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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Spielleiterthemen => Thema gestartet von: Markus am 11.02.2010 | 23:39

Titel: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Markus am 11.02.2010 | 23:39
Ich biete als SL meistens Sandboxen, mit sehr transparenten Plothooks, sozusagen ein Büfett und danach ergebnisoffenes Spiel. Das ist soweit ganz nett, aber öfter wählen die Spieler etwas lustlos aus, und das würde ich gern ändern.
- Eine Stellschraube ist sicher die Belohnung. Ich neige dazu eher Problembeseitigungs-Abenteuer anzubieten als Werde-berühmt-Abenteuer. Das kann ich ändern.
- Die andere Stellschraube ist die Grundmotivation der SCs*. Der durchschnittliche Fantasy-SC ist ja ein eher undefinierter Gutmensch. Das ist einerseits ganz praktisch, weil er so höchst unterschiedliche Problem lösen kann. Andererseits will er in der Regel auch nichts, zumindests nichts, was über Bessere Ausrüstung, Ruhm, Gold und vielleicht noch Weiber/Kerle hinausgeht. Und die gibt's in unterschiedlicher Ausprägung eigentlich nach jedem Abenteuer. Zudem ist er auf das Vorhandensein von Abenteuern angewiesen, um überhaupt tätig werden zu können. Wenn alles im Lot ist, hat er nichts zu tun.
Ganz anders dagegen die (Klein-)Kriminellen. Sie haben zwar meist auch nur eine schlichte Motivation (Geld) aber sie produzieren überall Abenteuer. Jede Location, jeder NSC sind für sie potentiell Ausgangspunkt des nächstens Betrugs oder Diebstahls, fast jede ihrer Aktionen provoziert Reaktionen der Opfer und Ordnungskräfte.
Auf der Meta-Ebene müsste es so sein, dass ich mir als SL keine Sorgen mehr machen muss. Die Spieler haben aktive statt reaktive SCs, sie werden von selbst auf die Dinge zugehen, die sie interessieren. Ohne dass ich das vorher im Gespräch breitwalzen muss, ohne jedem eine Introspektionsleistung abzuringen. Die Spieler folgen einfach ihren Interessen.

Ja? Nein? Vielleicht? Wie sind eure Erfahrungen?


Angeregt durch das hier: http://dndwithpornstars.blogspot.com/2010/01/rogues-and-sandboxes-basic-edition.html

* Eigentlich die der Spieler. Alle bisherigen Versuche das direkt zu erfragen waren wenig erfolgreich, warum auch immer. Mangelndes Reflexionsvermögen oder Reflexionsbereitschaft oder die falschen Fragen. Jedenfalls sind immer mindestens die Hälfte der Antworten in dem Sinne falsch, dass die Spieler sagen, was sie meinen dass man sagen sollte oder was ich hören will, nicht das, was sie wirklich wollen. Wenn ich sie auffordere, Beziehung und Ziele aufzuschreiben das selbe: die Hälfte schreibt Zeug hin, von dem sie meinte, dass es da halt hingehört. Wieder andere sind schon als Vollwaisen ohne jegliche Bindung zur Gruppe gestoßen.

Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Blutschrei am 11.02.2010 | 23:46
Also ich habe meiner Gruppe mal aufgetragen nur "Geldgeile" Chars zu spielen, war sehr lustig aber da hat man halt auch nur ein eingeschränktes Feld für Anreize.
Die besten Helden sind jene, die eigentlich garkeine sein wollen sondern einfach nur versuchen nicht zu sterben ;) dazu muss man als SL aber einerseits eine entsprechende Atmosphäre und andererseits in den richtigen Momentan ÄKTSCHN bieten können, ich hatte mich da etwas übernommen und das nicht so hinbekommen wie ich es gerne gehabt hätte, beim nächsten Versuch wirds wohl besser^^

Kriminelle... Die Frage ist eben in wie fern die in komplexe Hanlungen zu verstricken sind bzw warum sie nicht einfach bei größeren PRoblemen den Standort wechseln... wär mir etwas zu "unepisch"
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Bartimäus am 12.02.2010 | 00:19
- Die andere Stellschraube ist die Grundmotivation der SCs*. Der durchschnittliche Fantasy-SC ist ja ein eher undefinierter Gutmensch. Das ist einerseits ganz praktisch, weil er so höchst unterschiedliche Problem lösen kann. Andererseits will er in der Regel auch nichts, zumindests nichts, was über Bessere Ausrüstung, Ruhm, Gold und vielleicht noch Weiber/Kerle hinausgeht.

Meiner Ansicht nach hast du es bei dieser Art von Charakteren mit recht lieblos nur Regeltechnisch zusammengebauten Standardcharakteren zu tun. Ein gut gebauter Charakter hat zu den Werten auch Wesenszüge, Geschichte und Ziele. Er hat eine Meinung zu bestimmten Dingen und geht den Weg auf seine eigene persönliche Weise.

Ein solcher Charakter bietet dem SL Anregungen für seine Plots. Er hat etwas zu tun, auch wenn gerade nicht so viel ansteht. Ein solcher Charakter kann vom edlen nazi Paladin bis zum immerfrohen Troubadour alles sein. Damit hat sich die Frage meiner Ansicht nach schon beantwortet ;) Nein, Kleinkriminelle sind nur eine mögliche Charakterart die sowohl langweilig als auch interessant sein kann.

Gruß Bartimäus
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Edorian am 12.02.2010 | 01:14
Zitat
- Die andere Stellschraube ist die Grundmotivation der SCs*. Der durchschnittliche Fantasy-SC ist ja ein eher undefinierter Gutmensch. Das ist einerseits ganz praktisch, weil er so höchst unterschiedliche Problem lösen kann. Andererseits will er in der Regel auch nichts, zumindests nichts, was über Bessere Ausrüstung, Ruhm, Gold und vielleicht noch Weiber/Kerle hinausgeht. Und die gibt's in unterschiedlicher Ausprägung eigentlich nach jedem Abenteuer. Zudem ist er auf das Vorhandensein von Abenteuern angewiesen, um überhaupt tätig werden zu können. Wenn alles im Lot ist, hat er nichts zu tun.
Der allgemeine Held hat durchaus mehr zu bieten als das klassische "Ich bin der Gute"  8). Ich sag mal pauschal, dass es hier explizit auf die Spieler ankommt, sich Anreize zu geben und dass eine materielle Entlohnung durchaus nicht ungewöhnlich ist. Himmel, praktisch alle meine Charaktere werden ihre Haut zu Markte tragen und nur in den seltensten Fällen keine Belohnung fordern (wohl aber erwarten!). Selbst der guteste Gutmensch/- Wasauchimmer hat Bedürfnisse und Ansprüche, die befriedigt werden wollen und das ist auch in Ordnung.
Es wäre durchaus eine Idee, wie von dir ja auch bereits angedacht, weg vom reinen "Heldentum" hin zu "echten" Charakteren gehen. Auch ein klassischer Held kann durchaus (mehr oder weniger gewollt, da kommt der Meister ins Spiel  >;D) für Abenteuer sorgen, hier weise ich einfach mal auf das Prinzip hin, dass jeder etwas bewegen kann. Als Beispiel weise ich mal darauf hin, dass in DnD mein Druide und ein Hexer beinahe eine eigene Kampagne ins Rollen gebracht haben, indem sie eine PR-Schlacht gegen einen ungeliebten Stadthalter gestartet haben. Beide Charaktere waren jetzt zwar nicht wirklich Helden im klassischen Sinne, aber nichts desto trotz Helden.
Ich denke mal, dass dein Gedanke eher Richtung Antihelden geht als Rihtung Kriminelle. Je nach dem, was deiner Rund vorschwebt, kann man da mal einen Einwurf wagen. Mach deutlich, dass es nicht zwingend zum Ableben führt, wenn man mal ehrlich antwortet. Das allein dürfte schon reichen, wenn ich deinen Eingangspost richtig gelesen habe.  :)
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Tequila am 12.02.2010 | 01:40
Wenn meine Spieler meinen, sich nicht auf die angebotenen Abenteuer einlassen zu müssen und das mt "Mein Char ist nicht motiviert, dies unds das zu tun", dann werden die halt einen Abend würfelnd in der Kneipe verbringen. Und wenn sie das nochmal tun, dann ist die Kampagne beendet.

Sorry, da bin ich komplett old fashioned!

Ich bin als SL nicht der Alleinunterhalter, nicht der Vorturner und nicht der Bespaßer, ich erwarte von meiner Gruppe, das sie das gebotene Menu auch futtert. Langsam aber sicher bekomme ich das Gefühl, das Spieler heutzutage zu sehr verhätschelt werden...
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Edorian am 12.02.2010 | 01:53
Verhätschelt ist vielleicht das falsche Wort bzw. der falsche Blickwinkel. Ich wieß, was du meinst, aber mittlerweile sehe ich es so: wenn die Spieler partout nicht in die Grotte des Grauens wollen, dann sollen sie sich gefälligst selbst unglücklich machen! Und nach meinen Erfahrungen schaffen sie das auch prompt und zuverlässig  >;D
Man sollte ruhig mal auf die Anregungen (gern auch unfreiwillige!) der Spieler eingehen. Das ist ebenso Old-School-ig und macht die Arbeit mitunter sogar leichter, wenn auch ein gehöriges Mass an Improvisation dazugehört.
Schlimmstenfalls muss Meister eben sagen, dass es DA und DA lang gehen soll.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Jiba am 12.02.2010 | 01:57
Die andere Stellschraube ist die Grundmotivation der SCs*. Der durchschnittliche Fantasy-SC ist ja ein eher undefinierter Gutmensch. Das ist einerseits ganz praktisch, weil er so höchst unterschiedliche Problem lösen kann. Andererseits will er in der Regel auch nichts, zumindests nichts, was über Bessere Ausrüstung, Ruhm, Gold und vielleicht noch Weiber/Kerle hinausgeht. Und die gibt's in unterschiedlicher Ausprägung eigentlich nach jedem Abenteuer.

Hmm... also, wie du den Gutmensch-Helden beschreibst, wäre er, so wie ich das sehe, aber schon nicht mehr der klassische "Prinzessinen-Retter/Drachentöter" regulärer Runden... denn ein Held, der tatsächlich nach getaner Arbeit bessere Ausrüstung, Ruhm, Geld und Sex haben will, fällt für mich schon in die Kategorie des weltlichen Halunken, der sich wirklich für seine Heldentaten bezahlen lässt. Der klassische Gutmensch-Held will aber trotzdem etwas und zwar die Realisation seines Ideals von einer besseren Welt. Edle Ritter besiegen Banditen und verlangen noch nicht einmal Dank, weil sie Vertrauen in das Ideal der Gerechtigkeit haben; hilfsbereite Magier stürzen einen diktatorischen Kaiser, der sein Volk versklavt, weil sie an die Freiheit glauben; eine Gruppe wagemutiger Abenteuer legt sich mit dem orkischen Kriegsfürsten an, weil sie ihrem Land den Frieden bringen wollen... klar, das ist nicht besonders einfallsreich: aber selbst die kreuzbravsten Helden wollen etwas und zwar, dass sie durch ihre Taten die Welt ein bisschen besser werden lassen - und sie würden sicherlich wütend oder verbittert, wenn ihre Taten nichts verändern würden.

Ich glaube im Übrigen auch, dass die wirklich interessanten SCs ganz einfach Antihelden sind und nicht zwangsweise Schurken oder Kriminelle - Jack the Ripper ist auch ein Krimineller, aber er ist kein besonders interessanter Charakter. Übertragen auf die Fantasy: ich kann Massenmörder, Psychopathen, Vergewaltiger, Halsabschneider und Betrüger spielen, klar, aber die werden nicht dadurch interessanter oder aktiver, weil sie Kriminelle sind... die werden erst dann interessant, wenn sie eine nachvollziehbare Motivation haben, wenn sie persönliche Schwächen (Hybris) haben und/oder wenn sie sich in ein soziales Gefüge (wie Familie oder Freundes-/Feindeskreis) einordnen und ihre Handlungen und Entscheidungen an diesem Gefüge nicht spurlos vorbeigehen.
Ich versuche ein paar Beispiele zu finden:
Gut, diese Beispiele sind nicht sonderlich originell, aber ich glaube, was ich sagen wollte, wird deutlich... der Schlüssel zu aktiven Charakteren ist, dass ihnen die Dinge, die durch die Probleme der Welt in Gefahr gebracht sind, etwas bedeuten. So kann auch gerade ein konservativ-guter Charakter auch Probleme erzeugen, indem er einfach mit schwierigen Entscheidungen konfrontiert wird, bei denen es einfach keinen "richtigen" Ausweg geben kann.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Markus am 12.02.2010 | 01:58
Die SCs haben natürlich schon Charakter, Eigenheiten und Vorlieben. Aber in der Regel eben keine wirklich eigenständige Motivation. Sie sind nicht, in diesem Sinne, selbst-bewegt. Wie Edorian ja auch schreibt, kommen solche Initiativen durchaus mal vor, aber eher zufällig. Ich will aber an den Punkt, wo das ständig von alleine läuft.

Vielleicht noch was zur Charaktertiefe: Bitte macht nicht den Fehler, das Fehlen eigener Ziele von vorneherein als lieblos, charakterlich unterentwickelt etc. abzutun. Viele klassische Abenteurer-Charaktere zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie keinen festen Halt im Leben haben. Das sie auf der Suche nach etwas sind, von dem sie selbst noch nicht wissen, was es ist. Oder das sie vor etwas fliehen, ohne jetzt schon zu wissen, wie die Alternative aussehen soll. Wie sonst wird man reisender Abenteurer?

Nebenbei bemerkt, hat die diesbezügliche Zurückhaltung der Spieler natürlich auch 'ne Menge mit dem üblichen Gruppenspiel zu tun. Es ist in-game viel einfacher, die SCs zusammen zu halten, wenn nicht jeder eine ausgefeilte eigene Agenda hat. Wenn die Ziele recht konkret werden kann auch schnell das Problem auftauchen, dass der SC nach Erreichen seines Ziel wenig Grund (vielleicht auch Gelegenheit) hat, weiter mit rumzuziehen. Eine Gruppe von Rogues/Piraten/Freiheitskämpfern kann dagegen praktisch endlos auf der Jagd nach Irgendwas zusammen bleiben und laufend Dinge anstoßen.

@ Tequila
Sorry, komplett anderer Spielstil, da werden wir kaum zusammen kommen. Aber ums in deine Begriffe zu übertragen: Ich will eben nicht Vorturner sein, ich will noch nicht mal ein Büfett auffahren müssen. Ich will, dass die Spieler von sich aus mit Ideen, Plänen, Zielen ankommen, ohne dass ich erst einen finsteren Schurken irgendwo platzieren muss.
Und am Rande: Warum sollten die Leute was futtern, auf das sie keine Lust haben? Das ist doch weder für sie noch für mich befriedigend.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Jiba am 12.02.2010 | 02:09
Die SCs haben natürlich schon Charakter, Eigenheiten und Vorlieben. Aber in der Regel eben keine wirklich eigenständige Motivation. Sie sind nicht, in diesem Sinne, selbst-bewegt. Wie Edorian ja auch schreibt, kommen solche Initiativen durchaus mal vor, aber eher zufällig. Ich will aber an den Punkt, wo das ständig von alleine läuft.
Und genau Motivation meine ich... selbst wenn ein Charakter keinen Halt im Leben hat... es ist irgendwie dazu gekommen, dass er keinen Halt im Leben hat. Auch in der Populärkultur gibt es zahlreiche Beispiele für Charaktere mit genau diesen Problemen (Sawyer aus "Lost" fiele mir jetzt spontan ein, oder dieser eine Typ aus "Fringe" oder vielleicht auch Fox Mulder... die wissen auch nicht, wo es hingeht... aber es ist vorher was passiert, dass sie dazu gebracht hat, überhaupt die Reise anzutreten... ich glaube bei Dom heißt sowas Kicker. Du hast schon Recht, man wird reisender Abenteurer aus einem Grund. Und darin gründet sich die Motivation...

Zitat
Es ist in-game viel einfacher, die SCs zusammen zu halten, wenn nicht jeder eine ausgefeilte eigene Agenda hat. Wenn die Ziele recht konkret werden kann auch schnell das Problem auftauchen, dass der SC nach Erreichen seines Ziel wenig Grund (vielleicht auch Gelegenheit) hat, weiter mit rumzuziehen. Eine Gruppe von Rogues/Piraten/Freiheitskämpfern kann dagegen praktisch endlos auf der Jagd nach Irgendwas zusammen bleiben und laufend Dinge anstoßen.

Ja, aber diese Rogues/Piraten/Freiheitskämpfer hält doch auch irgendwas zusammen, oder nicht... ein gemeinsamer Feind, ähnliche Ziele und Motivationen. Gute Gruppenkonstellationen ergeben sich, wie ich die Erfahrung gemacht habe, viel eher aus konkreten Zielen, die miteinander in Einklang gebracht werden können. Schlüsselwort: Gruppencharaktererschaffung...

Und wenn du dir mehr Aktivität der Spieler wünschst: sprich sie offen darauf an. Lass sie selbst mal Ideen für Abenteuer oder NSCs äußern. Frag sie, wo sie ihren Charakter in 5 Jahren, 10 Jahren Ingamezeit gerne sehen würden. Mach einen Abend lockeres Brainstorming quatschen. Und mach ihnen klar, dass nicht du allein die ganze Arbeit haben willst und niemandem ständig hinterherlaufen magst.  :)
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Markus am 12.02.2010 | 02:10
@Jiba
Gute Beispiele. Alle diese Charaktere re-agieren nur auf äußere Bedrohung. Buffy wäre lieber ein normaler Teenager, Luke will zwar in die Welt hinaus, weiß aber nicht wohin und "braucht" letztlich den Mord an seinem Onkel und seiner Tante. Ohne das würde er wohl zuhause bleiben. Sam will nur in den Shire zurück, er wäre viel glücklicher, wenn dieser blöde Magier Frodo den Ring nicht aufgeladen hätte.
Das sind alles genau die Sorte von Motivationen, die ich _nicht_ will. Weil bei dieser Motivation immer _ich_ anschieben muss, neue Probleme und Bösewichte anbieten muss etc. Andersrum, wenn die SCs selbst was wollen muss ich natürlich genauso Komplikationen einbringen. Aber ich weiß sicher, dass die Spieler sich für die Aufgabe interessieren.

Nochmal dein Beispiel: Han Solo ist ein Traum als SC. Steck ihn in irgendeinen Hafen, schon fängt er an, nach lukrativen Gelegenheiten zu suchen. Et voila, Abenteuer! Luke dagegen muss ich entweder einen Mentor bieten, der ihm sagt, was er zu tun hat, oder eine schöne Frau als Köder oder ihm einen Todesstern vor die Füße werfen. Wenn er mal aktiv wird zieht er sich für mehrere Spielabende allein auf einen Sumpfplanaten zurück und ich muss ihm als SL erst eine Vision schicken, um ihn wieder ins Abenteuer zu holen.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Callisto am 12.02.2010 | 02:28
Die SCs haben natürlich schon Charakter, Eigenheiten und Vorlieben. Aber in der Regel eben keine wirklich eigenständige Motivation. Sie sind nicht, in diesem Sinne, selbst-bewegt. Wie Edorian ja auch schreibt, kommen solche Initiativen durchaus mal vor, aber eher zufällig. Ich will aber an den Punkt, wo das ständig von alleine läuft.

Vielleicht noch was zur Charaktertiefe: Bitte macht nicht den Fehler, das Fehlen eigener Ziele von vorneherein als lieblos, charakterlich unterentwickelt etc. abzutun. Viele klassische Abenteurer-Charaktere zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie keinen festen Halt im Leben haben. Das sie auf der Suche nach etwas sind, von dem sie selbst noch nicht wissen, was es ist. Oder das sie vor etwas fliehen, ohne jetzt schon zu wissen, wie die Alternative aussehen soll. Wie sonst wird man reisender Abenteurer?

Nebenbei bemerkt, hat die diesbezügliche Zurückhaltung der Spieler natürlich auch 'ne Menge mit dem üblichen Gruppenspiel zu tun. Es ist in-game viel einfacher, die SCs zusammen zu halten, wenn nicht jeder eine ausgefeilte eigene Agenda hat. Wenn die Ziele recht konkret werden kann auch schnell das Problem auftauchen, dass der SC nach Erreichen seines Ziel wenig Grund (vielleicht auch Gelegenheit) hat, weiter mit rumzuziehen. Eine Gruppe von Rogues/Piraten/Freiheitskämpfern kann dagegen praktisch endlos auf der Jagd nach Irgendwas zusammen bleiben und laufend Dinge anstoßen.

Also besteht der Großteil der Abenteurer aus Leuten, die hinausziehen in die Große weite Welt auf der Suche nach einem Abenteuer. Natürlich ist das DÜNN! Das kann nur schiefgehen. Klar hab auch ich solche Charaktere, wenn aber die gesamte Gruppe nur aus solchen besteht ist das dünn. Die Angst das die eigene Agenda in den Vordergrund gerät und so die Gruppe keinen Grund mehr hat, zusammenzubleiben, willst du scheinbar damit umgehen, dass du ihnen die Gruppenmotivation "Kriminelle" gibst. Das Wichtige ist aber, dass du Ihnen eine Gruppenmotivation gibst. Das muss keine kriminelle sein.

Wenn du von der Gruppe ein Gruppenmotivation verlangst, hat jedes Teil der Gruppe noch immer einen eigenen Zugang zur Motivation, aber das große Ziel bleibt das Gleiche.
Da Jiba schon so schön Buffy analysiert hat, jetzt natürlich Dean aus Supernatural

Das alles läuft darauf hinaus, dass sie einander beschützen wollen und ihr Antrieb ist die Liebe, die sie für ihre Familie haben.

Im Übrigen hast du bei Buffy recht, dass sie ihre Verantwortung lieber abgeben möchte, deswegen läuft sie auch mehr als einmal davon. Ihre Freunde aber helfen ihr, weil sie Buffy lieben.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Zornhau am 12.02.2010 | 02:31
Han Solo ist ein Traum als SC. Steck ihn in irgendeinen Hafen, schon fängt er an, nach lukrativen Gelegenheiten zu suchen. Et voila, Abenteuer!
Nicht wirklich abenteuerlich. - Zur Deckung seiner Grundbedürfnisse macht er hier einen unsauberen Deal, dort einen anderen, und woanders nochmal was Halblegales oder Illegales.

Abenteuer?

Nein!

Einem Kleinkriminellen zuzusehen, wie er seinen Lebensunterhalt bestreitet, indem er Kindern den Lutscher klaut, ehrliche Leute übers Ohr haut, und sich generell wie der SOZIALKRÜPPEL, der er ist, aufführt, das ist LANGWEILIG!

Han Solo ist erst in dem Moment überhaupt INTERESSANT geworden, als er in ein Vorgehen zum "Greater Good of the Galaxy" involviert wurde. Und hätte er nicht "die Kurve gekriegt" und trotz Entlohnung noch aktiv mitgemischt, statt sich in einen sicheren Bereich der Galaxie abzusetzen, wie es eben JEDER Kleinkriminelle sonst getan hätte, würde man ihn auch nicht mehr weiter beachten.

Abenteuer bekommt man erst, wenn es WIRKLICH um etwas geht - um etwas ANDERES als nur die Grundbedürfnisse nach Essen, Trinken, Wohnen, Sex zu befriedigen.

Gesetzlose wie Robin Hood sind NICHT einfache Räuber, sondern solche mit einer MISSION! Für König Richard! Gegen Prinz John!

Auch ein klassischer und GEWALTIGER Anti-Held wie Kane aus den genialen Geschichten von Karl Edward Wagner ist jemand mit einer eigenen Agenda - getrieben von LANGEWEILE aufgrund seiner Unsterblichkeit, getrieben von HASS auf alle Götter und dergleichen die Menschen zu ihrem Spielball machenden Mächte, und RASTLOS auf der Suche nach etwas - temporärer - Stabilität in seinem verfluchten Leben. - Das ist wirklich ein menschenvernichtender, Kriege anzettelnder, Reiche ins Verderben stürzender Charakter, den man nur schwerlich als "gut" bezeichnen kann. - Aber er ist ein HELD. Ein TRAGISCHER Held.

Wenn Deine Spieler keine Charaktere mit INNEREM ANTRIEB erschaffen wollen, dann ist das ihr gutes Recht.

Du beklagst Dich darüber, daß sie Dir nicht genau genug kommunizieren, was sie denn wollen.

Aber das TUN sie doch!

Sie wollen eine Welt, an der sie sich reiben können, eine Welt, die mit ihren Charakteren etwas macht - nicht umgekehrt!

Willst Du ihnen diesen Dienst leisten, dann sorgst Du dafür, daß sie das Abenteuer bei den Eiern packt, denn GENAU DAS WOLLEN SIE. - Willst Du ihnen diesen Dienst nicht leisten, dann brauchst Du andere Spieler - denn Deine jetzigen werden von Deinem Nachfragen befremdet und unangenehm berührt. Sie WOLLEN nicht lauter artsy-fartsy Motivationen, Beziehungen und solchen Kram überlegen müssen, sondern einfach NUR SPIELEN. In einer Welt, die AUS SICH HERAUS abenteuerlich ist.

Nochmal: Eine Welt, die aus sich heraus ABENTEUERLICH ist. Das ist eine Welt, bei der man dem Abenteuer NICHT aus dem Weg gehen kann. Überall "brennt" es. Es gibt immer etwas zu tun. Und man KANN das alles nicht ignorieren.

Stell Dir eine Spielwelt vor, in der Krieg ist (und JEDE anständige Spielwelt hat IRGENDWO gerade Kriege toben). Wenn die Spieler nicht zum Krieg gehen, kommt der Krieg zu den Spielern. - Und so oder so ist es ein GEWINN!

Entweder sie kämpfen FÜR etwas, oder GEGEN etwas, oder sie fliehen VOR etwas oder ZU etwas hin. So oder so - spannende Unterhaltung für viele Spielsitzungen.

Wenn Deine Spielwelten den Spielern das Abenteuer nicht nur als "Auswahlmenü" anbieten, sondern sie nur zwischen Skylla und Charybdis wählen lassen, dann ist das eine Welt der Abenteuer!
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Bartimäus am 12.02.2010 | 02:44
Vielleicht noch was zur Charaktertiefe: Bitte macht nicht den Fehler, das Fehlen eigener Ziele von vorneherein als lieblos, charakterlich unterentwickelt etc. abzutun. Viele klassische Abenteurer-Charaktere zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie keinen festen Halt im Leben haben.

Wenn sich der Spieler genau darum Gedanken gemacht hat, würde ich den Charakter nie als lieblos bezeichnen ;) Nur wenn es aus Faulheit einfach mal so ist.

Nebenbei bemerkt, hat die diesbezügliche Zurückhaltung der Spieler natürlich auch 'ne Menge mit dem üblichen Gruppenspiel zu tun. Es ist in-game viel einfacher, die SCs zusammen zu halten, wenn nicht jeder eine ausgefeilte eigene Agenda hat.

Ich als Spielleiter fände es ja recht langweilig, wenn es nicht ab und zu zu Reibereien käme. Oftmals spiele ich auch genau darauf hin ;) Insofern muss ich Casgirl Recht geben, wenn sie das andere als "dünn" bezeichnet. Etwas muss hinter den Dingen stehen. Auf Dauer ist es meiner Ansicht nach langweilig Belanglosigkeiten wie kleine Diebstähle zu spielen.

Wenn du willst, dass die Spieler von sich aus mit solchen "interessanten" Plots rüberkommen und du nichts anbringen musst, brauchst du Charaktere mit Hintergrund und Zielen. Sonst bleibt ihr auf Geschichtchen hängen, die ich bei meinen Gruppen als nette Nebenplots, aber eben auch nicht mehr einplane. Kann natürlich sein, dass ihr genau das gerne spielt, dann sind Kleinkriminelle vermutlich das Richtige.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Jiba am 12.02.2010 | 03:17
Da Jiba schon so schön Buffy analysiert hat, jetzt natürlich Dean aus Supernatural

Klar, natürlich analysierst du Dean... was anderes habe ich nicht erwartet... ;) Yeah, Carry on, my wayward son...

Ich glaube aber, dass es hier ein Problem gibt - bei Zornhau ist das schon ein wenig angeklungen: SCs reagieren immer... es gibt gar keine andere Möglichkeit, es sei denn, man möchte sowas wie "Western City" spielen... und selbst da liefert der SL die Plots und Konflikte (der, der grade dran ist). Klar, Eigeninitiative der Spieler muss auch sein, sonst verlaufen die Ereignisse, die der SL aufbereitet, im Sande (nein, passendes Wortspiel, bei dem Spilstil ;) ). SCs können sich selbst Probleme machen, keine Frage (mein 7th Sea-Charaktter ist wohl der größte Plotgenerator unserer Kampagne) - aber trotzdem kommen die Ansätze vom SL und sie müssen die Spieler interessieren... da muss die Gruppe einfach zusammenarbeiten. Und da ist es besonders wichtig für den SL zu wissen, wie die SCs ticken und was die Spieler spielen wollen. Auch beim Sandboxing, denn sonst bereitet man seitenweise NSCs vor und Wayne interessierts... :)
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Callisto am 12.02.2010 | 03:26
Klar, natürlich analysierst du Dean... was anderes habe ich nicht erwartet... ;) Yeah, Carry on, my wayward son...
;D
Zitat
SCs reagieren immer...
Das stimmt einigermaßen. Klar reagieren sie auf Ereignisse, aber suchen sie auch Ereignisse? Sam&Dean reagieren auf Befehle ihres Dads und reagieren auf Monster etc. Aber Sam&Dean suchen sich auch Fälle und es ist Aufgabe des SL ihnen Hinweise zu übernatürlichen Monstern zu geben. Wenn Sam&Dean nicht suchen, sucht das Böse sie, aber wie oft kommt das vor? Und wer sucht sie dann? Nur die Dämonen, die anderen Monster haben kein Interesse an Sam&Dean. Buffy sucht sich ihre Gegner nicht, wenn, dann sucht die Scoobygang nach einem Gegner, allen voran Giles. Normalerweise bleibt Buffy keine andere Wahl weil das Böse in ihre Stadt kommt. Sam&Dean fahren aber durch das Land auf der Suche nach dem Bösen. Die meisten Abenteurer in RPG reisen durch das Land und treffen auf Gegner, das ist richtig. Es gibt aber auch Gruppen die sich Gegner suchen. (In einer Midgardkampagne war die Gruppe auf der Jagd nach einem Werwolf, da sie einen guten Monat hinterherhingen, erlebten sie zwischendurch einige Abenteuer, aber eigentlich wollten sie ihre Probleme immer nur schnell überwinden um dem Werwolf näher zu kommen)
Markus Problem scheint halt zu sein, dass die SC nicht nur nicht aktiv agieren sondern auch noch unmotiviert zu reagieren scheinen. Ich bleib also bei meinem Fazit: Die Spieler brauchen einen gemeinsamen Motor.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Belchion am 12.02.2010 | 06:51
Zudem ist er auf das Vorhandensein von Abenteuern angewiesen, um überhaupt tätig werden zu können. Wenn alles im Lot ist, hat er nichts zu tun. Ganz anders dagegen die (Klein-)Kriminellen. Sie haben zwar meist auch nur eine schlichte Motivation (Geld) aber sie produzieren überall Abenteuer.
In dem Artikel wird doch nirgends von "Kriminellen" (von Klein-Kriminellen schon gar nicht - der benutzt Lex Luthor als Beispiel!) gesprochen, sondern von "Außenseitern". Also grundsätzlich von Leuten, die kein besonderes Interesse daran haben, den Status Quo zu erhalten. Ja, verstärkt noch: Die ein starkes Interesse daran haben, den Status Quo zu ändern.

In vielen Fällen haben aber auch Kriminelle ein Interesse daran, den Status Quo zu erhalten - wenn es nicht so wäre, würde der Kleinkriminelle nämlich auch mal etwas anderes tun, als nur Leute beim Hütchenspielen betrügen oder Omas die Handtasche zu klauen. Insofern sind (Klein-)Kriminelle ebenso langweilig wie "brave Bürger".

Ein Sandkasten funktioniert nur, wenn A) die Charaktere ein Interesse daran haben, den Status Quo zu ändern. Mit anderen Worten: Wenn sie ein Ziel (oder Ziele) haben, die sie erreichen wollen. Du kannst auch guten Helden solche Ziele geben, indem du einfach genug Böses in die Welt einbaust, was sich zu bekämpfen lohnt und sich nicht mit einem einzelnen Abenteuer abstellen lässt. B) braucht ein Sandkasten aber auch Spieler, die bereit sind, von sich aus Ziele zu suchen - und das sind nicht alle Spieler. Und wenn die Spieler nicht dazu bereit sind, dann lassen sie auch ihre Piraten so lange in der Kneipe sitzen und Rum saufen, bis der SL ihnen eine Schatzkarte oder eine reiche Prise vor die Nase setzt. (Gründe dafür gibt es viele: Davon, dass man bisher nur zusammenhangslose Einzelabenteuer gespielt hat, wo derartige Ziele gestört hätten, bis zu Frustration, weil der SL pro-aktive Spieler eh immer nur untergebuttert hat)

Dein Problem kannst du nicht lösen, indem du die Charaktere zu Kriminellen machst. Das Problem kannst du nur lösen, indem du Kampagnen spielst (und nicht nur zusammenhangslose Einzelabenteuer), in denen die Spieler sinnvolle Entscheidungen treffen können. Dafür fängst du am besten ganz einfach an, in denen du ihnen in den nächsten Abenteuern gleichwertige Alternativen anbietest, an denen sie das üben können. Wenn sie erst einmal merken, dass sie das Spiel bei dir tatsächlich beeinflussen können, dass sie keine "falschen"* Entscheidungen treffen können, besteht auch die Chance, dass sie von sich aus aktiv werden.

* Falsch im Sinne von "Wenn wir nicht die Entscheidung treffen, die der SL wollte, bestraft er uns."

Ein Beispiel dafür: Die Helden gehören alle zu einem Dorf. Dieses Dorf wird von der großen, bösen Orkarmee bedroht. Die Bewohner streiten nun, ob sie lieber durch die Eiswüste fliehen oder sich in der alten Zwergenfestung verstecken wollen. In der Eiswüste brauchen sie die Hilfe der verschollenen Yetis, sonst erfrieren sie. Die alte Zwergenfestung hingegen soll verflucht sein. Die Helden können nun entweder die alte Zwergenfestung reinigen oder die Yetis suchen (oder was ganz anderes tun - du solltest aber direkt nur 2-3 Alternativen präsentieren, sonst können die sich nie einigen).

Dieser Ansatz dürfte wesentlich erfolgversprechender sein, als der Versuch, pro-aktives Spiel zu erreichen, indem du die Charaktere zu Kriminellen machst.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Markus am 12.02.2010 | 08:32
Danke Belchion. "Interesse den Status Quo zu ändern" ist der entscheidende Punkt, nicht die Gesinnung dahinter oder die Legalität.

Das Problem entstand sicher auch dadurch, dass wir viel vor-Borbarad DSA gespielt haben, wo der Staus Quo schon sehr "heile Welt" war und auch immer wieder gewarnt wurde, nur ja keine neuen Ideen einzubringen. Meine nächste DSA Gruppe stecke ich einfach als Untergrundbewegung in die Schwarzen Lande oder schlimmer noch, die SCs sind Demokraten. ;-)
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Blechpirat am 12.02.2010 | 08:37
Einen Trick würde ich dir gerne ans Herz legen: Gib deinen Spielern etwas, z.B. eine Baronie. Die ist einerseits toll, weil sie Steuern u.ä. produziert. Anderseits gibt es da Orks etc, die ständig eine Gefahr sind. Und die bösen Nachbarn etc...

Vermutlich (wenn es sich nicht um sehr hartgesottene Chars handelt) werden Sie die Motivation "Beschütze und erweitere die Baronie" entwickeln.

Aber ich fürchte Zornhau hat recht. Wenn die das nicht wollen, machst du alle unglücklich, indem du sie zwingst.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Tequila am 12.02.2010 | 09:53
@ Tequila
Sorry, komplett anderer Spielstil, da werden wir kaum zusammen kommen. Aber ums in deine Begriffe zu übertragen: Ich will eben nicht Vorturner sein, ich will noch nicht mal ein Büfett auffahren müssen. Ich will, dass die Spieler von sich aus mit Ideen, Plänen, Zielen ankommen, ohne dass ich erst einen finsteren Schurken irgendwo platzieren muss.
Und am Rande: Warum sollten die Leute was futtern, auf das sie keine Lust haben? Das ist doch weder für sie noch für mich befriedigend.


Moooooment!

Ich will ja auch nicht Vorturner sein, der solange Übungen zeigt, bis den Damen & Herren Mitspielern was gefällt.

Ich biete ein Menu an, das gerne goutiert werden darf. Wenn die Spieler was zu knabbern mitbringen (also eigene Motivationen etc.pp.) um so besser.

Wo ich ein echtes Problem bekomme, ist, wenn die Spieler sagen: Bäh, Kalbsragout mögen wir nicht, Knabberzeug haben wir nicht dabei, geh mal in die Küche und sieh zu, wie wir satt werden!

Als SL biete ich den SPielern Optionen an, ins Spiel zu kommen, diese Optionen sind mehr oder wenger auf die Charaktere zugeschnitten. Es gibt in meinen Augen KEINEN Grund zu sagen: Pööö, nö, kein Bock darauf, mach mal was anderes, aber keine Ahnung was...

Mag zwar suboptimal sein, dann muss man sich darüber unterhalten, was man da ändern mag (Wobei ich das echt für so ein periphäres Problem halte, wie man ins Abenteuer rein kommt, das glaubt ihr nicht). Aber eine ständige Verweigerungshaltung aufbauen, sorry, dann sollen die Leute Diablo oder WoW zocken...

Eh, Motivationsprobleme des Charakters, um ins Abenteuer zu gelangen...das auch noch bei einer Sandbox...Man kann Immersion (ich hoffe, das ist der richtige Begriff *g*) auch echt übertreiben...
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Das Grauen am 12.02.2010 | 09:59
Ich würde Gesetzlose oder Kriminelle nicht unbedingt als die besseren Helden bezeichnen. Sicher sind Charaktere, die nicht unbedingt strikt den hellen oder dunklen Weg folgen, sondern im grauen Bereich wandeln, interessant. Aber ich denke doch, es sind die unterschiedlichen Aspekte, die das Spielen der Charaktere ausmacht. Auch einen Ritter, der edlen Gemütes ist oder einen Schwarzmagier, um einmal Paradebeispiele zu nennen, können durchaus tolle Helden sein.
Der SL und die Spieler müssen gerade, wenn es um längere Episoden geht, Motivationen für den Charakter finden um weiter mit vollem Elan dabei zu sein.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Yerho am 12.02.2010 | 10:44
Manchmal muss man Spieler mit einer universellen Härte konfrontieren: Man bekommt nicht immer das, was einem versprochen wird.
Unabhängig davon, was die Spieler antreibt, kann man ihnen das Blaue vom Himmel versprechen (bzw. nur questgebende NPCs versprechen lassen), damit sie dahin gehen, wohin sie sollen. Anschließend enthält man ihnen die Belohnung vor, was auf die nette Art ("Verzeiht, wir waren verzweifelt und wussten keinen anderen Ausweg ...") oder auf die fiese Art ("Mwuharharrharrr, ich habe was ich wollte, ihr seid nun überflüssig!") geschehen kann. Das Ganze wird dann mit der Option überzuckert, in einem Folgeabenteuer doch noch zu (s)einer Belohnung zu kommen.

Anders herum sollte man sich als SL vergegenwärtigen, dass zwischen dem Söldner-Charakteren, die nur für greifbar Gegenwerte tätig werden und dem altruistischen Helden etliche Zwischenstufen existieren. Ein Schurke kann trotzdem vorrangig deshalb aktiv werden, weil ihn das Leid von Leuten anrührt, wird sich aber über eine anschließende monetäre Belohnung bestimmt nicht beklagen. Dem edlen Kämpfer, für den es eine selbstverständliche Ehrensache ist, den Bedrängten zu Hilfe zu eilen, hat vielleicht trotzdem ein Auge auf eine Dorfschönheit geworfen, die seinen Avancen sicherlich zugänglicher ist, wenn er als Retter in der Not auftritt.
Man muss als SL natürlich sowohl seine Spieler als auch deren Charaktere gut kennen, um schon dann Motivation erzeugen zu können, bevor die Spieler überhaupt zu wissen bekommen, wofür sie motiviert werden sollen. Das ist meines Erachtens die Königsklasse des Leitens: Mach' den Leuten die Sache sympathisch, bevor sie wissen, was Sache ist.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Boba Fett am 12.02.2010 | 10:50
- Die andere Stellschraube ist die Grundmotivation der SCs*.
Der durchschnittliche Fantasy-SC ist ja ein eher undefinierter Gutmensch.
...
Andererseits will er in der Regel auch nichts, zumindests nichts, was über Bessere Ausrüstung, Ruhm, Gold und vielleicht noch Weiber/Kerle hinausgeht.
...
Wenn alles im Lot ist, hat er nichts zu tun.

Abgesehen von der Motivation, anderen zu helfen oder sich zu "bereichern" sollte jeder Charakter Ziele haben, die er verfolgt.
Da unterscheiden sich "Kriminelle" auch nicht von den "Rechtschaffenen".
Der Unterschied besteht doch nur in der Wahl der Mittel.

Wenn der Kriminelle "satt und zufrieden" ist, ist er auch nicht Rollenspiel-tauglich.

Geldgier ist sicherlich eine Antriebsfeder in sich selbst, aber keine sehr befriedigende.
Interessanter ist es, wenn die Motivation in anderen Zielen steckt.
Zum Beispiel, wenn es einen Grund gibt, warum derjenige nach "Geld aus ist" - weil er damit etwas bewirken oder erwerben will.
Und Motivationsquellen gibt es nun zur Genüge.

Insofern lautet meine Antwort "nein - Kriminelle sind nicht die besseren Helden" - Die besseren Helden haben Ziele, für deren Verwirklichung sie auf Abenteuer ausziehen.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Merlin Emrys am 12.02.2010 | 11:03
Ich würde denken, sie sind die einfacheren Charaktere, weil sie mehr Optionen haben.
Von Herzen gute Charaktere werden dies nicht tun und das nicht tun, und wenn man nicht aufpasst, gibt es plötzlich eine Sackgasse. Aber Tragik ist ein schwieriges Feld und nicht für alle rollenspielenden Gemüter geeignet. Von Herzen böse Charaktere sind meines Erachtens demgegenüber langweilig, sie sind halt böse und damit hat es sich. Charaktere dazwischen können abwägen, versuchen, im großen und ganzen so la-la gut zu sein, aber auch mal fünfe gerade sein lassen, wenn es sich halt lohnt. Sie können eine oder ein kleines Bündel Motivationen haben, bei denen sie das, was für sie "böse" scheint, definitiv ausschließen, aber dafür an dieser und jener Stelle bedenkenlos sein. Der "edle Ritter" darf nicht mal eben ein Dorf mit falschen Versprechungen ködern und dann opfern, das wäre immerhin nicht "edel". Der Böse würde es so en passant tun, ist ja nichts dabei, aber was springt für ihn dabei 'raus? Wieder einmal ein Versuch, an (mehr) X zu kommen, wovon er wahlweise eh schon einen Haufen hat oder was ihm am Ende immer durch die Finger schlüpft? Abwägen ist für beide ziemlich überflüssig, das ist die Sache der weder-Guten-noch-Bösen.

Ob sie damit "besser" sind, ist eine Frage der Menschen, die sich zum Spielen treffen. Und darüber kann man allgemeingültig eh immer nur sagen: Kommt halt drauf an.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Grey am 12.02.2010 | 11:09
Auf der Meta-Ebene müsste es so sein, dass ich mir als SL keine Sorgen mehr machen muss. Die Spieler haben aktive statt reaktive SCs, sie werden von selbst auf die Dinge zugehen, die sie interessieren. Ohne dass ich das vorher im Gespräch breitwalzen muss, ohne jedem eine Introspektionsleistung abzuringen. Die Spieler folgen einfach ihren Interessen.
Würdest du es schon als "Introspektionsleistung" in diesem Sinne ansehen, die Spieler bei der Charaktererschaffung schon nach Träumen, Zielen, Hoffnungen und Ängsten ihrer Charaktere zu befragen? Ein kurzes, griffiges Schlagwort tut's da häufig schon, und du weißt als SL, woran du bist.

Hier ein paar Beispiele aus unseren aktuellen Runden:
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Yerho am 12.02.2010 | 11:29
Der "edle Ritter" darf nicht mal eben ein Dorf mit falschen Versprechungen ködern und dann opfern, das wäre immerhin nicht "edel".

Es ist Aufgabe des SL, ambivalente Situationen zu erzeugen. Was, wenn er das Dorf schweren Herzens, sich bis an sein Lebensende dafür kasteiend und Albträume habend in die Falle locken und die Zerstörung hinnehmen muss, um einem höheren edlen Zweck (meinetwegen die Rettung von acht weiteren Dörfern) zu dienen?
Häufig macht man es sich zu einfach: Auch im Turm des Schwarzmagiers oder im Todesstern wird es ein Leute geben, die es eigentlich nicht verdienen, mit der Struktur annihiliert zu werden. Trotzdem haben edle Helden für gewöhnlich kein Problem damit, weil es der SL versäumt, drastisch  darzustellen, dass da eben doch Gesinde herumläuft, welches die Ansichten seines finsteren Herrn nicht teilt. Der Trick ist es, die Ansichten von Charakteren auf die Probe zu stellen, egal unter welchem Etikett sie laufen. Die coolen Szenen sind es doch, wenn der Schurke auf die sichere Beute verzichtet, um ein Leben zu retten; oder wenn der strahlende Ritter durch traurige Notwendigkeiten kompromittiert oder mit Versuchungen konfrontiert wird.

Zitat
Der Böse würde es so en passant tun, ist ja nichts dabei, aber was springt für ihn dabei 'raus?

Wer ist schon Böse um des Bösen Willen? Allein solche Etiketten sind doch schon doof. Bosheit ist nicht etwas, was man verkörpert, sondern was die Betroffenen als solches wahrnehmen. Der noch so edle Paladin ist aus Sicht von Häretikern auch böse, daran ändert sich auch nichts, wenn er den Rechtgläubigen Zucker in den Hintern bläst und jede Hilfe zuteil werden lässt.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Markus am 12.02.2010 | 11:51
@Grey
Schönes Beispiel für das Problem. Es kann gut sein, dass die Spieler Nichts auf deiner Liste interessiert. Muss natürlich nicht, kann aber.
Vielleicht will die Waldläufer-Spielerin nur einen bescheidenen Charakter spielen und hat sich deshalb ein bescheidenes Ziel ausgedacht. Vielleicht findet der Krieger-Spieler die Idee cool, in glänzender Rüstung Leute niederzureiten, hat aber Null Interesse an dem ganzen höfischen Bimbam, der Minne und der Kriecherei. Der Magier-Spieler erfüllt vielleicht nur die Klischeeerwartung des weltfremden Idealisten, hätte aber kein Interesse, aktiv gegen Sklaverei und Unterdrückung vorzugehen, wenn man ihm die Sache nicht vor die Füße legt. Der Spieler ist vielleicht viel begeisterter wenn ich ihm neue Zaubersprüche als Belohung anbiete. Krieger-Spieler 2 sendet mir vor allem das Signal "Sieh zu, dass die Gruppe nie zu viel Geld hat."; nicht hilfreich. Magier-Spieler 2 und Priester-Spieler haben genau die typische unspezifische 0815 Motivation die ich eingangs - durchaus auch positiv - erwähnt habe.

Solange die Spieler nicht von sich aus ihre Wünsche artikulieren (können) und das nur über den Umweg der SC-Motivation tun wird diese Kommunikation _immer_  durchsetzt sein mit Genre-Erwartung, Klischees, und Dingen, die der Spieler cool findet, aber deswegen noch nicht spielen will.

Ich nehme mich da selbst nicht aus. Ich hab mir gerade einen Krieger gebastelt, weil ich das DSA4 Kampfsystem ausprobieren will und nur deswegen. Gut, ich habe der SL auch noch einen Peraine-Gewiehten und einen Magier angeboten und umsichtig wie ich bin hat der Krieger natürlich auch noch Ziele und Motive bekommen nachdem seine Kampfwerte feststanden. Aber kurzfristig will _ich_ vor allem das Schnetzeln ausprobieren. Und das steht natürlich so nicht auf meinem Charakterblatt.
Wenn's ihr auffällt könnte sich die SL das aus den gemaxten Kampfwerten erschließen, aber die könnten auch daher kommen, dass ich ein bisschen paranoid bin oder eben ein mieser Powergamer. ;-)
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Grey am 12.02.2010 | 12:06
Vielleicht will die Waldläufer-Spielerin nur einen bescheidenen Charakter spielen und hat sich deshalb ein bescheidenes Ziel ausgedacht. Vielleicht findet der Krieger-Spieler die Idee cool, in glänzender Rüstung Leute niederzureiten, hat aber Null Interesse an dem ganzen höfischen Bimbam, der Minne und der Kriecherei. Der Magier-Spieler erfüllt vielleicht nur die Klischeeerwartung des weltfremden Idealisten, hätte aber kein Interesse, aktiv gegen Sklaverei und Unterdrückung vorzugehen, wenn man ihm die Sache nicht vor die Füße legt.
Die erwähnten Spieler spielen das eigentlich sehr konsequent aus. Bis jetzt jedenfalls fahren sie in-Character immer derart auf die selbstdefinierten Ziele ab, daß ich eher das Problem habe, sie zu bremsen, wenn z.B. nur um des Lokalkolorits Willen mal in einem orientalischen Setting ein Sklavenmarkt vorkommt. Der Magier-Spieler jedenfalls war danach für drei Spielsitzungen überzeugt, es wäre als die eigentliche Hauptkampagne gedacht, diesen Mißstand abzustellen. ;)

Aber natürlich hast du dahingehend recht, daß es nicht immer so auskommt, daß der Spieler konsequent ausspielt, was er angekündigt hat. Von daher ist ein bißchen Palaver bei der Charaktererschaffung ("Angenommen, du kämst in diese oder jene Situation...") natürlich angebracht. Optimal bewährt hat sich da bei mir das Einführungssolo (auf gut WoD auch "Prelude" genannt, läßt sich aber gut in jedem Genre einsetzen), in dem ich nach der Charaktererschaffung erst mal mit dem Spieler den Charakter "anteste", um zu beobachten, womit ich ihn ingame ködern kann. Es lohnt sich, diese Beobachtung auch in der laufenden Kampagne fortzusetzen, um später darauf einzugehen. Im Lauf des Spiels bilden sich immer auch Motivationen heraus, die über das hinausgehen, was der Spieler sich am Anfang vorgestellt hat.

Wichtig ist dabei natürlich, wie du es schon angesprochen hast, daß Spieler- und Charaktermotivation nicht gegeneinander arbeiten. Wer eigentlich nur schnetzeln möchte, sollte als Hauptmotiv nicht unbedingt den Schutz Unschuldiger angeben. Zumindest nicht, wenn die Kampagne auch Wege offenläßt, die Unschuldigen zu schützen, indem man den Kampf ganz abwendet.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 12.02.2010 | 12:31
Zornhau und Boba haben es im Prinzip schon gesagt, aber ich hebe es nochmal in meinen Worten hervor: Wenn du Sandbox spielst und Spieler hast, die ihren SC keine Triebe mitgeben, dann hast du ein Problem. Nämlich ein eher passives Geschehen, dass auf aktive Exploration seites der Spieler wartet und eher passive Spieler, die auf ein Geschehen warten, das sie einfängt. So wird das nix. Da du die Spieler nur begrenzt ändern kannst, solltest du eher den Spielstil ändern; eventuell mehr Plot und weniger reine Sandbox. Die Spieler wollen offenbar von außen ins Geschehen hieningezogen werden - im Übrigen eigentlich imho der klassische Fall, wo die Helden von den Geschehnissen überrollt werden, obwohl sie eigentlich nur nach Hause wollen.

Allerdings ist dein Ansatz, dass Kleinkriminelle eher Abenteuer erzeugen nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Es ist weniger die Kriminalität, sondern der Überlebenskampf. Wenn ein Gutmensch sehen muss, wie er die nächste Mahlzeit und das nächste Bett organisiert bekommt, dann muss auch er aktiv werden, woraus dann Abenteuer entstehen können. Allerdings haben, wie in einem anderen Post erwähnt, Kriminelle da etwas mehr Optionen, weil sie eben weniger Skrupel haben. Und bei illegalen Aktivitäten wird es schneller mal brenzlig / interessant.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Merlin Emrys am 12.02.2010 | 13:57
Es ist Aufgabe des SL, ambivalente Situationen zu erzeugen.
Nur, wenn die Spieler das wollen! Und ob sie das wollen, kannst Du maximal für Dich selbst und die Spieler, die Du hinreichend gut kennst, überhaupt wissen. Von einer allgemeingültigen Aufgabe "des Spielleiters" kann also nicht sinnvoll die Rede sein.


Bosheit ist nicht etwas, was man verkörpert, sondern was die Betroffenen als solches wahrnehmen.
"Der böse Magier" ist also kein denkbares Klischee, weil "böse" ja...? Ich glaube, Du übersiehst da etwas Wichtiges. Spätestens, wenn er anfängt, Kinder zu vivisezieren...

Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Yerho am 12.02.2010 | 14:40
Nur, wenn die Spieler das wollen! Und ob sie das wollen, kannst Du maximal für Dich selbst und die Spieler, die Du hinreichend gut kennst, überhaupt wissen. Von einer allgemeingültigen Aufgabe "des Spielleiters" kann also nicht sinnvoll die Rede sein.

Gut, vielleicht gehe ich da von einer falschen Prämisse aus. Ich spiele jedenfalls nur mit Leuten, mit denen ich gut klarkomme, und leite nur dann, wenn mein Stil als passend empfunden wird. Ich mag mir keine Stil aufdrängen lassen, dränge aber auch meinen Stil niemandem auf.

Zitat
"Der böse Magier" ist also kein denkbares Klischee, weil "böse" ja...? Ich glaube, Du übersiehst da etwas Wichtiges. Spätestens, wenn er anfängt, Kinder zu vivisezieren...

Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Er ist nicht böse und versucht dieses Prädikat zu erfüllen, sondern er tut etwas und wird deshalb als böse angesehen. Mein Argument ist also valide.

Deshalb würde ich auch immer, wenn ein Spieler mit "Ich will jetzt einen bösen Magier spielen!" anfängt, die Frage stellen, was denn sein SC im Vorfeld konkret angestellt hat. Dann habe ich nämlich das Material, um Konfrontationen zu konzipieren, in denen er als böse angesehen wird, aber auch solche, wo er trotz seiner Taten akzeptiert wird oder diese als entschuldbar bzw. wieder gutmachbar betrachtet werden.   

Nichts gegen passende Stereotypen, aber das beschränke ich prinzipiell auf NSCs. Charaktere definieren sich durch ihre Handlungen, sonst wären es keine Charaktere.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 12.02.2010 | 15:07
Bosheit ist nicht etwas, was man verkörpert, sondern was die Betroffenen als solches wahrnehmen.

Kommt darauf an, ob man gut und böse als relativ betrachtet...
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Yerho am 12.02.2010 | 15:25
Kommt darauf an, ob man gut und böse als relativ betrachtet...

So lange es wenigstens zwei Individuen gibt, wird das der Fall sein. ;)
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 12.02.2010 | 15:40
So lange es wenigstens zwei Individuen gibt, wird das der Fall sein. ;)

Nicht unbedingt (siehe z.B. die Gesinnungsdiskussion bei D&D) . Wenn man allerdings relativ an die Begriffe "gut" und "böse" herangeht, dann sollte man diese Begriffe lieber ganz vermeiden, weil sie durch die Relativität keine Aussagekraft mehr haben. Wenn man dann von einem bösen Magier spricht, muss die nächste Frage ja automatisch lauten: "böse in wessen Augen"? Das ist doch kontraproduktiv.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Yerho am 12.02.2010 | 15:57
Wenn man dann von einem bösen Magier spricht, muss die nächste Frage ja automatisch lauten: "böse in wessen Augen"? Das ist doch kontraproduktiv.

Ich finde, so entstehen gute Abenteuer. Und gerade bei Gruppen mit sehr gemischten Charakteren muss man sich ohnehin die Frage stellen, wie jeder individuell dazu steht, den bösen Magier zu entsorgen.

Es mag ja auch kontraproduktiv sein, sich näher über den Straßenräuber zu erkundigen, den man für den Landesherrn aus dem Verkehr ziehen soll. Es könnte aber auch sinnvoll sein, falls dieser böse Kriminelle zufällig Robin Hood heißt.

Die Leute, die damals als Hexen/Hexer verbrannt wurden, waren beispielsweise sicher auch alle böse. Da konnte man jeden in der Umgebung fragen! ;)
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Merlin Emrys am 12.02.2010 | 16:25
Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Er ist nicht böse und versucht dieses Prädikat zu erfüllen, sondern er tut etwas und wird deshalb als böse angesehen.
Da ist leider ein Denkfehler drin - nämlich in der Auslassung, die die Passivkonstruktion des letzten Satzteils ermöglicht. Mit einem ins Aktiv gesetzten Verb würde das auffallen: "Er tut etwas und darum sieht / sehen ihn __ als böse an." Wer gehört als Handelnder da hinein? Und wenn die Antwort wie beim vivisezierenden Magier "Eigentlich alle!" lautet - warum tun die das? Warum ist denn keiner da, der ihn als gut ansieht, wo doch, wie Du sagst, von je zweien eigentlich immer einer von beiden diese Ansicht vertreten müsste, also die Hälfte sich nicht um das schert, was sie gefälligst zu denken hätte, wenn Du recht hast? Vielleicht, weil "böse" eben doch nicht immer nur eine "relative Zuschreibung" ist, sondern es Dinge gibt, die so richtig echt und unzweifelhaft und wirklich böse sind - und den, der sie begeht, zu einem Bösen machen?
Daß der Böse vielleicht, wie der Gute, immer noch ein bisschen an seiner Perfektion feilen muß, weil es gar nicht so einfach ist, wirklich jedes Fitzelchen an Mitgefühl, Freundlichkeit, Einfühlungsvermögen, Nachsicht, Gnade und was dergleichen mehr ist, zu vermeiden... geschenkt. Daß er es nicht vermeiden kann, daß ihm jemand mit mehr Vergebung und Güte begegnet, als er wollen würde... daran kann er nichts ändern. Aber daß er nicht in höchster Vollendung böse sein kann, ändert nichts daran, daß er eben doch böse ist, und mehr muß er für's Klischee eigentlich auch nicht sein.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Markus am 12.02.2010 | 16:35
Könnt ihr die moralische Debatte in einem eigenen Thread weiterführen? Nicht dass es nicht interessant wäre, aber hier ist es T.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Callisto am 12.02.2010 | 16:44
@Markus: Wie ist denn nun dein Stand, wie willst du weiter vorgehen?
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Yerho am 12.02.2010 | 16:56
@ Markus
Keine Ahnung, wie Merlin Emrys das sieht, aber ich betrachte das nicht als moralische Debatte, sondern als handfestes Instrumentarium für die Charakter- bzw. Abenteuergestaltung.

Da ist leider ein Denkfehler drin - nämlich in der Auslassung, die die Passivkonstruktion des letzten Satzteils ermöglicht. Mit einem ins Aktiv gesetzten Verb würde das auffallen: "Er tut etwas und darum sieht / sehen ihn __ als böse an." Wer gehört als Handelnder da hinein? Und wenn die Antwort wie beim vivisezierenden Magier "Eigentlich alle!" lautet - warum tun die das?

Wenn ich alle Deine Feinde frage, ob Du böse bist, ist es klar, dass die klare Mehrheit dich für böse hält.

Und warum hast mein Gegenbeispiel ignoriert? Wie bewertest Du denn nun den Paladin, der einerseits hülfreich und gut ist, aber auch konsequent gegen Ungläubige vorgeht, obwohl diese nichts verbrochen haben? Ist der nun gut oder böse? Das möchte man über seinen Fellow Adventurer ja doch schon irgendwie wissen. ;)
Oder allgemeiner, wie bewertest Du jemanden, der den einen edel zur Seite steht, aber andere bis aufs Blut bekämpft?

Und selbst bei Deinem Extrembeispiel eines wild um sich schnippelnden Magiers, bei dem eine starke Einigkeit darüber herrscht, dass er böse ist, gibt es noch andere Ansätze, die man verfolgen könnte:

1.) Der Magier ist geisteskrank bzw. besessen und hat keine Kontrolle über seine Handlungen.
2.) Der Magier hat Kontrolle über sein Handeln, hasst sich selbst für das, was er tut, hält es aber für das langfristige Wohl derer für nötig, denen er im Augenblick schadet
3.) Die Ankläger irren sich. Der etwas unsympathische Magier hat gar nichts mit den Morden zu tun, obwohl 99,99% der Bevölkerung das so sehen.
4.) Die Kinder sind tatsächlich instinktgetriebene Wechselbalge, die der Magier zum Glück ausgeschaltet hat, bevor sie über Menschen herfallen konnten. Und er hat sie obduziert, um herauszufinden, wie man der Gefahr dauerhaft Herr wird.
5.) ...

Klar, für ein Schnellschuss-Abenteuer sind solche Erwägungen überflüssig, bei epischen Kampagnen sind sie das Salz in der Suppe.

Und wenn der Magier sogar noch Mitglied der Gruppe ist, dann wird es so oder so nötig, sich damit zu befassen. Warum sollte man sich einen gemeingefährlichen, irren SC in die Gruppe holen? Das ist eine Frage, mit der sich die anderen SCs befassen müssen; daran führt kein Weg vorbei.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Ein am 12.02.2010 | 17:47
Zitat
Warum sollte man sich einen gemeingefährlichen, irren SC in die Gruppe holen? Das ist eine Frage, mit der sich die anderen SCs befassen müssen; daran führt kein Weg vorbei.
Nicht die SCs müssen sich damit befassen (können sie auch garnicht als virtuelle Konstrukte), sondern die Spieler müssen sich damit auseinander setzen. Vorausgesetzt sie halten es für nötig und folgen nicht einfach nur der Rule of Cool.

@Topic
Wenn deine Spieler nicht aktiv werden, stimmt etwas mit deinem Sandkasten nicht.

Z.B.:
 - Können die interessanten Punkte spieltechnisch zu weit entfernt sein, so dass die Spieler vor der Kiste stehen und nicht wissen, wo sie anfangen sollen.
 - Können diese Punkte für dich interessant erscheinen, aber einfach nicht das Interesse der Spieler wecken. (Was bei ausgelutschter 08/15-Fantasy gerne der Fall ist)
 - Können sich die Spieler nicht im Handlungszwang fühlen. Sprich es fehlen Konflikte in der Spielwelt, in die die Spieler hineingezogen werden.
 - Können die Spieler vielleicht gar keinen Sandkasten spielen wollen. Sondern lieber klar strukturierte Abenteuer im Episodenformat.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Callisto am 12.02.2010 | 17:57
@Topic
Wenn deine Spieler nicht aktiv werden, stimmt etwas mit deinem Sandkasten nicht.
Sein Sandkasten ist Aventurien. Muss ich mehr schreiben? Ansonsten stimmen deineEin's Punkte natürlich
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Bad Horse am 12.02.2010 | 18:06
@ Markus
Keine Ahnung, wie Merlin Emrys das sieht, aber ich betrachte das nicht als moralische Debatte, sondern als handfestes Instrumentarium für die Charakter- bzw. Abenteuergestaltung.


Das hier ist Markus' Thread, und wenn er keine Moral-Diskussion über gut und böse will, dann wäre es nett, das nicht zu ignorieren. Wenn du einen neuen Thread zu dem Thema aufmachen möchtest, verschiebe ich dir gern alle bisherigen Posts zu dem Thema.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Maarzan am 12.02.2010 | 18:06
Proaktivität erfordert Informationen: was gibt es an Gelegenheiten und wie stehen meine Chancen dazu.

Der beste Sandkasten hilft nicht, wenn er nur im Kopf des SL´s lebt und er ist nicht wirklich gut - im Sinne von passend- , wenn die ganzen Ereignisse alle weit außerhalb der Reichweite der Spieler passieren, sei es geographisch oder auch sozial oder kompetenzmäßig.

Bei der belastbaren Verbindung Char zu Umwelt und der Beschreibung der Dinge auf eher täglichem Niveau versagen die meisten Regelwerke und Welten.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Bad Horse am 12.02.2010 | 18:16
Von Markus' Beschreibung her, dass sich die Spieler eher lustlos irgendwelche Sachen suchen, die sie dann machen können, vermute ich eher, dass Eins letzter Punkt zutrifft: Die haben ggf. gar keine Lust auf Sandbox, sondern möchten lieber an einem Plot herumspielen, bei dem etwas mehr vorgegeben ist.

Ich habe auch eine Gruppe, bei der ich die Spieler nicht einfach irgendwohin werfen kann, sondern Plotinseln / einen Handlungsfluss vorbereiten muss, weil das Spiel ansonsten stockt. Nachdem ich das verstanden habe, habe ich wieder mehr vorbereitet, mit dem Ergebnis, dass das Ganze jetzt wieder viel entspannter abläuft. Nicht, dass ich das Ergebnis skripte, aber ich habe einen dramatischen Bogen im Kopf, der zwar von den Spielern jederzeit unterbrochen werden kann, aber an dem sie sich entlanghangeln können, wenn sie wollen.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Ein am 12.02.2010 | 18:19
Meistens reicht es schon, wenn man den Spielern auch Spielangebote präsentiert und nicht nur unpersönliches Alles-geht.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 12.02.2010 | 18:42
Ich glaube das hier angesprochene Grundproblem mit Sandkästen ist dass sie häufig sehr SL-zentriert oder zumindest auf Setting zentriert vorbereitet werden. Charaktere sind dabei eher reaktiv und werden nur durch ihre Aktionen im Sandkasten definiert, bis dahin sind sie einfach nur generische Spielfiguren, taktische Ressourcen oder naive Selbstdarstellung der Spieler (so wie man das z.B. aus Computerspielen kennt).

Diese Probleme sind natürlich nicht für den Sandkasten spezifisch, sondern überall im Rollenspiel bekannt, aber ich habe den Eindruck dass es hier leichter dazu kommt. Das mag traditionelle Gründe haben, aber es kann auch daran liegen, dass die Vorbereitungen und auch der Leitstil eben sehr auf SL und Setting zentriert sind. Alles wichtige hat der SL vorzubereiten, Spieler haben nichts mit der kreativen Seite des Settings zu tun zu haben. Der SL ist derjenige der mit dem Sandkasten einen Spielplatz einrichtet, dabei muss er aber ob er will oder nicht letztlich mit einer gewissen Ausrichtung des Spieltriebs seiner Spieler rechnen, sonst weiß er nicht ob er das Karussell oder die Schaukel oder lieber die Rutsche aufbauen soll. Die Lösung ist natürlich ein charakterzentrierter bzw. ein ganzheitlicher Ansatz, bei dem Motivation der Charaktere mit ihrem Umfeld von vornherein und auf Spielerebene verknüpft wird. Der Sand-Boxer rümpft dabei eventuell schon die Nase weil er da schon den Geruch von Dramaturgie wittert und befürchtet der schöne Sandkasten verkomme zur Bühne. Man kann es aber auch beim Sandkasten richtig machen.

Die einfache Notlösung mit dem gesetzlosen Charakteren gibt den Spielern die keine Eigenmotivation mitbringen zumindest einen Wink mit dem Zaunpfahl was sie für Optionen haben, ohne gleichzeitig der Versuchung zu erliegen eine SL-Dramaturgie durch Charaktermotivation hintenrum einzubauen und dabei eventuell die Sandburgen zu zertreten. Es spräche aber nichts dagegen die Charaktere gleich mit einzubeziehen in den Sandkasten und damit auch die Spieler beim Förmchenspiel mitmachen zu lassen.
So jetzt habe ich die Sandbox-Metapher aber getötet... ;)
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Christoph am 12.02.2010 | 18:51
Meistens reicht es schon, wenn man den Spielern auch Spielangebote präsentiert und nicht nur unpersönliches Alles-geht.

Deckt sich mit meiner Erfahrung. Ein "Ihr könnt machen was ihr wollt" überfordert viele Spieler, sobald man aber nen Brocken hinwirft der einen Einstieg in die Kiste ermöglicht gehts besser von der Hand.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Grey am 12.02.2010 | 21:59
Wenn deine Spieler nicht aktiv werden, stimmt etwas mit deinem Sandkasten nicht.

Z.B.:
 - Können die interessanten Punkte spieltechnisch zu weit entfernt sein, so dass die Spieler vor der Kiste stehen und nicht wissen, wo sie anfangen sollen.
 - Können diese Punkte für dich interessant erscheinen, aber einfach nicht das Interesse der Spieler wecken. (Was bei ausgelutschter 08/15-Fantasy gerne der Fall ist)
 - Können sich die Spieler nicht im Handlungszwang fühlen. Sprich es fehlen Konflikte in der Spielwelt, in die die Spieler hineingezogen werden.
 - Können die Spieler vielleicht gar keinen Sandkasten spielen wollen. Sondern lieber klar strukturierte Abenteuer im Episodenformat.
- fehlt es dem Sandkasten vielleicht einfach an Vielfalt, und es sind nicht die richtigen Reize dabei, auf die die Spieler anspringen. Da hilft erstaunlicherweise (wenn man an so was Spaß hat) blindwütige Ausarbeitung "irrelevanter" Details manchmal Wunder.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Markus am 13.02.2010 | 02:23
@Casgirl
Für mich hat es Belchion exakt genug beschrieben: Interesse den Status Quo zu ändern. Das werde ich zukünftig nutzen, und das ist, glaube ich, auch noch recht gut mit den Spielern verhandelbar.

@Ein
- Diejenigen, die klar strukturierte Abenteuer spielen wollen müssen sich eine andere SL suchen. Ohne mich.
- Distanzen waren nie ein Problem, ich fange eigentlich immer sehr klein an (Tal mit ein paar Dörfern, Stadt in der Nähe)
- "Handlungszwang" bzw. fehlender ist gerade aus DSA-Kaufabenteuern heraus eine heikle Sache. (Selbst schuld.) Ich musste meine Spieler erstmal dazu erziehen, nicht beim ersten Fingerzeig blindlings auf die erstbeste Abenteuerspur einzubiegen, wie man das als geübter Kaufabenteuerspieler halt so macht. Insgesamt hast du recht, eine gewisse Nötigung muss sein, aber das klappt oder auch nicht, bzw. man hat es in den Fingerspitzen oder eben auch nicht.
- Standad-Fantasy, oh je. Ich halte mich nicht für eine sonderlich kreative SL, die Angebote waren IMO durchwachsen durchschnittlich.

Zitat
Um mal ein Beispiel zu geben, wie das ungefähr ablief: Helden kommen nach X und hören Gerüchte, die recht explizit angeben, was sich dahinter verbirgt:
- In der alten Feste tief im Wald soll es spuken. (Dungeoncrawl)
- aus Ort A hat man schon lange nichts mehr gehört, jemand sollte dort nach dem Rechten sehen. (Village gone bad)
- in Ort B ist letzte Woche die Wirtin des einzigen Gasthauses ermordet worden (Kriminalabenteuer)
- der Reiche Kaufmann C sucht Helden für eine Transport oder Beschaffungsaktion (McGuffin)
- etc.
- oder ihr zieht halt was eigenes auf.
Die Ausgänge all dieser Plothooks waren völlig offen. Im Hintergrund ein finsterer Magier, der schon einige Agenten eingeschleußt hatte, die teils mit teils gegen die Helden arbeiten.


@Dr. Boomslang
Vieles was du beschreibst trifft zu. Allerdings musst du bedenken, dass vorher Kaufabenteuer gespielt wurden. Die Sandbox von daher schon ein bewußter Schritt. Leider heißt das auch, dass "Mitbauen lassen" sehr schwierig ist, weil die Spieler sich teilweise schon abgewöhnt haben, selbst etwas zu wollen und das erst wieder lernen müssen.
Sicher richtig ist allerdings, dass wir eine Technik (Sandbox) eingeführt haben, ohne die Konsequenzen gut genug zu überblicken. Die Naivität, man könne einfach einen Teil des Systems austauschen ohne auch andere verändern zu müssen nehme ich gerne auf mich.

@Christoph, Grey
Siehe Beispiel oben, sagt ihr, welche Reaktion euch darauf normal erscheint.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Blutschrei am 13.02.2010 | 02:52
Zitat
Ich musste meine Spieler erstmal dazu erziehen, nicht beim ersten Fingerzeig blindlings auf die erstbeste Abenteuerspur einzubiegen, wie man das als geübter Kaufabenteuerspieler halt so macht.
Ist doch optimal. Dann lass sie doch auf eben diese Abenteuerspur eingehen! Irgendwas wird sie ja schon bieten, und wenns nur der böse Goblin ist, der die Tochter bestohlen hat. Beim nächsten mal suchen sich die Helden dann vielleicht was "größeres".
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 13.02.2010 | 03:27
Leider heißt das auch, dass "Mitbauen lassen" sehr schwierig ist, weil die Spieler sich teilweise schon abgewöhnt haben, selbst etwas zu wollen und das erst wieder lernen müssen.
Das dachte ich mir schon, aber dann ist die Sandbox ja nicht das Problem sondern die Spieler. Das ist das klassische Casual-Gamer Problem: Der SL ist der einzige wirklich passionierte Rollenspieler in der Gruppe und die anderen sind Leute die eben sein Spiel mitspielen. Wenn man aus der Situation was machen will, ohne Railroading, dann liegt da tatsächlich die einzige Möglichkeit im Charakter-Setup. Wenn man sich schon aufs Bespaßen eingelassen hat, dann muss man halt die Charaktere oder zumindest deren Einbau in das Setting für die Spieler machen (oder mit ihnen Zusammen). Die Spieler werden dann wahrscheinlich selbst genug Intuition haben um das weiter auszuspielen, und nachher vielleicht sogar den Sinn verstehen und es dann selbst machen können. Aus den Charakteren Kriminelle zu machen ist ja nur eine Variante, aber im Prinzip ist das nichts weiter als SL gesteuertes Charakterdesign, das zur Aufladung des Settings mit Konflikten genutzt wird (und ich würde sagen nichtmal die beste Variante, das kann leicht in eine falsche Richtung driften).

Aber die Situation die in dem verlinkten Blog geschildert wird ist im Kern ja ähnlich: Das Casual-Gamer-Problem. Der Typ spielt mit Pornodarstellerinnen! Das ist zwar nicht gerade die Definition von Casual-Gamern, aber das Problem ist sicher das gleiche, die Spieler müssen erstmal motiviert werden überhaupt eine Motivation im Spiel zu haben...
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Ein am 13.02.2010 | 10:33
@Markus
Es gibt einen Mittelweg zwischen Railroading-Abenteuern und Wahllos-Sandkasten. Allerdings wird dieser zwar propagiert, aber es wird viel zu selten erläutert, wie man einen solchen aufbaut.

Zitat
Distanzen waren nie ein Problem, ich fange eigentlich immer sehr klein an (Tal mit ein paar Dörfern, Stadt in der Nähe)
Es geht nicht um Distanz im Sinne von physikalischer Entfernung, die für das Rollenspiel überhaupt nicht relevant ist, denn Rollenspiel ist ein erzählerisches Medium, in dem man solche gedachten Distanzen auch nur mit einem Gedanken überbrücken kann. Daher geht es um psychologische Distanz der Spieler zu den Spielinhalten.

Eventuell stehen deine Spieler vor dem Sandkasten und sie wissen nicht wo sie anfangen sollen. Sie werden mit verschiedenen Informationen zu unterschiedlichen Orten gelockt, können daraus aber keine Struktur aufbauen. Diese Struktur ist aber sehr wichtig, denn Menschen brauchen Strukturen, um Informationen in relevant und irrelevant zu unterscheiden.

Bei einem gradlinigen Spiel werden diese Strukturen vom SL vorgegeben, bei einer Sandbox müssen diese Strukturen von den Spielern selbst erstellt werden. Dazu brauchen sie aber eventuell (meist ganz sicher) eine Starthilfe, einen Kicker, der sie in das Abenteuer zieht, eine interessante Ausgangssituation, die die Aktivität der Spieler erzwingt. Bei diesem Brückenkopf kann es sich z.B. um einen Auftrag handeln (Finde Amerika für mich, Kolumbus. Wir brauchen dringend Ihre Hilfe, Judge Dredd.) oder um einen Ort, an dem immer direkte Handlungsoptionen als Rückfalloption angeboten werden (Wir brauchen eine schnelle Passage weg von Tatooine und keine Fragen.) oder um einen Konflikt, in dem die Spieler von vornherein erst einmal auf einer Seite stehen. (Ich bin Robin Hood, wer folgt mir gegen Prinz John?)

Ebenso wichtig, wie das Verständnis der Spieler für die Funktionsweise einer Sandkiste ist aber gerade auch das Verständnis des Spielleiters.
Dinge wie:
Zitat
Ich musste meine Spieler erstmal dazu erziehen, nicht beim ersten Fingerzeig blindlings auf die erstbeste Abenteuerspur einzubiegen
sind dabei äußerst kontraproduktiv. Du stellst den Spielern zwar die Option, macht was ihr wollt, aber wenn sie sich dann spontan für eine für sie interessante Option entscheiden, ist es natürlich Unsinn diese zu unterbinden. Ich denke hier liegt auch einfach ein Missverständnis vor, was Sandkasten bedeutet.

Was natürlich dadurch nicht erleichtert wird, dass unter den Begriff Sandkasten drei Sachen fallen können:
 - Hexploration. Es gibt eine vorbereitete Karte, die es zu entdecken gilt. Die Spieler suchen sich ihren Weg selbst.

 - Abenteuer-Sandkasten. Es gibt eine Karte, auf denen Abenteueraufhänger verstreut liegen, die von den Spielern nach Interesse angewählt werden können. Je nach Ausgang eines Abenteuers entstehen neue Abenteueraufhänger, die von den Spielern gewählt oder ignoriert werden können.

 - Konflikt-Sandkasten. Es gibt eine starke, konfliktgeladene Ausgangssituation, in der sich die Spieler ihren eigenen Weg suchen. Die Fortführung des Spiels entsteht durch das Zusammenspiel von Spieler und Spielleiter.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Markus am 13.02.2010 | 11:28
@Ein

Mit dem Kicker ist es nicht getan. Wenn danach die Folgeabenteuer allzu zwingend sind, gibt es praktisch keinen Unterschied mehr zu gut gemachtem Illusionism. Wenn es danach sehr offen wird, sind wir wieder am Anfangspunkt, wo die Spieler oder die SCs eine eigenständige Motivation brauchen.
Aber ja, das ist ein Graubereich für den es eher wenig Ratschläge gibt.

Zitat
äußerst kontraproduktiv. Du stellst den Spielern zwar die Option, macht was ihr wollt, aber wenn sie sich dann spontan für eine für sie interessante Option entscheiden, ist es natürlich Unsinn diese zu unterbinden. Ich denke hier liegt auch einfach ein Missverständnis vor, was Sandkasten bedeutet.
Du missverstehst, was ich gemacht habe: Ich hab' einfach nur nach dem ersten Abenteueraufhänger laut und deutlich gesagt: Das ist nur ein Angebot. Ihr müsst das nicht machen. Ihr könnt euch auch erstmal noch weiter umhören und dann entscheiden. Wenn ihr allerdings genau auf dieses Ding Lust habt, dann macht das.
In den meisten Kaufabenteuern oder wenn es nur ein SL-Abenteuer gibt (egal wie offen der Ausgang ist) wird man ja gerne mal bestenfalls mit Langweile bestraft, wenn man einen offensichtlichen Aufhänger ignoriert oder sich gar selbst was sucht. Ich habe nur sehr deutlich kommuniziert, dass diese ungeschriebene Regel nicht mehr gilt, aber niemanden davon abgehalten, etwas aufzugreifen was er oder sie interessant fand.


Sandkasten-Kategorien:
Sehr gute Unterscheidung. Defintiv Abenteuer-SK, was ich wohl nicht wieder so machen wollen würde.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Markus am 13.02.2010 | 11:44
Das dachte ich mir schon, aber dann ist die Sandbox ja nicht das Problem sondern die Spieler. Das ist das klassische Casual-Gamer Problem:
Jein. Also meine Erfahrung ist, dass die meisten Spieler - casual oder nicht - anfangs etwas eigenes wollen und dann erst dazu "erzogen" werden, weniger zu wollen und sich an die SL-Vorgabe, dass "offizielle" Abenteuer, zu halten. Praktisch jeder Neuling in irgendeiner Runde wollte zunächst die Genre-typischen Dinge erleben, hat dann aber schnell gemerkt, dass seine entsprechende Suche in lauter Sackgassen endet, bis er irgendwann das vorbereitete Abenteuer (egal ob offen oder nicht) findet.
Da steckt viel Gruppenkonsens drin, praktische Erwägungen, Genre-Probleme wie die, dass der typische Held ein Einzelheld ist und natürlich auch Dinge, die ich verbockt habe.
Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Casual Gamer nicht per se reaktiv ist, sondern in den meisten Fällen erst dazu gemacht wird.
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Maarzan am 13.02.2010 | 13:12
Ein Sandkasten kann wegen der Offenheit und auch oft der Größe desSpielfelds nicht wirklich welt/plotzentriert sein. Das ist gar nicht zu transportieren. Daher ist es wichtig dem Spieler seine Figur und deren Wahrnehmung und Beziehung zu seiner Umwelt zu vermitteln und diese mit den nötigen Details anzureichern. Aus diesem Blickwinkel heraus kann der Spieler dann handeln. Das erfordert aber eine entsprechende Vorarbeit aller Beteiligten bei der Charaktererschaffung.

Mit dem blindlings Abenteuer anspringen vermute ich mal ist die antrainierte Tendenz der Spieler gemeint jedes Detaisl als DEN Plothook zu interpretieren udn sich gezwungen zu sehen diesen zu verfolgen in der Erwartung dahinter DAS entscheidende Ereingnis zu entdecken.
Die Leute sind nicht gewohnt ihren Charakter zu spielen, sondern auf Metaebene erraten zu sollen, was der SL denn diesmla von ihnen will. Enstprechend wird auch jedes bisschen Welt versucht in ein Puzzle namens vermutlicher Plot  zu pressen.

(Ist "Braindamage im Rollenspiel" eigentlich urheberrechtlich geschützt?)
Titel: Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
Beitrag von: Ein am 13.02.2010 | 13:50
@Kicker/Illusionismus/Motivation
Ich denke ein Hauptproblem ist auch die Einschätzung dessen, was gerade die beiden klassischen SK-Formen (Hexploration und Abenteuer-SK) liefern können. Wegen der sehr hohen Freiheit verbunden mit einem geringen Emotional Investment der Spieler (mangels Konfliktorientierung) habe ich solche Sandkästen immer als recht öde empfunden. Ähnliche Einschätzungen kenne ich auch von meinen Mitspielern.

Ich glaube allerdings nicht, dass das mangelnde Interesse an solchen Freiheiten den Spielern erst anerzogen wird, sondern dass bei den meisten Spielern von Grund auf ein Interesse daran besteht, direkt ins Spiel gebracht zu werden und sich nicht erst stundenlang durch einen zähen Prolog kämpfen zu müssen.

Zumindest ist das meine Erfahrung aus Einführungsrunden ins Rollenspiel mit Spielern, die nie zuvor gerollenspielt haben.