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Pen & Paper - Spielsysteme => Apocalypse World System (PbtA) => Thema gestartet von: aikar am 28.11.2023 | 08:21

Titel: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 28.11.2023 | 08:21
Ich liebe PbtA-Spiele, ich finde sie elegant, flott und super in der Art, wie sie die Erzählung unterstützen statt zu unterbrechen.

Aber ich habe jetzt schon mehrfach von Spieler:innen verschiedener PbtA-Systeme die etwas frustrierte Rückmeldung erhalten, dass sie "das Gefühl haben, kaum etwas zu schaffen".

PbtA-Systeme bauen ja auf dem Prinzip Fail Forward auf. Wenn eine Probe kein voller Erfolg ist, geht es trotzdem weiter, aber mit einem Haken.
Der Sinn ist es, die Geschichte interessant und spannend zu halten und ständig neue Aufhänger zu liefern.

Da vollständige Erfolge aber recht selten sind, ergibt sich für viele Spieler:innen aber offenbar ein fast ständiges Gefühl des Versagen.

Natürlich versuche ich das durch Formulierung und Umsetzung in der Szene abzumildern, aber der Kern des Problems steckt schon in der Formulierung der 7-9-Ergebnisse der Spielzüge und der schlichten Tatsache, dass diese eben kein voller Erfolg sind. Das lässt sich leider kaum "wegerzählen"  :(

Das Ergebnis ist, dass ich Spieler:innen zwar ganz gut zu PbtA-Oneshots kriege, aber kaum jemand, geschweige denn eine ganze Gruppe, Lust hat sich das für eine Kampagne "anzutun".

Wie geht ihr damit um? Kann man PbtA wirklich nur mit Storytellern spielen, denen die Geschichte wichtiger ist als der persönliche Erfolg bzw. mit Spieler:innen, die Spaß am Scheitern haben?
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Haukrinn am 28.11.2023 | 08:42
Ich habe schon oft Ähnliches gehört. Aber eigentlich ausschließlich von Leuten mit Rollenspielerfahrung, nie von Personen, die neu zum Hobby dazugestossen sind.

Proben schaffen zu müssen ist ein anerzogenes Verhalten. Schlimmer noch, bei pbta gibt es ja eigentlich keine Proben, aber Rollenspieler sehen die Würfe als solche an. Obwohl Moves, die am Zufall hängen, eigentlich eher so etwas wie die Antwort auf eine „was passiert wenn“ (vgl. Sesamstrasse) Frage sind.

Ein weiterer Faktor ist mit Sicherheit, dass viele Rollenspiele bei Proben nur Fail/Pass kennen. Ein Erfolg mit Konsequenzen, das findet sich selten. Bei pbta ist er aber das häufigste Ergebnis. Mechanisch. In anderen Spielen ist das eher vom Spielstil abhängig - ich als SL bläue meinen Mitspielenden auch bei klassischen Systemen immer ein, dass bei mir nix umsonst ist und Entscheidungen natürlich immer auch Konsequenzen haben. Vielleicht haben meine Leute deshalb auch kein Problem, wenn wir mal pbta spielen.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: nobody@home am 28.11.2023 | 09:34
Klingt für mich, mit Verlaub gesagt, wie eine hypothetische Gruppe von D&D-Spielern, die unglücklich sind, weil sie nicht am laufenden Meter natürliche 20er würfeln. Mit anderen Worten, der Denkfehler liegt darin, nur das allerbeste überhaupt jemals mögliche Ergebnis als "richtigen" Erfolg zu werten und alles andere mehr oder weniger als Fehlschlag.

Betrachte ich dagegen gleich die 7 bis 9 als mein "normales Erfolgserlebnis", dann kriege ich zwar nicht immer alles perfekt auf einem Silbertablett serviert und muß mich ggf. auf vorhersehbare Nebenwirkungen einstellen, aber die kann ich auf 2W6 (plus eventuelle Boni) auch wesentlich leichter erwürfeln.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Marduk am 28.11.2023 | 09:36
Ich sehe die 7-9 auch eher als Erfolg mit Komplikationen, als als Teilerfolg. Die 10+ sind dann schon besonders gut. Kleiner Unterschied, der bei mir aber im Kopf viel ändert.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: bolverk am 28.11.2023 | 09:40
Natürlich versuche ich das durch Formulierung und Umsetzung in der Szene abzumildern, aber der Kern des Problems steckt schon in der Formulierung der 7-9-Ergebnisse der Spielzüge und der schlichten Tatsache, dass diese eben kein voller Erfolg sind. Das lässt sich leider kaum "wegerzählen"  :(
Ich habe, nachdem ich das kapiert habe, meinen Spielern in den ersten Spielrunden das Mantra eingeimpft "Success at a cost ist ein ERFOLG". Mittlerweile wird das 10+ Ergebnis bei uns eher als eine kritischer Erfolg gesehen, die 7-9 als Erfolg und die 6- eben als Mißerfolg. Meine Spieler haben mit D&D angefangen, dem binären System schlechthin, haben ihr Mindset aber erfolgreich auf PbtA umgestellt, so dass es da bisher keine Probleme gab. Manchmal, wenn nicht ganz klar ist, wie es mit einem Teilerfolg weitergeht, wiederholt jemand aus der Gruppe das obige Mantra als Aufruf, zunächst den Erfolgsteil der Probe zu betrachten. Die Konsequenz folgt dann erst, nachdem der jeweilige Charakter seinen Moment gehabt hat. Ich glaube, bisher hatte da noch niemand das Gefühl, man könne kaum etwas schaffen.

Das ist bei uns auch nie so wirklich durchdiskutiert worden, sondern hat nach wenigen Runden einfach funktioniert. Vielleicht habe ich da schlicht Glück mit meinen Spielern.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Marduk am 28.11.2023 | 09:46
Je nach PbtA-System und Situation interpretiere ich manchmal auch eine 6- als Erfolg mit GROSSEN Kosten.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: 1of3 am 28.11.2023 | 10:00
Es ist auch einfach falsch alle Moves in eine Skala zwängen zu wollen. 7-9 ist irgendwie weniger wünschenswert als 10+, aber was das nun fiktional bedeutet, steht immer beim einzelnen Move.

Wurde mir klar als ein Spieler kommentierte das man bei Run Away bei Urban Shadows tatsächlich nicht gewinnen kann. Auch nicht bei 10+.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Skasi am 28.11.2023 | 10:22
Ich habe bisher eigentlich nur Erfahrungen mit "Forged in the Dark"-Spielen, die spielen wir aber schon länger und auch gern.
Es wurde nie von jemandem das beschriebene Gefühl geäußert, daß man ja kaum was schaffen würde.
Bei einer Spielerin hatte ich ganz am Anfang mal den Eindruck, daß erlittene Konsequenzen nicht ganz in ihren Vorstellungsraum passen würden. Aber das kann natürlich auch an meiner Wahl / Beschreibung gelegen haben.
Ich werde mal fragen, was die Gruppe dazu sagt...

Letztlich versuche ich aber auch, bei Teilerfolgen nicht immer die Keule auszupacken (Schaden erleiden, Wachen oder andere direkte Komplikationen tauchen auf). Ich setze regelmaßig auch auf weniger greifbare Konsequenzen (reduzierter Effekt, die Situation wird prekärer oder es dauert länger).
Ich mache das, damit sich eben nicht unterbewußt festsetzt "Teilerfolg = schlecht", sondern versuche zu vermitteln "Teilerfolg = nicht ganz optimal".
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: schneeland (N/A) am 28.11.2023 | 10:49
Wie geht ihr damit um? Kann man PbtA wirklich nur mit Storytellern spielen, denen die Geschichte wichtiger ist als der persönliche Erfolg bzw. mit Spieler:innen, die Spaß am Scheitern haben?

Meine Erfahrung war da ähnlich, wobei es in der Beurteilung aber schon auf die konkreten Spielzüge ankam. Wir haben hauptsächlich Dungeon World (ein paar One Shots und eine Kurzkampagne) und Der Sprawl (ein One Shot und eine anschließende Kampagne) gespielt und wenn ich mich richtig erinnere, war vor allem "Handeln unter Druck" ein Spielzug, bei dem sich der "Erfolg mit Einschränkungen" eher nach einem "erfolg mit EINSCHRÄNKUNGEN" anfühlte. Generell lief es schon deutlich besser als ich mal ein Abenteuer mit den World of Dungeons-Regeln geleitet habe (wo die Kosten für einen Teilerfolg nicht so hart verregelt sind).

Generell war es aber so, dass die Gruppe insbesondere beim Sprawl auch nach einer ganzen Weile nicht so richtig warm wurde. Insofern war das Experiment dann nach zweimal jeweils ein paar Monaten vorbei.
Für mich war das Fazit dann in der Tat, dass PbtA eben nicht für jeden ist und man Spaß an der konstanten, durch das Regelsystem auch forcierten Eskalation hat. Das schließt auch mich selber ein, wobei ich für One Shots da deutlich besser mit leben kann als für längere Sachen.
Dem Lesen nach kann ich mir vorstellen, dass Blades in the Dark, The Spire oder Trophy (Gold) hier besser funktionieren - die habe ich nur noch nicht an den Spieltisch gebracht.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Feuersänger am 28.11.2023 | 11:50
Ich habe mit pbta nur sehr begrenzte Erfahrung; einmal ein Oneshot mit Urban Shadows oder wie das hieß, und einmal ein Versuch einer Kampagne mit Dungeon World. Letztere lief die ersten Sitzungen ganz okay, litt allerdings dann zunehmend daran, dass wir halt versucht haben es wie D&D zu zocken. Da hieß halt im Kampf jede "7-9" im Regelfall soviel wie "gegenseitige Treffer", was bei dem geringen Healthpool in DW halt schnell kritisch wird. Nach einiger Zeit hat uns dann jemand ein Licht aufgesteckt, dass man das so nicht spielen sollte, sondern HP-Verlust quasi das letzte Mittel ist wenn einem sonst wirklich nichts anderes mehr einfällt. Zu dem Zeitpunkt war es bereits zum ersten Chartod durch HP-Verlust gekommen.

So oder so finde ich auch, dass bei dem "Ja, aber" des 7-9er-Wurfs der "aber-Teil" im Kampagnenspiel generell sehr milde ausfallen muss, wenn man den Eindruck des Dauerversagens vermeiden will, den der TE beschreibt.

Nebenbei bemerkt hatte ich (surprise!) meinen Char ziemlich optimiert (Playbook bei dem ich ziemlich oft einen Bonus auf meine Würfe bekommen konnte), und habe dementsprechend ziemlich oft 10+ rausgeholt. Da fing dann die SL irgendwann an, mich mit Hard Moves einzudecken, sodass meine ganzen 10+ auch nicht länger mehr wert waren als eine 7-9. Das war dann auch ziemlich unbefriedigend, weil sich so ein "Du kannst nicht gewinnen" Gefühl einstellte. Insbesondere in der letzten gespielten Sitzung hat die SL in der Schlüsselszene Wurf um Wurf um Wurf von mir verlangt, und ich habe 10er um 10er gewürfelt (da war auch etwas Glück dabei), und trotzdem ist nichts passiert außer (sinngemäß) "du vermeidest die komplette Katastrophe eine weitere Runde". Was die anderen da gemacht haben weiß ich nicht mehr, aber wir waren alle ziemlich stumped was wir da noch hätten machen sollen. Dann war irgendwann die Sitzung um, und irgendwie wurde kein weiterer Termin ausgemacht.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Feuersänger am 28.11.2023 | 13:14
Thema war versehentlich geschlossen (Diagnose: auf Smartphone vertippt) -- sorry dafür, es kann weitergehen!
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Smoothie am 28.11.2023 | 13:43
ich kenn das Problem auch überhaupt nicht. Hab als PbtA bislang Apocalypse World, City of Mist, Brindlewood Bay, Action Movie World und Alas for the Awful Sea gespielt oder geleitet und meiner Erfahrung nach, hatten die SC unvergleichlich viele Möglichkeiten die Handlung zu bestimmen.

Kann mir aber vorstellen, dass sich dieses Gefühl einstellt, wenn man viele Kampfmoves runterwürfelt. Wir haben zwar auch viel gekämpft, aber fast nie zweimal nacheinander einen Kampfmove (wie auch immer sie heißen mögen) gemacht.
Allerdings sind die 7-9 Ergebnisse je nach System sehr unterschiedlich ausgestaltet.

Wenn du als SL Freiheiten hast (also die Ergebnisse bei 7-9 nicht ganz starr festgelegt sind), kann man versuchen das so auszulegen, dass es sich für die SC trotzdem erfolgreich anfühlt. "Du haust den Schurken aus den Socken, siehst aber, dass zwei weitere vermummte um die Ecke biegen..." oder vergleichbar.
Erzählerische "Abers" sind immer besser, als "du schaffst das, erleidest aber auch einen Schaden"

Ich finde das frustrierende Gefühl bei den Erfolgen mit Konsequenzen bei Blades in the Dark z.B. viel, viel stärker, wenn man so mir nichts dir nichts nebenbei eine völlig verkrüppelnde Verletzung oder einen empfindlichen Schaden auf deine einzige Ressource Stress bekommen hat.

Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: 1of3 am 28.11.2023 | 13:49
Zitat
Wenn du als SL Freiheiten hast (also die Ergebnisse bei 7-9 nicht ganz starr festgelegt sind)...

Tatsächlich glaube ich eher, dass das die Sache wenn nur schlimmer macht. SL macht vorzugsweise bei 7-9 gar nichts. Das verwischt sonst nur die Grenze zu 6-.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Smoothie am 28.11.2023 | 14:01
Tatsächlich glaube ich eher, dass das die Sache wenn nur schlimmer macht. SL macht vorzugsweise bei 7-9 gar nichts. Das verwischt sonst nur die Grenze zu 6-.

naja, es gibt bei einigen Spielen ja schon die Möglichkeit, dass der DM bei 7-9 was macht. Nicht bei allen Moves aber manchmal schon. Man eskaliert natürlich nicht wie bei einem Fehlschlag, sondern versucht eher was interessantes zu machen.... alles besser als "du erhälst auch Schaden".
Aber das ist nur meine Meinung natürlich
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Isegrim am 28.11.2023 | 14:09
Wenn du als SL Freiheiten hast (also die Ergebnisse bei 7-9 nicht ganz starr festgelegt sind), kann man versuchen das so auszulegen, dass es sich für die SC trotzdem erfolgreich anfühlt. "Du haust den Schurken aus den Socken, siehst aber, dass zwei weitere vermummte um die Ecke biegen..." oder vergleichbar.

Vorteil: Ein Gegner weniger. Nachteil: Zwei Gegner mehr. Ich kann mir nicht helfen, aber wie soll sich das unterm Strich als Erfolg anfühlen? Oder versteh ich was nicht?

Kenn PbtA nicht, hatt aber zT ähnliche Probleme mit den hakenbewehrten Teilerfolgen bei Fate.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Smoothie am 28.11.2023 | 14:17
Für die Immersion im Charakter funktioniert das schon. "Ich hab einen umgenietet".
Aus Metagame Sicht werden Dinge natürlich komplizierter, aber das ist ja nicht Schuld des Charakters...

Abgesehen davon hatte ich noch keine einzige PbtA Situation, in der es darum ging, einfach Gegner auf einem begrenzten Schauplatz abzumurksen, bei uns waren Konflikte immer sehr dynamisch und wurde häufig durch andere Moves als die Kampfmoves entschieden.
Aber das ist recht Spiel- und Stilabhängig.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: La Cipolla am 28.11.2023 | 14:26
Lustigerweise kenne ich das nur von DungeonWorld, wo es sich manchmal wirklich so angefühlt hat, als würde ein Großteil der Proben die Situation nur schlimmer machen. :D Vielleicht ist es wirklich der direkte D&D-Vergleich? Bei Monsterhearts & Co. ist das niemals auch nur als Thema aufgekommen.

Wir haben im FateCast übrigens auch mal eine komplette Doppelfolge (https://faterpg.de/2019/12/fatecast-folge-58-aufgeben-ist-eine-option-teil-1/) zum Thema Scheitern, Failing Forward etc. gemacht. In Teil 2 geht es auch um den Erfolg mit Haken, was uuungefähr das Fate-Equivalent von "7-9" ist.
Was aber spannender ist: Wir sprechen erstmal ausgiebigst über das Scheitern im realen Leben, und ich kann mir gut vorstellen, dass unsere kulturelle und persönliche Konzeption (und Bewertung!) von "Scheitern" ziemlich entscheidend für die Wahrnehmung solcher Mechanismen ist.

Damit will ich selbstverständlich sagen: Selbst die Frage, ob ein Erfolg einen Haken haben kann und wie sich das anfühlen sollte, ist schon ein zutiefst politischer Teil von Rollenspieldesign! ;D
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 28.11.2023 | 14:42
Ich denke nicht, dass die Situation bei 7-9 schlimmer werden sollte - dafür sind die 6- Ergebnisse da. Dieses "Du hast einen Gegner umgenietet und zwei weitere erscheinen" würde ich auch nicht toll finden, 7-9 sollte schon ein ERFOLG sein. Das haben die meisten PbtA-Spiele (z.B. Monsterhearts, Legacy, Dungeon World...) auch verstanden und machen so etwas nicht.

Allerdings muss nicht immer ein Bezug zwischen Erfolgsgrad und dem was in der Fiktion versucht wird bestehen:
- Bei Dungeon World hatte ich mal eine Situation, wo der Barbar beim Kampf an einer Klippe versucht hat einen Goblin von dieser runter zu stoßen. Dabei hat er eine 6- gewürfelt, also sind beide von der Klippe gestürzt. Technisch gesehen hatte der Charakter "Erfolg" mit seinem Vorhaben (Ausschalten eines Gegners, weil das Stoßen eines schwächlichen Goblins eben nicht so schwierig ist), aber da es eine 6- war konnte ich einen GM-Move anwenden, um den Charakter tiefer reinzureiten.
- Bei Monsterhearts haben die Charaktere gegen einen Golem gekämpft, der "unverwundbar" war (nur bei Angriffen des Wortes auf seiner Stirn nimmt er Schaden): die Spielerin hat ihren Angriff (Schlag gegen das Bein) beschrieben und eine 7-9 gewürfelt. Ich habe ihr daraufhin gesagt, dass der Angriff (entgegen des Moves) keinen Schaden zu machen scheint und das Ergebnis als "Cool Bleiben" interpretiert. Zusätzlich habe ich beschrieben, dass der Golem die Arme hochgerissen hat um den Kopf zu schützen (obwohl der Schlag niedrig kam). Obwohl der Charakter nicht erreicht hat was sie wollte (dem Gegner Schaden zufügen), fühlte sich das nicht wie ein Misserfolg an, weil der Charakter sich nicht angreifbar gemacht hat und zusätzlich noch ein paar Infos über den Gegner mitgenommen hat.

Wo andere Systeme diese Situationen mit ausufernden Sonderfähigkeiten oder Modifikatorwahnsinn "lösen" würden, stellt PbtA die Fiktion an erste Stelle, was ich sehr angenehm finde.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 28.11.2023 | 15:26
Ich habe schon oft Ähnliches gehört. Aber eigentlich ausschließlich von Leuten mit Rollenspielerfahrung, nie von Personen, die neu zum Hobby dazugestossen sind.
Das ist sicher richtig, merkt man ja auch bei Fate stark.

Klingt für mich, mit Verlaub gesagt, wie eine hypothetische Gruppe von D&D-Spielern, die unglücklich sind, weil sie nicht am laufenden Meter natürliche 20er würfeln.
Mit Verlaub gesagt, das ist Unsinn. Bei D&D gibt es bei einer natürlichen 20 klare Boni (und RAW nur im Kampf) und bei einem normalen Erfolg keine Nachteile. Geschafft ist geschafft.

Ich habe, nachdem ich das kapiert habe, meinen Spielern in den ersten Spielrunden das Mantra eingeimpft "Success at a cost ist ein ERFOLG". Mittlerweile wird das 10+ Ergebnis bei uns eher als eine kritischer Erfolg gesehen, die 7-9 als Erfolg und die 6- eben als Mißerfolg.
Habe ich versucht, hat nicht geklappt. Es gibt einen Haken ("at a cost"), also wird es nicht als echter Erfolg akzeptiert.
Das Problem hier ist ja nicht, dass es einen Success at a cost gibt, das wird in vielen Systemen bei uns ohne Probleme akzeptiert, wenn man z.B. eine Probe nur knapp geschafft hat. Das Problem ist, dass Success at a cost bei PbtA der statistische Normalfall ist und ein "Success without a cost" die Ausnahme.

Ich habe bisher eigentlich nur Erfahrungen mit "Forged in the Dark"-Spielen, die spielen wir aber schon länger und auch gern.
Es wurde nie von jemandem das beschriebene Gefühl geäußert, daß man ja kaum was schaffen würde.
Dem Lesen nach kann ich mir vorstellen, dass Blades in the Dark, The Spire oder Trophy (Gold) hier besser funktionieren - die habe ich nur noch nicht an den Spieltisch gebracht.
Lustigerweise kenne ich das nur von DungeonWorld, wo es sich manchmal wirklich so angefühlt hat, als würde ein Großteil der Proben die Situation nur schlimmer machen.
Interessanterweise hatte ich bei Dungeon World noch am wenigsten negative Rückmeldungen (am meisten bei Der Sprawl und Avatar, bei Mythos World wurde es angemerkt, aber aufgrund des Genres eher hingenommen) und bei "Forge in the Dark" (in unserem Fall Scum & Villainy) war es sogar noch extremter, weil da regeltechnisch immer weiter eskaliert und Abzüge hinzugefügt wurden, die dann zu noch mehr Misserfolgen geführt haben (während bei klassischem PbtA wenigsten jede Probe für sich steht). Das war dann sogar mir als SL zu viel und die Gruppe wusste nicht mehr vor und zurück.

Das haben die meisten PbtA-Spiele (z.B. Monsterhearts, Legacy, Dungeon World...) auch verstanden und machen so etwas nicht.
Alle PbtA-Spiele, die ich bisher getestet habe (Dungeon World, Mythos World, Avatar, Der Sprawl), hatten zumindest ein paar Züge mit 7-9 Du schaffst was du wolltest, aber <du erhältst einen Zustand, musst etwas opfern, der SL lässt dich zwischen zwei Übeln wählen, die Situation wird komplizierter,...>


Das ganze ist wohl ein ähnlicher Fall wie die explodierenden Würfel bei Savage Worlds oder die Varianz eines einzelnen W20: In manchen Gruppen tritt es nicht zutage und dann können die Leute sich nicht vorstellen, dass überhaupt ein Problem existiert. In anderen Gruppen wird es irgendwann auffällig und dann tut man sich schwer, es noch zu ignorieren.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 28.11.2023 | 15:46
Welche Moves waren das? Einige (wie z.B. "Defy Danger" oder auch "Cool Bleiben" bei Monsterhearts) kommen erst ins Spiel, wenn die Situation bereits zu einem gewissen Grad eskaliert ist (d.h. vorher ist schon einiges schief gegangen), und man versucht noch die brennenden Kohlen aus dem Feuer zu holen - entsprechend sind die Ergebnisse bei diesen auch etwas härter (diese Moves wären ungefähr vergleichbar mit der "Wurfwiederholung" (Forcieren) bei der 7. Edition von CoC).
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Marduk am 28.11.2023 | 15:58
Welche Moves waren das? Einige (wie z.B. "Defy Danger" oder auch "Cool Bleiben" bei Monsterhearts) kommen erst ins Spiel, wenn die Situation bereits zu einem gewissen Grad eskaliert ist (d.h. vorher ist schon einiges schief gegangen), und man versucht noch die brennenden Kohlen aus dem Feuer zu holen - entsprechend sind die Ergebnisse bei diesen auch etwas härter (diese Moves wären ungefähr vergleichbar mit der "Wurfwiederholung" (Forcieren) bei der 7. Edition von CoC).
Leider werden gerade diese Moves sehr gerne inflationär benutzt, wenn die SL entscheidet, dass jetzt eine Probe her muss, aber kein Move aktiviert wird.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 28.11.2023 | 17:10
Ja, das ist aber ein Problem der Sozialisierung durch "klassische" Rollenspiele, kein Problem von PbtA an sich.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: nobody@home am 28.11.2023 | 17:15
Mit Verlaub gesagt, das ist Unsinn. Bei D&D gibt es bei einer natürlichen 20 klare Boni (und RAW nur im Kampf) und bei einem normalen Erfolg keine Nachteile. Geschafft ist geschafft.

Mit Verlaub gesagt, du schreibst hier gerade Blech. Bei D&D hast du bei einer gewürfelten 19 eben den "Nachteil", daß du die Nat-20-Boni nicht kriegst. Die Situation ist also direkt vergleichbar, nur die Erwartungshaltung eine andere -- und genau darauf wollte ich hinaus. (Aus welchen Gründen genau die Ansprüche bei D&D plötzlich anders ausfallen, darum mögen sich meinethalben die Psychologen und Verhaltensforscher kloppen. Vermutlich läuft's gerade auf das weitgehende Unter-den-Tisch-Kehren von Risiken und Nebenwirkungen hinaus, was dann zu so etwas führt, was ich als Laie vielleicht als "Normalisierung von Perfektion" bezeichnen würde.)

@La Cipolla: Ironischerweise kennt Fate auch ganz ohne Gleichstände und Erfolge mit Haken seit spätestens Core ja zwei verschiedene Arten von Erfolg: den "normalen" (Widerstand um 1-2 Punkte überboten) und den "vollen" bzw. "success with style" (Widerstand um 3 oder mehr geschlagen). :) Das läßt sich mMn zumindest sinngemäß auch auf pbtA übertragen; die 7-9 ist der "normale" Erfolg, also das, was man in der Situation, die den Move überhaupt erst auslöst (beispielsweise ist bei Monster of the Week nicht jeder Versuch, jemand anderem Schaden zuzufügen, gleich ein Fall für "Kick Some Ass"), eigentlich so erwarten darf, und die 10+ dann der "Erfolg mit Sahnehäubchen".
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: boeseMuh am 28.11.2023 | 17:18
Meiner Erfahrung nach kann man den Erfolgsgrad als SL auch damit steuern, wie häufig man würfeln lässt.

Die Moves geben natürlich ihre Auslöser vor, aber in weniger heiklen Situationen bzw. Situationen, in denen die narrative Situation so eindeutig ist, dass die Charaktere eigentlich nicht fehlschlagen können, kann man mMn auch gut auf Spielzüge verzichten.

Nicht jeder Sprung über einen Gartenzaun muss Defy Danger oder ähnliches auslösen.

Des Weiteren hilft es, die Kosten des Teilerfolgs von der narrativen Ausgangssituation abhängig zu machen. Wenn die Spieler sich in eine gute Ausgangssituation manövriert haben, kann man die Kosten dementsprechend anpassen bzw. abschwächen
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Gunthar am 28.11.2023 | 17:21
Apropos D&D. Da gibts bei einigen Abenteuern bei gewissen Proben verschiedene Informationslevel aufgelistet, was du beim Erreichen eines bestimmten Schwierigkeitgrades erhältst. Wenn du nur SG 10 schaffst, kriegst weniger Infos als wenn du SG 20 schaffst.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: schneeland (N/A) am 28.11.2023 | 17:36
Mit Verlaub gesagt, du schreibst hier gerade Blech. Bei D&D hast du bei einer gewürfelten 19 eben den "Nachteil", daß du die Nat-20-Boni nicht kriegst. Die Situation ist also direkt vergleichbar, nur die Erwartungshaltung eine andere ...

Da ist nicht nur die Erwartungshaltung eine andere, da ist die konkrete Regelausprägung eine andere. Wer seine D&D-Probe schafft, hat komplikationslos Erfolg*. PbtA-Spielzüge dagegen sagen bei einer 7-9 relativ klar: was Du versucht hast, klappt zwar, aber es gibt Komplikationen - such Dir (als Spieler) eine aus bzw. wähle die Komplikationen, die nicht auftreten sollen (mit der Implikation, dass dann eine der verbleibenden Komplikationen eintritt).

* bzw. wenn dann plötzlich Komplikationen auftreten handelt es sich um handelsübliche Spielleiterwillkür
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: nobody@home am 28.11.2023 | 17:43
Da ist nicht nur die Erwartungshaltung eine andere, da ist die konkrete Regelausprägung eine andere. Wer seine D&D-Probe schafft, hat komplikationslos Erfolg*. PbtA-Spielzüge dagegen sagen bei einer 7-9 relativ klar: was Du versucht hast, klappt zwar, aber es gibt Komplikationen - such Dir (als Spieler) eine aus bzw. wähle die Komplikationen, die nicht auftreten sollen (mit der Implikation, dass dann eine der verbleibenden Komplikationen eintritt).

* bzw. wenn dann plötzlich Komplikationen auftreten handelt es sich um handelsübliche Spielleiterwillkür

Wie gesagt: D&D formt halt die Erwartungshaltung "wenn ich Erfolg habe, dann gehört zwingend dazu, daß es keine Komplikationen gibt". Wo außerhalb eben von entsprechend angelegten Rollenspielsystemen findet man das sonst noch? In der realen Wirklichkeit jedenfalls nicht -- da ist ein "Erfolg mit Nebenwirkungen" sogar (gerade in Streß- und Gefahrensituationen, also denen, in denen auch im Spiel am schnellsten zu den Würfeln gegriffen wird) schon eher der Normalfall.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 28.11.2023 | 17:53
Da ist nicht nur die Erwartungshaltung eine andere, da ist die konkrete Regelausprägung eine andere. Wer seine D&D-Probe schafft, hat komplikationslos Erfolg*. PbtA-Spielzüge dagegen sagen bei einer 7-9 relativ klar: was Du versucht hast, klappt zwar, aber es gibt Komplikationen - such Dir (als Spieler) eine aus bzw. wähle die Komplikationen, die nicht auftreten sollen (mit der Implikation, dass dann eine der verbleibenden Komplikationen eintritt).

* bzw. wenn dann plötzlich Komplikationen auftreten handelt es sich um handelsübliche Spielleiterwillkür

Das ist nicht bei allen Spielzügen so, meistens ist es so, dass man zwischen mehreren Vorteilen wählen muss, während man bei 10+ nicht wählen muss, sondern alle Vorteile bekommt.

Und bei D&D ist es halt so, dass die SL bei eskalierten Würfen eben noch Modifikatoren (Nachteil bei D&D5) oder höhere DCs ansetzt, was die Chancen für einen komplikationslosen Erfolg senkt ("Hah, ich habe eine 15!" - "Reicht leider nicht. Deswegen hast du jetzt diese und jene Nachteile" ist mindestens genauso unbefriedigend).

PbtA vermeidet halt das sinnlose Modifikator-Hantieren durch Priorisieren der Fiktion.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: schneeland (N/A) am 28.11.2023 | 17:58
Das ist nicht bei allen Spielzügen so, meistens ist es so, dass man zwischen mehreren Vorteilen wählen muss, während man bei 10+ nicht wählen muss, sondern alle Vorteile bekommt.

Deshalb der zweite Halbsatz.

Und klar: je nach Handhabung kann auch die traditionelle Probe ziemlich frustrierend sein (und wirft zudem die Frage auf: was passiert denn jetzt genau, wenn man scheitert?) - aber es gilt halt: geschafft ist geschafft, ohne Einschränkung. Dieses Gefühl vermittelt das Würfeln auf einen PbtA-Spielzug nicht (möchte es m.E. auch gar nicht, weil die Komplikationen als Triebfeder der weiteren Geschichte funktionieren).
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 28.11.2023 | 18:02
Geschafft oder nicht geschafft ist bei D&D (genau wie bei PbtA) halt SL-Entscheidung. Deswegen weiß man es vorher nicht, bis die SL es mitteilt. So gesehen könnte man sagen, dass kein Wurf geschafft ist.  >;D

Und unabhängig von den Fiktionsauswirkungen bekommt man bei PbtA halt auch harte mechanische Vorteile, wenn man mindestens 7+ schafft.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Sashael am 28.11.2023 | 19:54
Und unabhängig von den Fiktionsauswirkungen bekommt man bei PbtA halt auch harte mechanische Vorteile, wenn man mindestens 7+ schafft.
Genau das Gefühl hatten wir bei City of Mist nicht.

Da fühlte sich jedes 7-9 wie ein "Nein, aber ..." statt ein "Ja, aber ..." an.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 28.11.2023 | 21:57
Mit Verlaub gesagt, du schreibst hier gerade Blech.
Friede.  :) Ich hab auf dein erstes für mich gefühlt etwas gehässiges Kommentar ebenfalls gehässig reagiert, das war falsch und tut mir leid. Ich sehe keinen Grund, das weiter eskalieren zu lassen.


Die ganze Angelegenheit ist offenbar wirklich stark eine Sache der persönlichen Wahrnehmung. Und die lässt sich nun mal schwer ändern, gerade wenn sie erst mal eingefahren ist.


Das ist nicht bei allen Spielzügen so, meistens ist es so, dass man zwischen mehreren Vorteilen wählen muss, während man bei 10+ nicht wählen muss, sondern alle Vorteile bekommt.

Es gibt halt auch genug Züge, bei denen man bei 7+ zwischen verschiedenen Nachteilen wählen muss oder automatisch einen Nachteil kriegt. Eigentlich sogar bei deutlich mehr, von "meistens Vorteile" kann da wirklich keine Rede sein.

Welche Moves waren das?

z.B. (mal nur Grundzüge):
Dungeon World: Hauen & Stechen, Salve abgeben, Gefahr trotzen, Verhandeln, Helfen oder hindern, Wache halten, Vorräte aufstocken, Anheuern, Offene Rechnungen
Avatar: Appelieren, Auf Fähigkeiten & Ausbildung verlassen, Das Glück herausfordern (ok, das ist ein spezieller Zug, da passt es), jemanden Ermahnen
Der Sprawl: Auf die Straße gehen, Aufmischen, Bezahlung einstreichen, Helfen oder Einmischen, Mit harten Bandagen kämpfen, Überzeugen, Unter Druck handeln, Unters Messer legen
Mythos World: Nach etwas suchen, Wahrheit erkennen, Schießen, Schlagen, der Gefahr trotzen, Helfen oder hindern, Der Angst stellen


Bei all diesen Zügen ist eine 7-9 mit negativen Folgen verbunden. Und für viele Spieler:innen gilt offenbar "Negative Folgen" => Kein Erfolgserlebnis.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Antariuk am 28.11.2023 | 22:34
Ich kann das grundsätzliche Problem des als Versagen empfundenen "Ja, aber..." Resultats nachvollziehen, als jemand, der im PbtA-Bereich aber quasi nur Forged-in-the-Dark Sachen spielt, ist es bei mir persönlich bisher nur vereinzelt in der Praxis so vorgekommen. Und im Gespräch mit der Gruppe eben über dieses Thema ging es den anderen auch so.

Ich nehme Skasi jetzt vielleicht etwas vorweg, aber er hatte eine kluge Bemerkung dabei gemacht (wir sind in derselben Gruppe): Weil Blades ja nicht nur ein "Ja, aber" Resultat hat, sondern dieses auch noch durch die Ausgangsposition der SCs modifiziert wird (controlled/risky/desperate) und man zusätzlich auch noch ein Effektlevel bestimmt, wie erfolgreich der Bums am Ende überhaupt werden kann beim Würfeln, muss die Spielleitung hier manchmal ziemlich kurzfristig Ergebnisse und Konsequenzen improvisieren. Und manchmal fällt einem da nichts Gescheites ein, vor allem nicht, wenn man den Flow des Spiels nicht für eine Bedenkpause unterbrechen will - und dann greift man ggf. auf nicht so perfekte Fallstricke zurück, die am Ende mindestens gefühlt ein deutlich schlechteres Resultat vermitteln, als die Spielmechanik das an diesem Punkt vielleicht gefordert hat. Und das kann dann nerven, auf beiden Seiten des Spieltisches.

Natürlich fordern auch andere Systeme ein gewisses Improvisationstalent, aber ich sehe das durchaus so, dass man speziell bei Blades manchmal echt kreativ sein muss - oder damit leben lernt, dass bei einer gewürfelten 4-5 manchmal dann doch der Schleichversuch direkt nicht klappt, weil der Spielleitung keine coole Komplikation eingefallen ist (und ein andere Spieler unserer Runde warf - zu Recht - ein, dass jedes Mal in den gemeinsamen Workshop zu gehen, wenn mögliche Effekte gefragt sind, eine Szene auch arg in die Länge ziehen können und eine Ansage hier produktiver sein kann).

Am Ende präferiere ich das alles aber durchaus dem binären "geschafft" oder "gescheitert" vieler klassischen Systeme, ohne diese deshalb nicht mehr spielen zu wollen :) Ich nehme dieses Thema aber durchaus zum Anlass, mein eigenes Leiten und den Umgang mit Komplikationen und Problemen zu reflektieren, die ich Spielern an den Kopf werfe.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: 1of3 am 28.11.2023 | 23:10
naja, es gibt bei einigen Spielen ja schon die Möglichkeit, dass der DM bei 7-9 was macht. Nicht bei allen Moves aber manchmal schon.

Freilich. Ich sage, das sind schlechte Moves.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: haste nicht gesehen am 29.11.2023 | 07:02
Mein erstes Mal mit PbtA war Blades in the Dark und das Erlebnis hat mich ziemlich gefrustet. Rückwirkend betrachtet kommen da verschiedene Dinge zusammen. Einen Teil würde ich mal unter Kulturschock und SL bedingt verbuchen, aber trotzdem denke ich, dass das Spiel eine Abwärtspirale eingebaut hat. Das kann auch Spaß machen, wenn man sich darauf einstellen kann, aber es ist eben nicht das "Helden"-Gefühl anderer Spiele.
Bei Dungeon World ist es nicht ganz so schlimm, aber als mächtiger Babar kann es schon frustrierend sein, gegen jeden Gegner im Normalfall immer Schaden zu erleiden, egal ob gegen einen Goblin oder einen Troll.
Als Hexe wiederum hatte sich das Gefühl nicht so eingestellt.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 29.11.2023 | 07:04
Freilich. Ich sage, das sind schlechte Moves.
Das Argument "das ist halt ein schlechter Move" hört man halt immer wieder. Über alle möglichen PbtA-Systeme. Es kommt mir manchmal vor, als würde es irgendwo da draußen eine ideale PbtA-Variante geben, die immer wieder als Referenz für eine perfekte Umsetzung herangezogen wird, ohne sie zu nennen und alle "anderen" PbtA-Spiele (und ihre Probleme) als irrelevant zu erklären, weil sie halt schlechte Umsetzungen wären. Allerdings konnte mir bisher noch niemand sagen, welches Spiel dieses perfekte PbtA sein soll. Falls es darauf eine klare Antwort gibt, wäre ich wirklich interessiert.

Mein erstes Mal mit PbtA war Blades in the Dark und das Erlebnis hat mich ziemlich gefrustet. Rückwirkend betrachtet kommen da verschiedene Dinge zusammen. Einen Teil würde ich mal unter Kulturschock und SL bedingt verbuchen, aber trotzdem denke ich, dass das Spiel eine Abwärtspirale eingebaut hat.
Das war genau das Gefühl, das wir bei Scum & Villainy hatten.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Smoothie am 29.11.2023 | 07:47
Freilich. Ich sage, das sind schlechte Moves.

wenn das negativ bei den SC rüberkommt, würde ich eher sagen, das sind schlechte, spielerfeindliche DMs....
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 29.11.2023 | 08:06
wenn das negativ bei den SC rüberkommt, würde ich eher sagen, das sind schlechte, spielerfeindliche DMs....
Ich hab mir zwar einige Male anhören müssen, dass ich zu nett zu meinen Spieler:innen bin, aber als spielerfeindlich hat mich noch keiner bezeichnet, das ist mal neu  ;D
Wie würdest du denn diese Moves als DM besser bei den Spielern rüberkommen lassen?

Beispiel dieser Zug aus der Sprawl:

Auf die Straße gehen
Wenn du einen Kontakt um Hilfe bemühst, würfele Stil.
7+  Du bekommst, was du willst.
10+  Du bekommst noch etwas obendrauf (wähle zwischen [Infos] und [Ausrüstung]).
7-9
 Wähle zwei Optionen aus der folgenden Liste:
-> Deine Anfrage kostet dich was extra.
-> Deine Anfrage braucht einige Zeit, um bearbeitet zu werden.
-> Deine Anfrage erregt ungebetene Aufmerksamkeit, birgt Komplikationen
oder hat Konsequenzen.
-> Dein Kontakt benötigt deine Hilfe bei etwas anderem. Wenn du ablehnst,
bekommst du Dauerhaft –1 für diesen Zug, bis du es wiedergutmachst.



10+ bringt einen Bonus, 7-9 aber automatisch zwei Nachteile (ist also nur ein eingeschränkter Erfolg). Einfach "du hast es geschafft" gibt es nicht.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: 8t88 am 29.11.2023 | 08:15
Es lohnt sich ein Versagen nicht direkt mit der Aktion des Charakters zu verbinden...
Eine leichte Entkopplung kann da helfen.
(kleines) Beispiel: Schlösser knacken klappt nicht, Der Plot muss aber weiter gehen: Das Schloss öffnet, und kein Alarm findet statt.
Aber im Nebengebäude ist eine Laute Party und die Polizei rückt draußen an und parkt vor dem Gebäude.
Man sucht nicht direkt nach dem Spielercharakter, aber nun verlangt ungesehen entkommen kreative Ideen.

Alteingesessene Spieler fühlen sich dann nicht, als wäre Ihr Charakter eine Lusche, und lernen so schnell dass PbtA Spiele (ích selbst mache und spiele viel KULT) vor allem an Plot entwicklungen interessiert sind, und nicht am Auswerten von Taskresolution einer Physik Engine.
Absolute Rollenspielneulinge (zum Beispiel gesehen bei meiner Frau und Ihren 65+ Jährigen Eltern) haben mit PbtA sowieso kein Problem, was mich sehr fasziniert.

Ansonsten hängt es viel an der Konstruktion der Moves der einzelen PbtA varianten.
Ich werde immer noch nicht warm mit dem Avatar (Airbender) Spiel...
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: First Orko am 29.11.2023 | 08:20
So oder so finde ich auch, dass bei dem "Ja, aber" des 7-9er-Wurfs der "aber-Teil" im Kampagnenspiel generell sehr milde ausfallen muss, wenn man den Eindruck des Dauerversagens vermeiden will, den der TE beschreibt.

Exakt das. Ich weiß nicht mehr, wo ich es geschrieben hatte, aber ich als ich mich das erste Mal mit Dungeon World befasste (ich hatte zu der Zeit schon Monster of the week einmal gespielt) keimte in mir der Eindruck, dass sich PbtA viel Mühe damit gibt zu verschleiern, dass es eigentlich gern Freeform sein würde  8]

All die "Moves" der SL sagen im Grunde nur: "Mach halt so typisches SL Zeug". Das Problem daran ist imho, dass typische Rollenspielende weniger aus der Freeform-Ecke kommen - sondern eben aus den klassischen Systemen mit binären Probenmechanismen: Geschafft | nicht geschafft, gern angereicht um die Slaptstick-Option "Patzer/Botch/..." oder wie man es nennen mag  ::)
Wer nun daher kommt, der neigt u.U. dazu, die Probenergebnisse bei PbtA-Spielen ebenso binär zu betrachten: Ab 10  = Erfolg | alles Andere = Mißerfolg.
Nun ist es aber tatsächlich so, dass eine zu harte Interpretation der Erfolge mit Haken eben sehr schnell das Gefühl der Abwärtsspirale erzeugen. In einigen PbtAs ist diese auch sehr real (Ironsworn/Starforged). Als SL bei Dungeon World habe ich daher schnell gemerkt, dass es besser läuft, wenn man (a) 7-9 sehr viel "weicher" deutet und (b) die Haken ganz vorsichtig zu steigern... ansonsten steckt man schnell in der Bredouille, einen deutlichen Haken nach der nächsten 7-9 Probe noch steigern zu wollen. Das ist aber imho nicht, wie es gedacht ist!
Was man auch gut machen kann: Auch bei 7-9 Erfolge zulassen (welche die Story auch weiterbringen!) und im Hintergrund nach und nach eine größere Bedrohung aufbauen. Das kann sich bis zu einem "Endgegner" der Sitzung hochschaukeln, wenn es sich narrativ anbietet.

Für mich persönlich wirkt es mittlerweile regelrecht rückständig, wenn ich mit meinem Charakter in einem System einfach "faile", obwohl ich ganz knapp neben einem Erfolg war. Gerade wenn das in einem Kernskill passiert, den man relativ hoch hat und dann an einem Spielabend 3x gewürfelt und Pech gehabt, ist das Gefühl von Inkompetenz/Slapstick/Witzfigur sehr viel größer als bei den krassesten Ironsworn-Abwärtsspiralen.
In einer alten DSA-Runde hatte ein Magier mal den Spitznamen "der Unfähige" von der Gruppe bekommen - weil der Spieler so oft Pech hatte  :P Das mag zuvorderst witzig sein - rückblickend finde ich sowas aber eigentlich ziemlich kacke... kommt aber immer auf Situation/soziale Dynamik der Runde usw. an. Grundsätzlich würde ich aber immer davon ausgehen, dass SC sich mit Respekt begegnen und Outgame-Würfelpech nicht Ingame-Lächerlichkeit bedeutet. Hab es leider zu oft anders erlebt und bin daher sehr dankbar, dass PbtA an der Stelle mit einer Erfolgsspanne arbeitet.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: GornOfDagon am 29.11.2023 | 08:26
Das Beispiel aus Sprawl veranschaulicht echt gut, dass die Würfelwürfe bei PbtA meist nur dazu dienen, den Verlauf der Story zu beeinflussen. Das Konzept von Erfolg oder Misserfolg soll PbtA gar nicht bedienen. Im Beispiel würde ich sofort "Deine Anfrage erregt ungebetene Aufmerksamkeit" wählen und mich mit Spannung auf die nächste Konfrontation freuen. Viel besser als "Ja, toll du hast es geschafft, hier die Info, Szene vorbei".

Als Spieler genieße ich es, dass meine Ideen (meist) funktionieren und der Würfelwurf lediglich zeigt wie gut es gelingt. Frustrierend finde ich, wenn kreative Einfälle durch einen Erfolg/Misserfolg-Wurf entschieden werden, ohne dass es ein "ja, aber..." gibt.

Übrigens, wie hier schon mehrfach geschrieben: bei PbtA soll nur gewürfelt werden, wenn es eine wirklich krasse Aktion ist. Wenn ich "Auf die Straße gehen" und meinen jahrelangen, vertrauensvollen Kontakt spreche, dann muss ich nicht auf dein Beispiel würfeln. Wenn ich jedoch zu einer verfeindeten Gang "Auf die Straße gehen", dann macht die Ergebnistabelle durchaus Sinn.

Meine Tips für PbtA:
1. so wenig würfeln lassen wie möglich, jeder Wurf sollte sich wirklich Story verändernd anfühlen
2. bei 10+ die Spieler feiern
3. bei 7-9 einen soft move machen
4. bei 6- eine hard move machen
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 29.11.2023 | 08:42
keimte in mir der Eindruck, dass sich PbtA viel Mühe damit gibt zu verschleiern, dass es eigentlich gern Freeform sein würde
Ja, den Eindruck habe ich langsam auch.

Vor allem in Kombination mit dem häufig gehörten Tipp
bei PbtA soll nur gewürfelt werden, wenn es eine wirklich krasse Aktion ist.
Der Tipp ist sicher nicht falsch. Grundlegend gilt das ja für alle RPs aber hier scheint es noch krasser zu sein. Das führt halt dazu, dass eine PbtA-Runde noch mehr Freeform wird. Und das liegt nun mal nicht allen.

Langsam schwant mir einfach, dass die Zielgruppe für PbtA einfach deutlich spezieller (und kleiner) ist, als ich es bisher angenommen/erhofft hatte. Noch spezieller als schon bei Fate.
Ich war da wohl etwas getäuscht durch die inzwischen doch rechte große Menge an (auch auf Deutsch) erschienenen PbtA-Systemen.

Danke auf jeden Fall für die Rückmeldungen. Diese Diskussion war auf jeden Fall ein Augenöffner, wenn auch nicht im Sinne einer evtl. etwas naiv erwarteten "Lösung".
Aber ich denke ich kann und werde jetzt einfach mal akzeptieren, dass PbtA einfach nicht für jede:n ist und meinen Erwerb von neuen PbtA-Systemen reduzieren (evtl. sogar auf 0). Auch wenn es mich weiterhin anspricht, wenn ich nicht mehr Spieler:innen finde, denen dieser Spielstil liegt (bzw. sie dafür begeistern kann), macht es einfach keinen Sinn für mich weiter auf diese Linie zu setzen. Dann setze ich auf Fate, da habe ich deutlich mehr Zuspruch bekommen und PbtA auf ein paar One-Shots beschränken. Auch und vor allem mit kompletten Neulingen. Wie ja hier schon gesagt wurde, funktioniert das oft deutlich besser, die Erfahrung habe ich auch schon gemacht.
Ist nur schade, weil mit erfahreneren Spieler:innen halt der PbtA-inhärente gemeinsame Weltenbau und Player Empowerment deutlich besser funktioniert. Aber den kann ich auch bei Fate (oder eigentlich auch bei jedem anderen System) haben.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 29.11.2023 | 09:07
Bei all diesen Zügen ist eine 7-9 mit negativen Folgen verbunden. Und für viele Spieler:innen gilt offenbar "Negative Folgen" => Kein Erfolgserlebnis.

Würdest du sagen, dass eine Natürliche 20 bei D&D kein Erfolgserlebnis ist, wenn die SL daraufhin sagt: "Du machst Schaden beim Goblin. Und dann machen er und seine 5 Kumpels ihre Angriffswürfe gegen dich."?
Wenn man in den Nahkampf mit Gegnern geht, dann ist das erwartbare Ergebnis, dass man etwas Schaden erleidet (wobei einige Nahkämpfer-Klassen noch spezielle Spielzüge haben, um diesen Schaden abzumildern oder (begrenzt) ganz zu ignorieren)- dass ist nichts was der SL dir "reindrückt", das ist ein Risiko welches du eingehst, um dein Ziel (Gegner ausschalten, Überleben der Gruppe) zu erreichen. Und wenn du eine 10+ schaffst, dann kriegst du ein supertolles Bonus-Ergebnis (welches du bei D&D nicht hast), nämlich dass du keinen Schaden erleidest.

Ebenso gibt es in vielen Systemen Fähigkeiten, welche alá "Gib eine Ressource aus, um diese Fähigkeit zu aktivieren" (z.B. erhalte Erschöpfung, verbrenne einen Willenskraftpunkt, benutze einen Spell Slot, etc.), und zwar immer und jederzeit - nichts anderes sind die Status in einigen PbtA-Systemen.
So rum wird ein Schuh draus: "Diese Fähigkeit kostet normalerweise eine Ressource (Status), aber mit 10+ kannst du ausnahmsweise die Kosten ignorieren" klingt schon deutlich anders, oder?

Jedes Ergebnis hat halt das Ziel, die Geschichte in eine neue Richtung zu bringen: langweilige Ergebnisse (einfach nur bescheiden Geschafft) oder Tote Ergebnisse (Nicht Geschafft, aber nichts passiert) gibt es nur in wenigen PbtA-Spielen (das sind dann in der Regel die nicht so guten).

Zitat
Allerdings konnte mir bisher noch niemand sagen, welches Spiel dieses perfekte PbtA sein soll. Falls es darauf eine klare Antwort gibt, wäre ich wirklich interessiert.

Monsterhearts 2 wäre ein guter Kandidat, ebenso Legacy 2nd Edition und Pasion de las Pasiones 2nd Edition. Da habe ich tatsächlich nichts drin gefunden, was irgendwie clunky wäre.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: First Orko am 29.11.2023 | 09:23
Danke auf jeden Fall für die Rückmeldungen. Diese Diskussion war auf jeden Fall ein Augenöffner, wenn auch nicht im Sinne einer evtl. etwas naiv erwarteten "Lösung".
Aber ich denke ich kann und werde jetzt einfach mal akzeptieren, dass PbtA einfach nicht für jede:n ist und meinen Erwerb von neuen PbtA-Systemen reduzieren (evtl. sogar auf 0). Auch wenn es mich weiterhin anspricht, wenn ich nicht mehr Spieler:innen finde, denen dieser Spielstil liegt (bzw. sie dafür begeistern kann), macht es einfach keinen Sinn für mich weiter auf diese Linie zu setzen. Dann setze ich auf Fate, da habe ich deutlich mehr Zuspruch bekommen und PbtA auf ein paar One-Shots beschränken.

Ich kann deinen Gedankengang gut nachvollziehen und ja, ich würde vollständig unterschreiben, das PbtA schon einen ganz bestimmten, sehr viel freieren (im Sinne von: regelfrei/ungeordnet) Spielstil unterstützt, als der Eindruck, der sich sich rein aus dem Lesen der Regeln bietet. Gerade wer aus der der regelseitig taktisch/planerischen Ebene an PbtA herangeht, muss fast schon scheitern - auch wenn das nicht heißen muss, dass man in der Spielwelt nicht klug und taktisch handeln kann und es sich ggf. lohnt! Es musst halt nur zwischen SL / Gruppe eine gute Übereinstimmung diesbezüglich herrschen. Ich persönlich bin aber der Meinung, dass es dieses Einvernehmen auch in den regelhärtesten Oldschool-Rollenspielen mit unverleugneten Wargaming-Wurzeln genauso geben muss, sie werden nur auf einer ganz anderen Ebene verhandelt! (aber das ist ein anderes Thema  ;) )

Das Spannendste an deiner Aussage finde ich, dass ich zu ganz ähnlichen Erkenntnissen gekommen bin, wie du - nur ist es bei mir FATE was leider effektiv keinen Platz mehr an meinen Spieltischen hat - und zwar hauptsächlich mangels Inkompatibilität bei Mitspielenden  :'(

Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Isegrim am 29.11.2023 | 09:30
Im Beispiel würde ich sofort "Deine Anfrage erregt ungebetene Aufmerksamkeit" wählen und mich mit Spannung auf die nächste Konfrontation freuen. Viel besser als "Ja, toll du hast es geschafft, hier die Info, Szene vorbei".

Sagt das nicht eigentlich: "Der bisherige Plot, der mich dazu gebracht hat, nach Infos zu suchen, ist so beschissen, dass jeder arbiträre neue Plothook, der dem Spiel eine andere Richtung gibt, hochwillkommen ist." ?
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 29.11.2023 | 09:45
Würdest du sagen, dass eine Natürliche 20 bei D&D kein Erfolgserlebnis ist, wenn die SL daraufhin sagt: "Du machst Schaden beim Goblin. Und dann machen er und seine 5 Kumpels ihre Angriffswürfe gegen dich."?
Du kommst immer mit den Kampfbeispielen, die sind auch bei PbtA bei uns seltenst das Problem. Wie du sagst, dass man im Kampf verletzt werden kann, ist für die meisten logisch. Es geht um die schiere Anzahl an Nicht-Kampf-Moves, bei denen 7-9 einen Preis irgendeiner Art fordert (Anstatt einfach zu klappen und bei 10+ einen Vorteil zu geben).

Aber da kommen wir wohl nicht zusammen.
Einige Spieler:innen haben damit ein Problem und können es nicht ausblenden, für die ist PbtA wohl einfach nichts. Leider sind die in meinem Umfeld wohl recht verbreitet.
Manche (mich eingeschlossen), sehen (über andere Spieler:innen) das Problem und seine Ursachen, haben aber selbst kein Problem damit.
Und andere, wie du, sehen kein Problem, sondern nur eine Unfähigkeit zum Umdenken. Da magst du recht haben, ändert aber nichts an der Situation. Wenn diese Spieler:innen nicht umdenken können oder wollen, wird es für sie nicht funktionieren.

Ebenso gibt es in vielen Systemen Fähigkeiten, welche alá "Gib eine Ressource aus, um diese Fähigkeit zu aktivieren" (z.B. erhalte Erschöpfung, verbrenne einen Willenskraftpunkt, benutze einen Spell Slot, etc.), und zwar immer und jederzeit - nichts anderes sind die Status in einigen PbtA-Systemen.
So rum wird ein Schuh draus: "Diese Fähigkeit kostet normalerweise eine Ressource (Status), aber mit 10+ kannst du ausnahmsweise die Kosten ignorieren" klingt schon deutlich anders, oder?

Ja, wahrscheinlich würde es in einigen, vielleicht sogar vielen, Fällen helfen, wenn die Züge einfach anders formuliert wären, da hast du schon recht. Aber auch wenn ich, ähnlich deinen Ausführungen, sage "Sieh das doch mal so..." oder erkläre, wie es zu verstehen ist (und das habe ich. Oft.), lesen die Spieler es trotzdem auf ihren Bögen anders und das Mantra, wie bolwerk es nennt, verfestigt sich einfach nicht. Ein Umdenken erfordert einen persönlichen Willen und der ist oftmals in dieser Situation offenbar nicht vorhanden (während es beim deutlich häufiger kritisierten Fate bei vielen in meinem Bekanntenkreis nach anfänglichen Startschwierigkeiten eben gut geklappt hat).
Und ich habe weder die Zeit und noch den Willen, alle Grundzüge und Klassenbücher all meiner PbtA-Systeme neu und positiver formuliert neu zu schreiben.

Das Spannendste an deiner Aussage finde ich, dass ich zu ganz ähnlichen Erkenntnissen gekommen bin, wie du - nur ist es bei mir FATE was leider effektiv keinen Platz mehr an meinen Spieltischen hat - und zwar hauptsächlich mangels Inkompatibilität bei Mitspielenden  :'(
Was es bei Fate bei uns leichter macht: Die Charaktere fühlen sich grundlegend kompetenter an (auch weil für die Spieler wichtige Proben mit Fate-Punkten oft "erzwungen" werden können) und die Spieler entscheiden (großteils) selbst, wann sie ihre Schwächen in der Story ausspielen (und werden auch noch dafür belohnt).

Da krieg ich jetzt Lust mal einen Vergleich PbtA und Fate (als die zwei großen narrativen Rollenspiellinien) zu machen. Grundlegend würde ich sagen, beide versuchen durch ihre Regeln eine Geschichte zu simulieren, aber Fate fokussiert sich auf die Charaktere als Treiber und PbtA auf überraschende Ereignisse. Das müsste ich aber noch weiter durchdenken und ausformulieren und ist wohl eher was für ein eigenes Thema.

Monsterhearts 2 wäre ein guter Kandidat, ebenso Legacy 2nd Edition und Pasion de las Pasiones 2nd Edition. Da habe ich tatsächlich nichts drin gefunden, was irgendwie clunky wäre.
Monsterhearts 2 schaue ich mir mal an. Legacy 2 kenne ich, ist aber schon extrem weit von "normalen" Rollenspiel entfernt und wohl schon eher in der Erzählspielecke, Pasion de las Pasiones kenne ich nicht.
Letztendlich aber: Selbst wenn es eine optimale Umsetzung von PbtA gibt, muss ich bei den Systemen, die ich habe, halt mit dem arbeiten, was ich kriege (siehe oben).
Die Spieler:innen werden ja nicht auf einmal PbtA-Fans bei der Sprawl nur weil es bei Monsterhearts vielleicht besser funktioniert.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: 1of3 am 29.11.2023 | 10:25
Das Argument "das ist halt ein schlechter Move" hört man halt immer wieder. Über alle möglichen PbtA-Systeme. Es kommt mir manchmal vor, als würde es irgendwo da draußen eine ideale PbtA-Variante geben, die immer wieder als Referenz für eine perfekte Umsetzung herangezogen wird, ohne sie zu nennen und alle "anderen" PbtA-Spiele (und ihre Probleme) als irrelevant zu erklären, weil sie halt schlechte Umsetzungen wären. Allerdings konnte mir bisher noch niemand sagen, welches Spiel dieses perfekte PbtA sein soll. Falls es darauf eine klare Antwort gibt, wäre ich wirklich interessiert.

Ach so, kein Problem. Masks: A New Generation. Service Link zu den Basic Moves.
https://cdn.shopify.com/s/files/1/0569/7716/2422/files/Masks-Basic-Moves.pdf

Gerade wer aus der der regelseitig taktisch/planerischen Ebene an PbtA herangeht, muss fast schon scheitern - auch wenn das nicht heißen muss, dass man in der Spielwelt nicht klug und taktisch handeln kann und es sich ggf. lohnt!

Ja. Ich würde sagen: Versuche nicht für deinen Charakter clever zu sein. Es gibt immer diese Unterscheidung Player Skill, also gehe gehe klug vor basierend auf der gemeinsamen Vorstellung, und Character Skill, was bedeutet sinnvoll Zahlen auf sein Charakterblatt zu tun und einzusetzen. Ist also eigentlich beides unglücklich bezeichnet, aber wenn man das verfolgt, ist PbtA dann No Skill Required Whatsoever.

Nun ist es aber tatsächlich so, dass eine zu harte Interpretation der Erfolge mit Haken eben sehr schnell das Gefühl der Abwärtsspirale erzeugen. In einigen PbtAs ist diese auch sehr real (Ironsworn/Starforged). Als SL bei Dungeon World habe ich daher schnell gemerkt, dass es besser läuft, wenn man (a) 7-9 sehr viel "weicher" deutet und (b) die Haken ganz vorsichtig zu steigern... ansonsten steckt man schnell in der Bredouille, einen deutlichen Haken nach der nächsten 7-9 Probe noch steigern zu wollen. Das ist aber imho nicht, wie es gedacht ist!
Was man auch gut machen kann: Auch bei 7-9 Erfolge zulassen (welche die Story auch weiterbringen!) und im Hintergrund nach und nach eine größere Bedrohung aufbauen. Das kann sich bis zu einem "Endgegner" der Sitzung hochschaukeln, wenn es sich narrativ anbietet.

Kannst du mal die Moves posten, auf die du dich beziehst.

Ich würde sagen ein Move der in Hot Rotation läuft muss mindenstens Optionen bieten, welche die Fiktion nicht chaotisch streuen lassen. Streuen im Sinne von weiteren und zusätzlichen Problemen. Option heißt, dass die aktive Spieler*in mindestens auch was anderes wählen kann.

Das können Resourcen-Verlüste sein oder einfaches -X forward oder eine Uhr, die dann gedreht wird wie du sagst. Was auch geht ist, "ja, aber jemand muss übrigens erst noch". Das macht die Sache nicht chaotischer, sondern zögert das Ergebnis einen Schritt heraus.

Das ist, was ich mit "SL darf bei 7-9 nichts tun". Wer würfelt, muss entscheiden was rauskommt und echte Entscheidungsmöglichkeiten haben. Wenn dann die Wahl immer noch auf "Hey, SL gibs mir!" fällt, bitte. Ansonsten ist der Spielplatz für die SL ausschließlich das 6-. Defy Defy Danger.

Das gilt wie gesagt für heiße Moves. Für selten genutze kann das auch anders aussehen.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: tartex am 29.11.2023 | 10:36
Ich finde man kann ptbA nicht so verallgemeinern, sondern muss konkrete Spiele unterscheiden. Bei Dungeon World ist mir Problem öfters untergekommen - ich nannte es die "Slapstick-Falle (https://www.tanelorn.net/index.php/topic,83055.msg134514502.html#msg134514502)", bei Monster of the Week nie.

Wobei ich bei Dungeon World immer Spieler war, und bei Monster of the Week immer Spielleiter.  >;D

Bei Monster of the Week sind die Charaktere nach mehr als 20 Sessions sogar schon wirklich stark und es gibt nicht mehr so viele Teilerfolge. (Aber auch XP.)
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: postkarte am 29.11.2023 | 11:15
Ich kenne das Problem mit dem Gefühl des Versagens in manchen PbtA Spielen auch durchaus. Gerade bei The Sprawl hatte ich mal als Spieler das Gefühl, das beste, was man machen kann, ist gar nichts, denn jede Art von Initiative wird durch reale Nachteile im Spiele "belohnt". Du hast einen Erfolg und bekommst aus der Liste von Nachteile dafür gleich zwei zum Auswählen. Aikar hatte das oben schon an einem Beispiel belegt. Diese Art von Design, dass man in einer Abwärtsspirale steckt, wo die Uhr runterzählt, aber Handeln dich auch nur weiter reinreitet, ist für mich absolut kontraproduktiv für die ganze Veranstaltung, deswegen spiele ich kein The Sprawl mehr.

Bei anderen PbtA spielen hatte ich das Gefühl nicht. Im Gegenteil zum Bespiel hat sich City of Mist nie so angefühlt, als sollte ich als Spieler nicht lieber nicht handeln. Im Gegenteil dort haben die Moves ganz häufig spannende neue Wendungen gebracht und das System dadurch eine tolle Geschichte ermöglicht, ohne dass man das Gefühl hatte, es wäre sowieso sinnlos zu spielen.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Sashael am 29.11.2023 | 11:31
Witzig, wir hatten bei CoM so dermaßen das gegenteilige Gefühl, dass wir nach 4 Sessions abgebrochen haben.

Da war jede einzelne Session eine Abwärtsspirale, weil alles, was nicht 10+ war, hat zu negativen Folgen geführt.

Wir haben versucht, es RAW zu spielen und die Trigger und Konsequenzen von den Yellow Pages benutzt.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: postkarte am 29.11.2023 | 12:52
Komisch, ja. Ich würde auch meinen, dass wir uns sehr genau an die Regeln gehalten haben.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 29.11.2023 | 13:23
Du kommst immer mit den Kampfbeispielen, die sind auch bei PbtA bei uns seltenst das Problem.

Du hast ziemlich viele Kampf-Moves genannt. Und ich wüsste nicht wo bei "Verhandeln" oder "Leute anheuern" überhaupt die Nachteile einer 7-9 sind.


@City of Mist: Habe das System jetzt nicht selber gespielt, nach einem Blick auf die Moves scheint es ein "mixed bag" zu sein
Gute Moves: Convince, Change the Game, (plus Face Danger, wenn es wie vorgesehen verwendet werden)
Okaye Moves: Go toe to toe, Hit with all you've got, Sneak Around, Take the Risk
Schlechte Moves: Investigate
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Sashael am 29.11.2023 | 13:44
@City of Mist: ...
Gute Moves: Convince, Change the Game, (plus Face Danger und Take the Risk, wenn sie wie vorgesehen verwendet werden)
Face Danger fanden wir z.B. ein typisches Beispiel für harte Abwärtsspirale.

10+ - Du bekommst keinen Status
7-9 - Du bekommst den Status mit -1 Power

Spätestens bei Kontakt mit feindlich gesinnten Rifts unterscheidet sich der "Erfolg mit Haken" eigentlich nicht mehr von einem Fehlschlag. Die hauen mit 3-4 Power zu und mit einer 7-9 bekommt man davon noch 2-3 ab, die im weiteren Verlauf eines Kampfes als Malus auf den Wurf gerechnet werden. Muss nicht IMMER so sein, aber gerade in direkten Auseinandersetzungen bekommt man Status, die dann auch gleich zum Tragen kommen.
Eine -2 macht bereits einen vollen Erfolg nahezu unmöglich, eine -3 führt statistisch zu deutlich erhöhten 6- Ergebnissen. Damit kann man nach dem ersten Schlag, den man laut Beschreibung "erfolgreich, aber mit einem Haken" abwehren konnte, kaum noch selbst erfolgreich angreifen oder verteidigen und es wäre sinnvoll, sofort den Rückzug anzutreten.

Wenn DAS dann unter "Guter Move" fällt, dann ist wohl ganz PbtA nichts für mich oder meine Spieler.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 29.11.2023 | 13:53
Dann halt ein Okayer Move. ;) Der Malus ist heftig (generell lesen sich die Moves eher "low power" - ich dachte eigentlich CoM wäre so ein Götter/Superhelden-Spiel, aber die Moves lesen sich eher so, als würde man relative Normalos mit ein paar Gimmicks spielen, wie bei Misfits o.ä. - evtll. habe ich aber auch den falschen Eindruck vom Setting) wird aber ja nicht auf alle Würfe angerechnet, sondern nur wenn der Status relevant ist.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 29.11.2023 | 15:55
ich dachte eigentlich CoM wäre so ein Götter/Superhelden-Spiel, aber die Moves lesen sich eher so, als würde man relative Normalos mit ein paar Gimmicks spielen, wie bei Misfits o.ä. - evtll. habe ich aber auch den falschen Eindruck vom Setting)
Jup, hast du. Die Charaktere können in die Götter-Richtung abrutschen, aber dann verlieren sie sich selbst und werden eigentlich zu NSC.Der Kern liegt auf Ermittlung, ein paar übernatürlichen Tricks und den Kampf um die Balance zwischen dem menschlichen und "märchenhaften" selbst.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: GornOfDagon am 30.11.2023 | 08:37
Sagt das nicht eigentlich: "Der bisherige Plot, der mich dazu gebracht hat, nach Infos zu suchen, ist so beschissen, dass jeder arbiträre neue Plothook, der dem Spiel eine andere Richtung gibt, hochwillkommen ist." ?

Nein, das sagt es natürlich nicht und das weißt du auch. Netter Versuch einer Provokation.  ;D
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Grubentroll am 30.11.2023 | 09:25
Nebenbei bemerkt hatte ich (surprise!) meinen Char ziemlich optimiert (Playbook bei dem ich ziemlich oft einen Bonus auf meine Würfe bekommen konnte), und habe dementsprechend ziemlich oft 10+ rausgeholt. Da fing dann die SL irgendwann an, mich mit Hard Moves einzudecken, sodass meine ganzen 10+ auch nicht länger mehr wert waren als eine 7-9. Das war dann auch ziemlich unbefriedigend, weil sich so ein "Du kannst nicht gewinnen" Gefühl einstellte. Insbesondere in der letzten gespielten Sitzung hat die SL in der Schlüsselszene Wurf um Wurf um Wurf von mir verlangt, und ich habe 10er um 10er gewürfelt (da war auch etwas Glück dabei), und trotzdem ist nichts passiert außer (sinngemäß) "du vermeidest die komplette Katastrophe eine weitere Runde". Was die anderen da gemacht haben weiß ich nicht mehr, aber wir waren alle ziemlich stumped was wir da noch hätten machen sollen. Dann war irgendwann die Sitzung um, und irgendwie wurde kein weiterer Termin ausgemacht.

Ist dann wohl das bei ptba oft beschworene "GM Fiat".

Ich finde Broken Compass macht das besser, obwohl der Ansatz sehr ähnlich ist mit dem Fail forward.
Eventuell weil es "psychologisch andersrum" an die Sache rangeht..
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Gunthar am 30.11.2023 | 21:04
Ich versteh von PbtA nicht viel. Aber was sind so normale übliche Boni, die beim Wurf der 2W6 für die Proben addiert werden?
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: nobody@home am 30.11.2023 | 21:39
Ich versteh von PbtA nicht viel. Aber was sind so normale übliche Boni, die beim Wurf der 2W6 für die Proben addiert werden?

Der gängige Modifikatorbereich geht da meines Wissens so von -1 bis +3. Insbesondere für Startcharaktere kann allerdings auch schon +2 das höchste der Gefühle sein.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Haukrinn am 30.11.2023 | 22:01
Je nach Move-Combo können da auch noch Boni drauf kommen. Einige Spiele haben auch Ressourcen, die man ausgeben kann um sich Würfe zu erleichtern.

Das ändert aber in Summe wenig daran, dass das Standardergebnis eben 7-9 ist. Was wiederum vom Spiel absolut gewollt ist.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Gunthar am 30.11.2023 | 22:35
Der gängige Modifikatorbereich geht da meines Wissens so von -1 bis +3. Insbesondere für Startcharaktere kann allerdings auch schon +2 das höchste der Gefühle sein.
Gut, danke, das erklärt schon einiges. Im Durchschnitt von allen Proben hätte man also nur ein Teilerfolg bei den Proben. Nur bei einer +3 ist man knapp drüber. Ja, da ist je nach Bonus effektiv das meiste ein Wert zwischen 6 und 10. Und somit im 7-9 Gebiet.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Sashael am 1.12.2023 | 05:22
Was wiederum vom Spiel absolut gewollt ist.
Und dafür fanden wir die Konsequenzen in CoM zu hart.

Wenn man z.B. heimlich sein will, bekommt man bei 7-9 immer ein zusätzliches Problem. Da kann man noch so sehr sagen "du hast es geschafft", es fühlt sich für die Spieler nicht danach an.
Einige der vorgegebenen Konsequenzen erfordern sogar, dass man sich direkt darum kümmert, was den Effekt nicht nur psychisch verstärkt, sondern wieder zu weiteren "Erfolgen mit Haken" führen kann, die dann wieder neue Probleme verursachen, sodass im ungünstigsten Fall die Story voll auf die Bremse geht.

Also genau das Gegenteil von dem passiert, was da eigentlich geplant ist.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Haukrinn am 1.12.2023 | 09:07
Nun ist CoM auch eher pbta-ish als pbta.

Und ja, es gibt auch haufenweise pbta‘s, die da sehr inkonsequent sind. Und bei denen nicht alle Aspekte des Spiels sauber ineinander greifen (was man durchaus auch Apocalypse World anlasten kann, dass mit selben Erklärungen, wie das Spiel nun wirklich funktioniert, auch keinen Preis gewinnt).  ;)

Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 1.12.2023 | 10:05
Nun ist CoM auch eher pbta-ish als pbta.

Und ja, es gibt auch haufenweise pbta‘s, die da sehr inkonsequent sind. Und bei denen nicht alle Aspekte des Spiels sauber ineinander greifen (was man durchaus auch Apocalypse World anlasten kann, dass mit selben Erklärungen, wie das Spiel nun wirklich funktioniert, auch keinen Preis gewinnt).  ;)
Ach so, kein Problem. Masks: A New Generation. Service Link zu den Basic Moves.
https://cdn.shopify.com/s/files/1/0569/7716/2422/files/Masks-Basic-Moves.pdf
Monsterhearts 2 wäre ein guter Kandidat, ebenso Legacy 2nd Edition und Pasion de las Pasiones 2nd Edition. Da habe ich tatsächlich nichts drin gefunden, was irgendwie clunky wäre.

Letztendlich muss man halt sagen, relevant ist der Eindruck, den die Spieler:innen von den Systemen kriegen, die sie spielen, nicht das, was PbtA im Optimalfall könnte.
Der Großteil der PbtA-Systeme (und noch mehr der Großteil der PbtA-Systeme mit deutschen Übersetzungen) ist nach Aussagen vieler "PbtA-Experten" "nicht sauber designed".
Es sind aber diese Systeme, die für den Großteil der Spielenden das Bild von PbtA prägen. Von den empfohlenen Sachen ist gerade mal Monsterhearts 2 auf Deutsch verfügbar und alle genannten sind extrem speziell (Teenie-Monster-Drama, Romanzen, junge Superhelden und Gemeinschaften über die Generationen) mit sehr enger Zielgruppe.


Trotzdem: Danke für die Nennungen, werde ich auf jeden Fall mal einen Blick rein werfen.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: 1of3 am 1.12.2023 | 10:19
Mit der Analyse hast du wahrscheinlich recht. Sollte daraus jetzt etwas folgen? Hast du einen Wunsch?
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: nobody@home am 1.12.2023 | 10:20
PbtA-Spiele sind eigentlich immer "speziell". Daß man da nicht ein "pbtA allgemein"-Buch nehmen und damit schön querbeet alles Mögliche bespielen kann (wie es manche Leute ja selbst mit D&D tun oder zumindest versuchen), ist in dieser Produktreihe einigermaßen Programm -- dafür kriegt man dann halt, wenn man sich auf die relevante Nische einläßt, ein idealerweise geradezu dafür maßgeschneidertes Spiel.

Insofern kann man also schlecht über "alle" pbtA-Spiele verallgemeinern, sondern muß sich seine Beispiele schon etwas konkreter herauspicken. Ansonsten bleibt eben auch die Analyse entsprechend oberflächlich.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 1.12.2023 | 10:41
Mit der Analyse hast du wahrscheinlich recht. Sollte daraus jetzt etwas folgen? Hast du einen Wunsch?
Das überlege ich gerade  ;D
Nein, wahrscheinlich nicht. Wie schon geschrieben, die Diskussion war durchaus ein Augenöffner, dass PbtA wohl nicht die Schiene sein wird, die ich mit meinen Spieler:innen weitergehe, weil die Probleme (ob man sie jetzt als Probleme sieht oder nicht) zumindest bei den meisten verfügbaren Systemen inhärent sind und entweder akzeptiert man das (oder will es sogar) oder man lässt es.
Ist jetzt nicht das erste mal, dass mir das mit einem System passiert (hatte ähnliches schon mit Savage Worlds, GURPs und dem einen oder anderen weiteren System), aber irgendwie schade, weil ich es durchaus mag, mit PbtA zu leiten und gerne irgendwann mal eine Kampagne damit gemacht hätte. So wird es aber wohl das bleiben, was es schon lange bei mir ist: Etwas für schnelle One-Shots vor allem mit Neulingen. Und dafür sind mir dann die Kosten für neue Systeme inzwischen oft zu hoch, also wird es bei mir wohl keine neuen PbtA-Systeme geben.
Danke auf jeden Fall. Auch wenn mir die Erkenntnis nicht gefällt, ist es gut, sie gemacht zu haben.

PbtA-Spiele sind eigentlich immer "speziell". Daß man da nicht ein "pbtA allgemein"-Buch nehmen und damit schön querbeet alles Mögliche bespielen kann (wie es manche Leute ja selbst mit D&D tun oder zumindest versuchen), ist in dieser Produktreihe einigermaßen Programm -- dafür kriegt man dann halt, wenn man sich auf die relevante Nische einläßt, ein idealerweise geradezu dafür maßgeschneidertes Spiel.

Insofern kann man also schlecht über "alle" pbtA-Spiele verallgemeinern
Das ist mir schon klar. Dass der Großteil der Probenergebnisse gewollt im Bereich "Erfolg mit Haken" landet, zieht sich aber konsequent durch. Und wenn meine Spieler:innen da ein Problem damit haben, ändert sich das nicht, indem ich ein anderes PbtA-System hernehme. Vor allem wenn die Varianten, die besser damit umgehen, zwar von einem Game-Design-Standpunkt aus für mich evtl. interessant sind, ich aber jetzt schon weiß, dass ich dafür keine Spieler:innen finden werde.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: tartex am 1.12.2023 | 11:21
Das ist mir schon klar. Dass der Großteil der Probenergebnisse gewollt im Bereich "Erfolg mit Haken" landet, zieht sich aber konsequent durch. Und wenn meine Spieler:innen da ein Problem damit haben, ändert sich das nicht, indem ich ein anderes PbtA-System hernehme. Vor allem wenn die Varianten, die besser damit umgehen, zwar von einem Game-Design-Standpunkt aus für mich evtl. interessant sind, ich aber jetzt schon weiß, dass ich dafür keine Spieler:innen finden werde.

Würde mich trotzdem interessieren, welche konkreten Spiele es waren. Und ob du bei Monster of the Week z.B. dieses Problem auch hattest.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 1.12.2023 | 11:34
Würde mich trotzdem interessieren, welche konkreten Spiele es waren. Und ob du bei Monster of the Week z.B. dieses Problem auch hattest.
Der Sprawl, Mythos World, Dungeon World, City of Mist, DSA-Erzählregeln, Avatar.
Also ein Gutteil der auf Deutsch verfügbaren Sachen (Monsterhearts liegt noch zum Test hier, World Wide Wrestling und Bluebeard war mir dann das obskur zu Preis-Verhältnis etwas zu extrem).
Dazu noch auf englisch Worlds in Peril und mit Forged in the Dark noch Scum & Villainy.

Bei all diesen Systemen haben sich die genannten Probleme gezeigt.

Legacy 2, Uncharted Worlds und Urban Shadows hab ich auch noch hier und wollte sie mal probieren, aber für englischsprachiges PbtA ist es noch schwerer Spieler:innen zu finden.
Inzwischen fürchte ich aber auch, dass PbtA bei uns z.T. "verbrannt" ist, d.h. die langjährigen Spieler:innen gar nichts neues mit PbtA mehr probieren werden wollen.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: nobody@home am 1.12.2023 | 11:50
Ich sehe zumindest das generelle Grundproblem nach wie vor in erster Linie in überhöhten Ansprüchen an "Erfolg". Das läßt sich vielleicht ein Stück weit mit dem Schulzeugnis vergleichen: bessere Leistung ist natürlich immer willkommen, aber bei Licht betrachtet ist der grundlegende Basiserfolg dort auch erst mal "nur" die gelungene Versetzung in die nächste Klasse. Nichtsdestotrotz gibt's auch da bekanntlich Eltern, die von ihren Kindern schwer enttäuscht sind, wenn sie es wagen, mit etwas anderem als durchgehend Einsen und Zweien nach Hause zu kommen...und ich denke, so manche Rollenspielsysteme erziehen einen zumindest unbewußt zum Gegenstück von diesen, was die Ansprüche an die Leistungen des eigenen Charakters betrifft.

Und ja, denen knallen pbtA-Spiele dann aus leicht einsichtigen Gründen schnell mal auf die Nase.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 1.12.2023 | 12:15
Ich sehe zumindest das generelle Grundproblem nach wie vor in erster Linie in überhöhten Ansprüchen an "Erfolg". Das läßt sich vielleicht ein Stück weit mit dem Schulzeugnis vergleichen: bessere Leistung ist natürlich immer willkommen, aber bei Licht betrachtet ist der grundlegende Basiserfolg dort auch erst mal "nur" die gelungene Versetzung in die nächste Klasse. Nichtsdestotrotz gibt's auch da bekanntlich Eltern, die von ihren Kindern schwer enttäuscht sind, wenn sie es wagen, mit etwas anderem als durchgehend Einsen und Zweien nach Hause zu kommen...und ich denke, so manche Rollenspielsysteme erziehen einen zumindest unbewußt zum Gegenstück von diesen, was die Ansprüche an die Leistungen des eigenen Charakters betrifft.

Und ja, denen knallen pbtA-Spiele dann aus leicht einsichtigen Gründen schnell mal auf die Nase.
Ja, wie gesagt, das mag stimmen. Wobei ich mich frage, was "Erziehung" ist und wo die klassischen Systeme einfach den spielereigenen schon vorher existenten Wunsch nach Heldenerfolgs-Spiel besser befriedigen. Spielerwünsche sind halt unterschiedlich und der Spielstil, den PbtA propagiert, trifft nur bei einer sehr begrenzten Gruppe von Personen den Nerv. Sonst wären ja auch die PbtA-Systeme Marktführer und nicht D&D ;)
Ich glaube man muss hier wie so oft aufpassen, nicht in die Falle zu tappen, Leute die nicht den eigenen Spielstil teilen, als unreif, unwissend oder fehlgeleitet zu sehen.

Ja, vielleicht haben diese Spieler:innen einen überhöhten Anspruch an "Erfolg". Und vielleicht haben die PbtA-Fans einen überhöhten Anspruch an Storytelling. Und vielleicht gilt beides.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Jens am 1.12.2023 | 12:20
Was wäre eigentlich wenn man die Skala um einen oder zwei Punkte nach unten verlagert? Sozusagen ab 9 voller Erfolg und 6-8 dann Erfolg mit Einschränkungen?
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 1.12.2023 | 12:25
Was wäre eigentlich wenn man die Skala um einen oder zwei Punkte nach unten verlagert? Sozusagen ab 9 voller Erfolg und 6-8 dann Erfolg mit Einschränkungen?
:o Erschreckend simple und geniale Idee. Mal schauen, wenn ich meine Spieler:innen nochmal dazu kriege, probiere ich das mal aus.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Haukrinn am 1.12.2023 | 12:28
Ja, vielleicht haben diese Spieler:innen einen überhöhten Anspruch an "Erfolg". Und vielleicht haben die PbtA-Fans einen überhöhten Anspruch an Storytelling. Und vielleicht gilt beides.

Naja, pbta (zumindest die konsequenten Vertreter, und das sind aus meiner Sicht neben Apocalypse World noch Monster of the Week, Monsterhearts, Masks und bedingt auch Urban Shadows) sehen ja "Play to find out what happens" als zentrale Prämisse an. Das ist ein klarer Spielstil und da hat der Erfolg individueller Charaktere ebenso wie die Storywünsche der Spielleitung irgendwie hinter zurückzutreten. Das muss man nicht mögen, aber wenn man es nicht mag, sollte man die Finger von pbta lassen.

Alles an Mechanik in einem guten pbta ist auf diese Spielprämisse hin ausgerichtet, und das betrifft auch das Zusammenspiel von Moves, Agenda und Principles (Moves bringen garnichts wenn man die anderen beiden Aspekte außer Acht lässt. Und dabei ist auch zu beachten, dass alle drei Aspekte sowohl bei Spieler:innen wie bei der Spielleitung gibt). Lässt man Dinge davon weg, dann gerät alles ins Stocken. Oder bricht ganz zusammen. Oder es ist ein Spiel, was sich Einzelteile der Mechanik klaut, aber ansonsten nix mit der Kernidee von pbta zu tun hat.

Was wäre eigentlich wenn man die Skala um einen oder zwei Punkte nach unten verlagert? Sozusagen ab 9 voller Erfolg und 6-8 dann Erfolg mit Einschränkungen?

Klar kann man das, machen, aber verschiebt das das Problem, was Leute mit dem Spiel haben, nicht einfach? Außerdem kommt dann nicht mehr das Spiel raus, was eigentich da sein sollte. pbta lebt vom Erfolg mit Konsequenzen. Lass das weg und das Spiel wird öde.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: First Orko am 1.12.2023 | 12:30
@aikar:
Eine Frage rein aus Interesse: Wie oft würfelt ihr am Spielabend so? Seid ihr da eher zurückhaltender oder schon so alle 10-15min wird ein Move gemacht?

Hintergrund der Frage
Bei meinem Ironsworn-Solo-Spieltest habe ich gemerkt, dass ich sehr viel "würfelfreudiger" war und durch meine "Erzähl" bzw. Schreibweise (Solo spielt sich am Besten über ein Diary was man parallel verfasst) viele Moves regelrecht forciert habe. Dabei hat sich auch sehr der von dir beschrieben Eindruck gezeigt und ich habe mich von Komplikation zu Komplikation geschleppt... und dabei vermutlich die GM-Prinzipien außer acht gelassen! Nun ist Ironsworn schon recht speziell, aber die Ergebnisbandbreite ist schon PbtA-typisch.
Mir kommt gerade die Idee, dass Erfolge eben teilweise auch "auserzählt" werden müssten, bevor man aus einer Nachfolgeaktion eines Erfolgs wieder einen Move triggert, der direkt den nächsten Haken bringt. Gefühlt beschäftigt man sich mit den Auswirkungen der Haken deutlich mehr, als mit den guten Erfolgen - dabei sollten diese ein entsprechendes, narratives Gegengewicht bekommen, damit sich auch ein entsprechendes Erfolgsgefühl einstellen kann!
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: nobody@home am 1.12.2023 | 12:31
Ja, wie gesagt, das mag stimmen. Wobei ich mich frage, was "Erziehung" ist und wo die klassischen Systeme einfach den spielereigenen schon vorher existenten Wunsch nach Heldenerfolgs-Spiel besser befriedigen. Spielerwünsche sind halt unterschiedlich und der Spielstil, den PbtA propagiert, trifft nur bei einer sehr begrenzten Gruppe von Personen den Nerv. Sonst wären ja auch die PbtA-Systeme Marktführer und nicht D&D ;)

D&D ist heutzutage Marktführer weil Hasbro. Mit der Qualität des Produkts hat das also ungefähr so viel zu tun wie bei Microsoft Windows. Hm, wenn man so will, sind die eigentlich beide selbst großartige Beispiele für realweltliche "Erfolge mit Haken"... ;)
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: aikar am 1.12.2023 | 12:44
@aikar:
Eine Frage rein aus Interesse: Wie oft würfelt ihr am Spielabend so? Seit ihr da eher zurückhaltender oder schon so alle 10-15min wird ein Move gemacht?
Eher letzteres und ja, dass das für PbtA wahrscheinlich zu viel ist, wurde ja schon angesprochen. Weshalb ich oben zugestimmt habe als gesagt wurde "PbtA will eigentlich gerne Freeform sein". Ja, ist wahrscheinlich richtig. Greift halt dann auch wieder in eine andere Schublade des Spielergeschmacks, für viele Spieler:innen bedeutet Würfel gleich erwünschten Nervenkitzel und Free Form ist nicht unbedingt erwünscht.

Naja, pbta (zumindest die konsequenten Vertreter, und das sind aus meiner Sicht neben Apocalypse World noch Monster of the Week, Monsterhearts, Masks und bedingt auch Urban Shadows) sehen ja "Play to find out what happens" als zentrale Prämisse an. Das ist ein klarer Spielstil und da hat der Erfolg individueller Charaktere ebenso wie die Storywünsche der Spielleitung irgendwie hinter zurückzutreten. Das muss man nicht mögen, aber wenn man es nicht mag, sollte man die Finger von pbta lassen.
Ich denke dass Play to find out auch anders machbar ist (Siehe z.B. Verbotene Lande), aber ja, dass der Spielstil von PbtA so intendiert ist und man es halt mag oder nicht habe ich ja schon unterstrichen.

D&D ist heutzutage Marktführer weil Hasbro. Mit der Qualität des Produkts hat das also ungefähr so viel zu tun wie bei Microsoft Windows.
Bin ich anderer Meinung (bzw. glaube ich das ist zu kurz gegriffen/nur ein Faktor unter vielen) aber das führt zu weit weg.
Edit: Hier entlang bitte für dieses Thema: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,127139.0.html
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Marduk am 1.12.2023 | 14:23
PbtA will meiner Meinung nach kein Freeform sein, sonst hätten die Systeme nicht so stringente Regeln: Player Moves, SL-Moves etc.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Haukrinn am 1.12.2023 | 14:38
PbtA will meiner Meinung nach kein Freeform sein, sonst hätten die Systeme nicht so stringente Regeln: Player Moves, SL-Moves etc.

Stimmt auch. Alleine schon „when you make a Move, you make a Move“ ist ja alles andere als Freeform.

Mich irritieren auch die Vorschläge hier im Thread, halt nicht immer zu würfeln etc. Kann man machen, aber wenn das ausführen von Moves plötzlich willkürlich wird, kann man sich pbta auch sparen.

Die Kunst ist ja zu erkennen, ob ein Move greift. Denn auch solche Dinge wie „Act under pressure“ oder „Defy danger“ sind eben keine Catch-Alls. Kein Druck, kein Move. Keine Gefahr, kein Move.

Wenn eine Situation keine Konsequenzen nach sich zieht, triggert sie eigentlich nie einen Move.

Geübter Sniper schiesst in aller Ruhe auf das nichts ahnende Monster. Was soll da schief gehen? Das ist kein Angriffsmove, das klappt einfach und macht Schaden.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: tartex am 1.12.2023 | 14:57
Kein Druck, kein Move. Keine Gefahr, kein Move.

Wenn eine Situation keine Konsequenzen nach sich zieht, triggert sie eigentlich nie einen Move.

Geübter Sniper schiesst in aller Ruhe auf das nichts ahnende Monster. Was soll da schief gehen? Das ist kein Angriffsmove, das klappt einfach und macht Schaden.

Wenn man Fernkampf rauslässt, verschiebst du aber nur die Fragestellung. Wann und wie oft ist Gefahr sinnvoll?

Bei meiner MotW-Runde z.B. wird "Tavernen"-Stimmungsspiel immer wichtiger, weil sie die Gefahren und Mysterien inzwischen eh in kurzer Zeit meistern.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Sashael am 1.12.2023 | 15:14
Kann es sein, dass CoM bereits bei der PbtA-Prämisse #1 versagt?

Der Kriminalfall ist klar, die Orte sind bereit, das gesamte Abenteuer steckt in einer stark ausdefinierten Eisbergstruktur und alle Antagonisten sitzen in ihren vorgegebenen Startlöchern.
Da bleibt doch "Play to find out (what happens next)" geradezu zwangsläufig auf der Strecke.

@aikar:
Eine Frage rein aus Interesse: Wie oft würfelt ihr am Spielabend so? Seid ihr da eher zurückhaltender oder schon so alle 10-15min wird ein Move gemacht?
An der Stelle wirds für mich auch interessant, weil man bei CoM RAW eigentlich mit jeder Handlung, die den Kriminalfall in der einen oder anderen Form weiterbringt, einen Move triggert.
Nicht in die Situation zu kommen, zu würfeln, wäre gleichbedeutend mit "Wir bleiben im Büro hocken, ignorieren den Fall und saufen unsere Whisky-Vorräte leer".

Da fallen dann natürlich deutlich häufiger die Würfel (es wird ja z.B. auch gekämpft, was geradezu eine Würfelorgie mit sich bringt) und man kommt schneller in die Spirale.


Ist CoM ein so schlechtes PbtA?
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 1.12.2023 | 15:30
Nicht jedesmal wenn ein Move ausgelöst werden kann, muss er auch ausgelöst werden. Sprich, nicht jeder Ermittlungsansatz löst automatisch den "Investigate" Move aus.

Und dafür fanden wir die Konsequenzen in CoM zu hart.

Wenn man z.B. heimlich sein will, bekommt man bei 7-9 immer ein zusätzliches Problem.

Naja, "Problem" würde ich in dem Fall eher in Anführungszeichen sehen:
- Someone unimportant [aka jemand der nicht unbedingt ein Interesse hat dich auffliegen zu lassen] notices you ...  je nachdem wie die SC ihre Karten spielen kann dabei vielleicht sogar ein zusätzlicher Verbündeter bei rumkommen
- perceived by secondary sense... der Gegner weiß dass du da bist/dass du versucht hast etwas zu verbergen, hat aber keine genaue Vorstellung davon wo du bist oder was du vor hast (du musst vorsichtiger agieren, aber abgesehen davon erstmal keine Konsequenz), evtll. kannst du da sogar noch einen zusätzlichen Vorteil raus ziehen (Gegner verunsichern).
- you must leave something important behind... das kann heftig sein, ...oder einfach nur bedeuten, dass du keine Zeit hast das Büro nach Beweisen für das Komplott welches du gerade belauscht hast zu durchsuchen

Ist ein Teilerfolg, aber trotzdem noch ein Erfolg.

Du gehst von einer SL aus, die unbedingt ihre Spielenden reinreiten will - solche SL können einem jedes System vermiesen, egal wie gut dieses ist.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 1.12.2023 | 16:01
Ich denke dass Play to find out auch anders machbar ist (Siehe z.B. Verbotene Lande), aber ja, dass der Spielstil von PbtA so intendiert ist und man es halt mag oder nicht habe ich ja schon unterstrichen.

Ich finde das VL-System nicht wirklich gut (wenn auch nicht so schlecht wie beim Alien-Rollenspiel des gleichen Verlags, welches wirklich nur für Slapstick taugt), und die Informationen für die Sandbox sehr, sehr schlecht aufbereitet (über das ganze Buch in umständlich formulierten Fließtexten verteilt - "play to find out" ist damit faktisch nicht möglich, man muss extrem viel vorbereiten oder eben das ganze Buch auswendig kennen).

Aber an PbtA gefallen mir gerade die Spiele, welche mal einen anderen Ansatz ans Spiel liefern, etwas was vorher noch nicht da war (Wrestling, Teenagermonster, Generationenspiel, Telenovela...), statt das x-te Spiel mit Fantasy/Pulp/Mystery Anstrich zu liefern. Die PbtAs die das machen mögen vielleicht nicht schlecht sein, aber ich brauche sie nicht, dafür habe ich schon Savage Worlds. ;)
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: postkarte am 1.12.2023 | 16:38
Kann es sein, dass CoM bereits bei der PbtA-Prämisse #1 versagt?

Der Kriminalfall ist klar, die Orte sind bereit, das gesamte Abenteuer steckt in einer stark ausdefinierten Eisbergstruktur und alle Antagonisten sitzen in ihren vorgegebenen Startlöchern.
Da bleibt doch "Play to find out (what happens next)" geradezu zwangsläufig auf der Strecke.
An der Stelle wirds für mich auch interessant, weil man bei CoM RAW eigentlich mit jeder Handlung, die den Kriminalfall in der einen oder anderen Form weiterbringt, einen Move triggert.
Nicht in die Situation zu kommen, zu würfeln, wäre gleichbedeutend mit "Wir bleiben im Büro hocken, ignorieren den Fall und saufen unsere Whisky-Vorräte leer".

Da fallen dann natürlich deutlich häufiger die Würfel (es wird ja z.B. auch gekämpft, was geradezu eine Würfelorgie mit sich bringt) und man kommt schneller in die Spirale.

Ist CoM ein so schlechtes PbtA?
Wie schon mal gesagt, ich sehe nicht, warum wir es nicht RAW gespielt haben sollten. Ich habe 13 Sessions sehr ausführliche Aufzeichnungen eines Mitspielers und würde sagen, dass wir durchschnittlich alle 15 Minuten einen Wurf hatten. Die Kampagne hat sich über eine Spielzeit von 4 Wochen in game erstreckt, von der ersten Leiche bis zur Aufklärung.

Ich kann mir gut vorstellen, dass es hier (wie auch bei Fate ähnlich) eine Frage der Spielweise ist:
Was Du beschreibst, klingt für mich als würdest Du in Fertigkeitswürfen ala DnD denken und nicht in Moves, die häufig viel größere und komplexere Auswirkungen auf die Spielwelt haben. Das nächste ist: man benutzt "Change The Game" um sich Vorteile zu erschaffen und versucht nicht alles direkt. Für den Fall der Fälle versucht man natürlich etwas, wo die eigenen Kräfte greifen und hat auch entsprechende Tags. Kurzum, man sollte eigentlich immer schon 2W6+3 würfeln können, wenn es drauf ankommt oder gleich einen Tag verbrennen, um bei 10 zu landen, wenn es nicht anders geht.

Ob das gutes oder schlechtes PbtA ist, weiß ich nicht, aber ich sehe City of Mist als extrem gut gelungenes Spiel an und kann nun gerade hier gar nicht sehen, warum alles eine Abwärtsspirale ist. Zu The Sprawl hatte ich oben schon geschrieben. Da würde ich das total verstehen.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Olibino am 2.12.2023 | 13:11
Ich habe bestimmt schon mit über 100 Leuten PbtA gespielt, und das war nie irgnd ein Problem mit einer Ausnahme: als ich versucht habe mit meiner alten D&D-geprägten Tischrunde PbtA zu spielen. Da gab es ähnliche Bedenken wie hier angesprochen.


Was da die genaue Ursache ist kann ich nur spekulieren. Man lehnt ab was man nicht gewohnt ist? Man möchte ob bewußt oder unbewußt PowerGaming betreiben, und dazu braucht es ausrechenbare Regeln, die man dann optimieren kann?

Letzlich sind Geschmäcker verschieden und nicht jeder muß jede Art Spiel mögen.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Sashael am 2.12.2023 | 18:03
Ich habe 13 Sessions sehr ausführliche Aufzeichnungen eines Mitspielers und würde sagen, dass wir durchschnittlich alle 15 Minuten einen Wurf hatten.
Man versucht sich einzuschleichen, um an den Tatort zu kommen (die SCs sind keine Cops und haben da eigentlich nichts zu suchen) - Sneak Around
Man untersucht den Ort des Verbrechens - Investigate
Man findet einen Hinweis, geht damit zu einem Verdachtigen und konfrontiert ihn damit - Convince
Der Kerl wird aggressiv und greift einen der SCs an - Face Danger

Keine halbe Stunde Spielzeit - 4 Würfe.

Als Hauptantagonisten konfrontiert wurden, die ja irgendwie immer selber Rifts sind, selbst wenn sie nur Handlanger des BBEG sind, werden sehr schnell sehr viele Würfe fällig, denn so ein typischer Gegner geht nicht nach einem Hit down und schlägt ordentlich zurück. Teilweise mit Kräften, die ans Absurde grenzen. "Ich füll jetzt einfach mit einer Aktion den ganzen Raum mit Wasser und verpass jedem hier drin den Status Ertrinken-4. Dumdidum."
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Jens am 3.12.2023 | 12:25
Für mich als Ressourcenmanagement-SL, der die Situation gerne Mal etwas komplizierter macht und Rückschläge der Charaktere feiert, ist da noch die Frage: wenn so ein Plot ein Finale hat, was macht ein gutes PbtA da dann in seiner Move-Abwicklung anders, wenn überhaupt?

Wenn ich mir so die Avatar Serien ansehe, bekommen die Protagonisten da auch häufig auf die Mütze, aber am Ende haben sie Erfolg - gibt es einen "Beende den Plot" Move auf den man irgendwie hin arbeiten kann?

Weil das schrecklichste was ich auch im Rollenspiel immer wieder sehe, sind so endlos Plots die irgendwo versanden und auf die am Ende keiner mehr Lust hat weil es einfach keiner mehr durchblickt, wo wie viele Subplots angefangen wurden etc...

Wie findet PbtA da ein gutes Ende? Ich hab zwar Avatar hier rumstehen aber noch nicht viel drin gelesen...
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Olibino am 4.12.2023 | 11:16
Für mich als Ressourcenmanagement-SL, der die Situation gerne Mal etwas komplizierter macht und Rückschläge der Charaktere feiert, ist da noch die Frage: wenn so ein Plot ein Finale hat, was macht ein gutes PbtA da dann in seiner Move-Abwicklung anders, wenn überhaupt?

Wenn ich mir so die Avatar Serien ansehe, bekommen die Protagonisten da auch häufig auf die Mütze, aber am Ende haben sie Erfolg - gibt es einen "Beende den Plot" Move auf den man irgendwie hin arbeiten kann?

Weil das schrecklichste was ich auch im Rollenspiel immer wieder sehe, sind so endlos Plots die irgendwo versanden und auf die am Ende keiner mehr Lust hat weil es einfach keiner mehr durchblickt, wo wie viele Subplots angefangen wurden etc...

Wie findet PbtA da ein gutes Ende? Ich hab zwar Avatar hier rumstehen aber noch nicht viel drin gelesen...
Es gibt bei PbtA im Allgemeinen keine Regelmechanismen die auf ein Plotende hinarbeiten. Allerdings gibt es bei den meisten PbtA-Spielen eine ausführliche Anleitung wie man in diesem Genre leitet, so dass interessante und für das Genre passende Stories entstehen.
Die einzelnen Moves lassen dem SL immer die Wahl was jetzt passiert. Man kann z.B. bei einer 6- einen neuen Feind (und damit neuen Subplot) auftauchen lassen, man kann aber z.B. auch einfach dem Char Schaden machen oder seine Ausrüstung beschädigen. Wenn man das Gefühl hat, die Kampagne sollte langsam zu einem Ende kommen, gibt es nichts was einen daran hindern würde.

Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob ich dich richtig verstanden habe und das noch zum Thema gehört.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: 1of3 am 4.12.2023 | 12:27
Nicht jedesmal wenn ein Move ausgelöst werden kann, muss er auch ausgelöst werden. Sprich, nicht jeder Ermittlungsansatz löst automatisch den "Investigate" Move aus.

Wir denken nicht nach, ob man das hier aus irgendwelchen Gründen würfeln sollte oder nicht. Dann könnten wir auch Fate spielen. Moves werden abgehandelt, wenn sie triggern. Immer.

Es kann sein, dass das Zutreffen des Triggers zweifelhaft ist. Also ob das verhaltene Zuprosten jetzt eine "triumphant celebration" ist oder der entlaufene Velociraptor als "powerful foe" zählt. Aber wenn wir geklärt haben, dass dies unter den Trigger fällt, wird der auch abgehandelt.

Ich kann jetzt nicht sagen, was der explizite Trigger für "Investigate" ist, weil ich das Spiel nicht kenne, aber wenn es tut, wie es heißt...

Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Sashael am 4.12.2023 | 13:41
Ich kann jetzt nicht sagen, was der explizite Trigger für "Investigate" ist, weil ich das Spiel nicht kenne, aber wenn es tut, wie es heißt...
Zitat
When you use your abilities to seek answers to burning questions, roll+Power.
Das ist so schwammig, dass mir kein ergebnisorientierter Ermittlungsansatz einfällt, bei dem man NICHT auf Investigate würfeln müsste.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Haukrinn am 4.12.2023 | 13:52
Das ist so schwammig, dass mir kein ergebnisorientierter Ermittlungsansatz einfällt, bei dem man NICHT auf Investigate würfeln müsste.

"Burning questions" finde ich schon ziemlich aussagekräftig. Das macht den Unterschied zwischen "wir sammeln mal die Schnipsel auf" und "wir haben ihn fast. Wenn wir die Adresse rausfinden können, dann ist der Typ geliefert". Ersteres triggert den Move nicht, letzteres schon. Wenn der Ermittler nachts wegen einer offenen Frage nicht schlafen kann oder er sich versucht, etwas Ruhe zu ertrinken, dann triggert das Verfolgen dieser Spur den Move. Aber Standardermittlungszeugs - nope.

Wir denken nicht nach, ob man das hier aus irgendwelchen Gründen würfeln sollte oder nicht. Dann könnten wir auch Fate spielen. Moves werden abgehandelt, wenn sie triggern. Immer.

Stimmt. Das kann man gerne anders handhaben, aber pbta as intented spielt man nicht mehr wenn man das Triggern von Moves aufweicht. Das ist ein zentrales Spielelement.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Smoothie am 4.12.2023 | 14:51
mmh, bei Alas for the awful sea", das ich gerade leite schreiben sie folgendes:

"Most things characters try to do in the world of Alas will not require the use of
a move, or the rolling of dice. Moves will only be initiated when:
̢̢The criteria initiating the move are met, and;
̢̢The action is one the character could succeed or fail at, and;
̢̢There is something at stake in the outcome.
If the success or failure of the character does not really matter, then a move
should not be initiated. Similarly, if the character has time to continue repeating
the task without penalty until they succeed, then no move should be used."

das sind Kriterien, aber je nach Lesart, kann man hier schon viel ohne Moves machen und würfelt nur, wenn es wirklich wichtig ist.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: 1of3 am 4.12.2023 | 15:34
"Burning questions" finde ich schon ziemlich aussagekräftig.

Es klingt nach einem subjektiven Trigger. Also nur die Spieler*in des aktiven SCs kann tatsächlich beurteilen, ob die Frage für diesen brennt. Das kann man machen. Typische Kandidaten für solche Trigger sind Selbstbeherrschungswürfe wie in Hearts of the Wulin oder in meinem LGTMS "When you feel nervous and have to keep it together...". Die strickt man dann aber am besten so, dass die Spieler*innen die von sich aus würfeln wollen.

Ich würde jetzt das Regelwerk lesen, was die meinen, was eine brennende Frage bedeutet.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Alexandro am 4.12.2023 | 18:16
Als Hauptantagonisten konfrontiert wurden, die ja irgendwie immer selber Rifts sind, selbst wenn sie nur Handlanger des BBEG sind, werden sehr schnell sehr viele Würfe fällig, denn so ein typischer Gegner geht nicht nach einem Hit down und schlägt ordentlich zurück. Teilweise mit Kräften, die ans Absurde grenzen. "Ich füll jetzt einfach mit einer Aktion den ganzen Raum mit Wasser und verpass jedem hier drin den Status Ertrinken-4. Dumdidum."

Theoretisch ist das möglich, es widerspricht so ziemlich allen NSC-Regeln und SL-Hinweisen im Buch, aber die Regeln verbieten dir nicht explizit es zu machen (genausowenig wie D&D5 "Rocks fall, everyone dies" verbietet - das ist ein passender Vergleich, weil es genau dieselbe Art von Regelbenutzung ist).

Natürlich bedeutet "Ertrinken-4" keinen Schaden, d.h. man kann nicht daran sterben (du musst dir also einfallen lassen, wie du die SC-Rifts da wieder raus kriegst, bevor es unplausibel wird) und der Status verschwindet sobald die Ursache beseitigt ist (sobald sie aus dem mit Wasser gefüllten Raum raus sind, haben sie auch nicht mehr "Ertrinken-4", aber ansonsten...whatever.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Sashael am 4.12.2023 | 18:34
Theoretisch ist das möglich, es widerspricht so ziemlich allen NSC-Regeln und SL-Hinweisen im Buch, aber die Regeln verbieten dir nicht explizit es zu machen
Das ist der Move eines offiziellen NSC aus dem Einführungsabenteuer Sharktank.

Die anderen NSC aus Nights of Payne Town haben ähnlich krasse Moves.
Titel: Re: PbtA und das Gefühl des Versagens
Beitrag von: Olibino am 6.12.2023 | 11:44
City of Mist ist jetzt nur ein Beispiel und nicht gerade typisch für PbtA.
Und City of Mist bezeichnet sich als Noir Spiel. Die SC sollen sich nicht als Helden fühlen.

Z.B. bei Masks könnte es auch einen Superschurken geben, der einen Raum mit Wasser füllen kann. Die SC haben ja selber Superkräfte und werden da schon irgendwie wieder rauskommen. Masks wickelt das erzählerischer ab. Ggf. erhält man eine Condition, aber man wird sicher nicht ertrinken.

Insofern: City of Mist ist kein gutes Beispiel wenn es um PbtA im Allgemeinen geht.