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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: scrandy am 9.09.2010 | 23:20

Titel: Handwedeln?
Beitrag von: scrandy am 9.09.2010 | 23:20
Was genau ist eigentlich handwedeln?

Ich hab einfach mal ein wenig gesucht und folgendes gefunden:

Zitat von hier: http://www.rpg-info.de/Handwedeln
Zitat
Als Handwedeln wird die Methode bezeichnet, fantastische, übernatürliche oder unplausible Elemente ohne weitere Erklärung im Spiel als Fakt zu setzen. Dies kann sowohl geplant beim Weltenbau oder während des laufenden Spiels improvisiert geschehen.

Die Bezeichnung geht vermutlich auf eine Art "göttlichen Wink" zurück, der dann die Welt formt.

Wenn ich diese Definition lese, dann ist gefühlt jede zweite Benutzung des Wortes hier im Forum schlicht falsch.

Geht man davon aus, dass viele Spiele die Spielwelt durch harte Regeln simulieren, und dass immer dann, wenn die Regeln eine Spielsituation nicht ganz abdecken, eine solche göttliche Intervention nötig wird, dann ist Handwedeln eben sinnvoll benutzt.

Was aber, wenn ein System allgemeine Plausibilität als Grundlage von Entscheidungen anführt und von vornherein garnicht versucht wird, Simulation durch Detailregeln zu betreiben. Gibt es dann überhaupt Handwedeln?

Ein Beispiel:
1. Savage Worlds wird ohne Miniaturen gespielt und durch eine ungünstige Spielsituation ist nicht klar, ob ein Gegner von einem Feuerball erfasst wird oder eben nicht. Der SL entscheidet. -> Handwedeln!

2. Was aber, wenn der Feuerball in einem anderen System weder Radius noch Reichweite hat und bereits vor dem Sprechen abgeschätzt wird, wie schwer es wohl sein wird, den Feuerball treffen zu lassen. Dann wäre beim Probenerfolg der Feuerball doch ein Treffer, egal, wo er einschlägt und egal wie der Radius ist. -> kein Handwedeln.

Der zweite Fall wäre mit Sicherheit für viele Gamisten und Regelfans eine ungünstige Lösung aber um Handwedeln handelt es sich nicht, weil der SL als allmächtiger Weltenhüter nichts willkürlich nachbessern muss.

Mir scheint es jedoch, dass "Handwedeln" sich langsam als negatives Wort für unsimulierte Spielaktionen durchsetzt, was ich durchaus als negativ empfinde.

Eure Meinungen?
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: oliof am 9.09.2010 | 23:31
Ich hab "Handwedelei" tatsächlich als kritische Bezeichnung für adhoc-Entscheidungen, die nicht auf gesundem Menschenverstand oder auf Onkel Plausi beruhen, verstanden. Sie ist deswegen negativ besetzt, weil sie Beliebigkeit impliziert, was für die Spieler dazu führt, dass sie sich in einer Spielwelt bewegen müssen, die unzuverlässig ist.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Selganor [n/a] am 9.09.2010 | 23:32
"Handwedeln" sehe ich auch als "vom SL rein aus dem Bauch raus improvisieren".

Wenn man beispielsweise ohne klaren Bodenplan (oder genaue Positionierung) spielt dann ist muss (in "klassischen Systemen") in so einem Fall der SL (als Vertreter "der Welt") entscheiden wer z.B. bei irgendwelchen Flaecheneffekten im Wirkungsbereich ist und wer nicht (ausser man konnte die beim Wirken des Effekts irgendwie vorsortieren)
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: killedcat am 9.09.2010 | 23:35
Mir scheint es jedoch, dass "Handwedeln" sich langsam als negatives Wort für unsimulierte Spielaktionen durchsetzt, was ich durchaus als negativ empfinde.
Ich sehe das genauso.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: scrandy am 9.09.2010 | 23:38
"Handwedeln" sehe ich auch als "vom SL rein aus dem Bauch raus improvisieren".

Wunderbar. Das entspricht ja im Grunde der Definition oben.

Ist euch denn noch nie vorgekommen, dass Regelfans eine grob festgelegte (aber durch Regeln festgelegte Situation) als Handwedeln bezeichnet haben und sei es, weil sie von anderen Bildern im Kopf ausgehen.

Ein Beispiel wäre da die Zonenidee für Entfernungen von Fate, die ja nicht im entferntesten etwas mit exakten Entfernungen zu tun hat, aber eben als Regel festgelegt ist und somit kein Handwedeln ist.

Vielleicht ist das aber nur mein persönlicher Eindruck als Fan von weniger verregelten Spielen in einer Welt der Regelfans.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Wulfhelm am 10.09.2010 | 00:06
Wenn ich diese Definition lese, dann ist gefühlt jede zweite Benutzung des Wortes hier im Forum schlicht falsch.
Ich halte die Definition von rpg-info allerdings für Unsinn. Zunächst: Handwedeln leitet sich mit Sicherheit nicht von einem "göttlichen Wink" her, sondern vom englischen Ausdruck hand wave, und der geht auf menschliche Handgesten zurück. Und es bedeutet schlicht und ergreifend: Etwas, das eigentlich präziser Erläuterung bedarf, mit einer kurzen, fadenscheinigen Erklärung beseitezuwischen.
Von daher kann man das natürlich auf ad-hoc-SL-Entscheidungen beziehen, für die es eigentlich präzise Regeln gibt. Oder eben auf Hintergrundelemente, die bei genauer sozioökonomischer Analyse keinen Sinn ergäben. Aber ich sehe den Ausdruck, parallel zum englischen Original, nicht unbedingt negativ. Ein hand wave kommt gerade in Fantasy und SF oft zum Einsatz, um etwas, das sonst einfach unlogisch oder lächerlich wäre, so einigermaßen zu erklären - man kommt sozusagen der suspension of disbelief des Publikums auf halbem Wege entgegen.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Feuersänger am 10.09.2010 | 00:21
Ich wollt auch grad sagen: nur weil es irgendwer ins RPG-Info Wiki geschrieben hat, muss die Definition nicht automatisch richtig, gut und allgemeingültig sein. Allein schon die Theoriefindung mit dem "göttlichen Wink" entbehrt jeglicher Grundlage. Ebensogut könnte da stehen "Der Begriff bezieht sich auf eine abwinkende Handbewegung, wenn man einen Umstand nicht genau erklären will oder kann", und das wäre meines Erachtens näher an der Wahrheit.

Nachtrag: und ja, prinzipiell ist der Begriff neutral; z.B. wird man bei einem SF-Setting mit FTL-Antrieben nicht um die Handwedelei herumkommen, dass der FTL halt funktioniert und nicht die Kausalität über den Haufen wirft. Wer FTL als unrealistisch verabscheut, für den ist Handwedeln in diesem Zusammenhang etwas Negatives. Wer FTL in einem SF-Setting unbedingt drinhaben will, für den ist diese Handwedelei sogar etwas Positives.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Dr.Boomslang am 10.09.2010 | 01:07
Der Begriff ist nur dann neutral wenn man das Handwedeln in dem Fall für notwendig, oder für die ökonomischste Lösung hält, oder es einen schlicht nicht genau interessiert. Trifft nichts davon zu dann ist es natürlich als Vorwurf gemeint.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Naldantis am 10.09.2010 | 01:26
Man muß unterscheiden zwischen Handwedeln und Axiome setzten.
"Es gibt FTL, und es funktioniert so und so" ist kein Handwedlen, sondern ein grundsätzliches - wenn auch willkührlich festgelegtes - Naturgesetz der Spielwelt.
Daran ist nichts negatives, sondern eine Voraussetzung eine Spielwelt zu schaffen, die gewisse Anforderungen erfüllt.
 
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Naldantis am 10.09.2010 | 01:46
"Handwedeln" sehe ich auch als "vom SL rein aus dem Bauch raus improvisieren".

Wenn man beispielsweise ohne klaren Bodenplan (oder genaue Positionierung) spielt dann ist muss (in "klassischen Systemen") in so einem Fall der SL (als Vertreter "der Welt") entscheiden wer z.B. bei irgendwelchen Flaecheneffekten im Wirkungsbereich ist und wer nicht (ausser man konnte die beim Wirken des Effekts irgendwie vorsortieren)

Ich sehe solche Mikromanagement-Geschichten nicht als Handwedeln...
...schlicht weil es nichts mit den Gesetzen, Gegebenheiten oder elementaren Vorgängen der Welt zu tun hat, sondern nur eine Meßunschärfe oder Beobachtungsfaulheit kompensiert, wo niemand eine echte Begründung erwartet.
Würde der SL verkünden, das der FB nur einen einzigen aus dem dichten Punkt von Mobs erwischt, weil diese Ketten aus Inbotanium tragen, die allen Magie in der Nähe in nur einen von ihnen hineinsaugen, das wäre dann Handwedeln -> ein permanenter, unbegründeter Aspket wird zur Erklärung eines ansonsten unlogischen Ereignisses herangezogen.

 
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Zornhau am 10.09.2010 | 04:34
Es ist schwer zwischen Handwedeln als einer gewollten, vom Spielleiter initiierten "Unschärfe" in der Beschreibung und direktem BESCHEISSEN zu unterscheiden.

Beschreibungsunschärfe: Nach ca. zwei Wochen kommt Ihr in der Fanta-Oase an.

BESCHEISSEN: Ihr braucht ca. zwei Wochen bis zur Fanta-Oase und kommt halb verdurstet dort an - zieht sich jeder mal die Hälfte seiner Hitpoints ab.

Handwedeln wird von manchen Spielleitern als ihre Form des BESCHEISSENS praktiziert. Es folgen aus ENTGEGEN den Regeln, ENTGEGEN der Setting-Plausibilität "handgewedelten" FAKTEN, die vom Spielleiter einfach so dahin erzählt werden, auch ENTSCHEIDUNGEN, KONSEQUENZEN, die nicht mehr auf dem Boden der gemeinsamen Regeln getroffen werden.

Das ist IMMER BESCHISS.

Beschreibungsunschärfen OHNE Konsequenzen sind hingegen einfach ein Stilmittel, welches für manche Genres besser paßt als für andere. - So wird in einem Indiana-Jones-Pulp-Setting eine Reise meist als der über die Landkarte wandernde Strich abgekürzt und es geht dort weiter, wo es gleich wieder mehr Action gibt.

Würde man jedoch exaktes Resourcenmanagement umsetzen wollen, wo - z.B. bei einer Wüstenreise - jeder Tropfen Wasser zählt und jeder Sandsturm eine Gefahr darstellen könnte, dann würde dort das Handwedeln einfach UNPASSEND sein und jegliches Resourcenmanagement überflüssig machen.

Setzt in letzterem Falle, also wo von den Regeln, vom Setting, und von den Spielern her ein detailliertes Resourcenmanagement vorgesehen bzw. erwartet wurde, das Handwedeln ein und führt es zu KONSEQUENZEN für die SCs (Verlust von Hitpoints), dann BESCHEISST der Spielleiter VERMITTELS Handwedeln.

Dies ist der Normalfall.

Daher hat der Begriff "Handwedeln" auch stets eine NEGATIVE Bedeutung, weil er einfach einen "Stil des BESCHEISSENS"  darstellt.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Ein am 10.09.2010 | 06:17
Handwedeln ist im Übrigen ganz simpel eine wohlklingende, aber unpräzise Übersetzung. Im Deutschen würde es eigentlich "durchwinken" heißen.

Und genau das macht man dabei, man drückt sich vor der Erklärung eines fragwürdigen Umstands, in dem man es einfach bei einem "ist halt so" belässt.

Oder andersherum ausgedrückt: Der Nerd-Besserwisser-Pförtner guckt mal kurz weg und winkt die armen, unplausiblen Fakten durch, damit man weiter spielen/schreiben/drehen kann.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Lord Verminaard am 10.09.2010 | 07:10
"Handwedeln" ist das Gegenteil von "Buchhaltung". ;)
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: ErikErikson am 10.09.2010 | 07:34
Nach meinen RR Erfahrungen werd ich den Teufel tun und den Begriff irgendwie neutral ansehen (was mir eigentlic lieber wäre), sondern gleich akzeptieren das er halt nen "Gschmäckle" hat und damit außer zum Rümnörgeln ziemlich unbrauchbar ist.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Wulfhelm am 10.09.2010 | 07:58
Man muß unterscheiden zwischen Handwedeln und Axiome setzten.
"Es gibt FTL, und es funktioniert so und so" ist kein Handwedlen, sondern ein grundsätzliches - wenn auch willkührlich festgelegtes - Naturgesetz der Spielwelt.
Daran ist nichts negatives, sondern eine Voraussetzung eine Spielwelt zu schaffen, die gewisse Anforderungen erfüllt.
FTL oder andere mit den uns bekannten Naturgesetzen nicht vereinbare Technologien zu verwenden und mittels Technobabble zu erklären, ist aber ein klassisches Beispiel für hand wave.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Dimmel am 10.09.2010 | 08:11
Handwedeln ist im Übrigen ganz simpel eine wohlklingende, aber unpräzise Übersetzung. Im Deutschen würde es eigentlich "durchwinken" heißen.

Und genau das macht man dabei, man drückt sich vor der Erklärung eines fragwürdigen Umstands, in dem man es einfach bei einem "ist halt so" belässt.

Oder andersherum ausgedrückt: Der Nerd-Besserwisser-Pförtner guckt mal kurz weg und winkt die armen, unplausiblen Fakten durch, damit man weiter spielen/schreiben/drehen kann.
Das finde ich eine gelungene Definition dafür. Sehr einfach und präzise!

Gruß Dimmel
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: sir_paul am 10.09.2010 | 08:33
Handwedeln ist im Übrigen ganz simpel eine wohlklingende, aber unpräzise Übersetzung. Im Deutschen würde es eigentlich "durchwinken" heißen.

Und genau das macht man dabei, man drückt sich vor der Erklärung eines fragwürdigen Umstands, in dem man es einfach bei einem "ist halt so" belässt.

Oder andersherum ausgedrückt: Der Nerd-Besserwisser-Pförtner guckt mal kurz weg und winkt die armen, unplausiblen Fakten durch, damit man weiter spielen/schreiben/drehen kann.

Im Großen und Ganzen stimmt das mit meiner Sicht auf Handwedeln überein, wobei der Umstand nicht immer "fragwürdig" sein muss.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Yehodan ben Dracon am 10.09.2010 | 08:40
Hervorhebung durch mich:
Handwedeln ist im Übrigen ganz simpel eine wohlklingende, aber unpräzise Übersetzung. Im Deutschen würde es eigentlich "durchwinken" heißen. Und genau das macht man dabei, man drückt sich vor der Erklärung eines fragwürdigen Umstands, in dem man es einfach bei einem "ist halt so" belässt. Oder andersherum ausgedrückt: Der Nerd-Besserwisser-Pförtner guckt mal kurz weg und winkt die armen, unplausiblen Fakten durch, damit man weiter spielen/schreiben/drehen kann.
DAS ist für mich der wesentliche Punkt. Man steht in einer konkreten Spielsituation unter Druck und muss SPONTAN etwas regeln. Nur dann wird "gewedelt". Bei vorher festgelegter Pseudophysik ist es wirklich kein Handwedeln mehr, sondern Settingsetzung. Ob das die Naturwissenschaftler am Tisch nun logisch finden oder nicht, ist ohne Belang.

Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: korknadel am 10.09.2010 | 09:01
Ich würde aber auch plotbedingte Geschehnisse, die von den Regeln abgelöst sind, als Handwedeln bezeichnen. So zum Beispiel in etlichen DSA-Kaufabeneteuer, wo die NSCs häufig nicht würfeln müssen, wenn es die Geschichte verlangt: Die Halbelfe kann sich im letzten Moment in eine Eule verwandeln, bevor die Helden sie stellen können -- jedem SC würde in dieser brenzligen Situation die Zauberprobe misslingen, der Halbelfe aber nicht, denn das Skript sieht ja vor, dass sie den Helden erst eine spannende Verfolgungsjagd bietet, dann aber auf jeden Fall entkommt.

Das wurde andernorts schon unter anderen Gesichtspunkten diskutiert, aber ich finde, das gehört auch ins Thema Handwedeln, denn Handwedeln ist häufig eben, dass man Regeln biegt oder auf sie verzichtet, wenn der SL es aus irgendwelchen Gründen braucht oder will.

EDIT: Da ich so fein als asozial beschimpft worden bin, habe ich treusorglich den letzten Satz gestrichen. Will ja schließlich keiner Fliege was zuleide tun, auch wenn ich beschränkt und asozial bin.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Humpty Dumpty am 10.09.2010 | 09:18
Ich schließe mich der Lesart von Ein in diesem Fall voll an.

Ansonsten:
Auch das ist (geskripteter) BESCHISS!
Könnt Ihr nicht irgendwann einmal mit dieser Kampfrhetorik aufhören? Herrje, Ihr beleidigt damit (vermutlich bewusst) andere Leute. Seid Ihr so merkbefreit, dass Euch das auch nach dem achthundertsiebenundvierzigsten mal nicht auffällt? Meine Fresse, so ignorant kann man doch kaum sein.

Noch einmal: es gibt Runden, die einigen sich darauf, dass Situationen wie die von Dir beschriebene in ihrem Spielverständnis möglich sind. Punkt. Damit sind diese Situationen vom Gruppenvertrag über Metaregeln abgedeckt und es liegt kein "Beschiss" vor. Leuten dessen ungeachtet, aber in Kenntnis dieses Umstands wiederholt und immer wieder vorzuwerfen, sie seien Lügner, Betrüger, keine Rollenspieler, Bescheisser oder sonstwelche Arschlöcher, ist schlichtweg asozial.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: El God am 10.09.2010 | 09:20
Das, was hier als "Beschiss" abgetan wird, gehört bei vielen Settings zu den Genrekonventionen. Bei DSA gibt es keine explizit im Setting definierten Genrekonventionen, wohl aber das, was sich bei Lektüre der Kaufabenteuer herauskristallisiert. Und ich wette, jeder von euch hat schonmal einen inszenierten Showdown gehandwedelt und viel Spaß dabei gehabt. Ist das dann badwrong fun?
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: korknadel am 10.09.2010 | 09:32
Ich hatte durchaus auch schon Spaß mit handgewedelten Endkämpfen, aber viel öfter hatte ich missmutige (durchaus im RR sozialisierte) Spieler, die auf die Barrikaden gingen, weil sie ständig solche Situationen erlebten. Irgendwann sagen die sich, dass es sich überhaupt nicht mehr lohnt, irgendwelche Halbelfen zu verfolgen, weil die sowieso immer entkommen. Jeder clevere Einfall wird durch irgendeine Handwedelei bestraft, den NSCs gelingt von vornherein immer alles, was ihnen gelingen muss. Also was soll's?

Mir geht es viel weniger darum, andere Leute als "Arschlöcher" hinzustellen, als vielmehr um meine mittlerweile geschädigten Spieler, die wegen solcher geskripteten Handwedeleien die Lust verloren haben und die tatsächlich so reagieren, als wären sie beschissen worden.

Selbstverständlich schaue ich dabei nicht über den Tellerrand hinaus auf Gruppen, bei denen Handwedelei im Vertrag verankert ist und die damit selig werden.

Im letzten Post habe ich trotzdem den letzten, Anstoß erregenden Satz gestrichen.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Blizzard am 10.09.2010 | 09:34
Ich finde den Begriff des Handwedelns unpassend, für das, was er rollenspieltechnisch offensichtlich darstellen soll. Auch den Begriff des göttlichen Winks halte ich für falsch. Ich würde es eher mit "aus dem Hut zaubern" (und daher auch die Handbewegung) übersetzen.

Und ich weiß nicht, warum das Bsp. mit der Fanta-Oase Beschiß sein soll. Wenn die Gruppe 2 Wochen lang irgendwann ohne Proviant durch die Wüste läuft, dann ist es nicht unplausibel, wenn jeder der Charas bis zur Oase die 1/2 seiner Hitpoints verliert. (Das kann man sogar auswürfeln lassen, dann ist es kein Beschiss mehr). Genau so plausibel ist es aber, dass die Chars die Oase ohne Zwischenfälle erreicht, und es dann dort weitergeht. Beide Situationen sind plausibel, und in beiden Fällen macht der SL einfach einen auf FF, damit der Plot mal weitergeht. Kommt eben -wie so oft- auf den Spielstil, das System und die Gruppe an. Wenn ich AC oder DL spiele, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass da Verdurstungsregeln zum Einsatz kommen, bei 7teSee aber z.B. hingegen eher nicht.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Yehodan ben Dracon am 10.09.2010 | 09:36
Ich würde aber auch plotbedingte Geschehnisse, die von den Regeln abgelöst sind, als Handwedeln bezeichnen.
Man kann Handwedeln natürlich auch zum pösen Railroaden benutzen.
Handwedeln findet man aber sicher auch bei ergebnisoffenem Spiel, denn es ist einfach die Entscheidung des eSeLs über Fakten in der Spielwelt, die nachvollziehbar sein kann, aber nicht muss. Da wir aber im Rollenspiel keine Realität regeln, sondern einen Vorstellungsraum teilen, kommt es durch Handwedeln auch mal schnell zu Diskrepanzen.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: korknadel am 10.09.2010 | 09:39
Wenn ich AC oder DL spiele, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass da Verdurstungsregeln zum Einsatz kommen, bei 7teSee aber z.B. hingegen eher nicht.

Das ist ja genau der Punkt: Wenn derlei Regeln zum Einsatz kommen (und die können ja auch spontan festgelegt werden), dann ist es keine Handwedelei. Wenn der SL hingegen einfach entscheidet und der Gruppe verkündet: "Also, nach zwei Wochen seid Ihr da und habt nur noch die Hälfte Eurer Hitpoints", dann ist das eben nicht auf Regeln basierend, sondern willkürlich festgelegt.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: El God am 10.09.2010 | 09:42
Ah. Ein Ansatzpunkt zu einer sinnvolleren Diskussion. Selbstverständlich kann das "mal" Spaß machen. Ich bin aber voll auf Seiten deiner Spieler, wenn die meckern, falls sowas ständig passiert. Das ist albern und unnötig, genauso als würde man jedes zweite Abenteuer mit dem Satz "Ihr wacht auf, seid nackt und könnt euch an nichts mehr erinnern!" eröffnet. Das man das nicht immer bringen soll, weil man sich sonst dieses - nennen wir es mal so - "stilistische Werkzeug" kaputtmacht, dürfte aber wohl auch dem letzten Deppen klargeworden sein.

PS: Ich finde es immer spannend, wie sich ganze Threads an solchen "handgewedelten" Beispielen (weil da Details entscheidend sind, die i.d.R. nicht erwähnt werden und von Gruppe zu Gruppe grundverschieden sein können) hochziehen, einen Strick draus drehen und schließlich jämmerlich selbst erdrosseln.
Zornhau: Ja, man kann mit ein bisschen gutem Willen plausibel erklären, wie die SCs Hitpoints durch die Wüstendurchquerung verlieren. Idealerweise denkt man sich natürlich vorher ein paar Möglichkeiten aus, wie sehr sich die Gruppe vorbereitet und schätzt anhand dessen ab, wie groß die Verluste sind. Bei einigen Gruppen liegt aber der Fokus ganz woanders, da ist es dann eben mal interessant, jemanden zu spielen, der halbverdurstet aus der Wüste kommt, weil der SL die folgende Szene eben so aufbaut.

Edith ergänzt: Der Unterschied liegt wohl darin, was ausgespielt werden soll. Während Gruppe A gern drölfzigmal würfelt und mit den Ressourcen jongliert, um dem Verdursten zu entgehen, zieht Gruppe B da keinen Spaß draus und "spult vor.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: ErikErikson am 10.09.2010 | 09:45
Handwedeln kann aus verschiedenen Motivationen heraus gemacht werden. Es ist erteinmal nur eine Technik, oder besser gesagt die Abwesenheit von Technik und Spielmachanik.

Handwedeln kann eingesetzt werden, um eine präferierte Entscheidung herbeizuführen, ohne die Regeln zu konsultieren. Entweder, das der flüchtende Elf entwischt, oder das er nicht entwischt, oder das man einen w20 würfelt, ob er entwischt, usw.
Das steht im Gegensatz zu der Abwicklung anhand der Regeln, wo man seine Initiative, Bewegungsrate usw. bestimmen würde, um zu dem Ergebniss zu kommen.

Die Motivation dafür ist wieder vielfältig. Will man den SC ihre Beduetungslosigkeit im Vergleich zu Umwelteinflüssen vermitteln, hat man keine Lust die Regeln nachzuschlagen, oder will man den SC eine Möglichkeit bieten, die durch die Regeln nicht abgedeckt ist?

Handwedeln das immer gleich abläuft, etwa, wenn man immer w20 würfelt und halbe/halbe macht, wenn was nicht klar ist, wird faktisch zu einer Hausregel. Dann ist es kein Handwedeln mehr, wenn Handwedeln als Entscheiden ohne klar kommunizierte Regel definiert wird.

Ich persönlich glaube, das Handwedeln gar nicht so negativ wahrgeommen wird, sonder eher die Hilflosigkeit der Spieler, die oft durch Handwedeln als Mittel erzeugt wird. 

Dessen ungeachtet ist Handwedeln natürlich immer böse, verkommen und Beschiss am Spieler.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Yehodan ben Dracon am 10.09.2010 | 09:57
Nennen wir Handwedeln doch in Improvisation um. Das trifft es doch ganz gut: Man erreicht einen Punkt, an dem es so oder so ausgehen kann und der durch die Regeln nicht abgedeckt ist oder die Regeln stehen nicht zu Verfügung. Das wird von eSeLn doch grundsätzlich erwartet.

Nur wenn man etwas entgegen den Regeln (die lt. Gruppenvertrag eigentlich auch für den eSeL gelten können, nicht müssen) festlegt, kann Handwedeln/Improvisieren Beschiss an den Spielern sein.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Naldantis am 10.09.2010 | 09:58
Es ist schwer zwischen Handwedeln als einer gewollten, vom Spielleiter initiierten "Unschärfe" in der Beschreibung und direktem BESCHEISSEN zu unterscheiden.

Beschreibungsunschärfe: Nach ca. zwei Wochen kommt Ihr in der Fanta-Oase an.

BESCHEISSEN: Ihr braucht ca. zwei Wochen bis zur Fanta-Oase und kommt halb verdurstet dort an - zieht sich jeder mal die Hälfte seiner Hitpoints ab.

IMHO ist beide eine legitime Abkürzung einer ansonstne ereignislosen Reise.
Der 2. Satz schließt nur ein, daß die Reise hart und beschwehrlich war.
Beide Aussagen gehen von einer Übereinkunft aus, auf die Details der Navitation und Versorgung einer Wüstenexpedition zu verzichten.
Nichts davon ist negativ - es sei denn die Gruppe verfügt offensichtlich über Mittel, die Reise weit schneller und sicherer zu bewerkstelligen, und wären willens, diese auch einzusetzen.

Zitat
Setzt in letzterem Falle, also wo von den Regeln, vom Setting, und von den Spielern her ein detailliertes Resourcenmanagement vorgesehen bzw. erwartet wurde, das Handwedeln ein und führt es zu KONSEQUENZEN für die SCs (Verlust von Hitpoints), dann BESCHEISST der Spielleiter VERMITTELS Handwedeln.

Nicht unbedingt!
Z.B. dann nicht, wenn die 'herbeigewedelte' SL-Entscheidung in etwa dem erwarteten Resultat der Hartwurst-Methode entspricht.
("Ihr könntet mit Glück ganz streßfrei durchkommen, aber bei viel Pech geht vielleicht sogar einer drauf; ...sparen wir und das und sagen alle sind bei 50% und ordentlich durstig, okay?")

Zitat
Daher hat der Begriff "Handwedeln" auch stets eine NEGATIVE Bedeutung, weil er einfach einen "Stil des BESCHEISSENS"  darstellt.

Nein, weil es keineswegs der Normalfall ist, daß es zum Bescheißen dient, sonder der Normalfall ist, dass in gegeseitigen Einverständnis ein Verzicht auf Mikromanagement stattfindet um zu interessanterem vorzurücken und ein durchschnittlicher Erfolg bei dem übersprungenen Teil angenommen wird.
Z.B. beschreiben die Spieler ein komplexes magisches Verfahren die komplette Truppe in die Voratskammer der Festung des Feindes zu bringen ohne ihn zu alarmieren - der SL befindet das Verfahren für tauglich und läßt nur noch 2x Würfeln: wie lange es dauert, bis die PCs beim scrying die ihnen bekannte Zofe in der Kammer beobachten können um ihre 'Zielkoordsinaten' zu bekommen, und ob das magische Eintreffen dort dem Wachgeist auffällt; beide Chancen konnte die Charaktere grob abschätzen und sie sind damit einverstanden; selbst wenn sie von dem Geist nichts wissen, ist diese kein Handwedeln, solange der SL ihn vorher überlegt dort eingebaut hat.

Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: El God am 10.09.2010 | 09:59
Yehodan, ich glaube, diese Form von "Handwedelei" steht gar nicht in der Kritik. Pöser "Beschiss" soll es ja erst dann sein, wenn man Regeln, die existieren, nicht anwendet und über Handwedelei verkürzt. Ein Plausibilitätsbruch beim Handwedeln lehne ich übrigens auch eher ab, aber vermutlich ist mir ohnehin vieles plausibler als den Leuten, die hier contra Durchwinken stehen.

Zitat
selbst wenn sie von dem Geist nichts wissen, ist diese kein Handwedeln, solange der SL ihn vorher überlegt dort eingebaut hat.

Doch, wenn man überall gleich Beschiss wittern will, kann sich der SL nicht einfach so rausreden "der war schon vorher da!".
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Naldantis am 10.09.2010 | 10:03
Ich finde den Begriff des Handwedelns unpassend, für das, was er rollenspieltechnisch offensichtlich darstellen soll. Auch den Begriff des göttlichen Winks halte ich für falsch. Ich würde es eher mit "aus dem Hut zaubern" (und daher auch die Handbewegung) übersetzen.

Ich kenne esauch so, daß der Term aus der Magie komm...

...also aus der echten Bühnenmagie, die viel mit Gesten arbeitet und Dinge aus Hüten, Umhängen und Ärmeln zieht...
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Naldantis am 10.09.2010 | 10:13
So zum Beispiel in etlichen DSA-Kaufabeneteuer, wo die NSCs häufig nicht würfeln müssen, wenn es die Geschichte verlangt: Die Halbelfe kann sich im letzten Moment in eine Eule verwandeln, bevor die Helden sie stellen können -- jedem SC würde in dieser brenzligen Situation die Zauberprobe misslingen, der Halbelfe aber nicht, denn das Skript sieht ja vor, dass sie den Helden erst eine spannende Verfolgungsjagd bietet, dann aber auf jeden Fall entkommt.

Sowas finde ich persöhnlich sehr enervierend, vor allem, da es in der Regel für die Story nicht wirklich notwendig ist, sondern nur den Modulschreibern die Arbeit erleichtert.
In AUSNAHMEFÄLLEN ist das akzeptabel (wenn die Spieler im Ausgleich ein etwas später tolles Spielerlebnis erhalten) aber meist führt es nur zu einem Gefühl der Entfremdung von der Welt und einer 'scheißegal'-Haltung.

Zitat
Das wurde andernorts schon unter anderen Gesichtspunkten diskutiert, aber ich finde, das gehört auch ins Thema Handwedeln, denn Handwedeln ist häufig eben, dass man Regeln biegt oder auf sie verzichtet, wenn der SL es aus irgendwelchen Gründen braucht oder will.

Korrekt, aber darum ziehe ich IM RPG die Unterscheidung zwischen Axiomen, Fakten (die die Spieler nicht unbedingt kennen, aber die festgelegt sind, konsistent bleiben und von dne Spielern erkannt werden können) und Improvistation ('Handwedeln') vor.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: ErikErikson am 10.09.2010 | 10:15
Es gab da mal nen KODT Strip, wo Brian den SL zwingt, für jeden Stein einzeln auszuwürfeln, ob der böse Dämon da drüberstoplert oder nicht. Offensichtlich decken die Regeln dies ab. Der SL würfelt dan für die 100 Kiesel, die Brian dem Dämon vor die Füße geworfen hat, einzeln, natürlich beträgt die Chance fürs Stoplern nur 0,0001, aber der SL ist sehr genervt. Widerspruch wird von Brian aber daurch abgeblockt, das es so in den Regeln steht und er ein recht auf regelgeechte Abwicklung hat.

Anders gesagt, ich finde das man Handwedeln durchaus auch einsetzen kann, um eben nicht alles detailiert nach Regeln auszuspielen. Oder ist es dann schon wieder kein Handwedeln? Aber wenn es jetzt ein Spieler von 5 doch lieber ausgespielt hätte?
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Humpty Dumpty am 10.09.2010 | 10:16
@ Dolge und Yehodan: Naja, Handwedelei, bei der der SL die Plausibilität den Notwendigkeiten des Plots unterordnet, um die Handlungsoptionen der Spieler gegen deren Willen in die gewünschte Richtung zu bahnen, ist ja eh Railroading und damit ein anderes Thema. Auch da wird man zwar nicht automatisch zum Betrüger und Bescheisser, aber wie gesagt: anderes Thema.

Handwedelei tritt doch aber relativ ungeachtet dessen wie schon im OP gesagt auf, wenn der SL außerhalb der Regeln Gegebenheiten der Spielwelt modelliert. Das kann simulativ im Sinne einer Plausibilitätenabwägung geschehen oder situativ im Sinne dramaturgischer Erwägungen.

1. Simulation der Spielwelt: Hier wird im Geiste der Verlauf der Spielwelt projiziert. Dabei werden vermutete oder tatsächliche Handlungs- und Eintrittswahrscheinlichkeiten gerne auch unter Zugriff auf Zufallstabellen gegeneinander abgewogen.

2. Situative Emulation der Spielwelt: Der SL erwägt hier auf ganz ähnliche Weise die verschiedenen Möglichkeiten und wählt diejenige plausible Variante aus, die gemäß der rule of cool aus seiner Sicht am besten passt.

Das füllt nach meinem bisherigen Verständnis beides unter Handwedeln.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Joerg.D am 10.09.2010 | 10:29
Ja fällt es.

Handwedelei ist auch kein Problem, solange die Gruppe da mit zurecht kommt. Ich kenne SLs (Chaos Aptom oder MSch) bei denen ich so etwas gut finde, weil sie meiner Meinung nach ein gutes Gefühl für die Regeln eines Settings haben und die Entscheidung für mich in 99% der Fälle nachvollziebar ist.

Aber ich kenne auch SLs, bei denen ich dieses Mittel gar nicht akzeptieren würde, weil ich Handwedelei bei ihnen mit Willkür im negativen Sinne verbinde. Da wird mangelnde Regelkenntnis mit Handwedelei überdeckt und das ist einfach scheiße.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Humpty Dumpty am 10.09.2010 | 10:37
Ja fällt es.

Handwedelei ist auch kein Problem, solange die Gruppe da mit zurecht kommt. Ich kenne SLs (Chaos Aptom oder MSch) bei denen ich so etwas gut finde, weil sie meiner Meinung nach ein gutes Gefühl für die Regeln eines Settings haben und die Entscheidung für mich in 99% der Fälle nachvollziebar ist.

Aber ich kenne auch SLs, bei denen ich dieses Mittel gar nicht akzeptieren würde, weil ich Handwedelei bei ihnen mit Willkühre im negativen Sinne verbinde. Da wird mangelnde Regelkenntnis mit Handwedelei überdeckt und das ist einfach scheiße.
Bin da ganz bei Dir. Handwedelei ist ein ziemlich sensibles Instrument, keine Frage.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Oberkampf am 10.09.2010 | 10:57

Handwedelei tritt doch aber relativ ungeachtet dessen wie schon im OP gesagt auf, wenn der SL außerhalb der Regeln Gegebenheiten der Spielwelt modelliert. Das kann simulativ im Sinne einer Plausibilitätenabwägung geschehen oder situativ im Sinne dramaturgischer Erwägungen.

Kann sein, dass ich das jetzt falsch verstehe, aber fällt dann nicht jede Spielleiterentscheidung (außer strikter Regelanwendung) unter den Begriff "Handwedeln", was den Sinn einer Klassifizierung unterläuft?

Für mich wäre eher interessant, was Handwedeln von sonstigen Spielleiterentscheidungen unterscheidet. Zugegeben, damit nähere ich mich auch dem Thema RR, weil ich glaube, dass Handwedeln wie andere Dinge auch als ein Werkzeug zum RR genutzt werden kann (woraus aber nicht gefolgert werden muss, dass jedes Handwedeln RR ist.)

Vorschlagen würde ich erstmal Folgendes: Spielleiterfestlegungen, die eine regelmechanische oder spielweltplausible Begründung verlangen, aber ohne diese oder im Fall der Spielweltplausibilität entgegen dieser getroffen werden, nennt man Handwedeln.

Das ist nicht perfekt, weil nicht präzise festgelegt ist, wann genau eine spielweltplausible/regelmechanische Begründung erforderlich ist, aber es erleichtert mMn eine Diskussion des Einzelfalles. Grundsätzlich würde ich z.B. sagen, wenn es für eine Situation Regeln im GRW gibt, sollen sie auch angewendet werden. Wenn im Elfeneulenbeispiel ein SL die Kampf- bzw. Verfolgungsregeln bricht oder unterläuft, ist das Handwedeln - das kann auch gleichzeitig RR sein, muss es aber nicht (es wurde ja schon auf die Möglichkeit des Partizipationismus hingewiesen).

Erforderliche Spielweltplausibilität ist schwieriger festzustellen, darum habe ich hier die Bedingungen (entgegen der Spielweltplausibilität) verschärft. Wenn z.B. der SL entscheidet, dass der zufällig auf der Straße angesprochene NSC den SCs gegenüber unkooperativ ist, ist das kein Handwedeln, da es nicht entgegen der Spielweltplausibilität ist, dass Random-NSCs Fremden gegenüber unfreundlich/misstrauisch sind.

Am Wüstenbeispiel: Wenn den SCs Trefferpunkte abgezogen werden, verlangt das in den meisten Regelwerken eine Begründung. Oft wird extra dafür eine Regelmechanik angeboten (z.B. die Erschöpfungsregeln bei Midgard) oder eine analoge Anwendung bestimmter Regelkomplexe empfohlen. Solche Eingriffe verlangen also eine regelmechanische Begründung. Wenn auf diese verzichtet wird, handelt es sich um Handwedeln.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Teylen am 10.09.2010 | 11:16
Was genau ist eigentlich handwedeln?

Ich hab einfach mal ein wenig gesucht und folgendes gefunden
Meiner Ansicht nach beschreibt die Definition nicht das 'handwedeln' sondern die Verwendung bzw. Konstruktion des auftauchen einer Deus-Ex-Machina. Das heisst innerweltlicher Fakten respektives eines Mechanismus die bzw. der obwohl der Plausibiltaet der Welt entgegen laufend dazu verwandt wird die Handlung unter verschiedenen Punkten voran zu treiben.

Handwedeln bezieht sich, meiner Meinung nach, darauf das die Spielleitung aus der hohlen Hand heraus Entscheidungen trifft welche er im Rahmen des Abenteuers fuer zutraeglich respektive angemessen haelt.
Das kann sich sowohl auf die Definition von Schwierigkeitsgraden beziehen, die sofern das System keine zwingenden vorgaben macht willkuerlich sind, als auch Wuerfel Boni und Mali und letztlich wohl am haeufigsten vorkommend die Story ohne unnoetigen Belast durch die Regel voran zu bringen.

Zumindest im V:tM Regelwerk wird dazu auch aktiv aufgefordert.

Zitat
Mir scheint es jedoch, dass "Handwedeln" sich langsam als negatives Wort für unsimulierte Spielaktionen durchsetzt, was ich durchaus als negativ empfinde.
Das liegt daran das nicht-simulative Spielstile im allgemeinen hier oftmals als vorrangig negativ dargestellt werden.
Was dann natuerlich jegliche Techniken betrifft die dort verwandt werden.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Vash the stampede am 10.09.2010 | 11:20
Ich schließe mich der Lesart von Ein in diesem Fall voll an.
...

+1


... Das liegt daran das nicht-simulative Spielstile im allgemeinen hier oftmals als vorrangig negativ dargestellt werden.
Was dann natuerlich jegliche Techniken betrifft die dort verwandt werden.

Empfinde ich auch so.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Yehodan ben Dracon am 10.09.2010 | 11:21
Das liegt daran das nicht-simulative Spielstile im allgemeinen hier oftmals als vorrangig negativ dargestellt werden.
Was dann natuerlich jegliche Techniken betrifft die dort verwandt werden.

also Handwedelei = Erzählonkelei  ;D
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Joerg.D am 10.09.2010 | 11:42
Haben wir eigentlich irgendwo eine Definition von Erzählonkel?
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: WeeMad am 10.09.2010 | 11:45
Einflussfaktoren auf SL Entscheidungen oder die Etablierung von Fakten


                                       Einstellungen der Mitspieler (inkl. SL)
                                             Gruppenvertrag
                                                      ->
Plausibilität / Spielweltlogik -> Spielleiterentscheidung / Fakten <- Unwägbarkeiten / Ermessensspielraum
Regeln                                                                                Keine vorhandenen Regeln / Fehlende Information

Wenn sich Handwedeln nur auf die rechte Seite (Unwägbarkeiten usw.) bezieht, dann ist das Interpretation und in jedem Rollenspiel notwendig. Die Einstellung der Mitspieler oder der Gruppenvertrag entscheidet drüber, ob es für die Gruppe eine gute Interpretation ist.
Setzt sich das Handwedeln über die linke Seite hinweg, dann kann das je nach Einstellungen der Mitspieler und Gruppenvertrag als negativ empfunden werden.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Teylen am 10.09.2010 | 11:45
Ich wuerde behaupten das man bei Rollenspielen oder auch Rollenspiel Gruppen welche den Fokus auf der Erzaehlung sehen (*) selten spielt ohne das "Handwedeln" als Technik gebraucht wird.
(*) [Erzaehlung wie "narrative", nicht wie Onkel :P]

Insofern stimmt diese Aussage:
Das ist IMMER BESCHISS.
Auch nicht, wenn sie fett und noch groesser geschrieben waere.
Handwedeln zwangslaeufig ohne Konsequenzen zu haben hat imho etwas von Wuerfeldrehen.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Khouni am 10.09.2010 | 11:46
Handwedeln? Ja, bitte, immer doch. Hauptsache, das Spiel geht schnell weiter! Und im Zweifelsfall wird für die Spieler entschieden. Wenn es kritisch um die Spieler steht, wird nach Möglichkeit auf Regeln zurückgegriffen. Und wenn jemand ein lustiges Charakterkonzept hat, das nicht von den Regeln abgedeckt wird, dann werden auch einmal diese umgedichtet. Ein Magier will unbedingt einen Klerikerzauber? Von mir aus, gerne!
Als Spieler mag ich es ebenfalls, wenn in unklaren Situationen schnell entschieden wird, insbesondere, wenn die Regeln den Fall ohnehin nicht abdecken. Und ganz besonders mag ich Handwedelei, wenn es um Proben geht, die ich so oder so schaffen würde.
Dieses "Take 10" oder "Take 20" oder so ähnlich aus d20 ist quasi in das Regelgeflecht eingebaute Handwedelei, oder?
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Yehodan ben Dracon am 10.09.2010 | 11:48
Ja, und deswegen transparent und für alle einforderbar. Wenn der eSeL in einem Fall sagt: "Das gelingt Dir." und in einem anderen Fall plötzlich würfeln lässt, ist das Willkür. Durch Take10/20 weiß der Spieler vorher schon, was ihm sicher gelingt und was nicht und der eSeL muss eben nicht "Handwedeln".
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Wulfhelm am 10.09.2010 | 11:50
Nennen wir Handwedeln doch in Improvisation um. Das trifft es doch ganz gut: Man erreicht einen Punkt, an dem es so oder so ausgehen kann und der durch die Regeln nicht abgedeckt ist oder die Regeln stehen nicht zu Verfügung.
Trifft es nicht ganz. Hand wave ist bewusstes Nicht-ganz-so-genau-nehmen um des reibungslosen Ablaufs des Spiels/der Geschichte/des Hintergrundes wegen. Klingt natürlich sperrig, gebe ich zu.

Praxisbeispiel im Rollenspiel (Regeln):
- Ein SC wollte eine Handgranate bei 2300AD in eine Gruppe Käfer* werfen. Regeln sagen: Für jeden den Explosionsschaden ermitteln, dann für jeden Splitterschaden ermitteln, dann für jede Wunde jeweils Lokation auswürfen, dann jeweils Wundwirkung ermitteln...
Handwave: Ich würfele für jeden Käfer 1W10, bei 1-6 ist er ausgeschaltet, bei 7-10 nicht.
*Böse Aliens.

Praxisbeispiel im Rollenspiel (SC-Aktionen ohne Regeln):
- Munitionskauf bei Shadowrun. Im Hintergrundmaterial stehen genaue Preise für Munition verschiedener Waffenarten.
Handwave: Die SCs haben genug Munition in ihrem Besitz, um eine vernünftige Anzahl gefüllter Magazine mit sich herumzuschleppen. Der Vorrat wird aus den Lebenshaltungskosten nachgefüllt.

Ganz wichtig natürlich: Das muss auf Einverständnis der Spieler stoßen.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Khouni am 10.09.2010 | 11:54
Ja, und deswegen transparent und für alle einforderbar. Wenn der eSeL in einem Fall sagt: "Das gelingt Dir." und in einem anderen Fall plötzlich würfeln lässt, ist das Willkür. Durch Take10/20 weiß der Spieler vorher schon, was ihm sicher gelingt und was nicht und der eSeL muss eben nicht "Handwedeln".

Ich sage ja, Handwedeln normalerweise nur für die Spieler, nie gegen sie. Bei d20 ist es genau auf diese Art eingebaut, der Spieler kann Take10/20 einfordern, es aber, wenn ich mich recht erinnern sollte, nicht aufgezwungen bekommen.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Oberkampf am 10.09.2010 | 12:11

Das liegt daran das nicht-simulative Spielstile im allgemeinen hier oftmals als vorrangig negativ dargestellt werden.
Was dann natuerlich jegliche Techniken betrifft die dort verwandt werden.

Mein Eindruck ist viel eher, dass "hier" "Spielstile", in denen sich Spielleiter nach Gutdünken* über Spielregeln hinwegsetzen, hier oftmals vorrangig als negativ dargestellt werden.

*d.h. spontan, während des laufenden Spiels, ohne Gruppenabsprache, ohne vereinbarte Hausregelung, ohne dauerhafte Festlegung
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Khouni am 10.09.2010 | 12:34
ohne dauerhafte Festlegung

Das ist in der Tat als negativ zu betrachten. Eine weitere Maxime bei uns lautet, dass jede SL-Entscheidung Allgemeingültigkeitscharakter bzw Regelcharakter haben sollte. Was einmal auf eine Art abgehandelt wird, muss auch so wiederholt werden können. Wenn ich sage, dies und das gelingt dir, dann muss es unter gleichen Bedingungen erneut so ablaufen. Wenn ich sage, ok, der Zauber wird nicht von Hindernissen blockiert, dann muss das immer so sein. Wenn man mir sagt, für x soll ich mal schnell einen derartigen Wurf machen, dann wird das als Hausregel aufgenommen.
Sprich: Handwedeln als tatsächliche Ad-Hoc-Regelerweiterungen und -änderungen
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Bad Horse am 10.09.2010 | 12:46
Ich finde Handwedeln ist das Überspringen von langweiligen/uninteressanten Situationen zugunsten von interessanteren. Kämpfe der NSCs zwischeneinander würfel ich nie nach den Regeln aus, das dauert immer zu lang; da gibt´s einen Wurf und gut is. Sobald SCs involviert sind (oder der Kampf aus anderen Gründen total dramatisch für die Spieler ist), wird natürlich regelkonform gewürfelt.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Teylen am 10.09.2010 | 13:28
Mein Eindruck ist viel eher, dass "hier" "Spielstile", in denen sich Spielleiter nach Gutdünken* über Spielregeln hinwegsetzen, hier oftmals vorrangig als negativ dargestellt werden.
Imho wird alles abgedeckt was halbwegs in den Verdacht kommt Storyteller oder Erzaehlonkelei zu sei.
Und das ziemlich ruecksichtslos dem gegenueber woran die Gruppe da gedenkt Spass zu haben, weil wenn sie nicht auf die einzig wahre, durchreglementierte Art und Weise spielen und gefaelligst Spass haben sind sie BESCHEISSER und schlimmeres.

Zitat
*d.h. spontan, während des laufenden Spiels, ohne Gruppenabsprache, ohne vereinbarte Hausregelung, ohne dauerhafte Festlegung
Wenn es eine vereinbarte oder dauerhafte Hausregel waere, waere es doch ein simulationistischer Stil.
Jede Gruppe hat ex-/implizite Gruppenabsprachen.
Naja und wann anders als waehrend des Spiels sollte man handwedeln?  wtf?
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: El God am 10.09.2010 | 13:33
Da nicht ganz on topic:

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Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Humpty Dumpty am 10.09.2010 | 14:00
Kann sein, dass ich das jetzt falsch verstehe, aber fällt dann nicht jede Spielleiterentscheidung (außer strikter Regelanwendung) unter den Begriff "Handwedeln", was den Sinn einer Klassifizierung unterläuft?
Ja und nein.

Ja, weil: Nach meiner Erfahrung tritt Handwedelei tatsächlich zumeist dort auf, wo es keine konkreten Regeln gibt. Durch Handwedeln wird dann aus dem Stehgreif eine Regel improvisiert. Die meisten mir bekannten Gruppen handhaben es so, dass in der jeweiligen Situation der SL die Lösung vorgibt und am Ende des Abends kurz darüber diskutiert wird, ob das zukünftig so beibehalten oder doch lieber verändert werden soll.

Nein, weil: Wie Wulfhelm nach meiner Ansicht zu recht anmerkt, greifen SL auch dann häufig zu Handwedelei, wenn die regelseitig eigentlich korrekte Behandlung eher unwichtigerer Aktivitäten oder Phänomene zugunsten eines plausiblen Schnellverfahrens abgekürzt werden soll.

Ansonsten hatte ich bislang immer angenommen, dass der Begriff etymologisch der Geste eines Abwinkens entstammt. Solche Handbewegungen verbinde ich damit, wenn etwas über den Daumen gepeilt werden soll im Sinne von "Jo, das passt so ungefähr". Unternehmensberater und so nennen sowas gerne "Quick & Dirty", habe ich mir sagen lassen.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Oberkampf am 10.09.2010 | 20:12
Ja, weil: Nach meiner Erfahrung tritt Handwedelei tatsächlich zumeist dort auf, wo es keine konkreten Regeln gibt. Durch Handwedeln wird dann aus dem Stehgreif eine Regel improvisiert. Die meisten mir bekannten Gruppen handhaben es so, dass in der jeweiligen Situation der SL die Lösung vorgibt und am Ende des Abends kurz darüber diskutiert wird, ob das zukünftig so beibehalten oder doch lieber verändert werden soll.

Genau das würde ich eher als eine "normale" Spielleiterentscheidung aufgrund der in so gut wie jedem System auftretenden Regelgrenzen ansehen. Gewissermaßen gehört das für mich zur "Schiedsrichterfunktion" des Spielleiters, nicht zur "Spielmacher-" oder "Autorenfunktion". Das ist eben die Sache, wo eine Hausregel entsteht, die in der Gruppe irgendwie vereinbart und auf Dauer angelegt wird. Von solchen SL-Entscheidungen hätte ich Handwedeln gern unterschieden.

Nein, weil: Wie Wulfhelm nach meiner Ansicht zu recht anmerkt, greifen SL auch dann häufig zu Handwedelei, wenn die regelseitig eigentlich korrekte Behandlung eher unwichtigerer Aktivitäten oder Phänomene zugunsten eines plausiblen Schnellverfahrens abgekürzt werden soll.

Hier stimme ich voll zu, sowas würde ich ebenfalls sofort als Handwedeln qualifizieren. Das muss ja nicht schlecht sein, denn manchmal hat eben die zügige Abhandlung einer von allen betroffenen Spielern als unwichtige und langweilige Nebenangelegenheit eingestuften Spielhandlung Vorrang vor der regelkonformen und konsequenten Abhandlung, die viel Spielzeit kostet (sage sogar ich als Regelfan). Ein lachhafter Kampf, dessen Sieger zu annähernd 100% feststeht, der aufgrund eines langsamen Kampfsystemes aber 1h Spielzeit kosten würde - da ist Handwedeln (=Hinwegsetzen über vorhandene Regeln) eine echte, sinnvolle Alternative.

Ein gutes Erkennungsmerkmal für Handwedeln (wenn auch nicht das einzige) ist die Vermeidung eines Würfelwurfes.
Ob eine Spielleiterentscheidung Handwedeln ist, ist für mich eine andere Frage als die, ob Handwedeln "böse" ist.

Wenn ein Resultat völlig unabhängig von Spieleraktionen ist (z.B. der Kampf zweier NSCs, der nicht von den Spielern ausgelöst wurde), ist Handwedeln für mich vertretbar. Wenn ein Resultat fast 100% sicher ist und keinem Spielercharakter schadet, ist Handwedeln vertretbar (Kampf des Lvl 10 SC-Charakters gegen einen Lvl 1 Goblin). Wenn Handwedeln dagegen Spielerentscheidungen und/oder Charakterhandlungen unterläuft, ist Handwedeln für mich ein Spaßkiller.

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OT

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Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Bad Horse am 10.09.2010 | 22:53
Echt? "Handwedeln" ist genau die Geste, die ich mache, wenn ich als SL das jetzt nicht gewürfelt oder detailliert ausgestaltet brauche. (Meist wird dieses leicht unwillige Gewedel begleitet von einem Satz, in dem das Wort "irgendwie" vorkommt... "das geht schon irgendwie", "irgendwie kommt ihr da raus")
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Wulfhelm am 10.09.2010 | 23:33
Echt?
Da bin ich mir ziemlich sicher. Den Ausdruck gibt es im Englischen schon lange, und im Deutschen höre ich hier zum ersten Mal davon.
Ein ziemlich guter Indikator für die Bedeutung eines Begriffes oder Phänomens in einer Sprache ist immer: Gibt es einen Wikipedia-Artikel? Englisch "Handwaving": Ja. Deutsch "Handwedeln": Nein.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: scrandy am 11.09.2010 | 01:00
Danke schonmal für die vielen Antworten. Ich hatte nach der mageren Ausbeute nach Threadstart nicht mit so viel Antworten gerechnet.

Im allgemeinen bestätigt ihr eigentlich mein Bild. Ich habe ein paar nette Definitionen gehört. Viele von euch reden völlig am Ausgangspost vorbei und benutzen eben "Handwedeln" als Begriff für so ziemlich alles was mit Entscheidungen des SLs zusammenhängt. Und sogar diejenigen, die fleißig auf Regelarme oder Storyorientierte Spiele schimpfen, haben genau eben das getan und die klassischen Argumente abgelassen, obwohl mein eingangspost ja genau zur Diskussion gestellt hatte ob der Begriff mittlerweile zum Kampfbegriff geworden ist?

Danke für den Beweis!

Andererseits habe ich auch etwas über interessante Einsatzzwecke, real existierende Missbrauchsmöglichkeiten und die Ängste der Spieler erfahren. Danke für die Posts.

Ich persönlich nutze Handwedeln ausschließlich zum Abwickeln von nicht von den Regeln abgedeckten Dingen und zum Beschleunigen von uninteressanten Spielsituationen. Allerdnigs ist vieles, was hier als Handwedeln aufgeführt wird, für mich teil der Regeln.

Nur mal ein paar Beispiele:
- So ist es für mich völlig normal, dass ich für NSCs nicht würfle sondern sie stattdessen entsprechend ihres Charakterprofils aggieren lasse. Maßstab ist ihr Profil und die Plausibilität. Nur wenn sie mit den SCs im direkten Wettstreit liegen, wird für sie gewürfelt.
- Elfen entkommen bei mir automatisch, wenn das so geplant ist: Denn wenn es so geplant ist, dann war es nie als Herausforderung für die Spieler vorgesehen. Ist es klar, dass die Elfe entkommt, dann sollte man den Spielern auch nicht unnötig vormachen, dass sie eine Chance hätten. Ansonsten können "Elfen" auch automatisch entkommen.
- Die Wüstenszene ist für mich auch völlig Regelkonform, da der SL jederzeit einen Szenenanfang (ankunft nach der Wüste) festlegen kann (inclusive Verletzungen und anderen Veränderungen an den Charakteren) solange die Spieler diese Veränderungen als Herausforderungen gestellt bekommen und diese in der selben Sitzung rückstandslos überwinden können, wenn sie erfolgreich sind. Wäre das nicht so, so würde ich meinen Spielern viele Interessante Spielsituationen rauben.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Tourist am 11.09.2010 | 14:23
Zitat
Ist es klar, dass die Elfe entkommt, dann sollte man den Spielern auch nicht unnötig vormachen, dass sie eine Chance hätten. Ansonsten können "Elfen" auch automatisch entkommen.

Das "Elfen" immer entkommen kommunizierst du über den Gruppenvertrag ? Oder wie ?
Und wie erkennen die Spieler dann im laufenden Spiel "Elfen" ?

Sorry dass OT aber das würde ich zu gerne wissen, da kann ich mir hoffentlich was abschauen.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Wulfhelm am 11.09.2010 | 14:45
- Elfen entkommen bei mir automatisch, wenn das so geplant ist: Denn wenn es so geplant ist, dann war es nie als Herausforderung für die Spieler vorgesehen. Ist es klar, dass die Elfe entkommt, dann sollte man den Spielern auch nicht unnötig vormachen, dass sie eine Chance hätten. Ansonsten können "Elfen" auch automatisch entkommen.
So etwas als Handwaving zu bezeichnen, führt natürlich dazu, dass Handwaving als negativ wahrgenommen wird. Das ist kein Handwaving, das ist einfach Willkür, Railroading oder wie auch immer.
Absicht und Zweck sind wichtig. Beim Handwaving ist das ein reibungsloser Ablauf. Bei Dir scheint mir das eher die Durchsetzung Deiner persönlichen Präferenzen zu sein.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: ErikErikson am 11.09.2010 | 14:57
Das ist doch nicht trennbar. Ich handwedele sehr oft, ich weiss wovon ich rede. Wenn bsp. der Spieler fragt: "Bekomm ich meine alte Söldnereinheit noch, oder ist die schon woanders in Sold?" Dann überleg ich mir erst, was mir lieber ist, anhand meiner Ziele. Und dann entscheide ich entsprechend. Was meine Ziele sind, das ist je nach SL völlig verschieden.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Naldantis am 11.09.2010 | 15:02
So etwas als Handwaving zu bezeichnen, führt natürlich dazu, dass Handwaving als negativ wahrgenommen wird. Das ist kein Handwaving, das ist einfach Willkür, Railroading oder wie auch immer.
Absicht und Zweck sind wichtig. Beim Handwaving ist das ein reibungsloser Ablauf. Bei Dir scheint mir das eher die Durchsetzung Deiner persönlichen Präferenzen zu sein.

Sehe ich auch so...
...wenn die "Elfen" entkommen, weil der vorgegebene Plot es so vorsieht, daß die PCs sie erst im Entkampf stellen können,  DANN ist es RR und fast immer EVIL.
Wenn sich der SL für die "Elfe" ein tolles Fluchtitem ausgedacht hat, das die PCs - so sie denn klever und schnell genug sind - erbeuten und selber nutzen können, dann ist das 'Handwedeln', okay und fair.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Wulfhelm am 11.09.2010 | 15:23
Das ist doch nicht trennbar.
Komisch, ich habe irgendwie das Gefühl, als hätte ich es gerade getrennt.
Was mir außerdem auffällt: Je öfter ich die eingedeutschte Version hörelese, desto bescheuerter klingtscheint sie.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: ErikErikson am 11.09.2010 | 15:34
Komisch, ich habe irgendwie das Gefühl, als hätte ich es gerade getrennt.
Was mir außerdem auffällt: Je öfter ich die eingedeutschte Version hörelese, desto bescheuerter klingtscheint sie.

Und wie trennst du? Reibungsloser Ablauf und Ablauf nach Präferenz des SL ist nicht sehr klar, finde ich. Aber ich erinnere nmich auch noch an die RR Debatte, wo RR aufgrund der mysteriösen Absicht des SL definiert wurde. Daher hab ich keine großen Erwartungen mehr.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Ein am 11.09.2010 | 17:17
Euer Denkfehler: Beim Handwaving geht es nicht um das Was, sondern um das Wie! Und damit kann es garnicht per se negativ sein, denn darunter fällt genau so das "Wie konnten die Elfen eigentlich entkommen? -- Ach, egal, sind sie halt." als auch das "Wie kann unser (der SCs) Taschenteleportationsgerät eigentlich funktionieren? -- Ach, egal, geht halt."

Und wer das nicht rallt, tut mir leid, hat keine Ahnung von dem Begriff, seiner Etymologie (er kommt aus der Mathematik/NW über die SciFi zu uns) und seiner Verwendung.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: ErikErikson am 11.09.2010 | 17:42
Ja und? Für wen genau soll das jetzt etwas neues sein?
Etwas gar nicht zu erläutern, ist doch kein Handwaving. 

Also ne aus dem Hut gezauberte, hahnebüchene Erklärung ist was signifikant anderes als gar keine Erklärung? Oder muss die Erklärung richtig gut und nachvollziehbar sein?
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Ein am 11.09.2010 | 17:49
Zitat
Etwas gar nicht zu erläutern, ist doch kein Handwaving. 
Natürlich, genau DAS ist Handwaving. Wie gesagt, tut mir leid, aber ihr laffert euch hier irgendwelchen Scheiß zusammen, der alles mögliche ist, aber KEIN Handwaving.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Wulfhelm am 11.09.2010 | 17:53
Natürlich, genau DAS ist Handwaving. Wie gesagt, tut mir leid,
Weißt Du, was mir leid tut? Dass ich auf Dein erstes Posting überhaupt geantwortet habe.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Vash the stampede am 11.09.2010 | 18:08
Die englische Wiki schreibt unter anderem zu handwaving:
Zitat
The term has come to be used in role-playing games  to describe actions and conversations that are quickly glossed over, rather than acted out in full according to the rules; This may be done to keep from bogging down the play of the game with time-consuming but minor technical details.

Quelle (http://en.wikipedia.org/wiki/Handwaving)

Demnach kann man Ein wohl zustimmen.

Und :mimimi:-Kommentare braucht man so oder so nicht. ;)
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Wulfhelm am 11.09.2010 | 18:10
Demnach kann man Ein wohl zustimmen.
Eigentlich nicht.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Vash the stampede am 11.09.2010 | 18:17
@Wulfhelm:
Danke das du deinen Beitrag editiert hast und nun nur noch meine Ansicht nicht teilst. Das ist schön. :d
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Funktionalist am 11.09.2010 | 18:57

Und wer das nicht rallt, tut mir leid, hat keine Ahnung von dem Begriff, seiner Etymologie (er kommt aus der Mathematik/NW über die SciFi zu uns) und seiner Verwendung.

Hu?
Was bezeichnet handwaving denn in den Naturwissenschaften?
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: ErikErikson am 11.09.2010 | 18:58
Na, die Lücken in der Gleichung.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Skele-Surtur am 11.09.2010 | 19:08
Ich kannte den Begriff "Handwedeln" bisher garnicht...
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Khouni am 11.09.2010 | 19:51
Ich kannte den Begriff "Handwedeln" bisher garnicht...
Ist für mich wie "Durchwinken", sieht zumindest gleich aus. Wedeln hat aber für mich noch dieses hektische "Ja, ja, weiter, ist ja schon gut, lasst mich in Ruhe".
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Feuersänger am 11.09.2010 | 21:31
Oh, wie ich es bereue, einen Beitrag in diesem Thread verfasst zu haben. Alles, was zu dem Thema zu sagen war, wurde bereits auf der ersten Seite gesagt.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: Bad Horse am 11.09.2010 | 21:37
Oh, wie ich es bereue, einen Beitrag in diesem Thread verfasst zu haben. Alles, was zu dem Thema zu sagen war, wurde bereits auf der ersten Seite gesagt.

Und warum machst du dann die vierte auf?  :o

Ansonsten: Was Ein sagt. Und die Wikipedia.
Titel: Re: Handwedeln?
Beitrag von: scrandy am 11.09.2010 | 23:54
Oh, wie ich es bereue, einen Beitrag in diesem Thread verfasst zu haben. Alles, was zu dem Thema zu sagen war, wurde bereits auf der ersten Seite gesagt.
Seh ich allerdings auch so. Es tut mir auch leid, dass ich durch meinen Post, die Elfen-Debatte nochmal befeuert hatte.

Da die Diskussion wirklich nicht mehr sehr produktiv ist, mache ich hier mal dicht.