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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: 1of3 am 25.11.2004 | 08:48

Titel: Administrative Prozesse
Beitrag von: 1of3 am 25.11.2004 | 08:48
Hi.

Hier ein kleiner Theorie-Ansatz:

Die gegenwärtige Rollenspieltheorie geht davon aus, dass es zwei Arten von Regeln gibt: Den sozialen Vertrag und das System.

Ebenso gibt es umfassende Theorien für zwei Aktivitäten beim Rollenspiel:
- Die Planung: Wie baue ich mir einen interessanten Char? Wie plane ich ein Abenteuer? Spielertypen, GNS.

- Die Darstellung: Erzählerische Techniken, Vorstellungsraum-Theorien, IIEE, Stance, etc.


So gestern fiel mir auf, dass es scheinbar noch einen weiteren Bestandteil gibt, der beim Rollenspiel ständig vorkommt. Ein paar Beispiele hierzu:
- Das Verteilen von Erfahrungspunkten.
- Die Regeneration von Mana-, Lebens-, Willenskraft- und sonstigen Punkten.
- Alterungswürfe.
- Das Verteilen von Franchise-Würfeln bei Inspectres.
- Forschung z.B. bei Ars Magica und Magus.
- Das Verwalten des Intrigenbogens bei 7te See.

Dies sind alles Beispiele, die explizit in einem typischen Regelwerk aufgegriffen werden. Man kann die Liste aber noch erweiteren. Schauen wir uns zuerst an, welche Eigenschaften die genannten Punkte verbindet:

- Sie laufen mit einer bestimmten Frequenz - nach einem bestimmten Muster - ab (z.B. am Ende des Spielabends, am Anfang jeder Szene, alle 15 min. intime, gelegentlich).

- Sie beeinflussen nicht direkt den geteilten Vorstellungsraum, können aber Elemente des Systems aktivieren oder beeinflussen.

So kann die Steigerung eines Charakterwertes für die anderen Teilnehmer völlig unbemerkt verlaufen, aber der Spieler könnte auch erzählen: "John beginnt den Antrieb zu rekonfigurieren. Er scheint inzwischen besser damit umgehen zu können, als noch als ihr euch kennen gelernt habt."


Wenn man diese beiden Kriterien zu Grunde legt, könnte man die Liste noch erweitern:
Offensichtlich beobachtet jeder Teilnehmer mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wieviel von einer bestimmten Resource ihm noch zur Verfügung steht.
(Weitere implizite Beispiele sind mir noch nicht eingefallen.)


Definition: Ich nenne einen Prozess, der die oben genannten Bedingungen (Regelmäßigkeit, höchstens indirekte Beeinflussung des gVR) erfüllt, einen "administrativen Prozess" im Gegensatz zu den Resolutionsprozessen.

These: Administrative Prozesse sind ein essentieller Teil eines Rollenspiels. Es ist daher beim Spielebau angeraten, sich darüber Gedanken zu machen, welche APs welcher Teilnehmer durchführen wird.


Erweiterte Fragestellung: Welche administrativen Prozesse begünstigen welchen Spielstil?


So. Ihr seid dran. Fragen, Wünsche, Anregungen.
Titel: Re: Administrative Prozesse
Beitrag von: Samael am 25.11.2004 | 08:58
Warum nur?

*schleichraus*
Titel: Re: Administrative Prozesse
Beitrag von: Fredi der Elch am 25.11.2004 | 09:14
These: Administrative Prozesse sind ein essentieller Teil eines Rollenspiels.
Demnächst erzählst du uns wohl auch, Reden sein ein essenzieller Teil des Rollenspiels... ::) ;)

Zitat
Erweiterte Fragestellung: Welche administrativen Prozesse begünstigen welchen Spielstil?
Ich denke es macht wenig Sinn, Administrative Prozesse getrennt von "System" als Ganzes zu sehen, in das sie tief eingebettet sind. Sich einzelche "Techniques" anzusehen ist sicher sinnvoll (wenn auch nur teilweise) aber die gehen über die genannten Administrativen Prozesse hinaus.
Titel: Re: Administrative Prozesse
Beitrag von: 1of3 am 25.11.2004 | 19:12
Demnächst erzählst du uns wohl auch, Reden sein ein essenzieller Teil des Rollenspiels... ::) ;)

Warum sollte ich? Da bist du doch selbst drauf gekommen. Da sind sogar schon so viele Leute drauf gekommen, dass sie Modelle dafür entworfen haben (s.o.).

Mein Ziel war es systematisch einen Teil zu beleuchten, der bis jetzt etwas im Schatten stand.

Zitat von: 1of3@aera Ich denke es macht wenig Sinn, Administrative Prozesse getrennt von "System" als Ganzes zu sehen, in das sie tief eingebettet sind.[/quote

Kommt drauf an, wie du System definierst. Ich zitiere mal ausValamirs Erklärung des Big Modell (http://www.indie-rpgs.com/viewtopic.php?t=12181):

Zitat
Put simply, System is the process by which all elements of Setting, Character, Situation, and Color enter the Shared Imaginary Space.

Nach dieser Definition sind administrative Prozesse im Allgemeinen gar nicht Teil des Systems.
Titel: Re: Administrative Prozesse
Beitrag von: nachtmeister am 25.11.2004 | 20:02
Es handelt sich doch um regelmechanische Abbildungen von Faktoren die das Spiel beeinflussen,
wenn auch stellenweise nur indirekt. Häufig werden doch damit Faktoren reguliert die definitv zum
System gehören.
Ich kann die "Administrativen Prozesse" nur als Teil des Systems betrachten (Definitionen und deren
Auslegung hin oder her), man kann sich aber gesondert Gedanken darüber machen bzw. inwiefern
sie gezielt Spielstile fördern.
Titel: Re: Administrative Prozesse
Beitrag von: Bad Horse am 26.11.2004 | 13:57
Um mal auf die ursprüngliche Frage zu antworten:

- sehr schnelle Verteilung von XP, Steigerung im Spiel durch einzelne Aktionen gehört eher in den cinematischen Bereich.
- sehr komplexe Lernregeln für die Downtime unterstützen einen sehr "realistischen" Spielstil. Ist eigentlich auch nur in Kampagnen nützlich.
Titel: Re: Administrative Prozesse
Beitrag von: Miriamele am 5.12.2004 | 21:35
Ich finde die "System"-Definition von der Forge doof. Jeder normale Rollenspieler versteht doch unter "System" die Regeln.

Aber wenn man "System" denn als Prozess ansehen will, bei dem am Ende der gemeinsame Vorstellungs-Raum rauskommt, dann gehören die Administrativen Prozesse wohl dazu. "Mach eine Probe, um 2 erschwert." - "Eine 12, geschafft." - "Hast du nicht nur 13 in der Fertigkeit?" - "Nö, ich hab sie gesteigert." Nennt sich dann wohl Credibility.