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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Theorie-FAQ => Thema gestartet von: Fredi der Elch am 16.10.2005 | 22:53

Titel: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Fredi der Elch am 16.10.2005 | 22:53
So, die Diskussion hier (http://tanelorn.net/index.php?topic=22028) und besonders der Post von Thalamus haben mir gezeigt: es gibt nirgendwo eine gute Beschreibung von Illusionismus. Ich hoffe, das ändern zu können…

Fredicilin: Illusionismus

Kurz vorneweg: das ist jetzt die Forge-Definition von Illusionismus. Oder wenigsten nah dran. Also schnallt euch an! ;)

Das wichtigste Merkmal des Illusionismus ist die Macht des SL, storyrelevante Entwicklungen zu kontrollieren. D.h. der SL hat die Möglichkeit die Entwicklung der Story zu beeinflussen, während die Spieler diesen Einfluss nicht haben. Konflikte und ihre Ausgänge, Szenen und Scene-Framing, relevante Entscheidungen usw. liegen allein in der Hand des SL.

Weiteres Merkmal ist, dass diese Macht des SL über die Story unsichtbar ist. Der SL spielt mit verdeckten Karten. Die Spieler wissen nicht genau, wie der SL die Kontrolle über die Story behält. Wie bei einem Zauberkünstler kann es sein, dass das Publikum (die Spieler) weiß, dass nicht wirklich gezaubert wird, aber es weiß nicht, wie der Trick funktioniert. Es kann auch sein, dass die Spieler sogar denken, sie hätten einen Einfluss. Beides ist möglich.

Was nicht nötig ist, ist dass die gesamte Story vorher schon festgelegt ist und im Spiel keine Änderung mehr erfährt. Oft hat der SL vorher schon einen mehr oder weniger genauen Plan. Aber er kann ihn durchaus während des Spiels modifizieren. Der SL muss also nicht zwingend einen vorgefertigten Plot auf Teufel komm raus durchziehen. Wichtig ist allein, dass der SL die Entscheidung trifft und nicht die Spieler.

Das klassische "Klar habe ich einen Plot, aber die Handlungen der Spieler können den schon umwerfen" ist ein Beispiel dafür. Der SL hat einen Plan. Die Spieler handeln. Allerdings haben sie keinen direkten Einfluss auf die Story. Sie machen nur bestimmte Vorschläge und der SL entscheiden ob und wie er seinen Plan daraufhin ändert. Er entscheidet allein, ob er im Hintergrund die Sachen so verbiegt, dass es wieder zu seinem Plan passt oder ob er spontan etwas an seinem Plan ändert. Die Spieler machen also nur Vorschläge für die Entwicklung der Geschichte, die relevanten Entscheidungen fällt der SL allein.

Und wie gesagt, das ist der Kern des Illusionismus: der SL trifft allein die storyrelevanten Entscheidungen. Ob er sie vor dem Spiel trifft und dann nur noch umsetzt oder ob er sie während des Spiels improvisiert ist dafür egal.


Techniken des Illusionismus
Illusionismus ist eine sehr verbreitete Art zu leiten / zu spielen. Sie wurde und wird vor allem durch storylastige Systeme und How-to’s für Spielleiter propagiert. Die Techniken des Illusionismus sind vielfältig. Der SL kann viel vorher planen oder auch nur einige Plot-Inseln entwerfen, die die Spieler dann "abfahren" oder auch die gesamte Geschichte im Spiel spontan entwerfen. Häufig werden einzelne Szenen (und ihr Ausgang) festgelegt bis hin zu einer Endszene, deren Ausgang dann offen ist, und bei der die Spieler als einziger wirklichen Einfluss haben.

Die Spieler steuern dabei keine für die Story relevanten Entscheidungen bei. Sie können dem SL höchstens direkt oder indirekt (durch das Verhalten ihrer SC) Vorschläge über das weitere Geschehen geben. Der SL entscheidet dann allein, ohne Einfluss der Spieler und "hinter verschlossenen Türen".
Das heißt aber nicht, dass die Spieler gar nichts zu tun haben. Sie liefern In-Charakter Dialoge, die das Spielgeschehen kommentieren und ausgestalten. Sie spielen ihre Charaktere aus, d.h. sie liefern kleinere "Farbtupfer" im Spiel. Sie genießen die vom SL erfundene Story In-Charakter oder auch direkt und geben ihm positive Rückmeldung dafür.

Es gibt sicher auch Abwandlungen des Illusionismus, bei denen der SL nicht immer und ganz, ganz allein alle Entscheidungen trifft, sondern manchmal tatsächlich den Spielern oder den Würfeln storyrelevante Entscheidungen überlässt. Aber auch hier hat der SL allein die Macht zu entscheiden, wann er seine Macht für den Moment abgibt.

Illusionismus ist oft eine sehr funktionale Art zu spielen. Sie kann auch zu Problemen führen, aber eins ist klar: es gibt viele Runden, die daran einen großen Spaß haben. Und wie gesagt: Illusionismus ist sehr, sehr häufig – ich würde sogar sagen: Im Moment der häufigste Spielstil überhaupt. Zu den Vorteilen und Nachteilen des Illusionismus bald mehr im Theorie-Channel.

Soweit erst einmal noch Fragen?
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Minne am 16.10.2005 | 23:18
Interessantes Fredicilin, auch wenn er in seinen grundlagen natürlich bestimmte wertungen und vorwegnahmen enthällt ;)
Aber das ist ja eigentlich normal.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Joe Dizzy am 16.10.2005 | 23:18
Willst du noch die Participationism und Trailblazing Varianten der Vollständigkeit wegen erläutern?

Ich denke die "üblichen Verdächtigen" werden bestimmt noch differenzieren wollen.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Fredi der Elch am 16.10.2005 | 23:22
Willst du noch die Participationism und Trailblazing Varianten der Vollständigkeit wegen erläutern?
Hm, sollte ich vielleicht. Wenn ich Zeit habe.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Thalamus Grondak am 16.10.2005 | 23:43
Sie liefern In-Charakter Dialoge, die das Spielgeschehen kommentieren und ausgestalten. Sie spielen ihre Charaktere aus, d.h. sie liefern kleinere "Farbtupfer" im Spiel. Sie bewundern die vom SL erfundene Story In-Charakter oder auch direkt.

Eigentlich war ich ja drauf und dran zu schreiben: Ja unter diesen Umständen bin ich ein 100% Illusionisten-SL und finde jede andere art dauerhaft RPG zu spielen doof.
ABER:
Warum musst du/ihr jedesmal bei der Beschreibung von Illusionismus so abwertendes Zeug wie den obigen Satz dazuschreiben?
Ich bin mir ziemlich sicher, das es nicht zu einer Beschreibenden Theorie gehören kann, die Behauptung aufzustellen, das es erforderlich ist, das der Illusionismus SL sich als Strahlende Prachtgestalt vor seinen Spielern präsentiert...

Dem ersten Teil deines Posts kann ich voll zustimmen. da das IMHO die beste Art ist eine Geschichte zu erzählen und die Spieler die Geschichte erleben zu machen.

...Darf man in diesem Channel überhaupt Diskutieren? Oder ist der nur zur reinen Theorie-Erklärung?
Wenn ja lösch ich das hier einffach wieder   ^-^
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: 1of3 am 17.10.2005 | 00:11
Willst du noch die Participationism und Trailblazing Varianten der Vollständigkeit wegen erläutern?

Das geht ja in zwei Sätzen:

- Partizipationismus ist Illusionismus, bei dem die Spieler wissen, was abgeht und die Vorgänge gut heißen.

- Trailblazing ist die Super-Sim-Variante. Vor dem Spiel legt sich der SL einen Plan zurecht. Beim Spiel legt er Hinweise aus, diesen Plan abzulaufen. Wer wird ihn nicht verändern oder hinbiegen.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Fredi der Elch am 17.10.2005 | 07:49
Warum musst du/ihr jedesmal bei der Beschreibung von Illusionismus so abwertendes Zeug wie den obigen Satz dazuschreiben?
Hm, da ist wohl der Illusionistenfeind mit mir durchgegangen... ;) Tut mir leid.

Ich habe mal den Satz wie folgt verändert: "Sie genießen die vom SL erfundene Story In-Charakter oder auch direkt und geben ihm positive Rückmeldung dafür."
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Joe Dizzy am 17.10.2005 | 09:26
Das geht ja in zwei Sätzen:

Sicher geht das. Aber ein etwas flüssigerer Text kann das ganz besser erläutern und illustrieren. Fredis Post hätte man auch in 1 Satz abhandeln können: Illusionismus ist, wenn die Spieler glauben sie könnten das Spiel beeinflussen.

Trailblazing hätte ich z.B. an Hand deiner Beschreibung nicht kapiert.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Thalamus Grondak am 17.10.2005 | 09:44
Ich habe mal den Satz wie folgt verändert: "Sie genießen die vom SL erfundene Story In-Charakter oder auch direkt und geben ihm positive Rückmeldung dafür."
:) OK, damit kann ich mich identifizieren, und mit Stolzgeschwellter Brust behaupten Ich Bin ein Illusionist! Dabei bin ich doch eigentlich ein Wandler ?? (D&D Insider)
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Lord Verminaard am 17.10.2005 | 10:07
Danke Fredi. :) Kleiner Zusatz:

Natürlich gibt es auch Mischformen. Und natürlich kann die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein, wenn der Illusionisten-SL wenig oder gar nicht im Voraus plant. Denn eins ist klar: Auch bei anderen Spielstilen macht der SL irgendwelche Pläne. Die deutlichsten und klar erkennbaren Ausprägungen von Illusionismus sind ganz klar der komplett durchgeplante Plot sowie die sogenannte "Inseltechnik".

Wenn der SL seinen Plan hingegen ständig an die Handlungen der Spielercharaktere anpasst und dadurch auch das Ergebnis des Plots ständig ändert, findet ein fließender Übergang hin zu pro-aktivem / spielergelenktem Spiel statt. In dieser Grauzone lässt sich nur anhand der inneren Willensrichtung des SL abgrenzen, und die dürfte auch nicht immer offenbar sein. Na ja, letztendlich kommt es auf die trennscharfe Abgrenzung wohl auch nicht an.

@ Thalamus: Das FAQ ist in der Tat nicht für Diskussionen, sondern nur für Erklärungen gedacht, aber ich denke, dieser Thread hier ist so schon ok. :)
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Chiungalla am 17.10.2005 | 10:57
Zitat
Wenn der SL seinen Plan hingegen ständig an die Handlungen der Spielercharaktere anpasst und dadurch auch das Ergebnis des Plots ständig ändert, findet ein fließender Übergang hin zu pro-aktivem / spielergelenktem Spiel statt. In dieser Grauzone lässt sich nur anhand der inneren Willensrichtung des SL abgrenzen, und die dürfte auch nicht immer offenbar sein. Na ja, letztendlich kommt es auf die trennscharfe Abgrenzung wohl auch nicht an.

Ich denke auch, dass es da fließende Übergänge gibt.

@ Fredi:
Und im allgemeinen würde ich den Begriff des Illusionismus niemals so weit fassen.
Denn so weit gefasst macht er keinen Sinn.
Dann gehören da sehr deutlich über 90% der Spielleiter dazu.
Und dann macht der Begriff zum eingrenzen einer Gruppe keinen Sinn mehr, wenn da nahezu alle dazu gehören.

Zudem wirkt das auf mich wie ein sehr offensichtlicher Versuch, alle die anders spielen als Du, in eine Schublade zu stopfen.
Und dieser Schublade dann noch einen negativen Stempel aufzudrücken.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Joe Dizzy am 17.10.2005 | 11:42
Dann gehören da sehr deutlich über 90% der Spielleiter dazu.

93,7% aller Statisken sind aus den Fingern gesogen.

Zitat
Und dann macht der Begriff zum eingrenzen einer Gruppe keinen Sinn mehr, wenn da nahezu alle dazu gehören.

Wenn man über etwas sprechen will, dann muss man das auch in Worte fassen können. Nach deiner Argumentation bräuchten wir kein Wort für's Atmen, weil's doch jeder Mensch tut.

Zitat
Zudem wirkt das auf mich wie ein sehr offensichtlicher Versuch, alle die anders spielen als Du, in eine Schublade zu stopfen.
Und dieser Schublade dann noch einen negativen Stempel aufzudrücken.

 ;D

... oder war das etwa Ernst gemeint?  :o
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Lord Verminaard am 17.10.2005 | 11:49
Illusionismus ist nur ein sogenannter "Fachbegriff", der einen bestimmten Leit-/Spielstil bezeichnet. Sämtliche Wertungen sind Fredis und nicht solche des Begriffs an sich. Weiterführende Diskussionen bitte außerhalb des FAQ in einem eigenen Thread. Danke!
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Fredi der Elch am 17.10.2005 | 12:19
Ich wollte mich Vermi nur kurz anschließen.

Ich mag Illusionismus nicht. Aber das ist ausschließlich mein Problem und kein Problem des Illusionismus an sich. Ich gebe zu, dass ich eindeutig Probleme damit habe, völlig wertungsfrei über Sachen zu äußern, die ich nicht mag. Aber bitte, bitte: seht es mir nach, ich bin eben ein alter Nörgler. Ich versuche es, so gut es geht, aber verlangt bitte nichts über-elchisches von mir. Also lest bitte die Fachbegriffe als Fachbegriffe und versucht meine Bösartigkeit zu ignorieren. Denn der Illusionismus kann nichts dafür, dass ich ihn nicht mag! :)

Ansonsten: Diskussionen bitte nicht hier. Ich werde demnächst mal einen Thread zu Vorteilen und Problemen des Illusionismus aufmachen. Und da kann dann ausführlich diskutiert werden.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Jens am 17.10.2005 | 13:44
Ich muss sagen: ja! Ich mache Illusionismus, bei mir heißt das "Abenteuereinstieg". Die Spieler glauben, sie hätten die Möglichkeit dieses Abenteuer nicht zu spielen, aber sie machen es trotzdem ;D
Hm eigentlich haben sie auch die Möglichkeit dieses Abenteuer nicht zu spielen. Aber das wollen sie ja nicht. Ist das Illusionismus?

(falls das Posting wo anders viiiiel besser aufgehoben ist, bitte verschieben, danke :) )
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Minne am 17.10.2005 | 14:06
Zitat
Ich mag Illusionismus nicht. Aber das ist ausschließlich mein Problem und kein Problem des Illusionismus an sich. Ich gebe zu, dass ich eindeutig Probleme damit habe, völlig wertungsfrei über Sachen zu äußern, die ich nicht mag. Aber bitte, bitte: seht es mir nach, ich bin eben ein alter Nörgler. Ich versuche es, so gut es geht, aber verlangt bitte nichts über-elchisches von mir. Also lest bitte die Fachbegriffe als Fachbegriffe und versucht meine Bösartigkeit zu ignorieren. Denn der Illusionismus kann nichts dafür, dass ich ihn nicht mag! Smiley

Akzeptiert! Wobei natürlich auch die verbesserte version noch die wertung enthällt, dass die Story das eigentlich relevante am RPG ist - im Gegensatz z.b. zum Charakterspiel, welches im obrigen Text als Farbtupfer bezeichnet wird. Man könnte auch sagen "Die Handlung bietet den Rahmen, in dem das Charakterspiel und die Charakterinteraktion stattfindet", und schon klingt das ganze anders, oder ist die komplette fixierung auf die Geschichte des Meisters voraussetzung für Illusionismus? Ich jedenfalls würde sagen, dass ich immer mal wieder Illusionist bin, wobei ich allerdings häufig nicht sehr Plotfixiert spiele.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Lord Verminaard am 17.10.2005 | 14:44
Lasst uns bitte keinen Illusionisten-Bekenntnis-Thread hieraus machen.

@ Jens: Wenn die Spieler es wollen und den SL dabei unterstützen, ist es Partizipionismus.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Joe Dizzy am 17.10.2005 | 14:46
Man könnte auch sagen "Die Handlung bietet den Rahmen, in dem das Charakterspiel und die Charakterinteraktion stattfindet", und schon klingt das ganze anders, oder ist die komplette fixierung auf die Geschichte des Meisters voraussetzung für Illusionismus?

Ich denke nicht. Ein Illusionismus-SL würde beim Charakterspiel einfach die Umstände/das Setting so verändern, um "sein" Verständnis des SCs zu etablieren. Das typische Beispiel dafür ist der Spieler mit dem Casanova-Charakter, der beim Illusionismus-SL* einen Korb nach dem anderen sammelt und nie beim bevorzugten Geschlecht punkten kann ohne sich lächerlich zu machen. Vielleicht weil der SL die Meinung vertritt, das das Setting diesen Charakter so behandeln würde.

* - der SL wird natürlich erst zum Illusionismus-SL wenn er den Spielern völlige Charakter-Freiheit suggeriert.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Minne am 17.10.2005 | 14:53
Zitat
Ich denke nicht. Ein Illusionismus-SL würde einfach die Umstände/das Setting so verändern, um "sein" Verständnis des SCs zu etablieren. Das typische Beispiel dafür, ist der Spieler mit dem Casanova-Charakter, der beim Illusionismus-SL einen Korb nach dem anderen sammelt und nie beim bevorzugten Geschlecht punkten kann ohne sich lächerlich zu machen. Vielleicht weil der SL die Meinung vertritt, das das Setting diesen Charakter so behandeln würde.
Äh... aha? Ich verstehe nicht, inwiefern das aus dem Text hervorgeht, den Fredi gepostet hat. (Abgesehen davon, dass ich es für schlechten Stil halte, das Spiel nicht um die Spieler und deren Erwartungen herum aufzubauen.)

Zitat
* - der SL wird natürlich erst zum Illusionismus-SL wenn er den Spielern völlige Charakter-Freiheit suggeriert.
Hm, wenn ich darüber nachdenke, dann wäre ich wohl doch eher kein Illusionist.*

*Bitte nicht meckern, der Beitrag enthällt, genau wie mein letzter auch, mehr als die Frage ob Illusionist oder nicht.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Monkey McPants am 17.10.2005 | 15:01
Meinem Verständis nach hat man es dann mit Illusionismus zu tun wenn:

1. Die Spieler keine relevante Möglichkeit haben Entscheidungen zu treffen weil der SL alles bestimmt und

2. das den Spielern nicht bewußt ist bzw. vom SL aktiv verheimlicht wird.

Ein Beispiel für eine Illusionistische Technik wäre zB. der "Raum voller Türen": Spieler haben mehrere Türen zur Auswahl, aber egal welche sie auswählen, sie kommen genau zu dem Raum/Gang/Encounter den der SL geplant hat. Die "Wahl" die sie haben ist also in Wirklichkeit keine.

Zumindest ist das der Eindruck den ich hier und auf The Forge bekommen hab.

M
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Joe Dizzy am 17.10.2005 | 15:10
Äh... aha? Ich verstehe nicht, inwiefern das aus dem Text hervorgeht, den Fredi gepostet hat. (Abgesehen davon, dass ich es für schlechten Stil halte, das Spiel nicht um die Spieler und deren Erwartungen herum aufzubauen.)

Ich habe hier lediglich Illusionismus auf das Charakter-Spiel übertragen, statt es beim Plot-Spiel zu belassen. Der Illusionismus-SL lässt die Spieler im Glauben dass sie das Spiel beeinflussen, während er gleichzeitig ihren Spieleinfluss durch seine Entscheidungen negiert.

Überträgt man das aufs Charakterspiel wird deutlicher, warum Illusionismus von manchen als gestörte Spielweise gesehen wird. Beim Partizipationismus ist das lediglich im Einverständnis aller Teilnehmer, d.h. die Spieler wissen dass sie keinen direkten Einfluss haben und wollen so spielen.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Minne am 17.10.2005 | 15:18
Zitat
Überträgt man das aufs Charakterspiel wird deutlicher, warum Illusionismus von manchen als gestörte Spielweise gesehen wird
*kopfkratz*
Ich bezweifle, dass diese Übertragung sinnvoll ist... oder zumindest verkompliziert es die sache sehr, denn dann müsste man überlegen, in welchen bereichen illusionismus vorliegt und in welchen nicht und zu welcher zeit, bis der illusionismus für sich gesehen gar keine bedeutung mehr hat.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Teclador am 17.10.2005 | 15:24
Der Illusionismus-SL? lustiger Begriff. Trifft aber auf einige SL wirklich zu...leider.

Aber Minneyar hat schon recht. Wenn du eine solche Übertragung hin zum Charakterspiel machst, dann muss gneau geschaut werden: Wo entscheidet der SL willkürlich und gibt vor auf die Spieler einzugehen und wo tut er das wirklich. Wenn man diese Schiene aber weiterverfolgt, ist vom "Illusionismus-SL" bald nicht mehr viel da.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Bitpicker am 17.10.2005 | 15:36
Zitat
Weiteres Merkmal ist, dass diese Macht des SL über die Story unsichtbar ist. Der SL spielt mit verdeckten Karten. Die Spieler wissen nicht genau, wie der SL die Kontrolle über die Story behält. Wie bei einem Zauberkünstler kann es sein, dass das Publikum (die Spieler) weiß, dass nicht wirklich gezaubert wird, aber es weiß nicht, wie der Trick funktioniert. Es kann auch sein, dass die Spieler sogar denken, sie hätten einen Einfluss. Beides ist möglich.

Hier habe ich noch Erklärungsbedarf. Was genau ist gemeint? Ich glaube nämlich nicht, dass ein Spieler, der in einer solchen (man kann m.E. einfach sagen: klassischen) Gruppe spielt, sich nicht vollständig darüber im Klaren ist, dass er praktisch ausschließlich durch seinen Charakter Einfluss auf die Handlung hat. Wenn der SL jetzt einen durch den SC eingebrachten Input blockt, um seinen Plot zu retten, ist das Railroading, was ja wohl nicht gemeint ist.

Überdies würde ich sagen, dass der Machthaber beim Illusionismus nicht ausschließlich der SL ist. Wenn der SL nämlich ein vorgefertigtes Setting und / oder Szenario verwendet, dann ist der 'Magier', der 'zaubert', wohl eher der Autor desselben und nicht der SL.

Ich habe den Eindruck, dass Illusionismus nach dieser Beschreibung auch 'Player Empowerment-Komplement' genannt werden könnte: Illusionismus hört dort auf, wo der Spieler über seinen Charakter hinaus Input beisteuern darf. Vollständige Illusionismus-Freiheit wäre dann erst erreicht, wenn Fredis Traum vom vollständig SL-losen Spiel wahr wird - und eigentlich müsste es auch möglichst regelwerk- und settinglos daherkommen, denn ein gewisses Maß an Illusion (also Kontroll-Aufgabe) bleibt ja, wenn man auf bestimmte Stories oder Rahmenbedingungen festgelegt wird.

Robin
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Joe Dizzy am 17.10.2005 | 15:38
*kopfkratz*
Ich bezweifle, dass diese Übertragung sinnvoll ist... oder zumindest verkompliziert es die sache sehr, denn dann müsste man überlegen, in welchen bereichen illusionismus vorliegt und in welchen nicht und zu welcher zeit, bis der illusionismus für sich gesehen gar keine bedeutung mehr hat.

Das Problem löst sich mMn auf, wenn du zwischen Illusionismus als SL-Stil und Illusionismus-Techniken als SL-Handwerkzeug unterscheidest. Mit diesen Techniken kann man sehr wohl ein Spielerlebnis erreichen, in dem die Spieler das Charakterspiel hervorheben und der SL einen stabilen Rahmen durch den Plot vorgibt. Wie du es etwa in einem deiner vorherigen Posts geschrieben hast.

Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: 1of3 am 17.10.2005 | 16:18
Hier habe ich noch Erklärungsbedarf. Was genau ist gemeint? Ich glaube nämlich nicht, dass ein Spieler, der in einer solchen (man kann m.E. einfach sagen: klassischen) Gruppe spielt, sich nicht vollständig darüber im Klaren ist, dass er praktisch ausschließlich durch seinen Charakter Einfluss auf die Handlung hat. Wenn der SL jetzt einen durch den SC eingebrachten Input blockt, um seinen Plot zu retten, ist das Railroading, was ja wohl nicht gemeint ist.

Nein. Du bist der Illusion schon aufgesessen. Denn, wenn ich die illusionistische Trickkiste auspacke und gut in Form bin, hast du nicht mal mehr durch deinen Charakter Einfluss.

Der Witz ist, die Spieler dazu zu bringen, dass zu tun was man will, ohne dass sie es merken. Dabei kann man das ruhig ein bischen weit fassen. Das einfachste Beispiel ist die klassische Kreuzung: "Geht ihr nach Links oder Rechts?" - Dabei wird es ganz egal sein, ob sie nach links oder rechts gehen. Es ist immer die Richtung, in die ich sie haben will.

Wenn man solche Kreuzungen jetzt verallemeinert kann man ganze Spielabende verbringen, ohne dass die Handlung der Charaktere einen Einfluss hat.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Minne am 17.10.2005 | 16:24
*kopfkratz*
So entscheidungen wie Links oder Rechts sind doch irgendwie blöde beispiele, denn da findet ja gar kein echter entscheidungsprozess statt, will sagen, rechts ist genau so gut wie links, weil es nichts gibt, was ich gegeneinander abwägen könnte. Interessante entscheidungen, sind doch bloß entscheidungen, die mit bestimmten Parametern verbunden sind. Also beispielsweise : Riskiere ich den Tod meines Freundes, für den Profit den mir die wahl des einen bestimmten weges ermöglicht?
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Bitpicker am 17.10.2005 | 16:36
Ich bin nicht sicher, dass Fredi das wirklich meint. Nach seiner Definition bin ich (oh welch Überraschung) ein illusionistischer Spielleiter. Aber ich greife nur äußerst selten zu solchen Tricks, wie du sie hier beschreibst (das meine ich übrigens mit Railroading).

Ein Beispiel: in meiner CoC-Kampagne gibt es einen rätselhaften NSC. Potentiell könnten die SC ihn jetzt umbringen, obwohl sie noch nicht wissen, dass er ihr Hauptgegner ist, womit sie massiv in die Handlung eingreifen würden. Ich könnte dann:

a) das abblocken und nicht zulassen. Das ist m.E. Railroading.
b) es zulassen, aber die Hintergrundgeschichte so umstricken, dass es einen neuen Hauptgegner gibt und dieser doch nur ein Handlanger war.
c) es zulassen und akzeptieren, dass es keinen Hauptgegner mehr gibt, auch wenn das zu keinem echten Höhepunkt mehr führt.

Meiner Meinung nach sind alle drei Lösungen immer noch durch Fredis Definition von Illusionismus abgedeckt, von deiner aber nur a) und b). Nach Fredis Definition ist es nur dann kein Illusionismus, wenn die Spieler z.B. selbst festlegen können, dass der Umgebrachte keinesfalls der Hauptgegner gewesen sein kann, weil sie sich damit um den Höhepunkt der Story bringen.

Extremfall: der SL plant ein Abenteuer, aber die Spieler machen etwas völlig anderes. Der SL tut sein Bestes, um die Story wieder zurückzubiegen, aber die Spieler weichen der Story immer wieder aus (habe ich als Spieler mal gemacht, war übrigens klasse...). Dennoch ist alles, was die Spieler tun, ausschließlich auf die Charaktere fokussiert, das heißt, sie führen diese und nichts sonst. Der SL muss sich notgedrungen damit abfinden und den Rest der Welt darstellen, auch wenn das Spiel mit seiner Story nichts mehr zu tun hat, aber alles *außer* den Charakterhandlungen, was nachher die Story ausmacht, stammt trotzdem von ihm, und es ist deshalb immer noch Illusionismus nach F. (red oder orge, das darfst du dir aussuchen).

Robin
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Dr.Boomslang am 17.10.2005 | 17:01
das ist der Kern des Illusionismus: der SL trifft allein die storyrelevanten Entscheidungen. Ob er sie vor dem Spiel trifft und dann nur noch umsetzt oder ob er sie während des Spiels improvisiert ist dafür egal.
Der Knackpunkt an dieser Definition ist doch was eine "storyrelevante Entscheidung" eigentlich ist. Da wir keine Definition von Story oder Plot oder wie auch immer man es nennen will haben, wissen wir doch auch nicht welche Entscheidungen relevant dafür sind oder sein könnten. Darunter leidet diese Diskussion wohl.

Diejenigen die sich nicht als Illusionist eintstufen (lassen) möchten, weil sie es verständlicherweise mit etwas Unechtem, Falschen in Verbindung bringen kann man leicht als Illusionist darstellen indem man die Entscheidungen die sie als SL ihren Spielern zubilligen einfach als nicht relevant erklärt. Genauso kann umgekehrt einfach der (scheinbare) Illusionist behaupten grade die Entscheidungen die seine Spieler noch treffen können (und das sind ja immer irgendwelche) seien grade noch relevant genug.

Ich habe wirklich Schwierigkeiten mir unter dieser Definition die Grenze des Illusionismus vorzustellen.

Meine Vorstellung vom Illusionismus war immer eine in der Art wie Monkey sie genannt hat: Der SL bereitet Ereignisse vor die auf jeden Fall geschehen und zwar ganz konkret, so wie er das wollte. Das entscheidende dabei ist nicht (wie auch im obigen Zitat schon gesagt) wann er das vorbereitet oder wie kurzfristig, sondern dass das Ereigniss zwar nominell, scheinbar im Einflussbereich der Charaktere liegt, alle Einflüsse die sie ausüben aber mit entsprechenden Gegeneinflüssen, die aus der Handlungssphäre des SL stammen, so negiert werden, dass es zur geplanten Situatiuon kommt.
Dies wäre im Inselbeispiel also nur der Fall bei denen die Spieler nicht die Wahl haben welche Insel sie ansteueren, sie können nur den Weg dahin anders aussehen lassen. Sobald die Spieler aktiv zwischen Inseln wählen könnten, also durch ihre Handlungen wirklich verschiedene Situationen erreichen können ist es kein Illusionismus mehr. Man könnte wohl auch mit Recht sagen die Entscheidung ist dann ja storyrelevant.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Teclador am 17.10.2005 | 17:17
Also ich finde Fredis Definition auch ein bisschen krass. Das läuft doch im Endeffekt auf folgendes heraus:

Alle Möglichkeiten die du im "klassischen" Rollenspiel hast fallen unter Illusionismus Der einzige Weg Illusionismus wirklich zu vermeiden ist die Verwendung von Forge-Gadget No. XYZ.

Naja muss ich dazu noch was sagen?
 
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Joe Dizzy am 17.10.2005 | 17:19
Naja muss ich dazu noch was sagen?

Ja. Zum Beispiel wie du auf sowas Seltsames kommst.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: 1of3 am 17.10.2005 | 17:25
Genau. Und ich seh auch nicht, wo Fredi das anders beschreibt.

@Bitpicker: Deine Reaktionen a) und b) sind Illusionismus. Du hast die Macht zu entscheiden, was passiert.

Variante c) würde ich als Trailblazing interpretieren. Du hast vor dem Spiel entschieden wär der Täter ist mit aller weltengestalterischen Allmacht hast du alle Abläufe festgelegt. Danach beschränkst du dich darauf, dass ganze nach Skript abzuarbeiten.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Bad Horse am 17.10.2005 | 17:26
Ich finde Teccis Aussage schon nachvollziehbar - nach dieser Illusionismus-Definition sind alle Rollenspiele, bei denen der SL die Entscheidung über die Entwicklung des Plots trifft, Illusionismus. Nur wenn die Spieler vom System her gebotene Einflußmöglichkeiten haben, die der SL nicht ablehnen kann, ist es kein Illusionismus. (Sonst entscheidet ja wieder der SL, welche Einflußmöglichkeit welche Auswirkung hat und welche nicht)

Ich denke, die Definition ist zu weit gefasst, um einen echten Ansatzpunkt zu liefern. Es ist ja eben ein Teil der Rolle des SL, zu entscheiden, welche Aktionen sich in wie weit auf den Plot auswirken...
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Minne am 17.10.2005 | 17:27
vielleicht muss man illusionismus, nach fredi-forge-definition auch garnicht vermeiden, solange es kein problem gibt? ;)
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Teclador am 17.10.2005 | 17:30
@Joe: Das Phänomen heißt "subjektive Wahrnehmung". Es führt dazu, das Menschen die keine Forge-Fanboys sind, sich manchmal fragen wie so mancher Rollenspieltheoretiker auf seine Ideen kommt.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Lord Verminaard am 17.10.2005 | 17:33
Das meinte ich mit "fließender Übergang". Ich finde auch, dass Fredis Erklärungen eine etwas zu große Reichweite des Illusionismus implizieren. Zu Robins Beispiel: c) ist meiner Meinung nach kein Illusionismus mehr. Wahrscheinlich hast du Illusionismus angewendet, um die Charaktere in eine interessante Ausgangslage zu versetzen. Aber danach schaltest du den Illusionismus aus und setzt an seine Stelle das Gesetz von Ursache und Wirkung, durch dich als SL interpretiert. Das ist voll Sim ey, aber kein Illusionismus. Illusionismus bedeutet immer: der SL lenkt den Plot. Lenkt der SL den Plot nicht, ist es kein Illusionismus.

Was Fredi nur klarmachen wollte (und dabei ist er vielleicht ein bisschen übers Ziel hinaus geschossen): Der SL muss das Ende nicht vorher geplant haben. Wenn er den Plot lenkt, ist es Illusionismus. Selbst wenn er sich vor der Sitzung rein gar nichts überlegt hatte.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Bad Horse am 17.10.2005 | 17:37
Jetzt würde mich aber mal interessieren, worin die Probleme des Illusionismus liegen... ich finde nämlich c) in dem Beispiel eigentlich keine besonders tolle Lösung (führt jedenfalls nicht zu einer dramatischeren/interessanteren Handlung).
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Lord Verminaard am 17.10.2005 | 17:40
Das potentielle Problem ist die Deprotagonisierung der Spieler. Es gibt eben Spieler, die sich Einfluss auf den Plot wünschen.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Teclador am 17.10.2005 | 17:42
Was Fredi nur klarmachen wollte (und dabei ist er vielleicht ein bisschen übers Ziel hinaus geschossen): Der SL muss das Ende nicht vorher geplant haben. Wenn er den Plot lenkt, ist es Illusionismus. Selbst wenn er sich vor der Sitzung rein gar nichts überlegt hatte.

Und wie sieht es aus, wenn der SL das nur manchmal tut? Will heißen er benutzt an 2 oder 3 Stellen in einer Sitzung Illsuionismus um jweils zu einer interessanten Konfliktsituation hinzusteuern und überlässt die Plotentwicklung sonst seinen Spielern?
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: 1of3 am 17.10.2005 | 17:43
Objektiv gibt es keine Probleme. Die Spieler merken ja per Definition nicht, dass sie keinen Einfluss haben. Wenn sie es merken und OK finden, ist es auch kein Problem, obwohls dann eben nicht mehr unter Illusionismus fällt.

Aber es hat auch niemand behauptet, dass Illusionismus ein Problem ist.

Ich persönlich komm mir dabei inzwischen allerdings wie ein Betrüger vor, obwohl ich ziemlich gut dabei bin. Aber das ist kein objektives Problem.

@Teclador: Darum gehts nicht. Der Zweck von Modell ist einen Prototypen festzustellen. Im echten Leben sind die Grenzen - Gott sei Dank! - immer fließend. Genauso wie mit Gulasch, Nudeln und Salat. Die meisten Leute sagen ja auch, dass sie von allen was sind. Oder nimm die Einteilung von Sprachen in vier Typen (agglutinating, analytical/isolating, synthetic & polysynthetic). Du wirst auch kaum Sprachen finden, die nur Charakteristika eines Typs haben.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Lord Verminaard am 17.10.2005 | 17:51
Und wie sieht es aus, wenn der SL das nur manchmal tut? Will heißen er benutzt an 2 oder 3 Stellen in einer Sitzung Illsuionismus um jweils zu einer interessanten Konfliktsituation hinzusteuern und überlässt die Plotentwicklung sonst seinen Spielern?

Dann tut der SL es nur manchmal. Er benutzt an 2 oder 3 Stellen in einer Sitzung Illusionismus, um jeweils zu einer interessanten Konfliktsituation hinzusteuern, und überlässt die Plotentwicklung sonst seinen Spielern.

 ;D
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Dr.Boomslang am 17.10.2005 | 18:10
nach dieser Illusionismus-Definition sind alle Rollenspiele, bei denen der SL die Entscheidung über die Entwicklung des Plots trifft, Illusionismus.
Das ist auch das Problem das ich habe. Entweder sind alle Rollenspiele mit SL Illusionismus oder keine, man kann es sich aussuschen. Wobei wir ja auch keine Definition dafür haben was ein SL eigentlich ist oder was genau seine Aufgaben sein müssen. Ohne wissen zu müssen was ein SL ist könnte man das so umformulieren: Man hat dann Illusionismus wenn ein Spieler mehr Gestaltungsmacht ausüben kann als alle anderen (zusammen?). Aber wäre das wirklich noch der Illusionismus den man meint wenn man davon spricht? Und wie vergleicht man nun Gestaltungsmacht, wenn nicht alle Spieler völlig gleichgestellt sind?

Nur wenn die Spieler vom System her gebotene Einflußmöglichkeiten haben, die der SL nicht ablehnen kann, ist es kein Illusionismus.
Mit dieser Definition hätten wir den Gegenpart. Es gibt doch immer irgendetwas das der SL nicht ablehnen kann, zumindest unter bestimmten Umständen, z.B. bestimmt jeder Spieler selbst was sein Charakter sagt.
So hätten wir kaum Illusionismus in der Praxis.
Wo muss man die Grenze ziehen?
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Teclador am 17.10.2005 | 18:12
@Vermi: Drecksack! ;D
@1of3: Ah danke.


Wenn es sich hier nur um Prototypen handeln soll, dann ist die Diskussion über das Für und Wider zemlich überflüssig. Ein guter SL wird sich aus einem möglichst großen Pool an prototypischen Vorgehensweisen bedienen und jeweils die wählen deren Vorteile und Nachteile in der gegebenen Situation maximiert bzw. minimiert sind, wobei er dabei immer den Social Contract der Gruppe beachtet.


 
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Fredi der Elch am 17.10.2005 | 18:40
nach dieser Illusionismus-Definition sind alle Rollenspiele, bei denen der SL die Entscheidung über die Entwicklung des Plots trifft, Illusionismus.
Irgendwie schon. Aber wie ihr davon auf "alle klassischen Rollenspiele sind Illusionismus" kommt, ist mir schleierhaft.

Vermi hat es doch gut getroffen:
c) ist meiner Meinung nach kein Illusionismus mehr.
Für mich auch nicht. Denn:
Zitat
Das ist voll Sim ey, aber kein Illusionismus. Illusionismus bedeutet immer: der SL lenkt den Plot. Lenkt der SL den Plot nicht, ist es kein Illusionismus.
Wenn der SL den Plot lenkt, ist es Illusionismus. Wenn der SL den Plot lenken könnte, ist es noch kein Illusionismus, so lange er es nicht auch tut! Wenn der SL den Plot lenken könnte, es aber nicht tut, ist es kein Illusionismus.

Extremfall: der SL plant ein Abenteuer, aber die Spieler machen etwas völlig anderes. Der SL tut sein Bestes, um die Story wieder zurückzubiegen, aber die Spieler weichen der Story immer wieder aus (habe ich als Spieler mal gemacht, war übrigens klasse...). Dennoch ist alles, was die Spieler tun, ausschließlich auf die Charaktere fokussiert, das heißt, sie führen diese und nichts sonst. Der SL muss sich notgedrungen damit abfinden und den Rest der Welt darstellen, auch wenn das Spiel mit seiner Story nichts mehr zu tun hat, aber alles *außer* den Charakterhandlungen, was nachher die Story ausmacht, stammt trotzdem von ihm, und es ist deshalb immer noch Illusionismus nach F. (red oder orge, das darfst du dir aussuchen).
Das ist Illusionismus, der in die Hose gegangen ist. ;)

An Alle: Diskussionen über Vor- und Nachteile von Illusionismus bitte nicht hier. Auch nit darüber, ob Illusionismus ein Problem ist. Macht bitte neue Threads auf. Danke. :)
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Thalamus Grondak am 17.10.2005 | 19:33
Wenn ich mir die Diskussion hier angucke, sollte jemand der einen Theoriethread beginnt vieleicht vorher festlegen, ob dieser Thread sich um Klassiches RPG, Player Empowerment RPG, oder beides drehen soll.
So dreht man sich immer nur im Kreis, denn diese Beschreibung des Illusionismus gilt wohl wirklich für alle Klassichen RPG Runden. Als hätte der Titel auch heißen können Fredicilin: Klassiches RPG.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Stefan G. am 17.10.2005 | 19:40
@Thalamus: Du vergisst Dungeoncrawling, das ist auch klassisches RPG. Und das geht ohne Illusionsmus.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Lord Verminaard am 17.10.2005 | 19:41
*seufz*

Also, noch mal, gaaaaaaaaaanz einfach:

Der SL lenkt den Plot, ohne dass die Spieler es merken (sollen): Illusionismus.
Der SL lenkt den Plot, und die Spieler machen mit: Partizipionismus.
Der SL lenkt den Plot einem vorher festgelegten Plan entsprechend: Railroading.
Der SL lenkt den Plot nicht: Kein Illusionismus/Partizipionismus/Railroading.

Sie Robins Beispiel c).

Richtig ist aber wohl: Fast jeder klassische SL setzt jedenfalls zum Teil illusionistische/partizipionistische Techniken ein. Nur gibt es noch einen Unterschied zwischen partiellem Einsatz illusionistischer Techniken, und dem totalen Illusionismus als Spielphilosophie.

Nimm z.B. Ta'als Beispiel: ein klassisches Dungeon. Du wirst sicherlich eine illusionistische oder partizipationistische Technik anwenden, um die Charaktere in den Dungeon hinein zu befördern. Aber sobald sie erstmal drin sind, können sie machen, was sie wollen. Du lenkst den Plot nicht. Also ist es auch kein Illusionismus.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Dr.Boomslang am 17.10.2005 | 19:47
Wenn der SL den Plot lenkt, ist es Illusionismus.
Da ist es wieder: Der Plot, die Handlung, die Story. Wir wissen dass der SL nicht alles bestimmt und lenkt. Lenkt er aber den Plot haben wir Illusionismus. Folglich wird eine grundlegende Unterscheidung in Plot und nicht-Plot impliziert, in Relevantes und Unbedeutendes. Wird so eine Unterscheidung nicht getroffen kann es also schonmal kein Illusionismus sein. Denn die Illusion besteht ja darin, die Spieler glauben zu lassen sie hätten Einfluss auf das Relevante, obwohl sie es nicht haben.

Eine interessante Frage die sich mir dabei stellt ist folgende: Was wenn sich Relevantes und Unrelevantes in der Vorstellung der Spieler(inklusive SL) unterscheidet? Die Spieler meinen das was sie tatsächlich beeinflusst haben sei relevant, der SL hält aber seinerseits das für relevant was er allein entschieden hat. Ist das dann auch Illusionismus?

Trotzdem bleibt ersteinmal die Frage ob es eine allgemeine Definition von Storyrelevanz gibt, denn das ist hier absolut entscheident. Und siehe da ich habe sie gefunden und zwar auf the Forge, wo sonst? :o
Ich sollte mich mal häufiger dazu überwinden mir das anzusehen, denn so wie es da steht wurde es hier noch nicht in der Deutlichkeit gesagt:
Zitat
Story: An imaginary series of events which includes at least one protagonist, at least one conflict, and events which may be construed as a resolution of the conflict.
Das zentrale Element ist also die Auflösung von Konflikten. Demnach ist das logischerweise genauso in der Definition von Illusionismus:
Zitat
Illusionism: A family of Techniques in which a GM [...] exerts Force over player-character decisions, in which he or she has authority over resolution-outcomes...
Es geht also darum, dass der SL vorhandene Resolutionsmechanismen dadurch ad Absurdum führt dass er selbst nicht an das Ergebnis gebunden ist und er den Mechanismus nur als völlig unverbindlichen Vorschlag anzusehen braucht. Die Illusion besteht dann darin dass die Spieler glauben die Resulutionsmechanismen hätten Einfluss auf das Spiel.

Diese Definition finde ich recht elegant wenn ich darüber nachdenke. Ohne genau die Storyrelevanz definieren zu müssen, wird damit implizit gesagt was bedeutende und unbedeutende Entscheidungen im Sinne des Illusionismus sind, nämlich solche für die man Resolutionsmechanismen einsetzt. Alles was onehin nicht resolviert wird, ist in diesem Sinne nicht (Story)relevant!
Fredi hat zwar im ersten Post auch etwas über "Konflikte und ihre Ausgänge" gesagt, aber es sah nicht so aus als sei das der zentrale Punkt.

Diese Definition von Illusionismus sieht auch recht anders aus als einige Beispiele, die hier schon diskutiert wurden. Das klassische links oder rechts Beispiel wäre kein Illusionismus, da es nicht relevant ist ob sich etwas nun links oder rechts befindet, es wird keine Resolution verwendet.

Trotzdem bleiben für mich noch Fragen offen. Ist es auch Illusionismus wenn der SL Kontrolle darüber ausübt ob es überhaupt zur Anwendung einer Resolution kommt? Ich würde sagen ja, denn dadurch kann er indirekt die selben Situationen beeinflussen.
Und noch eine interessante Sache: Auch in der Forge Definition kommt der SL vor, doch was macht hierbei den SL aus? Wenn es nichts weiter ist als die Kontrolle die er über den Resolutionsmechanismus ausübt, warum kann man dann nicht einfach "Spieler" sagen, denn es sollte ja dann jeden Spieler betreffen der eine solche Kontrolle inne hat? Wenn es aber noch um andere Eigenschaften des SL geht, warum werden diese dann nicht genannt? Auf welche kommt es an? Wäre ein normaler Spieler mit derselben macht über Resolutionsausgänge auch ein Illusionist? Auch hier würde ich sagen ja...
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Fredi der Elch am 17.10.2005 | 20:04
Och Kinners. Ist gut jetzt. Das ist ein FAQ-Thread. Also Ruhe. Danke.

Thread closed.
Titel: Re: Fredicilin: Illusionismus
Beitrag von: Lord Verminaard am 18.10.2005 | 10:40
Zur Klarstellung: "resolution of a conflict" in dem Zitat von Boomslang hat nichts mit "resolution mechanic" im Sinne von Spielregeln zu tun. Es geht um den Unterschied zwischen Plot und Handlung, den Bitpicker uns irgendwo schon mal aufgedröselt hat.

Handlung ist alles, was passiert. Das muss der SL auch beim Illusionismus nicht kontrollieren.

Plot ist alles Wesentliche, was passiert. Wesentlich ist dabei nicht das, was die Spieler besonders interessiert, sondern das, was die Charaktere oder ihre Umwelt nachhaltig verändert. Sicherlich kann das im Einzelfall auch mal schwierig abzugrenzen sein, aber in der Regel kriegt man das hin und braucht dafür keine genauere Definition. Wer in der Kneipenschlägerei eins auf die Nase kriegt, ist grundsätzlich erstmal Handlung und nicht Plot. Es wird zu Plot, wenn sich ein Charakter dadurch einen Todfeind macht, die Gunst seiner Geliebten verscherzt o.ä.

(Sorry, Fredi. Ich glaub, die Klarstellung war sinnvoll.)