negativ-fynster-abgefuckten Welten nicht so viel anfangen können. Die Welt von Vampire bietet noch reichlich Hoffnungsschimmer, an denen man Motivationen aufhängen kann.
Vampire ist so, wie die meisten Spielwelten: Ziemlich viel Dunkel, ziemlich viele Konflikte, ziemlich viel Potential für üble Sachen. Auf der anderen Seite aber auch eine ganze Menge Erhaltenswertes, mehr oder weniger realistische Ansätze wie der Untergang zumindest verlangsamt werden kann, sogar progressive Möglichkeiten.

Ich sehe es nicht problematisch. Ich finde das Beispiel nur so passend, weil zumindest unsere Vampire Runden sich überwiegend um den Erhalt der Menschlichkeit drehten. Die obige These auf die sich der Post bezieht mag maximal ausgereizt sein, weil wie du schon schreibst es eigentlich ein helles Setting sein müsste, von vielen aber sicherlich als dunkel und hoffnungslos empfunden wird. Es passt wunderbar dazu, dass es nicht wirklich einfach ist von der Beschreibung einer Spielwelt auf das Setting schließen zu können (finde ich).
 
In meinen Augen gibt es negative Spielweisen (also nicht im Sinne von "schlecht" sondern nach dem Motto ihr verliert sowieso am Ende usw.), aber nicht zwingend negative Settings die einen dazu zwingen das es auch so ist. Die Ausgangslage für die Charaktere und ihr Handeln ist mal mehr dunkel mal mehr hell. D.h. beschützen sie eine heile Welt oder erkämpfen sie einen Ort des Lichts in einer dunklen Welt.

Anstatt Vampire hätte ich auch CoC schreiben könnten, one-shot lastig, weil sowieso alle Wahnsinnig werden, sterben oder schlimmeres. Gegen die Wesenheiten des Mythos kann man faktisch nicht bestehen die Welt ist dazu verdammt unterzugehen. Auf der anderen Seite, ist CoC wie auch Vampire, eine funktionierende Welt mit und Personen (Helden vermeide ich hier mal) die was dagegen tun (oder es zumindest versuchen). Aber ist CoC jetzt ein helles, positives Setting.

Hier ist es schon hellgrauer als bei Vampire aber immer noch grau.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 26.07.2022 | 15:55
Eben, das ist typischerweise eine Erscheinung im Rahmen von Spielweltgöttern und ihren Paladinen.

Nur als Nebenbemerkung: den Lawful Stupid Paladin halte ich für ein Problem, das erst mit dem AD&D1 Unearthed Arcana dem Text nach zum Problem wird. Dank Cavalier werden auf einmal sehr simple, dumme und romantisierte Vorstellungen von Ritterlichkeit und Christentum auf den Paladin in AD&D1 projeziert. Holger aus Poul Andersons Three Hearts, Three Lions ist dagegen ein recht pragmatischer Typ und passt damit problemlos in eine D&D-Party (ohne Assassinen, wobei das in bestimmten Kampagnen bestimmt auch gehen kann. Ein Paladin, der z.B. Als Akt der Sühne den Assassinen wenn nicht bekehren, dann aber doch zu einer rücksichtsvolleren Person machen soll) .
Generell bedeutet Fanatismus in einer Sache nicht immer Dummheit und Intoleranz, wenn diese Sache z.B. Barmherzigkeit (z.B. Franziskaner als Teil ihres Selbstverständnisses) ist oder Bildung und Rationalität (z.B. Jesuiten als historische Annäherung im katholischen Kontext). Paladine müssen ein Ideal verkörpern, nur wählen viele Leute anscheinend immer wieder... Schlechte Ideale im Rahmen einer D&D-Party. Oder kürzer: D&D Spieler haben keine Ahnung von Theologie. :p
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 16:22
Das Problem dürften auch oftmals Meister gewesen sein, die sowas durchdrückten Paladine sozusagen zum Fallen aufsetzten.

Warum ein Paladin aber Probleme mit einem Assassinen haben muss, der dergleichen Sache in den Schatten dient erschliesst sich mir nicht
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 26.07.2022 | 16:32
Warum ein Paladin aber Probleme mit einem Assassinen haben muss, der dergleichen Sache in den Schatten dient erschliesst sich mir nicht

Das kann auf jeden Fall kongruent sein! Im 1e Kontext sind Assassinen böse, weil sie Personen für Geld umbringen. Wenn das nicht gegeben ist, ist der Assassine vermutlich auch nicht unbedingt böse.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Zanji123 am 26.07.2022 | 16:34
Nur als Nebenbemerkung: den Lawful Stupid Paladin halte ich für ein Problem, das erst mit dem AD&D1 Unearthed Arcana dem Text nach zum Problem wird. Dank Cavalier werden auf einmal sehr simple, dumme und romantisierte Vorstellungen von Ritterlichkeit und Christentum auf den Paladin in AD&D1 projeziert. Holger aus Poul Andersons Three Hearts, Three Lions ist dagegen ein recht pragmatischer Typ und passt damit problemlos in eine D&D-Party (ohne Assassinen, wobei das in bestimmten Kampagnen bestimmt auch gehen kann. Ein Paladin, der z.B. Als Akt der Sühne den Assassinen wenn nicht bekehren, dann aber doch zu einer rücksichtsvolleren Person machen soll) .
Generell bedeutet Fanatismus in einer Sache nicht immer Dummheit und Intoleranz, wenn diese Sache z.B. Barmherzigkeit (z.B. Franziskaner als Teil ihres Selbstverständnisses) ist oder Bildung und Rationalität (z.B. Jesuiten als historische Annäherung im katholischen Kontext). Paladine müssen ein Ideal verkörpern, nur wählen viele Leute anscheinend immer wieder... Schlechte Ideale im Rahmen einer D&D-Party. Oder kürzer: D&D Spieler haben keine Ahnung von Theologie. :p

das ist aber weniger das Problem der Spieler (warum sollten die sich auch mit Theologie groß beschäftigen) als eher einem Worldbuilding der nicht erklärt für was für Ideale dieser Orden Anhängt und wie dieser diesen praktiziert. Und mit "Erklärung" meine ich nicht "ich hab dafür 3 Zeilen in der Beschreibung drin" :D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 26.07.2022 | 16:36
Das Problem dürften auch oftmals Meister gewesen sein, die sowas durchdrückten Paladine sozusagen zum Fallen aufsetzten.

Warum ein Paladin aber Probleme mit einem Assassinen haben muss, der dergleichen Sache in den Schatten dient erschliesst sich mir nicht

Wenn Paladine laut Ehrenkodex nicht wissentlich mit bösen Charakteren zusammenarbeiten dürfen, Assassinen aber den Regeln nach böse sein müssen (je nach Edition), dann beißt sich das halt. AD&D1 wäre da, glaube ich, das Paradebeispiel.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 26.07.2022 | 16:54
das ist aber weniger das Problem der Spieler (warum sollten die sich auch mit Theologie groß beschäftigen) als eher einem Worldbuilding der nicht erklärt für was für Ideale dieser Orden Anhängt und wie dieser diesen praktiziert. Und mit "Erklärung" meine ich nicht "ich hab dafür 3 Zeilen in der Beschreibung drin" :D

Das Problem besteht ja nur, wenn Leute dem Paladin nicht sinnvoll in die Gruppe integriert kriegen.
Außerdem gebe ich ja vor allem dem Unearthed Arcana und Gary Gygax Schuld daran Holger aus Three Hearts, Three Lions mit dem Cavalier Kram verwässert zu haben. :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 26.07.2022 | 16:59
...für etwas unintuitiv, denn ob ein Setting auf mich nun eher "negativ" oder "positiv" wirkt, hat meist weniger damit zu tun, was da bis vor kurzem passiert ist (ist ja alles schon Schnee von gestern), als vielmehr damit, wie sich denn die Aussichten für die nahe bis mittelfristige Zukunft so präsentieren. Eins, in dem es gerade den großen Knall gegeben hat, die Überlebenden sich aber aufrappeln, in die Hände spucken, und sich gegenseitig zum Wiederaufbau ermutigen, würde zumindest ich also schon für deutlich "positiver" halten als eins, das im Moment noch weitgehend intakt wirkt, dafür aber im Lauf der nächsten Jahre unabhängig davon, was die SC eigentlich so machen, definitiv den Bach runtergehen wird...

Da ist eigentlich genau der Grund, warum ich mich vom Ausgangsgedanken entfernt habe, nur die beiden Pole "hell" und "dunkel" zu verwenden und eine zweite Achse zur präzieseren Beschreibung zu finden versucht habe.

Auch hat sich die Diskussion von meiner Ausgangsüberlegung entfern, wo es mir darum ging, dass viele Settings auf einer "kaputten" / zerfallenen / zurückgeworfenen / etc. Ausgangssituation basieren, was ich dann als "negatives Settings" bezeichnet habe. Das dieser Begriff wohl nicht ganz passend ist bzw. nicht genug Spielraum für Abstufungen lässt, wurde mir durch die Diskussion hier deutlich, daher dann der obige Versuch, eine breitere Differenzierung zu finden. :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Chaos am 26.07.2022 | 17:01
Wenn Paladine laut Ehrenkodex nicht wissentlich mit bösen Charakteren zusammenarbeiten dürfen, Assassinen aber den Regeln nach böse sein müssen (je nach Edition), dann beißt sich das halt. AD&D1 wäre da, glaube ich, das Paradebeispiel.

Das Problem ist halt, dass da bestimmte Dinge per Dekret als "böse" deklariert werden. Ein Assassine ist zunächst einmal jemand, der Leute für Geld umbringt - ob der nun reiche Leute abmurkst, damit die Verwandtschaft erben kann, oder sich für Kopfgeld seinen Weg durch das örtliche organisierte Verbrechen meuchelt, sollte da meiner Meinung nach schon einen Unterschied bei der moralischen Einordnung machen.

(Beispiel aus Mass Effect 2: Thane Krios ist definitiv ein Assassine, und bleibt auch ein Leben lang Assassine - doch zu dem Zeitpunkt, an dem der Spieler ihm begegnet, ist er nur noch mit reichlich Fantasie als "böse" zu bezeichnen.)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 26.07.2022 | 17:12
Ich denke bei Assassine an Midgard und die Haschischihn
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 26.07.2022 | 18:03
Das Problem ist halt, dass da bestimmte Dinge per Dekret als "böse" deklariert werden.

Das ist halt das Problem mit eigentlich jedem System, das den Unterschied zwischen "gut" und "böse" klar verregeln will und dabei nicht durch puren Zufall nicht genau den Geschmack des geneigten individuellen Lesers trifft...und der Grund, aus dem ich für diesen Ansatz mittlerweile nicht mehr viel übrig habe. ("Objektive" Moral ist meiner Ansicht nach ohnehin ein Widerspruch in sich, denn bloße Objekte ohne eigenes Bewußtsein haben ja gerade keine.)

In der Praxis brauche ich so etwas ja auch normalerweise nicht. Selbst wenn ich in meinem Fantasysetting beispielsweise Gegenstücke zu Himmel und Hölle haben möchte, die miteinander um die Seelen der Sterblichen im Clinch liegen, kann ich das immer noch schlicht nach dem Mannschaftstrikotprinzip handhaben. Dann machen halt beispielsweise Engelsschwerter ihren Extraschaden ganz konkret gegen Dämonen und deren förmliche Verbündete statt gegen willkürlich definierte "böse Leute"...
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Ainor am 26.07.2022 | 23:55
Das Problem ist halt, dass da bestimmte Dinge per Dekret als "böse" deklariert werden. Ein Assassine ist zunächst einmal jemand, der Leute für Geld umbringt

Eben. Wenn er jetzt anfängt seine Opfer nach moralischen Gesichtspunkten auszuwählen dann ist er vermutlich kein Assassine mehr.

oder sich für Kopfgeld seinen Weg durch das örtliche organisierte Verbrechen meuchelt, sollte da meiner Meinung nach schon einen Unterschied bei der moralischen Einordnung machen.

Dann wäre er ein Kopfgeldjäger.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 09:23
Eben. Wenn er jetzt anfängt seine Opfer nach moralischen Gesichtspunkten auszuwählen dann ist er vermutlich kein Assassine mehr.
Warum nicht?

Ich bin mir nicht sicher, aber gibt es bei Assassin's Creed nicht auch irgendeinen Codex?*(Edit:  Yepp. Gerade nachgelesen. Ihr Kredo verbietet das Verletzen und Töten von Unschuldigen)

"Ich töte jeden, solange die Bezahlung stimmt", wäre die Alternative.
Aber am Ende kriegen sie Auftragsangebote, und können die theoretisch auch ablehnen,( wenn der Preis nicht stimmt oder wenn das Ziel nicht für sie in Frage kommt.)

Wenn die innerhalb einer Organisation arbeiten bestimmt die, wer auf die Liste kommt. ("Jason Bourne"hat allerdings auch einen Mordauftrag vermasselt, weil er kein Kind töten konnte. -)


Edit.
Kommt daher wahrscheinlich weniger auf die Charakterklasse an, als auf die Skrupel, die eine Figur hat oder eben nicht hat.

Ein Paladin kann z.B. auch von seinem Orden den Befehl bekommen alle Orks zu töten, entscheidet sich dann aber doch aus Mitleid das Orkbaby am Leben zu lassen.

Mein Fazit: Auch finstere Charakterklassen dürfen noch Skrupel haben.

Aktuell in "Mandalorian" entscheidet sich ein Kopfgeldjäger auch dafür seine niedliche "Beute" lieber zu beschützen statt sie an seine Auftraggeber auszuliefern.

Es gibt keinen Zwang zur Skrupellosigkeit, auch nicht in einer düsteren Welt.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 27.07.2022 | 12:39
Warum nicht?

Ich bin mir nicht sicher, aber gibt es bei Assassin's Creed nicht auch irgendeinen Codex?*(Edit:  Yepp. Gerade nachgelesen. Ihr Kredo verbietet das Verletzen und Töten von Unschuldigen)

"Ich töte jeden, solange die Bezahlung stimmt", wäre die Alternative.
Aber am Ende kriegen sie Auftragsangebote, und können die theoretisch auch ablehnen,( wenn der Preis nicht stimmt oder wenn das Ziel nicht für sie in Frage kommt.)

Wenn die innerhalb einer Organisation arbeiten bestimmt die, wer auf die Liste kommt. ("Jason Bourne"hat allerdings auch einen Mordauftrag vermasselt, weil er kein Kind töten konnte. -)


Edit.
Kommt daher wahrscheinlich weniger auf die Charakterklasse an, als auf die Skrupel, die eine Figur hat oder eben nicht hat.

Ein Paladin kann z.B. auch von seinem Orden den Befehl bekommen alle Orks zu töten, entscheidet sich dann aber doch aus Mitleid das Orkbaby am Leben zu lassen.

Mein Fazit: Auch finstere Charakterklassen dürfen noch Skrupel haben.

Aktuell in "Mandalorian" entscheidet sich ein Kopfgeldjäger auch dafür seine niedliche "Beute" lieber zu beschützen statt sie an seine Auftraggeber auszuliefern.

Es gibt keinen Zwang zur Skrupellosigkeit, auch nicht in einer düsteren Welt.

Wir haben nicht über Assassinen im allgemeinen gesprochen, sondern speziell über Assassinen im AD&D1 PHB.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 12:47
Wir haben nicht über Assassinen im allgemeinen gesprochen, sondern speziell über Assassinen im AD&D1 PHB.
Mag sein.
Aber letztlich kann doch eine Charakterklasse nicht den Charakter einer Figur bestimmen.
Auch "böse" ist letztlich eine Auslegungssache.
Muss wahrscheinlich mit einer "relativen Skrupellosigkeit" einhergehen - Damit es möglich ist - Andere für Geld zu töten.
Muss aber mMn. keine "absolute Skrupellosigkeit" bedeuten.
In Form von " töte kein Baby " uÄ.

Edit.
Will damit sagen, wenn ich den Assassinen frei von jedem Skrupel spielen möchte, (Der auch ohne Gewissensbisse Orkbabys, Frauen und Kinder schnetzelt), dann kann ich das sicher machen.
Aber eine Notwendigkeit dafür besteht mAn.nicht.

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: felixs am 27.07.2022 | 13:01
Aber letztlich kann doch eine Charakterklasse nicht den Charakter einer Figur bestimmen.

Doch, das geht. Hängt halt von der Spielweise ab.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 27.07.2022 | 13:05
[ironie]Inwischen würd ich Babys auch mit guten Charakteren killen, glaub ich. Erpressung ist doch auch was böses, und zu was anderem als moralischer Erpressung scheinen die Hosenscheißer ja nicht zu dienen...[/ironie]
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 27.07.2022 | 13:13
Mag sein.
Aber letztlich kann doch eine Charakterklasse nicht den Charakter einer Figur bestimmen.
Auch "böse" ist letztlich eine Auslegungssache.
Muss wahrscheinlich mit einer "relativen Skrupellosigkeit" einhergehen - Damit es möglich ist - Andere für Geld zu töten.
Muss aber mMn. keine "absolute Skrupellosigkeit" bedeuten.
In Form von " töte kein Baby " uÄ.

Edit.
Will damit sagen, wenn ich den Assassinen frei von jedem Skrupel spielen möchte, (Der auch ohne Gewissensbisse Orkbabys, Frauen und Kinder schnetzelt), dann kann ich das sicher machen.
Aber eine Notwendigkeit dafür besteht mAn.nicht.

Darum ging es wie gesagt nicht, sondern um das Spannungsfeld zwischen Paladinen und Assassinen bei 1e als konkretes Beispiel.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 13:17
Doch, das geht. Hängt halt von der Spielweise ab.

Wohl eher von den Regeln (Falls solche vorhanden sind, und nicht durch Handlungen im Spiel veränderbar.)

Oder eben von der persönlichen/individuellen Auslegung der Regeln.

Aber rein anhand einer Beschreibung - Nein, im Normalfall nicht.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 13:22
Darum ging es wie gesagt nicht, sondern um das Spannungsfeld zwischen Paladinen und Assassinen bei 1e als konkretes Beispiel.
Ist doch aber auch letztlich Auslegungssache.
UU. sind sich die Figuren nicht so unähnlich, wie es den Anschein hat.

Edit.
Es hat ja außerdem nicht jede Figur ihre Profession und ihre Gesinnung (die man mMn. durchaus unterschiedlich auslegen kann) auf der Stirn geschrieben.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 27.07.2022 | 13:29
Wohl eher von den Regeln (Falls solche vorhanden sind, und nicht durch Handlungen im Spiel veränderbar.)

Oder eben von der persönlichen/individuellen Auslegung der Regeln.

Aber rein anhand einer Beschreibung - Nein, im Normalfall nicht.

Charakterklasse = Regel

Abgesehen davon: ich weiß nicht, wie weit die Gesinnung beim Assassinen regeltechnisch verankert war. D&D kennt da eine Hartverdrahtung zwischen Gesinnungen und bestimmten Klassen ja durchaus, zumindest in früheren Editionen.

Fraglich ist, ob es tatsächlich die böse Komponente am Auftragsmord ist oder nicht eher die chaotische, weil die Tötung nicht legitimiert ist. Ist halt in so Settings mit verbreiteter Selbstjustiz (z.B. Paladin = Richter + Henker) etwas schwierig zu differenzieren.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 13:40
Charakterklasse = Regel

Yepp
Aber

"Charakterklasse ungleich Charakter"

Die Charakterklasse hat ganz bestimmt auch Einfluss auf den Charakter, die Persönlichkeit einer Figur.
(Ein rechtschaffener Held wird wohl so seine Probleme damit haben das Gesetz zu brechen)
Aber sie gießt den Charakter weder in Zement, noch formt sie ihn bis ins kleinste Detail aus.


Edit. Bei Pedragon z.B. gibt es schon Möglichkeiten auch feinere  Charaktereigenschaften einer Figur auf dem Charakterblatt festzuhalten. Allerdings nur als eine Momentaufnahme, die je nach Verhalten der Figur im Spiel,  immer wieder veränderbar ist.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 27.07.2022 | 13:55
Fraglich ist, ob es tatsächlich die böse Komponente am Auftragsmord ist oder nicht eher die chaotische, weil die Tötung nicht legitimiert ist. Ist halt in so Settings mit verbreiteter Selbstjustiz (z.B. Paladin = Richter + Henker) etwas schwierig zu differenzieren.

Ich denke, Selbstjustiz als Konzept ist tatsächlich eher chaotisch. "Ordentliche" Gesellschaften haben für so etwas ihre mehr oder weniger förmliche Gerichtsbarkeit (und sei es halt nur "Kommt zum Häuptling, der soll über euch urteilen")...und natürlich wird so ziemlich jede Gruppierung, die zu Selbstjustiz neigt, von den meisten Leuten außerhalb ihrer selbst fast schon zwangsläufig mit einem gewissen Mißtrauen beäugt werden. Weiß man doch nie mit letzter Sicherheit, wann die zu dem Schluß kommen mögen, man wäre selber mal eben ein Fall dafür...

Den Paladin sehe ich denn auch nicht einfach qua Klasse als "Richter und Henker". Oh, sicher -- im Prinzip könnte ein bestimmter Paladin beispielsweise im Rahmen seines Ordens schon ganz förmlich eine solche Funktion innehaben, aber das wäre dann Teil seines individuellen Amtes. Und umgekehrt sehe ich einen "richtigen" Paladin auch eher nicht als jemanden, der sich Sonderrechte, die ihm formell gar nicht zustehen, einfach mal so eben kurzerhand anmaßt, wenn er nicht wenigstens einen sehr, sehr guten Grund dafür hat (und dann würde er vermutlich für so einen chaotischen Akt bei der nächsten Gelegenheit immer noch angemessene Buße tun).
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 14:04
Fraglich ist, ob es tatsächlich die böse Komponente am Auftragsmord ist oder nicht eher die chaotische, weil die Tötung nicht legitimiert ist. Ist halt in so Settings mit verbreiteter Selbstjustiz (z.B. Paladin = Richter + Henker) etwas schwierig zu differenzieren.
Im Zweifel Beides.
(Der persönliche Grad an Skrupellosigkeit ist damit mMn. aber noch lange nicht in Stein gemeiselt. Es spricht aus meiner Sicht auch nichts dagegen dass sogar Zwielichtige Figuren eine Art Kodex haben. Haben Diebe ja zT. auch.Gaunerehre, Piratenkodex whatever)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 27.07.2022 | 14:24
Ich denke, Selbstjustiz als Konzept ist tatsächlich eher chaotisch.

Seh ich anders. Fehderecht (mittelalterliche Lehnsritter) oder Blutrache (Pseudo-Wikinger uä) passen in viele "Pseudo-Mittelalter-Fantasy"-Settings, und werden in manchen auch explizit erwähnt. Um einen Satz aus einem Roman zu zitieren: "Mord ist Privatsache, da sollte sich der Staat raushalten." Von den ganzen Selbstjustiztrupps aus in der Moderne spielenden Settings ganz zu schweigen (Superhelden, A-Team etc).

Und jetzt sind wir noch nichtmal bei dem Punkt, dass Abenteuer oft in Gebieten stattfinden, die keine (legitime) staatliche Gewalt haben; Wildnis, Slums, Bayern... ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 14:24
[ironie]Inwischen würd ich Babys auch mit guten Charakteren killen, glaub ich. Erpressung ist doch auch was böses, und zu was anderem als moralischer Erpressung scheinen die Hosenscheißer ja nicht zu dienen...[/ironie]
Das ging nach Regeln wahrscheinlich sogar ohne Probleme.
Rechtschaffend Guter Paladin, hat den Auftrag von seinem Orden alle Orks zu töten.

Macht er dann auch. Kriegt dafür von allen Dank: Dem geretteten Dorf, seinem Orden.
Und XP gibt's vom SL auch noch oben drauf.

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Chaos am 27.07.2022 | 14:28
Eben. Wenn er jetzt anfängt seine Opfer nach moralischen Gesichtspunkten auszuwählen dann ist er vermutlich kein Assassine mehr.

Dann wäre er ein Kopfgeldjäger.

Warum?`

Ein Kopfgeldjäger, der Verbrecher gegen Kopfgeld tot abliefert, tötet Menschen für Geld, genau wie ein Assassine. Er arbeitet halt für andere Auftraggeber. Wo in der Beschreibung der Charakterklasse steht, dass er sich nicht auf legale Kontrakte beschränken darf?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 27.07.2022 | 14:28
Ist doch aber auch letztlich Auslegungssache.
UU. sind sich die Figuren nicht so unähnlich, wie es den Anschein hat.

Edit.
Es hat ja außerdem nicht jede Figur ihre Profession und ihre Gesinnung (die man mMn. durchaus unterschiedlich auslegen kann) auf der Stirn geschrieben.

Wie gesagt, im Kontext von AD&D1 gibt es ein Spannungsfeld, das viele Nuancen zu verhandeln weiß. Einige wenige Dinge sind gesetzt (z.B. ein Assassine ist jemand, der zur persönliche Bereicherung Personen im Auftrag anderer ermordet. Jemand der sowas tut, ist böse im Sinne des Alignments), aber auch diese Setzungen lassen ausreichend viel Platz, damit Assassinen und Paladine in der gleichen Abenteuergruppe funktionieren können.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 27.07.2022 | 14:31
Seh ich anders. Fehderecht (mittelalterliche Lehnsritter) oder Blutrache (Pseudo-Wikinger uä) passen in viele "Pseudo-Mittelalter-Fantasy"-Settings, und werden in manchen auch explizit erwähnt. Um einen Satz aus einem Roman zu zitieren: "Mord ist Privatsache, da sollte sich der Staat raushalten." Von den ganzen Selbstjustiztrupps aus in der Moderne spielenden Settings ganz zu schweigen (Superhelden, A-Team etc).

Und jetzt sind wir noch nichtmal bei dem Punkt, dass Abenteuer oft in Gebieten stattfinden, die keine (legitime) staatliche Gewalt haben; Wildnis, Slums, Bayern... ;)

Ob etwas im AD&D-Sinne nun "rechtschaffen" oder "chaotisch" ist, hängt ja nicht einfach davon ab, ob es dieses Etwas nun trotzdem gibt oder nicht. Sonst wäre das ja einfach -- rechtschaffen ist alles, was existiert, und Chaos findet nicht statt. ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 27.07.2022 | 14:40
Wenns nur noch um AD&D gehen soll bin ich raus; spiel ich nicht, hab ich keine Ahnung von.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 27.07.2022 | 14:51
Wenns nur noch um AD&D gehen soll bin ich raus; spiel ich nicht, hab ich keine Ahnung von.

Quatsch, rede worüber du willst. Ich wollte nur betonen, dass ich ein konkretes Beispiel besprochen habe und darüber hinaus keine Aussage machen will. Daraus lassen sich bestimmt auch allgemeinere Dinge ableiten, aber das sollen schlauere Menschen tun.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 27.07.2022 | 15:08
Die spezielle Paladin-und-Assassine-Diskussion ist in der Tat primär AD&D1-spezifisch (bei AD&D2 gab's dann den Assassinen ja nicht mehr als eigene Klasse). Der "moderne" D&D5-Assassine hat beispielsweise gar keine Gesinnungsvorschrift mehr.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 15:34
Die spezielle Paladin-und-Assassine-Diskussion ist in der Tat primär AD&D1-spezifisch (bei AD&D2 gab's dann den Assassinen ja nicht mehr als eigene Klasse). Der "moderne" D&D5-Assassine hat beispielsweise gar keine Gesinnungsvorschrift mehr.
Ist wahrscheinlich auch gut so.

Wenn man so will, ist Batman eigentlich auch ein Assassine. In einem extrem düsteren Setting. Aber ich vermute keiner würde ihn "böse" nennen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 27.07.2022 | 15:50
Quatsch, rede worüber du willst.

Kein Problem, das ging an nobody@home. Hab nicht ganz mitverfolgt, wie die Aussage zur Selbstjustiz zustande kam, find den Punkt aber interessant, da das ja immer wieder im Rollenspiel zum Thema wird. Ist halt ein ganz zentraler Punkt, in dem unser heutige Verständnis von Recht/Gerechtigkeit stark von Vorstellungen aus anderen Zeiten bzw anderen kulturellen Zusammenhängen abweicht.

Aber als (A)D&D-Crack: Wie ist respektive war es denn im D&D-Gesinnungssystem mit solchen Sachen? Kann man als rechtschaffender und/oder guter Krieger pro Fehde oder pro Blutrache sein, wenns der Hintergrund hergibt? Oder sich als Edelmann duellieren, obwohls eigentlich verboten ist? Würd mir interessieren.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Zanji123 am 27.07.2022 | 15:50
Ist wahrscheinlich auch gut so.

Wenn man so will, ist Batman eigentlich auch ein Assassine. In einem extrem düsteren Setting. Aber ich vermute keiner würde ihn "böse" nennen.

ist aber weit hergeholt. Ein Assasine tötet still und heimlich und lässt das Opfer verschwinden und kriegt Geld dafür

Batman knockt Gegner KO und präsentiert die dann der Polizei und bekommt nen feuchten Händedruck
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ghoul am 27.07.2022 | 15:57
Aber als (A)D&D-Crack: Wie ist respektive war es denn im D&D-Gesinnungssystem mit solchen Sachen? Kann man als rechtschaffender und/oder guter Krieger pro Fehde oder pro Blutrache sein, wenns der Hintergrund hergibt? Oder sich als Edelmann duellieren, obwohls eigentlich verboten ist? Würd mir interessieren.

Ich würde sagen, das hängt immer davon ab, wie man sich dem DM verkauft. Ein rechtschaffen-guter Zorro ist nicht ausgeschlossen.
In 1e ist die Gesinnung eine Bindung an eine göttliche Ebene, nicht an die Gesellschaftsordnung.
Allerdings schlagen sich Gesinnungen auch in Gesellschaftsordnungen nieder: chaotische Gesellschaften huldigen dem Individualismus, rechtschaffene dem Kollektiv (s. DMG).
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 15:58
ist aber weit hergeholt. Ein Assasine tötet still und heimlich und lässt das Opfer verschwinden und kriegt Geld dafür

Batman knockt Gegner KO und präsentiert die dann der Polizei und bekommt nen feuchten Händedruck
Naja,
Batman wurde von Assassinen ausgebildet.
Folglich ist das seine Profession, würde ich meinen.

Das Geld braucht er nicht. Er ist ja reich genug( Meistens zumindest)

Und da es sein Ziel ist wieder Recht und Gerechtigkeit herbeizuführen, und Korruption öffentlich aufzudecken, zieht er den rechtlichen Weg vor.

Das heißt ja nicht, dass er nicht auch anders könnte, wenn er wollte.

Seine eigene Identität schützt er ja, nur nicht die der Verbrecher.


Edit.
Denke es gibt sehr viele Arten von Assassinen. Sowohl den Meuchel- Typ, als auch den Giftmischer, den Ninja...etc.
Und je nach Hintergrund und Gesellschaftsschicht, Intention können die durchaus ziemlich unterschiedlich sein.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Chaos am 27.07.2022 | 16:09
Kein Problem, das ging an nobody@home. Hab nicht ganz mitverfolgt, wie die Aussage zur Selbstjustiz zustande kam, find den Punkt aber interessant, da das ja immer wieder im Rollenspiel zum Thema wird. Ist halt ein ganz zentraler Punkt, in dem unser heutige Verständnis von Recht/Gerechtigkeit stark von Vorstellungen aus anderen Zeiten bzw anderen kulturellen Zusammenhängen abweicht.

Aber als (A)D&D-Crack: Wie ist respektive war es denn im D&D-Gesinnungssystem mit solchen Sachen? Kann man als rechtschaffender und/oder guter Krieger pro Fehde oder pro Blutrache sein, wenns der Hintergrund hergibt? Oder sich als Edelmann duellieren, obwohls eigentlich verboten ist? Würd mir interessieren.

Also zunächst einmal: Als guter Charakter kann man so Einiges, was nicht dem Buchstaben des Gesetzes entspricht. Robin Hood ist (IIRC) ausdrücklich als Beispiel für chaotisch gute Gesinnung genannt. Ein guter Charakter tut zunächst einmal das Richtige, nicht das, was das Gesetz sagt.

Und wenn Fehde und Blutrache Teil des Gesetzes sind - wie sie es zeitweise in einigen Kulturen waren - dann wäre es auch für rechtschaffene Charaktere kein Probleme, da mitzumachen. Duell trotz Verbot wäre dagegen ein Problem.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Quaint am 27.07.2022 | 16:12
Wobei man auch aufpassen muss - rechtschaffen kann auch einen persönlichen Kodex bedeuten, und muss nicht heißen dass man sich an die örtlichen Gesetze hält. Insbesondere wenn die Gesetze nicht gut zum anderen Teil der Gesinnung passen.

Aber wir sind schon ganz schön weit weg vom Ursprungsthema.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 27.07.2022 | 16:45
Kein Problem, das ging an nobody@home. Hab nicht ganz mitverfolgt, wie die Aussage zur Selbstjustiz zustande kam, find den Punkt aber interessant, da das ja immer wieder im Rollenspiel zum Thema wird. Ist halt ein ganz zentraler Punkt, in dem unser heutige Verständnis von Recht/Gerechtigkeit stark von Vorstellungen aus anderen Zeiten bzw anderen kulturellen Zusammenhängen abweicht.

Aber als (A)D&D-Crack: Wie ist respektive war es denn im D&D-Gesinnungssystem mit solchen Sachen? Kann man als rechtschaffender und/oder guter Krieger pro Fehde oder pro Blutrache sein, wenns der Hintergrund hergibt? Oder sich als Edelmann duellieren, obwohls eigentlich verboten ist? Würd mir interessieren.

Für AD&D1: Grundsätzlich kann sich das Alignment der Figuren im Verlauf des Spiels ändern. Meist ist das mit negativen Konsequenzen verbunden (level Verlust oder so? Müsste ich nochmal nachschauen). Bei bestimmten Klassen ist das damit verbunden, dass sie ihre besonderen Fähigkeiten verlieren (z.B. Paladin, Ranger).
Im individuellen Fall kommt es dann ganz konkret drauf an. Alle deine Beispiele können bestimmt so konstruiert werden, dass sich das Alignment der jeweiligen Figur kaum bis gar nicht auf dem Alignment-Koordinatensystem bewegt. :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 27.07.2022 | 18:29
Wobei man auch aufpassen muss - rechtschaffen kann auch einen persönlichen Kodex bedeuten, und muss nicht heißen dass man sich an die örtlichen Gesetze hält. Insbesondere wenn die Gesetze nicht gut zum anderen Teil der Gesinnung passen.
Yepp

Allgemein
Die Frage wäre für mich tatsächlich: Kann man in einem düsteren Setting seine Figuren theoretisch nicht so spielen wie sonst auch?
(Also im Zweifel eben "Batman" statt "Jack the Ripper." Bzw. "Robin Hood" statt "Al Capone.")
Und ist das auch der Fall?
(Kann ich noch nicht beurteilen. Bislang haben zwar Leute geschrieben, dass sie düstere Settings bevorzugen aber nicht, welche Figuren sie da, wie spielen)

Denn dann wäre meine erste Annahme (Dass man vielfach deshalb dreckige Settings wählt, um möglichst skrupellose, "böse" SC zu spielen ) vielleicht sogar obsolet.
Und es bleibt am Ende nur ne Geschmacksfrage wie :"Das Steak lieber medium oder extra blutig?"

Edit.
Sehr wahrscheinlich werde ich wohl auch keine Antwort erhalten. Daher kann ich nur spekulieren.

Andererseits: Wenn SPL unbedingt" böse" Figuren spielen wollen, machen sie das auch in hellen Settings.
Hatte schon Mit- SPL die geschmackvolle, skrupellose Figuren gespielt haben aber natürlich auch Mit-SPL die auf wenig unterhaltsame Weise das volle Programm an Skrupellosigkeit in ihre Figuren gepackt haben.

(Glaube aber ne Gruppe bei der sich die Figuren gegenseitig betrügen, und im Zweifel im Stich lassen , macht auf Dauer auch keinen Spaß. Daher kann ich mir ein düsteres Setting irgendwie nur dann unterhaltsam vorstellen, wenn das nicht der Fall ist. Für einen One Shot OK. Aber länger nich)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Ludovico am 27.07.2022 | 21:43
10 Seiten schon.

Ich habe einen ähnlichen Eindruck, würde es aber nicht an Westernsettings festmachen, was düster ist.
Bei klassischen Western wie etwa mit John Wayne in El Dorado haben wir es mit einem gewalttätigen Setting nahe an der Anarchie zu tun. Die Gesetzeshüter sind oftmals nicht stärker als die Outlaws und die Lösung ist primär Gewalt.

So etwas sieht man auch eher bei einigen lichten Settings wie etwa den Vergessenen Reichen in einigen Gebieten.

Ich sehe negative Settings vor allem so, dass es Welten sind, die im Zerfall sind, bzw. auf Zerfall aufbauen und nach wie vor bedroht sind. Korruption und Gewalt sind allgegenwärtig und niemand kann sich den Luxus erlauben, gut zu sein.

Ich glaube auch, dass es einen gewissen Hang zu solchen Settings derzeit gibt, was meines Erachtens vor allem an einer Spiegelung realweltlicher Geschichten liegt.
Wenn ich aktuell die Zeitung lese... Da kriegt man schon den Hang sich die Pulsadern aufzuschreiben.

Und das beeinflusst derzeit viele Autoren.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 27.07.2022 | 22:41
Edit.
Sehr wahrscheinlich werde ich wohl auch keine Antwort erhalten. Daher kann ich nur spekulieren.

Andererseits: Wenn SPL unbedingt" böse" Figuren spielen wollen, machen sie das auch in hellen Settings.
Hatte schon Mit- SPL die geschmackvolle, skrupellose Figuren gespielt haben aber natürlich auch Mit-SPL die auf wenig unterhaltsame Weise das volle Programm an Skrupellosigkeit in ihre Figuren gepackt haben.

(Glaube aber ne Gruppe bei der sich die Figuren gegenseitig betrügen, und im Zweifel im Stich lassen , macht auf Dauer auch keinen Spaß. Daher kann ich mir ein düsteres Setting irgendwie nur dann unterhaltsam vorstellen, wenn das nicht der Fall ist. Für einen One Shot OK. Aber länger nich)

In der Vergangenheit habe ich gerne (aus den von mir o.g. Gründen) „negative“ oder „düstere“ Settings gespielt, heute Leite ich sie nur noch. Meine Spielfiguren waren immer Kinder ihrer Umgebung aber eben nicht zwingend böse oder schlecht. Das hat auch wenig damit zu tun, dass ich möglichst skrupellos spielen will. Die Charaktere haben Sorgen, Nöte und Ängste wie jeder andere Char auch.

Was bringt es mir einen wirklich fiesen, abgefuckten Charakter zu spielen in einer Welt in der sich alle nur mit ihren Grausamkeiten überbieten? Das mag mal für einen Abend lustig sein, aber da bauen sich schnell Probleme auf die man nicht mehr geregelt bekommt. Das zeigt die Perspektive von der anderen Seite ganz deutlich. Wer will denn mit wirklich fiesen Gesellen etwas zu tun haben? Vertraut ihnen genug um für sie auf Abenteuer auszuziehen usw. Böse NSC werden, wenn sie ihre Verdorbenheit offen ausleben (oder haben es bei uns in den Gruppen) nie zum Liebling der SC geschafft.

Ich sage daher ganz klar man kann seine Figuren in düsteren Settings auch ganz praktisch so spielen wie sonst auch.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 27.07.2022 | 22:43
Na ja, "düster", "negativ"...das sind alles so Begriffe, in die man mit etwas Flexibilität hineinlesen kann, was man gerade möchte.

Ich denke, was ein Setting in diesem generellen Wertungsbereich auf gar keinen Fall sein darf, wenn es mich persönlich ansprechen soll, ist schlichtweg deprimierend. ;) Mit vielen anderen Ideen kann man ja eventuell immer noch arbeiten, aber damit...?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Zed am 27.07.2022 | 22:55
... Meine Spielfiguren waren immer Kinder ihrer Umgebung aber eben nicht zwingend böse oder schlecht. Das hat auch wenig damit zu tun, dass ich möglichst skrupellos spielen will. Die Charaktere haben Sorgen, Nöte und Ängste wie jeder andere Char auch.

Was bringt es mir einen wirklich fiesen, abgefuckten Charakter zu spielen in einer Welt in der sich alle nur mit ihren Grausamkeiten überbieten? Das mag mal für einen Abend lustig sein, aber da bauen sich schnell Probleme auf die man nicht mehr geregelt bekommt.

...

Ich sage daher ganz klar man kann seine Figuren in düsteren Settings auch ganz praktisch so spielen wie sonst auch.
Das sehe und händle ich ganz genau so!  :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 27.07.2022 | 23:50
Um es ganz korrekt zu machen, folgenden Char / die Fraktion habe ich dem KS vom Byte RPG beigesteuert. Die Texte sind für das Setting "No Coin for Charon" was nichts anderes ist als eine Zombie-Apokalypse. Was wohl als Prototyp für ein "negatives / dunkles" die Menschheit ist am Ende und jeder kämpft für sich Setting ausreicht.

Der Char ist als NSC angelegt, wäre aber auch einer den ich ohne Probleme in einem fiesen Setting spielen würde. Dann aber nicht als Fraktionsanführer und ohne den "hang" Menschen den Fischen zu opfern :D

Und den könnte ich spielen wie alle anderen Charaktere sonst auch, ohne der fiese Massenmörder zu sein. Oder sich in der Gruppe gegenseitig angehen zu müssen.

(https://i.ibb.co/gJx0NK6/Fraktionsbeschreibung.png)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Crew Member #3 am 27.07.2022 | 23:54
Ich finde, dass in dem Thread über zwei (oder mehr) zum Teil sehr unterschiedliche Dinge diskutiert wird. Ein negatives Setting im Sinn vom OP muss ja überhaupt nicht mit "bösen" Charakteren einhergehen.

Es geht ja in erster Linie um die düstere Prämisse des Settings. Um Klischees von verfallenen Welten, Ruinen zerstörter Hochkulturen, drohender oder bereits dagewesener Apokalypse. Ich finde auch, dass solche Settings im Moment ziemlich beliebt scheinen. Ist vielleicht ein ähnlicher Trend wie Urban Fantasy in den 90ern.

Wenn einem das zu viel wird, ist es ja kein Problem, sich nach anderen Dingen umzusehen. Aber ich verstehe auch den Anreiz, den solche Settings und Spiele haben können.

Hier wurde unter anderem gefragt, wie Liebhaber solcher Settings längere Kampagnen spielen oder ob das eher kurze Sessions sind. Unsere alten Vampire-Chroniken liefen über Jahre und haben sich eigentlich auch kaum abgenutzt. Dabei war der Fokus bei uns schon immer recht deutlich auf drohendem Untergang und den Horror-Aspekten des Settings und weniger Anarcho- oder Politikspiel.

Als Gegenbeispiel haben die letzten Jahre aber auch einen Aufstieg so genannter Cozy Games erlebt, die schon von Natur aus meist nicht wirklich düster sind. Hier (http://riseupcomus.blogspot.com/2022/01/c-o-z-y.html) ist ein guter Blogartikel dazu. 
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: PayThan am 28.07.2022 | 06:11
without the dark we'd never see the stars  ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ghoul am 28.07.2022 | 07:45
Für AD&D1: Grundsätzlich kann sich das Alignment der Figuren im Verlauf des Spiels ändern. Meist ist das mit negativen Konsequenzen verbunden (level Verlust oder so? Müsste ich nochmal nachschauen).

Weil du nicht bei der Exegese-Sitzung dabei warst. Darum schweige zum DMG für immerdar!  ;)

OK, im Ernst:
Bei (1e und 2e) führt ein Gesinnungswechsel (außer wenn durch Flüche etc erzwungen) dazu, dass sich die erforderlichen XP für den Aufstieg verdoppelt, d.h. die Differenz der Hürde zur nächsten Stufe und der Hürde zur aktuellen Stufe verdoppelt sich und alle weiteren Aufstiegsgrenzen verschieben sich entsprechend (ohne sich zu verdoppeln).
Dies liegt in 1e daran, dass nun eine andere Ebene und eine andere persönliche Gottheit für die Seele der Personnage zuständig sind. Gesinnung ist ein metaphysischen Konstrukt, dem die sterblichen Seelen untergeordnet sind!
2e erklärt das stattdessen mit einer persönlichen Sinneskrise, was aber Spieler i.d.R. nicht überzeugt. Damit wird auch die Gesinnung zum persönlichen Wischiwaschi-Irgendwas.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: takti der blonde? am 28.07.2022 | 07:52
Weil du nicht bei der Exegese-Sitzung dabei warst. Darum schweige zum DMG für immerdar!  ;)

OK, im Ernst:
Bei (1e und 2e) führt ein Gesinnungswechsel (außer wenn durch Flüche etc erzwungen) dazu, dass sich die erforderlichen XP für den Aufstieg verdoppelt, d.h. die Differenz der Hürde zur nächsten Stufe und der Hürde zur aktuellen Stufe verdoppelt sich und alle weiteren Aufstiegsgrenzen verschieben sich entsprechend (ohne sich zu verdoppeln).
Dies liegt in 1e daran, dass nun eine andere Ebene und eine andere persönliche Gottheit für die Seele der Personnage zuständig sind. Gesinnung ist ein metaphysischen Konstrukt, dem die sterblichen Seelen untergeordnet sind!
2e erklärt das stattdessen mit einer persönlichen Sinneskrise, was aber Spieler i.d.R. nicht überzeugt. Damit wird auch die Gesinnung zum persönlichen Wischiwaschi-Irgendwas.

Bei der Sitzung war ich sogar dabei. :p
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 28.07.2022 | 09:05
@
Outsider & Zed
Macht Sinn
Anders kann ich mir längere Kampagnen auch nicht Vorstellen.

@
PayThan
Yepp, Sehe ich auch so
 
Wobei mich das Spiel jetzt, ähnlich wie bei nobody@home auch nicht dauerhaft depremieren dürfte.

Von daher denke ich mittlerweile: Düster ist nur ne andere Art "Bühnenkulisse", die "Schauspieler" bleiben gleich.
Über das Drehbuch kann ich noch nichts sagen.

Sind Kaufabenteuer in solchen Welten wesentlich anders aufgebaut? (Mehr Tote, mehr moralische Zwickmühlen etc. )
Oder werden die einfach nur mit weniger Licht abgedreht? (Düstere Grundstimmung, Umgebung etc.)
  :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Orok am 28.07.2022 | 10:44
Ich muss zugeben, dass ich auch negative Settings bevorzuge. Ich spiele gerne Helden. Das ist in einer düsteren Atmosphäre einfacher, als in einer heilen Welt. In einer utopischen Welt einer Oma über die Straße zu helfen mag ja immer noch eine gute Tat sein, das Ganze in einer Welt mit marodierenden Gangs die gerade einen shotout haben und lauernden mutierten Riesenratten unterm Kanaldeckel fühlt sich dann aber doch cooler an ;)
Man sieht eben das funkelnde Licht besser im Dunkel der Nacht als im Schein der Sonne.

Auch als Spielleiter fällt es mir da leichter, Abenteuer zu stricken. Mehr Konfliktpotential.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 28.07.2022 | 11:02
Ich muss zugeben, dass ich auch negative Settings bevorzuge. Ich spiele gerne Helden. Das ist in einer düsteren Atmosphäre einfacher, als in einer heilen Welt. In einer utopischen Welt einer Oma über die Straße zu helfen mag ja immer noch eine gute Tat sein

Aber da machen dann die Spieler ja so einfach den Plot kaputt. Man braucht schon manchmal die In-Game-Rollenspiel-Polizei, damit die Charaktere auch nicht vom gerechten Weg abweichen.  :Ironie:
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 28.07.2022 | 11:12
Aber da machen dann die Spieler ja so einfach den Plot kaputt. Man braucht schon manchmal die In-Game-Rollenspiel-Polizei, damit die Charaktere auch nicht vom gerechten Weg abweichen.  :Ironie:

In einer wirklich utopischen Welt braucht die Oma sowieso keine Hilfe, weil die Autos automatisch anhalten, um sie nicht zu überfahren. Ist mal wieder typisch, Dreck und Dysternis könnt ihr euch leicht vorstellen, aber sobald es um positive Dinge geht, schaltet eure Fantasie ab. ;)

(So, und für unser nächstes Abenteuer sollen die SC aufklären, warum die bisher glänzend funktioniernde Verkehrskontrolle plötzlich Kapriolen schlägt...)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ghoul am 28.07.2022 | 11:24
Bei der Sitzung war ich sogar dabei. :p

Du Glückspilz!  ~;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: unicum am 28.07.2022 | 12:20
In einer wirklich utopischen Welt braucht die Oma sowieso keine Hilfe, weil die Autos automatisch anhalten, um sie nicht zu überfahren. Ist mal wieder typisch, Dreck und Dysternis könnt ihr euch leicht vorstellen, aber sobald es um positive Dinge geht, schaltet eure Fantasie ab. ;)

(So, und für unser nächstes Abenteuer sollen die SC aufklären, warum die bisher glänzend funktioniernde Verkehrskontrolle plötzlich Kapriolen schlägt...)

Ich zitiere mal Agent Smith aus Matrix:

"Wussten Sie, dass die erste Matrix als perfekte Welt geplant war, in der kein Mensch hätte leiden müssen? Ein rundum glückliches Leben! Es war ein Desaster. Die Menschen haben das Programm nicht angenommen, es fielen ganze Ernten aus. Einige von uns glauben, wir hätten nicht die richtige Programmiersprache euch eine perfekte Welt zu schaffen, aber... ich glaube, dass die Spezies Mensch ihre Wirklichkeit durch Kummer und Leid definiert."

Meiner meinung nach kann es eine "perfekte" also im Sinne "positive" Welt eigentlich nicht geben, weil Menschen eben nicht gleich sind. (nicht im sinne von "gleichberechtigt" sonderen eher von "identisch" [mir fehlt da etwas das passende Wort dazu, auch das identisch ist eine krücke]).
Manche Menschen werden eben immer leiden, exemplarisch nehme ich mal "Liebeskummer" wie will man das "wegmachen" ohne nicht gleichzeitig Freiheiten zu unterdrücken?

ByTheWay sehe ich das Yin im Yang in "Positiven" Settings durchaus auch als sehr interessant an. Denn meistens hat man ja in den Utipien iregdnwo im Hintergrund "die große Krücke" - als Beispiel etwa "Die Zeitmaschiene" wo in der Zukunft die Menschen utopisch sorglos dahinleben können, bis sie eben von den Morlocks gefressen werden.

Ich meine das Problem ist doch schon Uralt, also seitdem der "Adam und die Eva den Apfel gegessen haben" (Will sagen: das problem kannten sie schon als sie die Bibel zusammengetextet haben) anderst formuliert: Erkenntnis ist eben echt doof.

Ich denke ein absolut positives (aka Langweilig) ist genauso unspielbar im Rollenspiel wie ein absolut negatives (Lebensfeindlich). In CoC hat man wenigstens noch die Möglichkeit davonzulaufen, und im Sanatorium noch die lezten Lebensjahre zu "geniesen".
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 28.07.2022 | 12:35
Ich denke ein absolut positives (aka Langweilig) ist genauso unspielbar im Rollenspiel wie ein absolut negatives (Lebensfeindlich).

Sicher sind beide unspielbar. Deswegen gibt's ja beide auch in der Regel nur als Strohmänner. ;)

Zitat
In CoC hat man wenigstens noch die Möglichkeit davonzulaufen, und im Sanatorium noch die lezten Lebensjahre zu "geniesen".

Also, da kenne ich so einige ganz offizielle CoC-Sanatorien, die sich eher nicht empfehlen... :o

Call of Cthulhu betrachte ich aus anderen Gründen als gar nicht mal unbedingt so "negatives" oder "düsteres" Setting, und zwar hauptsächlich deswegen, weil der größte Teil der Menschheit ja trotz aller Ignoranz immer noch frei ist, ahnungslos-unbeschwert in den Tag hineinzuleben -- so gering ist der tatsächliche, konkrete Mythoseinfluß auf die Weltgeschichte bei Licht betrachtet! Nur die Spielercharaktere, die laufen ihm halt gegen alle Wahrscheinlichkeitsrechnung trotzdem dauernd über den Weg...könnte eigentlich mal interessant sein, zu erkunden, woran das innerspielweltlich wohl liegen mag. :ctlu:
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 28.07.2022 | 13:22
Aber da machen dann die Spieler ja so einfach den Plot kaputt. Man braucht schon manchmal die In-Game-Rollenspiel-Polizei, damit die Charaktere auch nicht vom gerechten Weg abweichen.  :Ironie:

In einem düsteren Setting, sind die Gesetzeshüter doch häufig die schlimmsten von allen. Durch und durch korrupt und bestochen.
(Siehe "Gotham -City.")
Dann doch lieber dem kleinen Dieb von Nebenan vertrauen. Der hat zumindest noch Gaunerehre.. :D


Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 28.07.2022 | 16:07
Ich finde, dass in dem Thread über zwei (oder mehr) zum Teil sehr unterschiedliche Dinge diskutiert wird. Ein negatives Setting im Sinn vom OP muss ja überhaupt nicht mit "bösen" Charakteren einhergehen.

Es geht ja in erster Linie um die düstere Prämisse des Settings. Um Klischees von verfallenen Welten, Ruinen zerstörter Hochkulturen, drohender oder bereits dagewesener Apokalypse.

Da versteht endlich jemand meinen Ausgangspunkt und meldet sich dann gleich wieder aus dem Forum ab. :(
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Jenseher am 28.07.2022 | 18:50
Weil du nicht bei der Exegese-Sitzung dabei warst. Darum schweige zum DMG für immerdar!  ;)

OK, im Ernst:
Bei (1e und 2e) führt ein Gesinnungswechsel (außer wenn durch Flüche etc erzwungen) dazu, dass sich die erforderlichen XP für den Aufstieg verdoppelt, d.h. die Differenz der Hürde zur nächsten Stufe und der Hürde zur aktuellen Stufe verdoppelt sich und alle weiteren Aufstiegsgrenzen verschieben sich entsprechend (ohne sich zu verdoppeln).
Dies liegt in 1e daran, dass nun eine andere Ebene und eine andere persönliche Gottheit für die Seele der Personnage zuständig sind. Gesinnung ist ein metaphysischen Konstrukt, dem die sterblichen Seelen untergeordnet sind!
2e erklärt das stattdessen mit einer persönlichen Sinneskrise, was aber Spieler i.d.R. nicht überzeugt. Damit wird auch die Gesinnung zum persönlichen Wischiwaschi-Irgendwas.

Naja, „Wischiwaschi-Irgendwas“ ist da gar nichts. Bei AD&D 2nd gibt es eine starke Alignment Mechanik, wie zuvor. Falls ein Charakter aufgrund einer rollenspielerischen Entwicklung sein Alignment ändern muss, sollte es nicht über Meta-Mechaniken bestraft werden. Es sollte realistische Konsequenzen (oder auch nicht) haben.

Das Bestrafungsmodell hört sich eher nach Einschränkung des Rollenspiels über eine Metaebene an und ist vielleicht für eine 0815-Convention in den 1980s gut geeignet ;).
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 28.07.2022 | 23:20
Sind Kaufabenteuer in solchen Welten wesentlich anders aufgebaut? (Mehr Tote, mehr moralische Zwickmühlen etc. )
Oder werden die einfach nur mit weniger Licht abgedreht? (Düstere Grundstimmung, Umgebung etc.)
  :)

Ich denke das ist auch nur von Einzelfall zu Einzelfall zu Beantworten. Es wurde bisher ja nirgendswo wirklich mal festgezurrt was das für "Welten" sind.

Als Beispiel für düstere Grundstimmung nehme ich jetzt mal das CoC Abenteuer "Die schreckliche Welt des Paul Wegner".

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)


Hier steht der Spotlight in einem möglicherweise positiven / hellen Setting auf eine sehr düstere und negative Erscheinungsform. Die SC die das erleben werden aber alles andere als böse oder grausam sein (in der Regel).

Welche Welten schweben dir denn genau vor, wo ziehst du die Grenze zu "düster"? Vielleicht lässt sich die Frage dann konkreter beantworten.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 29.07.2022 | 00:40
Ich denke das ist auch nur von Einzelfall zu Einzelfall zu Beantworten. Es wurde bisher ja nirgendswo wirklich mal festgezurrt was das für "Welten" sind.
(,)
Welche Welten schweben dir denn genau vor, wo ziehst du die Grenze zu "düster"? Vielleicht lässt sich die Frage dann konkreter beantworten.
Tatsächlich kein " Horror." (Das ist ein eigenes Genre)
Zwar ist Horror auch düster und "Dark Fantasy " ähnlich.
Aber es gibt doch ein paar Unterschiede:

Horror spielt häufig in der Realwelt. Möglicherweise auch in der Vergangenheit oder Zukunft, der realen Welt - aber doch dort. Und hat auch selten Helden mit Superkräften. Sondern eher normale Menschen, die sich mit dem Übernatürlichen beschäftigen müssen. Die Horror Elemente sind dort Erscheinungen, die vereinzelt auf die Reale Welt einwirken. Die gehören aber nicht zum Alltag, und wirken dementsprechend verstörend.


Ein Dark Fantasy Setting hingegen kann auch auf einem anderen Planeten spielen, in einer anderen Welt, und hat idR. Helden die einiges draufhaben. Sie können Feinden Wehrhaft gegenüber treten.
Die Düsternis ist in diesen Welten permanent präsent. Und damit etwas mehr oder weniger Alltägliches.
Darum wirken die Helden auch deutlich souveräner. Es kann sie weit weniger schocken.
Dystopische Welten z.B.  leben häufig auch von einer lebensfeindlichen Umwelt, von schwierigen Überlebensbedingungen.
In einer solchen Welt zu überleben, gehört mehr oder weniger zur täglichen Herausforderung.

Mir ging es jetzt schon um (Dark) Fantasy.
Als um Fantasy nur in düster.
Ich hatte den Eindruck dem OT auch.
Aber ich kann mich täuschen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 29.07.2022 | 12:04
Okay, dann probiere ich es mal damit.

"Death in Space"

Hier ist wirklich alles kaputt, die Technik mit der die Menschheit das All besiedeln konnte war Gegenstand eines Krieges der dazu geführt hat, dass die Fähigkeiten der Menschheit die Technik zu meistern verloren gegangen ist. Reisen zwischen Sternensystemen ist faktisch unmöglich geworden und die letzten Reste klammern sich an die Brocken alter Technik die sie noch haben. Ressourcen wie Luft und Wasser sind ein wertvolles gut und es gilt meist nur das Recht des stärkeren. Hier gehört das Überleben wirklich zur täglichen Herausforderung.

Schlimmer noch, die Welt an sich zerfällt, sie schrumpft und von den Rändern des Universums erreichen "Flüchtlinge" die von Menschen besiedelten Regionen. Monströse Flüchtlinge in Form uralter Entitäten. Nichts was die SC tun wird das schrumpfen des Universums aufhalten (so ist zumindest die Ausgangslage). Nur weiß keiner wann es soweit ist, 10 Jahre, 100 Jahre oder vielleicht noch Jahrmillionen.

Die Charakter sind zwar nicht "mächtig" im Sinne von "haben einiges drauf" können aber überdurchschnittlich gut sein. Es bleibt aber tödlich für sie. Das Zentrum des Spiels ist daher auch mehr der HUB der hin und wieder eine neue Crew bekommt als die Charaktere an sich.

Das Einstiegsabenteuer ist aber nichts anderes als die Aufgabe mit zwei Rivalisierende Gruppen des Stationsabschnittes um Ressourcen zu verhandeln.

Der HUB (das Schiff) der SC braucht technische Hilfe und beide Gruppen müssen ihren Teil dazu beitragen damit das Schiff repariert werden kann.

Beide Gruppen könnten helfen, aber das hat seinen Preis.

Damit nicht genug, die Herrscher der Station haben die Rivalitäten und die Ressourcenverschwendung der beiden Gangs satt und werden in 4 Stunden eintreffen, erst schießen und dann fragen wer angefangen hat. Eigentlich wollen sie die Kontrolle über den Sektor sowieso nur für sich.

Es gibt keinen vorgeschriebenen Lösungsweg "nur" Optionen. Die SC brauchen Ersatzteile für zwei wichtige Schiffskomponenten, Kraftstoff damit die Mühle wieder fliegt und Geld um die Stationseigner für das Andocken bezahlen zu können. Und das alles am besten innerhalb von 4 Stunden und ohne vorher zwischen die Fronten der Gangs zu geraten.

Negatives / düsteres Setting aber ein "normales" Abenteuer in meinen Augen, dass es so auch in jedem anderen Setting geben könnte. 
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 30.07.2022 | 00:22
@
Outsider
Erstmal Danke für die Mühe!

Und ja ich stimme dir zu: Ein ganz normales Abenteuer.

Muss spontan an "Bandenkrimi in Space" denken. Schmutzige Typen machen schmutzige Geschäfte, und die Helden mittendrin.

Auch die "Firefly"Serie fällt mir ein. - Doch die wirkt auf mich überaus positiv.
Obwohl zumindest das Setting eigentlich auch hart daherkommt.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 30.07.2022 | 13:14
@
Outsider
Erstmal Danke für die Mühe!

Und ja ich stimme dir zu: Ein ganz normales Abenteuer.

Muss spontan an "Bandenkrimi in Space" denken. Schmutzige Typen machen schmutzige Geschäfte, und die Helden mittendrin.

Hey du hast gefragt :D ich musste mich zwar erst an das Setting ranrobben weil das erste Beispiel nicht ganz korrekt war, aber für mich wir die Sache rund.

Es gibt auch "normale" Abenteuer für düstere/negative Settings.

Zitat
Muss spontan an "Bandenkrimi in Space" denken. Schmutzige Typen machen schmutzige Geschäfte, und die Helden mittendrin.

Genau das wäre eine gute Umschreibung für das Abenteuer!

@Doc-Byte

Ich kann verstehen warum man negative Settings (so wie ich glaube sie klassifizieren zu können) nicht mag, oder nicht mehr mag und sie nicht bespielen will.

Negative Settings setzen aber nicht zwingend voraus, dass die Spieler A***** sind und die Abenteuer sich nur darum drehen wer ist das miesere Schwein :P (kein Angriff auf Schweine :D )
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 30.07.2022 | 13:43
Negative Settings setzen aber nicht zwingend voraus, dass die Spieler A***** sind und die Abenteuer sich nur darum drehen wer ist das miesere Schwein :P (kein Angriff auf Schweine :D )

Das war ja auch nie die Aussage laut OP. Das wurde  ( :t: typisch) im Laufe des Fadens dazu gedichtet.

Ich persönlich kann mit beiden Varianten  also positive oder negative Kulisse etwas anfangen. Aber die negative eher kurz und als Ausnahme (edit: weil langfristig dann doch zu deprimierend für mein Gemüt)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 30.07.2022 | 13:53
Das war ja auch nie die Aussage laut OP. Das wurde  ( :t: typisch) im Laufe des Fadens dazu gedichtet.

Ich weiß, das war eine direkte Frage von Issi aus den letzten 4 oder 5 Posts. Der Satz bezog sich auch nicht auf den OP  :d

Ich bin mir auch fast sicher, dass es nicht dazu gedichtet wurde, sondern eher Ausfluss aus der Diskussion war und in erster Linie Issi interessierte (wie auch die Frage an die Leute die negative Settings spielen, ob das "normale" Charaktere sind oder eher Psychopathen die man da verkörpert).
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 30.07.2022 | 14:03
Letzten Endes kommt's mir persönlich primär darauf an, was sich mit dem Setting konkret spielen läßt und wie sehr mich das anspricht. Ein Hintergrund, der so kaputt ist, daß neben der täglichen Jagd nach knappen Ressourcen und dem Kampf ums nackte Überleben keine mehr Zeit für andere Dinge bleibt, taugt mir schon rein aus Prinzip genauso wenig wie einer, der so "perfekt" ist, daß Protagonisten (und damit SC) eigentlich überflüssig werden, weil wirklich einfach niemand sie mehr braucht; in der Praxis finden sich letztere nur halt meiner Erfahrung nach gar nicht erst, während einem gleichzeitig die erstere Kategorie hier und da in übertrieben "realistischen" Werken durchaus schon mal begegnen kann.

Zum Glück gibt's zwischen den beiden Extremen noch jede Menge Spielraum für den individuellen Geschmack. ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 30.07.2022 | 14:39
Das war ja auch nie die Aussage laut OP. Das wurde  ( :t: typisch) im Laufe des Fadens dazu gedichtet.
Naja wer schon Mal SPL am Tisch hatte, die im negativen Sinne Bock auf krass skrupelloses Spiel hatten, kann die Vermutung (mehr war es nicht), dass es SPL auch darum gehen könnte, vielleicht verstehen.
Wahrscheinlich ist das bei manchen auch der Fall. Aber vermutlich nicht mehrheitlich.

Der OT hatte ja nach dem "Warum?" gefragt.
Warum ist das gerade so gefragt?
Und darauf unterschiedliche Antworten bekommen.
Wahrscheinlich gibt es auch keine pauschale Antwort darauf, sondern  unterschiedliche.

"Es ist gerade in Filmen/Serien/Spielen Trend" ist wohl eine davon.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 30.07.2022 | 14:39
Ich weiß, das war eine direkte Frage von Issi aus den letzten 4 oder 5 Posts. Der Satz bezog sich auch nicht auf den OP  :d

Ok. Ich dachte so, weil du @Doc-Byte geschrieben hast.

Ich unterscheide da stark zwischen dem Plot / Abenteuer / Szenario und eben dem Setting als Kulisse. Ich kann FunnySunnyLand als Abenteuer spielen, aber wenn der Hintergrund "the 100" ist das Ganze halt insgesamt nicht mehr ganz funny und sunny , weil alles qua Setting kaputt ist, und das kann auf lange Sicht deprimieren.

Edit: @Issi: die These, dass negative Settings tendenziell negative / böse / skrupellose Chars produzieren, ist aber noch nicht belegt und imo auch nicht wahr.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 30.07.2022 | 14:42
Ok. Ich dachte so, weil du @Doc-Byte geschrieben hast.

Ich weiß, kann man so verstehen, bezog sich aber nur auf den ersten Absatz. Der letzte war dann wieder an die Allgemeinheit / Issi gerichtet  8)

Fält wohl unter diese Kategorie :D

(https://i.pinimg.com/474x/86/d8/f4/86d8f46f35488cdc9017ac55e880f0e9.jpg)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Issi am 30.07.2022 | 14:50
Edit: @Issi: die These, dass negative Settings tendenziell negative / böse / skrupellose Chars produzieren, ist aber noch nicht belegt und imo auch nicht wahr.
Hatte ich jetzt nicht angenommen.

Ich hatte die Vermutung dass SPL die gerne mit skrupelosen Figuren die Sau rauslassen, düstere Settings bevorzugen.
(Und dass es viele davon gibt - Letzteres ist wahrscheinlich falsch)

Dass ein Setting selbst solche Figuren produziert, halte ich auch für unwahrscheinlich. Wobei ich sowas wie SR z.B.  nie gespielt habe, und deshalb nicht mitreden kann.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Tudor the Traveller am 30.07.2022 | 14:54
@Outsider:  ~;D

@Issi: d'accord  :d
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 30.07.2022 | 17:54
[...] der so "perfekt" ist, daß Protagonisten (und damit SC) eigentlich überflüssig werden, weil wirklich einfach niemand sie mehr braucht; in der Praxis finden sich letztere nur halt meiner Erfahrung nach gar nicht erst, [...]

In der Extremform wohl tatsächlich nicht, aber wenn man ein "stark positives" Setting zusammenschraubt, muss man tatsächlich etwas diesen Punkt im Blick behalten. Konflikte sind wirklich ein großes Hilfsmittel, um "Dinge" zu erklären, aber die Kunst ist dann, sie so zu dosieren, dass es am Ende immer noch ein "positives" Settings ist. ^-^

Der OT hatte ja nach dem "Warum?" gefragt.
Warum ist das gerade so gefragt?
Und darauf unterschiedliche Antworten bekommen.
Wahrscheinlich gibt es auch keine pauschale Antwort darauf, sondern  unterschiedliche.

"Es ist gerade in Filmen/Serien/Spielen Trend" ist wohl eine davon.

Das mit der "Modeerscheinung" kann ich nachvollziehen. Und was dieses Welten spannend macht, haben ja auch einige verständlich dargelegt. - Ich meine, ich hab ja selber auch viele Jahre lang Shadowrun gespielt, was man wohl auch in die eher düsteren Settings einordnen kann. Aber irgendwann will man / ich einfach mal was positives spielen. ;D

Fält wohl unter diese Kategorie :D

(https://i.pinimg.com/474x/86/d8/f4/86d8f46f35488cdc9017ac55e880f0e9.jpg)

 ~;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Xemides am 30.07.2022 | 23:31
Viele meiner Settings sind gar nicht negativ:

Midgard, Splittermond, Glorantha, Verbotene Lande, Traveller-Settings, Coriolis, Star Trek.

Hochstens Star Wars wenn man so will.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 31.07.2022 | 00:59
Viele meiner Settings sind gar nicht negativ:

Midgard, Splittermond, Glorantha, Verbotene Lande, Traveller-Settings, Coriolis, Star Trek.

Hochstens Star Wars wenn man so will.


Zitat von: Splittermond
Die heutige Zeitrechnung begann, als der dritte Mond am Himmel auseinanderbrach – und der Splittermond entstand.

Zitat von: Glorantha
The 'historical' world of Glorantha is in a more or less fallen state, having recovered only partially from a universal battle against Chaos in the mythic Godtime.

Zitat von: Verbotene Lande
Irgendwann kam der Blutnebel, der bis auf wenige Ausnahmen alle fraß, die sich zu weit von ihrer Heimstatt entfernten und isolierte die Dörfer und Siedlungen.

Zitat von: Coriolis
Während der jüngsten Portalkriege wurden alle Portale, die zum Ersten und Zweiten Horizont führten, zerstört und der Dritte Horizont damit isoliert und dem Verfall preisgegeben.

Genau das war von Anfang an mein Punkt. - Danke für die Beispiele. ~;D

Und als Gegenentwurf dazu:

Zitat von: Star Trek
The United Federation of Planets (abbreviated as UFP and commonly referred to as the Federation) was a supranational interstellar union of multiple planetary nation-states that operated semi-autonomously under a single central government, founded on the principles of liberty, equality, peace, justice, and progress, with the purpose of furthering the universal rights of all sentient life. Federation members exchange knowledge and resources to facilitate peaceful cooperation, scientific development, space exploration, and mutual defense.

Ja, auch das Trek Universum kennt reichlich Kriege und auch untergegangene Zivilisationen, aber das Kernelement des Settings ist halt die positiv besetzte Föderation.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 31.07.2022 | 09:52
Ich denke, wenn man den Begriff weit genug ausdehnt, wird man wenige Settings finden, die nicht auf die eine oder andere Art "postapokalyptisch" sind -- irgendwo und irgendwann hat's immer schon mal geknallt. Selbst bei Star Trek kam vor dem Erstkontakt zwischen Menschen und Vulkaniern erst noch ein dritter Weltkrieg. ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 31.07.2022 | 17:27
Selbst bei Star Trek kam vor dem Erstkontakt zwischen Menschen und Vulkaniern erst noch ein dritter Weltkrieg. ;)

Ja, aber was Star Trek als Setting entscheident prägt ist genau dieser (positive) Erstkontakt, der im Prinzip ja den Grundstein legt, aus dem letztlich die Föderation hervorgegangen ist. - Wenn wir jetzt wiederum ein Setting hätten, in dem ein Imperator Khan Noonien Singh II. mit Hilfe von Zefram Cochrane auf der Grundlage erbeuteter vulkanischer Technologie eine Terranische Föderation aufgebaut hat, wäre das Ergebnis ähnlich, aber doch auch wieder ein völlig anderes.

Will sagen, der Punkt ist in meinen Augen einfach, ob das zentrale Element / der Ausgangspunkt eines Settings ein "negatives" Ereignis ist oder nicht. Natürlich wird es in den meisten Settings frühere Konfilikte und vielleicht auch Katastrophen gegeben haben, aber die Frage ist: Bestimmen diese bis zum aktuellen Zeitpunkt hinein das gesamte Leben aller Bewohner der Welt und prägen sie noch immer entscheident das Setting?

Und ja, du hast schon recht. Für die meisten oder zumindest viele (RPG) Settings kann man diese Frage wohl tatsächlich mit "ja" beantworten. :think:
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: PayThan am 31.07.2022 | 20:39
Negative Setting's fühlen sich vermutlich einfach glaubwürdiger / realistischer an.

Unsere eigene Geschichte ist ja gespickt mit düsteren, negativen Epochen, was leider bis heute noch anhält.

Oder gab es in der Menschlichen Geschichte einmal eine Epoche die man als Positiv bzw. freundlich beschreiben könnte ?

Negative Settings sind vermutlich weniger weit hergeholt als Positive und freundliche Settings.


...mein Wort zum Sonntag, denkt mal drüber nach ! :-)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 31.07.2022 | 20:49
Oder gab es in der Menschlichen Geschichte einmal eine Epoche die man als Positiv bzw. freundlich beschreiben könnte ?

Ich denke, das ist mit eine Frage des Standpunktes. Betrachte ich global den ganzen Planeten Erde auf einmal, dann gab's natürlich immer irgendwo genug Querelen, um einem einen potentiell "positiven" Gesamteindruck zu verleiden. Zoome ich hingegen nahe genug an einen bestimmten Ort, eine bestimmte Zeit, und vielleicht auch noch gleich eine bestimmte (eventuell privilegierte) Personengruppe heran...

...na ja, die meisten Leute würden sich wahrscheinlich etwas schwer damit tun, beispielsweise das Apollo-Programm spontan als "negativ" einzustufen. ;)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: PayThan am 31.07.2022 | 21:13
Ich denke, das ist mit eine Frage des Standpunktes. Betrachte ich global den ganzen Planeten Erde auf einmal, dann gab's natürlich immer irgendwo genug Querelen, um einem einen potentiell "positiven" Gesamteindruck zu verleiden. Zoome ich hingegen nahe genug an einen bestimmten Ort, eine bestimmte Zeit, und vielleicht auch noch gleich eine bestimmte (eventuell privilegierte) Personengruppe heran...

...na ja, die meisten Leute würden sich wahrscheinlich etwas schwer damit tun, beispielsweise das Apollo-Programm spontan als "negativ" einzustufen. ;)

Ja da hast Du recht.

Aber bei einem Rollenspiel Setting geht es ja um den Gesamteindruck und nicht um die Rosinen im Kuchen oder ein paar Privilegierte die hinter hohen Mauern in Saus und Braus Leben oder ? :-)

Man vergisst sehr leicht, das wir in einem Industrie Land Leben und wir (obgleich wir gut im Jammern sind) eigentlich schon zu den „Privilegierten“ gehören !

Den meisten Menschen auf der Welt geht es allerdings nicht so gut, wie den Leuten hier im Forum.

Laut dem aktuellen Bericht der FAO und der WHO haben zwischen 720 und 811 Millionen Menschen auf der Welt nicht genug zu essen.

Ich würde also unsere eigene Welt auf der wir Leben, durchaus als „düster“ bezeichnen.
Auch wenn es ein paar Privilegierte ausnahmen gibt.


Und in der Regel muss halt in irgend einer art und weiße unsere eigene Welt / Geschichte irgendwie als Vorbild für die meisten Rollenspiel Settings herhalten.
Das sind eben die „Zutaten“ für ein Rezept, die wir alle kennen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 31.07.2022 | 21:48
Ja da hast Du recht.

Aber bei einem Rollenspiel Setting geht es ja um den Gesamteindruck und nicht um die Rosinen im Kuchen oder ein paar Privilegierte die hinter hohen Mauern in Saus und Braus Leben oder ? :-)

Hm. Tut's das wirklich? Oder geht es im Rollenspiel nicht primär um den Eindruck, den die Spieler über ihre Charaktere und deren ja meist auch einigermaßen beschränkten Blickwinkel vom Setting bekommen? :think:

Und ist ein typischer Rollenspiel-"Abenteurer" dieser oder jener Couleur nicht allein schon dadurch enorm privilegiert, daß er überhaupt Abenteurer sein darf? Die meisten Leute, die in praktisch jedem Setting leben, haben garantiert eher nicht so den Luxus, sich praktisch unbeaufsichtigt mit aller möglichen Ausrüstung auf der Suche nach dem nächsten Ärger in der Weltgeschichte herumtreiben zu können... 8]

Ich denke also, der "Gesamteindruck" kann da, soweit es dann eben um das konkrete Spielen im gegebenen Setting geht, genauso schnell in die Irre führen wie jeder andere Schnappschuß auch.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: PayThan am 31.07.2022 | 22:09
Hm. Tut's das wirklich? Oder geht es im Rollenspiel nicht primär um den Eindruck, den die Spieler über ihre Charaktere und deren ja meist auch einigermaßen beschränkten Blickwinkel vom Setting bekommen? :think:

Ja das tut es wirklich !

Okey, natürlich kannst Du mit deiner Gruppe nur Hobbits spielen, die das Auenland niemals verlassen.
Das ist durchaus möglich und es verbietet dir bestimmt auch niemand.

Das würde aber auf dauer sicherlich nicht das Spielgefühl transportieren, dass ich mir als Spieler von  Mittelerde erhoffe.




Und ist ein typischer Rollenspiel-"Abenteurer" dieser oder jener Couleur nicht allein schon dadurch enorm privilegiert, daß er überhaupt Abenteurer sein darf? Die meisten Leute, die in praktisch jedem Setting leben, haben garantiert eher nicht so den Luxus, sich praktisch unbeaufsichtigt mit aller möglichen Ausrüstung auf der Suche nach dem nächsten Ärger in der Weltgeschichte herumtreiben zu können... 8]

Kommt auf das Setting drauf an.

Bei Mutant Jahr 0 z.B. würde ich die Spieler nicht als Privilegiert bezeichnen, sie müssen gezwungenermassen auf Abenteuer ziehen um zu überleben.

Auch in vielen anderen Setting ist ein Abenteurer nicht unbedingt Privilegiert.
Ich denke da an den „verstoßenen“ Zwergenkrieger, oder den Schurken der sich in der Gosse durchschlagen muss usw...
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 31.07.2022 | 22:54
Ich denke, das ist mit eine Frage des Standpunktes. Betrachte ich global den ganzen Planeten Erde auf einmal, dann gab's natürlich immer irgendwo genug Querelen, um einem einen potentiell "positiven" Gesamteindruck zu verleiden. Zoome ich hingegen nahe genug an einen bestimmten Ort, eine bestimmte Zeit, und vielleicht auch noch gleich eine bestimmte (eventuell privilegierte) Personengruppe heran...

...na ja, die meisten Leute würden sich wahrscheinlich etwas schwer damit tun, beispielsweise das Apollo-Programm spontan als "negativ" einzustufen. ;)

Ich würde das "Setting" Erde in Hinblick auf das Zeitalter des Menschen bisher tatsächlich nicht als "düster" im Sinner der Ausgangsfrage sehen. Ja, es gab finstere Abschnitte und auch heute ist vieles noch im Argen, aber im Setting-Kontext betrachtet würde ich unsere Welt als düster bezeichnen, wenn bspw. die Kuba Krise zu einem Atomschlag geführt hätte, mit dessen Folgen die Menschheit heute zurechtkommen müsste.

Man könnte darüber diskutiern, ob die Erde für die Menschen des Mittelalters nach dem Untergang des Römischen Reichs ein "düsteres" Setting war. Wieder im Sinner des Ausgangslage in diesem Thread, wohl schon. Aber unser heutiges Leben wiederum bestimmt dieses Ereignis jetzt nur noch in kleinen Dingen und würde daher für mich nicht als Argument für ein "düsteres" Setting herhalten.

Vielleicht lässt sich das so sagen: Bei der Bewertung, ob ich ein Setting als "düster" empfinde / bezeichne kommt es auf das Hier-und-Jetzt an. Gab es ein "negatives" Ereignis, dessen Folgen das aktuelle Leben prägen bzw. die Lebensumstände aller bestimmen?

In diesem Sinne kann ich dann wieder den Bogen zur realen Welt schlagen und sagen, nein, wir haben kein düsteres Setting, denn selbst global gesehen, haben wir es bisher eigentlich hinbekommen, die Lebensumstände der Menschheit beständig zu verbessern. ("Details" wie die Klimakrise lassen wir jetzt mal außen vor.) Natürlich sind wir weit davon entfern, in einer perfekten Welt zu leben, aber einem großen Teil der Menschheit geht es heute besser, als unseren Vorfahren. - Wie gesagt, jetzt in diesem Moment betrachtet. Das wir vielleicht den Scheitelpunkt erreicht haben, ist ein völlig anderes Thema und gehört jetzt echt nicht in diesen Thread, wo es eigentlich um fiktionale Welten geht, finde ich.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Xemides am 1.08.2022 | 19:57
Ich betrachte ein Setting als negativ, wenn die Gegenwart des Settings von der Düsternis geprägt ist.

Und das untergegangene Göttliche Zeitalter bei Glorantha spielt nur in Mythen eine Rolle, auch wenn die in Heldenquesten erfahren wrrden können. Für die Bewohner Gloranthas spielen die Konflikte der Gegenwart die Hauptrolle, wenn sie nicht einfach ihr Leben leben.

Bei Splittermond ist es noch deutlicher. Das vor 1000 Jahren der Mond zersplittert ist merkt kaum jemand. Die Splitterträger spüren Abenteuerlust und haben besondere Gaben, die normalen Menschen aber leben einfach ihr Leben. Auch die Intrigen der Gefallenen, die Gehemnisse der Drachlinge et. spielen für die einfachen Leute keine Rolle. Sie leben in einer normalen Fäntelalter-Welt, wenn man es so nennen will.

Da spielen die Feen und Mondpfade eine größere und spürbarere Rolle.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: PayThan am 1.08.2022 | 20:32
Das wir vielleicht den Scheitelpunkt erreicht haben, ist ein völlig anderes Thema und gehört jetzt echt nicht in diesen Thread, wo es eigentlich um fiktionale Welten geht, finde ich.


Doch !
Denn Vielleicht liegt darin die Antwort auf deine anfängliche Frage:


Warum kommen positive / freundliche Settings gefühlt weniger gut in der Rollenspielszene weg?

Ich stelle da mal eine verrückte These auf:

Vielleicht finden die Leute unsere reale Welt weit weniger schlimm, wenn sie in fiktionalen Welten spielen, die deutlich schlimmer dran sind als unsere Erde.

Möglicherweise schöpfen sie dadurch sogar Hoffnung, wenn sie in einer total kaputten Welt Helden Spielen können, die schlimmere Sachen erdulden müssen, wie die Spieler hinter den Charakteren und die solche hoffnungslosen Settings trotzdem Überleben und allen Widrigkeiten Trotzen.

So nach dem Motto: Wenn mein Held eine Apokalyptische Welt überstehen kann, schauen meine Probleme, Ängste und Nöte die ich in RL erleben muss gleich weit weniger dramatisch aus !


PS: Für weitere verrückte Thesen kannst Du mir gerne ein Abo oder ein Like da lassen  ;D

Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 1.08.2022 | 20:49
Man muß, denke ich, gar nicht mal unbedingt in sooo großen Zeiträumen denken. Nehmen wir mal die bei Call of Cthulhu beliebten 1920er. Sind die ein "negatives" Setting? Ich meine, da liegt der erste Weltkrieg erst ein paar Jahre zurück und auch innerhalb der Dekade selbst gibt's noch einiges an Ärger (https://de.wikipedia.org/wiki/1920er#Ereignisse) -- aber das sind halt alles eher nicht die Dinge, um die es Designern und Spielern bei CoC primär geht...
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 1.08.2022 | 22:11
Ich stelle da mal eine verrückte These auf...

Ich glaube wenn jemand mit Rollenspielen die Realität kompensiert, dann kann man von einem echten Problem sprechen.

Welches dann professioneller Hilfe bedarf.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 1.08.2022 | 22:12
Ich betrachte ein Setting als negativ, wenn die Gegenwart des Settings von der Düsternis geprägt ist.

[...]

Okay, dann kann es natürlich sein, dass einfach viele / manche Settingvorstellungen einen täuschenden ersten Eindruck erzeugen und wir in Wahrheit weitaus weniger "düstere" Settings haben, als man meinen könnte. :think:

Ich stelle da mal eine verrückte These auf: [...]

Spannender Gedanke und vielleicht zumindest in Teilen gar nicht so abwegig.

Man muß, denke ich, gar nicht mal unbedingt in sooo großen Zeiträumen denken. Nehmen wir mal die bei Call of Cthulhu beliebten 1920er. Sind die ein "negatives" Setting? Ich meine, da liegt der erste Weltkrieg erst ein paar Jahre zurück und auch innerhalb der Dekade selbst gibt's noch einiges an Ärger (https://de.wikipedia.org/wiki/1920er#Ereignisse) -- aber das sind halt alles eher nicht die Dinge, um die es Designern und Spielern bei CoC primär geht...

Ja, der Punkt ist tatsächlich, ob dieses "negative Ereignis" prägend für das ganze Setting ist oder im "Hintergrundrauschen" untergeht, das hab ich inzwischen aus der Diskussion hier für mich mitgenommen.

---

Ich kann das eigentlich sogar am Beispiel aus dem Eingangspost gut zeigen (bzw. erklären, was ich mit "negativem" und "positivem" Ausgangspunkt meine). Dort hatte ich ja auf den Kickstarter von Deep Sky Ballad (https://gamefound.com/projects/a-game-of-nerds/deep-sky-ballad) verwiesen. Das ganze ist als Space Western Setting konzipiert und ich zitiere mal deren Vorstellung:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Also, auf den Punkt gebracht: Das Wildwest Setting ist der Überrest einer hoch entwickelten Zivilisation, die (mal wieder) zusammengebrochen und untergegangen ist...

Und als Vergleich hier mein eigener "Gegenentwurf" zu diesem - ich möchte fast schon sagen - Standardansatz:

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Also, ein ganz anderer Ansatz: Das Grenzland Setting ist nicht durch den Zusammenbruch einer bestehenden Gesellschaft entstanden, sondern dadurch, dass sie die Zivilisation schlicht in weit entfernte, abgelegene (wenn auch nicht völlig unbewohnte) Bereiche ausgedehnt hat. Mit anderen Worten: Expansion statt Implosion!

Persönliche OT Anmerkung: Ich finde es übrigens ganz witzig, dass die Macher von "Deep Sky Ballad" offensichtlich (teilweise) die selben Stock Art Bezugsquellen nuzen, wie ich auch. ~;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Alexandro am 1.08.2022 | 22:37
Ich stelle da mal eine verrückte These auf:

Vielleicht finden die Leute unsere reale Welt weit weniger schlimm, wenn sie in fiktionalen Welten spielen, die deutlich schlimmer dran sind als unsere Erde.

Möglicherweise schöpfen sie dadurch sogar Hoffnung, wenn sie in einer total kaputten Welt Helden Spielen können, die schlimmere Sachen erdulden müssen, wie die Spieler hinter den Charakteren und die solche hoffnungslosen Settings trotzdem Überleben und allen Widrigkeiten Trotzen.

Meiner Erfahrung nach spielen 90% der Spieler in diesen Settings entweder Arschgeigen, oder sie wechseln (nachdem sie die Eindimensionalität von Settings wie Warhammer aus der Sicht von nicht-Arschgeigen erlebt haben) früher oder später vom negativen Setting in ein weniger kindisch-dysteres Setting, wo eine ausgewogene Mischung aus positiven und negativen Aspekten der Spielwelt anzutreffen ist.

Die restlichen 10% haben anscheinend Spaß mit ihren leidenden Helden im düsteren Setting zu bleiben.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 1.08.2022 | 23:28
Ich habe den Arschgeigen-Faktor nie settingabhängig bemerkt.

Anhäufungen von nervige NSCs schien eher ein Frage von Spielleiter-Laune auf Spielerkleinhalten zu sein. Und davon habe ich in den Forgotten Realms am meisten verkraften müssen. Gefolgt von Aventurien.

Und ja: wie es aus dem Wald tönt, so tönt es zurück. Und wenn jeder NSC ein Verräter oder zumindest extrem unfreundlich ist, werden die Spieler auch keine Lust auf Süßholzraspeln haben.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ArneBab am 2.08.2022 | 07:36
Ich glaube wenn jemand mit Rollenspielen die Realität kompensiert, dann kann man von einem echten Problem sprechen.

Welches dann professioneller Hilfe bedarf.
So weit würde ich nicht gehen, sonst müsste das auch für einen Großteil der anderen Medien gelten und sehr, sehr viele Menschen bräuchten professionelle Hilfe. Und ich will eigentlich gar nicht abstreiten, dass das so sein könnte, wir haben aber nicht genug Psychologen, um das alles aufzufangen, so dass das keine handlungsrelevante Erkenntnis wäre.
Es sei denn, du meinst mit professioneller Hilfe professionelle SL'en  ~;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Aedin Madasohn am 2.08.2022 | 09:15
Es sei denn, du meinst mit professioneller Hilfe professionelle SL'en  ~;D

mit Dank an Arne, dass er hier versucht, die Eskalationskastanien aus dem Feuer zu holen  :d

 :dftt:

@Doc

dein griffiges Beispiel von Grenzlande schaffen durch: Implosion oder Expansion = Skalierbarkeit der Grundfarbe
ist genial!
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 2.08.2022 | 09:35
Implosion oder Expansion = Skalierbarkeit der Grundfarbe
ist genial!

Hängt halt auch auf welcher Seite man steht: East India Trading Company, das Rollenspiel, bietet sicher viel Platz für spannende Abenteuer, verwegene Pläne, Wagemut und exotische Schauplätze in hellsten Farben.  >;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 2.08.2022 | 09:51
Hängt halt auch auf welcher Seite man steht: East India Trading Company, das Rollenspiel, bietet sicher viel Platz für spannende Abenteuer, verwegene Pläne, Wagemut und exotische Schauplätze in hellsten Farben.  >;D

Ich denke, das tut es einigermaßen unabhängig von der "Seite". Nur, ob man ein und dasselbe Setting nun eher als "positiv" oder als "negativ" einsortiert, das mag tatsächlich davon abhängen, ob man nun die Europäer und ihre Verbündeten vor Ort spielt oder doch eher die von ihnen Heimgesuchten... >;D

(Gilt sinngemäß natürlich auch gerne für Settings mit "Western"-Thematik. "Einst herrschte Frieden zwischen den Sternen. Aber dann kamen die Menschen, und wo auch immer ihr Blick hinfiel, davon sagten sie 'Das gehört jetzt uns!'..." :gasmaskerly:)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: PayThan am 2.08.2022 | 13:16

Spannender Gedanke und vielleicht zumindest in Teilen gar nicht so abwegig.


Ja....Rollenspiel ist Therapie !

Ich möchte da gerne Luxferre aus einem anderen und älteren Beitrag Zitieren, der hat es schön gesagt und bringt es auf den Punkt:


Ich brauche Rollenspiel als Teil für meine Seelenhygiene.


Ich merke gerade, dieser alte Beitrag hat ein paar parallelen zu diesem hier, noch ein hübsches Zitat von Fillus:


…..was den Medizinaspekt angeht, ich brauche das Rollenspiel um abschalten zu können. Bei vielen reicht da ein TV, mir nicht.

...und eins von Rhylthar:

Rollenspiel ist für mich vor allem eines: Mein Gehirn bricht aus dem "Alltag" aus.
Das ist wichtig für mich, denn ich brauche so einen "Cut" einfach, um dann wieder in den Alltagsmodus switchen zu können.





Meiner Erfahrung nach spielen 90% der Spieler in diesen Settings entweder Arschgeigen....

tartex hat ja schon angemerkt dass der Arschgeigen-Faktor nicht unbedingt Setting abhängig ist.
Der Arschgeigen-Faktor wiederspricht oder wiederlegt aber auch nicht meine "Verrückte These" (Um so düsterer das Setting, desto weniger schlimm nimmt man die Realität war).
Im Gegenteil, der „Arschgeigen-Faktor“ könnte vielleicht  nur ein weiteres Ventil für den Spieler sein um irgend etwas zu kompensieren....

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)


PS: Ich hoffe niemand ist mir hier böse, dass ich ihn Zitiert habe.
Die meisten Zitate stammen aus einem älteren Beitrag, aber ich sehe hier durchaus Parallelen, es passt einfach.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ArneBab am 2.08.2022 | 13:26
Ja....Rollenspiel ist Therapie !
Irgendwie stimmt das schon. Ich werde z.B. grantig, wenn ich ein paar Wochen lang gar nicht spielen kann.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 2.08.2022 | 14:40
Wenn wir jetzt wiederum ein Setting hätten, in dem ein Imperator Khan Noonien Singh II. mit Hilfe von Zefram Cochrane auf der Grundlage erbeuteter vulkanischer Technologie eine Terranische Föderation aufgebaut hat, wäre das Ergebnis ähnlich, aber doch auch wieder ein völlig anderes.

[/quote

Terra und Vulkan haben aus der Tragödie des Erstkontakts versucht ihre Lehren zu ziehen um zu verhindern das sich aus Kommunikationsproblemen nicht wieder ein Krieg entwickelt.

Die Imperatoren der Terranischen Förderation sehen sich in der Tradiotion der Adoptivkaiser wie Antonius Pius und Mark Aurel und der Thron ist nicht erblich, dazu sind die Vollmachten des Imperators durch verschiedene Checks und Balances stark kontrolliert


Man könnte darüber diskutiern, ob die Erde für die Menschen des Mittelalters nach dem Untergang des Römischen Reichs ein "düsteres" Setting war.
düsterer als das Romanum Imperium?
Na ich weiss nicht

Prinzipiell kann man sagen, das sich das Leben der Menschheit seit Beginn der Geschichte massiv verbessert hat
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 2.08.2022 | 16:40
@ArneBab

Meine Aussage bitte nicht aus dem Kontext zitieren. Die These besagt ja, dass jemand negative Settings spielt um die Realität besser ertragen zu können, weil die nicht so schlecht empfunden wird wie das negative Setting.

Negative Settings werden hier teilweise als depressiv bzw. Wegbereiter für Charakterverhalten eingestuft das grenzwertig ist aka ich kann hier mal die wilde Sau rauslassen, weil mir kann ja sowieso keiner was (stark verkürzt).

Ich würde mir wirklich wünschen, dass Personen die solche Welten bespielen, weil sie mit ihrem Leben nicht klarkommen (oder ihr Leben besser ertragen weil die fiktive Welt ja noch viel viel Schlimmer ist) sich professionelle Hilfe holen. Und eben nicht den SL, der dieses Dilemma dann ja auch noch bedient und die Lebenskriese möglicherweise unwissentlich verstärkt.

Die These ist vergleichbar, um mal bei deinem Medienbeispiel zu bleiben, mit einer Person welche Videos über Folter, Waldbrände und den Krieg allein aus dem Grund konsumiert um sich klar zu machen, dass sein Leben ja gar nicht so schlimm ist. Dieses Verhalten würde auch kaum als nicht „nicht Hilfebedürftig“ eingestuft werden. Da hilft es auch nicht wenn man zu zweit vor dem Bildschirm sitzt und dir jemand (aka SL) sagt „Hey, schau dir noch den Scheiß an dann weißt du wie schlimm…“

@Aedin Madasohn

Nicht jede Meinung zu einer steilen These ist Trolling, sondern könnte, wenn man mal drüber nachdenkt, auch eine (vielleicht) unbequeme aber legitime Meinung sein.

Und immer bedenken, Kontext!! Ich habe nicht gesagt, wer sich mit Rollenspielen ablenkt braucht Hilfe! Weil das war nicht die These.

@Alexandro

Die „90% Erfahrung“ in negativen Settings habe ich nicht gemacht, da die Spielfiguren der Spieler in „negativen“ Settings meist nicht die Spitze des Eisberges sind und die Umwelt solcherlei Verhalten hart sanktioniert, weil oftmals alle Spielfiguren in diesen Settings irgendwo und irgendwie Arschgeigen sind.

In den positiven Settings kam es bei mir eher vor, dass Spieler oder auch Spielleiter sich die Rechtschaffenheit und Ordnung zu nutzen machen wollten in dem sie darauf hofften aus einem Regelbruch einen Vorteil zu ziehen. Bzw. der Machtgrad der Charaktere derart über allem anderen war, dass eine Gegenwehr der Opfer nicht ernstlich zu erwarten war, bzw. hinnehmbar war. Da fällt es wesentlich leichter egoschonend (weil man kann ja nicht den kürzeren ziehen) die Arschgeige raushängen zu lassen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: PayThan am 2.08.2022 | 17:04
Ich würde mir wirklich wünschen, dass Personen die solche Welten bespielen, weil sie mit ihrem Leben nicht klarkommen (oder ihr Leben besser ertragen weil die fiktive Welt ja noch viel viel Schlimmer ist) sich professionelle Hilfe holen. Und eben nicht den SL, der dieses Dilemma dann ja auch noch bedient und die Lebenskriese möglicherweise unwissentlich verstärkt.

Das ist jetzt schon ein sehr Extremes Beispiel und krass überspitzt.

Die These besagt ja, dass jemand negative Settings spielt um die Realität besser ertragen zu können

Das macht noch niemanden zu einem schlechten Menschen, oder zu jemandem der professionelle Hilfe benötigt.



Ich würde behaupten dass jeder Mensch irgend eine Methode hat mit den negativen Nachrichten und ereignissen die täglich auf uns alle einprasseln umzugehen und seine Batterien wieder aufzufüllen.

Das Hobby Rollenspiel (evtl. mit einem negativen Setting als „Verstärker“) ist da nur eine Methode von vielen um Spaß zu haben, abzuschalten und für kurze Zeit den Altag zu entfliehen.

Andere gehen dafür vielleicht in die Kneipe, ins Kino, plaudern mit Freunden, verbringen Zeit mit ihrer Familie oder gehen ins Fittnesstudio, da hat halt jeder seine eigene Methode die mehr oder weniger gut funktioniert.

Ich würde jetzt aber nicht auf die Idee kommen jemanden als Psychopathen zu bezeichnen, weil er negative Settings mag und sich nach einem spaßigen Spieleabend besser fühlt  ^-^



Das ist meiner meinung auch nichts, was man bewusst macht.

An mir selber habe ich über die Jahre hinweg beobachten können, dass wenn ich einen sehr stressigen Lebensabschnitt durchmache und ich mich nicht wohl fühle oder unzufrieden bin, ich mich tatsächlich mehr mit Rollenspiel beschäftige und öfter daran denke, wie in Lebensabschnitten wo ich mit allen zufrieden bin.

Deswegen habe ich aber nicht den Eindruck, dass ich professionelle Hilfe brauchen würde.....aber wer weiß ?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 2.08.2022 | 17:22
Meine Aussage bitte nicht aus dem Kontext zitieren. Die These besagt ja, dass jemand negative Settings spielt um die Realität besser ertragen zu können, weil die nicht so schlecht empfunden wird wie das negative Setting.

Negative Settings werden hier teilweise als depressiv bzw. Wegbereiter für Charakterverhalten eingestuft das grenzwertig ist aka ich kann hier mal die wilde Sau rauslassen, weil mir kann ja sowieso keiner was (stark verkürzt).

Ich würde mir wirklich wünschen, dass Personen die solche Welten bespielen, weil sie mit ihrem Leben nicht klarkommen (oder ihr Leben besser ertragen weil die fiktive Welt ja noch viel viel Schlimmer ist) sich professionelle Hilfe holen. Und eben nicht den SL, der dieses Dilemma dann ja auch noch bedient und die Lebenskriese möglicherweise unwissentlich verstärkt.

Die These ist vergleichbar, um mal bei deinem Medienbeispiel zu bleiben, mit einer Person welche Videos über Folter, Waldbrände und den Krieg allein aus dem Grund konsumiert um sich klar zu machen, dass sein Leben ja gar nicht so schlimm ist. Dieses Verhalten würde auch kaum als nicht „nicht Hilfebedürftig“ eingestuft werden. Da hilft es auch nicht wenn man zu zweit vor dem Bildschirm sitzt und dir jemand (aka SL) sagt „Hey, schau dir noch den Scheiß an dann weißt du wie schlimm…“

Ich glaube in den Medienwissenschaften geht seit Jahrzehnten niemand mehr von monokausalen Beweggründen aus. Deshalb sind deine Sorgen wohl unbegründet.

Falls du diese Ansicht nicht teilst: wie würdest mit Leuten umgehen, die Horror-Filme aus dem falschen Gründen schauen? Oder vielleicht auch einfach die Nachrichten? Was ist mit Leuten die Death Metal hören? Brauchen Leute, die Napalm Death hören, professionielle Hilfe?  :think:
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: PayThan am 2.08.2022 | 17:33
In den positiven Settings kam es bei mir eher vor, dass Spieler oder auch Spielleiter sich die Rechtschaffenheit und Ordnung zu nutzen machen wollten in dem sie darauf hofften aus einem Regelbruch einen Vorteil zu ziehen. Bzw. der Machtgrad der Charaktere derart über allem anderen war, dass eine Gegenwehr der Opfer nicht ernstlich zu erwarten war, bzw. hinnehmbar war. Da fällt es wesentlich leichter egoschonend (weil man kann ja nicht den kürzeren ziehen) die Arschgeige raushängen zu lassen.


Ist es für dich als SL negativ, wenn einer deiner Spieler die „Arschgeige“ raushängen lässt ?
Bzw. hast Du damit ein Problem ?


Ich finde das eigentlich nicht dramatisch.
Und in den meisten Spielleiter Ratgeber / Tipps wird ja immer davon gesprochen, dass man einen guten SL daran erkennt, dass er ein „Dienstleister“ ist, der auf die Wünsche seiner Spieler eingeht.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Wo ist also das Problem ?
Wenn einer ne Arschgeige spielen will, wieso nicht ?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Maarzan am 2.08.2022 | 17:39

Ist es für dich als SL negativ, wenn einer deiner Spieler die „Arschgeige“ raushängen lässt ?
Bzw. hast Du damit ein Problem ?


Ich finde das eigentlich nicht dramatisch.
Und in den meisten Spielleiter Ratgeber / Tipps wird ja immer davon gesprochen, dass man einen guten SL daran erkennt, dass er ein „Dienstleister“ ist, der auf die Wünsche seiner Spieler eingeht.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Wo ist also das Problem ?
Wenn einer ne Arschgeige spielen will, wieso nicht ?
Das Problem ist dann, wenn nicht alle Spieler auf demselben Trip sind.

Brauchen Leute, die Napalm Death hören, professionielle Hilfe?  :think:
Ohrenarzt?  ~;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ArneBab am 2.08.2022 | 17:59
Falls du diese Ansicht nicht teilst: wie würdest mit Leuten umgehen, die Horror-Filme aus dem falschen Gründen schauen? Oder vielleicht auch einfach die Nachrichten? Was ist mit Leuten die Death Metal hören? Brauchen Leute, die Napalm Death hören, professionielle Hilfe?  :think:
Wenn ich wegen irgendwas echt gefrustet bin, hole ich teilweise alte Dark-Folk/Metal-MP3s raus. Dadurch passen meine Emotionen und das Außen zusammen — und ich kann sie leichter loslassen. Danach geht es mir besser (und ich höre wieder anderes).

Sorgen würde ich mir daher nur machen, wenn Leute nur noch in Geschichten Freude finden würden, in denen es nichts Gutes gibt (egal ob im RPG oder woanders).

Zum Foltervergleich: Y-Kollektiv hat vor einiger Zeit ein Video (https://www.youtube.com/watch?v=axH_cSOjEp8) mit Interviews von Leuten veröffentlicht, die Foltervideos bingen. Das ist doch eine andere Qualität, als düstere Settings zu spielen.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: PayThan am 2.08.2022 | 18:45
Das Problem ist dann, wenn nicht alle Spieler auf demselben Trip sind.

Da ist es natürlich schwer als aussenstehender etwas zu sagen, wenn man die Gruppe nicht kennt und auf die Distanz eine Lösung zu finden.
In meiner eigenen Runde hat sich bisher noch niemand über den „Arschigen SC“ beschwert.
Ich hab auch nicht das Gefühl dass er anderen das Spottlight klaut oder das Spottlight ungerecht verteilt ist.

Das funktioniert natürlich nur, wenn der Charakter des Spielers „Arschig“ ist und nicht der Spieler hinter dem Charakter.

Dem Spieler in meiner Runde gelingt es scheinbar ganz gut die „Bad-Ass-Dosis“ richtig zu Portionieren ohne damit die anderen Spieler zu stören.

Villeicht ein Metaebenen und Spottlight Problem ?
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Isegrim am 2.08.2022 | 19:27
Hmmm, mal praktisch aus SL-Sicht:

Ich verbinde "negatives Setting" (ua) mit einer Söldner-Mentalität: Für Geld machen wir alles, ohne Geld machen wir nichts. Kann man machen, hab ja lange genug SR ua andere Settings so bespielt, bzw so geleitet. Aber es schränkt halt auch ein, wenn die Motivation der SCs so eindimensional ist.

Andersrum natürlich ebenso. Wenn ein Setting nur die edlen Weltrettern als SCs haben will, ist es letztendlich genau so eindimensional. Star Wars war so ein Ding: Immer, wenn ich das gespielt hab, waren die SCs Rebellen, und es ging gegen das Imperium, für Wahrheit, Freiheit und Liebe zu gerechten Preisen.

Ist vielleicht ein Grund, warum ich Kitchen sinks mag, die letztendlich alles erlauben. Klar muss man dann gucken, wie man eine Gruppe zusammen stellt, und wenn die zu divers ist, was die Movitvationslage angeht muss man sich vielleicht doppelt Gedanken machen. Aber es ermöglicht mE am ehsten, sich möglichst viele verschiedene Plots im gleichen Setting auszudenken.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: nobody@home am 2.08.2022 | 19:46
Wenn ich so einige Settings vor meinem inneren Auge Revue passieren lasse, dann komme ich zu dem Schluß, daß es mir weitgehend einfach egal ist, als wie heil ("positiv") oder kaputt ("negativ") ein bestimmtes Setting zum Spielstart definiert ist. Wichtig ist nur, daß sich da eben auch etwas für mich persönlich Interessantes spielen oder leiten läßt, ohne daß mir irgendeine Setting-Eigenart dabei Knüppel zwischen die Beine wirft, und das können prinzipiell beide Seiten -- es kann potentiell sogar dasselbe Thema sein, auf dieser abstrakten Ebene schließt sich das noch lange nicht aus.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: NPC-Beholder am 2.08.2022 | 19:57
Hallo,
@Isegrim


...genau das ist Auch etwas mein Empfinden.
Warum darf Ich als Trickser nicht Mal, was alleine durchziehen. Das kann Ich, zum Teil, auch als Dieb. -...was Ich Begrüßen würde- -Der Fertigkeiten weggens Halber-
Ich würde es auch Begrüßen. Das Ich als Teil der Gruppe, jemandem Hinterher Eifern Darf. Was Ich Eventuell noch zum teil, dazu bei Tragen darf.

Was Ich Sagen Wollte, dann Habe ich etwas Luft. ...außerdem könnte man Erkennen wie der SL Spielt. Wann und Wie schwer Er Was Macht. Damit ich auch, sagen könnte, ob Er Fair und Bodenständig Ist.

-Edit:- - Der Bedeutung und Erläuterung-
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 2.08.2022 | 20:13
Hmmm, mal praktisch aus SL-Sicht:

Ich verbinde "negatives Setting" (ua) mit einer Söldner-Mentalität:
No fight is more noble than a fight for a lost noble cause

Die SC können nicht gewinnen oder ihre Seite kann es absehbar nicht, aber man kann den Schatten aufhalten für einen Tag, für eine Woche, für ein Jahr und vielleicht kann in 1000 oder 3000 Jahren jemand gewinnen oder vielleicht werden sie nie erfahren ob jemand die Chance genutzt hat
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 4.08.2022 | 16:07
@PayThan

Zitat
Das ist jetzt schon ein sehr Extremes Beispiel und krass überspitzt.

Jetzt überraschst du mich ein wenig. Aber vielleicht reden wir auch aneinander vorbei. Das ist doch deine eigene These aus Post #272

Zitat
Vielleicht finden die Leute unsere reale Welt weit weniger schlimm, wenn sie in fiktionalen Welten spielen, die deutlich schlimmer dran sind als unsere Erde.

Möglicherweise schöpfen sie dadurch sogar Hoffnung, wenn sie in einer total kaputten Welt Helden Spielen können, die schlimmere Sachen erdulden müssen, wie die Spieler hinter den Charakteren und die solche hoffnungslosen Settings trotzdem Überleben und allen Widrigkeiten Trotzen.

So nach dem Motto: Wenn mein Held eine Apokalyptische Welt überstehen kann, schauen meine Probleme, Ängste und Nöte die ich in RL erleben muss gleich weit weniger dramatisch aus !

Willst du mir jetzt sagen, dass deine eigene These zu krass ist nur weil man weniger abstrahiert und x-beliebige Probleme grob umreißt?

@tartex

Zitat
Ich glaube in den Medienwissenschaften geht seit Jahrzehnten niemand mehr von monokausalen Beweggründen aus. Deshalb sind deine Sorgen wohl unbegründet.

Welche Probleme die Menschen haben und woher die rühren kann ich dir nicht sagen, laut der These von PayThan führen diese Probleme aber dazu, dass man fiktiv Settings spielen möchte die einem zeigen sollen, dass es noch viel schlimmer geht und das eigene Leben damit erträglicher wird aka "Nöte im RL sind weit weniger dramatisch". Von welchen monokausalen Beweggründen sprichst du? Falls du die Probleme (Mehrzahl) der Personen meinst, die kennen wir nicht, die These von PayThan nennt sie nicht. Die Folge, wäre laut der These, dass man sich in seiner Freizeit fiktiv mit noch schlechteren Umständen beschäftigt welche die Personen dann evt. aufbauen? Das halte ich nach wie vor für fraglich. Ich kann Leute wie den OP verstehen, welche sagen sie wollen solche Settings nicht spielen, sondern eher was "Flauschiges". Personen die ihr Leben dramatisch empfinden (um mal beim Wording der These zu bleiben) und nicht im RL daran arbeiten die Situation zu verbessern sondern sich fiktiv, dem empfinden nach, noch schlimmeren aussetzen um sich besser zu fühlen halte ich immer noch für hilfebedürftig.

@ArneBab

Zitat
Zum Foltervergleich: Y-Kollektiv hat vor einiger Zeit ein Video mit Interviews von Leuten veröffentlicht, die Foltervideos bingen. Das ist doch eine andere Qualität, als düstere Settings zu spielen.

Vielleicht für dich, aber nicht für die betroffene Person. Nicht um sonst gibt es in RPG Foren immer wieder Themen über Grenzen und die Gefahr das man Spieler triggert. Ein negatives, dunkles Setting bietet wahrscheinlich eine wesentlich höhere Chance Menschen zu triggern die realweltliche Probleme haben und versuchen diese über die Konstellation der o.g. These zu verarbeiten.

@PayThan

Zitat
Ist es für dich als SL negativ, wenn einer deiner Spieler die „Arschgeige“ raushängen lässt ?
Bzw. hast Du damit ein Problem ?

Wenn ich merke dass es dem Spieler persönlich nicht gut geht und er mit dieser Rolle oder dem Spielwunsch versucht Probleme zu verarbeiten, ja dann habe ich damit ein Problem. Sinngemäß stand in der ersten Ausgabe von „Kult“ schon „…nur Idioten spielen sich selbst…“. Bezogen auf das Setting und die Folgen für die Charaktere finde ich die Aussage gut und passt gut zu meinem Empfinden, dass ich es für fragwürdig halte, wenn Spieler ihre Realweltlichen Probleme in negativen Settings überspielen wollen (im wahrsten Sinne des Wortes).

Bei deiner Argumentation fehlt irgendwie immer der Zusammenhang zu meinen Aussagen. Entweder willst du dich nicht mehr auf deine eigene These beziehen oder du liest meine Beiträge nicht richtig. Ich sage ja nicht, dass Spieler keine Arschgeigen sein dürfen, warum auch. Auch das macht sicherlich mal Spaß. Du selbst hast aber den Spieler mit "Lebensproblemen" gezeichnet, dessen Probleme Einfluss auf das Spiel haben. Also Spieler contra Spieler mit Problemen. Bei dir lese ich immer ein wenig heraus, dass du meinst dass ich alle Spieler meine und das hatte ich oben schon mal korrigiert, als ich von Kontext sprach.

Und ganz klar damit hätte ich ein Problem. Auf seine Spieler aufzupassen gehört auch zu den Eigenschaften eines guten SL!!

Die Antwort hat zwar ein bisschen gedauert, aber ich hoffe ich habe jetzt alle wesentlichen Reaktionen auf meinen Beitrag berücksichtigt. Auch wenn ich oben zwischen den Akteuren etwas springe, aber immerhin sind die Absätze jetzt hoffentlich unmissverständlich adressiert.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: tartex am 4.08.2022 | 16:20
Von welchen monokausalen Beweggründen sprichst du? Falls du die Probleme (Mehrzahl) der Personen meinst, die kennen wir nicht, die These von PayThan nennt sie nicht. Die Folge, wäre laut der These, dass man sich in seiner Freizeit fiktiv mit noch schlechteren Umständen beschäftigt welche die Personen dann evt. aufbauen? Das halte ich nach wie vor für fraglich.

Ich sage es wäre viel zu einfach anzunehmen, dass irgendein Mensch irgendetwas aus nur einer einzigen Motivation heraus macht. Das ist immer zumindest ein Bündel, auch wenn einem das selbst nicht bewusst ist. Folglich schaut keiner irgendwas nur aus einem einzigen Grund. Und eigentlich spielen bei jedem alle Gründe zu einem gewissenm Maße hinein.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 4.08.2022 | 17:07
Ich sage es wäre viel zu einfach anzunehmen, dass irgendein Mensch irgendetwas aus nur einer einzigen Motivation heraus macht. Das ist immer zumindest ein Bündel, auch wenn einem das selbst nicht bewusst ist. Folglich schaut keiner irgendwas nur aus einem einzigen Grund. Und eigentlich spielen bei jedem alle Gründe zu einem gewissenm Maße hinein.

Dem habe ich ja nie widersprochen  :d
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ArneBab am 4.08.2022 | 18:47
Die Folge, wäre laut der These, dass man sich in seiner Freizeit fiktiv mit noch schlechteren Umständen beschäftigt welche die Personen dann evt. aufbauen? Das halte ich nach wie vor für fraglich. Ich kann Leute wie den OP verstehen, welche sagen sie wollen solche Settings nicht spielen, sondern eher was "Flauschiges". Personen die ihr Leben dramatisch empfinden (um mal beim Wording der These zu bleiben) und nicht im RL daran arbeiten die Situation zu verbessern sondern sich fiktiv, dem empfinden nach, noch schlimmeren aussetzen um sich besser zu fühlen halte ich immer noch für hilfebedürftig.
Es gibt manchmal Probleme, die sich nicht lösen lassen. Das müssen aber nicht gleich Probleme sein, für die jemand professionelle Hilfe braucht. Es ist diese Eskalation, die auf mich krass wirkt: Du hast Probleme, also brauchst du professionelle Hilfe. Hast du die Beschreibung von PayThen so krass empfunden? Ich nämlich nicht.

Ich habe eher das „trotzdem Überleben und allen Widrigkeiten Trotzen“ gesehen, das Leuten Mut zur Selbstwirksamkeit gibt — also die Teile des eigenen Lebens in die Hand zu nehmen, bei denen sich etwas ändern lässt, auch wenn es sich wegen anderer Teile gerade anfühlt, als könnten sie nichts verbessern.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 5.08.2022 | 15:58
Es gibt manchmal Probleme, die sich nicht lösen lassen. Das müssen aber nicht gleich Probleme sein, für die jemand professionelle Hilfe braucht. Es ist diese Eskalation, die auf mich krass wirkt: Du hast Probleme, also brauchst du professionelle Hilfe. Hast du die Beschreibung von PayThen so krass empfunden? Ich nämlich nicht.

Ich habe eher das „trotzdem Überleben und allen Widrigkeiten Trotzen“ gesehen, das Leuten Mut zur Selbstwirksamkeit gibt — also die Teile des eigenen Lebens in die Hand zu nehmen, bei denen sich etwas ändern lässt, auch wenn es sich wegen anderer Teile gerade anfühlt, als könnten sie nichts verbessern.
Ich empfinde professionelle Hilfe nicht als krass, das vielleicht vorweg. Sie kann ein Lösungsansatz sein, wenn man es alleine nicht mehr hinbekommt.

Es ist der Zusammenhang den PayThen herstellt. Er stellt die These auf, dass Personen mit "Problemen, Ängsten und Nöten" negative Settings spielen um sich besser zu fühlen, weil die Fiktion schlimmer wäre als ihre Probleme, Ängste und Nöte. Die These besagt nicht, dass diese Personen danach an ihren Problemen arbeiten. Wären wir noch beim Rollenspiel allgemein als Unterhaltungsform (wie auch die oben angesprochenen Musikrichtungen usw.) und jemand schöpft daraus Kraft für sein Leben, sehe ich das entspannt.

Der Faktor, dass dieses Thema sich um Settings dreht die so gestrickt sind, dass andere sie nicht spielen wollen (weil zu depressiv, zu düster, zu negativ, zu gewalttätig) in Verbindung mit "dadurch fühlen sich Personen weniger schlecht" weil ihre realweltlichen Probleme weniger schlimm erscheinen, hinterlässt einfach einen üblen Nachgeschmack bei mir.

Aber das ist, wie die These auch, nur meine Meinung, sie hat weder das Anrecht darauf alle Ausnahmen und Konstellationen abzubilden noch muss sie mehrheitsfähig sein.

Es war einfach das, was ich als erstes beim lesen der These gedacht habe.
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Doc-Byte am 5.08.2022 | 16:20
Der Faktor, dass dieses Thema sich um Settings dreht die so gestrickt sind, dass andere sie nicht spielen wollen (weil zu depressiv, zu düster, zu negativ, zu gewalttätig) [...]

Nun um das klar zu stellen, falls du mit "Thema" diesen Thread allgemein meinen solltest, habe ich so eine Aussage weder im Eröffnungspost noch später jemals getätig noch intendiert. Diese kamen erst im Verlauf der Diskussion auf und spiegeln nicht das wieder, was mich ursprünglich beschäftigt hat. Meinen Standpunkt habe ich in Antwort 275 (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,123190.msg135090312.html#msg135090312) noch einmal anhand zweier Beispiele dargelegt. Alle anderen Thesen haben andere User im Verlauf der Diskussion entwickelt, was völlig okay ist, die aber teilweise nicht mehr das meinen, was mich beim Eröffnen des Threads beschäftigt hat. :)
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: NPC-Beholder am 5.08.2022 | 16:23
Hallo,


...es Bringt nix, wenn man vor der Angst wegläuft. Klar sind Themen die will man Nicht und wären Nicht, wenn sie nicht wären. Aber selbst Therapie bringt mehr als ich von andere Beeinflusst werde.
Rollenspiel ist eine Leinwand was sein kann oder sein könnte. Habe ich mich die Angst gestellt, kann ich sie lösen. Beim Rollenspiel kann ich mehrere Versuche haben.

Im Leben hat man nur "Eine" Chance.

-Edit:- -SORRY, scherzes halber- -Oder Fragen Sie Ihren arzt Oder apotheker-   ...witzig   ~;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 5.08.2022 | 16:33
@Doc-Byte

Nein, das meine ich nicht!

Ergänze in Gedanken ein "auch" zwischen "sich" und "um".  8)

Sonst hätte ich dich wahrscheinlich irgendwo in den Antworten zitiert oder erwähnt.  >;D
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Pyromancer am 5.08.2022 | 18:51
Das erinnert mich an den Kommentar eines israelischen Politikers, der, auf den Nahostkonflikt und das Palästinenserproblem angesprochen, geantwortet hat: "Problem? Wir haben kein Problem. Für Probleme gibt es Lösungen. Wir haben einen Zustand, und mit diesem Zustand müssen wir uns arrangieren."
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: ArneBab am 5.08.2022 | 18:55
Ich empfinde professionelle Hilfe nicht als krass, das vielleicht vorweg. Sie kann ein Lösungsansatz sein, wenn man es alleine nicht mehr hinbekommt.
Das krasse fand ich dabei die Idee des alleine nicht mehr hinbekommen :)

Ich habe das aus dem Beispiel nicht so gelesen, aber vielleicht kenne ich auch einfach mehr Leute, die auch mal düsteres suchen und es ihnen auch und gerade damit gut geht?
Zitat
Es war einfach das, was ich als erstes beim lesen der These gedacht habe.
Finde ich gut, dass du das dann auch schreibst — selbst wenn es anecken könnte.  :d
Titel: Re: Der Hang zu "negativen" Settings
Beitrag von: Outsider am 6.08.2022 | 10:29
Finde ich gut, dass du das dann auch schreibst — selbst wenn es anecken könnte.  :d

Danke! :)

Was raus muss, muss raus :D