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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Radulf St. Germain am 17.03.2023 | 11:43

Titel: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 17.03.2023 | 11:43
Dieser Rant ist nur halb ernst gemeint aber im Kern stimmt es bei mir irgendwie schon:

Man fängt ein neues System an. Diesmal regelleicht. Man spielt die erste Session und alles ist geil und flüssig. Die Dynamik wird gelobt, alle sind begeistert. Nach einer Weile merkt man, dass die Kämpfe langweilig werden. Man kann nicht den Gang decken, weil es keine Attacks of Opportunity gibt. Man handwedelt. Beim längeren Spiel merkt man, dass einige Ecken des Systems irgendwie nicht so toll durchdacht sind. Der Kämpfer findet eine neue Waffe ist aber nicht begeistert, weil ja alle Waffen den gleichen Schaden machen.

Man fängt ein neues System an. Diesmal mit vielen Regeln. Taktische Tiefe, alle sind begeistert. Dann stürzt ein SC eine Klippe runter ins Meer. Wie waren nochmal die Sturzschadenregeln? Kann der mit Plate schwimmen? Zeit bis zum Ertrinken war doch Con/2+1w4 oder? Und wie ging nochmal Giftschaden?

Man fängt ein neues System an...
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Weltengeist am 17.03.2023 | 11:49
Deshalb hat uns der liebe Gott ja die Rule-Medium-Systeme gegeben... ;)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Raven Nash am 17.03.2023 | 12:03
Die Frage ist ja eigentlich: Wieviele Regeln braucht deine Gruppe? Und damit sind die ganzen Einteilungen für die Fische.

Ich weiß, dass bei uns regelleichtere Systeme dazu führen, dass Charaktere flach bleiben (das Char-Blatt als Maß der Dinge). Zu komplizierte Systeme überfordern einige Spieler. Also muss man den Sweet-Spot finden - und das war lange Zeit 5e. Inzwischen hat man sich aber auf das etwas komplexere A5e eingestellt (man muss ja nicht zwingend alle Optionen benutzen, als Spieler).
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Tintenteufel am 17.03.2023 | 12:08
Gutes Thema!

Deshalb hat uns der liebe Gott ja die Rule-Medium-Systeme gegeben... ;)

Welche waren das noch gleich?
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 17.03.2023 | 12:10
Deshalb hat uns der liebe Gott ja die Rule-Medium-Systeme gegeben... ;)

Ja, ja, das stimmt schon. Aber die findet man nicht immer gleich und nicht für jeden ist hier das gleiche Level erreichbar.

Ich bin jetzt auch nicht todunglücklich sondern aktuell ganz gut aufgestellt. Da ich aber gerne Systeme ausprobiere stoße ich manchmal auf dieses Phänomen und wollte hören - bin ich alleine?  ;D
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Weltengeist am 17.03.2023 | 12:13
Welche waren das noch gleich?

Willst du mir ernsthaft sagen, für dich gäbe es nur zu viele Regeln oder zu wenige Regeln und nichts dazwischen?

Die Regelmenge ist doch ein Kontinuum, da gibt es für jede Vorliebe etwas. Ich könnte jetzt Beispiele nennen, die für mich selbst den Sweet Spot zwischen "zu viel" und "zu wenig" darstellen, aber das muss für dich nicht passen. Fakt ist aber, dass bei der unfassbaren Masse von Regelwerken eigentlich für jeden etwas dabei ist.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Tintenteufel am 17.03.2023 | 12:17
Willst du mir ernsthaft sagen, für dich gäbe es nur zu viele Regeln oder zu wenige Regeln und nichts dazwischen?

Nein.

Ich könnte jetzt Beispiele nennen, die für mich selbst den Sweet Spot zwischen "zu viel" und "zu wenig" darstellen, aber das muss für dich nicht passen.

Genau daran wäre ich aus gegebnem Anlass interessiert.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 17.03.2023 | 12:18
Fakt ist aber, dass bei der unfassbaren Masse von Regelwerken eigentlich für jeden etwas dabei ist.

Weltengeist, da kenne ich Dich aber auch anders hier aus dem Forum. Als Suchender, der von jeder neuen Regelliebe irgendwann enttäuscht wird.  :D

Ich glaube wir sollten hier auch nicht diskutieren, welches System nun "genau richtig" ist, sondern gemeinsam über die Schwächen der Ränder des Kontinuums sinnieren.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Weltengeist am 17.03.2023 | 12:21
Weltengeist, da kenne ich Dich aber auch anders hier aus dem Forum. Als Suchender, der von jeder neuen Regelliebe irgendwann enttäuscht wird.  :D

Das liegt aber nicht daran, dass ich kein System gefunden hätte, das für mich die Regelmenge richtig hinbekäme (habe ich, etliche sogar), sondern daran, dass ich eine ziemlich lange Liste sonstiger Anforderungen hatte, die eben kein System alle erfüllt hat.

Aber wie du sagst:  :btt:
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 17.03.2023 | 12:30
Ich bin übrigens immer fasziniert, dass es scheinbar Leute gibt, die Giftregeln mögen, die über Save und Schaden hinausgehen. (Was OK ist aber eben nicht mein Ding.) Ich lese manchmal solche Regeln und merke dann, dass ich 0% des Textes erfasst habe, weil es mich schon beim Lesen total langweilt.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: 1of3 am 17.03.2023 | 12:46
Scheint mir grundsätzlich daran zu liegen, Systeme als Hilfsmittel zum Spiel zu betrachten, denn als Spiel. Ich wundere mich ja auch nicht, dass Bauern beim Schach keine Gelegenheitsattacken schlagen.

Das mit dem Schwert hatte ich tatsächlich letztens in einer Runde. Bei dem Mitspieler, dem ich schon seit Wochen erzähle, dass ich nunmal eine Runde Hombrew World angeboten habe und nicht was auch immer er nun meint. Ich hindere ja niemanden selbst ne Runde aufzumachen, aber entweder stellst du SL nicht auf ein unerreichbares Podest oder hältst die Klappe. Ein anderer Spieler hat sich Dienstag aus meiner Masks-Runde verabschieded, weil ihm das Spiel zu leicht war. Hätte er das nicht 5 Minuten vor Spielbeginn mit Tschüss-und-weg getan, hätte ich ihn sogar als leuchtendes Spiel präsentieren mögen.

Geht jetzt Casuals von Instalok hören.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 17.03.2023 | 12:48
Aber um dem Tintelteufel ein paar Sachen auf den Weg zu geben ohne das mit anderen diskutieren zu wollen. Folgende Systeme sind für mich eigentlich ganz gut, was den Crunchlevel angeht:

Age of Sigmar (doch ehrlich)
Savage Worlds
Genesys
Warhammer 2nd (auch wenn ich %-Systeme nicht so mag).

Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 17.03.2023 | 15:45
Letztlich geht es darum wie gut strukturiert Spiele beschrieben werden. Rules light Systeme haben es bezüglich der Strukturierung automatisch leichter - dafür kann es schnell egal werden was genau die Charaktere tun wenn die Mechanik keinen Unterschied macht und man muss sich viel Gedanken darüber machen wie die Relevanz der Spielerentscheidungen sich ins Spiel übertragen kann. Rules Heavy Systeme haben den Vorteil einer höheren erzählerischen Nähe, das was in der Spielwelt beschrieben wird hat sehr viel Relevanz für die verwendete Mechanik und damit auch Dinge wie Erfolgschancen und Auswirkungen.

Aber dies hat eben höhere Anforderungen an die Aufbereitung der unterschiedlichen Mechaniken um möglichst dennoch auf Nachschlagen und dergleichen verzichten zu können.

Und da gibt es durchaus ein paar sinnvolle "Tricks" die man auch an den Beispiele oben sieht. Beispielsweise macht es einen riesen Unterschied ob ich eine allgemeingültige Ertrinken Regelung  erschaffe die versucht alle Fälle gefährlicher Gewässer, Ausrüstung und dergleichen abzudecken oder ob ich Situationsgebundene Regeln nutze. (Beispielsweise indem ich bei dem konkreten See über den die Spieler müssen dazuschreibe wie es sich mechanisch auswirkt genau dort zu schwimmen).

Letzteres hat wesentlich geringeren Bedarf etwas nachzuschlagen. Rules Heavy muss also nicht unübersichtlich sein, man kann durchaus sehr genau am Geschehen dran sein mit der Spielmechanik und trotzdem die Spielbarkeit im Auge behalten.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Tintenteufel am 17.03.2023 | 15:56
Aber um dem Tintelteufel ein paar Sachen auf den Weg zu geben ohne das mit anderen diskutieren zu wollen. Folgende Systeme sind für mich eigentlich ganz gut, was den Crunchlevel angeht:

Age of Sigmar (doch ehrlich)
Savage Worlds
Genesys
Warhammer 2nd (auch wenn ich %-Systeme nicht so mag).

Danke.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Doomprayer am 17.03.2023 | 16:33
... Ich weiß, dass bei uns regelleichtere Systeme dazu führen, dass Charaktere flach bleiben (das Char-Blatt als Maß der Dinge). ...

Aus irgendeinem Grunde geht's mir ganz genauso. Wenn ich ein RPG spiele und es gibt nur eine Handvoll Regeln und/oder ich muss bei Kämpfen nur einmal würfeln, dann hab ich Schwierigkeiten damit, meine Charaktere voll auszugestalten. Es ist nicht so, dass mir das Spielen dann kein Spaß machte und die Chars bekommen auch Hintergrundgeschichten und Ecken und Kanten; dennoch werden die nie so plastisch wie bei "Vollregelsystemen".

Aber es ist ja nicht damit getan, ein System zu finden, das von der Regellastigkeit passt, die Regeln an sich müssen ja dennoch gefallen. Was nützt mir der schönste Crunch, wenn der Rest doof ist oder ich vielleicht gar das Setting nicht mag?
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: chad vader am 17.03.2023 | 16:47
Chips und Schokolade...

Lagrange hat auch in unserem Markt Recht.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: 1of3 am 17.03.2023 | 17:28
Rules light Systeme haben es bezüglich der Strukturierung automatisch leichter - dafür kann es schnell egal werden was genau die Charaktere tun wenn die Mechanik keinen Unterschied macht und man muss sich viel Gedanken darüber machen wie die Relevanz der Spielerentscheidungen sich ins Spiel übertragen kann. Rules Heavy Systeme haben den Vorteil einer höheren erzählerischen Nähe, das was in der Spielwelt beschrieben wird hat sehr viel Relevanz für die verwendete Mechanik und damit auch Dinge wie Erfolgschancen und Auswirkungen.

Also ist für dich ein Rules Heavy exakt, wo es viele situative Modifikatoren gibt? Dann bin ich ganz klar bei Light bitte. Entweder wir würfeln oder wir würfeln nicht. Der Würfelwurf ist genau dafür da, die Situation zu fassen. Wenn der gut war, war die Situation offenbar günstig. Modifikatoren sind für Leute, die irgendwie nicht würfeln wollen.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Weltengeist am 17.03.2023 | 17:35
Genau daran wäre ich aus gegebnem Anlass interessiert.

Ah - dann habe ich deine Frage fälschlich als ironisch aufgefasst, sorry dafür.

Ich definiere "Rules-Medium" für mich so, dass es zwar Crunch hat, dass die Kern-Regelmechanik plus Situationsregeln aber nicht mehr als etwa 30 Seiten füllen. Außerdem darf das System nicht so beschaffen sein, dass man alle Sonderfertigkeiten und Zauber verstanden haben muss, um es sinnvoll spielen zu können. Und zu guter Letzt darf ein normaler Kampf nicht länger als 30 min dauern, ein wirklich großer Kampf nicht länger als 60 min.

Nach den Kriterien würde ich von den Systemen, die ich in den letzten 10 Jahren tatsächlich gespielt habe, nennen: Savage Worlds, Ubiquity (HEX, Space:1889,...), AGE System (Fantasy Age, Modern Age,...), Warhammer 2nd, M:YZ, Omni System (Talislanta, Atlantis,...), mit Abstrichen auch D&D5.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: aikar am 17.03.2023 | 17:37
Aber um dem Tintelteufel ein paar Sachen auf den Weg zu geben ohne das mit anderen diskutieren zu wollen. Folgende Systeme sind für mich eigentlich ganz gut, was den Crunchlevel angeht:

Age of Sigmar (doch ehrlich)
Savage Worlds
Genesys
Warhammer 2nd (auch wenn ich %-Systeme nicht so mag).
D&D5 und Year Zero Engine würde ich auch als Rules-Medium sehen.

Letztendlich ist es für mich aber nicht nur die Frage, was meinen eigenen Sweet Spot trifft, sondern auch, was ich eigentlich spielen will. Bei einer Kampagne die sich vor allem um Beziehungen und Ermittlung dreht, brauche ich wirklich keine crunchigen Regeln um lange Spaß zu haben und interessante Charaktere zu erleben.
Spielen Kämpfe eine wichtige Rolle, sorgt ein bisschen crunch aber sicherlich dafür, dass sie nicht zu repetitiv werden.

Und praktisch alle Spieler:innen die ich erlebt habe, mich eingeschlossen, freuen sich über Charakterfortschritt. Das muss aber nicht zwingend mechanisch sein. Wenn ich einen wichtigen Kontakt am Königshof "freigeschaltet" habe, ist auch das ein Fortschritt meines Charakters. Aber natürlich hat "+1 auf X" einen gewissen Reiz.  ;)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Jiba am 17.03.2023 | 18:20
Fate Core ist ebenfalls Rules Medium, if you ask me.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Alexandro am 17.03.2023 | 18:21
Das Zauberwort sind einfache, aber auf eine Vielzahl von Situationen zuschneidbare, Regeln - auf diese Weise bleibt das Regelsystem schlank, aber es gibt trotzdem Abwechslung im Spiel.

Bei meiner OSR-Runde habe ich anfangs Tabellen für alles mögliche verwendet, bis ich gemerkt habe, dass es unübersichtlich wird: bis ich die richtige Tabelle rausgesucht, darauf gewürfelt und das Ergebnis beschrieben habe, waren die Spieler oft schon gelangweilt. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich einen Großteil der Tabellen einfach durch die Reaktionstabelle ersetzen konnte: statt einer Wettertabelle (die ich dann noch nach Regionen untergliedern muss, damit das Ergebnis plausibel bleibt), konnte ich ebensogut auf "Reaktion" des Wetters würfeln und das Ergebnis entsprechend interpretieren ("Feindseliges" Wetter bedeutet im Gebirge Schneestürme, im gemäßigten Hügelland Starkregen und Sturm, und in der Wüste einen extrem starken Temperaturanstieg - dreimal dasselbe Ergebnis auf der Tabelle, aber die Charaktere müssen auf unterschiedliche Weise damit umgehen).
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Tintenteufel am 17.03.2023 | 18:26
Ah - dann habe ich deine Frage fälschlich als ironisch aufgefasst, sorry dafür.

Ich definiere "Rules-Medium" für mich so, dass es zwar Crunch hat, dass die Kern-Regelmechanik plus Situationsregeln aber nicht mehr als etwa 30 Seiten füllen. Außerdem darf das System nicht so beschaffen sein, dass man alle Sonderfertigkeiten und Zauber verstanden haben muss, um es sinnvoll spielen zu können. Und zu guter Letzt darf ein normaler Kampf nicht länger als 30 min dauern, ein wirklich großer Kampf nicht länger als 60 min.

Nach den Kriterien würde ich von den Systemen, die ich in den letzten 10 Jahren tatsächlich gespielt habe, nennen: Savage Worlds, Ubiquity (HEX, Space:1889,...), AGE System (Fantasy Age, Modern Age,...), Warhammer 2nd, M:YZ, Omni System (Talislanta, Atlantis,...), mit Abstrichen auch D&D5.

Danke!
Meine kurz angebundene Antwort konnte auch so verstanden werden. Sorry! War aber eben echt nicht ironisch gemeint. Hatte/Hab heute nur zu wenig Zeit zum ausführlichen Schreiben.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 17.03.2023 | 18:33
Also, flache Charaktere kann ich auch in einem crunchigen System haben. Das ausgetüfteltste Fertigkeits-und-Co.-System kann das letztendlich nicht verhindern, wenn die Designer des Spiels dann beim Ausgestalten und Ins-Spiel-Bringen der Charakterpersönlichkeit einfach nur ein "ja, macht halt mal" anzubieten bereit sind -- dann kriege ich halt gegebenenfalls nach wie vor ein konturloses Abziehbild, nur eben mit einer entsprechend längeren "Kann das, das, und aus irgendeinem Grund auch das noch obendrauf"-Liste.

Insofern würde ich gar nicht erst bloß global nach "Regelgewicht über alles" urteilen wollen, sondern mir auch anschauen, wie ein gegebenes System eigentlich die Gebiete abdeckt, auf die es mir ankommt...und gegebenenfalls gerne auch, wie bereit es ist, für meinen Spielstil genaugenommen überflüssige Dinge einzusparen, statt sie einfach nur als "Rollenspieltradition!" mitzuschleppen.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 17.03.2023 | 20:55
Also ist für dich ein Rules Heavy exakt, wo es viele situative Modifikatoren gibt? Dann bin ich ganz klar bei Light bitte. Entweder wir würfeln oder wir würfeln nicht. Der Würfelwurf ist genau dafür da, die Situation zu fassen. Wenn der gut war, war die Situation offenbar günstig. Modifikatoren sind für Leute, die irgendwie nicht würfeln wollen.

Das Problem hierbei ist die Relevanz der Charakterentscheidungen. Wenn es egal ist ob ich Aktion A mache oder Aktion B und beide werden mechanisch identisch abgehandelt so kann ich zwar das Würfelergebnis zur Situationsbeschreibung nutzen, doch nicht um die Charaktere zu unterscheiden. Zu überlegen welcher Charakter welchen Weg einschlagen würde, welche Herangehensweise und Zielsetzung bevorzugt ist aber genau das was das Spielen einer Rolle und letztlich eben auch Rollenspiel an sich ausmacht.

Modifikatoren der Erfolgswahrscheinlichkeit sind dabei nur einer von vielen verschiedenen Wegen um Aktionen zu unterscheiden. Auch verschiedene Auswirkungen (Effekte) oder Mechaniken sind Möglichkeiten.

Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: melkvie am 17.03.2023 | 21:20
Aber diesen Unterschied kann ich doch auch über die Reaktion der Welt darstellen. Wenn sich ein SC den Zugang zu einem Lagerhaus durch das überreden der Wache oder ein anderer durch das Überwältigen der Wache verschafft, kann es verschiedene Reaktion der Welt auf den entsprechenden SC hervorrufen und zu unterschiedlichen Spielgefühl der Charaktere führen.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 18.03.2023 | 12:34
Ein interessanter Aspket, den ich hier rauslese ist, dass die SC flach bleiben. Vielleicht ist mein initialer "Frust" bzgl. rules-light gar nicht den Regeln sondern den Charakterdetails geschuldet. Ich spiele es mal durch:

Systeme ohne viele Charakteroptionen werden schneller eintönig, weil man gefühlt nach einer Weile immer das Selbe macht. Hmm...
Das könnte ein Aspekt sein, ich glaube der andere ist, dass es Situationen gibt, die einfach eintönig werden, weil man wenig Optionen hat.

.... so ganz ist es das noch nicht, aber interessanter Aspekt.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 18.03.2023 | 15:16
Aber diesen Unterschied kann ich doch auch über die Reaktion der Welt darstellen. Wenn sich ein SC den Zugang zu einem Lagerhaus durch das überreden der Wache oder ein anderer durch das Überwältigen der Wache verschafft, kann es verschiedene Reaktion der Welt auf den entsprechenden SC hervorrufen und zu unterschiedlichen Spielgefühl der Charaktere führen.

Natürlich. Aber: Am Ende wirst du dadurch letztlich selbst wieder etwas "regelschwerer", denn es macht ja keinen Unterschied ob du per Handwedeln eine Regelung triffst welche die konkrete Situation mit einer speziellen Regelung / Auswirkung abdeckt oder indem du ins Buch schaust. Jedenfalls nicht für die Frage ob die Situation mit einer eher allgemeinen, generischen Regelung umgesetzt wird oder nicht. Oder anders gesagt: Für die Frage wie "regelleicht" ein System ist, macht die Herkunft der Regeln keinen Unterschied.

Bei dieser Betrachtungsebene geht es also weniger um "wo kommt die Regel her, ist die spontan ausgedacht / vorab mit der Gruppe abgestimmt / aus einem Buch?" als "wird diese Situation/Herangehensweise/Aktion mit einer darauf zugeschnittenen Regel umgesetzt oder eher allgemein?"

In deinem Beispiel also wäre das Szenario z.B. so etwas "Ihr müsst in das Lagerhaus der Bösewichter rein".

Plan A: Ich schleiche mich hinein.
Plan B: Ich verprügle die Wache
Plan C: Ich schalte die Wache heimlich aus
Plan D: Ich teleportiere auf magischem Wege hinein.

Nun wird kein System all diese Pläne "gleich" abhandeln, es gibt ja durchaus Abstufungen. Dennoch neigen regelleichte Systeme dazu sie "gleicher" abzuhandeln. Während ich in einem regelschwerem System z.B. für die Pläne verschiedene Ressourcen einsetzen muss oder verschiedene Voraussetzungen schaffen muss können manche dieser Aspekte in einem Regelleichten System wegfallen. Ja durchaus absichtlich, ist ja nicht so als ob man dadurch nichts gewinnt oder als ob diese Spiele dadurch schlecht werden.

Aber umgedreht hören regelschwere Systeme bei der obenstehenden Unterscheidung oft noch nicht auf. Sagen nicht nur es gibt einen Unterschied zwischen Plan B und Plan C, sondern auch noch jede Menge weitere Abstufungen. Wenn Charakter X den ersten Plan durchführen will kann dies mechanisch auf anderem Weg geschehen als wenn dies Charakter Y tut. Kann unterschiedliche Erfolgswahrscheinlichkeiten und unterschiedliche Auswirkungen haben.

Die Anforderungen an die Aufbereitung des Regelwerks steigen dadurch, doch umgedreht: auch hier gewinnt man etwas. Und zwar, dass aus der Handlung heraus der Charakter erkennbar ist, das ich anhand der gewählten Herangehensweise etwas über den Charakter sagen kann.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: RackNar am 18.03.2023 | 18:39
...
Plan A: Ich schleiche mich hinein.
Plan B: Ich verprügle die Wache
Plan C: Ich schalte die Wache heimlich aus
Plan D: Ich teleportiere auf magischem Wege hinein.
...

Ich sehe keinen Mehrwert, für die die Pläne A-D andere Regeln zu besitzen. Der Unterschied entsteht doch daraus, was ein Charakter beherrscht, nicht welche Regeln dafür nötig sind ...

Oder meintest du das anders?
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Kaskantor am 18.03.2023 | 18:48
MMn ist man bei Ruleslight-Spielen eher an der Geschichte selbst interessiert und Rulesheavy eignet sich vor allem dann, wenn der Char im Vordergrund steht und mächtiger werden soll.
Z.B durch Stufen, weiteren Fähigkeiten, neuen Zaubern usw.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 19.03.2023 | 01:21
Ich sehe keinen Mehrwert, für die die Pläne A-D andere Regeln zu besitzen. Der Unterschied entsteht doch daraus, was ein Charakter beherrscht, nicht welche Regeln dafür nötig sind ...

Oder meintest du das anders?

Gemeint ist damit, das die Entscheidung welche Herangehensweise ein Charakter wählt relevant sein sollte. Und um diese Relevanz zu gewährleisten gibt es halt verschiedene Mittel.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: aikar am 19.03.2023 | 06:48
MMn ist man bei Ruleslight-Spielen eher an der Geschichte selbst interessiert und Rulesheavy eignet sich vor allem dann, wenn der Char im Vordergrund steht und mächtiger werden soll.
Z.B durch Stufen, weiteren Fähigkeiten, neuen Zaubern usw.
Jein. Ja zu Ruleslight wenn die Geschichte im Vordergrund steht.
Aber Rulesheavy braucht man dann, wenn einen ein mechanisch interessantes Spiel interessiert und man gerne abwechslungsreiche und sehr unterschiedliche taktische Optionen hat (Gamistischer Spielstil) oder wenn man es gerne hat, jedes Detail des Charakters als Regel am Charakterbogen abgebildet zu haben (Barbie-Gaming).
Charakterwachstum kriegt man auch mit Rulesmedium und sogar mit Ruleslight-Spielen hin, wenn sie darauf ausgelegt sind. Auch Beyond the Wall kennt z.B. Charakterstufen, neue Fähigkeiten und Zauber.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Raven Nash am 19.03.2023 | 07:39
MMn ist man bei Ruleslight-Spielen eher an der Geschichte selbst interessiert und Rulesheavy eignet sich vor allem dann, wenn der Char im Vordergrund steht und mächtiger werden soll.
Z.B durch Stufen, weiteren Fähigkeiten, neuen Zaubern usw.
Die Story hat IMHO absolut nichts mit dem System per se zu tun. Die Abhandlung von Charakterhandlungen ist dafür völlig unerheblich - das Ergebnis zählt. Ob ich das nun handwedle, oder komplex abhandle, ändert daran ja nichts.

Der Machtzuwachs steht auf einem anderen Blatt - und Mythras ist z.B. sicher nicht ruleslight, aber Machtzuwachs faktisch nicht vorhanden.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: flaschengeist am 19.03.2023 | 08:06
Ich störe mich ebenfalls sowohl an Leicht- als auch an Schwergewichten. Leichtgewichte werden mir aufgrund mangelnder regelseitiger Charakteroptionen und -unterscheidungsmöglichkeiten schnell langweilig. Schwergewichte wiederum lassen sich selbst mit Vollprofis kaum flüssig regelkonform spielen. Da Regelschwere jedoch ein Kontinuum ist, entsteht daraus für mich kein Problem - wie Aikar sagt, gibt es genug Auswahl in der "Mitte".
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Weltengeist am 19.03.2023 | 08:09
Aber Rulesheavy braucht man dann, wenn einen ein mechanisch interessantes Spiel interessiert und man gerne abwechslungsreiche und sehr unterschiedliche taktische Optionen hat (Gamistischer Spielstil) oder wenn man es gerne hat, jedes Detail des Charakters als Regel am Charakterbogen abgebildet zu haben (Barbie-Gaming).

Gut auf den Punkt gebracht (auch wenn ich dafür nicht den Begriff Barbiespiel verwenden würde).

Und ich würde noch ergänzen um: Wenn man diese Kontrollillusion mag, dass Spielleiterwillkür durch klare Regeln eingeschränkt wird. Funktioniert zwar in der Praxis nur begrenzt, höre ich aber immer wieder als Motiv raus.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: aikar am 19.03.2023 | 08:15
Und ich würde noch ergänzen um: Wenn man diese Kontrollillusion mag, dass Spielleiterwillkür durch klare Regeln eingeschränkt wird. Funktioniert zwar in der Praxis nur begrenzt, höre ich aber immer wieder als Motiv raus.
Stimmt, das Argument hört man auch immer wieder.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: flaschengeist am 19.03.2023 | 08:20
Gut auf den Punkt gebracht (auch wenn ich dafür nicht den Begriff Barbiespiel verwenden würde).

Und ich würde noch ergänzen um: Wenn man diese Kontrollillusion mag, dass Spielleiterwillkür durch klare Regeln eingeschränkt wird. Funktioniert zwar in der Praxis nur begrenzt, höre ich aber immer wieder als Motiv raus.

Meinst du mit Kontrollillusion sowie wie, dass Regeln z.B. Kreaturen und Kampfprozeduren relativ detailliert behandeln aber der Spielleiter immer noch entscheidet, welche Anzahl feindseliger Kreaturen auftauchen?
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 19.03.2023 | 08:44
Meinst du mit Kontrollillusion sowie wie, dass Regeln z.B. Kreaturen und Kampfprozeduren relativ detailliert behandeln aber der Spielleiter immer noch entscheidet, welche Anzahl feindseliger Kreaturen auftauchen?

Ich denke, da geht's in erster Linie um das, was der olle Robin Laws seinerzeit als "crunchy bits" bezeichnet hat, also Regeln und Elemente, die man als Spieler gewissermaßen "sicher hat" und auf die man sich also "verlassen" kann. Also gewissermaßen "Ich habe Feat XY und weiß, das Regel Z gilt, also bin ich gegen Problem P recht gut versichert, egal, was die Spielleitung macht". Für Spieler, denen beim Gedanken an "Handwedeln" und "SL-Willkür" ausdrücklich flau im Magen wird, ist das natürlich ein beruhigendes Gefühl -- und daß das streng genommen immer noch illusionär ist, weil die SL wie von dir angesprochen die Welt abseits des konkreten Regeldetails ja immer noch nach Belieben hin und her schieben kann, tut dem anscheinend in den meisten Fällen keinen Abbruch.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: RackNar am 19.03.2023 | 08:57
Gemeint ist damit, das die Entscheidung welche Herangehensweise ein Charakter wählt relevant sein sollte. Und um diese Relevanz zu gewährleisten gibt es halt verschiedene Mittel.

So weit geh’ ich mit. Das hat meiner Erfahrung nicht zwingend, was mit Regelschwere (wobei ich Regelbreite irgendwie als Begriff besser finde) zu tun. Es ist eher eine Frage der Signatur des Charakters. Ich sehe jedoch ein, dass die Regeln eine Hilfe dafür sein können.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 19.03.2023 | 09:20
So weit geh’ ich mit. Das hat meiner Erfahrung nicht zwingend, was mit Regelschwere (wobei ich Regelbreite irgendwie als Begriff besser finde) zu tun. Es ist eher eine Frage der Signatur des Charakters. Ich sehe jedoch ein, dass die Regeln eine Hilfe dafür sein können.

Mehr ist am Ende auch gar nicht damit gemeint. Und man muss auch immer bedenken, dass es am Ende eher um Qualität geht.

Ein regelleichteres System ist in der Tendenz leichter zu strukturieren, aber wenn die Designer ihren Job schlecht machen kann es dennoch unübersichtlich werden.

Und genau das gleiche gilt für regelschwere Systeme bei denen man zwar einfacher eine Unterscheidbarkeit der Handlungsoptionen auch auf mechanischem Wege umsetzen kann. Aber trotzdem die Qualität der Regeln stimmen muss.

Wenn man konstruktiv heran gehen will (und ja, es ist ein Rantthread, eigentlich ist dies hier unangebracht) kann man auch betrachten wie die Stärken und Schwächen beider Ansätze mit konkreten Designideen verbessert werden können.

Nach dem Motto:

 Denn regelschwer muss halt z.B. nicht unübersichtlich heißen und regelleicht nicht belanglos. Man kann sowas im Blick behalten.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Weltengeist am 19.03.2023 | 10:10
Meinst du mit Kontrollillusion sowie wie, dass Regeln z.B. Kreaturen und Kampfprozeduren relativ detailliert behandeln aber der Spielleiter immer noch entscheidet, welche Anzahl feindseliger Kreaturen auftauchen?

Beispielsweise, ja.

Ich nehme mal Pathfinder als Beispiel, weil es für mich der Inbegriff von Rules-Heavy ist. Da passiert dann sowas: Ich weiß sehr genau, was meine Stufe-4-Figur im Kampf kann, und ich bin stolz drauf. Aber dann steht in einem offiziellen Pathfinder-Abenteuer (kein Scherz), dass der Türsteher (!!!) Stufe 5 hat. Dann kann ich mein ganzes "Ich bin doch jetzt einer von den krassen Typen" gleich wieder in die Tonne treten. Natürlich ist das völlig regelkonform, aber das, was ich eigentlich von den ganzen Regeln wollte - nämlich irgendwann zu wissen, dass ich gut bin - kann ich dank mitwachsender Spielweltherausforderungen gleich wieder vergessen.

Genauso wachsen ja auch ständig alle anderen Herausforderungen mit. Typischerweise wird das Szenario so angepasst, dass die effektive Schwierigkeit wieder die gleiche ist. Früher war da halt eine Mauer, jetzt ist es eine regennasse, überhängende, gegen Magie gesicherte Mauer ohne Griffmöglichkeiten im Dunkeln und unter gegnerischem Beschuss. Das, was sich der Regel-Fan erhofft hat - die Mauer, die er jetzt einfach locker hochklettern kann, weil er so gut ist - kommt einfach nicht mehr vor, weil langweilig.

Am Ende läuft es dann meist darauf hinaus, dass die tatsächlichen Schwierigkeiten (im Kampf, bei Proben etc.) immer ähnlich sind. Idealerweise sollte das wenigstens daran liegen, dass die Herausforderungen auch echt größer geworden sind, aber das geben die Abenteuer/Kampagnen oft gar nicht her. Also schickt die gleiche Diebesgilde, die uns am Anfang Stufe-1-Gegner geschickt hatte, irgendwann eben Stufe-12-Gegner. Nicht weil es logisch wäre, dass sie die überhaupt hat, sondern einfach nur, damit die SC was zu tun haben.

Und da rede ich bisher nur von Spielleitern, die erreichen wollen, dass die Sache irgendwie spannend bleibt, und habe noch gar nicht von solchen angefangen, die - aus welchen Gründen auch immer - tatsächlich gegen die Gruppe oder einzelne Spieler spielen (die mit der echten Spielleiterwillkür). Kennt sicher auch der eine oder andere - da kriegt man 15 Gegner geschickt, weil jetzt eine gescriptete Gefangennahme auf dem Programm steht. Man gewinnt aus Versehen und dank fettem Würfelglück sogar - tja, dann kommen eben nochmal 15. Gegen so etwas hilft natürlich auch das dickste Regelwerk nicht.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.03.2023 | 14:54
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Genauso wachsen ja auch ständig alle anderen Herausforderungen mit.
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 Also schickt die gleiche Diebesgilde, die uns am Anfang Stufe-1-Gegner geschickt hatte, irgendwann eben Stufe-12-Gegner. Nicht weil es logisch wäre, dass sie die überhaupt hat, sondern einfach nur, damit die SC was zu tun haben.

Ich kann die Kritik nachvollziehen und das ist sicherlich in einigen Abenteuern / Runden so. Aber die IDEE ist m.E. eine andere, nämlich, dass die Herausforderung vom Goblin über den Oger, den Riesen, den Drachen bis zum Erzteufel oder Gott ansteigt. Und da verorte ich auch das Mauerbeispiel, weil die zweite Mauer für Normalos eben völlig UNMÖGLICH zu bezwingen ist.

Insofern: Jein, drnn die Narrative zur Herausforderung gehört dazu. Die Level 12 Mauer ist (sollte!) eben nicht eine x-beliebige Mauer sein, sondern die am besten geschützte Mauer des Reiches. Und dann wird imo ein Schuh draus.

Allerdings hat das imo nicht so viel mit der Regelschwere zu tun, da das in allen Gewichtsklassen gilt. Die beschriebene Schere kann ich grnauso auch in Leichtgewichten haben, wenn die herausforderungsorientiert aufgezogen sind.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 19.03.2023 | 15:19
Allerdings hat das imo nicht so viel mit der Regelschwere zu tun, da das in allen Gewichtsklassen gilt. Die beschriebene Schere kann ich grnauso auch in Leichtgewichten haben, wenn die herausforderungsorientiert aufgezogen sind.

Denke ich auch. Die klassische "Stufentretmühle" ist mehr ein Problem von Systemen mit stark ansteigenden Power-Aufstiegskurven allgemein als eins speziell von regelleichten oder -schweren.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Ainor am 19.03.2023 | 15:25
Genauso wachsen ja auch ständig alle anderen Herausforderungen mit. Typischerweise wird das Szenario so angepasst, dass die effektive Schwierigkeit wieder die gleiche ist.

Ist beim Fussball nicht anders. Wenn du erfolgreich bist steigst du solange in den Ligen auf bis du wieder auf ebenbürtige Gegner triffst.

Früher war da halt eine Mauer, jetzt ist es eine regennasse, überhängende, gegen Magie gesicherte Mauer ohne Griffmöglichkeiten im Dunkeln und unter gegnerischem Beschuss. Das, was sich der Regel-Fan erhofft hat - die Mauer, die er jetzt einfach locker hochklettern kann, weil er so gut ist - kommt einfach nicht mehr vor, weil langweilig.

Aus Abenteuerdesignsicht ist das nachvollziehbar. Da werden vor allem Dinge beschrieben die auf entsprechenden Stufen schwer sind.
Aber wenn das Abenteuer eher spielergetrieben ist sollten Mauern nicht plötzlich unüberwindbar werden nur weil SCs hochstufig sind. 


Idealerweise sollte das wenigstens daran liegen, dass die Herausforderungen auch echt größer geworden sind, aber das geben die Abenteuer/Kampagnen oft gar nicht her.

Kommt sicher vor, insbesondere wenn es keine klaren Vorgaben gibt wie stark den z.B. ein normaler Türsteher so seien sollte.
Aber das lässt sich leicht beheben. Ich kann mich z.B. an eine Szene erinnern wo der Magier der Gruppe einen ganzen Trupp von Gegnern mit denen man sich vorher rumgeplagt hatte mit einem eizigen hochgradigen Spruch erledigt hat. Das hat nachhaltig die Atmosphäre verändert.

Also schickt die gleiche Diebesgilde, die uns am Anfang Stufe-1-Gegner geschickt hatte, irgendwann eben Stufe-12-Gegner. Nicht weil es logisch wäre, dass sie die überhaupt hat, sondern einfach nur, damit die SC was zu tun haben.

Naja, die USA schicken ja gegen Bin Laden auch mehr als gegen Falschparker.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Weltengeist am 19.03.2023 | 16:27
Allerdings hat das imo nicht so viel mit der Regelschwere zu tun, da das in allen Gewichtsklassen gilt. Die beschriebene Schere kann ich grnauso auch in Leichtgewichten haben, wenn die herausforderungsorientiert aufgezogen sind.

Natürlich kannst du das. Bei den regelleichten Systemen tritt aber keiner mit dem Anspruch an, dass durch viele Regeln Spielleiterwillkür verhindert werden soll. Meine These ist ja nicht, dass das immer so passieren muss, sondern dass Regeln letztlich nicht verhindern können, dass der Spielleiter es den Spielern doch wieder so schwer oder leicht macht, wie es ihm gerade sinnvoll erscheint.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: YY am 19.03.2023 | 18:09
Naja, die USA schicken ja gegen Bin Laden auch mehr als gegen Falschparker.

Das Ordnungsamt hat aber nichts, was es gegen Bin Laden schicken kann ;)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Tudor the Traveller am 19.03.2023 | 18:37
Natürlich kannst du das. Bei den regelleichten Systemen tritt aber keiner mit dem Anspruch an, dass durch viele Regeln Spielleiterwillkür verhindert werden soll. Meine These ist ja nicht, dass das immer so passieren muss, sondern dass Regeln letztlich nicht verhindern können, dass der Spielleiter es den Spielern doch wieder so schwer oder leicht macht, wie es ihm gerade sinnvoll erscheint.

Ach so. Ja, zumindest nicht durch bloße Regelschwere. Mit darauf zugeschnittenen Regeln würde das schon gehen, imo.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Ainor am 20.03.2023 | 10:26
Natürlich kannst du das. Bei den regelleichten Systemen tritt aber keiner mit dem Anspruch an, dass durch viele Regeln Spielleiterwillkür verhindert werden soll. Meine These ist ja nicht, dass das immer so passieren muss, sondern dass Regeln letztlich nicht verhindern können, dass der Spielleiter es den Spielern doch wieder so schwer oder leicht macht, wie es ihm gerade sinnvoll erscheint.

Naja, die meisten regelschweren Systeme verwenden ja ihre Komplexität auf Regeln die das Spiel detailiert und/oder "realistisch" machen.
Um Spielleiterwillkür zu verhindern braucht man aber Regeln die z.B. festlegen was der SL den Spielern überhaupt schicken darf.
Das ist doch etwas völlig anderes. Aber ich glaube feste Regeln machen schon einen Unterschied. Ohne feste Richtlinien wäre ich beim Wandklettern das sich schwer anfühlt geneigt einme hohe Schwierigkeit zu setzen. Mit festen Regeln die explizit sagen wie schwer es normalerweise ist muss ich mich bewusst entscheiden festzulegen dass die Wand z.B. eingeölt ist.

Das Ordnungsamt hat aber nichts, was es gegen Bin Laden schicken kann ;)

Da wär ich mir in den USA nicht so sicher  :)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Grubentroll am 20.03.2023 | 11:15
Wie schon im Eingangspost beschrieben, der Zwang verregeln zu wollen wächst halt auch mit den Regeln.
Im Narrativen ist dafür dann mehr "GM Fiat" am Start der Situationen klärt.

Ich glaub mein Problem an modernen crunchigen System ist aber weniger der Crunch (undd as definiere ich hier als "Regeln vs Narrativ", sondern die Masse an Dingen die ich mir merken  oder drauf achten soll.

Hârnmaster galt ja damals als crunchiges System. Aber an sich ist das sehr schmal aufgebaut mit den zwei großen Tabellen, und außer den Blood points und dem außer Puste kommen ("Fatigue") gabs nix zu tracken.

Bei D&D4 mit seinen ganzen Stati während eines Kampfes, Feats, 3 verschiedenen Rüstungsklassen, boni/mali auf alles, Skills und sonstnochwas Gedöns wirds mir einfach zuviel.

So witzig ich einiges finde was in so nem D&D4 Kampf mal so passieren kann rein taktisch auf ner Battlemap: da ziehe ich die Dinge die narrativ passieren können wenn alle Spieler an nem Strang ziehen doch vor. Ist auch toll, und so viel weniger Arbeit.

YMMV natürlich.



Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 20.03.2023 | 12:23
Es ist halt immer eine Abwägung zwischen "Wie nah mag ich die Narration an der Spielmechanik" und "Wie behalte ich den Überblick über die Spielmechanik"

D&D 4 ist bei letzterem ja sogar schon relativ "spielfreundlich" weil fast alle mechanischen Auswirkungen jeweils bei der Aktion dabei stehen. Aber das gibt es bei anderen Regelschwergewichten natürlich auch noch mit nachschlagen, da wird es dann ganz extrem.

Umgedreht: gerade wenn Narration wichtig ist müssen Charakterentscheidungen Relevanz haben. Müssen verschiedene Herangehensweisen verschiedene Auswirkungen haben.

Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Grubentroll am 20.03.2023 | 12:26
D&D 4 ist bei letzterem ja sogar schon relativ "spielfreundlich" weil fast alle mechanischen Auswirkungen jeweils bei der Aktion dabei stehen. Aber das gibt es bei anderen Regelschwergewichten natürlich auch noch mit nachschlagen, da wird es dann ganz extrem.

Ohne "Cheat Sheet" über den Kampfablauf ist für D&D4 aber auch nicht zu spielen.
Keinen Bock mir das alles merken zu müssen.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 20.03.2023 | 13:16
Kommt vielleicht ein wenig auf die Übung an, irgendwie hab ich da nie Probleme gehabt. Auch nicht mit kompletten Rollenspieleinsteigern.

Aber im Kontext dieses Threads betrachtet ist D&D generell und die 4e mit ihrem sehr breitem "Wir geben Hilfsmittel für alles mögliche" Ansatz natürlich ein Regelschwergewicht.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Boba Fett am 20.03.2023 | 13:58
Ich finde, das ist alles Geschmackssache. Und der ändert sich, manchmal täglich.

Ich spiele ruleslight Sachen gerne auf dem :t: Treffen.
Und zu Hause darf es gerne auch etwas mehr sein. Ich finde, sonst fühlt sich das alles ein bisschen "nur für Oneshots gemacht und nicht kampagnentauglich" an.
Und wenn man ein Rollenspielsystem lange spielt, dann ist der Return-of-Invest auch bei einem komplexeren Regelwerk okay.
Und invertiert man das - dann fordert ein komplexes Regelwerk doch auch, das man sich länger damit beschäftigt.
komplexere Systeme sind also gewissermaßen auch ein Heilmittel gegen das Systemhopping ADS, unter dem ich litt.

Vor allem muss man irgendwann dazu kommen, nicht mehr daran zu glauben, dass irgendwann das perfekte System kommen wird und dann mit den ganzen Unzulänglichkeiten zu spielen und lernen (oder sich daran erinnern), dass man damit viel Spaß haben kann.
Runter mit den Ansprüchen und rauf mit der Bereitschaft, einfach trotzdem Spaß zu haben zu können.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: First Orko am 20.03.2023 | 14:48
Ich sehe mich eigentlich auch mit im "Medium Rules"-Segment. Ein Rollenspiel darf gern harte Regeln haben, die Auslegung sollte aber genug kreativen Spielraum bieten.
FrüherTM als ich noch Zeit hatte, habe ich mich auch mal hin und wieder auf Schwergewichte eingelassen. Mit steigenden Anteil an Reallife-Investment, diversen sozialen Bindungen, Arbeitszeit + Erschöpfungsgrad am Abend + Alter ist bei mir aber die Situation mittlerweile so, dass ich einfach die Konzentration und Lebenszeit für komplexere Regeln gar nicht aufbringen kann.

Ich habe zwar diverse, regelmäßige Runden (von wöchentlich bis alle 2 Monate ist da alles dabei) aber wenige davon reichen an die 5 Stunden Spielzeit heran. Und wenn da eine Kampfsituation durch die Regeln >50% der Zeit ausmacht, geht bei mir das Gefühl für die ROLLEN am Spiel irgendwann komplett verloren und ich fühle mich wie ein Brettspieler. Das wird durch konkrete, klar Aktionen abgrenzende Regeln meist noch weiter gefördert, wenn ich wiederholt Ideen nicht umsetzen kann (oder es wegen der Wahrscheinlichkeit sinnfrei ist), weil ich vor 40 Stunden Spielzeit beim 3. Stufenaufstieg ein Häkchen bei Spezialtalent #27 von "Improvisierte Kampfmanöver, einhändig mit Schwert in der Haupthand gegen 1 Gegner bei Tageslicht im Wald und einer Außentemperatur <27°" nicht gesetzt habe  ::)

Dazu kommt: In kürzeren Spielzeiten mit hochauflösenden Systemen muss oft genug gewürfelt werden, damit die Stärken der Charaktere sich statistisch auswirken und auch merklich werden. Meist ist es aber so, dass der SL-Fokus auf bestimme Arten von Situationen liegt (Vorliebe) und daher bestimmte Aktionen eher grob behandelt durchgewunken werden (= kein Skill erforderlich) während man woanders ein bestimmtes Skillset braucht, um bei diesem SL mit seinem Charakter zu glänzen.
Eine Unart, wie ich finde - aber eine kaum vermeidbare, imho.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Maarzan am 20.03.2023 | 15:50
Es gibt halt nicht "das Rollenspiel" und damit auch nicht das eine passende Werkzeug für alle - den ein Werkzeug sind Regeln nun einmal, ein Werkzeug, welches es erlaubt große Teile der zum Funktionieren notwendigen Kommunikation zu vereinheitlichen und (inklusive vorab) eben nachlesbar zu machen.

Brauchen tut man theoretisch gar kein Regelwerk, aber in der Praxis fällt die dafür notwendige einheitliche Vorstellung, wie das Geschehen am Spieltisch funktionieren soll nicht vom Himmel - außer einer gedenkt das alles für die anderen mitbestimmen zu wollen.

Von der Art des angestrebten Spiels und den dabei angedacht zu treffenden Entscheidungen hängt dann halt ab, welche Bereiche sinnvollerweise zu verregeln wären.

Ansonsten:
Natürlich kann man mit Regeln auch Mist produzieren. Aber der Gegenentwurf dazu ist eben nicht der qualifizierte Spielleiter, der das dann aus dem Ärmel passend improvisiert, sondern der unerfahrene Neuling.

Auch können Regeln keinen Missbrauch von Spielleitermacht verhindern, aber sie kann ihn eben erschweren und ggf die Zeit bis zum Auffliegen verkürzen oder zumindest tendenziell schon durch ihr Vorhandensein unerwünschtes Verhalten abschrecken.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 20.03.2023 | 16:08
Ich finde, das ist alles Geschmackssache. Und der ändert sich, manchmal täglich.

Ja, das trifft es ganz gut. Und letztlich sind die jeweiligen Stärken und Schwächen von Rules Light und Rules Heavy Systemen auch stets etwas bei dem es konkrete Mittel gibt um sie auszugleichen.

In erster Linie bestimmt das ganze worauf man man achten sollte.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: YY am 20.03.2023 | 16:29
Da wär ich mir in den USA nicht so sicher  :)

Ging ja um die handelsübliche Diebesgilde und dort sind Level 12-Wegwerfschläger eben nicht sonderlich plausibel.
Auch wenn einige Editionen keine sonderlich klare Vorstellung davon haben, was die Stufen bedeuten und wie die so verteilt sind.


Vor allem muss man irgendwann dazu kommen, nicht mehr daran zu glauben, dass irgendwann das perfekte System kommen wird und dann mit den ganzen Unzulänglichkeiten zu spielen und lernen (oder sich daran erinnern), dass man damit viel Spaß haben kann.

Ich unterscheide für mich besser und schlechter geeignete Systeme daran, wie viel Umbauarbeit ich damit habe, bis es für mich sauber läuft.
Den Aufwand mache ich mir aber eigentlich immer. So richtig RAW spiele ich quasi nichts.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: haste nicht gesehen am 20.03.2023 | 17:26
In diesem Faden stecken so einige Weisheiten  ;D

Folgende Punkte würde ich sofort aus eigener Erfahrung unterschreiben:


Mein persönlicher Lagrange-Punkt  ;) liegt vermutlich ungefähr bei Coriolis oder Dungeon World. PbtA-Systeme haben zwar tendenziell extrem viele Moves, aber wirklich relevant sind die auf den Charakterbögen und die kann man dann dort nachlesen.

Ein perfektes Beispiel für ein regelschweres System ist für mich Shadowrun (mit seinen vielen Subsystemen) oder Pathfinder 1 (mit Regal-Meter voller Feats & Co.).

Das andere Extrem ist für mich Turbo Fate. Ein lieblings-Approach und 4 Aktionen. Trotzdem kann man durch die Abstraktionsebene sehr viel damit umsetzen. Allerdings ist mir bei solchen Systemen schon aufgefallen, dass sie oft als Hack für andere Systeme besonders gut funktionieren, weil die Originale so einiges an Material geliefert haben, mit dem man arbeiten kann. Allerdings ist das wieder eher die Ebene "Setting" und weniger Regeln.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 21.03.2023 | 18:30
Wobei ich auch finde, dass die Standardmoves bei Dungeon World relativ schnell ins Blut übergehen und man oft gar nicht mehr groß nachschauen muss.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Ainor am 21.03.2023 | 19:29
Ein perfektes Beispiel für ein regelschweres System ist für mich Shadowrun (mit seinen vielen Subsystemen) oder Pathfinder 1 (mit Regal-Meter voller Feats & Co.).

Also ich hab immer Role&Harnmaster als regelschwer betrachtet. Bei D&D/PF ist es ja eher so dass im Laufe der Zeit und Stufen immer mehr dazu kommt so dass es unübersichtlich wird.

Aber im Grunde ist das Threadthema ja selbstverständlich. Niemand will zu viel oder zu wenige Regeln. Aber wo liegt die Mitte ?
 
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Kaskantor am 21.03.2023 | 20:07
Das wird wohl jeder für sich selbst entscheiden müssen.

Bei mir ist die Mitte Savage Worlds und DnD5.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 21.03.2023 | 20:12
Aber im Grunde ist das Threadthema ja selbstverständlich. Niemand will zu viel oder zu wenige Regeln. Aber wo liegt die Mitte ?

Hängt vermutlich individuell davon ab, für welche konkreten Dinge man Regeln will und wo man sie für eher überflüssig hält. Klassisches Beispiel wäre da etwa die Sozialfertigkeitsdebatte, wo der "Das kann man doch ausspielen!"-Fraktion eigentlich schon jedes kleine Stückchen formelle Regel zuviel ist, während sich andere darüber beschweren mögen, daß selbst Systeme, die Fertigkeiten und Regeln dazu mitbringen, sich immer noch viel zu viele unglaubhafte Merkwürdigkeiten erlauben...

Letzten Endes kommt es vermutlich eh weniger auf die Quantität als auf die Qualität der Regeln an. Sicher, leichtgewichtigere Regelwerke sind im Prinzip leichter zu erfinden, auf Fehler abzuklopfen, und der Kundschaft zu vermitteln (und mir persönlich offen gestanden mit aus dem letzteren Grund einfach sympathischer), aber Bockmist bauen kann man immer noch in allen Gewichtsklassen gleichermaßen -- und damit ist dann niemandem wirklich geholfen.

Ach ja, und

Also ich hab immer Role&Harnmaster als regelschwer betrachtet. Bei D&D/PF ist es ja eher so dass im Laufe der Zeit und Stufen immer mehr dazu kommt so dass es unübersichtlich wird.

betrachte ich mittlerweile auch etwas anders. D&D ist einfach ein schwergewichtiges System, das zu Beginn nur so tut, als wäre es eigentlich einfach, um die Spieler erst mal in die Falle zu locken...und wenn es sie dann ein paar Stufen später einigermaßen sicher hat und sie merken, worauf sie sich tatsächlich eingelassen haben, haben sie schon genug Zeit und Energie investiert, um sich nur mehr schwer wieder von ihm lösen zu können. ;)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: aikar am 22.03.2023 | 06:41
Niemand will zu viel oder zu wenige Regeln. Aber wo liegt die Mitte ?
Was "zu viel" und oder "zu wenig" ist, ist absolut individuell und hat nichts mit einer "objektiven" Mitte zu tun (Die ich bei einer Skala von Turbo Fate/PDQ bis DSA4.1/Pathfinder 1 auch in etwa bei D&D5, Turbo Fate und Year Zero Engine einordnen würde).
Manche sind sich auch durchaus klar, dass ihr bevorzugter Bereich an einem Ende des Spektrums liegt und eben nicht in der Mitte. Ich habe in meinem Bekanntenkreis sowohl "DSA4.1 mit allem und scharf" - Fans als auch zumindest einem Spieler, dem Turbo Fate eigentlich noch zu viel ist und der am liebsten mit "Erzähle und würfle zwischen drin mal einen W6" spielt.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Skaeg am 22.03.2023 | 07:03
betrachte ich mittlerweile auch etwas anders. D&D ist einfach ein schwergewichtiges System, das zu Beginn nur so tut, als wäre es eigentlich einfach, um die Spieler erst mal in die Falle zu locken...und wenn es sie dann ein paar Stufen später einigermaßen sicher hat und sie merken, worauf sie sich tatsächlich eingelassen haben, haben sie schon genug Zeit und Energie investiert, um sich nur mehr schwer wieder von ihm lösen zu können. ;)
Naja, es gibt unterschiedliche Arten von "regelschwer".
Es gibt Systeme, die sind wie Deutsch: Grammatik bringt einen beim Lernen zum Verzweifeln, aber was das Vokabular angeht, machbar.
Und es gibt Systeme, die sind wie Chinesisch: Grammatik ist (zumindest auf den ersten Blick) extrem simpel, aber genug Vokabeln, Schriftzeichen und Bedeutungsnuancen zu lernen, um sich auch nur einigermaßen auszukennen, ist eine Mammutaufgabe.

5E ist eher letzteres. Grundgerüst ist simpel (und auch nur so mittel-gut, meiner Meinung nach), aber es gibt halt die üblichen langen Listen an Fähigkeiten, Zaubern, Kreaturen etc., die mit zunehmender Stufe immer noch länger werden.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Raven Nash am 22.03.2023 | 07:12
Was als Faktor IMHO übersehen wird, aber eigentlich wesentlich ist: Editing.
FFG StarWars ist als System maximal mittelschwer, aber das Editing der Bücher ist dermaßen schlecht, dass man ständig am Suchen ist. Die Vermittlung der Grundlagen am Anfang erzeugt mehr Fragen als Antworten.
PF 1 + 2 sind vom Editing her auch eine mittlere Katastrophe. Nicht nur, dass die Fülle an Dingen einen erschlägt, nein, man muss sie auch noch ständig suchen. Ohne technische Unterstützung zumindest unlustig.

SaWo ist wiederum ziemlich übersichtlich aufgebaut. Dadurch erscheinen die gar nicht mal so unkomplexen Regeln, einfacher.

5e liegt auch hier in der Mitte. Könnte besser sein, ist aber auch nicht schlecht. Ich hätte mir z.B. gewünscht, dass die Conditions nicht wie ein Wurmfortsatz irgendwo am Ende versteckt werden. Dass A5e dieses Aufbau übernommen hat, finde ich auch nicht optimal.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: aikar am 22.03.2023 | 07:58
5E ist eher letzteres. Grundgerüst ist simpel (und auch nur so mittel-gut, meiner Meinung nach), aber es gibt halt die üblichen langen Listen an Fähigkeiten, Zaubern, Kreaturen etc., die mit zunehmender Stufe immer noch länger werden.
Der wichtigste Unterschied für mich: 5e wächst in die Breite, aber kaum in die Tiefe. Ich muss eben gerade nicht alle potentiell vorhandenen "Vokabel" lernen.
Ja, es kommen mehr Subklassen, Zauber und Kreaturen hinzu. Aber das sind jeweils in sich gekapselte Blöcke. Wenn Spieler:innen eine Subklasse, Fähigkeit oder Zauber wählen, kann man die nicht gewählten komplett ignorieren und der tatsächliche Komplexitätsanstieg am Spieltisch ist sehr überschaubar.
Ein komplexes System macht für mich aus, dass es sehr viele unterschiedlich funktionierende Subsysteme gibt (Shadowrun) und/oder es sehr viele zu beachtenden Faktoren gibt (DSA).
D&D5 hat beides nicht. Alles folgt den selben einfachen Grundprinzipien und durch das Vor-Nachteilssystem ist auch die Menge an zu beachtenden Faktoren sehr überschaubar.
+D&D5 ist ein asymmetrisches System. Kreaturen und NSC sind üblicherweise deutlich simpler aufgebaut als SC.
Auch das ist bei wirklich komplexen Systemen oft anders, da arbeiten NSC und Kreaturen (unter dem Argument von Simulationismus und "Fairness") komplett gleich wie SC und wenn man als SL dann mehrere davon handhaben muss, wird es sehr schwerfällig.

Aber wie gesagt, die persönliche Schwelle ist eben genau das: Persönlich und individuell.
Wenn der eigene Sweetspot bei OSR liegt, ist D&D5 überladen. Wenn er bei DSA4/5 liegt, ist es zu simpel.
Und genau das ist für mich das Argument, warum es ein "mittelschweres" System ist. Von D&D5 aus betrachtet gibt es noch in beide Richtungen genügend Ausschläge.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: haste nicht gesehen am 22.03.2023 | 08:06
Das ist ein interessanter Punkt. Bei der Bewertung von "Rules-Lite and Rules-Heavy" haben wir also zwei Achsen?

- Wie kompliziert sind die Regeln?
- Wie umfangreich sind die Regeln?

Dann könnte man versuchen die Systeme nach vier Quadranten einzuteilen.

- Quadrant I (Wenige Regeln & Geringe Komplexität)
- Quadrant II (Wenige Regeln & Hohe Komplexitäty)
- Quadrant III (Viele Regeln & Geringe Komplexität)
- Quadrant IV (Viele Regeln & Hohe Komplexität)

Ich bin gerade noch am überlegen, wo ich die mir bekannten Systeme einteilen würde. SR5 würde ich ohne zu zögern in Q4 stecken. Bei Fate Core war ich versucht es in Q1 einzuteilen. Allerdings wirkt das System nur so simpel. Tatsächlich ist es schwer zu meistern (im Sinne von beherrschen). Vielleicht Q2 und Ironsworn dann umgekehrt in Q3?
D&D 5 würde ich persönlich auch in Q3 einteilen, ebenso Coriolis, allerdings D&D 3.5 und Pathfinder 1 in Q4. Ein Beispiel für Q1 könnte vielleicht Blades in the Dark sein.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Jiba am 22.03.2023 | 08:18
Weiß nicht.

Ich finde die Achsen "Präsentation der Regeln", "Anwendbarkeit der Regeln" und "Umfang des Regelgerüsts" besser. Also, wir brauchen 3 Achsen, das auf jeden Fall.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Zed am 22.03.2023 | 08:30
Ja, drei Achsen treffen es gut. „Komplexität“ - bei dem Begriff bin ich mir nicht sicher.

RuneQuest ist für mich eines der effizientesten Regelwerke: Im Grundsatz nur wenig aufwändiger als DnD, also fast so leicht zu lernen als DnD, aber so gut durchdacht und konstruiert, dass es zugleich „automatisch“ um ein vielfaches komplexer ist: Viel Spieltiefe bei wenig Regelseiten.

Was ich über DSA weiß: Im Grundsatz aufwändiger als DnD, dazu mehr Komplexität durch hohe Regelmenge, daher weniger effizient, also kompliziert. Viel Spieltiefe bei vielen Regelseiten.

DnD: Viele Regelseiten führen zu nicht viel mehr Spieltiefe. („wächst in die Breite“, wie aikar oben auch schrieb)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: aikar am 22.03.2023 | 08:45
- Wie kompliziert sind die Regeln?
- Wie umfangreich sind die Regeln?
Schwierig. Was bedeutet "umfangreich"?

Folgendes Beispiel:
System 1 hat einen Schadenszauber und zwei Seiten Regeln, wie man diesen modifizieren kann.
System 2 hat jede Variante dieses Zaubers in einem eigenen Block. Dadurch werden es vier Seiten, aber jede Variante ist nur einen Absatz lang und ich wähle mir für meinen Charakter in der Praxis nur eine Variante aus.

Dann gibt es auch noch die Option, dass ein System sehr viele Erklärungen und Beispiele hat, die den Regeltext aufblähen, aber eigentlich das Verstehen leichter machen und nach dem ersten Durchlesen nicht mehr nötig sind.


Ob die Präsentation der Regeln ein Teil der Regelschwere/Leichtigkeit sind, daran scheiden sich auch ziemlich die Geister. Ich weiß, dass viele das mit hinein nehmen, viele tun das aber auch nicht.

Für mich persönlich sind die zwei Faktoren für Regelschwere "Wie schwer ist es zu lernen?" und "Wie aufwändig ist es anzuwenden?".
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Jiba am 22.03.2023 | 08:49
"Wie aufwändig ist es anzuwenden?".

= Wie lange dauert die Abwicklung?  :think:
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 22.03.2023 | 09:42
Also, Fate ab Core & Co. fällt für mich klar ins Mittelfeld: das grundlegende Regelgerüst hat seine Details und Nuancen, die in anderen Spielen so oft nicht mal ansatzweise vorgesehen sind (fängt ja streng genommen schon beim Würfeln an, wo ich nicht viele sonstige Systeme kenne, die zwischen Erfolg und Fehlschlag ausdrücklich noch den Gleichstand einschieben), paßt aber noch in meinen Kopf -- dafür haben Spezialfall-, Detail-, und Ausnahmeregeln dann schon regelrechten Seltenheitswert, wo ich also woanders regelmäßig die nach- und mich mit ihnen herumschlagen muß ("Welche Werte hatte 'ne Luger doch noch gleich genau im Vergleich zu 'ner Walther PPK?"), herrscht hier oft angenehme Ruhe und ich kann mich um für mich Wichtigeres kümmern.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: aikar am 22.03.2023 | 10:18
= Wie lange dauert die Abwicklung?  :think:
Ja. Wie viele Sachen muss ich beachten, bevor ich ein Endergebnis habe.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Grubentroll am 22.03.2023 | 10:44
Also ich hab immer Role&Harnmaster als regelschwer betrachtet.

Naja, aber das war zu Zeiten als ich AD&D unbedarften Leuten erklären konnte mit "du hast 6 Werte, Angreifen tust du über deinen jeNachStufeundKlasseTabelle-thac0 minus Rüstungklasse, und machst Schaden was deine Waffe halt hat. Und hin und wieder gibts Proben auf deine 6 Werte wenn du was damit anstellen willst." ;) Und DSA1 war sogar noch viel leichter zu erklären.

Damit konnte ich mit den meisten Leuten schon locker ein Abenteuer spielen, und den Rest haben sie unterwegs gelernt, bzw die Attributs-Boni/Mali für Rassen und Klassen nachgetragen und es hat keinen Riesenunterschied gemacht.

Probier das mal mit D&D4 (5 ist da wieder besser, imo), DSA5 oder PF1. Da geht schon ein Nachmittag nur mit Charbau weg.

Also, was ich sagen will: Hârnmaster und Rolemaster waren damals regelschwer, aber gegen Monster wie D&D3.5 oder PF1 sind beide in der Hinsicht nicht besonders rausragend.

YMMV natürlich.

(Captain Obvious hier: und ich denke diese obrige Denke ist ein Grund für den Erfolg der OSR. )
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 22.03.2023 | 11:34
Ist halt aber zugleich auch ein schönes Beispiel für die Fortschritte bei der Aufbereitung.

Denn genau betrachtet wird in deinem Beispiel ja aus:

"du hast 6 Werte, Angreifen tust du über deinen jeNachStufeundKlasseTabelle-thac0 minus Rüstungklasse, und machst Schaden was deine Waffe halt hat. Und hin und wieder gibts Proben auf deine 6 Werte wenn du was damit anstellen willst."

die neue Variante:

Zitat
"du hast 6 Werte, angreifen tust du mit dem Angriffsbonus der bei deiner Aktion dabei steht, und machst Schaden der bei der Aktion dabei steht. Und hin und wieder gibts Proben auf deine passende Skills wenn du was damit anstellen willst. Bei denen dabei steht was du z.B. damit anstellen kannst."

Das ist für Neuspieler eigentlich sehr viel einfacher und natürlich um ein vielfaches übersichtlicher. Es gibt viel weniger Grund Dinge nachzuschlagen. Und das wird natürlich umso extremer wenn man Sachen wie Diebesfertigkeiten, Zauber oder Waffenmodifikatoren nach Rüstungsklasse bei AD&D berücksichtigt.

Trotzdem ist AD&D regelleichter. Aber eben nicht weil es besser aufbereitet wäre (definitiv nicht) - sondern weil dort weniger verschiedene Varianten regelmechanisch abgedeckt sind. Weil mehr Dinge die eigentlich verschieden sein könnten mit den gleichen Mechaniken abgewickelt werden.

Wenn in AD&D der Kämpfer und der Waldläufer und der Schurke dran sind, dann hauen sie zu. Ihre konkreten Boni aufs zuhauen können sich unterscheiden, mechanisch tun sie aber das gleiche.

Das hat man in späteren D&D Versionen seltener, und gerade in D&D 4E wird dies dann auf die Spitze getrieben indem jedem dieser Charaktere eigene Aktionen zugestanden wird, eine Auswahl an zum Charakter passenden Handlungsweisen. Das macht es regelschwerer und ist natürlich umgedreht auch der Grund für die Notwendigkeit besserer Aufbereitung der Aktionen. Aber der Vorteil ist halt eine engere Bindung der Mechanik an die Narration, das was man in einer Geschichte über das Abenteuer beschreiben würde passiert auch im tatsächlichem Spiel am Spieltisch häufiger.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: tartex am 22.03.2023 | 12:06
Das ist ein interessanter Punkt. Bei der Bewertung von "Rules-Lite and Rules-Heavy" haben wir also zwei Achsen?

- Wie kompliziert sind die Regeln?
- Wie umfangreich sind die Regeln?

Dann könnte man versuchen die Systeme nach vier Quadranten einzuteilen.

Ich finde da fehlt noch ein Faktor: an welcher Stelle muss man sich mit welchen Regeln vertraut machen? In Neu-Deutsch: wie frontloaded sind die Regeln?

Bei Shadow of the Demonlord z.B. ist Staffelung z.B. vorbildlich. Level-0-Charaktere funktionieren mit einer Seite Regeln und über die weiteren Stufen werden die Optionen (sprich Charakterklassen) langsam immer weiter ausgefächert. Im Buch ist das auch so aufbereitet, dass es klar ist, dass man sich die hinteren Kapitel mit den späteren Charakter-Optionen nicht anschauen muss, bis man viel tiefer in der Kampagne ist, und außerdem ist alles völlig modular. Man kann von jeder Charakterklasse zu allen späteren wechseln, nichts ist einem durch frühere Entscheidungen verwehrt.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: haste nicht gesehen am 22.03.2023 | 17:01
Mit "an welcher Stelle" meinst Du zeitlich, oder?
Ja das kann schon helfen. Einerseits natürlich so wie in Deinem Beispiel mit fortschreitenden Fähigkeiten des Charakters. Andererseits gibt es das auch mit fortschreitender Spielerfahrung und Alter. Bei So nicht, Schurke! haben sie das mit verschieden Ausbaustufen der Regeln schön gelöst.

Die Aufbereitung der Regeln spielt natürlich auch eine große Rolle. Weiter oben wurde es als Editierung bezeichnet. Zwei Lieblingsbeispiele wo es furchtbar gelöst ist, sind für mich The Witcher und Pathfinder 1. Verweis folgt auf Verweis, folgt auf ....
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: 1of3 am 22.03.2023 | 22:11
Wenn ihr so herangeht, ist wahrscheinlich die Frage, wer wann von Komplexität betroffen ist. D&D kann ich ganz hervorragend spielen, ich würde es aber nie SLen. Und wahrscheinlich würde ich auch auf irgendwelche Tools oder Brainpower zurückgreifen und mir einen Charakter machen lassen, wenn es um höhere Stufen geht.

Also wer: SL, SC-Spielende,...
Wann: Bei der Spielvorbereitung, während der Spielsitzung...

Was Haste Nich Gesehens vier Ecken angeht:

Q1: Honey Heist
Q2: Capes
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 24.03.2023 | 18:25
Mir fällt durch die Diskussion hier noch etwas auf:

Rules heavy: Die Nachteile liegen auf der Hand. Es ist einiges an Arbeit erforderlich.
Rules lite: Hier ist es schwieriger. Ich glaube für mich wird es zum Problem, wenn ich Dinge nicht tun kann, die ich tun will.

Szenario a: Der SL saugt sich Regeln aus den Fingern. Entweder hat man dann doch eine (Haus-)Regel oder es ist jedesmal anders.
Szenario b: Es geht halt einfach nicht oder nur teilweise. Ja, ich kann den Ausgang blockieren, aber nur wenn ich auf dem passenden Feld stehe. Dynamisches Abfangen - gibt es nicht.
Szenario c: Es geht aber die Regel ist so allgemein, dass sie nicht 100% passt.

Damit postuliere ich für mich die neue Glückseeligkeit: Ich will so wenig Regeln haben wie möglich aber trotzdem noch das Gefühl, dass ich frei handeln kann und nicht in einem perversen Brettspiel gefangen bin oder in einer Geschichte in der alles handgewedelt wird.

So, Problem gelöst.  ~;D
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: RackNar am 24.03.2023 | 19:05
Mir ist das alles gerade zu ungenau, um mitgehen zu können. Hat mal jemand konkrete Beispiele für Regeln, die ihm in genauen Situationen abgehen?
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: haste nicht gesehen am 25.03.2023 | 07:41
Beispiel aus Fate:

Charakter wird über Hausdächer verfolgt und will über eine Straßenschlucht auf das benachbarte Hausdach springen. Der Sprung ist mechanisch einfach ein "Hinderniss überwinden". Aber was, wenn der Wurf scheiter? Nun kann der Spieler zwar immer entscheiden, dass er die Probe mit einem großen Haken schafft, aber mal angenommen er tut es nicht.
Jetzt liegt es vollkommen in der Hand des Spielleiters. Der SC könnte einfach abstürzen, oder auf der anderen Seite irgendwie noch von einer Feuerleiter aufgefangen werden. Vielleicht stürzt er durch ein Fenster zwei Etagen tiefer? Je nach Entscheidung ist nun die Frage, was das für den Schaden bedeutet. Schlägt der SC auf dem Asphalt auf, könnte es simpel einfach der Charaktertod sein. Vielleicht auch eine schwere Konsequenz...
Was ich damit sagen will: hier hat der SL volle Freiheit, ist aber auch völlig auf sich gestellt. Oder die Gruppe entscheidet gemeinsam. Solche Situationen gibt es öfters, was auch der Grund sein dürfte, warum auf Reddit bspw. viele Fragen nach dem Schema "Wie würdet ihr XY handhaben?" gestellt werden.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: RackNar am 25.03.2023 | 08:00
Das Beispiel ist mMn keine Frage der Regeln, sondern der klaren bzw. unklare Situationsbeschreibung. Und natürlich der ehrlichen Vorankündigung, was ein Erfolg und ein Misserfolg bedeuten.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Megavolt am 25.03.2023 | 08:08
Ich habe letztens wieder die Erfahrung gemacht, dass auch die Spieler selbst einen großen Einfluss darauf haben, ob sich ein System light oder heavy anfühlt.

Ich hatte extra Savage Worlds aus dem Schrank gezogen, um die Regeln gepflegt ignorieren zu können, weil sie so light sind, aber ein Spieler hat sich hingesetzt, stundenlang seine System Mastery ausgebaut. Am Ende kam er an mit Schablonen und Deckung und er muss jetzt exakt eine Stunde rasten für 5 Manapunkte und er macht jetzt Mehrfachaktion-Trick&Angriff-und-Sprint und Tri-Tra-Trallala, dass ich mir ehrlicher Weise eingestehen musste, dass mir das plötzlich deutlich zu heavy war. Ich wollte doch eigentlich nur Würfle-mindestens-eine-Vier spielen!
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: YY am 25.03.2023 | 08:16
Ich wollte doch eigentlich nur Würfle-mindestens-eine-Vier spielen!

Oder über die Parade.
Und sowieso eigentlich was anderes als eine Vier, aber wir mogeln uns das zurecht, indem wir die Modifikatoren auf den Wurf beziehen und nicht auf das zu erreichende Ergebnis :P


Ansonsten möge man sich mal den Spaß machen und die Regelfragen im PEG-Forum lesen. Das steht einem D&D3.5 nur dahingehend nach, dass der Gesamtumfang geringer ist und sich die Fragen früher wiederholen. 

Der Art nach ist das aber gleich. 
Ich sage: die Regel-"Härte" ist die relevantere Achse, nicht das "Gewicht" bzw. das Volumen. 
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 25.03.2023 | 15:42
Ich habe letztens wieder die Erfahrung gemacht, dass auch die Spieler selbst einen großen Einfluss darauf haben, ob sich ein System light oder heavy anfühlt.

Das ist ein interessanter Aspekt, den ich nicht auf dem Radar hatte und der mir aber total einleuchtet.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: haste nicht gesehen am 25.03.2023 | 18:58
Das Beispiel ist mMn keine Frage der Regeln, sondern der klaren bzw. unklare Situationsbeschreibung. Und natürlich der ehrlichen Vorankündigung, was ein Erfolg und ein Misserfolg bedeuten.

Warum die Situation unklar beschrieben ist, erschließt sich mir nicht so ganz. Letzeres stimmt allerdings. Nur verschiebt dass alles lediglich zeitlich nach vorne. Es bleibt dabei, dass die Regeln das nicht hergeben, außer den Hinweis, es aus der Fiktion abzuleiten. Damit muss nun der SL oder die Gruppe situativ entscheiden, was es bedeutet aus z.B. 9 Meter abzustürzen. Bezogen auf das Thema, um das es gerade ging, macht es macht aus meiner Sicht damit keinen Unterschied, ob ich vor oder nach dem Wurf keine genauen Regelangaben habe.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 25.03.2023 | 19:45
Damit muss nun der SL oder die Gruppe situativ entscheiden, was es bedeutet aus z.B. 9 Meter abzustürzen.

Na ja, die SL muß ja auch erst mal überhaupt über die Höhe entschieden haben, sonst stecken wir an diesem Punkt bereits in der Undefiniertheit fest. Und dann darüber, ob ein fehlgeschlagener Wurf nun tatsächlich einen Absturz bedeuten soll oder nicht -- Fate ist da ja nicht ganz so binär wie manche andere Systeme, die für beispielsweise einen vergeigten Kletterwurf auch automatisch gleich "ABSTURZ, FALLSCHADEN!!!" schreien.

"Wie handhaben wir eigentlich einen Absturz aus einer Höhe von X Metern?" ist aus (zumindest meiner) Fate-Perspektive eher eine Frage für Regelsysteme, bei denen Spielercharaktere tatsächlich mal völlig unmotiviert durch die Gegend fallen. ;) Wenn der Spieler tatsächlich keinen Erfolg mit Haken will, dann käme er bei mir eben auch nicht aufs Nachbardach (was ja einen Aktionserfolg bedeuten würde), würde aber auch nicht zwangsläufig gleich ungebremst auf der Straße landen; eine Möglichkeit bestünde ja beispielsweise auch darin, daß er sich auf dem ursprünglichen Dach jetzt doch erst mal seinen Verfolgern stellen muß, weil er nicht schnell genug weggekommen (und mindestens einer vielleicht sogar überraschend direkt vor ihm aufgetaucht) ist.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: haste nicht gesehen am 25.03.2023 | 23:24
Das ist im Fate-Sinne durchaus valide, da stimme ich Dir zu. Genau so gut könnte der SC auch auf der anderen Seite ankommen und bekommen, was er nicht wollte. In diesem spontan ausgedachten Beispiel ging es mir darum aber auch überhaupt nicht. Allein schon diese Diskussion zeigt hervorragend das hier das Regelwerk eben etwas nicht regelt. Völlig wertungsfrei.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: RackNar am 26.03.2023 | 00:01
Und all diese Fragen stellen sich in allen anderen Systemen auch. Das ist keine Frage der regendichte.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: haste nicht gesehen am 26.03.2023 | 10:01
Nein
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 26.03.2023 | 10:25
Die Sache ist halt die, daß speziell Fate aus meiner Sicht recht genau weiß, wo es hinwill: es will benutzt werden, um unterhaltsame, gerne auch dramatische Abenteuer um die Spielercharaktere herum zu erleben. Zu diesem Zweck verzichtet es bewußt auf Regelelemente, die von diesem Ziel eher ablenken würden, wie etwa fest verdrahtete Spielweltphysiksimulation (bei als halbwegs universell angesetzten Regelsystemen mMn ohnehin eine etwas fragwürdige Designentscheidung) oder allzu "brettspielige" Entscheidungspunkte mit garantiert fixen Ausgängen, an denen dann gefälligst niemand mehr zu rütteln hat (wie die angesprochene Kletterprobe mit Absturz nach Vorschrift).

Das führt dann als angenehme Nebenwirkung auch dazu, daß es weniger schwergewichtig daherkommt als andere Systeme, die ggf. andere Ziele verfolgen mögen oder vielleicht auch von vornherein einen weniger klaren Fokus haben -- eine reine Gewichtssparmaßnahme als Selbstzweck ist es aber nicht.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: melkvie am 26.03.2023 | 10:36
Nein

Nur zum Verständnis. Wenn du diese Situation als SL in z.b. DND5 hättest, wäre für dich die einzige Option, dass der SC auf der Straße aufschlägt und der im Regelwerk definierte Fallschaden ermittelt wird? Also nichts wie zwei Stockwerke tiefer durch ein Fenster krachen oder gegen die Hauswand krachen und vielleicht die Möglichkeit zu haben, den Sturz zu verhindern oder abzuschwächen?
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: haste nicht gesehen am 26.03.2023 | 11:49
Nein, wäre es nicht. Im Gegenteil, ich würde als SL alles daran setzen, dass uns der SC erhalten bleibt. Ich habe die besagten Optionen ja auch selbst bereits im Beispiel genannt. Und mir ist auch bewusst, dass Fate Story und nicht Physik regelt. Es ist auch nicht so, dass ich nun ein drängendes Bedürfniss nach einer Sturz-Regel habe. Ich hatte mal eine konkrete Situation, in der die Charaktere  balancierend von Hausdach zu Hausdach geflohen sind, über eine Leiter, die sie besorgt haben. Einer der SCs hatte seine gehbehinderte Tochter huckepack auf dem Rücken, ein anderer trug den Rollstuhl. In der Situation hab ich mich dann schon gefragt, wie ich das in Fate im Fall der Fälle behandeln würde. Es kam nicht dazu, weil die Würfel und Fate-Punkte mit ihnen waren. Der Hinweis darauf, dass ich Fate wohl nicht verstehe, falsch leite und man alles doch ganz anders macht, ist da wenig hilfreich. Und das Regelwerk hilft da RAW erst einmal auch nicht. Wenn man sich länger mit Fate beschäftigt, dann hat man schon die ein oder andere Idee, aber das ist dann der Erfahrung und Kreativität geschuldet und nicht dem Regelwerk. Die Regeln selbst sagen schlussendlich nur "es klappt nicht". Und ja, das kann auch so simpel interpretiert werden, wie "Du siehst die wackelige Leiter, denkst an dein Kind und traust dich nicht hinüber. Ihr werdet einen anderen Weg wählen müssen.".
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Feuersänger am 26.03.2023 | 12:13
Was wir hier sehr schön sehen, ist, dass Rules Light und Heavy alles eine Frage der Perspektive ist.

Das simpelst-mögliche "System", also quasi peak rules-light, ist wohl der Münzwurf: "Kopf - du schaffst es, Zahl - du schaffst es nicht".
Wenn das dein Eichpunkt ist, dann wirken schon so grobe Klötze wie SaWo oder D&D5 ziemlich rules-heavy.

Oder auch ein D&D 3E hat mal in seiner Urfassung als, sagen wir mal: "Mittelgewicht" angefangen, und wurde dann durch jahrelangen Bloat erst so richtig schwergewichtig. Pathfinder 1 am Ende sogar noch schlimmer als 3.5 jemals war, mit immer kleinteiligeren Sonderregeln für immer marginalere Anwendungsfälle. Das hatte schon DSA4-Qualitäten.
Und dennoch gilt: schlimmer geht immer.

Habt ihr irgendeinen Lackmustest, ab wann ihr ein System als "Rules Heavy" einsortiert? ^^
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: melkvie am 26.03.2023 | 12:32
@haste nicht gesehen
Ich wollte dir auf keinen Fall unterstellen, dass du Fate nicht verstehst oder flasch leitest! Vor allem da ich von Fate keine Ahnung habe.

Mir fällt gerade kein Regelwerk ein, dass mir außer eventuell Sturzschaden oder ähnlichem eine konkrete Hilfestellung in dieser Situation gibt. Ist so eine Situation nicht bei quasi allen Regelwerken egal ob light oder heavy eine Interpretationssache?
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 26.03.2023 | 12:52
Habt ihr irgendeinen Lackmustest, ab wann ihr ein System als "Rules Heavy" einsortiert? ^^

Für mich persönlich zählt ein System spätestens dann als "rules heavy", wenn ich vor lauter Regeln während des laufenden Spiels quasi den Kontakt zu meinem Charakter als Person verliere (ist mir am "schönsten" zu meinen D&D3-Zeiten aufgefallen). :P

"Idealgewicht" haben für mich Regeln, die ich auswendig im Kopf mit mir herumtragen kann, ohne ihn mir dabei wie im obigen Satz so vollzustopfen, daß sie anfangen, andere Gedanken zu blockieren, oder umgekehrt regelmäßig im Spiel nachschlagen zu müssen -- also solche, bei denen es im Zweifelsfall auch mal wenig bis nichts ausmacht, wenn ich (als Spieler oder auch als SL) meine Regelbücher komplett zu Hause vergesse. Nehme ich natürlich das als meinen Eichpunkt, dann sind ziemlich viele Spiele quasi "übergewichtig", einfach, weil sie all das Nachschlagematerial mitbringen, das sie nun mal gerne tun...
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Feuersänger am 26.03.2023 | 13:30
Das würde ich großteils unterschreiben, allerdings mit der Anmerkung, dass sich halt auch Aufnahmefähigkeit und Gedächtnis unsererseits mit fortschreitenden Jahren nicht unbedingt zum Positiven entwickelt. Früher habe ich den ganzen Regelkram aufgesogen wie ein Schwamm und konnte mehrere Systeme quasi auswendig zitieren. Heute? Haha.

FrüherHeute
(https://pbs.twimg.com/media/FsItRstWAAABU5Z?format=jpg&name=medium)(https://pbs.twimg.com/media/FsItRtDXwAUS1OK?format=jpg&name=medium)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: First Orko am 27.03.2023 | 08:24


Habt ihr irgendeinen Lackmustest, ab wann ihr ein System als "Rules Heavy" einsortiert? ^^

Wenn in einer Sitzung die Antwort zu mehr als 50% meiner Ideen lautet: "Nein, weil Regel" und nicht "Ja, aber..."
Ich weiß dann,  dass ich in dieser Runde meine Aktionen nicht aus der Spielwelt ableiten muss, sondern vom Charakterbogen aus.
Das gilt auch für ein implizites: Du kannst grundsätzlich alles probieren, aber wenn du Feat X25 für Sondersituation Y74 nicht hast, sinkt die Chance von 60% auf 1%. Wenn dann eine stumpfe Standardaktion deutlich höhere Erfolgsquote hat kommt es dann effektiv aus selbe hinaus.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Zed am 27.03.2023 | 08:45
Zitat
Wenn in einer Sitzung die Antwort zu mehr als 50% meiner Ideen lautet: "Nein, weil Regel" und nicht "Ja, aber..."

Dieser Punkt geht in die Richtung, wie elastisch die Regeln angewandt werden: Werden sie immer sklavisch befolgt, oder traut sich die Gruppe, nicht immer alles nachzuschlagen und auch mal (zB des Spieltempos wegen) handzuwedeln. Die Elastizität der Regeln ist wohl eher eine Frage der Gruppe/der SL und nicht in erster Linie eine Frage des Systems.

Zitat
Ich weiß dann,  dass ich in dieser Runde meine Aktionen nicht aus der Spielwelt ableiten muss, sondern vom Charakterbogen aus.
Im besten Fall bieten die Regeln Orientierung, auch die Fälle abzuhandeln, die die Regeln nicht erfassen. In meinem "Beyond Time" zB haben die meisten trainierten Kampfmanöver einen Abzug von -2 auf den Trefferwurf und kosten eine Zeitressource. Untrainiert wären es -4 und eine Zeitressource. Mit diesem Rahmen ließen sich wohl auch unvorhergesehene Manöver abhandeln.

Zitat
Das gilt auch für ein implizites: Du kannst grundsätzlich alles probieren, aber wenn du Feat X25 für Sondersituation Y74 nicht hast, sinkt die Chance von 60% auf 1%. Wenn dann eine stumpfe Standardaktion deutlich höhere Erfolgsquote hat kommt es dann effektiv aus selbe hinaus.
Das ist eine Art der Verkomplizierung, die wirklich unnötig ist, finde ich.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Faras Damion am 27.03.2023 | 08:46
Habt ihr irgendeinen Lackmustest, ab wann ihr ein System als "Rules Heavy" einsortiert? ^^

Wenn mein Optimierer- und mein Barbie-Spieler zufrieden ist. ;)

Nicht ganz ernst gemeint:
Verfolgungsjagdregeln können einen Eindruck der Komplexität geben. Die Anzahl Wörter dieses Abschnitts taufe ich hiermit V-Indikator.  ~;D
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: LushWoods am 27.03.2023 | 08:50
Nicht ganz ernst gemeint:
Verfolgungsjagdregeln können einen Eindruck der Komplexität geben. Die Anzahl Wörter dieses Abschnitts taufe ich hiermit V-Indikator.  ~;D

Das würde ich mal ganz ernst nehmen, stimmt nämlich. Und entlarvt gerne mal Systeme die sich Fast auf die Stirn geschrieben haben, wie z.B. Savage Worlds oder Feng Shui.
Nicht das das heißt das eben genannte schlecht wären, aber halt nicht ganz so Fast wie sie gerne vorgeben.

Ebenfalls nicht ganz ernst gemeint:
Die Grappling Regeln. Ich nenne das den G-Indikator.  :)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Ainor am 27.03.2023 | 08:56
Warum wiegt ihr nicht einfach die Regelbücher?
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: First Orko am 27.03.2023 | 09:03
Dieser Punkt geht in die Richtung, wie elastisch die Regeln angewandt werden: Werden sie immer sklavisch befolgt, oder traut sich die Gruppe, nicht immer alles nachzuschlagen und auch mal (zB des Spieltempos wegen) handzuwedeln. Die Elastizität der Regeln ist wohl eher eine Frage der Gruppe/der SL und nicht in erster Linie eine Frage des Systems.

Ich finde, da gibt es einen Übergangsbereich. Ab einer bestimmten Komplexität führt eine allzu elastische Auslegung sehr schnell zu Konflikten. In dem Moment, wo ich für ein·e Mitspieler·in eine Regel lockerer auslege, für die Mitspielende aber ihre SC unter Ausnutzen der Regeln optimiert haben, entwerte ich deren "Builds".

Beispiel: Belastungsregel. Wenn Spielerin für ihren SC gern eine Lieblingswaffe hätte, die aber zu schwer ist und ich ignoriere das, wird der Mitspieler zu recht stinkig sein, wenn er Punkte für "Packesel" ausgegeben hat, damit er sein ganzes Zeug schleppen kann.

Hier muss man als SL imho schon früh eine Linie ziehen, ansonsten hangelt man sich von Kompromiss zu Kompromiss, bis alle unzufrieden sind. Oder: Man diskutiert vorher aus, welche Regeloptionen man nutzen wird und welche nicht.

Systeme, die so etwas erfordern, fallen für mich(!) unter Rules Heavy.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 27.03.2023 | 09:22
Zeigt aber auch recht schön die Schwierigkeit auf.

Ignoriere ich derlei Elemente gänzlich, so ist das Regelsystem zwar leicht. Aber man verliert auch eine Beschreibungsmöglichkeit für die Charaktere und die Spielwelt.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 27.03.2023 | 09:52
Zeigt aber auch recht schön die Schwierigkeit auf.

Ignoriere ich derlei Elemente gänzlich, so ist das Regelsystem zwar leicht. Aber man verliert auch eine Beschreibungsmöglichkeit für die Charaktere und die Spielwelt.

Yep.

Andererseits kann natürlich ab einem gewissen Punkt auch allein schon Beschreibung schlicht zu viel werden -- dazu muß sie noch nicht einmal in Regeln gegossen sein (obwohl es vermutlich nicht viel hilft, wenn sie es obendrein schon ist). Wieviel man davon also eigentlich will und wieviel Aufwand für ihre Handhabung man zu treiben bereit ist, sollte demnach wohl fairerweise ebenfalls mit ins Kalkül gezogen werden...und umgekehrt kann sich dadurch z.B. ein Blick auf einen leeren Charakterbogen als weiterer nützlicher Indikator für "Regelschwere" entpuppen. :)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: tartex am 27.03.2023 | 09:56
Nicht ganz ernst gemeint:
Verfolgungsjagdregeln können einen Eindruck der Komplexität geben. Die Anzahl Wörter dieses Abschnitts taufe ich hiermit V-Indikator.  ~;D

Dann ist Call of Cthulhu ja ein echtes Regelschwergewicht.  :cthulhu_smiley:
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Zed am 27.03.2023 | 11:27
Beispiel: Belastungsregel. Wenn Spielerin für ihren SC gern eine Lieblingswaffe hätte, die aber zu schwer ist und ich ignoriere das, wird der Mitspieler zu recht stinkig sein, wenn er Punkte für "Packesel" ausgegeben hat, damit er sein ganzes Zeug schleppen kann.
Da stimme ich Dir zu, das würde mir auch so gehen.

Das führt mich zu einem weiteren Punkt der "Heavy Rules": Es macht, meine ich, einen Unterschied, ob die Regeln in der Charakterausarbeitung kompliziert sind oder in der Spiel-Durchführung. Sicher gibt es da eine Korrelation, aber trotzdem sind gerade die Belastungsregeln ein Beispiel für Regeln, die VOR dem Spiel Fleißarbeit erfordern und im Spiel dann eigentlich recht flott nachgeschlagen sind.

Ich sehe Handwedel-Notwendigkeit oder -Spielraum insbesondere bei Manövern, die die Umgegend einbeziehen, wie "Im Weglaufen reiße ich möglichst viele Marktstände um, damit die Leute, die mich verfolgen, ausgebremst werden."

Zu Grapple: Es ist einfach strukturell kompliziert, oder?

1. Wie leite ich einen Ringkampf ein?
2. Wie löse ich mich aus einem Ringkampf?
3. Welche Auswirkungen hat/welchen Schaden mache ich im Ringkampf?

Diese drei Zustände müssen beim Ringkampf geregelt sein, und dann ist es nunmal "kompliziert" oder übersehe ich etwas?
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: tartex am 27.03.2023 | 15:58
Beispiel: Belastungsregel. Wenn Spielerin für ihren SC gern eine Lieblingswaffe hätte, die aber zu schwer ist und ich ignoriere das, wird der Mitspieler zu recht stinkig sein, wenn er Punkte für "Packesel" ausgegeben hat, damit er sein ganzes Zeug schleppen kann.

Ein Next-Level-Regelsystem würde halt genau dort mehr Details zur Verfügung stellen, wo die konkreten Spieler am Tisch durch Auswahl einer entsprechenden Fertigkeit was für Relevanz am Spieltisch geflaggt haben.

DSA4 oder DSA5 scheitern daran. Klar, es gibt viele Expertenregeln, aber es gibt keinerlei Richtlinien, wenn sie benötigt werden.

Sprich: wenn wer Packesel gewählt hat, bedeutet das, dass die Gruppe sich mit Tragkraftregeln rumschlagen sollte. Mögt ihr nicht? Dann hate the player, not the game.  >;D
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 27.03.2023 | 16:18
Zu Grapple: Es ist einfach strukturell kompliziert, oder?

Kommt mit drauf an, wie kompliziert die Kampfregeln allgemein sind, würde ich sagen. So riesengroß muß der Unterschied zwischen "draufhauen und Schaden machen" auf der einen und "festhalten und Schaden machen" auf der anderen Seite erst mal gar nicht ausfallen -- aber wenn ich schon im "Basiskampf" Dinge wie Trefferzonen, Mehrfachattacken, Unterschiede zwischen diversen Nahkampfwaffentypen und andere Kleinigkeiten mehr habe, dann wollen die beim Ringen natürlich irgendwie auch allesamt mitberücksichtigt werden...
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Feuersänger am 27.03.2023 | 16:35
Ein paar schöne Marker wurden hier genannt, prima. ^^
An der Sache mit den Verfolgungs- und Grappleregeln mag echt was dran sein. ;)

Beispiel: Belastungsregel. Wenn Spielerin für ihren SC gern eine Lieblingswaffe hätte, die aber zu schwer ist und ich ignoriere das, wird der Mitspieler zu recht stinkig sein, wenn er Punkte für "Packesel" ausgegeben hat, damit er sein ganzes Zeug schleppen kann.

Ist doch in dem Fall easy: die Spielerin soll ihrem SC ebenfalls "Packesel" kaufen, solved. Und wenn sie dafür irgendeinen anderen Trait hintanstellen muss -- that's the game.

Ich sehe aber dein Argument, dass ein System eher rules-heavy ist, wenn so ein Jonglieren überhaupt nötig ist. In dem Maßstab finde ich es halt noch vollkommen okay -- Hauptsache ist da für mich, dass das System es überhaupt ermöglicht. Und dann sehe ich darin sogar noch den Vorteil, dass man durch solche Kniffe eben im Wortsinn außergewöhnliche Konzepte realisieren kann, die sich deutlich vom "Standard" unterscheiden.

Aber das sind dann eben die unterschiedlichen Präferenzen. Mir geht dieser Simple-Simpler-amSimpelsten Zeitgeist schon längst gehörig auf die Nerven. Natürlich sollte Komplexität kein Selbstzweck sein, aber ich mag halt durchaus auch, wenn es mal etwas komplexer wird.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Arldwulf am 27.03.2023 | 17:07
Ein paar schöne Marker wurden hier genannt, prima. ^^
An der Sache mit den Verfolgungs- und Grappleregeln mag echt was dran sein. ;)

Ist aber auch schwierig. Ich erinnere mich z.B. daran, dass wir hier im Forum mal über eine Verfolgungsjagd gesprochen haben vor Jahren in der wir über die Unterschiede von D&D 3.5 (welches dort besondere Aktionen über Talente regeln würde) und D&D 4E (welches hier eine Fertigkeitenherausforderung vorsehen würde) gesprochen haben. Konkret die Frage wie man z.B. mit einer akrobatischen Aktion die Verfolger abhängen könnte.

Sind natürlich beides regelschwere Systeme, aber ich finde du hast dort etwas sehr wichtiges auch für dieses Thema gesagt - das es vor allem der "wenn du das Feat nicht hast geht es nicht" Effekt war, was sich dort problematisch anfühlte. Und dies wurde ja oben auch schon genannt und ist ein bekanntes Problem.

Gleichzeitig würde ich aber durch Zählen der Regelzeilen oder auch nur der Regeln welche eine derartige Aktion betreffen nur sehr wenig Hinweise darauf bekommen ob ein System nun regelschwerer oder regelleichter ist, zumindest nicht wenn wie oben dies gemacht wird auch gleich noch Begriffe wie Komplexität mit unter "Regelschwere" zusammengefasst werden. Obwohl sie diese Situation ziemlich unterschiedlich umsetzen und auch unterschiedlich flexibel daran herangehen.

Selbst in sehr regelleichten Systemen könnte die Antwort auf die Frage "wenn ich das mache, was bringt es mir?" immer wieder mal "das gleiche wie wenn du etwas anderes gemacht hättest, es sei denn du hast einen Bonus darauf gewählt" lauten, was natürlich auch nicht befriedigender ist und das Equivalent zu der Featproblematik.

Wahrscheinlich wäre es das beste den Begriff "regelschwere" tatsächlich rein auf den Umfang der Regeln einzuschränken und andere Dinge, beispielsweise die Offenheit der Regeln (wie gut lässt sich damit improvisieren), die Strukturierung der Regeln (wie leicht findet man was man braucht) oder auch die Beschreibungsnähe der Regeln separat zu betrachten. Einfach weil Systeme in diesen Aspekten sehr unterschiedlich sein können egal ob sie nun eher regelleicht oder regelschwer sind.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Eismann am 27.03.2023 | 17:49
Ich hab für eine Vorlesung mal eine Liste von "Schlimmen Dingen" gesammelt, die in Regelsystemen oft schwierig umzusetzen sind. Da gehören Verfolgungsjagden tatsächlich mit dazu. Das halbwegs elegant regelseitig umzusetzen ist echt fummelig.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 27.03.2023 | 17:50
Mir geht dieser Simple-Simpler-amSimpelsten Zeitgeist schon längst gehörig auf die Nerven. Natürlich sollte Komplexität kein Selbstzweck sein, aber ich mag halt durchaus auch, wenn es mal etwas komplexer wird.

Das erinnert mich an die Unterscheidung "inherent complexity" und "accidental complexity". Einen Atomreaktor zu bauen ist komplex. Den Atomreaktor zu bauen und dabei nur runde Rohre verwenden zu dürfen ist unnötig komplexer, weil schwieriger aber kein Mehrwert.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: tartex am 27.03.2023 | 17:53
Einen Atomreaktor zu bauen ist komplex. Den Atomreaktor zu bauen und dabei nur runde Rohre verwenden zu dürfen ist unnötig komplexer, weil schwieriger aber kein Mehrwert.

Ich finde es ist schon ein Mehrwert, wenn man sich nicht an spitzen Kanten verletzen kann.  :P
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Radulf St. Germain am 27.03.2023 | 18:01
Ich finde es ist schon ein Mehrwert, wenn man sich nicht an spitzen Kanten verletzen kann.  :P

Ja, Arbeitssicherheit ist wichtig.  :D
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Eismann am 27.03.2023 | 18:16
Idealerweise ist Komplexität der Preis, den man bezahlt, um irgendeinen regelseitigen Mehrwert im Spiel zu erreichen. Wenn das nicht der Fall ist, wird das spiel bloß komplizierter, nicht unbedingt komplexer.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Trollkongen am 27.03.2023 | 21:29
Ich frage mich aktuell, beim Durcharbeiten vom neuen Imperium Maledictum (neue Auflage der W100-WH40K-Regeln), auch, wo eigentlich meine Regelgemütlichkeit liegt.

Gut finde ich: Man hat das über Bord geworfen, was bei den alten Versionen sperrig war, aber (für mich) quasi keinen Mehrwert brachte. Etwa die Kampfrundenunterteilung in "Full Action" und "Half Action" - ächz, brauche ich nicht (mehr).

Auch nett ist ja, dass man Situationen meist nur mehr via Advantage/Disadvantage (im Prinzip wie D&D5) modifiziert: Das ist schnell und als Spielleiter recht einfach zu bewerten.

Nur: Dadurch geht halt doch einiges an Tiefe verloren, die Unterschiede werden grobkörniger. Und: Man lädt die Bewertung einer Situation beim Spielleiter ab. Es hat natürlich enorme Vorteile, nicht auf zig Seiten alles ganz detailliert regeln zu wollen, andererseits ist es dann ja eine gewisse Nichtregelung. Außerdem, gerade wenn es wie bei D&D5 ist, ist es die einzige vorgesehene Möglichkeit, eine Situation zu verändern. Es geht halt nur Advantage, oder eben nicht. "Mehr Advantage", "ein bisschen Advantage" etc. gibt es nicht. Das fühlt sich mitunter dann doch etwas unrund an, halt eher spielmechanisch und wenig simulativ.

Das ist wohl mein Sweet Spot: Im Allgemeinen möchte ich, dass die Regelmechanik mir mitgibt, dass die Spielsituationen sich "realistisch" oder "plausibel" anfühlen, dass es eine gewisse Simulation gibt oder sie nicht stören. Sobald es zu abstrakt wird, schwindet meine Zuneigung.

Wobei: Auch da ist vielleicht der Punkt, wie man mir weiterhilft, ein abstraktes Spielmechanikergebnis in eine plausible Spielsituation rüberzubringen.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: YY am 28.03.2023 | 00:33
Zu Grapple: Es ist einfach strukturell kompliziert, oder?

1. Wie leite ich einen Ringkampf ein?
2. Wie löse ich mich aus einem Ringkampf?
3. Welche Auswirkungen hat/welchen Schaden mache ich im Ringkampf?

Diese drei Zustände müssen beim Ringkampf geregelt sein, und dann ist es nunmal "kompliziert" oder übersehe ich etwas?

Solange man darauf achtet, das auf dem gleichen Detailgrad zu halten wie den "normalen" Nahkampf, baut sich da manches quasi von selbst.

Im einfachsten Fall wird bei 1. gewürfelt wie bei jedem anderen (unbewaffneten) Nahkampf, 2. ist genau so geregelt wie sonst auch (mit Gelegenheitsangriff & Co.) und bei 3. braucht man nur eine kleine Liste von Ergebnissen zur Auswahl. Ggf. bringt man umgekehrt den "normalen" unbewaffneten Bereich da auch komplett unter und die Ringerei findet letztlich nur in der Beschreibung statt.

Wo man z.B. getrennte Fertigkeiten hat, geht das nicht mehr so gut, aber auch dort kann man 2. und 3. noch gut zusammenfassen. Damit man sich überhaupt erst mal lösen muss, muss ja schon mal auf einer Seite ein irgendwie gearteter Erfolg oder zumindest Effekt eingetreten sein.

Erst zum Ende der Komplexitätsskala hin wird fein unterschieden zwischen verschiedenen Auswirkungen, Zuständen, Einschränkungen usw. - das ist dann aber sowieso schon in vergleichbarer oder direkt nutzbarer Form im "regulären" Kampfsystem vorhanden.
Wenn der "normale" Nahkampf stets nur aus einem D20-Wurf besteht und man beim Ringkampf ein zweiseitiges Flowchart braucht, hab ich als Designer was falsch gemacht ;)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Ainor am 28.03.2023 | 10:15
Naja, wenn man noch mehrere Beteiligte und grosse und kleine Gegner hat wird es noch ein wenig komplizierter. Das Problem beim Grapple im Gegensatz zu normalen Angriffen ist ja dass man die Auswirkungen nicht einfach mit Tefferpunkten abstrahieren kann sondern relativ konkret sagen muss was genau passiert.

Aber wo wir schon bei D&D3 sind: der Löwenanteil der Komplexität kommt da ja nicht von solchen Simulationsregeln, sondern von dem ganzen Material dass es ermöglicht hunderte unterschiedliche Charaktere zu bauen. Einfachere Grapple Regeln wären da ein Tropfen auf den heissen Stein. Insofern finde ich dass man so ein System als regelschwer bezeichnen sollte wenn man sich untereinander verständigen will. Klar mag es irgendwo ein obskures System geben dass noch viel komplizierter ist, aber es ist doch deutlich sinnvoller die bekannten Systeme auf die Kategorien Leicht, Mittel, und Schwer vernünftig zu verteilen.

Wenn man das macht dann muss ich dem Threadtitel widersprechen. Rules-Lite and Rules-Heavy sind je nach Gruppe genau das richtige.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Jiba am 28.03.2023 | 11:15
Naja, wenn man noch mehrere Beteiligte und grosse und kleine Gegner hat wird es noch ein wenig komplizierter. Das Problem beim Grapple im Gegensatz zu normalen Angriffen ist ja dass man die Auswirkungen nicht einfach mit Tefferpunkten abstrahieren kann sondern relativ konkret sagen muss was genau passiert.

Und ich würde das sagen: Klar kann man das abstrahieren. Vielleicht nicht mit Trefferpunkten. Aber wer sagt denn, dass mein Rules-Lite/Mid/Heavy-System überhaupt Trefferpunkte hat?

Hinter dem Grapple-Beispiel steht explizit der Wunsch, Grapple anders zu regeln als andere Arten von Interaktionen. Grapple an sich muss nicht anders geregelt werden. Man wünscht es sich nur vielleicht. Auch deine Beifügungen: Warum müssen denn große und kleine Gegner unterschiedlich geregelt werden, wenn man Regeln schreiben kann, die abstrakt genug sind, um auf beide Fälle zu passen?

Man kann jedes Rollenspiel hinreichend mit einem Münzwurf spielen. Das heißt aber nicht, dass das den eigenen Vorstellungen entspricht.

Also:
Zitat
1. Wie leite ich einen Ringkampf ein?
2. Wie löse ich mich aus einem Ringkampf?
3. Welche Auswirkungen hat/welchen Schaden mache ich im Ringkampf?

1. Wie bei einem normalen Angriff: Du musst nahe genug am Gegner stehen und ein Wurf muss gelingen.
2. Wie aus einem normalen Angriff. Du machst einen Disengage-Wurf.
3. Wie bei einem normalen Angriff. Willst du den Gegner loslassen oder er will dir entkommen, musst du einen Disengage-Wurf machen. Solange bleiben die Kontrahenten am selben Ort. So wie bei einem normalen Angriff.

(Grapple-Mechaniken sind übrigens genau meist die Mechaniken, bei denen ich mich gerne frage: Spiel, warum zum Teufel brauchst du ein eigenes Subsystem dafür!?!)
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Feuersänger am 28.03.2023 | 11:24
Ich verstehe den Threadtitel so, dass ein "Mittelgewicht" vorzuziehen wäre, das sich weder in überbordendem Detailgrad verzettelt noch alles über einen Ein-Zinken-Kamm schert. Daher mein vorheriger Einwurf, dass das erstmal eine Frage der Perspektive ist.

Zitat
Aber wo wir schon bei D&D3 sind: der Löwenanteil der Komplexität kommt da ja nicht von solchen Simulationsregeln, sondern von dem ganzen Material dass es ermöglicht hunderte unterschiedliche Charaktere zu bauen.

Ja, da haben wir zum einen die schiere Materialfülle -- wobei ich meine, dass all die verschiedenen Subsysteme (von Psionik bis Binding) nicht unbedingt dazu gedacht sind, sie _alle_ gleichzeitig nebeneinander im Spiel zu haben. Sondern dass man sich neben den Core-Inhalten noch ein, zwei Subsysteme aussucht und den Rest für eine andere Kampagne zurückstellt. Zum anderen haben wir natürlich Interaktionen zwischen all den gewählten Modulen und Regeln. All das aufbauend auf dem Grundprinzip des Ausnahme-basierten Designs, das der 3E zugrunde liegt. "Du kannst X nicht tun, außer du hast die Fähigkeit Y, außer der Gegner hat die Fähigkeit Z".

Naja, und in der Fortstetzung PF kam dann noch ein weirder Mix aus Simulations- und Gamebalance-Regeln dazu, der gerade eingeführte Optionen versucht einzubremsen, indem sie mit allen möglichen Constraints versehen werden. "Dieser Zauber macht A, aber er kann nicht dazu benutzt werden um damit B oder C oder D oder E oder F zu machen". Da hab ich manchmal das Gefühl, >80% des Volumens gehen dafür drauf, durchzudeklinieren was alles _nicht_ geht, und das dann oft aus grundsätzlich fragwürdigen Motiven, wie etwa der PANISCHEN Angst der Autoren, ein Charakter könnte irgendeine Fähigkeit ohne Umweg über das Monsterschnetzeln in klingende Münze umwandeln.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Megavolt am 28.03.2023 | 11:30
Das simpelst-mögliche "System", also quasi peak rules-light, ist wohl der Münzwurf: "Kopf - du schaffst es, Zahl - du schaffst es nicht".

Weil mir dein schönes Beispiel jetzt länger durch den Kopf ging: Noch regelleichter (und damit der wirkliche wahre peak) wäre: "Deine Probe bzw. dein Vorhaben gelingt immer". So ein Rollenspiel kann man sich leicht vorstellen und das kann auch locker funktionieren, man denke an die ganze *hust* ömmelige *hust* Erzählspielsparte.

Ich sags nur, damit wir den damit wir den definitorischen Pfosten nochmal um 10 cm versetzen und an der korrekten Stelle sauber einschlagen, hier ist ja das Tanelorn.  ~;D
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Ainor am 28.03.2023 | 11:58
Ich verstehe den Threadtitel so, dass ein "Mittelgewicht" vorzuziehen wäre, das sich weder in überbordendem Detailgrad verzettelt noch alles über einen Ein-Zinken-Kamm schert. Daher mein vorheriger Einwurf, dass das erstmal eine Frage der Perspektive ist.

Naja, auf "nicht zu viel und nicht zu wenig" werden sich alle einigen können. Aber man kann nicht wirklich darüber sprechen wenn man sich nicht darüber einig ist was "viel" ist.

Etwas OT, aber:

Naja, und in der Fortstetzung PF kam dann noch ein weirder Mix aus Simulations- und Gamebalance-Regeln dazu, der gerade eingeführte Optionen versucht einzubremsen, indem sie mit allen möglichen Constraints versehen werden. "Dieser Zauber macht A, aber er kann nicht dazu benutzt werden um damit B oder C oder D oder E oder F zu machen". Da hab ich manchmal das Gefühl, >80% des Volumens gehen dafür drauf, durchzudeklinieren was alles _nicht_ geht, und das dann oft aus grundsätzlich fragwürdigen Motiven, wie etwa der PANISCHEN Angst der Autoren, ein Charakter könnte irgendeine Fähigkeit ohne Umweg über das Monsterschnetzeln in klingende Münze umwandeln.

Das gab es schon zu 2E Zeiten. Wenn die Spielbalance davon abhängt wieviel Gold die SCs haben dann muss man Gratisgold verhindern.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: YY am 28.03.2023 | 19:54
Das Problem beim Grapple im Gegensatz zu normalen Angriffen ist ja dass man die Auswirkungen nicht einfach mit Tefferpunkten abstrahieren kann sondern relativ konkret sagen muss was genau passiert.

Andersrum ist der große Vorteil, dass da Dinge passieren, deren Auswirkungen recht offensichtlich und entweder leicht verregelt oder schon an anderer Stelle im System vorhanden sind.

Umgekehrt: Wenn es dem Regelwerk z.B. in jedem anderen Kontext völlig egal ist, ob ein Kämpfer liegt, dann brauche ich das auch beim Grappling nicht als wählbaren Effekt.

(Grapple-Mechaniken sind übrigens genau meist die Mechaniken, bei denen ich mich gerne frage: Spiel, warum zum Teufel brauchst du ein eigenes Subsystem dafür!?!)

Hast du doch schon selbst gesagt:
Hinter dem Grapple-Beispiel steht explizit der Wunsch, Grapple anders zu regeln als andere Arten von Interaktionen.

Da muss man dann als Autor mal in sich gehen und beleuchten, wo dieser Wunsch herrührt und ob das für das angepeilte Spiel überhaupt relevant und sinnvoll ist.

Als Schnellschuss sage ich: Wenn man eigene Fertigkeiten dafür hat/haben will und die Kampfrunden so kurz sind, dass sich ein Ringkampf quasi immer über mehrere Runden erstreckt, dann kann man eine gesonderte Verregelung angehen.

Meistens wird man sich aber darauf beschränken können, wie hier besprochen das Ganze möglichst ähnlich dem "normalen" Nahkampf aufzuziehen.
Dann dürfen die Sachen, die Grappling liefern soll, aber auch nicht sowieso schon an anderer Stelle in den Kampfregeln vorkommen - sonst ist das ohnehin nur Farbe und/oder "skill tax".
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: Skaeg am 27.04.2023 | 21:54
Ich hab für eine Vorlesung mal eine Liste von "Schlimmen Dingen" gesammelt, die in Regelsystemen oft schwierig umzusetzen sind. Da gehören Verfolgungsjagden tatsächlich mit dazu. Das halbwegs elegant regelseitig umzusetzen ist echt fummelig.
Hä? Das ist doch unglaublich einfach. Beide Seiten würfeln auf einen entsprechenden Wert (Fahrzeugfertigkeit, Gewandheit, sowas): Wenn der Verfolger besser ist, holt er den Verfolgten ein, wenn nicht, entkommt der Verfolgte.
Es ist nur dann schwierig umzusetzen, wenn man mit der Erwartung herangeht, dass es spannend und aufregend wie im Film wird. Weil's halt kein Film ist.
Titel: Re: Rules-Lite and Rules-Heavy -- Beides Blöd Semirant
Beitrag von: nobody@home am 27.04.2023 | 22:42
Hä? Das ist doch unglaublich einfach. Beide Seiten würfeln auf einen entsprechenden Wert (Fahrzeugfertigkeit, Gewandheit, sowas): Wenn der Verfolger besser ist, holt er den Verfolgten ein, wenn nicht, entkommt der Verfolgte.
Es ist nur dann schwierig umzusetzen, wenn man mit der Erwartung herangeht, dass es spannend und aufregend wie im Film wird. Weil's halt kein Film ist.

Ich würde ggf. noch einen Schritt weitergehen: Verfolgungsjagden sind schon im Film eher selten so wirklich toll. ;) Klar, man kriegt vielleicht seine ein, zwei Minuten Äktschneinlage geliefert und die Stuntleute bekommen dabei auch eine Chance, sich ihre Gage zu verdienen -- aber meistens ist das doch nicht mehr als eben "Füller".