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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Beral am 22.07.2009 | 13:47

Titel: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Beral am 22.07.2009 | 13:47
Zur Zeit beschäftige ich mich mit mythologischem Material und muss dabei oft an Parallelen zum Fantasy Rollenspiel (FR) denken. Ein Teilaspekt aus einer aktuellen Diskussion im Forum bringt mich nun dazu, meine Gedanken zu diesem Thema öffentlich zu machen:
Aber da sieht man, dass Logistik und Management vor allem dann immer eine Rolle spielt, wenn es nicht nur darum geht Monster umzuhauen oder Intrigen aufzulösen. Immer wenn es darum geht etwas aufzubauen, werden solche Dinge plötzlich ganz normal. Eigentlich wäre es schöner, wenn das auch im Abenteuerrollenspiel häufiger vorkäme. Mittlerweile kann ich es nämlich nicht mehr sehen, dass sich 3-4 Hanseln (aka die SCs) allein um die Weltenrettung kümmern, anstatt Gefolgsleute um sich zu scharen.

Meine These: Fantasyrollenspiel ist ein schwacher Abklatsch des Heldenmythos, der Geschichte des Erwachsenwerdens.

Ich glaube, Joseph Campbell wurde im Zusammenhang mit dem Heldenmythos schon hier im Forum erwähnt. Ich beziehe mich zusätzlich auf Norbert Bischof, der in seiner Analyse des gleichen Themas etwas stringenter und konsequenter agiert.

Die Grobstruktur des Heldenmythos:

Hinter dieser Erzählstruktur verbirgt sich ein Psychogramm des Erwachsenenwerdens. Darauf müssen wir nicht eingehen, ebenso wenig auf die Feinheiten, die sich hinter der dargestellten Grobstruktur noch verbergen. Die Tatsache, dass wir hier eine Struktur haben, die genau das repräsentiert, was ein Jugendlicher fühlt und erlebt, wenn er erwachsen wird, macht diese Erzählstruktur so interessant und wichtig. Das eigene Werden spiegelt sich darin.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass FR (beachte auch die Zielgruppe, zum Großteil aus männlichen Jugendlichen bestehend) dieser Struktur nacheifert: Es gibt ein Problem, der Held bekommt den Auftrag, es zu lösen, er zieht aus, killt den Drachen und streicht den Schatz ein.

Nur wird die Geschichte nicht zu Ende gespielt. Der getötete Drache und der Schatz in den Händen sind längst nicht das Ende der Entwicklung, hier weiß uns FR aber keine weitere Hilfe anzubieten. Der Entwicklungsprozess des Helden kommt im FR nicht zum Abschluss. Man bleibt in der Entwicklung hängen, nicht mehr Kind, aber auch nicht richtig erwachsen geworden. In dieser Spirale gefangen schlachtet man einen Drachen nach dem nächsten ab, aber die Erlösung bleibt aus. Keiner der Anläufe führt zum eigentlichen Ziel und so versucht man es immer wieder.

[Kurzer Einschub: Meine Erfahrung mag nicht repräsentativ sein. Wenn jemand schon den kompletten Zyklus durchgespielt hat – Glückwunsch! Aus den Diskussionen schließe ich aber indirekt, dass das nicht der Regelfall ist. Belehrt mich, wenn ich damit falsch liege.]

Das ewige Drachentöten macht so lange Spass, wie man selbst in eben dem Reifestadium gefangen ist, das man – unbewusst – in FR durchspielt. Wenn dann der Spieler diese Schwelle überwindet und erwachsen wird, dann verliert dieses Drachentöten, die Herausforderung des Adoleszenten, plötzlich seinen Reiz. Dann will man diese Geschichte zu Ende spielen und eine neue anfangen. Ich verweise an dieser Stelle auf Eins Zitat oben. Er wird mich korrigieren, aber ich lese da genau diesen Wunsch heraus, die Geschichte der Jugend abzuhacken, und sich neuen Aufgaben zu widmen. Was jetzt kommen muss, ist die Heirat mit der Braut, die Verantwortung für die eigene Familie und die Verantwortung für andere, im Mythos symbolisch das ganze Königreich.

Welche Fragen eröffnen sich? Für mich folgende:

- Können wir Rollenspiel gezielter gestalten, so dass es eine Hilfe für persönliche Reifung wird? FR ist ohnehin genau deshalb so attraktiv, also brauchen wir uns nicht zu scheuen, die pädagogische Herausforderung, die an das Spiel gestellt wird, auch anzunehmen. Wie können wir aus dem Abklatsch eines Heldenmythos einen richtigen, wegweisenden, Heldenmythos gestalten? Wie können wir aus dem verkorksten Ritual des Erwachsenenwerdens ein funktionierendes Ritual machen? Gerade das Storytelling bietet dafür eine uneingeschränkt nutzbare Plattform. Hier steht die Story über anderen Dingen (wie Logik oder Charakterfreiheit), hier lässt sich die Struktur des Heldenmythos konsequent durchziehen.

- Wie sieht das Rollenspiel für Erwachsene aus? Welche gibt es bereits?


Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: ChaosAmSpieltisch am 22.07.2009 | 14:00
Passend zum Thema ist das Buch:

Ramona Kahl - "Fantasy-Rollenspiele als szenische Darstellung von Lebensentwürfen"

Dort wird diese These auch vertreten.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Skar am 22.07.2009 | 14:14
@Beral: Alles was du oben beschreibst ist ein (1) Spielstil.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 22.07.2009 | 14:22
Beral, Fantasy-Rollenspiel mit einem Entwicklungsroman oder der Heldengeschichte gleichzusetzen ist schwierig... weil in vielen Systemen immer noch ein kleiner Rest des Urvaters D&D steckt, und der baut halt auf dem Pulp-Genre auf. Und Pulp folgt völlig anderen Gesetzen als die Heldengeschichte.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Joerg.D am 22.07.2009 | 14:35
Es gibt viele verschiedene Arten Geschichten zu erzählen und die Heldenreise ist eine davon.

Selbst wenn der Fokus einer Gruppe auf einer guten Story liegt muss sie nicht der Heldenreise folgen, sondern es ergeben sich viele verschiedene Möglichkeiten die Geschichte zu strukturieren. Das ist insbesondere wichtig, wenn der SL beim Würfeln nicht schummelt und die Geschichte dadurch unerwartete Wendungen nehmen kann.

Für mich ist FR also nur bei schlechten Spielleitern ein Abklatsch des Heldenmythos, denn gute Spielleiter haben irgendwann mal erkannt, dass es um ein Spiel in einer Gruppe geht und Spiele nun einmal keine Geschichten sind, die vom SL erzählt werden, sondern Geschichten, die durch das Zusammenspiel von SL, Gruppe und Zufallselementen entstehen.

Bei einer RSP-Gruppe wird meistens im Nachhinnein eine gute Geschichte aus dem, was die Gruppe erlebt.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 22.07.2009 | 14:40
Meines Erachtens geht schon der Versuch am Thema vorbei. Alle diese wunderbaren Stufenmodelle übersehen, daß man die Treppe zu beliebigen Zeiten in beide Richtungen, schnell oder langsam, gewollt oder nicht hinauf- und hinabsteigen kann, und dabei vorschreiben, daß "sie genau das repräsentieren, was jeder Jugendlicher fühlt und erlebt, wenn er erwachsen wird", ohne belegen zu können, daß das auch nur für mehr als einen einzigen tatsächlich stimmt. Und ansonsten passiert hier mal wieder, was manche Leute offenbar nicht lassen können: Aus einem Spiel einen Sport machen. Zweckfrei, nur aus Vergnügen und um des Vergnügen willens darf man doch nichts machen! Es muß doch etwas dabei herumkommen, ein Lerneffekt oder irgendwas Meßbares; alles andere ist zu wenig, reicht nicht, soll und dar einfach nicht sein.

Ein Spiel, daß mich belehren will (egal ob es das schafft oder nicht), ist mir in aller Regel zu blöd zum Spielen. Wenn ich spiele, muß ich nichts lernen, nicht reifen, mich nicht schon wieder als Klein-Doof hinstellen lassen. Ich kann auch ohne das spielen - einfach so, weil ich's mag.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: nicolai am 22.07.2009 | 14:43
...wenn also die Deutung richtig ist, dann hab´ ich wohl den Prozeß des Erwachsenwerdens irgendwie nicht ganz geschafft, ich meine, Problemlösen und Drachentöten, an dem scheitert´s nicht wirklich, aber die bumsbaren Prinzessinnen vermiß´ ich irgendwie... ;D

...ganz allgemein glaube ich aber, daß eine quasi "Hilfestellung" beim Erwachsenwerden durch den Spielleiter (auch ich bin einer) in Form von gezielter Gestaltung der Abenteuer, respektive Kampagnen eher nicht erfolgen sollte, da sich solches meiner Ansicht nach von selbst ergibt, was im Normalfall so aussieht, daß der jugendliche Spieler automatisch durch Ereignisse, die seinen Charakter betreffen, ein wenig beeinflußt wird und üblicherweise daraus lernt - wobei er/sie natürlich auch ein wenig vom Weltbild des Spielleiters übernimmt (was auch für "erwachsene" Spieler zutreffen dürfte), da sich dieser ihm/ihr ja als Autoritätsperson darstellt (nonanet). Ob diese Beeinflussung allerdings positiv oder negativ erfolgt, ist vom jeweiligen Spielleiter abhängig, und dieses zu forcieren erscheint mir nicht allzugünstig (obwohl ich dieser Versuchung auch ganz gern nachgebe), da es sich zumeist um subjektive Wertkriterien und -vorstellungen handelt, deren Beurteilung wohl von Person zu Person variiert.

Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 22.07.2009 | 14:44
Und ansonsten passiert hier mal wieder, was manche Leute offenbar nicht lassen können: Aus einem Spiel einen Sport machen. Zweckfrei, nur aus Vergnügen und um des Vergnügen willens darf man doch nichts machen! Es muß doch etwas dabei herumkommen, ein Lerneffekt oder irgendwas Meßbares; alles andere ist zu wenig, reicht nicht, soll und dar einfach nicht sein.

 :d
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Skar am 22.07.2009 | 14:54
Meines Erachtens geht schon der Versuch am Thema vorbei. Alle diese wunderbaren Stufenmodelle übersehen, daß man die Treppe zu beliebigen Zeiten in beide Richtungen, schnell oder langsam, gewollt oder nicht hinauf- und hinabsteigen kann, und dabei vorschreiben, daß "sie genau das repräsentieren, was jeder Jugendlicher fühlt und erlebt, wenn er erwachsen wird", ohne belegen zu können, daß das auch nur für mehr als einen einzigen tatsächlich stimmt.
Nicht ganz, denn egal ob man sich über die Self-Determination-Theory, die Maslowsche Bedürfnispyramide oder welchen Ansatz auch immer dem Rollenspiel nähert, wird man darauf gebracht, dass individuelle Bedürfnisse den - ich sage mal platt - Spieltrieb des Spielers ausmachen.

Diese Bedürfnisse können ja sehr vielfältig sein (Status, Macht, Siege, Auszeichnungen, Altruismus, lieben und geliebt werden, Freiheit ...), zudem können sie mit Bedürfnissen anderer Spieler korrespondieren oder im Gegensatz stehen. Aber es bleibt festzuhalten, dass sie die Spielmotivation bedingen und daran kann man seine Zielgruppe für ein Spiel und damit die Ausrichtung des Spiels hängen. Sicher gibt es da wieder verschiedene Interpretationen zu den Bedürfnissen, aber erstmal sind sie der kleinste gemeinsame Nenner, den es zu betrachten gilt.

Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 22.07.2009 | 14:58
Die Diskrepanz zwischen Fantasy-Rollenspiel und Heldenmythen ist keine (zufällige) Fehlentwicklung, sondern einfach ein Anzeichen dafür das beides gar nicht so viel miteinander zu tun hat. Ich habe die Heldenreise auch in der Form noch nie komplett in einem Rollenspiel gesehen, aber das liegt daran dass Rollenspiel sich gar nicht an dieser Struktur orientiert.

Die Standardform des Spiels so wie es durch D&D geprägt wurde und immer noch als Fallback in jeder Runde vorkommt ist eine Variante die ich mal "Spiel des Lebens" nennen möchte. Man lebt in einer fantastischen Welt und versucht das beste draus zu machen. Man könnte auch etwas überspitzter sagen das Motto lautet: "Get rich or die trying"!
Das Ende ist hier viel offener, es geht zwar auch um Entwicklung aber nicht zwangsläufig um ein festes Ziel. Wenn es abgeschlossene Geschichten innerhalb dieser Struktur gibt, dann sind sie nur Teile eines größeren ganzen und nicht die Geschichte des Charakters. Old-School ist ja noch nicht einmal charakterzentriertes Spiel, das kam erst mit Vampire und Konsorten.

Heldenmythen funktionieren doch alleine schon deshalb nicht als Vorbild, da es darin um einen Helden geht, während man im Rollenspiel Gruppen hat. Selbst in Herr der Ringe ist Frodo der eigentliche Held und die anderen eben nur Gefährten.
Es zeigt sich wieder das Rollenspiel und Geschichten unterschiedliche Medien sind, die nur begrenzte Schnittstellen haben.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 22.07.2009 | 18:23
Ich denke traditionelles Rollenspiel bietet durchaus primär Inhalte, die sich an jugendliche Spieler richten.  Daher steigen mM auch viele Spieler aus dem Hobby aus, sobald sie eine bestimmte Reife erreicht haben.

Ab einem bestimmten Alter sieht man es meist einfach nicht mehr als sinnvolles Verhalten an, seinen Hals zu riskieren, wenn es ebenso möglich ist, andere die Drecksarbeit machen zu lassen.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 22.07.2009 | 19:20
Nicht ganz, denn egal ob man sich über die Self-Determination-Theory, die Maslowsche Bedürfnispyramide oder welchen Ansatz auch immer dem Rollenspiel nähert, wird man darauf gebracht, dass individuelle Bedürfnisse den - ich sage mal platt - Spieltrieb des Spielers ausmachen.
Ich habe mich dem Rollenspiel mit genau einem Ansatz genähert: Jemand, der das beurteilen kann, hat geasgt, es macht Spaß und ich soll es probieren. Die ganze "Verwissenschaftlichung" kam erst später. Und ich denke auch, daß man sie leicht mißbrauchen kann, anstatt sie hilfreich sein zu lassen.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Skyrock am 22.07.2009 | 19:27
Normales Fantasyrollenspiel ist kein Heldenmythos um auserwählte Helden, die Kraft von Prophezeiungen die Welt retten - es ist Western mit dünner Schwert&Ork-Tünche über den Friedensstiftern und Indianern, wo Stufe-1-Tellerwäscher sich aus eigener Kraft an der "Frontier" der unendlichen Möglichkeiten hocharbeiten (http://tanelorn.net/index.php/topic,45809.msg876381.html#msg876381).

Thread bitte schließen, das Thema wurde mit diesem Post und Querverweis erschöpfend abgehandelt und in maximalst möglicher Tiefe ausgelotet.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 22.07.2009 | 19:33
So gesehen ist das Konzept eine versteckte Heldenreise, die immer und immer wieder neu in einem Stufenaufstieg kulminiert, der den vorherigen in seiner Relevanz übersteigt.
Man kann sich natürlich alles so hin biegen dass es irgendwie passt und dann sagen es sei eine (defekte) Form der Heldenreise. Jede Stufe eine Heldenreise? Die letzte Ratte mit 5 XP zur nächsten Stufe steht für das große Finale...? Der Aufstieg auf Stufe 2 verändert das Leben des Charakters und macht ihn zum strahlenden Helden?

Ich sage hingegen, es hat damit aus nahe liegenden Gründen wenig zu tun und das ist eben kein Defekt. Den Defekt sieht man da nur weil der Vergleich von vornherein falsch ist. Ansonsten kann ich ja auch sagen der Apfel sei nur eine defekte Banane.

Vergleichen kann man die beiden Sachen natürlich trotzdem gerne, aber dann muss man auch mit den Unterschieden leben und sie erklären können und nicht sagen da handele es sich einfach um einen "lahmen Abklatsch des Heldenmythos".
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dom am 22.07.2009 | 20:09
Boomslang, kannst du uns noch verraten, wie du den Unterschied erklärst? Oder meinst du dein "die beiden haben gar nicht so viel miteinander zu tun" sei Erklärung genug?

Beral hat in seinem Eingangspost die "Geschichte des Erwachsenwerdens" als Begründung gegeben, warum der Heldenmythos so ist, wie er ist. Wieso ist das also bei der beschriebenen Art des Fantasy-Rollenspiel anders? Schaut man in den von Skyrock verlinkten Thread, so kommt man auf die Erklärung "Amerikanischer Pioniersgeist".
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 22.07.2009 | 20:27
Ich habe erstmal erklärt warum ich meine dass Rollenspiel sich nicht leicht am Heldenmythos orientieren lässt und warum Spieler sich nicht daran orientieren. Warum sie sich aber an was anderem orientieren, dafür gibt es sicher unterschiedliche Gründe. Einen einfachen Grund, aus meiner Sicht, habe ich genannt: Weil D&D es so und so gemacht hat und das ein historisches Beispiel geprägt hat, so entsteht ein "so macht man dass" das sich durch alle möglichen späteren Spiele hindurch zieht, genau so wie es mit konkreten Regelmechanismen auch aussieht. Sowas wie ein informeller Stil hält sich in der Tradition anscheinend noch länger als konkrete Regeln.

Noch tiefer nach Ursachen zu forschen ist nicht leicht. Ich spekuliere einfach mal, dass es eine der naheliegendsten Formen des Spiels ist zu versuchen zu "gewinnen". Da es im Rollenspiel keine formalen Gewinnbedingungen gibt sucht man diese in der Fiktion. Man überträgt also ein Konzept von Erfolg aus seiner realen Erfahrung. Dabei kommen dann solche Dinge wie Streben nach Macht, Reichtum und Anerkennung bei raus. Das kann man sicher als ein universelles menschliches Streben bezeichnen.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 22.07.2009 | 20:53
Es geht im Rollenspiel aber in der Regel nicht um Macht, Reichtum und Anerkennung, sondern darum von Monsterhort zu Monsterhort zu ziehen, alles auszurotten, was sich dort findet und die dortigen Schätze darin zu investieren, noch größere Monster töten zu können.

Wenn man das als Macht definieren will, dann ist das mehr so eine Macht auf Level eines billigen Schlägertypens.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Backalive am 22.07.2009 | 20:59
Meine These: Fantasyrollenspiel ist ein schwacher Abklatsch des Heldenmythos, der Geschichte des Erwachsenwerdens.
Ich glaube, Joseph Campbell wurde im Zusammenhang mit dem Heldenmythos schon hier im Forum erwähnt. Ich beziehe mich zusätzlich auf Norbert Bischof, der in seiner Analyse des gleichen Themas etwas stringenter und konsequenter agiert.

Boooh Ayy.
Ja, dieser Thread ist wirklich ein Beispiel dafür, daß man aus allem, aber wirklich aus allem eine Wissenschaft machen kann  8]
Wie in diesem Thread http://tanelorn.net/index.php/topic,48375.0.html (http://tanelorn.net/index.php/topic,48375.0.html) von mehreren festgestellt wurde.

Ich selbst finde es einfach fantastisch, wie viele wirklich kluge Leute sich hier auf Tanelorn tummeln  :d
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Naga am 22.07.2009 | 21:16
Wie können wir aus dem Abklatsch eines Heldenmythos einen richtigen, wegweisenden, Heldenmythos gestalten?

Da liegt imho schon der Denkfehler vor. Der Heldenmythos an sich ist doch schon die romantische Utopie: Eine kleine Elite tut das, wozu die tumbe Masse nicht in der Lage ist. Der Heldenmythos benötigt eine dysfunktionale Gesellschaft - denn eine funktionierende würde sich um ihre Probleme ja selbst kümmern.

"Substanzielles"/aufklärerisches Rollenspiel würde also auf eine Verbesserung der Gesellschaft abzielen. Willkommen in der Politik.  ;D

Für die des Englischen Kundigen wird das in David Brins großartigem Artikel J.R.R. Tolkien - Enemy of Progress (http://dir.salon.com/story/ent/feature/2002/12/17/tolkien_brin/index.html) sehr schön auf den Punkt gebracht. (Und auch sein etwas bissigeres "Star Wars" despots vs. "Star Trek" populists (http://www.salon.com/ent/movies/feature/1999/06/15/brin_main/index.html) ist in dieser Hinsicht lesenswert.)
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 22.07.2009 | 21:30
Es geht im Rollenspiel aber in der Regel nicht um Macht, Reichtum und Anerkennung, sondern darum von Monsterhort zu Monsterhort zu ziehen, alles auszurotten, was sich dort findet und die dortigen Schätze darin zu investieren, noch größere Monster töten zu können.
Nunja, jemanden verhauen zu können ist doch wohl die verbreitetste (männliche?) Machtfantasie überhaupt. Und Reichtum brngt natürlich nur was wenn man ihn ausgibt und wenn Monster verhauen das einzige ist was einen interessiert, dann gibt man das Geld eben fürs effektivere Monster verhauen aus (nachdem man es anderen Monstern abgenommen hat). Das verbindet alles auf eine möglichst einfache Weise.

Und schon in den ersten D&D Inkarnationen war "rumlaufen und Monster verhauen" nur der Einstieg zu einer persönlichen Machtposition der Charaktere innerhalb der Welt (Name-Level, Gefolge etc.).

Fantasy eignet sich ja auch gerade für solche Machtfantasien weil hier diese primitiven Formen der Machtausübung (Gewalt) scheinbar akzeptierter sind und dass die Gegner Monster sind macht die Sache noch einfacher. Aber auch andere Genres, eröffnen immer irgend eine Möglichkleit um Gewalt zu rechtfertigen, um eben diesen einfach zu verstehende Spielweise zu ermöglichen.
Es ist ja wohl kein Zufall dass Gewalt in nahezu allen Rollenspielen eine entscheidende Rolle spielt ;)

Edit: Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, der persönliche Machtzuwachs ist das entscheidende am klassischen Rollenspiel. Kampfspiele gibt es haufenweise, aber Rollenspiele legen den Fokus auf den Machtzuwachs. Was wäre Monsterkloppen ohne Stufen?
Insofern gibt es hier ja noch eine Übereinstimmung mit Heldenmythen: Der Machtzuwachs der Protagonisten. Und bei beiden Medien mögen Machtfantasien eine Rolle spielen (bei Literatur die des Autors bzw. des Publikums).
Ablauf und Zusammenhänge der Entstehung sind aber ganz anders. Das Rollenspiel braucht den Mythos nicht als 1zu1-Vorlage. Wenn dann kann man gemeinsame Wurzeln annehmen, oder meinetwegen auch eine Inspiration bestimmter Themen, aber nicht mehr.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: nicolai am 22.07.2009 | 23:40
...röchel...das wird mir schön langsam ein wenig zu abgehoben; muß das eigentlich sein, daß, kaum daß man an einem Hobby Freude findet, ganze Horden von Analysierern und Zerredern auftauchen, um einem diese Freude wieder zu nehmen ? Kann das eigentlich nicht einfach genug sein, daß man Spaß am Rollenspiel hat und es deshalb tut ? Wenn ich mir heute ein Brötchen kaufe, versuche ich ja auch nicht gleich, meine Beweggründe und den psychologischen Hintergrund des Bäckers zu analysieren, und ich denk´ auch nicht gleich an Freud´sche Komplexe oder ähnliches, nur weil es möglich ist, in dieses Brötchen die Form einer Vulva hineinzuinterpretieren, ich eß´ es einfach, um meinen Hunger zu stillen, und dafür war´s ja auch gedacht...
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 23.07.2009 | 08:36
@Boomslang
Kann ich mehr oder weniger so stehen lassen, allerdings behandelst du nicht die Fragestellung des OP.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Skar am 23.07.2009 | 08:37
Die ganze "Verwissenschaftlichung" kam erst später.
Nö. :P

Zitat von: nicolai
...röchel...das wird mir schön langsam ein wenig zu abgehoben; muß das eigentlich sein, daß, kaum daß man an einem Hobby Freude findet, ganze Horden von Analysierern und Zerredern auftauchen, um einem diese Freude wieder zu nehmen ?
Es gibt solche und solche Themen...

Keiner nimmt dir die Freude, die nimmst du dir vielleicht selbst. Eher im Gegenteil soll das Theoretisieren ja in irgendwas münden: nämlich in ein gutes Spiel, dass Freude bringt.

Zitat
Wenn ich mir heute ein Brötchen kaufe, versuche ich ja auch nicht gleich, meine Beweggründe und den psychologischen Hintergrund des Bäckers zu analysieren,
Wenn das mein Hobby oder Job wäre, würde ich das tun.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Thot am 23.07.2009 | 08:58
Interessant!

Aber Du hast auch was von einfach nur Spaß haben gesagt. Das ist insofern genau der Punkt, weil wir ja alle mal (jugendlichen) Spaß am Hobby hatten. In diesem Thread geht es aber darum, dass man irgendwann erwachsen wird und am jugendlichen Konzept plötzlich nicht mehr so den Spaß findet. Was also tun, wenn der naive Spaß am Spiel ausbleibt? [...]

Was anderes spielen? Meine Güte, es ist ja nun *wirklich* nicht so, als gäbe es nicht Hunderte von Kampagnenideen da draußen, die mit dem "Monster töten" gar nichts mehr zu tun haben!

Ich habe schon Kampagnen geleitet, in denen die Spieler (meist sehr erwachsene) Führungsoffiziere auf einem Schiff der StarTrek-Sternenflotte waren, oder Magierfürsten und Leiter einer Universität.

Der Dungeoncrawl mag als "lahmer Abklatsch des Monomyth" interpretierbar sein, das Rollenspiel als Hobby sicher nicht.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 23.07.2009 | 09:00
Es geht ja weniger darum, was man alles machen kann, sondern was von der Masse der Rollenspiele gezielt unterstützt wird.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Thot am 23.07.2009 | 09:12
Es geht ja weniger darum, was man alles machen kann, sondern was von der Masse der Rollenspiele gezielt unterstützt wird.

Zur Erinnerung, ich antwortete auf:

Zitat von: Scheckewara
In diesem Thread geht es aber darum, dass man irgendwann erwachsen wird und am jugendlichen Konzept plötzlich nicht mehr so den Spaß findet. Was also tun, wenn der naive Spaß am Spiel ausbleibt?
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 23.07.2009 | 09:45
Aber Du hast auch was von einfach nur Spaß haben gesagt. Das ist insofern genau der Punkt, weil wir ja alle mal (jugendlichen) Spaß am Hobby hatten. In diesem Thread geht es aber darum, dass man irgendwann erwachsen wird und am jugendlichen Konzept plötzlich nicht mehr so den Spaß findet.

Vielleicht hat dieser Spaßverlust auch damit was zu tun, dass die Betroffenen sich viel zu viele Gedanken über das Hobby machen. Ich für meinen Teil kann, obwohl ich auch seit fast zehn Jahren meinen Magister habe, feststellen, dass mir die Beschäftigung mit Rollenspieltheorie zwar Erkenntnis-, aber keinen langfristigen Spaßgewinn gebracht hat. Die Analyse, was an unserem frühen Spiel "nicht richtig" war, resultierte in einer jahrelangen Queste nach der Lösung.

Erst die Rückkehr zur damaligen jugendlichen Attitüde -- Unbeschwertheit, alles-ist-möglich, thematisches Spiel braucht kein Mensch, kein Metaplot, Logik muss nicht sein -- hat mir persönlich wieder die Tore geöffnet zu einem Spiel, das mir so Spaß macht wie früher.

In diesem Sinne bin ich durchaus rollenspielerisch reaktionär und sage: Denkt weniger, spielt mehr und baut ein, was euch gefällt. Alles andere (etwa heldenhafte Geschichten oder große Themen) entstehen, wie auch in der Wirklichkeit, erst später, wenn wir davon erzählen.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Jestocost am 23.07.2009 | 10:37
Ich bin überzeugter Casual Gamer und begeisterter Denker - und ich denk auch gern drüber nach, was unser Hobby ausmacht. Das macht mir bestimmt nicht den Spaß kaputt. Aber - da gebe ich Mann ohne Zähne gern recht - spielen geht vor bzw. sollte auf das Denken folgen. Nur im theoretischen Elfenbeinturm hocken, macht mir zuwenig Spaß.

Sicher ist die Heldenreise ein funktionierendes Muster für Fantasygeschichten - ob sie dem Fantasyspiel entspricht, da bin ich mir nicht so sicher. Fantasyrollenspiel ist eher teleologisch, linear, nach vorne auf ein Ziel gerichtet - und nicht zyklisch, wie es bei der Heldenreise oder jeder Initiationsgeschichte sein muss. Die Entsprechung zur Frontier Myth, wie Skyrock es zwar richtig, aber unter aller Sau aufgezeigt hat, sehe ich auch - und ist bei Pulp bzw. Abenteuergeschichten als Ursprung ja auch sehr naheliegend.

Der für mich wichtigste Punkt ist aber auch der, den Mann ohne Zähne macht: Rollenspiele schreiben im Normalfall keine Geschichten - sondern die Teilnehmer formen im Nachhinein in ihrer Erinnerung aus den Erlebnissen am Spieltisch eine Geschichte. Denn jeder Versuch eines Spielleiters diktatorisch eine Story draus zu machen, geht auf Kosten des Freiheitsgrads der anderen Spieler. Anders sieht es bei Erzählspielen wie Primetime Adventures aus - da geht es ja gerade drum, dass man zusammen eine Geschichte entwickelt - und sich dabei an den Regeln der Dramaturgie orientiert. Und da kann die Heldenreise eine narrative Struktur sein, die man gerne herannimmt - genauso wie die Tragödie oder eine Screwball Comedy.

Meine Antwort in kurz: Kann sein, muss aber nicht. Case closed.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 23.07.2009 | 11:17
Nö. :P
Doch, und ich kann meine Aussage sogar beweisen - wie würdest Du das mit Deiner wollen?

Erst die Rückkehr zur damaligen jugendlichen Attitüde -- Unbeschwertheit, alles-ist-möglich, thematisches Spiel braucht kein Mensch, kein Metaplot, Logik muss nicht sein -- hat mir persönlich wieder die Tore geöffnet zu einem Spiel, das mir so Spaß macht wie früher.
Ich denke, daß ist ein ganz normaler Fall. Nur die "Sport-Fans" mögen das nicht so, weil sie die "Rückkehr zur jugendlichen Attitüde" für eine Regression in einen infantilen Status halten, den man auf keinen Fall in irgendeiner Form positiv beurteilen darf.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 23.07.2009 | 11:31
Doch, und ich kann meine Aussage sogar beweisen - wie würdest Du das mit Deiner wollen?
Ich denke, daß ist ein ganz normaler Fall. Nur die "Sport-Fans" mögen das nicht so, weil sie die "Rückkehr zur jugendlichen Attitüde" für eine Regression in einen infantilen Status halten, den man auf keinen Fall in irgendeiner Form positiv beurteilen darf.

Oder wenn, dann ungefähr in folgender Form:
"Ja, themenlos-jugendlich kann man auch spielen, klar... ... ... ... ... AAAAABER:"
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 23.07.2009 | 11:33
Wobei ich jetzt nicht sehe, warum jugendlich zwingend == themenlos sein soll.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 23.07.2009 | 11:52
Nicht zwingend. Aber oft.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: 6 am 23.07.2009 | 12:11
Wobei ich für mich sagen kann, dass die Rückbesinnung auf die jugendliche Attitüde das Ergebnis der Beschäftigung mit der Rollenspieltheorie war.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Skar am 23.07.2009 | 12:45
Doch, und ich kann meine Aussage sogar beweisen - wie würdest Du das mit Deiner wollen?
Vorab: Ich beziehe mich nicht auf halbgare "Theorien", wie sie aus der Forge un dihren Vorgängern kommen. Die halte ich übrigens auch weniger für Therorien, als um intensive Metabetrachtungen.

Die wirklichen, grundlegenden Theorien aus der Motivationspsychologie beziehen sich aber weder unmittelbar aufs Rollenspiel, noch sind sie erst in den letzten Jahren entstanden. Das gilt gleichermaßen für die grundlegenden ludologischen und soziologischen Ansätze.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 23.07.2009 | 14:01
Wobei ich für mich sagen kann, dass die Rückbesinnung auf die jugendliche Attitüde das Ergebnis der Beschäftigung mit der Rollenspieltheorie war.

Für mich streng betrachtet auch. Wobei, genau gesagt, die Theorie mich wieder in die Arme des abenteuerlichen Spiels zurückgetrieben hat -- und, wiederum genauer betrachtet, ohne dass ich irgendetwas für mich Nützliches mitgenommen hätte.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: tartex am 23.07.2009 | 14:26
...röchel...das wird mir schön langsam ein wenig zu abgehoben; muß das eigentlich sein, daß, kaum daß man an einem Hobby Freude findet, ganze Horden von Analysierern und Zerredern auftauchen, um einem diese Freude wieder zu nehmen ?

Es soll aber auch Leute geben, die Spaß daran haben Sachen zu analysieren und darüber zu reden. Ich persönlich finde das genauso pubertär und geil wie das Rollenspielen selbst. Wir waren doch alle mal so 18jährige Existenzialisten, oder?  Warum soll man das eine regressive Element im Hobby zulassen und das andere nicht?
Wenn es dir keinen Spaß macht, musst ja nicht mitmachen.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 23.07.2009 | 14:34
genauso pubertär und geil wie das Rollenspielen selbst

Ich weiß nicht, irgendwie stört mich diese beiläufige Konnotation "Rollenspiel=pubertär" ganz gewaltig. Heißt das dann für dich "nicht rollenspielen = erwachsen sein"?
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Beral am 23.07.2009 | 15:04
Ich habe nicht umsonst im Theorieforum gepostet. Das ist der Spielplatz für die Leute, die Rollenspiel gern auch theoretisch untersuchen und es nicht nur betreiben. Wer Theorie abgehoben, nutzlos oder sonstwie unangenehm findet, sollte sich nicht in diesem Unterforum quälen und diesen Thread bitte nicht am Thema vorbei zuspamen.

Zum Thema selbst:
Es ist klar, dass ich nur einen Spielstil und vielen möglichen ausgepickt habe. Ich habe ihn sogar auf ein Genre beschränkt und die Zielgruppe auf junge Männer eingeengt. Selbstverständlich gibt es andere Spielstile und andere Zielgruppen, aber auf diese will ich meine Analyse überhaupt nicht ausweiten. Mir geht es um einen eingegrenzten Bereich, auf nichts anderes beziehe ich mich. Und dieser eingegrenzte Bereich, die jungen Fantasy-Rollenspieler, machen rein zahlenmäßig vermutlich den Löwenanteil unter den Rollenspielern aus (ich denke hier an die ein oder andere Umfrage, die anderswo im Forum vorgestellt wurde).

Zur Parallele mit dem Heldenmythos: Vergleicht selbst. Ich habe den Mythos recht willkürlich in 5 Schritte gegliedert (das sind keine inhaltlichen Stufen, sondern eine formale Gliederung, um die Übersicht zu erleichtern), von denen die ersten drei auch ein absolutes Standardmodell des FR sind. Klar kann man es auch anders spielen, aber darum geht es nicht. Diese drei Stufen - Problem, Reise, Monster töten/Schatz ergattern - stellen nicht nur eine dominierende Struktur in sehr vielen Spielrunden dar, sondern sind auch hier im Forum der Ankerpunkt und Paradebeispiel für verschiedenste Diskussionen. Und diese Dominanz, so behaupte ich, ist eben nicht zufällig. Auffällig ist weiterhin, dass die beiden letzten Punkte, ohne die ein Heldenmythos nicht komplett ist, ausgelassen werden.

Auf dieser Beobachtung beruht meine Argumentation. Klar kann man Fantasy auch anders spielen und eine quantitative Minderheit tut das auch. Klar kann man Rollenspiel auch unter anderen Gesichtspunkten (z.B. Vergleich mit Tellerwäscher-Geschichte) analysieren. Klar kann man darüber diskutieren, ob Theorie im Rollenspiel überhaupt sinnvoll ist. Nur geht es hier in diesem Thread nicht darum. Und es wäre cool, wenn ihr euch ein bisschen enger an das Thema halten würdet. Nur, wenn es euch interessiert.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 23.07.2009 | 15:51
Also Diskussion um der Diskussion willen?
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Beral am 23.07.2009 | 16:03
Diskussion zum Thema und nicht am Thema vorbei. Könnten wir doch ausnahmsweise mal machen. :)
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 23.07.2009 | 16:54
Also in bester geisteswissenschaftlicher Manier: These formulieren, egal wie randseitig oder unkorreliert sie ist, und dann drüber diskutieren  8]

OT:
Erinnert mich an ein Hauptseminar, damals, als einer im Kurs tatsächlich seine Arbeit über "Protestantische Arbeitsethik im Pornofilm" schrieb.  ::)
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: tartex am 23.07.2009 | 17:04
Ich weiß nicht, irgendwie stört mich diese beiläufige Konnotation "Rollenspiel=pubertär" ganz gewaltig. Heißt das dann für dich "nicht rollenspielen = erwachsen sein"?

Also das mit "pubertär" ist nicht unbedingt meine Meinung, habe das aber mal so aus den vorherigen Posts übernommen. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass theoretisch über was reden auch unreflektierten Spaß machen kann. Staunen über neue Erkenntnis (oder was man dafür hält) usw.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 23.07.2009 | 17:14
Also in bester geisteswissenschaftlicher Manier: These formulieren, egal wie randseitig oder unkorreliert sie ist, und dann drüber diskutieren  8]
Wir können halt nicht immer über dein Lieblingsthema, deinen Weg zur Rollenspiel-Seeligkeit, sprechen. Du hast immerhin schon zwei Blogs über das Thema, das sollte doch reichen.

@ Beral
Und jetzt musst du aber nochmal das Thema spezifizieren. Ich dachte du wolltest sagen das klassische Fantasy-Rollenspiel sei auf irgend eine Art vom Heldenmythos beeinflusst oder inspiriert. Oder willst du nur einen allgemeinen Vergleich herstellen, den du jetzt selbst konstruierst?
"Lahmer Abklatsch" klingt für mich wie eine nicht gelungene Kopie. Wie ich oben versucht habe darzustellen halte ich das für falsch.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 23.07.2009 | 17:20
Wir können halt nicht immer über dein Lieblingsthema, deinen Weg zur Rollenspiel-Seeligkeit, sprechen. Du hast immerhin schon zwei Blogs über das Thema, das sollte doch reichen.

Weißt du, was interessant ist?
Deine geradezu virulente Ablehnung gegen das, was ich sage. Komisch. Dabei bin ich kein einziges mal persönlich geworden. Ah, und noch was: Wenn du Story Entertainment wirklich gelesen hättest, wäre dir aufgefallen, dass vielleicht zehn von vielen, vielen Beiträgen von Old School handeln. Aber was rede ich, du hast dein Urteil ja gefällt.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 23.07.2009 | 19:19
Die wirklichen, grundlegenden Theorien aus der Motivationspsychologie beziehen sich aber weder unmittelbar aufs Rollenspiel,...
Womit Du irgendwie das Thema verfehlst, nicht wahr?
Damit sie sich auf Rollenspiele beziehen müssen, muß es Rollenspiele geben. Womit das Rollenspiel zuerst da sein muß, bevor der Bezug hergestellt werden kann. Und nichts anderes stelle ich fest: Die ersten Rollenspiele wurden nicht von Wissenschaftlern erfunden, die irgendwas beweisen wollten, sondern von Leuten, die ein Spiel schreiben wollten. Jede wissenschaftliche Beschäftigung damit kann erst danach erfolgt sein - wie ich gesagt habe.

themenlos-jugendlich
Ziemlich billige Polemik.

erwachsene Leute haben mehr eigene Motivation und eigene Werte.
Ich kenne Kinder, die haben mehr davon, als vom Alter her definiert "Erwachsene"... 

Das ist der Spielplatz für die Leute, die Rollenspiel gern auch theoretisch untersuchen und es nicht nur betreiben.
Schlechte Theorien darf man aber auch in einer Diskussion genauso nennen - auch wenn das, wer immer sie entwickelt hat, nicht gern hört. Das ist durchaus Teil der Diskussion.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Beral am 23.07.2009 | 21:20
@ Beral
Und jetzt musst du aber nochmal das Thema spezifizieren. Ich dachte du wolltest sagen das klassische Fantasy-Rollenspiel sei auf irgend eine Art vom Heldenmythos beeinflusst oder inspiriert. Oder willst du nur einen allgemeinen Vergleich herstellen, den du jetzt selbst konstruierst?
"Lahmer Abklatsch" klingt für mich wie eine nicht gelungene Kopie. Wie ich oben versucht habe darzustellen halte ich das für falsch.
Ich weiss nicht, wie weit es davon inspiriert ist. Ich nehme an, dass es so ist, da sehr viele Elemente von bekannten Mythen im FR auftauchen.
Das muss aber gar nicht von bekannten Mythen inspiriert worden sein. Die Heldenmythen sind überall auf der Welt in ihrer Struktur identisch. Es ist immer das gleiche, oben beschriebene Schema, egal, ob du im Urwald Südamerikas, bei den Eskimo, den Griechen, den Russen oder den Aborigines nachschaust. Überall auf der Welt erdenken sich Menschen Heldengeschichten, die alle dem gleichen Schema folgen - weil Menschen überall auf der Welt die gleiche psychologische Entwicklung durchlaufen. Junge Rollenspieler werden schon von sich aus intuitiv auf dieses Schema zusteuern. Sie sind psychisch reif für diese Struktur und tasten nach ihr.

Die Aufgabe der Mythen besteht gerade darin, diesem Vortasten zu helfen, aufzuzeigen, wohin die Reise verläuft. Ganz ohne Hilfe findet der junge Mensch nämlich nicht unbedingt den richtigen Weg zur Reife. Für jeden Stoff, der diese Struktur enthält, ist der junge Mensch besonders sensibel. Deswegen ist Fantasy (mit Railroading-Abenteuern) so beliebt - sie hält sich an diese Struktur, wenngleich unfähig, sie konsequent bis zum Ende durchzuziehen.

Ich behaupte, dass der Teil des FR, von dem wir hier sprechen, so populär ist, weil er einen Ersatz leistet für Dinge, die uns in der turbulenten Entwicklung der Industriegesellschaft verloren gegangen sind. Wir haben keine Mythen mehr, die uns die Großväter zur richtigen Zeit erzählen, um unsere Entwicklung zu unterstützen. Also basteln wir uns einen Ersatz. FR ist dieser Ersatz. Er ist noch nicht perfekt, aber wir arbeiten daran. Es ist nicht der Spaß, der FR zu seiner Verbreitung verhilft. Es ist ein bedeutendes entwicklungspsychologisches Bedürfnis, das diese Kombination von Genre und Spielstil so beliebt macht.

Wenn wir das erkennen, können wir FR besser machen. Besser im Sinne von: Es wird das besser tun, weswegen es eigentlich gespielt wird.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 23.07.2009 | 21:52
Aha, verstehe. Du meinst also es gäbe eine Gemeinsamkeit zwischen Heldenmythos und Fantasy-Rollenspiel der in der Entwicklung der menschlichen Psyche liege und man müsse nun das Rollenspiel so anpassen, dass es die Aufgabe erfüllt die auch der Heldenmythos übernimmt?
Bis zu dem Teil mit der menschlichen Psyche ist ja noch alles klar. Es gibt natürlich Themen die hier wie dort immer wieder auftauchen weil sie Teil der menschlichen Psyche sind. Das war es aber meiner Meinung nach auch schon.

Rollenspiel und auch Fantasy hat in seiner traditionellen Struktur ganz andere Anlagen als den Heldenmythos (wie ich und z.B. Skyrock oben schon versucht haben darzustellen). Ich kann die Sichtweise überhaupt nicht nachvollziehen, es handele sich bei FR einfach um eine defekte Form des mythischen Vorbilds die es zu "reparieren" gelte.

Warum sagst du nicht einfach du möchtest gerne ein Rollenspiel am Heldenmythos orientieren? Warum immer diese seltsam naturalistische Herangehensweise, nach der man erstmal beweisen muss dass etwas irgendwie sein müsste oder sollte?
Was hielte dich davon ab den Heldenmythos zu verwursten selbst wenn traditionelles Rollenspiel nie damit zu tun hatte?
Die Idee fände ich nämlich gut.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Thot am 23.07.2009 | 21:56
[...]
Das muss aber gar nicht von bekannten Mythen inspiriert worden sein. Die Heldenmythen sind überall auf der Welt in ihrer Struktur identisch. Es ist immer das gleiche, oben beschriebene Schema, egal, ob du im Urwald Südamerikas, bei den Eskimo, den Griechen, den Russen oder den Aborigines nachschaust. Überall auf der Welt erdenken sich Menschen Heldengeschichten, die alle dem gleichen Schema folgen - weil Menschen überall auf der Welt die gleiche psychologische Entwicklung durchlaufen.[...]

Stimmt nicht. Siegfried kehrt nicht nach Hause zurück. Herkules auch nicht. Dietrich von Bern erlebt wichtige Abenteuer erst nach seiner Reifephase. Und, und, und.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 23.07.2009 | 23:38
Könnte es vielleicht sein, dass das Rollenspiel in seiner ursprünglichen Konzeption (D&D usw.) zwar so tut als würde es die gleichen Bedürfnisse wie der Heldenmythos befriedigen wollen, aber auf halber Strecke stecken bleibt und doch lieber bekannten Marketingkonzepten folgt, die dafür sorgen, dass es keine Entspannung gibt, sondern die Story ewiglich im Monstermetzeln und Schätze klauen stecken bleibt (damit man auch möglichst lange weitere Produkte verkaufen kann)?
Das wäre ja das was Beral sagt, bis auf den Grund für diese Entwicklung, den du hier in Marketing vermutest.
Mit Marketing bringst du aber einen interessanten Aspekt rein. Das Marketing ist natürlich durchaus wichtig in der traditionellen Struktur des Rollenspiels. Immerhin ist es ein Spiel das darauf beruht immer weiteres Spielmaterial zu (ver-)kaufen. Definitiv abgeschlossene Geschichten wären diesem Konzept nicht zuträglich.
Natürlich werden Medien immer auch inhaltlich davon beeinflusst wie sie vermarktet werden können, genauso wie ein Kinofilm inhaltlich davon beeinflusst wird dass man die Geschichte innerhalb von maximal 2-3 Stunden erzählen können muss, weil sich keiner länger den Hintern platt sitzen möchte.

Ich verstehe aber immer noch nicht ganz warum da irgend eine Form des Heldenmythos Pate gestanden haben muss, die dann erst durch Marketing-Zwänge zerstört wurde. Klar, es wäre nicht das erste mal das etwas irreführend vermarktet wird. Wollte man hier einfach nur die Zugkraft der Mythen ausnutzen? Dem könnte ich sogar zustimmen: Die Vermarktung von Rollenspielen greift sehr stark auf Bilder zurück die mit Mythen und allgemein Geschichtenerzählung zu tun hat, weil das eben das Leitmedium ist das jeder kennt. Das heißt aber nicht dass sich das Spiel, das Design, die Tradition im Rollenspiel tatsächlich an diesem Bild orientiert haben. Marketing und Realität gehen da einfach wie so oft völlig auseinander, weil sie auch unterschiedliche Zwecke erfüllen.
Man kann daraus jetzt die Forderung ableiten das Produkt gefälligst an das Marketing anzupassen, damit man quasi das bekommt was versprochen wurde. Andersrum könnte man aber auch fordern das Marketing anzupassen. Oder einem wird einfach klar dass Megaperls nicht besser waschen als Ultratabs und Marketing eben Marketing ist und selbst die Käufer gar nicht wirklich daran interessiert sind, dass ein Marketing-Spruch und das Produkt dann 100% überein stimmen, gerade wenn man das Produkt selbst schon lange kennt und mag.

Will heißen: Selbst wenn Heldengeschichten zur Vermarktung von Fantasy Rollenspiel eingesetzt wurden, heißt das noch nicht das Fantasy Rollenspieler im allgemeinen Heldenmythen als Vorbild wollen, sie wollen einfach ein Rollenspiel.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: tartex am 23.07.2009 | 23:54
Könnte es vielleicht sein, dass das Rollenspiel in seiner ursprünglichen Konzeption (D&D usw.) zwar so tut als würde es die gleichen Bedürfnisse wie der Heldenmythos befriedigen wollen, aber auf halber Strecke stecken bleibt und doch lieber bekannten Marketingkonzepten folgt, die dafür sorgen, dass es keine Entspannung gibt, sondern die Story ewiglich im Monstermetzeln und Schätze klauen stecken bleibt (damit man auch möglichst lange weitere Produkte verkaufen kann)? Der Suchtfaktor von Zugewinnspielen wie D&D jedenfalls spräche dafür, dass es so sein könnte.

Aber seien wir ehrlich: 95% des Geekfutters, auch außerhalb des Rollenspiels, beschränken sich darauf. Fantasyromane, Comics und Computerspiele sind zum Großteil auch simpel gestrickt. Ich denke nicht, dass es hier so sehr um Rollenspiele geht, sondern um eskapistische Verbrauchskulturprodukte. "Echte Literatur" wird in den Zirkeln kaum mal konsumiert. Und wir kriegen einen wässrigen Mund, wenn unsere liebste Kinderserie von Hollywood als Blockbuster neu aufbereitet wird, und regen uns über langweilige Nabelschau in Autorenfilmen auf.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: tartex am 23.07.2009 | 23:57
Mit Marketing bringst du aber einen interessanten Aspekt rein. Das Marketing ist natürlich durchaus wichtig in der traditionellen Struktur des Rollenspiels. Immerhin ist es ein Spiel das darauf beruht immer weiteres Spielmaterial zu (ver-)kaufen. Definitiv abgeschlossene Geschichten wären diesem Konzept nicht zuträglich.

Was sind denn für dich gute Beispiele für nichtmarketingverseuchte Kulturprodukte außerhalb des Rollenspielbereichs?
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 24.07.2009 | 00:13
Wieso? Hab ich gesagt es gäbe welche die nicht marketingvereucht wären? ;D
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 24.07.2009 | 01:35
Aber eins verstehe ich immer noch nicht und sehe nicht wo ihr das erklärt habt. Warum ist denn das klassische Fantasy-Rollenspiel nun irgendwie defekt oder unvollständig? Warum kann es nicht sein dass Fantasy-Rollenspiel größtenteils das leistet was es soll?

Das halte ich nämlich für eine sehr vernünftige Annahme:
Alles was von Dauer ist und sich durchgesetzt hat orientiert sich ja letztenendes an Bedürfnissen.


Diese Argumentation mit dem Heldenmythos ist doch völlig zirkulär: Rollenspiel will den Heldenmythos modellieren -> Tut es aber nicht-> Deswegen ist was mit Rollenspiel nicht in Ordnung -> Also müssen wir es jetzt an den Heldenmythos anpassen. Da kommt einfach nur hinten raus was ihr vorne rein getan habt, ohne irgend eine Begründung (die ich erkennen kann).
Das "auf halber Strecke stehen bleiben" oder ein "lahmer Abklatsch" sein ist doch nirgendwo belegt, das habt ihr doch erst da rein gebracht. Warum müsst ihr denn den Beweis haben das irgendwas mit dieser Art von Rollenspiel (es gibt ja durchaus andere) nicht in Ordnung ist, nur weil sie euch vielleicht gerade nicht gefällt?

Ich denke ihr habt da einfach keine Chance das sinnvoll nachzuweisen und selbst wenn, was sollte das bringen? Da fehlt doch wieder völlig eine Definitionshoheit darüber was Rollenspiel tatsächlich ist. Es kann doch hier nicht wieder darum gehen Gary Gygax zu beschwören und den zu fragen was er mit D&D wirklich echt jetzt sagen wollte, oder massenpsychologische Entwicklungsgeschichte zu untersuchen.
Wenn ihr dem Fantasy-Rollenspieler nun historisch, psychologisch oder sonst wie genau nachweisen könnt, dass er eigentlich nur eine defekte Form von Heldenmythos spielt, und er jetzt endlich erwachsen werden soll, dann sagt der euch einfach "Na und? Macht aber Spaß!" und dann sind wie so weit wie vorher.
Ich verstehe nicht was das soll.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 24.07.2009 | 07:24
Zitat von: Mann ohne Zähne
themenlos-jugendlich
Ziemlich billige Polemik.

Ich spiele themenlos-jugendlich, weil ich wieder so spiele wie in meiner Jugend: themenlos.
Wenn das polemisch gemeint wäre, Herr Schlauschlumpf, dann würde ich gegen mich selbst polemisch sein.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Skar am 24.07.2009 | 08:40
Womit Du irgendwie das Thema verfehlst, nicht wahr?
Nicht im Geringsten. Es benötigt keine unmittelbare Rollenspieltheorie, weil die von mir genannten Theorieansätze mittelbar das Rollenspiel abdecken.
Und diese Theorien aus der Psychologie, Soziologie oder Ludologie gab es eben schon vor dem Rollenspiel, bzw waren nicht unmittelbar fürs Rollenspiel gemacht.

Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 24.07.2009 | 09:00
Ich finde es essentiell die Strukturen im FR (und im Rollenspiel allgemein) zu erkennen. Denn anders als Werke der Literatur geht es beim Rollenspiel vor allem um Strukturen und nicht um Inhalte. Je klarer also mein Verständnis für die Strukturen des Rollenspiels sind, desto besser kann ich damit herumspielen.

Ich halte den Frontier Myth z.B. nicht als repräsentativ, denn der Fakt, dass die SCs in Classic D&D (wo auch immer man da die Trennlinie ziehen will) als eine der wenigen Charaktere kein Lvl 0 Commoner sind, hebt sie in eine Position, die dem Frontier Myth widerspricht.

Der Frontier Myth zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er jedem Erfolg verspricht, der sich nur entsprechend bemüht. Eine besondere Begabung, sozialer Stand oder ein Geburtsrecht (z.B. das Recht Lvl 1+ zu haben ;) ) ist für die Erfüllung des Frontier Myth nicht notwendig. Relevant ist nur True Dedication. Classic D&D ähnelt in dieser Hinsicht eher ye olde world, als the good old free US of A.

Weiterhin entsprechen die Abenteuer, die in Classic D&D vorgestellt werden, nicht dem Frontier Myth. Die Frontier hat sehr viel damit zu tun, die Natur zu bändigen. Mutige ziehen an die Frontier, machen Land urban, eröffnen Minen, bauen sich ein Leben und dabei Gemeinschaften auf, und im selben Zuge verschieben sie die Grenze der Frontier ein Stück weiter.

Bei Classic D&D geht es darum, Dungeontüren einzutreten, Leute zu erschlagen und ihre Reichtümer an sich zu nehmen.

Auch mit dem Companion Set von Basic D&D sehe ich keine sonderliche Annäherung an den Frontier Myth. Zwar wird in den Dominion-Regeln durchaus auch eingeworfen, dass man als Abenteurer seine Festung auch in der Wildnis errichten kann, sicherlich ein Motiv der Frontier, allerdings widerspricht die Idee der Herrschaft eines Einzelnen über die Massen an sich zutiefst dem freiheitlichen und anti-authoritären Ideal des Frontier Myth.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: 6 am 24.07.2009 | 09:36
@Ein:
Da muss ich Dir in ein paar Punkten widersprechen:
1. Im ganz alten D&D gab es keinen Level 0. Jeder normale Zivilist war mindestens Level 1. Viele normale Zivilisten hatten sogar höhere Level, da der Status auch über den Level geregelt wurde. D.h. mit Level 1 hast Du wirklich beim Tellerwäscher angefangen.
2. Schau Dir die Festung im Grenzland an. Da machen die Charaktere genau das was die Frontier Myth aussagt: Natur (gewaltsam) bändigen, Mutige ziehen an die Grenze, bauen Gemeinschaften auf und verschieben die Frontier ein Stück weiter.
3. Beim Companion Set musst Du eine Sache beachten: Es kam erst knappe 10 Jahre nach der Erstveröffentlichung von D&D auf den Markt. D.h. bis dahin hat sich schon einiges verändert.
4. Aber auch mit diesem Gesichtspunkt ist noch ne Menge Frontier Myth in den Dominion-Regeln. Jeder fähige Tellerwäscher kann Landbesitzer werden und jeder Landbesitzer hat seine Cowboys Diener und Wachen. Du kannst sogar Sheriff werden. Der nennt sich jetzt halt Ritter.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 24.07.2009 | 10:09
Wenn man das Kapitel Dominion im DM-Teil des Companion Sets sich genau anguckt, stellt man etwas interessantes fest: Je stärker die Domäne Teil bereits existierender Herrschaftsgebiete ist, desto umfangreicher wird die Behandlung im Regeltext. Die Wilderness Fortress wird z.B. nur mit einem kleinen Abschnitt abgewickelt.

Da sehe ich eben keine Betonung des Frontier Myth, denn in diesem Fall wäre es genau anders herum. Die Frontier würde umfangreich behandelt, aber die "Old World" würde nur angerissen, denn der Witz hinter dem Frontier Myth ist es ja gerade, dass er den Leuten Hoffnung gab, die sich in den etablierten Gebieten kein Leben aufbauen konnten.

Ich sehe den Frontier Myth hier nicht umgesetzt. Und auch den American Dream nur, wenn man sich auf die falsche, aber in Europa etablierte, Interpretation des American Dream als kapitalistisches Wundermärchen stützt, die aber eigentlich nie den eigentlichen American Dream ausmachte.

Der American Dream dreht sich darum, dass jedem die Möglichkeit offen steht sein volles Potential ungeachtet irgendwelcher Barrieren der etablierten Gesellschaft zu entfalten. Dieses Potential wurde aber erst nachträglich als Reichtum uminterpretiert.

In diesem Sinne könnte man jetzt darüber diskutieren, inwiefern D&D die Sehnsucht mancher amerikanischer Jugendlicher nach einem Leben in "ye olde world" mit allen ihren alten Mythen, alten Traditionen und ihren verhärteten, sozialen Klassen bediente. Ich denke, in dieser Hinsicht ist es kein Zufall, dass D&D zur selben Zeit ein Erfolg wurde, als das Fantasy-Romangenre seine größte Blüte hatte.

Was uns dann wieder zum Heldenmythos zurückführt. ;)

Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 24.07.2009 | 10:50
... dann würde ich gegen mich selbst polemisch sein.
Und? Das kann ich auch und verwende es zuweilen als Stilmittel.

Es benötigt keine unmittelbare Rollenspieltheorie, ...
aber es benötigt Rollenspiele, bevor man etwas auf sie anwenden kann. Oder kannst Du Zeitschleifen machen? Andernfalls hast Du ein Problem.

Ich bin mir nicht sicher, aber was Beral meiner Vermutung nach als Ziel haben könnte, ist die Konzeption des klassischen Rollenspiels zu verbessern, indem er einen dysfunktionalen Aspekt davon aufzeigt.
Das Problem ist, daß die Dysfunktionalität nicht bewiesen ist - auch nicht, indem Du sagst, Du hättst das schon so erlebt, da können tausend andere Gründe für vorgelegen haben als grad dieser eine. Und wenn es überhaupt nicht dysfuntkional ist, macht man notwendigerweise mit solchen Versuchen mehr kaputt, als man erreicht.

Tatsache ist ja, dass Rollenspiel etwas bedient, für das junge Leute ein Bedürfnis haben.
Warum eigentlich schon wieder "junge Leute"? Es spricht alle Altersgruppen an, und ich schätze, daß das Problem der nicht mehr jungen Leute heute einfach ist, daß sie keine Zeit mehr haben für ein Hobbie, das zeitaufwendig und koordinationsträchtig ist. Der Spaß daran bleibt bestehen, nur läßt es sich nicht mehr umsetzen und wird daher durch Möglichkeiten ersetzt, die einfacher zu managen sind.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Mann ohne Zähne am 24.07.2009 | 11:47
Thema: Polemik gegen sich selbst.
Und? Das kann ich auch und verwende es zuweilen als Stilmittel.

Na sowas.
(over and out)
(Ach, hier ist die Ignore-Funktion)
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: 6 am 24.07.2009 | 12:35
Der American Dream dreht sich darum, dass jedem die Möglichkeit offen steht sein volles Potential ungeachtet irgendwelcher Barrieren der etablierten Gesellschaft zu entfalten. Dieses Potential wurde aber erst nachträglich als Reichtum uminterpretiert.
Genau das hast Du doch in den Originalregeln von D&D. Nicht umsonst hat jeder Abenteurer die Möglichkeit im Status aufzusteigen. Das war ja auch einer der Gründe, warum jede Stufe einem Titel entspricht. Da ist Reichtum erstmal nur Mittel zum Zweck (Du erhälst uA XPs durch angehäuftes Geld).
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 24.07.2009 | 14:20
Na sowas.
So leicht eingeschnappt, nur weil Du nicht der einzige bist, der das kann? Na sowas.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 24.07.2009 | 16:30
Ich bin mir nicht sicher, aber was Beral meiner Vermutung nach als Ziel haben könnte, ist die Konzeption des klassischen Rollenspiels zu verbessern, indem er einen dysfunktionalen Aspekt davon aufzeigt.
Das bemängele ich ja gerade. Du musst nicht erst irgendwas objektiv dysfunktionales finden bevor du was verbessern kannst. Warum nicht einfach sagen: "Ich möchte das so und so haben, wie könnte man das machen?". Der ganze vorhergehende Teil was jetzt am Rollenspiel kaputt ist und warum ist doch völlig überflüssig, sofern man nicht selbst eindeutige Maßstäbe gesetzt hat. Du kannst sagen das Rollenspiel ist an deinen Maßstäben gemessen kaputt, das ist ok, aber das muss deutlich werden. Dann geht es nämlich nicht um eine historische oder sonstwie empirische Betrachtung, sondern einfach um Vorlieben und Design, und das ist ein riesen Unterschied.
Sonst ist das doch gerade die Vorgehensweise die bisher jedem Theoretiker (mal zu Recht mal zu Unrecht) vorgeworfen wurde.
Ok, das reicht für mich zu diesem Thema.

Jetzt mal zum eigentlichen Problem. Rollenspiel als "Endlosmetzelschleife" gefällt dir nicht, es soll "erwachsener" sein, diese Stufe des Spiels stellt für dich ein "Steckenbleiben" dar. Der Heldenmythos als Entwicklungsgeschichte soll ein mögliches Vorbild sein an dem man sich orientieren könnte.
Erstmal würde ich auch hier sagen, das klassische Rollenspiel muss überhaupt keine Endlosmetzelschleife sein. Es bleibt nicht auf eine Stufe stecken, es folgt einfach nur nicht den Stufen die im ersten Post umrissen sind. Das ist alles. Ein Steckenbleiben kann durchaus ein Gruppenproblem sein.

Eine klassische Kampagne sieht nach meiner Erfahrung (so wie ich auch gespielt habe) folgendermaßen aus: Die Helden sind keine auserwählten (wichtigster Unterschied zum Heldenmythos), sondern mehr oder weniger völlig normale Leute, die sich nur durch ihren Drang nach Ruhm und Ehre, Abenteuer und Reichtum von den anderen abheben, klassische Glücksritter also. Als Auserwählter ergibt sich eine ganz andere Erzählstruktur. Probleme wie Schicksal (Railroading?) und Fokus treten auf. Kann eine ganze Gruppe gleichsam auserwählt sein? Kann ein Auserwählter freiwillig aussteigen und durch einen anderen Auserwählten ersetzt werden? Ein Auserwählter kann doch nicht so einfach nebenbei sterben? usw. usf.
Das alles sind Probleme die man im klassischen Spiel von vornherein vermeidet. Dann sieht die Struktur der Ereignisse eher aus wie in einer Endlosserie oder Soap-Opera. Alle menschlichen Schicksale werden innerhalb kürzester Zeit durchlebt: Konflikte, von Armut zum Reichtum und wieder zurück, Freundschaften und Feindschaften, Tode, der Fokus der Figuren wechselt (Helden sterben oder steigen aus, neue steigen ein) usw. Das ganze ist durchbrochen von episodischen Ereignissen, bei denen nicht die Charaktere sondern die Ereignisse oder die Welt (das Abenteuer) im Vordergrund stehen.
Man könnte es auch als eine Art Familiensaga bezeichnen nur mit der Abenteuergruppe anstatt einer Familie. Mal sind einzelne Personen wichtiger als andere, die Beziehung der Charaktere untereinander verändert sich, sie bilden eine Schicksalsgemeinschaft, die sich über die Zeit verändert (Leute kommen und gehen, es geht aber immer um die Gruppe). Andere spielen eher mit dem Fokus auf den Episoden, nicht auf den Charakteren.
Das alles hat für mich keine Gemeinsamkeit mit der Struktur die oben genannt ist und trotzdem ist das absolut keine Metzelschleife. Abenteuer setzen sich zur Ruhe, heiraten oder erhalten politische Macht, bauen Häuser, Burgen und kaufen Schiffe. Das ist alles immer noch "ganz normaler" Abenteurer-Kram, völlig ohne Heldenmythos.

Will man jetzt einfach nur innerhalb dieser Struktur "erwachsenes Spiel", also Themen die eher zum Erwachsenen gehören (Verantwortung übernehmen, Macht ausüben, in Beziehung und auch Abhängigkeit leben anstatt frei und unabhängig zu sein, usw.)? Oder will man die ganze (sehr offene) Struktur loswerden und zu einer abgeschlossenen Entwicklungsgeschichte eines Charakters gelangen? Das sind eben ganz unterschiedliche Spielformen.
Für Entwicklungsgeschichten ist z.B. das Solar System hervorragend geeignet. Aber auch dort wird nicht dem klassischen Heldenmythos gefolgt. Zumindest aber wird die Entwicklung eines Charakters bis zu einem bestimmten Punkt erzählt und den Einfluss den er dabei auf die Welt nimmt.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 24.07.2009 | 17:29
Wenn die Abenteurer ganz normale Leute wären, die nach Ruhm und Ehre strebten, dann stünde ja einer Heldenreise eigentlich gar nichts im Weg. Tatsächlich sind sie aber ein Bündel von Arschlöchern, die sinnlos abschlachten und sich alle Schätze unter den Nagel reißen. 
Ich würde sagen, das liegt an der Gruppe, mit der Du spielst. Es geht auch anders... und zwar völlig unabhängig vom zugrundeliegenden gewählten Spiel. (Ich bin in der glücklichen Situation, schon mit Menschen aller möglichen Altersgruppen anspruchsvoll gespielt zu haben, ohne sinnloses Gemetzel und Giergescheffel.) Und wenn es die Gruppe ist, ist mE sehr fraglich, ob ein Schrauben an dem zugrundeliegenden Spiel irgendetwas ändert. Es zwingt Deine Mitspieler vielleicht, ihre Bedürfnisse eher hintenrum zu befriedigen... aber solange sie das wollen, was Du beschrieben hast, werden Regeln das Dilemma nicht lösen, denn sie werden immer Lücken und Wege finden, in die von Dir beschriebenen Verhaltensweisen zurückzufallen.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 24.07.2009 | 18:27
Außerdem irrst Du, es liegt sehr wohl am Spiel das man spielt, was hinten raus kommt.
Innerhalb gewisser Grenzen shon. Aber was Du beschrieben hast, deutet doch stark auf ein soziales Problem, und das können Regeln nicht gut lösen.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 24.07.2009 | 18:28
@Chris
Zitat
Genau das hast Du doch in den Originalregeln von D&D. Nicht umsonst hat jeder Abenteurer die Möglichkeit im Status aufzusteigen. Das war ja auch einer der Gründe, warum jede Stufe einem Titel entspricht. Da ist Reichtum erstmal nur Mittel zum Zweck (Du erhälst uA XPs durch angehäuftes Geld).
Genau diesen sozialen Aufstieg sehe ich nur proforma umgesetzt, denn durch diesen Aufstieg ändert sich nicht viel für den Abenteurer. Im Companion Set steht explizit drin, dass nur weil ein Charakter jetzt eine Festung hat, heisst das nicht, dass er jetzt keine Monster mehr metzeln darf. Ich sehe es einfach nicht umgesetzt, dass ist so wie die Idee des Kriechen am Bodensatz bei CP2020, dass in der Spielrealität nie so existiert hat, oder das menschliche Drama bei Vampire.

Aber ich belasse es jetzt abschließend bei einem YMMV.

@Boomslang
Zitat
Kann eine ganze Gruppe gleichsam auserwählt sein? Kann ein Auserwählter freiwillig aussteigen und durch einen anderen Auserwählten ersetzt werden?
Star Wars hatte mehrere Protagonisten, aber nur einen Auserwählten.

Zitat
Ein Auserwählter kann doch nicht so einfach nebenbei sterben?
Doch nennt sich dann tragischer Held.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: 6 am 24.07.2009 | 18:39
@Ein: Dein YMMV geht in Ordnung. Nur noch als kleiner Einwurf:
Wenn Du eine Festung hast, hast Du damit nach Regeln gleich einen Haufen an Bediensteten, die Du rumkommandieren darfst und um deren Entlohnung Du Dich kümmern musst. Wenn Du dann auch noch Ländereien hast, dann hast Du auch noch die Bevölkerung, die nach Regeln versorgt und um die sich gekümmert werden muss. Wenn Du nach den Ausbauregeln spielst, dann hat sich schon einiges an der Spielweise geändert auch wenn Du weiter metzeln gehst. (Ich seh da immer Perry Rhodan vor mir)
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Beral am 24.07.2009 | 18:59
Aber eins verstehe ich immer noch nicht und sehe nicht wo ihr das erklärt habt. Warum ist denn das klassische Fantasy-Rollenspiel nun irgendwie defekt oder unvollständig? Warum kann es nicht sein dass Fantasy-Rollenspiel größtenteils das leistet was es soll?
Weil es die Drittvariable "Bedürfnis" gibt, die sowohl den Heldenmythos als auch FR so attraktiv macht. Auf diese Drittvariable kommt es an.

Der Heldenmythos ist keine Erheiterungsgeschichte, die irgendwie zum Spaß erdacht wurde und erzählt wird. Der Heldenmythos hat eine Funktion, nämlich das Bedürfnis nach psychischer Reife in Form eines Wegweisers zu unterstützen. Das ist der Grund, warum der Heldenmythos über Jahrtausende hinweg überdauert.

Bei FR ist es genauso. Es erfreut sich so großer Beliebtheit, weil es auf das gleiche Bedürfnis eingeht wie der Heldenmythos. Damit sind nicht alle einverstanden, was in Ordnung ist. Einige Leute hier sagen, dass FR ganz andere Funktionen hat, z.B. "Spaß" oder was auch immer. Rollenspiel hat eine Menge Funktionen und ich will es nicht auf eine einzige reduzieren. Ich behaupte jedoch, dass besagtes Bedürfnis eine Kernfunktion ist. Und weil FR dieser Funktion von allen Rollenspielen noch am ehesten nachgeht, ist es konkurrenzlos beliebt bei männlichen Jugendlichen.

Es ist doch auffällig, dass die Zielgruppe des Heldenmythos die gleiche ist wie die von FR. Es ist auffällig, dass die Struktur die gleiche ist, jedoch von FR nicht zu Ende gebracht wird. Es ist auffällig, dass sich Heldenmythos und FR im reichen Angebot anderer Genres und Strukturen problemlos behaupten können und quasi unausrottbar sind. Ihr evolutionärer Vorteil, der ihnen das Überleben sichert, ist ein Bedürfnis heranwachsender Menschen, auf das Heldenmythos und FR eingehen.

Der Reiz des Spiels ist immer irgendein Bedürfnis. Das Spiel sollte das Bedürfnis natürlich möglichst gut befriedigen. Wenn das Bedürfnis "Erholung" lautet, sollte das Spiel möglichst viel dazu beitragen. Wenn das Bedürfnis "Schauspielerische Herausforderung" lautet, sollte das Spiel schauspielerische Herausforderungen bereit halten. Und wenn das Bedürfnis "Psychologischer Wegweiser" lautet, sollte das Spiel den Wegweiser bereit halten.

Ich sehe FR übrigens gar nicht so negativ in der Funktion als psychologischer Wegweiser, wie mir teilweise unterstellt wird. Es zeigt immerhin die Hälfte des Weges, was schon mal ein guter Anfang ist. Gäbe es Spiele, die mehr vom Weg zeigen, hätten sie FR vom Spitzenplatz verdrängt. Wir reden hier also über den derzeitigen Spitzenreiter in Sachen psychologische Bedürfnisbefriedigung von Heranwachsenden. Das sei an dieser Stelle auch explizit gewürdigt.

Wenn FR gerade wegen der Wegweiserfunktion aufgesucht wird, ist es doch logisch, diese Funktion möglichst gut zu erfüllen. Für nichts anderes appeliere ich. Es ist sogar ziemlich einfach, FR hinsichtlich dieses Aspektes zu optimieren. Voraussetzung ist natürlich, dass man das auch will. Und als mündige Menschen wollen wir solche Dinge bevorzugt tun, deren Sinn sich uns erschließt. Und ich versuche hier auf einen Aspekt aufmerksam zu machen, der bisher bewusst überhaupt nicht berücksichtigt wird, der sich aber unserer Aufmerksamkeit lohnt.

Du kannst anderer Meinung sein als ich, Boomslang, aber behaupte bitte nicht, ich würde meine Position nicht erklären. Ich erkläre sie. Das verbindende Element zwischen Heldenmythos und FR ist ein Bedürfnis. Weil beide die Befriedigung dieses Bedürfnisses im Auge haben, sind beide so beliebt. Deswegen ähneln sie sich nicht nur in ihrer Beliebtheit, sondern auch in ihrer Form. Sie haben sozusagen die gleiche Wurzel. Wenn wir von einem Bedürfnis als Motivationsquelle von FR ausgehen, dann sollte dieses Bedürfnis natürlich befriedigt werden. Das wird zur Zeit unzureichend gemacht und kann verbessert werden.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 24.07.2009 | 19:02
Zitat
Wenn Du eine Festung hast, hast Du damit nach Regeln gleich einen Haufen an Bediensteten, die Du rumkommandieren darfst und um deren Entlohnung Du Dich kümmern musst. Wenn Du dann auch noch Ländereien hast, dann hast Du auch noch die Bevölkerung, die nach Regeln versorgt und um die sich gekümmert werden muss. Wenn Du nach den Ausbauregeln spielst, dann hat sich schon einiges an der Spielweise geändert auch wenn Du weiter metzeln gehst. (Ich seh da immer Perry Rhodan vor mir)
(Wir können es auch nicht lassen. ;) )
Jo, mir sind die Regeln grundlegend bekannt. Nur erschien es für mich immer so, als würde sich dadurch nicht viel im Spiel ändern. Nur dass, man jetzt halt einen Hof für seine Pferde, ein Harem für die gepwned Damsels in Distress und einen Thronsaal für seine Trophäen hat.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 24.07.2009 | 19:07
Ob man ein Auserwählter ist erfährt man dann, wenn man Erfolg hatte. Wer stirbt, war nicht auserwählt, sondern dachte es nur.
Das hat aber nichts mit dem Heldenmythos zu tun. Der Held muss nicht mal denken dass er auserwählt ist, er ist es aber trotzdem ganz sicher. Der Held über den wir durch die Geschichte etwas erfahren ist auserwählt. Wir können nicht in Buch 6 auf Seite 580 erfahren, das Harry Potter doch nicht der Auserwählte ist.
Das ist eine völlig andere Struktur und liegt daran, das wir in Geschichten nur das Interessante erfahren (z.B. nur was der "echte" auserwählte macht und nicht die anderen Idioten die sich dafür hielten), dies ist im klassischen Spiel aber nicht ohne weiteres vorgesehen.

Genauso verhält es sich mit den mehreren Protagonisten. Natürlich haben Neo, Harry Potter, Luke Skywalker oder Frodo ihre Freunde und ihre Gefährten, aber das sind eben nicht die Helden der Geschichte. Ihre Entwicklung betrachten wir unter dem Aspekt was der Kontakt zu dem Helden mit ihnen und aus ihnen macht. So eine Rollenverteilung ist in der klassischen Abenteuergruppe undenkbar.
Auch ein tragischer Held ist was anderes als jemand der von einer Ratte gebissen wird und nur noch 1 LP hatte. Der tragische Held versagt auf einem Höhepunkt der Geschichte.
Man kann natürlich immer im Nachhinein so tun als hätten solche Ereignisse im Rollenspiel und in literarischen Vorbildern was miteinander zu tun, aber die Umstände der Entstehung dürften klarerweise immer völlig anders sein. Parallelen sind immer nachträgliche (Über-)Interpretation.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: 6 am 24.07.2009 | 19:10
@Ein:
Du musst Dir mal die A-Abenteuer anschauen. ;)
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 24.07.2009 | 20:09
Es erfreut sich so großer Beliebtheit, weil es auf das gleiche Bedürfnis eingeht wie der Heldenmythos. ...
Es ist doch auffällig, dass die Zielgruppe des Heldenmythos die gleiche ist wie die von FR.
Wo hast Du das eigentlich her? Gibt es dafür irgendweilche Hinweise?

Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: tartex am 25.07.2009 | 10:10
Also so wie ich den Heldenmythos verstanden habe, darf der nicht mit Metzeln gleichgesetzt werden. Campbell geht ja z.B. auch auf Jesus und das neue Testament ein, oder? Jesus war nun wirklich nicht so der fiese Hack'n'Slayer und trotzdem der Auserwählte.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: tartex am 25.07.2009 | 10:28
Man kann natürlich immer im Nachhinein so tun als hätten solche Ereignisse im Rollenspiel und in literarischen Vorbildern was miteinander zu tun, aber die Umstände der Entstehung dürften klarerweise immer völlig anders sein. Parallelen sind immer nachträgliche (Über-)Interpretation.

Im Rollenspiel (das mir gefällt) ist die Story emergent. D.h. weder Spielleiter noch Spieler wissen vorher was dabei rauskommt. Also wissen sie auch nicht, ob es am Ende einen Auserwählten geben wird.
Ein Autor, der eine Geschichte schreibt, gibt erst das Endprodukte an die Leser weiter. Das wäre quasi nicht das Spiel selbst, das die Grundlagen des Textes skizziert, sondern, wenn ein Mitspieler das im Spiel Erlebte im Nachhinein niederschreibt (und nebenbei alles im Nachhinein als unwesentlich erkennbare wegläßt, also die Szenen gut framet). (Ich will hier nicht diskutieren, inwiefern die Ausarbeitung seines Notizen eine Rolle spielt, und ganz viel anderen Kram.)
Der kreative Prozess im Rollenspiel ist halt ein gänzlich anderer als bei einer Textproduktion. Deshalb hilft es auch nicht viel, wenn geschulte Dramaturgen und Drehbuchautoren sich mit einer gehörigen Portion Arroganz in die "Niederungen" des naiven RPG-Fantums begeben, um dort mal mit ihrem Wissen aufzuräumen. (Ich habe mir zumindest mal selbst eingebildet, dass man das machen könnte.) Solche Leute verbrechen dann auch oft irgendwelche Railroading-Abenteuer, die sich auf Papier auch viel aufregender lesen als ein kurzer Savage-Worlds-Plot-Point oder sowas.

Man kann sicher bereits erlebte Kampagnen nach dem Heldenmythos aufschlüsseln (das ist halt eine Struktur, die uns seit Kindheit so oft vorgekaut wurde, dass wir vieles nach ihr interpretieren), aber man sollte meiner Meinung nicht probieren diese Struktur zu erzwingen, wenn man Abenteuer plant. (Ich finde ja man sollte Abenteuer gar nicht so planen.  ;D )
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 25.07.2009 | 10:55
@Chris
Gut, werde ich bei Gelegenheit mal machen.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Minne am 25.07.2009 | 11:39
Ich finde ja dass das klassische Fantasyrollenspiel eher einem anderen Gegenwartsphänomem entspricht: Dem Konkurrenzkampf auf dem Markt. Weil die Gegner (Konkurrenten) immer mächtiger werden, muss man auch immer mächtiger werden und Kapital akkumulieren um es in bessere Waffen (Produktionsmittel) zu investieren. Die Spielercharaktere sind ewig getriebene und in jedem Abenteuer (Geschäft) investieren sie mit dem Risiko alles zu verlieren. Dabei wird ihre Umwelt weitgehend zum Instrument um ihm EXP (Mehrwert) abzupressen. Am Ende steht meist die Große Krise bei der der gesammte Akkumulierte vernichtet wird und von vorne begonnen wird. ;)

Was zum Heldenmythos: Ich finde ja die hier geleistete Darstellung des Heldenmythos hier etwas knapp und denke, wenn man sich anschaut was historisch Heldenmythos war, stellt sich heraus, dass 1. Heldenmythos nichts für Kinder ist ist und 2. Dass der Heldenmythos nur bedingt zur Beschreibung von Rollenspiel taugt.

Da wären einmal der germanische Heldenmythos, wie er uns im Hildebrandslied entgegentritt, der aus der Zeit der Völkerwanderung stammt. Man kann hier klar erkennen, dass der Heldenmythos die Werte und Lebensumstände der damaligen Zeit widerspiegelt. Im Zentrum steht der Kriegerethos und archaische Vorstellungen wie das schicksalhaft-göttliche "Heil", dass echten Anführern irgendwie anhaftet. Im Rollenspiel hat das erstere kaum jemals echte Bedeutung, wenn man mal von ein bisschen rauhbeinigem Getue mal absieht, dass aber meist mehr was von Hinterhofsschläger hat als von Kriegerethos. Was ja auch kein Wunder ist, denn mit der Lebenswelt von Völkerwanderungsmenschen haben wir nichts zu tun. Das zuletzt genannte spielt daher noch viel weniger eine Rolle denn ein solches Konzept scheint den meisten von uns heute doch reichlich abstrus. Auch hat die Schicksalsgläubigkeit wenig zu tun mit dem heutigen Menschen, der sich ja einbildet seines eigenen Glückes Schmied zu sein.

Dann hätten wir noch den höfischen Heldenmythos aus den Ritterromanen. Hier spielt die christliche Vorstellung von Individualität eine zentrale Rolle. Diese besteht in der Sündhaftigkeit des Menschen vor Gott. Ein solcher Ritterroman besteht daraus, dass der Protagonist zu beginn in irgend einer Form sündigt und sich anschließend auf Queste begiebt um Sühne zu leisten. Es gibt hier keine Entwicklung, kein Erwachsen werden, sondern nur eine Bewegung zurück zum Status ante quo. Ich kenne kein Rollenspiel, dass auch nur ansatzweise derartig aufgebaut ist. Und selbst wenn, würde ich es nicht spielen, denn was zum Henker soll ich mit christlicher Moral?

Ich denke also, dass sich der Heldenmythos nicht auf eine Allegorie auf das Erwachsenwerden reduzieren lässt sondern eine kulturelle Erscheinung war die mit den jeweiligen Gesellschaftsformen und Lebensbedingungen zusammenhing. Das selbe lässt sich über das Rollenspiel sagen, dass von den Heldenmythen höchstends (meist nur visuelle) Elemente leiht, die aber nicht anders als modern gedeutet werden können.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 25.07.2009 | 11:44
Mit Heldenmythos ist hier der monomyth (auch: the hero's journey) nach Joseph Campbell gemeint.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Minne am 25.07.2009 | 11:50
Naja, und woher nimmt der sein Konzept vom Heldenmythos? Ich denke, wenn wir von so etwas reden ist es nur gerechtfertigt da noch andere Aspekte hineinzubringen.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Ein am 25.07.2009 | 12:02
Aus der Vergleichenden Mythologie. Allerdings sollte man dabei bedenken, dass Campbell sein Hero with Thousand Faces 1949 veröffentlicht hat, zu einer Zeit als vor allem universalistisch geforscht wurde. Seit den 70ern neigt man aber ja eher (wie du hier) zum Partikularismus.

Nun kann man sich natürlich fragen, inwiefern es die Struktur des Monomyth überhaupt als solchen gibt. Aber ich denke, dass ist Thema für einen anderen Thread.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Beral am 25.07.2009 | 12:27
Beral, siehst du Produkte wie WoW als Teil von FR?
Wie siehst du sie?
Ich kenne WoW nicht. Meine Analyse bezieht sich explizit auf P&P-Fantasy. Ob das übertragbar auf andere Spiele ist, müsste man untersuchen.

Wo hast Du das eigentlich her? Gibt es dafür irgendweilche Hinweise?
Persönliche Erfahrung und vor allem mehrere Umfragen zum Thema Rollenspiel. Jetzt verlange aber nicht, dass ich sie für dich suche.

Also so wie ich den Heldenmythos verstanden habe, darf der nicht mit Metzeln gleichgesetzt werden. Campbell geht ja z.B. auch auf Jesus und das neue Testament ein, oder? Jesus war nun wirklich nicht so der fiese Hack'n'Slayer und trotzdem der Auserwählte.
Der Heldenmythos ist viel komplexer als ich ihn geschildert habe. Zum Element "Kampf - Sieg" gibt es z.B. das Äquivalent "Problem - Lösung". Hinzu kommt, dass der Heldenmythos zwar überall die gleiche Struktur hat, aber in jeder Kultur und Epoche ein anderes "Kleid". In ihm spiegeln sich also nicht nur die psychische Entwicklung, sondern auch die gesellschaftliche Lage zur Zeit seiner Entstehung. Hier wird auch mehrmals auf dieser gesellschaftlichen Ebene argumentiert, zuletzt von Minne. Das ist nicht die Ebene, auf die ich mich beziehe. Sie entkräftet die psychologische Ebene genauso wenig, wie es umgekehrt der Fall ist. Wir können über beides diskutieren (am besten in verschiedenen Threads), aber nicht beides durcheinander werfen.

Auf den Kampf oder die Problemlösung darf man den Heldenmythos auf keinen Fall reduzieren, dann ist es keiner mehr. Erst die (relativ fest vorgegebene und nicht beliebig veränderbare) Abfolge von mehreren Handlungsschritten macht aus einer Geschichte einen Heldenmythos.

Zur erzwungenen Struktur: Wir reden hier über eine Zielgruppe, die ohnehin zu Railroading neigt, sich also freiwillig einer Struktur unterwirft. Man kann die von ihnen ververwendeten Strukturen ruhigen Gewissens optimieren.
Leute, die Sandbox spielen und eine Schwerpunktsetzung auf Story verteufeln, sind nicht diejenigen, über die ich hier spreche. Sie brauchen hier nicht zu erzählen, dass ihnen das ja nicht gefallen würde und so und dass sie ja ganz andere Ziele im Rollenspiel haben. Um euch geht es gar nicht.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 25.07.2009 | 15:04
Persönliche Erfahrung und vor allem mehrere Umfragen zum Thema Rollenspiel. Jetzt verlange aber nicht, dass ich sie für dich suche.
Nein. Ich verlange von Dir, daß Du sagst, wie Du aus den Zahlen eine Beziehung ableitest, wie Du sie behauptest. Sonst kannst Du auch Motorradunfälle als "lahmen Abklatsch des Fantasy-Rollenspiels" konstruieren (ist ja auch die gleiche Gruppe betroffen) und daraus folgern, man müsste wahlweise die Motorradunfälle oder das Rollenspiel an das jeweils andere besser anpassen. Vielleicht kann man ja die Motorräder konsequent auf Schienen montieren? :-o
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Naga am 25.07.2009 | 17:17
Ich wart ja immer noch auf das Puzzlestück, dass die Brücke vom Fantasy-Rollenspiel zum Mythos schlägt.

Zumindest ich verbuche unter "Mythos" letztlich eine "große" Geschichte, mit übergreifender Dramaturgie, die auch etwas über die Natur der Welt und der Menschen mitteilt. Nach dieser Definition kann man dann auch Werke, die eigentlich nur gutes Garn sein wollen (wie Star Wars oder Herr der Ringe) als Mythos bezeichnen.

Wenn man das jetzt mit Fantasy-Rollenspiel vergleicht (gerade der klassischen Swords & Sorcery-Abteilung), dann leidet da imho wer an Selbstüberschätzung.  ;D
Übergeordnete Dramaturgie wird als Gängelung empfunden. Innere Entwicklungen sind in dem Zeitrahmen von den meisten Hobbyschauspielern improvisiert kaum rüberzubringen, erst recht nicht wenn dabei das Spotlight fair verteilt sein soll. Moralische Fragen werden nur oberflächlich behandelt um die Gruppe nicht zu spalten. Nein, der typische Rollenspiel-Held reift nicht, er wird nur mächtiger.

Die Vorlage des "klassischen" Tischrollenspiels ist nicht der Mythos, sondern der Pulp-Roman, die Soap, die Endlos-Serie. Kämpfe sind keine Zäsuren der in der Charakterentwicklung, sondern einfach das trivialstes Stilmittel um Spannung und Action bieten. Die Abenteuer sind mundfertige Erlebnisschnipsel, meist mit minimalen Auswirkungen auf Charaktere und ihre Welt. Was bei Star Trek die 45-Minuten-Episode ist hier ein Abenteuer. Und als besonders Zuckerstückchen gibt es hin und wieder mal ne Doppelfolge. Hinterher zieht man dann mit den vergleichsweise flachen Charakteren weiter zu einer anderen Ecke des Abenteuerlands, mit neuer Ausrüstung aber ansonsten durch das Abenteuer nicht verändert.

Anders als beim Mythos, aber eben wie in vielen Soaps, dreht sich das Fantasy-Rollenspiel meist darum, was die Charaktere tun, nicht was sie sind. Und daran ändern auch dystere Hintergrundgeschichten und seltsame Hautfarben nix.

Egal ob Herr der Ringe, Troja oder Nibelungenlied, der Mythos lebt von den Konflikten, die sich daraus ergeben, was die Charaktere sind. Was wäre Herr der Ringe ohne die korrumpierende Macht des Bösen, den Seitenwechsel Sarumans, die Schwäche Boromirs, die Resignation des Statthalters von Gondor, den Kampf Gollums mit sich selbst, die bedingungslose Loyalität Sams zu Frodo, und Frodos und Bilbos bleibende Spuren als Ringträger? Es wäre eine Standard Action-Story, bei der sich ein langweilig-gutes SWAT-Team hinter die feindlichen Linien kämpft.  :yawn:

Willkommen beim A-Team. Action, Humor, gute Laune und quirkig-gleichbleibende Charaktere, die auf originelle Weise die immer gleichen Probleme lösen.
Willkommen beim klassischen Fantasy-Rollenspiel.  ;D
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: tartex am 25.07.2009 | 17:49
Leute, die Sandbox spielen und eine Schwerpunktsetzung auf Story verteufeln, sind nicht diejenigen, über die ich hier spreche. Sie brauchen hier nicht zu erzählen, dass ihnen das ja nicht gefallen würde und so und dass sie ja ganz andere Ziele im Rollenspiel haben. Um euch geht es gar nicht.

Ich z.B. verteufel eben nicht die Story. Ich bin extrem fleißiger Sessions-Notierer und gehe so in Richtung Action-Kopfkino-Spieler. Auf jeden Fall überrascht mich die richtige Mischung aus Zufall, Algorithmus und Spieler/Spielleiter-Interaktion jedesmal weitaus positiver (und freu mich schon während des Spielens daraus danch einen tollen Write-Up zu machen) als der  x-te Versuch eines Spielleiters (mich eingeschloßen) originell oder episch zu sein.
Und wenn ich beim Durchlesen meiner Notizen draufkomme, dass Campbell doch wieder recht gehabt hat, und dass die Kampagne so geil war, weil sie irgendwo den Heldenmythos wiedergespiegelt hat, freue ich mich erst recht. Aber nach 3 Jahrzehnten mit Stories jeder Art sind halt doch die außergewöhnlichen Neuinterpretationen spannender als das ganze nochmals by-the-book zu wiederholen.
(Stimmt natürlich auch nicht ganz, weil ich z.B. solide geschriebene Teenager-Filme über alles liebe. Malen nach Zahlen kann ja auch toll sein.)
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: tartex am 25.07.2009 | 17:57
Anders als beim Mythos, aber eben wie in vielen Soaps, dreht sich das Fantasy-Rollenspiel meist darum, was die Charaktere tun, nicht was sie sind. Und daran ändern auch dystere Hintergrundgeschichten und seltsame Hautfarben nix.

Willkommen beim A-Team. Action, Humor, gute Laune und quirkig-gleichbleibende Charaktere, die auf originelle Weise die immer gleichen Probleme lösen.
Willkommen beim klassischen Fantasy-Rollenspiel.  ;D

Ich sehe das ein wenig anders: je simpler die Mission ist, und um so weniger die Spieler sich darum kümmern müssen, dass sie irgendwelche Rätsel lösen etc., desto mehr Möglichkeiten und Zeiten haben sie, dass sie sich um Charakterentwicklung - vor allem zwischen den Charakteren - kümmern. Und ein System wie Primetime Adventures hat Soaps als Vorbild und schafft es die Charakter zu zwingen etwas damit zu tun, damit wer sie sind. Das endet in den meisten Fällen zwar auch den immer gleichen Klischees entsprechend, aber zumindest weißt es die Spieler darauf hin. Natürlich: wer Action nicht leiden kann, sucht hoffentlich nicht in RPGs sein Glück.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Naga am 25.07.2009 | 18:24
Ich sehe das ein wenig anders: je simpler die Mission ist, und um so weniger die Spieler sich darum kümmern müssen, dass sie irgendwelche Rätsel lösen etc., desto mehr Möglichkeiten und Zeiten haben sie, dass sie sich um Charakterentwicklung - vor allem zwischen den Charakteren - kümmern.

Seh ich nicht so. Sowas bietet Spiel zwischen den Charakteren, aber in der Regel eben keine Entwicklung. Genauso wie die Geplänkel zwische Spock und Pille - amüsant, aber ohne bleibenden Effekt. Die Figuren bekommen mehr Farbe, aber sie verändern sich nicht. Dazu fehlt in solchen Situationen ja meist auch schlicht der Input.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 25.07.2009 | 18:27
je simpler die Mission ist, und um so weniger die Spieler sich darum kümmern müssen, dass sie irgendwelche Rätsel lösen etc., desto mehr Möglichkeiten und Zeiten haben sie, dass sie sich um Charakterentwicklung - vor allem zwischen den Charakteren - kümmern.
Dem würde ich mich anschließen, aber mit den Hinweis, daß das in den Händen der Spiler liegt - und insofern gar nicht zwingend in Widerspruch zu Nagas
Übergeordnete Dramaturgie wird als Gängelung empfunden.
geraten muß. Die Hoheit über die Dramaturgie eines Charakters liegt bei seinem Spieler, die Hoheit über die Dramaturgie der Gruppe liegt im Konsens der Mitspieler (also inklusive des Spielleiters), aber die einzig zulässige Gängelung ist die vom Spieler in Richtung seines eigenen Charakters. Diese wiederum kann (vor allem wenn die Gruppensituation stimmt) ausgesprochen epentauglich sein, bis hin zum tragischen Tod. (Weltherrschaft am Ende ist dagegen dramaturgisch meist eher langweilig.)
Diese Dramaturgie ergibt sich selten (nicht nie) von selbst, meist braucht sie eine gewisse formende Aktivität. Aber im Rollenspiel ist reichlich Platz dafür.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Beral am 26.07.2009 | 12:28
Nein. Ich verlange von Dir, daß Du sagst, wie Du aus den Zahlen eine Beziehung ableitest, wie Du sie behauptest. Sonst kannst Du auch Motorradunfälle als "lahmen Abklatsch des Fantasy-Rollenspiels" konstruieren (ist ja auch die gleiche Gruppe betroffen) und daraus folgern, man müsste wahlweise die Motorradunfälle oder das Rollenspiel an das jeweils andere besser anpassen. Vielleicht kann man ja die Motorräder konsequent auf Schienen montieren? :-o
Verlange nicht so viel, sondern lese etwas aufmerksamer. Das psychologische Bedürfnis nach Reifung ist das verbindende Element. Heldenmythos und FR sind diesem Bedürfnis ein Hilfsmittel.
Dein Beispiel mit Motorradunfällen ist kein gutes Gegenbeispiel, weil es tatsächlich mit dem gleichen Ursachenkomplex zu tun hat. Mit dem Heldenmythos ist er aber schon deshalb nicht vergleichbar, weil es nur eine Handlung ist, während der Mythos eine komplexe Handlungs- und Entwicklungsfolge beinhaltet.

Ich wart ja immer noch auf das Puzzlestück, dass die Brücke vom Fantasy-Rollenspiel zum Mythos schlägt.
Und nochmal...  ::)
Könnt ihr eigentlich nicht lesen? Sagt doch einfach, dass euch das Puzzlestück nicht gefällt. Ich akzeptiere eure Meinung. Sagt aber nicht, dass es nicht da ist, denn ich kann es euch nicht noch mehr um die Ohren hauen.

Nein, der typische Rollenspiel-Held reift nicht, er wird nur mächtiger.
Richtig. Und genau das ist das Problem.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Merlin Emrys am 26.07.2009 | 12:53
Das psychologische Bedürfnis nach Reifung ist das verbindende Element.
Das projizierst Du aber ins Rollenspiel ja überhaupt nur hinein - wie auch Naga festgestellt hast. Wenn Du es nicht hineinpacktest, wäre es nicht da - und insofern ist dann auch Dein "Verbindungsglied" weg: ein tautologischer Zirkel.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: oliof am 26.07.2009 | 13:18
Ich glaube, dass es einen tatsächlichen Widerspruch zwischen (klassischem) FR und dem campbell'schen Monomyth gibt; die Freiheit der Entwicklung der Ereignisse im FR erlaubt es der von Dir skizzierten Zielgruppe viel eher einem anderen Bedürfnis nachzukommen, nämlich der limitierten Omnipotenz (innerhalb gewisser Grenzen – Spielwelt/Regelsatz – alles tun zu dürfen). Limitierte Omnipotenz und Heldenmythos decken sich natürlich nicht, weil der Held ja eben die Grenzen überwindet, die für alle anderen unüberwindlich sind/scheinen.

Beral: Es gibt ja schon Spiele, die eine Entwicklung der Charaktere jenseits des inflationistischen Gedankens wie viele ihn im UR-D&D erkennen, verfolgen (zunächst mal ohne Betrachtung, wie gut ihnen das gelingt). Du bist also nicht allein mit Deiner These.

Meine Anschlußfrage lautet: Wie ist das mit dem Heldenmythos denn in Deinen Runden?

{Edit: Grammatik}
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Kleiner 4. Mann am 26.07.2009 | 13:27
Normales Fantasyrollenspiel ist kein Heldenmythos um auserwählte Helden, die Kraft von Prophezeiungen die Welt retten - es ist Western mit dünner Schwert&Ork-Tünche über den Friedensstiftern und Indianern, wo Stufe-1-Tellerwäscher sich aus eigener Kraft an der "Frontier" der unendlichen Möglichkeiten hocharbeiten (http://tanelorn.net/index.php/topic,45809.msg876381.html#msg876381).
Schöner Gedanke, aber das mit dem "Hocharbeiten" sehe ich nicht als Bestandteil des Western.

Ansonsten aber paßt die Mythosform, die man im Western, insbesondere in den späteren Werken, häufig findet, sehr gut zum Fantasy-Rollenspiel.
- Der Held steht zunächst außerhalb der Zivilisation (klassischer Mythos: Innerhalb der Zivilisation.)
- Er wird gerufen, um eine Bedrohung der Zivilisation abzuwenden (klassischer Mythos: Um eine Bestimmung außerhalb der Zivilisation zu erfüllen.)
- Nachdem er seine Aufgabe erfüllt hat, verläßt er die wiederhergestellte Zivilisation wieder (klassischer Mythos: Kehrt mit einer Gabe für die Zivilisation zurück*.)

Das ist das Grundmuster nicht nur vieler Western, sondern auch von beispielsweise Mad Max 2 oder Shichinin no Samurai. Ansonsten gibt es immer Elemente, die auch im klassischen Mythos enthalten sind, so zum Beispiel die Zurückweisung des Rufs.
Teilweise finden sich auch Ansätze zu dem, was in der FR-Variante obligatorisch ist: Heldengruppe statt Einzelheld.

*Nicht immer.
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Beral am 27.07.2009 | 12:38
Ich glaube, dass es einen tatsächlichen Widerspruch zwischen (klassischem) FR und dem campbell'schen Monomyth gibt; die Freiheit der Entwicklung der Ereignisse im FR erlaubt es der von Dir skizzierten Zielgruppe viel eher einem anderen Bedürfnis nachzukommen, nämlich der limitierten Omnipotenz (innerhalb gewisser Grenzen – Spielwelt/Regelsatz – alles tun zu dürfen).
Ich sehe darin keinen Widerspruch. Wie schon gesagt, will ich FR nicht auf einen einzigen Aspekt reduzieren. Ich postuliere aber, dass die am Heldenmythos angelehnte Struktur eine besondere Rolle spielt, ohne die FR seinen Sonderstatus verlieren würde.

Meine Anschlußfrage lautet: Wie ist das mit dem Heldenmythos denn in Deinen Runden?
Zur Zeit habe ich keine regelmäßige Runde. In meinen früheren FR-Runden war es, bezogen auf die Mythos-Struktur, so wie oben geschildert: Der tote Drache war das Ende der Fahnenstange und dann begann der Kreislauf von vorne. An ordentlich eingereihte Selbstfindungsphasen kann ich mich nicht erinnern. (Erinnerungen sind aber tückisch und meine ist nicht vorurteilsfrei, weil sie von meinem eigenem Gedankengut kontaminiert ist. Ich möchte deswegen nicht mit eigenen Erinnerungen für meine Thesen argumentieren; es kann sich durchaus um Wunscherinnerungen handeln.)
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: oliof am 27.07.2009 | 16:06
Hast Du eigentlich ein Interesse an praktischen Gegenbeispielen, die Du ganz nach Deinem Gusto zerlegen darfst?
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Naga am 27.07.2009 | 17:31
Vielleicht wird es auch einfach Zeit, das Thema anders anzugehen; etwa "Welche Rolle spielt der Heldenmythos im Fantasy Rollenspiel?"
Titel: Re: Fantasy Rollenspiel - ein lahmer Abklatsch des Heldenmythos?
Beitrag von: Beral am 28.07.2009 | 14:28
Hast Du eigentlich ein Interesse an praktischen Gegenbeispielen, die Du ganz nach Deinem Gusto zerlegen darfst?
Wie meinst du das?