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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Ludovico am 23.11.2010 | 00:21

Titel: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Ludovico am 23.11.2010 | 00:21
Als Jörg D. und ich letzte Woche uns unterhielten, erzählte ich ihm von John Sinclair und auch, dass in dem RPG die Goldene Regel vorkommt und Railroading propagiert wird. Sein Kommentar darauf war, dass es dann schlecht designed sei. Bis vor kurzem war ich geneigt, ihm zuzustimmen, denn ich mag Railroading nicht und die Goldene Regel fand ich eine zeitlang auch eher überflüssig.

Aber dieser Kommentar hat mich dennoch beschäftigt und nachdem ich mal darüber nachgedacht habe, bin ich zu folgendem Schluß gekommen:
Es gibt keine schlechten Methoden und Komponenten wie etwa Railroading oder die Goldene Regel und somit kann ein RPG, was diese Dinge propagiert auch nicht schlecht designed sein.

Wieso behaupte ich das?
Der bekannteste Vertreter des Storytellung, der goldenen Regel und aller von "erleuchteten" Rollenspielern (ist nicht sarkastisch gemeint, mir fällt nur gerade kein besserer Begriff ein) verachteten Dinge ist DSA. Bei DSA wird zugunsten der Story geschummelt, Spieler sollen lt. Regelwerk gegängelt und bevormundet werden, wenn die Regeln nicht gut seien, soll man sie anpassen,...

Aber es ist erfolgreich. Und es ist nicht nur deshalb erfolgreich, weil die Spieler nichts anderes kennen (heutzutage hat fast jeder einen Computer und in den Spieleläden stehen auch andere Spiele, man kann sich in Foren über andere Werkzeuge informieren und teilweise gibt es ja auch Reformversuche in DSA-Foren), sondern weil sie es wollen. Natürlich sind das nicht alle. Zwart ist zum Beispiel eine tolle Ausnahme. Ebenso gibt es sicher auch Spieler, die DSA anders als von den Machern vorgegeben spielen.
Aber es gibt auch Leute, die spielen D&D, Shadowrun, World Of Darkness, ... wie DSA mit Railroading. An der goldenen Regel stören sie sich nicht, sondern wünschen sie sich sogar, wenn sie fehlt.

Es gibt da draußen eine signifikante Anzahl Spieler, die wollen, dass ihre Charaktere geführt werden, dass der SL an den Würfeln dreht, dass ihre Entscheidungen ggf. entwertet werden, dass zugunsten der Story Regeln gebrochen werden,...

Ich halte es für arrogant und vermessen, diese Spieler als unwissend oder verblendet zu bezeichnen, die so spielen. Warum ich sie nicht für unwissend halte, habe ich oben geschriebe und gegen das Argument "verblendet" spricht, dass es zu viele sind, wenn man den Erfolg von DSA betrachtet.

Vielmehr haben sie einen anderen Spielstil und für diesen Spielstil sind RPGs wie DSA geradezu geschaffen. Für diese Spieler gibt es Spiele, die Railroading, Spielergängelung, Goldene Regel und all jene Dinge beinhalten, die in Foren wie dem Tanelorn und den Blutschwertern verachtet werden, denn damit zu spielen, macht ihnen Spass.

Deshalb denke ich und finde ich, dass diese schlimmen Werkzeuge kein Anzeichen von schlechten RPG-Design sind.


Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Joerg.D am 23.11.2010 | 00:45
Du gehst das von der falschen Seite an und ziehst meine Behauptung in einen falschen Kontext.

Meine Aussage bedeutet nicht, dass die Spieler die die Spiele mit goldener Regel spielen oder der SL der damit leitet, keinen Spaß haben können, denn ich beziehe mich nicht auf den Spaß beim Spielen, sondern nur auf die Regeln.

Spaß ist das entscheidende Element im Rollenspiel und jeder soll das Spiel so spielen, dass es ihm Spaß macht.

Aber eine goldene Regel bedeutet für mich als Entwickler einfach, dass die Erschaffer ihren Job nicht richtig gemacht haben. Das Spiel bekommt es mit den zur Verfügung gestellten Regeln nicht hin, dass es Spiel so funktioniert wie die Entwickler es eigentlich wollen und damit sind sie für mich als Entwickler schlecht.

Mit Schlecht meine ich aber nur die Regeln und nicht die Leute die das Spiel spielen.

Das Ziel eines Entwicklers sollte es sein, ein Spiel zu entwickeln, dass das gewünschte Spielerlebnis mit den zur Verfügung gestellten Regeln ermöglicht. Goldene Regeln brechen die Realität des Spieles, um den SL zu seinem gewünschten Ergebnis kommen zu lassen. Dabei kann es bei sensitiven Spielern zu Unzufriedenheit kommen, weil ihre Weltsicht bricht, muss es aber nicht. Trotzdem ist ein Spiel was das Spielerlebnis mit Regeln hinbekommt für mich als Entwickler besser als eines, dass sich auf eine goldene Regel verlässt.

Für die Spieler ist es hingegen in der Regel egal, solange sie Spaß haben.

Fazit: Es ist egal, mit was für Mitteln eine Gruppe beim Spiel Spaß hat, aber es ist nicht egal, wenn einem ein System verkaufen will, dass man mit den Regeln etwas spielen kann und dann auf die goldene Regel zurückgreift um schlechtes Design zu überdecken.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Ludovico am 23.11.2010 | 00:48
Du gehst das von der falschen Seite an.

Meine Aussage bedeutet nicht, dass die Spieler die die Spiele spielen oder Der SL damit keinen Spaß haben können, denn ich beziehe mich nicht auf den Spaß beim Spielen, sondern nur auf die Regeln. Spaß ist das entscheidende Element im Rollenspiel und jeder soll das Spiel so spielen, dass es ihm Spaß macht.

Aber eine goldene Regel bedeutet, für mich als Entwickler einfach, dass die Erschaffer ihren Job nicht richtig gemacht haben. Das Spiel bekommt es mit den zur Verfügung gestellten Regeln nicht hin, dass das das Spiel so funktioniert wie sie es eigentlich wollen und damit sind sie für mich als Entwickler schlecht. Mit Schlecht meine ich aber nur die Regeln und nicht die Leute die das Spiel spielen.

Es ist egal, mit was für Mitteln eine Gruppe beim Spiel Spaß hat, aber es ist nicht egal, wenn einem ein System verkaufen will, dass man mit den Regeln etwas spielen kann und dann auf die goldene Regel zurückgreift um schlechtes Design zu überdecken.

Ich sehe das mittlerweile nicht mehr so, denn es gibt halt Spieler, die wollen, dass schnell bei einem komplexen Spielsystem eine Regel gebrochen wird, wenn sie der Story im Wege steht, die einem das Schrauben am System selbst erlaubt. Das kann vor allem bei den komplexen Systemen passieren. Aber auch bei den einfachen Systemen bin ich da mittlerweile lockerer, kriegen so gerade Anfänger Carte Blanche vom Designer sich weiterzuentwickeln und am System rumzudoktorn. Sie sagen quasi: "Bastel an mir, modifiziere mich."
Andere Systeme ohne diese Regel wirken auf mich teilweise wie Elektrogeräte, bloß dass auf ihnen kein Schild steht "Nur vom Fachmann öffnen und reparieren lassen, sonst Garantieverfall". Da gibt es dann halt im Forum zu hören, wenn es schlecht läuft "Selbst schuld!".
 
Bei einem System mit Goldener Regel kann ich mir auch vor Augen halten, dass es auch einen Markt für "Autos für Bastler" oder "Häuser für Heimwerker" gibt.

Von daher sehe ich u.a. die Goldene Regel als kein Anzeichen von Unsicherheit des Designers.

Aber es gibt ja noch andere schlimme Dinge wie etwa Railroading, Spielerkleinhalten und so., die, wenn sie in den Regelwerken auftauchen, in einem Board wie dem Tanelorn einen Schrei der Empörung verursachen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Joerg.D am 23.11.2010 | 00:51
Es geht mir bei meiner Aussage nicht um die Spieler sondern alleine um die Entwickler und das Spiel.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Naldantis am 23.11.2010 | 00:52
Naja, ...ich sehe das als fast schon klassischer Fall für die 90/10 Regel an:

mit 10% der Entwicklungsarbeit hat man 90% der Anforderungen erfüllt;
wer jetzt Perfektionist ist oder schlicht zuviel Zeit hat, der kann die verbleibenden 90% Aufwand in die letzten 10% stecken, der Rest gibt den Spielern die goldene Regel und läßt es gut sein, geht zu nächsten Idee über...

...wobei RR hier IMHO nich zugehört, dann man kann es bei jedem System (zumindest wenn es einen SL gibt) einsetzten oder weglassen, und niemand benutzt es ausschließlich oder kommen ganz ohne aus (und wenn auch nur soweit, daß es nur einen Hook gibt).

Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Joerg.D am 23.11.2010 | 00:57
Es gibt einen Grund warum ein BMW besser ist als ein Dacia: Die Entwickler geben sich nicht mit 90% Leistung zufrieden.

Trotzdem gibt es Fans von beiden Autos. Das Problem ist für mich bloß, dass die schlechten Rollenspiele in der Regel genau so teuer sind wie die Guten.

Also kaufe ich doch lieber ein 100% Prozent Regelwerk für das Geld.

Aber das ist alles subjektiv.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 23.11.2010 | 01:09
Wenn ihr mit goldene Regel meint „wenn was nicht passt, ändert es“: Ich halte es für vermessen von einem Designer anzunehmen, dass er ein Spiel designen kann, das für jede Gruppe und jede Situation ohne Änderung perfekt ist.

Es sei denn, es lässt sich nur eine Situation damit spielen, wie z.B. beim Schach. Und selbst das hat seine Varianten  – habt ihr mal Maharadscha-Schach gespielt?

Als grundlegende Frage: Wer hat keine Hausregeln? Oder Regeln, die ignoriert werden? Oder um die sich einfach niemand kümmert?

Ein Designer gibt meiner Ansicht nach ein konsistentes Setting mit Regeln vor. Sobald das aber in die Hände einer Spielrunde fällt, wird es Teil dieser Runde und die Vorstellungen dieser Runde werden Teil des Settings – Vorstellungen, die kein Designer vorraussehen kann. Die Regeln haben sich diesen Vorstellungen zu beugen.

Etwas anderes ist es bei Con-Runden. Da muss zumindest soweit ein Konsens herrschen, dass die Charaktere aus einer Runde in einer anderen noch spielbar sind. Wenn es aber nur um die privaten Runden geht (und das ist bei gerade bei John Sinclair der Fall, da es in Abenteuern herausgebracht wird, so dass auf einer Con alle das gleiche erlebt hätten), dann sind die Regeln ein (hoffentlich) konsistentes Grundgerüst, das die Runde nach belieben anpassen kann – und sollte – damit es den Geschichten entspricht, die die Runde erleben will.

Rollenspiele bauen auf der Fantasie der Beteiligten auf und die Regeln bieten dieser Fantasie eine Physik. Wie bei Schulphysik gelten die Regeln aber nur, solange die Spieler im bekannten Bereich bleiben. Wenn die SL die Regeln nur bricht, um einen einfachen Strauchdieb entkommen zu lassen, ist das für mich als Spieler meist doof. Wenn die SL aber neue Regeldetails einführt – oder neue Magiesysteme o.ä. – oder mal eine Ausnahme macht, weil etwas passiert, das keinem am Tisch gefällt, dann finde ich das völlig unproblematisch.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Joerg.D am 23.11.2010 | 01:18
ArneBab, die goldene Regel ist dank White Wolf ausreichend definiert um als valide Diskussionsgrundlage genommen zu werden.

Bitte verfalle nicht in die neue Mode hier alles ständig neu zu definieren, sonder informiere dich über die goldene Regel und ihren Sinn, bevor du dich auf sie beziehst. Was Du meinst ist IMHO keine goldene Regel, sondern Hausregeln/Bricolage/gesunder Menschenverstand und erfolgt in der Regel im Einverständnis mit der Gruppe. Das sagt dein "wenn was nicht passt, ändert es" auch aus. Nicht "ändere es" im Singular an den SL, sondern "ändert es" im Plural an die Gruppe.

Danke
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 23.11.2010 | 01:30
ArneBab, die goldene Regel ist dank White Wolf ausreichend definiert um als valide Diskussionsgrundlage genommen zu werden.

Ich habe nicht ohne Grund gesagt, dass meine Antwort zutrifft, wenn sie bedeutet „wenn was nicht passt, ändert es“.

Damit wollte ich explizit auch sagen „wenn sie das nicht bedeutet, dann sagt das bitte“. Der Unterschied zwischen Singular und Plural ist doch eigentlich nur eine Frage der Kompetenzenverteilung.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: carthinius am 23.11.2010 | 01:35
Soweit ich weiß, ist die Goldene Regel "Der SL hat immer Recht" oder "Was der SL sagt, ist Gesetz".
Allerdings wäre ein explizites Ausschreiben der GR hier im Thread ein nettes Feature für die Mitdiskutierenden - das hat nix mit "Neudefinieren" zu tun, sondern eher mit tatsächlicher Unkenntnis der hier gemeinten Regel.

Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 23.11.2010 | 01:41
Das Ziel eines Entwicklers sollte es sein, ein Spiel zu entwickeln, dass das gewünschte Spielerlebnis mit den zur Verfügung gestellten Regeln ermöglicht.
Wenn das gewünschte Spielerlebnis sich am leichtesten erreichen läßt, indem man der Runde die nötige Freiheit einräumt (inklusive der Freiheit der Entscheidung, wann man sie nutzt und wann man auf Regelvorschläge eingeht), sehe ich allerdings keinen Grund, das nicht einfach zu tun.

Ich stimme also Ludovico zu: Es gibt keine "schlechten" Werkzeuge. Auch die "goldene Regel" ist nicht mehr und nicht weniger als ein Weg, ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen. Ob man das Ergebnis für sich selbst und die eigene Spielrunde überhaupt haben will, steht wie immer auf einem anderen Blatt.

Edit zur Formulierung der "Goldenen Regel": Der Originaltext liegt mir leider nicht vor, insofern kann ich mehr auf die schnelle nicht bieten als ein paar Zitate, die aber alle in dieselbe Richtung deuten und auch mit ArneBabs Version recht gut zusammenzupassen scheinen, oder irre ich da jetzt?
Gemäß Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Hunter:_The_Reckoning), ganz unten:
Zitat
Die – von den Spielmachern so genannte – „goldene Regel“ besagt jedoch, dass Regeln gezielt missachtet werden sollten, falls diese dem Erzählen einer guten Geschichte hinderlich sind.
Planetharry (http://planetharry.at/rpg/rpg_wod.htm) zitiert in Englisch:
Zitat
if the rules get in your way, then ignore or change them.
"The Core Mechanic" (http://www.thecoremechanic.com/2009/04/golden-rule.html) formuliert sie als:
Zitat
if a particular mechanic in their rules doesn't fit, a Storyteller has the right to alter it
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Falcon am 23.11.2010 | 02:50
@Topic: Ich würde dem grundsätzlich zustimmen, aber ich habe leider auch gleichzeitig die Realität kennen gelernt. Und die strotzt nur so vor Designern und Spielern, die nicht wissen, was sie tun.

Also nein, es gibt sie sehr wohl die objektiv schlechten Designs. Die kommen immer dann zu Tage, wenn die Mittel nicht die Ergebnisse produzieren, die von den Machern beworben werden.

In der Schlussfolgerung kann die goldene Regel gut sein, wenn man weiss, wie und wo man sie benutzen kann. Und das ist eben pure Theorie.

Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Ein am 23.11.2010 | 05:53
Ich stimme soweit zu, dass es keine schlechten Werkzeuge gibt.

Allerdings gibt es durchaus schlechtes Design, z.B. wenn das Produkt nicht das leisten kann, was es soll; oder wenn es nur in einem bestimmten Teil des offiziellen Wertebereich funktioniert; oder wenn die einzelnen Komponenten nicht aufeinander abgestimmt sind; oder wenn das Produkt schwer verständlich ist.

Bei DSA ist das Problem, dass es gleich mehrere dieser Ausschlusskriterien erfüllt. Dass sich der Kunde dennoch für DSA entscheidet, hat allerdings sicherlich ganz andere Gründe, wie z.B. Spielerverfügbarkeit oder fehlende Lust noch ein komplexes Regelwerk erlernen zu müssen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Maarzan am 23.11.2010 | 06:55
Ich sehe das mittlerweile nicht mehr so, denn es gibt halt Spieler, die wollen, dass schnell bei einem komplexen Spielsystem eine Regel gebrochen wird, wenn sie der Story im Wege steht, die einem das Schrauben am System selbst erlaubt. Das kann vor allem bei den komplexen Systemen passieren. Aber auch bei den einfachen Systemen bin ich da mittlerweile lockerer, kriegen so gerade Anfänger Carte Blanche vom Designer sich weiterzuentwickeln und am System rumzudoktorn. Sie sagen quasi: "Bastel an mir, modifiziere mich."
Andere Systeme ohne diese Regel wirken auf mich teilweise wie Elektrogeräte, bloß dass auf ihnen kein Schild steht "Nur vom Fachmann öffnen und reparieren lassen, sonst Garantieverfall". Da gibt es dann halt im Forum zu hören, wenn es schlecht läuft "Selbst schuld!".
 
Bei einem System mit Goldener Regel kann ich mir auch vor Augen halten, dass es auch einen Markt für "Autos für Bastler" oder "Häuser für Heimwerker" gibt.

Von daher sehe ich u.a. die Goldene Regel als kein Anzeichen von Unsicherheit des Designers.

Aber es gibt ja noch andere schlimme Dinge wie etwa Railroading, Spielerkleinhalten und so., die, wenn sie in den Regelwerken auftauchen, in einem Board wie dem Tanelorn einen Schrei der Empörung verursachen.


Die goldene Regel ist gerade kein Aufruf zum Basteln - da würden dann ja neue Regeln am Ende als Ergebnis stehen und sei es durch weglassen (und so auch typischerweise die folgende formelle Erklärung und Aufnahme in den Hausregelkreis) - sondern Aufruf zur Willkür eines einzelnen.

Ich kenne kein System, wo es wenn die Regeln nicht dem entsprechen, was die ausreichende Mehrheit der Gruppe für richtig hält, nicht Hausregeln geben würde.  Das ist dann aber das Ergebnis von einem Meinungsaustausch.  Wenn das gemeint wäre, ist die goldene Regel immer noch blöd, weil sie nur das missverständlich verquirlt, was eh usus ist.

Die goldene Regel wie ich sie kenen gibt aber einem einzelnen, meist dem SL, das Recht die qualifizierten Regeln außer Kraft zu setzen nach ihm nur persönlich zu bewertende externen Kriterien, in der Regel "bessere Story" und damit alle anderen vorherigen expliziten oder impliziten Absprachen zu unterlaufen.
Jetzt kann man sagen "das steht auch so in den Regeln", aber in der Art und Weise wie alles andere Geschriebene und das anständige soziale Miteinander unterlaufen wird, würde ich sagen, das ist die Entsprechung für eine sittenwidrige Klausel.

Was im Spiel dann als Railroading etc spürbar ist, wäre im Regelwerk ja erst einmal eine Technikbeschreibung. Der Knackpunkt dabei ist, ob das Regelwerk diese Technik und den dabei entstehende Spielstil eben auch transparent und ehrlich für die Beteiligten raus stellt und nicht unter einer Masse anderer Optionen, welche dann aber durch die folgende Entwertung ad absurdum geführt wird, begräbt.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.11.2010 | 08:14
Ich würde sagen, gerade bei DSA ist es so, dass die Regeln eigentlich nicht zum angezielten story-orientierten Spiel passen. Denn die Regeln sind derart gestrickt, dass sie (lediglich) versuchen, die Spielrealität zu simulieren. Das aber KANN niemals eine optimale Grundlage für story-orientiertes Spiel sein, weil eine solche Simulation keine Rücksicht auf die Bedingungen für eine gute Story nimmt; eine Simulation produziert einfach Ereignisse gemäß den zugrunde liegenden Mechanismen. Die Story stellt aber besondere Ansprüche an die Regeln bzw. die Spielrealität, sie braucht besondere Unterstützung für Protagonisten und Antagonisten, für Spannungsbögen und geskriptete Ereignisse usw., d.h. sie benötigt Fixpunkte in den Ereignissen, die aber in der Simulation nicht vorgesehen sind und folglich "überschrieben" werden. Jetzt sagt die goldene Regel: Wann immer das der Fall ist, verwerfe die Ergebnisse der Simulation und bestimme selbst das Ergebnis. Das ist kein ganz schlechter Ansatz, aber er ist eben willkürlich, weil die Simulation im Prinzip jederzeit , ja sogar vollständig, außer Kraft gesetzt werden kann.

Was also ist eine Simulation wert, die für sich konsistente Ereignisse produziert, die aber für das Spiel so nicht gewollt sind?

Insofern gibt es vielleicht keine schlechten Werkzeuge, aber es gibt falsche Werkzeuge - so als wolle man einen Nagel mit einer Säge in die Wand hauen. Eine Säge ist ein nützliches Werkzeug, kann aber die hier gewünschte Funktion nicht oder nur schlecht erfüllen.

Ich KANN weiterhin mit meiner Säge Nägel in die Wand kloppen, weil ich nunmal Nägel in der Wand brauche und keinen Hammer kaufen will. Oder ich kann mir einen Hammer kaufen und viel besser Nägel in die Wand kloppen. Oder ich mache etwas ganz anderes, wo ich keine Nägel brauche und verwende die Säge zum Sägen.

Warum der Erfolg? Ich glaube NICHT, dass es am Regelwerk liegt, sondern eher andere Gründe, nicht zuletzt in der Vermarktung, hat. Und es funktioniert ja grundsätzlich auch.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Crimson King am 23.11.2010 | 08:40
Jede Spielrunde verwendet die Goldene Regel. Da schadet es dann auch nix, wenn man sie ins Regelwerk schreibt.

Beim Railroading sieht das etwas anders aus. Ein gut designtes Spiel sollte ohne auskommen. Man kann sich dann ja immer noch dafür entscheiden.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 23.11.2010 | 08:56
Erster kleiner Einwurf, es gibt kein Railroading bei John Sinclair.
Damit es Railroading geben kann, müßte vorgesehen sein das die Spieler Freiheiten haben die ihnen dann genommen werden.
Ist es aber nach meinem Verständnis von Abenteuer Spiel nicht.

Ich halte die Goldene Regel nicht für schlecht, sondern für ein valides Gestaltungselement das Teil des Designs ist.
Wenn es eine Goldene Regel bei John Sinclair geben würde, würde ich dazu tendieren sie schlecht zu finden, da das Konzept zu mechanisch ist.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 23.11.2010 | 09:52
Die goldene Regel ist gerade kein Aufruf zum Basteln - da würden dann ja neue Regeln am Ende als Ergebnis stehen und sei es durch weglassen (und so auch typischerweise die folgende formelle Erklärung und Aufnahme in den Hausregelkreis) - sondern Aufruf zur Willkür eines einzelnen.
Ich bin noch dabei, herauszufinden, ob die Goldene Regel von einer zeitweiligen oder einer dauerhaften Änderung "spricht". Kennt jemand eine Version, aus der das klar hervorgeht? Denn die drei Zitate, die ich bisher gefunden habe, lassen diesen Aspekt ja offen. Eine Regel zu ändern oder zu "mißachten", kann sowohl eine kurzfristige Modifikation sein, die wieder "zurückgenommen" wird, wenn der Moment vorbei ist, wie auch eine langfristige.

Auch mit dem "eines Einzelnen" geht man zumundest über den zitierten Text hinaus: Die Regel bezieht sich, so wie sie in ihrer kurzen Form wiedergegeben wird, nicht nur auf den Spielleiter, sondern wäre im selben Text auch für eine Anwendung durch Spieler offen.
Allerdings kenne ich, wie schon geschrieben, den ursprünglichen Text nebst Kontext nicht und kann daher nicht sagen, ob es dort weiterführende Hinweise gibt.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Blizzard am 23.11.2010 | 12:04
Interessanter Thread.

Deshalb denke ich und finde ich, dass diese schlimmen Werkzeuge kein Anzeichen von schlechten RPG-Design sind.
Sehe ich ähnlich, zumal es darauf ankommt, wer diese Werkzeuge wie benutzt oder einsetzt. So ist z.B. Railroading für mich nicht automatisch zwingend ein schlechtes Werkzeug für das RPG-Design, sondern zunächst mal ein Werkzeug.

Jede Spielrunde verwendet die Goldene Regel. Da schadet es dann auch nix, wenn man sie ins Regelwerk schreibt.
Richtig. Man kann ja der Ansicht sein, dass die goldene Regel in Regelwerken überflüssig sei, oder dort nichts zu suchen habe, weil sie ein Zeichen für schlechtes RPG-Design sei. Legitime Ansicht, die ich jedoch nicht teile, gerade was den zweiten Punkt anbelangt. Denn das ist imho keine Schwäche der Entwickler, mit der sie versuchen, zu kaschieren, dass das Spiel nach der von ihnen angedachten Weise nicht gespielt werden kann (kann man so sehen;ich tue das nicht), sondern viel mehr ein Angebot an die Spieler da draussen, mit dem Spiel doch Spass haben zu können, wenn man ihn nach der von ihnen angedachten Weise eigentlich nicht haben würde-unabhängig davon, dass-wie CK schon sagt- eh jede Runde besagte Regel automatisch benutzt, da man es eh nie allen recht machen kann. Das wäre dann ja -etwas überspitzt formuliert-so, wie wenn sich jeder Bürger immer an alle Gesetze halten würde.

Zitat
Beim Railroading sieht das etwas anders aus. Ein gut designtes Spiel sollte ohne auskommen. Man kann sich dann ja immer noch dafür entscheiden.
Das kann man aber auch anders sehen: Ein gut designtes Spiel kann Railroading aufweisen-man kann sich ja dann immer noch dagegen entscheiden.

Ich habe zudem vor einiger Zeit mal hier im Forum eine Diskussion zur goldenen Regel  (http://tanelorn.net/index.php/topic,21901.0.html) angeregt.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Hr. Rabe am 23.11.2010 | 12:20
Im Grunde gebe ich dir recht; sehe ich das genauso: Wie andere Mechanismen, sind Dinge wie die 'goldene Regel' oder Railroading auch nur Spielmechanismen, die man im Design seines Regelwerkes einsetzen kann, um den gewünschten Spielstil zu unterstützen.

Aber:
Gerade die beiden genannten Mechanismen erfreuen sich (ich glaube nicht nur in diesem Forum) einer ziemlich wilden Undefiniertheit.
Das lässt sich auch in diesem Thread schön erkennen, Whitewolfs Interpretation der GR hin oder her.
Noch ungenauer als die Definition des Mechanismußes selbst, ist aber die Idee davon, welches Spielziel mit der GR den tatsächlich unterstützt werden kann und unter welchen Umständen.

Das zusammen mit der Tatsache, daß die GR zweifelsohne ein mächtiges Instrument ist (immerhin kann sie einen Großteil der Regeln des Systems unter bestimmten Situationen (je nach Auslegung) ändern oder außer Kraft setzen) sorgt meines Erachtens dafür, daß die GR in sehr vielen Fällen eben nicht gezielt eingesetzt wird, weil sie ein bestimmtes Spielelement unterstützen soll, sondern von faulen Designern gerne als goldener Hammer gesehen wird.

Daraus resultiert auch, daß man einem Regelwerk welches die GR utilisiert zumindest mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unterstellen kann, unausgereift zu sein.

Sprich: Ein Regelwerk, welches die GR sinnvoll anbringt und sie nicht zur Faulheitskaschierung verwendet, wird zwangsweise sehr genau definieren müßen, was im Kontext des vorliegenden System darunter verstanden werden soll und welches Spielelement dadurch unterstützt werden soll.

Gruß,
Hr. Rabe
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.11.2010 | 12:27
Jede Spielrunde verwendet die Goldene Regel.

Ist das so? Ich bezweifle das.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 23.11.2010 | 12:32
Ist das so? Ich bezweifle das.

Jede Rollenspielrunde interpretiert nach eigenem Gutdünken. Eine Tischrunde ist nicht so objektiv regeltreu wie ein Computerspiel.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Roland am 23.11.2010 | 12:33
Ich bin noch dabei, herauszufinden, ob die Goldene Regel von einer zeitweiligen oder einer dauerhaften Änderung "spricht". Kennt jemand eine Version, aus der das klar hervorgeht?

Da es recht viele Goldene Regeln gibt wirst Du wohl kein eindeutiges Ergebnis erhalten. Die von vielen bemängelten "goldenen Regeln"  sind meist recht allgemein formuliert, richten sich sich oft an den SL und ermächtigen ihn die Spielregeln außer acht zu lassen, wenn er es für richtig hält. In manchen Spielen/Systemen wird das nicht mal ausdrücklich gesagt, sondern kommt dann später als Anweisung in die Abenteuer, wo der SL aufgefordert wird, die Handlung zu manipulieren.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: El God am 23.11.2010 | 12:35
Jede Spielrunde verwendet die Goldene Regel.

Beweise!

(Ich bin da vermutlich ganz bei dir, aber ich will eine ausführlichere Erklärung)
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.11.2010 | 12:35
Jede Rollenspielrunde interpretiert nach eigenem Gutdünken. Eine Tischrunde ist nicht so objektiv regeltreu wie ein Computerspiel.

Eine Interpretation bzw. Regelauslegung ist aber keine Regelbeugung oder gar Missachtung(!).
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Jiba am 23.11.2010 | 13:10
Und selbst dann: Ich glaube kaum, dass keine Gruppe alle verfügbaren Regeln zu allen Zeiten in allen Spielsituationen anwendet... zumindest nicht bei den großen Systemen wie SR oder DSA.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 23.11.2010 | 13:18
Da es recht viele Goldene Regeln gibt wirst Du wohl kein eindeutiges Ergebnis erhalten.
In diesem Fall gibt es aber eine Art "Referenztext", der sich - wenn ich meine Internetauslese richtig gedeutet habe - in einem Regelwerk von White Wolf findet, und zwar vermutlich einem (dem ersten?) Band von "Hunter: The Reckoning". Solange (und sofern) man sich darauf einigen kann, zunächst einmal diesen Text für die Diskussion zugrundezulegen, gibt es keine Uneindeutigkeit. Es wäre allerdings sehr hilfreich, den Text und ggfs. erläuternde Hinweise aus dem Kontext zu haben.

Edit:
Jede Spielrunde verwendet die Goldene Regel.
Nein, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Gerade in dem Bereich, der "ARS gemäß der Definition von Settembrini" genannt werden kann, wäre die Goldene Regel selbstwidersprüchlich. Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es dort darum, daß Spielleiter und Spieler sich bemühen, unter Beachtung aller Regeln möglichst "gute" Ergebnisse zu erzielen. Die Beachtung der Regeln ist also ein Grundelement, aus dem sich der Spaß beim Spielen ergibt. In solchen Fällen kann ein Mißachten der Regeln nicht förderlich sein, weil es in dieser Spielweise ein Regelbruch und grundsätzlich unerwünscht ist.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: alexandro am 23.11.2010 | 13:30
Es wäre allerdings sehr hilfreich, den Text und ggfs. erläuternde Hinweise aus dem Kontext zu haben.
Biddeschön:
Zitat von: Vampire:the Masquerade
This is the most important rule of all, and the only real rule worth following: There are no rules. This game should be whatever you want it to be, whether that's a nearly diceless chronicle of in-character socialization or a long-running tactical campaign with each player controlling a small coterie of vampires. If the rules in this book interfere with your enjoyment of the game, change them. The world is far too big - it can't be reflected accurately in any set of inflexible rules. Think of this book as a collection of guidelines, suggested but not mandatory ways of capturing the World of Darkness in the format of a
game. You're the arbiter of what works best in your game, and you're free to use, alter, abuse or ignore these rules at your leisure.
Kontext (http://3faltigkeit.blogspot.com/2007/04/leicht-rantig-goldene-regel-ursprnge.html)

Klartext:
- jede Runde setzt einen anderen Fokus im Spiel.
- nicht jede Regel ist diesem Fokus zuträglich.
- man soll sich die Regeln aussuchen, welche den Fokus unterstützen
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: alexandro am 23.11.2010 | 13:34
Edit:Nein, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Gerade in dem Bereich, der "ARS gemäß der Definition von Settembrini" genannt werden kann, wäre die Goldene Regel selbstwidersprüchlich. Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es dort darum, daß Spielleiter und Spieler sich bemühen, unter Beachtung aller Regeln möglichst "gute" Ergebnisse zu erzielen. Die Beachtung der Regeln ist also ein Grundelement, aus dem sich der Spaß beim Spielen ergibt. In solchen Fällen kann ein Mißachten der Regeln nicht förderlich sein, weil es in dieser Spielweise ein Regelbruch und grundsätzlich unerwünscht ist.

Sie nennen es nicht so, aber die ARSler verwenden auch spontane Regelerweiterungen, ad-hoc SL-Regelungen oder Ignorieren von Regeln die keinen Sinn machen (auch ohne Konsultation mit den Spielern).
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Crimson King am 23.11.2010 | 14:06
Und selbst dann: Ich glaube kaum, dass keine Gruppe alle verfügbaren Regeln zu allen Zeiten in allen Spielsituationen anwendet... zumindest nicht bei den großen Systemen wie SR oder DSA.

Da steckt vermutlich ein Tippfehler drin. Eigentlich müsste das heißen:

Ich glaube kaum, dass jede Gruppe alle verfügbaren Regeln zu allen Zeiten in allen Spielsituationen anwendet... zumindest nicht bei den großen Systemen wie SR oder DSA.

Systeme, die auf Verhandeln setzen, nehmen wir mal raus. Tatsächlich kann man bei Spielen wie Fiasco oder Polaris davon ausgehen, dass die gut ohne irgend eine Anpassung oder das Weglassen durchzuspielen sind.

Einen Beweis für meine These (etwas schwächer formuliert: alle Runden, die im weiteren Sinne klassisches Rollenspiel betreiben, verwenden die Goldene Regel) zu erbringen, dürfte sich als problematisch erweisen. Ich versuche aber mal, meine Gedankengänge nachvollziehbar zu machen.

Die Goldene Regel ist kein Zwang. Sie besagt lediglich: wenn du etwas am Regelwerk ändern willst, dann darfst du das jederzeit machen. Selbst wenn man nichts ändert, verwendet man die Goldene Regel, solange man die Möglichkeit, jederzeit etwas zu ändern, grundsätzlich zulässt.

Der Gedanke kam mir während der Diskussion über die Rule of Cool und vergleichbare Dinge. Der Kern der Rule of Cule lautet: du darfst Regeln (der Spielwelt, nicht des Spiels) brechen, solange es die Suspension of Disbelief der Mitspieler nicht zerstört, und je cooler die Aktion ist, umso unwahrscheinlicher ist es, dass die Suspension of Disbelief eines Mitspielers zerstört wird. Da hört es aber nicht auf. Wenn ich Spielregeln (ohne "welt" in der Mitte) breche, und es die Suspension of Disbelief nicht zerstört, d.h. dass alle es akzeptieren, ist das offensichtlich auch ok. Genauer: es wird nicht nach den explizit bekannten Regeln gespielt, sondern es wird immer nach den Regeln gespielt, die alle zu akzeptieren bereit sind.

Mit anderen Worten: jeder Mitspieler darf immer alles tun, das alle anderen akzeptieren.

Dabei ist zu beachten, dass man, je weniger weiche Faktoren im Spiel sind, d.h. je taktischer und brettspieliger man spielt, je weniger Raum für freie Aktionen da ist, umso schneller sich jemand daran stört, dass man mal eine Probe weglässt. In dem Moment, in dem die Möglichkeiten nur noch von den Regeln vorgegeben werden und man seine Entscheidungen nur noch nach den Regeloptionen ausrichtet, verlässt man allerdings aus meiner Sicht das Rollenspiel und befindet sich in der Welt der Brettspiele.

Ich persönlich bezweifle auch, dass es eine ARS-Runde gibt, in der immer alles nach Regeln gespielt wird, d.h. z.B. man unterschlägt niemals eine Probe. Was macht man da eigentlich, wenn es für eine Handlung, die nach gesundem Menschenverstand plausibel und möglich ist, keine Regel gibt?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Blizzard am 23.11.2010 | 15:08
Gerade die beiden genannten Mechanismen erfreuen sich (ich glaube nicht nur in diesem Forum) einer ziemlich wilden Undefiniertheit.
Und genau hierdrin liegt der Hund (der Diskussion) begraben.

Was macht man da eigentlich, wenn es für eine Handlung, die nach gesundem Menschenverstand plausibel und möglich ist, keine Regel gibt?
Nun, da gibt es sicherlich mehrere Möglichkeiten, die man da(für) in Betracht ziehen kann. Bevor ich dies jedoch tue: Kannst du mal ein Beispiel für eine solche "ungeregelte" Handlung bringen?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: SeelenJägerTee am 23.11.2010 | 16:29
Ich kenne die Regelpassage auf die sich hier bezogen wird nicht, daher liegt meiner Aussage folgende Annahme zugrunde:
"Wenn es der Geschichte förderlich ist, dann ignoriere die Regeln."

Das kann man jetzt aber aggressiv oder moderat auslegen:
Aggressive Auslegung:
  Wenn ein SC dem Bösen Nekromanten durch einen krit. Treffer den gar aus macht, es aber geplant war, dass er dem Kampf entfliehen kann, so ignoriere man den Treffer (oder setze die HP des Nekromanten hoch oder .... tue irgendwas).

Milde Aulgegung:
  Nach Kampfregeln macht eine Waffe maximal 2w10 Shaden. Ein Charakter hat aber zwischen 25 und 50 Trefferpunkte, dies ist so, damit SC nicht nach einem Treffer zu Boden gehen.
Wenn man jetzt allerdings für ein Szenario einen Scharfschützen braucht, der einen NSC mit einem Schuss umnietet, so ignoriere man hier die Regel und löse das ähnlich einer Cutscene wie im PC-Spiel.


Es wäre u.U. denkbar, dass es einem Designer selbsverständlich erscheint dass man Auslegung 2 anwendet aber niemals 1 (weil er selber gar nicht auf die Idee gekommen wäre).
Jetzt will er die Regeln nicht mit extra Mookregeln belasten (die außerdem das Spielgefühl ändern) und auch nicht extra eine erklärende Passage schreiben, wie man verfahren soll, wenn man eine Abenteueridee hat, aber der Aufhänger regeltechnisch nicht herbeiführbar ist. Also setzt er die "goldene Regel" rein.

Anmerkung: Mir war die "Goldene Regel" allerdings als "Sei stets gerecht!" geläufig.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.11.2010 | 16:42
Ich glaube kaum, dass jede Gruppe alle verfügbaren Regeln zu allen Zeiten in allen Spielsituationen anwendet... zumindest nicht bei den großen Systemen wie SR oder DSA.

Man darf sich aber m.E. nicht darauf zurückziehen, um die GR als allgemein praktiziert zu erklären, denn das ist ein Trugschluss. Eine Regelanwendung erfolgt doch immer aktiv, nicht passiv. Insofern ist z.B. das fahrlässige Missachten von Regeln nicht gleichzeitig eine aktive Anwendung der GR. Es gibt einen großen Unterschied zwischen "oh, die Regel haben wir vergessen zu beachten" und "oh, die Regel ist blöd, die beachten wir nicht".

Die Goldene Regel ist kein Zwang. Sie besagt lediglich: wenn du etwas am Regelwerk ändern willst, dann darfst du das jederzeit machen. Selbst wenn man nichts ändert, verwendet man die Goldene Regel, solange man die Möglichkeit, jederzeit etwas zu ändern, grundsätzlich zulässt.

Der zweite Satz ist vor dem Hintergrund der aktiven Verwendung einer Regel sinnfrei. Zudem schränkst du ja selbst bereits ein: die Gruppe entscheidet sich bewusst dafür, Änderungen der Regeln zuzulassen. Eine Gruppe, die also beschlossen hat, den Regeln jederzeit zu folgen ohne sie zu ändern, dann jedoch mal eine Regel unabsichtlich vergisst, ändert dennoch nicht aktiv die geltenden Regeln, fällt also raus. Jetzt könnte man behaupten, es gäbe keine Gruppen, die die Regeln nicht bewusst verändern. Aus eigener Erfahrung kann ich dem jedoch widersprechen: es gibt sehr wohl Spieler und Gruppen, die keinerlei Regeländerungen haben wollen, selbst wenn sie dann mit "schlechten" Regeln spielen müssen.

Darüber hinaus: Regellücken zu "füllen" ist keine Änderung der Regeln in dem Sinne, sondern eine Ergänzung. Da sehe ich einen Unterschied.

Mit anderen Worten: jeder Mitspieler darf immer alles tun, das alle anderen akzeptieren.

Dabei ist zu beachten, dass man, je weniger weiche Faktoren im Spiel sind, d.h. je taktischer und brettspieliger man spielt, je weniger Raum für freie Aktionen da ist, umso schneller sich jemand daran stört, dass man mal eine Probe weglässt. In dem Moment, in dem die Möglichkeiten nur noch von den Regeln vorgegeben werden und man seine Entscheidungen nur noch nach den Regeloptionen ausrichtet, verlässt man allerdings aus meiner Sicht das Rollenspiel und befindet sich in der Welt der Brettspiele.

Zustimmung zum oberen Satz. Was nicht verboten wird, ist erlaubt. Zum dann folgenden Absatz kann ich dir aber nicht zustimmen. Zumal er einen Widerspruch enthält: Die GR stützt sich ja im Prinzip auf die Aussage, dass Regeln niemals perfekt sein können, und kaum alle denkbaren Spielereignisse und -vorlieben abbilden können, und es daher sinnvoll scheint, bei Abweichungen des Regelergebnisses vom gewünschten Ergebnis die Regel(n) zu ändern. WENN aber ein perfektes Regelsystem existieren würde, hätte es ja für alle diese gewünschten Ereignisse passende Regeln, d.h. alle Möglichkeiten werden von den Regeln erfasst. Diesen Fall erklärst du aber dann zum Brettspiel, womit du die GR als unausweichlich festlegst. Die Aussage "das perfekte Rollenspielsystem ist kein Rollenspiel mehr" ergibt aber in meinen Augen wenig Sinn.

Schließlich lehne ich die GR auch ab, weil sie in ihrer Existenz jedes Regelsystem untergräbt. Für "Mach es so, wie du willst" sind alle Regeln obsolet. Die Existenz ausgefeilter Regelsysteme zeigt aber doch, dass grundsätzlich Regeln erwünscht sind. Um aber die Fälle, wo Regeln im Weg sind, von solchen, wo Regeln erwünscht sind, zu trennen, liefert die GR keinerlei greifbares Kriterium. Eine Regel, die sagt "wende mich an!", zugleich aber sagt "wann du mich anwendest, musst du entscheiden!" ist m.E. wertlos. Außerdem torpediert die GR noch jede Art von Regelbalance, weil sie einfach sagt "Mach es, wie du willst". Bei sorgfälltig aufeinander abgestimmten Regeln ist das aber eine Aufforderung, das System einfach mal so aus dem Gleichgewicht zubringen. Das kann weder im Sinne der Autoren noch im Sinne der Spieler sein. Für ein solches System braucht es dann auch kein Design, keine Entwicklung, keine Tests, keine Mathematik usw., weil man sich diese Mühe sparen kann, sobald die GR angewendet wird und das getestete funktionierende System dadurch in ein ungetestetes und eventuell nicht funktionierendes System überführt.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Crimson King am 23.11.2010 | 16:50
Eine Gruppe, die also beschlossen hat, den Regeln jederzeit zu folgen ohne sie zu ändern, dann jedoch mal eine Regel unabsichtlich vergisst, ändert dennoch nicht aktiv die geltenden Regeln, fällt also raus.

Einer der zentralen Punkte, auf die ich hinaus wollte, ist, dass jede Gruppe bereit ist, Regeln zu ändern, hinzuzufügen oder zu missachten, auch wenn sie etwas anderes von sich behauptet.

Ein weiterer zentraler Punkt ist, dass kein Regelwerk vollständig ist (bzw. wenn es das ist, ist es kein Rollenspiel). Sobald ich etwas tue, das durch die Regeln nicht abgedeckt ist, muss ich sowieso eine Entscheidung darüber treffen, wie ich damit umgehe. Das muss man aber nicht unter Goldener Regel abdecken.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Maarzan am 23.11.2010 | 16:57
Das ist aber banal und schon immer so gehandhabt worden, alleine schon, weil die ersten Regeln halt noch sehr grob waren.

Also wäre die GR in der Form mehr als überflüssig und nur Verwiirung stiftend oder es steckt eben doch mehr dahinter.

Ich kenne die Regel auch nur mit Zusätzen wie "wenn es eine besere Geschichte ergibt" oder "DU darfst ändern, wenn es dem Spielspaß im Wege steht".
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.11.2010 | 17:34
Einer der zentralen Punkte, auf die ich hinaus wollte, ist, dass jede Gruppe bereit ist, Regeln zu ändern, hinzuzufügen oder zu missachten, auch wenn sie etwas anderes von sich behauptet.

Und woher nimmst du diese Gewissheit? Ich sage dir: ich kenne persönlich Spieler, die Regeländerungen grundsätzlich, d.h. aus Überzeugung ablehnen. Du kannst jetzt natürlich sagen, dass sie trotzdem Regeln ändern, den Beweis dafür wirst du wohl aber kaum erbringen können. Daher ist es für mich kein Fakt, sondern eine These.

Ein weiterer zentraler Punkt ist, dass kein Regelwerk vollständig ist (bzw. wenn es das ist, ist es kein Rollenspiel). Sobald ich etwas tue, das durch die Regeln nicht abgedeckt ist, muss ich sowieso eine Entscheidung darüber treffen, wie ich damit umgehe. Das muss man aber nicht unter Goldener Regel abdecken.

Also habe ich dich in dem Punkt korrekt verstanden: Je mehr Regeln, desto weniger Rollenspiel. Diese Aussage kann ich allerdings nicht verstehen, da Regeln und Rollenspiel für mich zwei völlig unabhängige Ebenen des Spiels sind. Das Rollenspiel wird m.E. durch die Entscheidungsfreiheit zwischen verschiedenen Optionen ermöglicht, wobei die Optionen derart vielfältig sind, dass sie das Gefühl von freier Hanldung vermitteln. Inwiefern die Optionen in Regeln gefasst sind, ist in meinen Augen für das Spielen der Rolle unerheblich.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 23.11.2010 | 17:51
@ Alexandro: Vielen Dank für das Zitat und den Link!
Nur eine Frage hat er mir noch nicht beantwortet: Wer ist "you": der Spielleiter als einzelner, ein Mitspieler oder die ganze Gruppe als Gemeinschaft?

Für "Mach es so, wie du willst" sind alle Regeln obsolet.
Sie sind als "nur bei Strafe zu brechenden Gesetze" obsolet. Aber sie behalten ihren orientierungsgebenden Charakter und ihre intuitions-, imaginations- und inspirationsansregende Funktion, bieten also noch viele Vorteile.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: AceOfDice am 23.11.2010 | 18:18
Zurückkommend auf das Eingangsposting finde ich, dass Railroading und andere Dinge, die einem Spieler gefallen und einem anderen nicht, per se keine Schwächen sein müssen. Die können genauso gut Stilmittel sein, oder der Designer hat sich einfach auf eine Art, sein Ding zu positionieren, konzentriert. Was nach hinten losgehen kann (spätestens bei Markteinführung, weil die Leute es durchschauen), ist, wenn das Spiel so eng gestrickt ist, dass es "Stilmittel XY" braucht, um zu funktionieren.

Auf die goldene Regel bezogen, würde ich meinen, der Zusammenhang ist entscheidend: Ist das System z.B. ein crunchy-bit-System im Sinne Laws', das den Spielern tendenziell viel Macht gibt, dann könnte man eine Goldene Regel im Regelwerk als relativ deplaziert betrachten.
Auf Railroading bezogen: an sich wunderbar, wenn sich erzählerische Plots ergeben. Wenn die Plots aber "feste druff"-Plots sind, ist Ausrichtung auf Railroading vielleicht nicht die beste Wahl.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Blizzard am 23.11.2010 | 19:06
Ich sage dir: ich kenne persönlich Spieler, die Regeländerungen grundsätzlich, d.h. aus Überzeugung ablehnen.
Und was machen diese Spieler, wenn etwas nicht durch die Regeln offiziell abgedeckt wird? Hören die dann auf zu spielen?

Dann haben wir offensichtlich das Problem, dass es für Regeländerung wohl mehr als eine Ansicht/Definition gibt-ähnlich wie bei der goldenen Regel- was es etwas schwierig macht, diese Diskussion auf einer gemeinsamen Basis zu führen.

Zudem gewinne ich, je länger der Thread wird, immer mehr die Erkenntnis, dass es nicht eine goldene Regel sondern ein paar vergoldete Regeln gibt, die sich um den Titel der goldenen Regel streiten. ;)
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Falcon am 23.11.2010 | 19:21
Ich halte es für unmöglich, daß man ein Rollenspielbuch BY THE BOOK spielen kann. Jede Runde wird irgendwo Regeln ändern, erfinden, uminterpretieren oder weglassen.

Das liegt nicht unbedint an schlechtem Design (aber häufiger als es das nicht tut), sondern an der grundsätzlichen Fehlerhaftigkeit und Impotenz der Methode Rollenspiel, gegen die niemand etwas tun kann (so, wie man sich in einem PC ROllenspiel aufregen kann keine Freiheit zu haben, das wird sich nie ändern).

Aber je besser ein Rollenspielbuch mit dieser notwendigen Flexibilität umgeht, desto besser ist sein Design.


Das hat für mich aber alles nichts mit der goldenen Regel zu tun.
Erstaunlicherweise tritt das Thema ja immer wieder auf, fällt mir gerade auf (http://hochistgut.blogspot.com/2010/06/was-ist-los-mit-der-hausregelfeindlichk.html)
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Samael am 23.11.2010 | 19:28
Ich halte es für unmöglich, daß man ein Rollenspielbuch BY THE BOOK spielen kann. Jede Runde wird irgendwo Regeln ändern, erfinden, uminterpretieren oder weglassen.

Doch das geht.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: alexandro am 23.11.2010 | 19:42
@ Alexandro: Vielen Dank für das Zitat und den Link!
Nur eine Frage hat er mir noch nicht beantwortet: Wer ist "you": der Spielleiter als einzelner, ein Mitspieler oder die ganze Gruppe als Gemeinschaft?
Ich antworte dir im "Lanze für die WoD"-Thread.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.11.2010 | 22:56
Und was machen diese Spieler, wenn etwas nicht durch die Regeln offiziell abgedeckt wird? Hören die dann auf zu spielen?

Dann haben wir offensichtlich das Problem, dass es für Regeländerung wohl mehr als eine Ansicht/Definition gibt-ähnlich wie bei der goldenen Regel- was es etwas schwierig macht, diese Diskussion auf einer gemeinsamen Basis zu führen.

Zudem gewinne ich, je länger der Thread wird, immer mehr die Erkenntnis, dass es nicht eine goldene Regel sondern ein paar vergoldete Regeln gibt, die sich um den Titel der goldenen Regel streiten. ;)

Sie ergänzen die Regeln, idealerweise durch Analogie zu bestehenden Regeln. Wie ich schon schrieb, betrachte ich eine Ergänzung nicht in dem Sinne als Veränderung der Regeln. Darüber könnten wir jetzt sicherlich streiten, nur sehe ich darin keinen Nutzen. Insofern hast du Recht, dass es da (mal wieder) ein Definitionsproblem gibt. Ich räume daher ein, dass FALLS man eine Ergänzung als Änderung definiert, man tatsächlich kaum um eine Änderung herum kommt.  ;)

Ich bleibe jedoch dabei, dass man - eben mit Ausnahme der Ergänzung - die Regeln jedes Systrems unverändert benutzen kann.

Was die Goldene Regel betrifft, so habe ich mich seit Alexandros Beitrag, der sie wortwörtlich zitiert, auf den Wortlaut bezogen (der ja allgemein von Veränderung der Regeln spricht). Bisher hatte ich die GR allerdings auch anders verstanden, nämlich in dem Sinne, dass sie Regeln dann beugen oder ignorieren lässt, wenn es der Geschichte dienlich scheint.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Naldantis am 23.11.2010 | 23:15
Eine Regelanwendung erfolgt doch immer aktiv, nicht passiv. Insofern ist z.B. das fahrlässige Missachten von Regeln nicht gleichzeitig eine aktive Anwendung der GR.

?
PASSIVES Regelwissen leitet auch die Erwartung in die Spielwelt und die Schlüsse, die der Spieler/Charakter aus seinen Beobachtungen zieht.

Zitat
Eine Gruppe, die also beschlossen hat, den Regeln jederzeit zu folgen ohne sie zu ändern, dann jedoch mal eine Regel unabsichtlich vergisst, ändert dennoch nicht aktiv die geltenden Regeln, fällt also raus. Jetzt könnte man behaupten, es gäbe keine Gruppen, die die Regeln nicht bewusst verändern. Aus eigener Erfahrung kann ich dem jedoch widersprechen: es gibt sehr wohl Spieler und Gruppen, die keinerlei Regeländerungen haben wollen, selbst wenn sie dann mit "schlechten" Regeln spielen müssen.

Das glaube ich schlicht nicht, weil es voraussetzt, daß das Regelsystem die Spielwelt und ihre Ereignisse vollständig überdeckt, also lückenlos und ohne Brüche ist.
Wüßte ich gerne, welches Regelsystem das leisten soll, es sei denn man definiert Freeform als 'Regelsystem'.

Zitat
Darüber hinaus: Regellücken zu "füllen" ist keine Änderung der Regeln in dem Sinne, sondern eine Ergänzung. Da sehe ich einen Unterschied.

Okay, das klärt es...

Zitat
WENN aber ein perfektes Regelsystem existieren würde, hätte es ja für alle diese gewünschten Ereignisse passende Regeln, d.h. alle Möglichkeiten werden von den Regeln erfasst. Diesen Fall erklärst du aber dann zum Brettspiel, womit du die GR als unausweichlich festlegst. Die Aussage "das perfekte Rollenspielsystem ist kein Rollenspiel mehr" ergibt aber in meinen Augen wenig Sinn.

Ich würde es so formulieren, daß ein Spiel nur dann mit einem überschaubaren Regelsatz vollständig und lückenlos darzustellen ist, wenn es die Optionen der Spieler soweit einschränkt, daß es IMHO nach nicht mehr verdient, als Rollenspiel bezeichnet zu werden; es liegen doch WELTEN zwischen einem PC-Fürsten und dem König beim Schach.

Zitat
Schließlich lehne ich die GR auch ab, weil sie in ihrer Existenz jedes Regelsystem untergräbt. Für "Mach es so, wie du willst" sind alle Regeln obsolet. Die Existenz ausgefeilter Regelsysteme zeigt aber doch, dass grundsätzlich Regeln erwünscht sind. Um aber die Fälle, wo Regeln im Weg sind, von solchen, wo Regeln erwünscht sind, zu trennen, liefert die GR keinerlei greifbares Kriterium.

Naja, eben so greifbar wie z.B. die SCRUM-Regeln auch...
...wenn es die Beteiligten als notwendig erachten, dann nutzt man die Option, sonst auch.

Zitat
Für ein solches System braucht es dann auch kein Design, keine Entwicklung, keine Tests, keine Mathematik usw., weil man sich diese Mühe sparen kann, sobald die GR angewendet wird und das getestete funktionierende System dadurch in ein ungetestetes und eventuell nicht funktionierendes System überführt.

Oh doch, je ungetesteter das System ist, desto öfter muß die GR als Flickwerk oder Überbrückung dienen; aber kein System ist so perfekt und entspricht den Anforderungen der Nutzer so gut, daß sie nie benutzt würde.


Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Naldantis am 23.11.2010 | 23:23
Doch das geht.

Okay, es geht, solange man keine speziellen Anforderungen an die Resultate stellt...
...dummerweise spielt kaum eine Gruppe um genau dieses System Vanilla zu erlebne, sondern um ihre eigenen Vorstellungen zu erleben.
Und die Leute alle zur Anwendung kommenden Regeln aus dem Effeff fehlerfrei reproduzieren können, so daß keiner aus Zeitersparnis oder fehlenden Regelwerken eine Faustregel nutzt.
 
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Crimson King am 23.11.2010 | 23:32
Und woher nimmst du diese Gewissheit? Ich sage dir: ich kenne persönlich Spieler, die Regeländerungen grundsätzlich, d.h. aus Überzeugung ablehnen. Du kannst jetzt natürlich sagen, dass sie trotzdem Regeln ändern, den Beweis dafür wirst du wohl aber kaum erbringen können. Daher ist es für mich kein Fakt, sondern eine These.

Deshalb habe ich gesagt, das ist schwer zu beweisen. Die Nichtexistenz von etwas ist generell schwer zu beweisen.

Je mehr Regeln, desto weniger Rollenspiel. Diese Aussage kann ich allerdings nicht verstehen...

Die habe ich auch so nicht getroffen. Ich habe gesagt, je weniger Raum die harten Regeln einem lassen, umso weniger Rollenspiel hat man. Mit Descent hat man dann effektiv kein Rollenspiel mehr.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Ludovico am 23.11.2010 | 23:34
So, erstmal zur Ordnung rufen:
Leute, über Sinn und Unsinn der Goldenen Regel und auch anderer Sachen will ich hier gar nicht diskutieren. Wenn das jemanden interessiert, dann macht doch dafür einen neuen Thread auf aber bitte müllt das hier nicht zu.

@Schlachter
Ich gebe zu, dass ich falsch argumentiert habe und eine Sache verteidigen wollte, der ich wenn auch nicht ablehnend, so zumindest indifferent gegenüberstehe (sie macht gute Regeln nicht schlechter und schlechte Regeln nicht besser. Sie nimmt eher nur Platz weg.). Außerdem ein dickes Sorry dafür, dass ich Dich falsch verstanden habe. Ich dachte, Dein Kommentar bezieht sich nicht nur auf die GR.

Was ich Dich fragen möchte:
Angenommen, Du gehst in ein Forum eines Rollenspiels, dass diese Regel beinhaltet und beschwerst Dich über sie, so kriegst Du vor allem von den Spielern Gegenargumente. Dass dieses Tool Dich als Designer wurmt, verstehe ich, aber wie kommt es, dass ausgerechnet jene, für die Rollenspiele konzipiert werden, solch eine Regel verteidigen, wenn sie erstmal da ist?
In den jeweiligen Verlagsforen gibt es für die einzelnen RPGs nicht so viel Feuer, weshalb ich den Beissreflex ausschließen kann. Mangelnde Bildung will ich einer ungewissen aber meiner Meinung nach nicht gerade kleinen Zahl Rollenspieler nicht unterstellen, ebensowenig wie Desinformation angesichts des Internet-Zeitalters.
Indifferenz zum Hobby oder gar Faulheit halte ich angesichts der Zeit, die DSAler in das Studium des Regelwerks investieren, ebenso für unwahrscheinlich.

@All
Ich weiß jetzt nicht mehr, wer das schrieb, aber zur Klärung: Railroading, Spielerkleinhalten, etc. kann durchaus in ein Rollenspiel Einzug halten und zwar in den SL-Tipps. Hier wäre auch Kiesows Manifest, ein Hassrelikt für jeden ARSler, auch noch nennenswert.

Auch dass sich solche Rollenspiele verkaufen, weil halt vor allem dafür Gruppen vorhanden sind, glaube ich nicht. Es sind vor allem die SL, welche die Regelwerke anschaffen (darüber lasse ich auch nicht mit mir diskutieren). Entweder sie kaufen sie in Online-Shops oder in den normalen Fantasy-Läden. So oder so stehen andere RPGs daneben. Im Internet finden sich alternative Ansätze zum Spielen und Leiten. Wenn sie was neues einführen wollen, kriegen sie vor allem von den Spielern Gegenwind (behaupte ich mal), die weiter ihre alten Charakter auf die alte hier so verachtete Weise spielen wollen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Sixt am 24.11.2010 | 02:17
Der Grundaussage von Ludovico möchte ich von ganzem Herzen beipflichten: Auch und gerade Railroading, als prominentes Beispiel eines weithin verhassten Konzepts, hat Wert und Berechtigung. Man liest oft: "Jede Gruppe hat halt ihren eigenen Spielstil und muss ihren Weg finden." Ich würde sogar noch weiter gehen: Jedes Abenteuer kann seinen eigenen Stil haben und muss seinen eigenen Weg finden.
Das letzte längere Szenario, das ich mir ausgedacht und geleitet habe, war eine riesige Sandbox - Startsituation, massig Karteikarten, und los gings. Auf der anderen Seite haben vielleicht ein paar Leute mein Abenteuer "Soweit die Träume tragen" in der vorletzten Cthuloide Welten gelesen; das ist wahrscheinlich eine der gerailroadetsten deutschen RSP-Veröffentlichungen überhaupt. Und wisst ihr was? Das Spiel dieses Szenarios vor vielen Jahren ist bis heute für mich das Schönste, was ich je im Rollenspiel erlebt habe. Meine Spieler, die aus einigen meiner besten Freunde bestanden, wollten diesen Spielstil und wären über einen anderen enttäuscht gewesen. Sie haben die goldene Regel damals nicht akzeptiert, sondern gefordert.

Wenn ich einen Film anschaue, habe ich (außer ausschalten) überhaupt keine Einflussmöglichkeit auf die Story. Spiele ich in einem Theaterstück, kann ich meine Rolle unterschiedliche Prägungen geben, bin aber an das Stück gebunden. Warum sich dieses Kontinuum der partizipativen und erzählerischen Freiheit nicht durch verschiedene Spielstile im RSP bis zum Extrem einer durchweg simulatorischen Sandbox erstrecken kann, darf und sogar soll, ist mir ein Rätsel. Kino ist gut, Theaterspielen ist gut, railroaden ist gut, sandboxen ist gut. Wenn man es deshalb tut, weil man es will. Wenn man nur eine der vielen Ausprägungen erzählerischer Medien nutzt, verpasst man vielleicht etwas.
Oder, etwas prosaischer gesagt: Das in Foren und auf Cons zehn Jahre jüngere Leute rumlaufen, die mir als einem RSP-Autor erklären wollen, dass ich falsch rollenspiele - weil ich seit 1986 DSA geil finde, z.B. - nervt.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder) am 24.11.2010 | 04:17
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Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Maarzan am 24.11.2010 | 07:28
* zu Railroading gibt es denke ich genug Diskussionen um zu zeigen, dass die Meinung das wäre so schon OK als nicht unumstritten zu bezeichnen ist.

* Regeln sollen ja nicht primär einschränken, sondern den Spielraum in einer Art und Weise beschreiben und strukturieren, welche es mehreren Leuten in Relation einfach macht ihre Vorstellungen zumindest soweit zu koordinieren, dass sie gemeinsam darin spielen können, d.h. Situationen bewerten können und entsprechende qualifizierte Entscheidungen treffen.
Ein mehr an Regeln ist daher kein Widerspruch zum Rollenspiel, der liegt dann höchstens in der Qualität derselben. (oder der Fähigkeit des einzelnen Betreffenden diese Regeln zu verstehen und zu benutzen, jeder hat irgendwo ein Limit wie viel er mental verwalten kann oder will, die einen früher, die anderen später)

* Dass die goldene Regel nicht universell verpönt ist, glaube ich gerne,gibt es doch Leute welche dadurch die Möglichkeit sehen ihre Vorstellungen entgegen den eigentlichen Regeln durchzusetzen.
Wobei cih immer noch gern wüßte, wo dieses "Wenn es eine bessere Geschichte ergibt" bzw. " wenn es den Spielspaß(tm) fördert" herkommt, denn das ist meines erachtens der Knackpunkt, wo aus dem üblichen gemeinsamen Regeländern im mehr oder weniger Konsens die willkürliche Regeländerung kraft der Autorität eines äußeren Standards eingerissen ist.

* Man kann auch zu Unselbstständigkeit und Unterwerfung erzogen werden.

* Leute (d.h. primär Fans) verteidigen auch offensichtlichen Mist, solange es IHR Mist ist.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 24.11.2010 | 08:17
So, erstmal zur Ordnung rufen:
Leute, über Sinn und Unsinn der Goldenen Regel und auch anderer Sachen will ich hier gar nicht diskutieren. Wenn das jemanden interessiert, dann macht doch dafür einen neuen Thread auf aber bitte müllt das hier nicht zu.

Entschuldige, ich dachte, genau darum ginge es in diesem Thema: Mutmaßlich verpönte Werkzeuge zum/im "Regel-Design". Dann ist es doch sinnvoll, diese Werkzeuge auf ihren Nutzten abzuklopfen.

Dass dieses Tool Dich als Designer wurmt, verstehe ich, aber wie kommt es, dass ausgerechnet jene, für die Rollenspiele konzipiert werden, solch eine Regel verteidigen, wenn sie erstmal da ist?

Die Goldene Regel ist nach meiner Auffassung eigentlich keine Regel, sondern eine Anti-Regel:

Ich habe häufig das Gefühl, dass Rollenspieler im Allgemeinen erhebliche Bedenken und folglich eine große Abneigung gegen "Gängelung" haben und (viele bzw. differenzierte) Regeln sowie Railroading schnell als solche Empfinden. Insofern ist natürlich eine Goldene "Regel", die einem ein offiziell abgenicktes Tor zum Ausbruch aus diesen vermeintlichen Zwängen bietet, gefragt. Ich denke aber auch weiterhin, dass dies - wenn es zutrifft - eine Einstellungssache ist. Regeln allgemein und Railroading im Speziellen haben natürlich einen zwingenen Charakter, aber das sollte man nicht negativ betrachten, denn dieser "Zwang" ist vielmehr als Anleitung gemeint. Regeln, also Gesetzmäßigkeiten, sorgen, wenn sie nicht bloß mit dem Zweck der Unterdrückung aufgestellt sind, dafür, dass alle gleich behandelt werden und somit gleiche Chancen bekommen, das Spiel also fair bleibt. Selbst wenn einem die Regeln manchmal sinnlos erscheinen, erleidet doch jeder diese Sinnlosigkeit im gleichen Maße und keiner wird bevorteilt. Ein solcher Fall ist m.E. Railroading: Spielerfreiheiten werden über das Maß hinaus beschnitten, das Spieler sinnvoll finden; solange aber keine Ausnahmen gemacht werden, bleibt das Spiel dennoch fair UND das RR eröffnet dem Spielleiter bessere Kontrolle über die Ereignisse. Mehr Kontrolle bedeutet eben automatisch auf der Gegenseite mehr Einschränkung, d.h. "Gängelung". Das ist imo eine Polarität, so dass zwangsläufig mehr vom einen auch weniger vom anderen bedeutet. Kontrolle über die Geschichte und deren Verlauf konkuriert somit direkt mit Spielerfreiheit und jede Gruppe muss da ihr Optimum finden.
Die Goldene Regel ist gewissermaßen das Gegenteil von Railroading: ein Werkzeug für mehr Freiheit. Gleichzeitig finde ich die Regel aber problematisch, weil sie in diesem Kontext schnell zu UNGLEICHHEIT der Spieler führen kann, wenn sie nicht gleichmäßig für alle gilt. Das gilt natürlich für das Railroading auch, nur werden die beiden "Werkzeuge" meiner Erfahrung nach häufig auf verschiedenen Ebenen des Spiels angewendet: Railroading meist auf der Ebene der Spielwelt-Realität, die GR eben auf Regelebene*. Der letztere Fall kann imo das Spiel aber wesentlich schneller durch Ungleichbehandlung kippen, weil die Regeln präziser aufeinadner reagieren als die Spielweltrealitäten.

*Auf Spielwelt-Ebene entspräche dies dann wohl der "Rule of Cool": Brechen der Spielwelt-Wahrscheinlichkeit.

Auch dass sich solche Rollenspiele verkaufen, weil halt vor allem dafür Gruppen vorhanden sind, glaube ich nicht. Es sind vor allem die SL, welche die Regelwerke anschaffen (darüber lasse ich auch nicht mit mir diskutieren). Entweder sie kaufen sie in Online-Shops oder in den normalen Fantasy-Läden. So oder so stehen andere RPGs daneben. Im Internet finden sich alternative Ansätze zum Spielen und Leiten. Wenn sie was neues einführen wollen, kriegen sie vor allem von den Spielern Gegenwind (behaupte ich mal), die weiter ihre alten Charakter auf die alte hier so verachtete Weise spielen wollen.

Dem stimme ich zu, denn meine Erfahrung ist da ähnlich. Aber ich möchte mal von dem Gedanken wegführen, dass sich das "Beste", also das am besten designte Regelwerk, durchsetzten müsste: Man beobachtet auch auf anderen Märkten, dass sich nicht unbedingt das "Beste" durchsetzt (ich verweise da u.a. mal auf den Scart-Anschluss, zu dem es alternative Anschlüsse gibt, die bessere Ergebnisse erzielen. Dennoch hat sich Scart als Standard etabliert). Ob sich das immer im Preis niederschlägt, wage ich zu bezweifeln (allerdings bin ich auch kein Wirtschaftsexperte). Man denke dabei auch an die Wirkung von Markennamen. Gerade bei DSA kompensiert vermutlich allein der Name schon etliche eventuelle Schwächen im Design.

Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 24.11.2010 | 08:47
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Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Humpty Dumpty am 24.11.2010 | 08:49
Rollenspiel und Regeln stehen ganz allgemein in einem Spannungsverhältnis. Einerseits thematisiert und ermöglicht Rollenspiel das Aus- und Erleben exotischer Gedankenwelten. Andererseits bietet es dafür zugleich ein klar umrissenes Regelgerüst an, welches die Logik dieser Gedankenwelten vorgibt, dadurch aber zugleich auch begrenzt.

Wenn man beim Rollenspiel vor allem den Aspekt des Spiels betont, so ist das Regelgerüst zwingend zu beachten. Betont man hingegen den Aspekt freien Auslebens, so sind die Regeln eher als Handlungsrahmen zu interpretieren, welcher bei Bedarf abgestreift werden kann.

Unschön wird es, wenn anderen Leuten fälschlicher Weise unlautere Motive unterstellt werden. Das schwingt für mich in folgender Aussage mit:
* Dass die goldene Regel nicht universell verpönt ist, glaube ich gerne,gibt es doch Leute welche dadurch die Möglichkeit sehen ihre Vorstellungen entgegen den eigentlichen Regeln durchzusetzen.
Vielleicht verstehe ich das aber auch falsch. Globalisierte Betrugsvorwürfe ungeachtet der Spezifika einer Rollenspielrunde spielen in einer ähnlichen Unfugskategorie und sagen mehr über den Vorbringenden aus als über die dadurch Abgekanzelten.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 24.11.2010 | 09:06
Betont man hingegen den Aspekt freien Auslebens, so sind die Regeln eher als Handlungsrahmen zu interpretieren, welcher bei Bedarf abgestreift werden kann.

Ah, aber dann sollte man nicht von Regeln sprechen. Eine Regel hat in jedem Fall einen bindenden Charakter. Genau darin liegt ja ihr Zweck.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Humpty Dumpty am 24.11.2010 | 09:10
Ah, aber dann sollte man nicht von Regeln sprechen. Eine Regel hat in jedem Fall einen bindenden Charakter. Genau darin liegt ja ihr Zweck.
EDIT: Wird das nicht irgendwann Wortklauberei? Wie sonst sollte man Deiner Meinung nach die Regeln in einem Rollenspiel alternativ nennen?

Ansonsten: "Ausnahmen bestätigen die Regel" hat es doch sogar zum geflügelten Wort gebracht. Weshalb sollte das beim Rollenspiel in all seinen Formen anders sein? Sehe ich nicht. Zudem sind die verpönten Werkzeuge, allen voran goldene Regel und Railroading, ja ebenfalls Regeln, genauer Metaregeln. Man muss diese Werkzeuge in der eigenen Runde nicht einsetzen. Aber man darf das bei anderen Runden auch nicht global verurteilen, sonst macht man sich lächerlich.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Maarzan am 24.11.2010 | 09:17


Unschön wird es, wenn anderen Leuten fälschlicher Weise unlautere Motive unterstellt werden. Das schwingt für mich in folgender Aussage mit:Vielleicht verstehe ich das aber auch falsch. Globalisierte Betrugsvorwürfe ungeachtet der Spezifika einer Rollenspielrunde spielen in einer ähnlichen Unfugskategorie und sagen mehr über den Vorbringenden aus als über die dadurch Abgekanzelten.

Die Diskussionen und Streitfälle um die Goldene Regel, die ich in der Praxis erlebt habe waren eben Fälle, wo jemand entweder heimlich Dinge gedreht hat oder aber Regeländerungen gefordert hat mit dem Hinweis auf diese Autoritäten Spielspaß oder besserere Geschichte - mit der klaren Einstellung, dass die Meinung der anderen da eigentlich nichts zu sagen hat, weil Spaß umd Story höhere Autoritäten und durch die goldene Regel gedeckt sind.

Übliche Beispiele sind eben Railroading, aber auch Würfeldrehen, Charakterbogenmanipulationen oder auch das zum Teil offene Aushebeln von Charakterfähigkeiten (Ich lass mir doch die Story nicht kaputt machen) sowie Forderungen (nicht Vorschläge) von Spielern Regeln zu ändern, weil was ich Char da gerade gemacht hat doch so cool wäre, im Kino auch so läuft und die goldene Regel sagt, das soll man dann anpassen.

Wie gesagt, keiner sagt dass die Regeln in Stein gemeißelt sein müssen, aber den Unterschied, den ich in der Praxis gesehen habe ist, dass die Goldene Regel einigen Leuten die Idee gegeben hat, dass sie den Anspruch haben Änderung gegen den Rest der Gruppe durchzusetzen.

Für kooperative Regelanpassung oder gar eh notwendigen Ergänzungen hat es vorher auch nie eine goldene Regel gebracht.

Freies Ausleben endet da, wo es das Ausleben oder andere gleichberechtigte Interessen des nächsten Mitspielers berührt.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Humpty Dumpty am 24.11.2010 | 09:26
Das mag ja sein. In meinen inzwischen über 25 Jahren Rollenspielerfahrung und durch berufsbedingte Umzüge vielen, räumlich weit gestreuten Runden habe ich hingegen noch nie Idioten getroffen, die in der von Dir beschriebenen Weise agiert haben, weil ich bei der Auswahl der Runden sehr sorgfältig vorgegangen bin. Ich halte solche Negativerfahrungen entsprechend für ein Auswahlproblem bei den Mitspielern und bedeutend weniger für ein Strategieproblem der Herangehensweise und des Verständnisses von Rollenspielen.

Oder anders: je weniger bindend die Regeln sind, desto stärker ist die Sozialkompetenz und das Fingerspitzengefühl der Spieler gefragt. Hapert es da, können die Dinge schnell aus dem Ruder laufen. Das liegt dann aber auch vornehmlich an Defiziten der Spieler und nicht am Spielstil.

EDIT: Insofern stimme ich mit der Grundthese des Threads hier vollkommen überein, dass das Verpönen der üblich-verdächtigen Werkzeuge keine gute Idee ist. Stattdessen würde ich empfehlen, mehr Ressourcen in die Auswahl der Mitspieler zu investieren.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Boba Fett am 24.11.2010 | 09:32
Kurz meine Cents:

Doch, es gibt verpönte Werkzeuge.
Aber die Tatsache, dass ein Rollenspiel ein solches Element verwendet oder darauf verweist,
macht ein Rollenspiel noch lange nicht schlecht. Genauso macht die Tatsache, dass ein Rollenspiel ein einzelnes innovatives Element verwendet auch noch nicht gut.
Die Qualität eines Rollenspiels setzt sich aus vielen Komponenten und Kriterien zusammen.
Eine Komponente rauszupicken und darüber dann auf das Gesamtwerk zu urteilen ist sehr oberflächlich!
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Humpty Dumpty am 24.11.2010 | 09:36
Hm, das hast Du so elastisch formuliert, dass da eigentlich jeder zustimmen muss, Boba. Was genau meinst Du denn damit:
Doch, es gibt verpönte Werkzeuge.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 24.11.2010 | 09:39
Doch, es gibt verpönte Werkzeuge.
Welche denn?
(Ergänzung: Denn mir vielen aktuell keine ein)
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Hr. Rabe am 24.11.2010 | 09:46
Naja, verpönt sind sie schon. Verpönt bedeutet ja erstmal nur von der Gesellschaft, von anderen Menschen für schlecht gehalten, unerwünscht.

Allerdings habe ich die Threadaussage bisher eher so verstanden, daß es keine zurecht verpönten Werkzeuge gibt.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 24.11.2010 | 09:47
Wobei man sich dann fragen könnte ob es gänzlich unverpönte Werkzeuge gibt ^^
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Captain am 24.11.2010 | 10:25
vermutlich nicht
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 24.11.2010 | 10:34
EDIT: Wird das nicht irgendwann Wortklauberei?

Ganz entschieden: NEIN! Wenn ich "Regel" höre, denke ich nunmal an eine bindende Richtlinie. Wenn ich dann also mit der Gewissheit ans Spiel gehe, dass es verbindliche Regeln gibt, dann verlasse ich mich auf diese Regeln.

Alles andere ist vielleicht eine Empfehlung, eine Leitlinie oder vielleicht auch noch ein Standard.

Insofern ist die "Goldene Regel" für mich persönlich sinnlos und potenziell spielschädigend, also verpönt.

EDIT:
Aber man darf das bei anderen Runden auch nicht global verurteilen, sonst macht man sich lächerlich.

Ich wüsste nicht, wieso man sich dabei lächerlich macht. "Mach dich nicht lächerlich" ist ein ganz armes Argument, weil es nämlich eigentlich gar keines ist. Es geht hier ja gar nicht darum, Runden zu verurteilen, sondern die benutzten Regelwerke und das ist nur richtig so, denn um eine Aussage zu einem Regelwerk machen zu können, muss ich mir ja ein Urteil darüber bilden. Oder ist die Aussage: "euer Strom ist kein Öko-Strom; das verurteile ich" ebenfalls lächerlich?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Crimson King am 24.11.2010 | 11:03
Ganz entschieden: NEIN! Wenn ich "Regel" höre, denke ich nunmal an eine bindende Richtlinie.

Regeln können sich gegenseitig bedingen oder ausschließen, sie können mächtiger oder weniger mächtig sein. Die Goldene Regel ist genauso verbindlich wie alle anderen. Wenn die Rahmenbedingungen passen, kommt sie zur Anwendung. Fertig.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Deep One am 24.11.2010 | 11:29
Oder ist die Aussage: "euer Strom ist kein Öko-Strom; das verurteile ich" ebenfalls lächerlich?
Öh, joah. Was geht Dich mein Strom an?

Aber mal zur Ausgangsfrage. Gerailroaded wird nach meinem Empfinden eh, wenn der Spielleiter das möchte, ob er jetzt durch eine spezielle Regel dazu ermächtigt wird oder nicht. Und das Eisenbahnschienen pauschal schlecht sind, kann ich auch nicht sagen, z.T. sind sie, denke ich, für den
SL sogar sehr sinnvoll, um bei der Vorbereitung eines Abenteuers den Aufwand vertretbar gering zu halten. Als Beispiele fallen mir Detektiv- und Horrorabenteuer ein oder D&D4E, wenn der Fokus darauf liegt, einfach interessante Menschen an exotischen Schauplätzen umzubringen, sprich, wenn der DM bunte Battlemaps und fein Miniaturen vorbereitet. Besagter DM wäre nicht glücklich, wenn die Spieler ihm erzählten, dass sie eigentlich doch lieber nicht in den Dungeon der Düsternis gehen wollen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 24.11.2010 | 11:56
Also Railroading ist deswegen verpoent weil es kein Werkzeug ist sonder (fuer viele) den Missstand durch Beraubung von eigentlich vorhanden Freiheiten beschreibt.
Eine Geschichte auf Schienen zu fuehren ist hingegen ein Werkzeug das nicht zwingend qualitativ schlecht oder verpoent sein muss. Das heisst, just als Beispiel, die Abenteuerspiele setzen das Werkzeug der Schienen Gestaltung bewusst fuer den Spielspass der Gruppe ein. Es in dem Kontext als verpoent zu bezeichnen waere tendentiell engstirnig beziehungsweise thematisch das Ziel verfehlt.

Da die Goldene Regel keinen Missstand bezeichnet ist es m.E. noch weniger nachzuvollziehen wieso sie allgemeingueltig als verpoent zu betrachten sei.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Humpty Dumpty am 24.11.2010 | 12:09
@ Tudor: Erstens hat Crimson King nach meiner Ansicht recht. Konfligierende Regeln kommen immer wieder vor, da die Realität von Setting und Gruppenvertrag nicht vollständig abgebildet werden kann und die goldene Regel eine generalisierte Handhabe bei solchen Konflikten zur Verfügung stellt.

Ansonsten verlierst Du Dich da nach meiner Ansicht in Semantik:
Ganz entschieden: NEIN! Wenn ich "Regel" höre, denke ich nunmal an eine bindende Richtlinie. Wenn ich dann also mit der Gewissheit ans Spiel gehe, dass es verbindliche Regeln gibt, dann verlasse ich mich auf diese Regeln. Alles andere ist vielleicht eine Empfehlung, eine Leitlinie oder vielleicht auch noch ein Standard. Insofern ist die "Goldene Regel" für mich persönlich sinnlos und potenziell spielschädigend, also verpönt.
Üblicher Weise lautet die goldene Regel doch ungefähr so: bitte verstehen Sie die in diesem Buch präsentierten Regeln nicht als bindend, sondern eher als Leitlinien und Standards, die zumeist Gültigkeit besitzen, im Bedarfsfall jedoch absprachegemäß von SL oder Spielern verändert oder außer Kraft gesetzt werden können. Insofern orientiert sich die goldene Regel bereits genau an Deinen Vorstellungen und es erscheint mir entsprechend widersinnig, auf den Wortsinn von "Regel" zu pochen. Das greift einfach nicht.

Ich wüsste nicht, wieso man sich dabei lächerlich macht. "Mach dich nicht lächerlich" ist ein ganz armes Argument, weil es nämlich eigentlich gar keines ist. Es geht hier ja gar nicht darum, Runden zu verurteilen, sondern die benutzten Regelwerke und das ist nur richtig so, denn um eine Aussage zu einem Regelwerk machen zu können, muss ich mir ja ein Urteil darüber bilden.
Du kannst gerne die Aussage treffen, dass in Deiner Runde beispielsweise die goldene Regel ein unerwünschtes, also verpöntes Werkzeuge ist. Die Aussage, dass die goldene Regel generell zu verpönen sei, ist weder begründbar noch haltbar ist. Die goldene Regel mag bei einem bestimmten Ansatz und Anspruch von Rollenspielen zu verpönen sein, aber bei anderen Herangehensweisen ist das eben ganz offensichtlich nicht der Fall. Siehe die Ausführungen oben. Und deshalb macht man sich lächerlich, wenn man etwas anderes behauptet, da man nicht imstande ist, über die eigene Sichtweise hinaus auch andere Wahrnehmungen, Präferenzen und Spielrealitäten wahrzunehmen oder zu akzeptieren.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Joerg.D am 24.11.2010 | 12:16
Euch ist schon klar, dass es hier um RPG Design geht?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 24.11.2010 | 12:30
Das nahm ich an?
Ebenso wir mir gesagt wurde das in Bezug auf Railroading in Form "des auf Schienen gestellter Erfahrung einer Geschichte" es eine durchaus bewusste Design Entscheidung seitens Ulisses war Sinclair derart zu gestalten das es das Werkzeug anwendet und als primaeren Antriebsfaktor fuer das Spiel nutzt.

Aehnlich wie die Goldene Regel in Bezug auf das Vampire der alten World of Darkness ein imho mit bestimmender Designfaktor ist welcher dem Spiel zu popularitaet verhalf.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 24.11.2010 | 12:33
Also Railroading ist deswegen verpoent weil es kein Werkzeug ist sonder (fuer viele) den Missstand durch Beraubung von eigentlich vorhanden Freiheiten beschreibt.

Anders gesagt (und wie ich das Problem Railroading gegenüber der Technik Railroading sehe): Die SL hat eine Vorstellung davon, wie die Szene laufen soll, und drückt ihre Vorstellung durch, obwohl die Spieler das nicht wollen. Dabei ist eigentlich egal, ob sie sich im Rahmen der Regeln bewegt oder nicht (10 zusätzliche Orks sind immer schnell dazugeholt, denn der Hintergrund gehorcht meist der SL).
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Crimson King am 24.11.2010 | 12:34
Jup. Meine Wenigkeit versucht, zu verdeutlichen, dass die Goldene Regel kein Designfehler ist, da sie de facto nicht vermieden werden kann, ohne in Richtung Brettspiel abzudriften.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 24.11.2010 | 12:35
Ich habe versucht darzulegen, warum ICH die "Goldene Regel" (die imo eben gar keine Regel ist) ablehne, also verpöne. Ich habe nie für mich in Anspruch genommen, für eine Allgemeinheit der Spieler zu sprechen, daher verstehe ich den Vorwurf nicht... Es ist außerdem eher lächerlich zu behaupten, ich würde keine anderen Sichtweisen akzeptieren, weil ich ja nur meine eigene Sichtweise, also Meinung, vertrete. Das ergibt in einer Diskussion doch gar keinen Sinn, oder?  wtf? Selbstverständlich vertrete ich hier MEINE Sichtweise, und zwar solange, bis die Argumente anderer mich überzeugen (was sie bisher nicht tun).

Ich habe versucht darzulegen, warum ich bindende Regeln für wichtig halte und warum eine Aufweichung der Regeln durch Ausnahmen den Regeln ihren Zweck entzieht. Wenn das nicht überzeugend war, werde ich mich jetzt sicherlich nicht ereifern und euch alle "Ignoranten" nennen ;) Ich halte aber meine Sichtweise bisher noch immer für die überzeugende, also werde ich auch meine Meinung nicht ändern.  :P


Zitat
Ansonsten verlierst Du Dich da nach meiner Ansicht in Semantik

Kann sein. Wie zuvor schon festgestellt wurde, ist es schwierig, über etwas zu diskutieren, für das man gar keine gemeinsame Grundlage hat. Für mich ist ein Regelwerk per Definition bindend und daher macht eine sogenannte "Regel", die das aufweicht, nunmal wenig Sinn. "Weiche Regeln", also Leitlinien, halte ich generell für ein geordnetes Miteinander für problematisch, und zwar noch problematischer als völliges Fehlen solcher Leitlinien. Deshalb vertrete ich den Standpunkt: entweder harte Regeln oder gar keine.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Ansonsten halte ich es da mit dem Schlachter:

Zitat
Mit Schlecht meine ich aber nur die Regeln und nicht die Leute die das Spiel spielen.

Für die Spieler ist es hingegen in der Regel egal, solange sie Spaß haben.

(Edit: Den Schlächter zum Schlachter gemacht... Ordnung muss sein  ;))
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Joerg.D am 24.11.2010 | 12:37
Jup. Meine Wenigkeit versucht, zu verdeutlichen, dass die Goldene Regel kein Designfehler ist, da sie de facto nicht vermieden werden kann, ohne in Richtung Brettspiel abzudriften.

Ja, Spiele wie Dogs, Polaris oder Fiasko sind ja auch so brettspielig.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 24.11.2010 | 12:38
Ja, Spiel wie Dogs, Polaris oder Fiasko sind ja auch so brettspielig.

Bevor das unschön wird: Was bedeutet Brettspielig?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 24.11.2010 | 12:43
Jup. Meine Wenigkeit versucht, zu verdeutlichen, dass die Goldene Regel kein Designfehler ist, da sie de facto nicht vermieden werden kann, ohne in Richtung Brettspiel abzudriften.

(Hervorhebung von mir)

Und da habe ich dir widersprochen und tue es auch weiterhin. Ich kann nicht erkennen, dass ein Mehr an Regeln automatisch den Brettspielcharakter des Spiels steigert. Es sei denn, du verstehst jetzt unter "Brettspiel" etwas anderes als ich...
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Deep One am 24.11.2010 | 12:56
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Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Joerg.D am 24.11.2010 | 13:21
Naja, Figuren auf dem Brett ziehen, Meta erklären, was sie machen und würfeln.

Das was man D&D4 oder Savage Wolds immer vorwirft.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Crimson King am 24.11.2010 | 13:26
(Hervorhebung von mir)

Und da habe ich dir widersprochen und tue es auch weiterhin. Ich kann nicht erkennen, dass ein Mehr an Regeln automatisch den Brettspielcharakter des Spiels steigert. Es sei denn, du verstehst jetzt unter "Brettspiel" etwas anderes als ich...

Und ich habe schon einmal erklärt, dass es nicht die Menge an Regeln ist, sondern der immer kleiner werdende Bereich, der nicht durch harte Regeln abgedeckt ist und somit die Auswahl an Entscheidungsmöglichkeiten auf diejenigen einschränkt, die durch die Regeln vorgegeben sind, anstatt sie auf diejenigen auszudehnen, die explizit untersagt sind, und diesen dann auch Relevanz zuzugestehen.

Naja, Figuren auf dem Brett ziehen, Meta erklären, was sie machen und würfeln.

Das was man D&D4 oder Savage Wolds immer vorwirft.

Bei SW zumindest hat man schon ein gehöriges Maß an kreativen Möglichkeiten während des Kampfes. Bei D&D4 fehlt mir dann doch die Erfahrung mit dem System, um das beurteilen zu können.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 24.11.2010 | 13:31
Naja, Figuren auf dem Brett ziehen, Meta erklären, was sie machen und würfeln.

Nehmen wir an, statt Brett hätte jeder einen Eintrag auf seinem Charakterblatt „schon 4 von 8 Schritte auf seinem Weg erreicht“ und würde dann würfeln, ob er den 5. Schritt erreicht. Wenn es völlig egal wäre, was er außenrum beschreibt, und nur dieser eine Wurf zählen würde, wäre es dann auch brettspielig?

⇒ Brettspielig = Trennung von Vorstellung und Regeln?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Captain am 24.11.2010 | 13:51
Gehört zu etwas das den Verdacht erregt Brettspiel-artig zu sein nicht wenigstens ein Spielbrett (oder Derivat in Mattenform)?

⇒ Brettspielig = Trennung von Vorstellung und Regeln?
Wenns das wäre, wäre so ziemlich jedes Rollenspiel ein Brettspiel. Wushu z.B. propagiert ebenfalls recht heftig die Trennung von Spielgeschehen (Vorstellung) und Würfeln (Regeln). Gibts wirklich jemanden der ernsthaft annimmt daß dies ein Brettspiel sei?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Humpty Dumpty am 24.11.2010 | 14:00
Kurze Zusammenfassung der aus meiner Sicht zentralen Aussagen:

Es gibt da draußen eine signifikante Anzahl Spieler, die wollen, dass ihre Charaktere geführt werden, dass der SL an den Würfeln dreht, dass ihre Entscheidungen ggf. entwertet werden, dass zugunsten der Story Regeln gebrochen werden,...
[...]
Für diese Spieler gibt es Spiele, die Railroading, Spielergängelung, Goldene Regel und all jene Dinge beinhalten, die in Foren wie dem Tanelorn und den Blutschwertern verachtet werden, denn damit zu spielen, macht ihnen Spass.

Fazit: Es ist egal, mit was für Mitteln eine Gruppe beim Spiel Spaß hat, aber es ist nicht egal, wenn einem ein System verkaufen will, dass man mit den Regeln etwas spielen kann und dann auf die goldene Regel zurückgreift um schlechtes Design zu überdecken.[/size]

Rollenspiel und Regeln stehen ganz allgemein in einem Spannungsverhältnis. Einerseits thematisiert und ermöglicht Rollenspiel das Aus- und Erleben exotischer Gedankenwelten. Andererseits bietet es dafür zugleich ein klar umrissenes Regelgerüst an, welches die Logik dieser Gedankenwelten vorgibt, dadurch aber zugleich auch begrenzt.

Wenn man beim Rollenspiel vor allem den Aspekt des Spiels betont, so ist das Regelgerüst zwingend zu beachten. Betont man hingegen den Aspekt freien Auslebens, so sind die Regeln eher als Handlungsrahmen zu interpretieren, welcher bei Bedarf abgestreift werden kann.

@ Tudor: leider verstehst Du meinen Punkt nicht. Vielleicht liegts an mir. Ich gebe auf.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: alexandro am 24.11.2010 | 14:07
Brettspiel (nach meinem Verständnis): Es gibt eine endliche Zahl an Regeln, welche miteinander interagieren. Handlungen außerhalb dieser Regeln sind nicht möglich (man kann z.B. bei Monopoly nicht sagen "Ich kaufe mir am Nordbahnhof eine Fahrkarte und fahre zum Ostbahnhof" oder "Ich besteche den Wärter, damit er die Tür im Gefängnis offen" lässt).

Ebenso Tabletop (auch wenn dort die Regeln deutlich ausführlicher sind und weniger Lücken lassen).

Rollenspiel dagegen definiert sich durch eine (potentiell) unendliche Zahl an Regeln (was auch Spielabsprachen, "best practices" etc. einschließt, nicht nur Würfelprotokolle).
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Joerg.D am 24.11.2010 | 14:21
Gehört zu etwas das den Verdacht erregt Brettspiel-artig zu sein nicht wenigstens ein Spielbrett (oder Derivat in Mattenform)?
Wenns das wäre, wäre so ziemlich jedes Rollenspiel ein Brettspiel. Wushu z.B. propagiert ebenfalls recht heftig die Trennung von Spielgeschehen (Vorstellung) und Würfeln (Regeln). Gibts wirklich jemanden der ernsthaft annimmt daß dies ein Brettspiel sei?

Für mich gehört zu etwas was brettspieligem auf jeden Fall ein Brett oder eine Map und die strikte Nutzung der Bewegungsreichweiten und oder Geländemodifikationen.

WuShu ist für mich so gar nicht brettspielig, weil man im Rahmen der Narretiv Truth Fakten frei erfinden kann und das Gelände oder Bewegungen dominierend erst einmal Merkmale sind ,um mechanisch mehr Würfel zu bekommen. Der Stilfaktor oder der gemeinsame Vorstellungsraum, die durch die Merkmale unterstützt werden, sind IMHO eher nebensächlich.

Der entscheidende Faktor beim Rollenspiel sind für mich Regeln für soziales und damit dafür, wie mein Held seine Wünsche abseits des Kampfes durchsetzen kann.

Was neben dem Ausspielen der Situation für Erfolg oder Niederlage sorgt.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Drudenfusz am 24.11.2010 | 14:21
Bei SW zumindest hat man schon ein gehöriges Maß an kreativen Möglichkeiten während des Kampfes. Bei D&D4 fehlt mir dann doch die Erfahrung mit dem System, um das beurteilen zu können.
D&D4 auch, wird nur häufig von den Spielern verschenkt, weil sie aufhören über optionen nachzudenken die nicht auf ihren Powers stehen (ist also quasi ein Problem der Spieler und nicht des Regelwerks wie von einigen 4E Hassern gerne behauptet wird).
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Oberkampf am 24.11.2010 | 14:24

Bei SW zumindest hat man schon ein gehöriges Maß an kreativen Möglichkeiten während des Kampfes. Bei D&D4 fehlt mir dann doch die Erfahrung mit dem System, um das beurteilen zu können.

Jo, aber dieses gehörige Maß an Möglichkeiten wird durch die Regeln spielbar gemacht. Man kann im Kampf fast jede Aktion ansagen, die einem im Kopf rumspukt, und dann wird sie als Trick oder geistiges Duell gewertet, ausgewürfelt und mit klaren Konsequenzen versehen. Schlankes, aber vielfältiges und (trotzdem für Spieler) verlässliches Regelkorsett, das keine "Goldene Regel"* nötig hat. Schränkt meiner Meinung nach die Kreativität in keiner Weise ein, sondern fördert sie viel eher, weil ich als Spieler davon ausgehen kann, dass es eine Mechanik gibt, die meine Idee fair ins Spiel überträgt. Keine ellenlangen Diskussionen, keine Abhängigkeit vom Goodwill der SL.

Die "Goldene Regel" ist eine vielleicht unumgängliche Designschwäche, die bei einem extrem charismatischen und/oder durchsetzungsstarken SL und einer sehr homogenen Gruppe nicht auffallen mag. Je mehr man sich auf sie einlässt, desto stärker muss man eben auf eine starke Spieler- und SL-Auswahl achten.

Im Grunde sind auch im RPG Regeln/Regelmechaniken dazu da, Konflikte zu regulieren. Beide/alle Seiten eines Konflikts verlassen sich darauf, dass eine Entscheidung anhand unabhängiger, kodifizierter Regeln getroffen wird. Im Spiel werden von allen Mitspielern die Spielregeln beachtet. Die "Goldene Regel" hebelt diesen Mechanismus aus, weil sie einem Mitspieler die Kompetenz zuweist, Regeln zu brechen. Das klappt, wenn man den SL für unbestechlich, gerecht und über jeden Zweifel erhaben hält und der Überzeugung ist, dass dieser SL einzig aus seiner Phantasie heraus phänomenale Geschichten hervorbringt. Wenn man ihn als einen mitelmäßigen Geschichtenerzähler mit menschlichen Schwächen ansieht, erweist sich die Goldene Regel als ein Quell von Frustrationen.

Rollenspiel ist nunmal irgendwo in einem Niemandsland zwischen "Geschichte erzählen", "Theater schauspielern" und "Gesellschaftsspiel spielen" angesiedelt. Wenn man den "Gesellschaftsspiel"-Teil als geringwertig erachtet, (und sich dazu noch den Erzählteil nur als RR vorstellen kann) kann man gut mit der "Goldenen Regel" leben.

*Hier verstanden als ein Hinwegsetzen des SL über geltende Regeln während des Spiels; nicht die Anwendung gemeinsamer Hausregeln oder die Konsensfindung über eine Nichtanwendung bestimmter Regeln.

Nachtrag:

@alexandro:
meiner Meinung nach gibt es beim Rollenspiel eine unendliche Anzahl an Handlungsmöglichkeiten der Charaktere. Das muss aber nicht in eine unendliche Anzahl an Regeln münden. Beispiel oben: Savage Worlds: unheimlich viele Aktionen können unter die SW-Kampfregeln subsumiert werden.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: alexandro am 24.11.2010 | 14:53
@Tümpelritter: Auch jede konkrete Anwendung von"Mechanismus X (z.B. Tricks) kann für jede Aktion hergezogen werden, die irgendwie den Gegner benachteiligt" ist eine eigenständige Regel.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 24.11.2010 | 15:41
Im Grunde sind auch im RPG Regeln/Regelmechaniken dazu da, Konflikte zu regulieren. Beide/alle Seiten eines Konflikts verlassen sich darauf, dass eine Entscheidung anhand unabhängiger, kodifizierter Regeln getroffen wird. Im Spiel werden von allen Mitspielern die Spielregeln beachtet. Die "Goldene Regel" hebelt diesen Mechanismus aus, weil sie einem Mitspieler die Kompetenz zuweist, Regeln zu brechen. Das klappt, wenn man den SL für unbestechlich, gerecht und über jeden Zweifel erhaben hält und der Überzeugung ist, dass dieser SL einzig aus seiner Phantasie heraus phänomenale Geschichten hervorbringt. Wenn man ihn als einen mitelmäßigen Geschichtenerzähler mit menschlichen Schwächen ansieht, erweist sich die Goldene Regel als ein Quell von Frustrationen.

Da bin ich ganz deiner Meinung!

Zusätzlich mag ich noch anmerken, dass der Spielleiter auch nur ein Mensch und daher fehlbar ist.


PS:
@ Tudor: leider verstehst Du meinen Punkt nicht. Vielleicht liegts an mir. Ich gebe auf.

Schade, denn ich habe wirklich versucht, mich mit deinem (eurem) Standpunkt auseinanderzusetzen. Das mit dem Spannungsverhältnis, das du erwähnst, lässt mich vermuten, dass wir uns auf verschiedene Ebenen des Spiels beziehen. Aber ich bekomme es einfach nicht zu fassen.

EDIT: Als zentrale Aussage wäre imo noch Crimson Kings zu nennen: Die Goldene Regel ist unumgänglich.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Deep One am 24.11.2010 | 16:45
Ist die goldene Regel in "traditionellen" Systemen wie DSA, D&D &c nicht implizit eh vorhanden, auch wenn sie explizit möglicherweise nicht aufgeführt ist? - Im Unterschied dazu mag sie in Indie-Systemen unpassend sein; wenn der einzige Regelmechanismus ist, dass man bei "Kopf" die Erzählrechte für eine Szene oder weiß der Kuckuck was kriegt, wäre es natürlich kontraproduktiv, wenn der SL - so denn vorhanden - dann sagt "älläbätsch, goldene Regel, ich versuche hier, eine Geschichte zu erzählen!" - Dann hätten außerdem alle recht, das wär' doch fein. :)
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 24.11.2010 | 17:05
Wenn die Regeln eine Welt simulieren grob wie unsere, dann heisst die Regel ja eh immer: Wenns unklar ist, dann wie in er Realität. Das verwischt. In Indiespielen ohne diesen Anspruch brachts das nicht.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 24.11.2010 | 17:08
Mein Eindruck war bisher das Indie Spiele so wenig Regeln haben das eine Goldene Regel unnoetig ist.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 24.11.2010 | 17:23
Für mich gehört zu etwas was brettspieligem auf jeden Fall ein Brett oder eine Map und die strikte Nutzung der Bewegungsreichweiten und oder Geländemodifikationen.

Für mich gehört da vieles in eine gemeinsame brettspielige¹ Kategorie: Kniffel, Schach, Mensch ärgere dich, Siedler, Mau Mau, …

Es gibt strikte Regeln und kreative Lösungen sind explizit nicht gefragt (wobei Siedler mit seinem Verhandeln da schon ein Grenzfall ist). Ich stelle meine Bauern ab, um den Sumpf trockenzulegen, damit ich den besseren Weg zum Meer habe, ist im Rollenspiel eine tolle Idee – noch mehr, wenn man einen erfindungsreichen Charakter spielt. In Gesellschaftsspielen ist das unerwünscht.

¹: Vielleicht wäre gesellschaftsspielig dafür der bessere Ausdruck.

PS: Da ich das Gefühl habe, dass ich damit doch ein zu großes Fass aufmache, habe ich mal explizit einen Thread zur Frage aufgemacht, was eigentlich Rollenspiel und Brettspiele unterscheidet: http://tanelorn.net/index.php/topic,63666.0.html
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Naldantis am 25.11.2010 | 01:18
Anders gesagt (und wie ich das Problem Railroading gegenüber der Technik Railroading sehe): Die SL hat eine Vorstellung davon, wie die Szene laufen soll, und drückt ihre Vorstellung durch, obwohl die Spieler das nicht wollen. Dabei ist eigentlich egal, ob sie sich im Rahmen der Regeln bewegt oder nicht (10 zusätzliche Orks sind immer schnell dazugeholt, denn der Hintergrund gehorcht meist der SL).

Sicher, die Spieler haben ein Recht darauf, ihre Charaktere überhall hinzubewegen wo nicht los ist und Dinge zu tun, die völlig profan sind - weil sie in Ihrer Sandbox nicht den oder die Punkte treffen, an dem / denen der SL etwas vorbereitet hat, worauf hin dieser die Session nach 2h abbricht un verspricht, zu nächstem Monat etwas an dem Punkt vorzubereiten, auf den sie sich nun eingeschossen / geeinigt haben.

RR ist KEINE Regel und kein Mechanismus, sondern ein Verfahren, den Entscheidungsbaum, den Suchraum der Charaktere so einzugrenzen, daß vom SL nur noch ein überschaubarer VOrbereitungsaufwand zu treffen ist.

Ebenso ist die GR nicht im Strengen Sinne eine Regel, sondern ein Ausnahmeregelung oder eine Arbeitsanweisung, die dem SL angeraten ist, wenn er vor einer Regellücke, oder einem Widerspruch im System steht, oder die Antwort des Systems nicht den Anforderungen der Gurppe entsprechen.

Das ganz e ist halt ein SPIEL, ein FROSCHUNGSPROJEKT, und darum generieren solche Situationen (Regellücke, inakzeptables Resultat) keine überraschenden Einsichten sondern nur Frustration bei den Teilnehmern.
 
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Ludovico am 28.11.2010 | 01:11
Schade schade schade! Da ist man nur mal ein paar Tage weg und kann nicht posten und schon ist das Thema hinü.

Das ist Pech, Schipfels.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 28.11.2010 | 02:53
RR ist KEINE Regel und kein Mechanismus, sondern ein Verfahren, den Entscheidungsbaum, den Suchraum der Charaktere so einzugrenzen, daß vom SL nur noch ein überschaubarer VOrbereitungsaufwand zu treffen ist.

Es ist aber nur eine Möglichkeit dafür. Die Zweite ist Improvisieren.

Railroading ist dann ein Problem, wenn die Spieler eigentlich gerade etwas anderes wollen und sich eingeängt fühlen. Sollte das der Fall sein, kannst du ihnen als SL sagen: „Wenn ihr dahin gehen wollt, kann ich euch keine stark vorbereiteten Szenen bieten, sondern muss improvisieren. Wenn ihr das wollt, dann machen wir das.“

Allerdings kann man auch improvisierung teilweise vorbereiten. Es ist aber nichts, das jeder von Anfang an kann (und dadurch für ein Einsteigerwerk nicht wirklich geeignet).
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Voronesh am 28.11.2010 | 11:37
Wie schon oft angesprochen, möchte ich die Goldene Regel mit einem Gleichnis darbringen ^^. Nein ich bin kein Geisteswissenschaftler(könnte also schiefgehen).

Ich würde sie mit einer Monarchie oder Diktatur gleichsetzen. Es geht solange gut, wie der Monarch/Tyrann benevolent ist, und das Wohl der Gruppe im Sinn hat. Wenn dann auf einmal er selbst oder allein die Story wichtig werden, werden die SPieler leider zur humanen Ressource und damit potentiell spaßverlustig.

Spiele die nur auf "normalen" Regeln basieren fühlen sich wieder eher wie eine Demokratie an, jedoch eher der Teilaspekt, jeder kann die Regeln zum Guten oder Schlechten drehen wie er will. Bestes Beispiel der reiche Char, kann wie ein Superbanker vom Staat, Vorteile vom SL erpressen, da dieser ebenfalls an die Regeln gebunden ist.

Hat beides seine Vorteile, unterm Strich sollte unter Freunden das System am besten sein, was den meisten Spaß bietet. Hoffe ich doch, dass Freunde immer wohlgesonnen zueinander sind.


Das Ganze wie Jörg D. zu sehen halte ich jedoch auch für sehr berechtigt, da fast jedes RPG für 30-50 Euro daherkommt, und Kennenlernen for free für viele doch nur indirekt über Foren geht.

Und da muss stark getrennt werden, ob eine GR nun also i-Tüpfelchen für den SL gedacht ist, oder die Massen an Fehlentscheidungen im Regelkomplex vertuschen soll.

Im DSA3 kenn ich mich gut aus, und da kann einiges verdreht werden nach Lust und Belieben, und Regeltechnisch befindet man sich zwar in DSA am flufftechnisch hat man Aventurien schon lang verlassen. Aber naja DSA ist nun mal halt mein Prügelknabe, die Masse der dort vorhandenen SpielMeister die allzugerne Spieler gängeln tut sein übriges. (Im Beruf werden wir alle schon genug gegängelt warum im Hobby? Oder sind alle DSAler bloss einfach recihe Manage und ich hab was verpasst?)
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: carthinius am 28.11.2010 | 13:30
Darf ich nochmal den Hinweis anbringen, den auch schon Jörg und Ludovico (erfolglos) anbrachten? Es geht hier um das DESIGN des Spiels, nicht um das, was ihr dann am Spieltisch macht.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Ludovico am 28.11.2010 | 18:40
Darf ich nochmal den Hinweis anbringen, den auch schon Jörg und Ludovico (erfolglos) anbrachten? Es geht hier um das DESIGN des Spiels, nicht um das, was ihr dann am Spieltisch macht.

Ich denke mal, dass das in die Hose ging. Aber danke für den Versuch!

Schade, denn mich hätte schon interessiert, wieso Rollenspiele, die zumindest lt. Ansicht unserer Board-Entwickler entweder schlecht designed sind oder Elemente, die auf schlechtes Design schließen lassen, trotzdem erfolgreich sind und vor allem, wieso gerade diese Elemente auch stark verteidigt werden von jenen, für die diese RPGs gemacht werden - die Spieler.

Bedauerlicherweise konnte ich in den letzten Tagen hier nicht regelmäßig teilnehmen, so dass die Diskussion in eine Bahn gelaufen ist, die für mich vollkommen uninteressant ist.

Ich lasse den Thread noch ein paar Tage offen in der Hoffnung, dass noch im Sinne des Threadstartes interessante Beiträge folgen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: El God am 28.11.2010 | 18:51
Zitat
Schade, denn mich hätte schon interessiert, wieso Rollenspiele, die zumindest lt. Ansicht unserer Board-Entwickler entweder schlecht designed sind oder Elemente, die auf schlechtes Design schließen lassen, trotzdem erfolgreich sind und vor allem, wieso gerade diese Elemente auch stark verteidigt werden von jenen, für die diese RPGs gemacht werden - die Spieler.

Ich würde es mal anders herum angehen. Vielleicht erzeugt auch der Threadtitel Verwirrung. Ich sage: Es gibt verpönte Werkzeuge, weil sie in Spielen angewendet werden, die unter Designern einen generell schlechten Ruf haben. Aber es gibt keine wirklich schlechten Werkzeuge, weil ein komplettes Spiel eben mehr ist als die Summe seiner Teile. Zumindest ein gut gebautes Spiel. Bei schlecht gebauten Systemen sieht man einen Haufen Werkzeuge herumliegen, die aber nicht ineinandergreifen, dann treten ungünstige Designelemente natürlich besonders hervor und man gibt ihnen speziell die Schuld am "schlechten Design" des Spiels.

Soweit meine Theorie.

Edit: Und das Spieler eines Systems dessen Elemente verteidigen, ist ja recht simple Psychologie: Wer "mein" System runterputzt, greift auch mich an, also verteidige ich mich dadurch, dass ich Stellung für mein System beziehe.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 28.11.2010 | 19:23
Ich wage mal eine vorsichtige Deutung der Beobachtung:
An der goldenen Regel stören sie sich nicht, sondern wünschen sie sich sogar, wenn sie fehlt.

Es gibt da draußen eine signifikante Anzahl Spieler, die wollen, dass ihre Charaktere geführt werden, dass der SL an den Würfeln dreht, dass ihre Entscheidungen ggf. entwertet werden, dass zugunsten der Story Regeln gebrochen werden,...
Das liegt daran, daß gute, professionelle Spieler gute Regeln brauchen, aber schlechte, unfachmännische Spieler mit schlechten Regeln unter Umständen glücklicher werden. Im Tanelorn treffen sich Profis mit Fachleuten und engagierten Rollenspielern, und die brauchen gute Regeln. Regeln, nach denen das, was man tut, eine Bedeutung hat, solche, die anwendbar sind, um zwischen "so soll es sein" und "das geht nicht" zu unterscheiden helfen. Aber "da draußen" gibt es vermutlich viel mehr Leute, die Rollenspiel als Laien spielen.

Und die Mehrheit dieser Spieler spielt Rollenspiel dann eben wohl eher so, wie man mal mit Kumpeln spielt, nicht allzu hart und unter systematischer Mißachtung der "Turnierregeln". Da dürfen Entscheidungen zurückgenommen werden, werden Fehler einfach nicht gewertet, es gibt manche Begrenzungen gar nicht erst (etwa irgendwelche Linien, die man nicht übertreten dürfte) oder man "verzeiht" einen Lapsus, eine besonders knapp mißlungene Aktion wird wegen ihres besonderen Unterhaltungswerts als "gelungen" betrachtet... kurz, man spielt eben unter Freunden, und die Regeln sind mehr so Anhaltspunkte, wie es im perfekten Fall sein sollte, aber darum geht es ja nicht. Deutliches Zeichen dafür ist: Man spielt ohne Schiedsrichter. Für seine Funktion (die Überwachung der Regeltreue) gibt es ja gar keinen Bedarf.

Im Rollenspiel ist der Schiedsrichter aber mit weiteren Funktionen ausgestattet, d.h. es gibt ihn als Spielleiter. Darum gibt es für ihn die "Goldene Regel", die formal wiedergibt, was sonst das simple Weglassen des Schiedsrichters bringt: Wenn es doch Spaß macht, sollen die Regeln halt bleiben, wo der Pfeffer wächst. Darum ist sie toll: man muß keine Angst vor Fehlern haben, weil man sie ungeschehen machen kann oder einfach alle vorhanden Augen (nebst eventueller Hühneraugen, wenn's gar anders nicht geht) mal zugedrückt werden. In den Händen eines  "wohlwollender Alleinherrschers mit fast unbegrenzter Macht" hat man von ihr nichts zu fürchten, aber viel zu hoffen. Sie entspannt, ja, sie bietet sogar den Freiraum, die Regeln gar nicht erst exakt kennen zu müssen, sondern sich darauf zu verlassen, daß es mit dem, was angewendet wird, schon seine Richtigkeit haben wird. So unprofessionell zu spielen, treibt jemand, der in Wettbewerben antritt oder sich professionell mit dem Sport o.ä. befasst, natürlich wahlweise die Tränen in die Augen oder die Zornesröte ins Gesicht, aber ich glaube, die Gruppe, die auf der Wiese mit zwei hingeknäuelten Jacken "Volleyball" spielt, wird sich davon nicht sehr beeindrucken lassen. Denen reicht es, zu wissen, daß man den Ball nicht mit dem Fuß tritt, sondern nur mit den Händen auf die andere Seite bugsieren soll, und vielleicht noch, daß jede Seite nur dreimal (oder viermal... manchmal auch fünfmal, aber das nur ganz selten!) hintereinander darf, sonst war's falsch. Wenn man ein Netz hat, kann man sich vielleicht noch drauf einigen, daß "über das Netz drüber" besser ist als "unter dem Netz durch".

Ich vermute, daß es mit Railroading ähnlich ist. Gute Spieler, die sich aktiv mit einbringen, die eigene Vorschläge einbringen und selbst Handlungslinien entweickeln, wollen das natürlich nicht einfach untergebuttert sehen unter einer vorgefertigten Planung. Sie brauchen diese Vorplanung auch schlicht nicht, und wenn's eine gibt, kommt sie ihnen in die Quere: ganz schlecht!
Aber schlechte Spieler, die sich nicht trauen, die nicht wissen, wie's geht, die nicht so redegewandt sind oder einfach den Mund nicht aufkriegen, die zu lange nachdenken müssen, um gute Ideen zu haben... die sind einfach dankbar, wenn die Geschichte trotzdem läuft und sie mitmachen dürfen, so gut sie eben können, wenn ihre Ideenlosigkeit, falschen Ansätze und alle Unsicherheiten ausgeglichen werden, weil der Spielleiter sich um alles kümmern kann.


Ehm... ging das jetzt in die Richtung, die anfangs mal gedacht war? :-o
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: El God am 28.11.2010 | 19:40
Zitat
Das liegt daran, daß gute, professionelle Spieler gute Regeln brauchen, aber schlechte, unfachmännische Spieler mit schlechten Regeln unter Umständen glücklicher werden. Im Tanelorn treffen sich Profis mit Fachleuten und engagierten Rollenspielern, und die brauchen gute Regeln. Regeln, nach denen das, was man tut, eine Bedeutung hat, solche, die anwendbar sind, um zwischen "so soll es sein" und "das geht nicht" zu unterscheiden helfen. Aber "da draußen" gibt es vermutlich viel mehr Leute, die Rollenspiel als Laien spielen.

Gute und schlechte Spieler? Profis? Fachleute? Und dann sollen die auch noch unterschiedlich gute Regeln brauchen?

Edit: Entschärft.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Ein am 28.11.2010 | 20:00
Ich stimme Dolges Beitrag von der letzten Seite zu. Hatte das aber glaub ich auch schon früher gesagt, oder?

Ich denke ein Problem ist auch, dass viele garnicht wissen, was gutes Design ausmacht.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Und natürlich ist gutes Design eine Kunst. Viele Rollenspiele haben aber kein gutes Design. Ich würde sogar weiter behaupten, dass die wenigsten Rollenspiele ein gutes Design haben. Allerdings gewöhnen sich die Leute halt mit der Zeit an die Unzulänglichkeiten ihres Systems.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 28.11.2010 | 20:21
Ich wage mal eine vorsichtige Deutung der Beobachtung: Das liegt daran, daß gute, professionelle Spieler gute Regeln brauchen, aber schlechte, unfachmännische Spieler mit schlechten Regeln unter Umständen glücklicher werden.

Lass mich das mal provokativ umgekehrt beschreiben: Gute Spieler schaffen auch mit schlechten Regeln ein tolles Spiel. Schlechten Spielern ermöglicht ein gutes Regelwerk vielleicht trotz gruppeninternen Problemen Spaß im Spiel.

Leute, die sich mit Regelsystemen an sich befassen, haben allerdings unabhängig davon, ob sie „gute“ oder „schlechte“ Spieler sind, eigene Anforderungen an ein Regelwerk, je nachdem welchen Stil sie als ihren eigenen Stil gefunden haben.

Ein guter Spieler kann einer sein, der intuitiv spürt, wohin die SL mit einer Geschichte will, und direkt mithilft, diese Geschichte zu formen. Das wäre dann ein Stil, in dem es darum geht, eine Geschichte zu erleben – und bei dem die genaue Ausgestaltung der Geschichte für die Spieler weniger wichtig ist als für die SL.

„Hey, der Planet hat hunderte schäbige Bars, lasst uns in einer davon abhängen und eine Schlägerei anzetteln (immernoch der schnellste Weg in ein Abenteuer). SL, welche Bar sieht am spannendsten aus?“

⇒ SL reibt sich die Hände und freut sich auf die nächsten Szenen.

Ein guter Spieler kann aber auch einer sein, der selbst Geschichtsfäden spinnt und von der SL erwartet, dass sie diese Fäden zu einem größeren ganzen verbindet – und sich dabei meist im Rahmen der Regeln bewegt, so dass der Spieler abschätzen kann, was seine Beiträge bewirken.

„Der Planet hat tausende Bars. Ich bin mir sicher, ich kann mir da endlich neue Drogen besorgen!“

⇒ SL sortiert ihre Notizen, um Drogenhändler in die Geschichtsideen zu integrieren.

Oder er kann einer sein, der die Handlungsweisen seines Charakters und deren Konsequenzen detailliert erleben will und dafür zu jedem Zeitpunkt alle für Entscheidungen notwendigen Informationen haben will.

„Der Planet hat tausende Bars. Fliegen wir weiter. Hier finden wir sicher keine sinnvolle Werft, um den Schwarzlochwerfer zu montieren.“

⇒ SL legt die Planetenkarte zur Seite und beschreibt die anderen Reiseziele.

Ich habe jetzt sicher nicht alle Stile beschrieben, aber ich denke es sollte klar sein, worauf ich hinaus will. Stil ≠ Güte.

Was das jetzt fürs Design bedeutet? Es unterstützt den Threadtitel: Je nachdem, welchen Stil das Rollenspiel eher fördern soll, sind die Goldene Regel und Railroading passend oder unpassend.

Wenn angenommen wird, dass die SL den roten Faden des Spielabends vorgibt und die Spieler ihn ausgestalten, sind sie passend.

Wenn aber angenommen wird, dass die SL als Moderator agiert und die Vorstellungen der Spieler zusammenführt, zerstören sie möglicherweise die Grundlagen auf denen die Spieler ihre Geschichtsfäden aufbauen.

Beide Arten des Spiels sind gut, und ein Spieler, der bewusst entscheidet, dass er im Rahmen der Vorgabe der SL spielen will ist genausowenig unfrei wie ein Dichter, der sich entscheidet, ein Sonett zu schreiben.

Es wird nur zu Problemen kommen, wenn zwei Dichter zusammen schreiben und der eine ein dadaistisches Stimmungsbild erschaffen will, während der andere ein Sonett entwerfen will, um ein Thema klar zu erfassen. Sie werden sich schon nach der ersten Zeile streiten…

Ein Rollenspiel sollte daher klar machen, welchen Spielstil es fördert, und das Regeldesign sollte dieses Versprechen dann auch einlösen. Idealfall: Spiel das Spiel nach den Regeln. Schau, welchen Stil sie fördern. Schreib das drauf. Oder: Finde den Stil der Geschichten. Wähle ein dazu passendes Regelwerk.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 28.11.2010 | 21:15
Ich sags mal so, vermutlich ist Rollenspiel für viele einfach entspannte Freizeitbeschäftigung. Man trinkt zusammen nen Bier und kann rumlabern. Zusätzlich kommt dann noch hin, das man Thor, den coolen Barbaren spielt und Fauen flachlegt, oder von mir aus auch nen Philosophen, völlig egal.

Der Punkt ist, Regeln brauchst du dafür nicht. Regeln sind aber toll, weil damit siehts so aus, wie wenn man irgendwie was besonderes machen würde. Rumhocken und Beirtrinken kann jeder, aber nach Regeln spielen ist plötzlich Kunst oder sowas.

Bei 70% aller Spieler ist das so. 20% interessieren sich dann für irgendwelche speziellen Regeln, z.B. soll alles realistisch sein, oder das tolle Manöver X soll abgebildet werden. Der Rest legt tatsächlich mal Wert auf ein gut designtes System.

Allgemein würde ich aber sagen, mit einem guten System kommt jeder zurecht. Das System darf nur nicht so frech sein, und Vorschriften machen, wie man zu spielen hat, denn dann gehen die ersten 70% auf die Barris.

Was ich bei diesen Leuten nie so recht verstanden habe, warum die nicht einfach ein Bier trinken gehen oder von mir aus ein völlig freies Rollenspiel ohne Regeln machen. Denn mit Rollenspielregeln kann man doch wirklich vor niemandem angeben. Wenn mir das mal einer erklören würde, wäre ich echt froh.

Jedenfalls, diese 70% nutzen die eigentlich akzeptablen Regeln wie die "goldene Regel" exzessiv, um den ursprünglichen Sinn des Spiels zu unterlaufen. In gewisser Weise wird damit das Spiel zweckentfremdet. Meiner Meinung nach kann das nicht wirklich gutgehen, weil es automatisch zu Reibung kommt zwischen Intention des Spiels und Intention der Spieler. Umso klarer das Ziel des Spiels, umso schlimmer. Deshalb ist DSA, das noch nie wusste was es will, so beliebt.

Klingt etwas hart, trifft auch sicher nicht immer zu, aber im Grunde entspricht das smeiner Erfahrung. Und das ist denke ich der Grund, warum manche Techniken so unbeliebt sind. Weil sie dazu eingesetzt werden, um die schriftlich festgelegte Intention des Spiels zu brechen. Das ist eine bewusste Täuschung für jeden, der das erwartet, was auf der Packung steht.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 28.11.2010 | 21:52
Bei 70% aller Spieler ist das so. 20% interessieren sich dann für irgendwelche speziellen Regeln, z.B. soll alles realistisch sein, oder das tolle Manöver X soll abgebildet werden. Der Rest legt tatsächlich mal Wert auf ein gut designtes System.

Jedenfalls, diese 70% nutzen die eigentlich akzeptablen Regeln wie die "goldene Regel" exzessiv, um den ursprünglichen Sinn des Spiels zu unterlaufen

Bedeutet das jetzt, dass ein Rollenspiel, das sauber designte Regeln hat und seinen ursprünglichen Sinn erfüllt, für 70% der Spieler ungeeignet und für weitere 20% uninteressant ist? Wenn der Auftrag ist, festzulegen, was Design ist, das Rollenspielern hilft, schöne Runden zu erleben würde ich sagen: Thema verfehlt.

Der ursprüngliche Sinn eines Rollenspiels ist für mich, dass damit eine Rollenspielrunde Spaß hat.

In einem hast du vielleicht Recht: Vielleicht ist DSA auch so erfolgreich, weil du es mit den verschiedensten Gruppen spielen kannst und die Spielrunden dabei immer anders sein werden – aber zu jeder Zeit DSA. Wenn 70% der Mitspieler die Grundintention des Spiels als störend ansehen, dann ist diese Grundintention zu eng gefasst, da sie der Mehrzahl der Runden nicht beim Spielen hilft.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 28.11.2010 | 21:52
Gute Spieler schaffen auch mit schlechten Regeln ein tolles Spiel. Schlechten Spielern ermöglicht ein gutes Regelwerk vielleicht trotz gruppeninternen Problemen Spaß im Spiel.
Das erkärt aber ja gerade nicht die beobachtbare Diskrepanz, es sei denn, man würde ausgerechnet passionierte DSA-Spieler für die besten aller Rollenspieler halten, weil sie mit dem miestesten Ausgangsmaterial trotzdem noch zu einem Spiel kommen, an dem sie hängen, weil es so toll ist.
Da bin ich Naturwissenschaftler genug, um zu sagen: Wenn die Erklärung andere Daten braucht, als die Messung ergibt, "haben die Daten recht": Auch diejenigen Spieler, die neben DSA andere Rollenspiele kennen, mögen DSA trotzdem - ja, laut eigener Aussage wegen der Dinge, die verpönt alias schlecht sind.
Ich gehe mal davon aus, daß in "einfachen Rollenspielrunden" die vermutlich existenten "gruppeninternen Probleme" schlicht übegangen werden, weil sie ja nur stören würden. Solange man sich einig ist, daß man miteinander auskommen will, geht das erstaunlich gut. Werden die Spannungen doch zu groß, geht die Runde auseinander, und wer am Rollenspiel hängt, versucht, eine neue Gruppe aufzutreiben - aber es ist eben kein Drama. Und bis dahin könnten die "verpönten" Werkzeuge genau das leisten, was gar nicht gehen sollte: Die Gruppe zusammenhalten, obwohl es "gruppeninterne Probleme" gibt, die nicht analysiert, ausdiskutiert und abschließend gruppenvertraglich geklärt werden.

@ ErikErikson: Regeln können Inspiration liefern, Kreativität anregen, Abschätzungen erlauben, Dissenz schlichten und auf derlei Weise unterstützen, wenn man gerade mal geneigt ist, sie zu beachten. Wenn man ohne auskommt, auch gut, aber es ist nicht übel, wenn man sie für alle andern Fälle hat.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 28.11.2010 | 21:58
@ ErikErikson: Regeln können Inspiration liefern, Kreativität anregen, Abschätzungen erlauben, Dissenz schlichten und auf derlei Weise unterstützen, wenn man gerade mal geneigt ist, sie zu beachten. Wenn man ohne auskommt, auch gut, aber es ist nicht übel, wenn man sie für alle andern Fälle hat.

Klingt logisch. Merkwürdig, aber logisch.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 28.11.2010 | 22:40
Da bin ich Naturwissenschaftler genug, um zu sagen: Wenn die Erklärung andere Daten braucht, als die Messung ergibt, "haben die Daten recht": Auch diejenigen Spieler, die neben DSA andere Rollenspiele kennen, mögen DSA trotzdem - ja, laut eigener Aussage wegen der Dinge, die verpönt alias schlecht sind.

Ich hatte nicht vor damit zu sagen, dass DSA schlecht wäre. DSA bietet offensichtlich für sehr viele Spieler das, was sie sich wünschen. Und damit ist es sehr schwer zu begründen, das es schlecht sein soll. Vielleicht erfüllt es nicht immer das, was auf dem Klappentext steht.

Wobei, wenn ich mir anschaue, was auf dem DSA4 Grundregelwerk steht: Erlebe Abenteuer mit Freunden, erkunde eine Welt, treffe exotische Leute und Wesen, schlüpfe in eine interessante Rolle. Das bietet DSA. Und weder Railroading noch die goldene Regel widersprechen dieser Zielsetzung.

Also: Wenn Railroading oder die Goldene Regel helfen, für so viele Runden wie möglich das Ziel deines Spiels zu erreichen, dann ist es sinnvoll, sie zu verwenden. Rollenspielrunden sind sehr vielfältig, und beide Regeln sind ein Weg, damit umzugehen – unter der Vorraussetzung, dass die SL will, dass die Runde allen Spaß macht.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Ludovico am 28.11.2010 | 23:11
Ich wage mal eine vorsichtige Deutung der Beobachtung: Das liegt daran, daß gute, professionelle Spieler gute Regeln brauchen, aber schlechte, unfachmännische Spieler mit schlechten Regeln unter Umständen glücklicher werden. Im Tanelorn treffen sich Profis mit Fachleuten und engagierten Rollenspielern, und die brauchen gute Regeln. Regeln, nach denen das, was man tut, eine Bedeutung hat, solche, die anwendbar sind, um zwischen "so soll es sein" und "das geht nicht" zu unterscheiden helfen. Aber "da draußen" gibt es vermutlich viel mehr Leute, die Rollenspiel als Laien spielen.

Ok, hier widerspreche ich, denn ich glaube kaum, dass DSA-Spieler schlechte RPGler sind, ebensowenig wie AC-Spieler. Auch glaube ich nicht, dass sie generell unfachmännischer sind als die Taneloris, wenn ich mir mal überlege, was so manche dieser Leute an Zeit und Geld in ihr Hobby stecken. Zudem finde ich, dass auch die Jungs und Mädels aus diesem Forum nach zwei Treffen supernett und sehr angenehm sind und auch tolle Spieler, die oftmals sehr viele Systeme kennen, aber halt auch nur mit Wasser kochen.
Sorry, wenn ich das schreibe, aber der Unterton ist vielleicht aufgrund falscher Wortwahl in Deinem Post etwas elitär.

Zitat
Und die Mehrheit dieser Spieler spielt Rollenspiel dann eben wohl eher so, wie man mal mit Kumpeln spielt, nicht allzu hart und unter systematischer Mißachtung der "Turnierregeln". Da dürfen Entscheidungen zurückgenommen werden, werden Fehler einfach nicht gewertet, es gibt manche Begrenzungen gar nicht erst (etwa irgendwelche Linien, die man nicht übertreten dürfte) oder man "verzeiht" einen Lapsus, eine besonders knapp mißlungene Aktion wird wegen ihres besonderen Unterhaltungswerts als "gelungen" betrachtet... kurz, man spielt eben unter Freunden, und die Regeln sind mehr so Anhaltspunkte, wie es im perfekten Fall sein sollte, aber darum geht es ja nicht. Deutliches Zeichen dafür ist: Man spielt ohne Schiedsrichter. Für seine Funktion (die Überwachung der Regeltreue) gibt es ja gar keinen Bedarf.

Diese Bier & Brezel-Spieler gibt es sicher unter dieser Gruppe zuhauf, aber ich hab genügend DSAler erlebt, die ihr Hobby bierernst nehmen und sich auch beschweren, wenn der SL nicht ihren Charakter rettet, weil sie eben die Story erleben wollen. Das ist blutiger Ernst. ;-) Ganz wichtig auch: Es ist der SL, der meist die Regelwerke kauft und auch einsetzt.

Zitat
Ehm... ging das jetzt in die Richtung, die anfangs mal gedacht war? :-o

Ja, so ungefähr, auch wenn ich irgendwie nicht zustimmen kann.

Zum Rest des Posts:
Ich würde soweit gehen zu behaupten, dass die Rolle des SL in einem Spiel wie DSA eine andere ist als forenintern anerkannt und er daher auch mehr Kompetenzen und Verantwortung bekommt, womit  die Bezeichnung in diesen Runden auch sogar zutreffend ist: "Meister".

@Dolge
Was insbesondere den letzten Absatz Deines Posts angeht, so stimme ich nicht zu. Ich habe meine Zweifel, dass die Spieler solcher Systeme generell so simpel gebaut sind. Ich meine ja nicht nur ein paar Schreihälse, wie wir sie auch auf diesem Board kennen, die rumkrakeln, wenn mal wieder ihr System angegriffen wird, sondern solche, die anderen Ansätzen skeptisch und ablehnend gegenüberstehen, ohne den Kritiker gleich persönlich anzugehen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: El God am 28.11.2010 | 23:41
Simpel gebaut? Ich denke, das ist ein Verhalten, das ich jedem noch so intelligenten Rollenspieler zutraue, das ist ein Automatismus, vor dem man sich nur schwerlich retten kann.

Zitat
Ich meine ja nicht nur ein paar Schreihälse, wie wir sie auch auf diesem Board kennen, die rumkrakeln, wenn mal wieder ihr System angegriffen wird, sondern solche, die anderen Ansätzen skeptisch und ablehnend gegenüberstehen, ohne den Kritiker gleich persönlich anzugehen.

Spieler, die sehr lange und intensiv mit einem System gespielt haben und kein Interesse haben, etwas anderes kennenzulernen, weil sie mit ihrem System schlicht glücklich sind, stellen imho immer einen Vergleich an: Was leistet "mein" System und was macht der andere Ansatz anders? Was würde ich gegenüber meinem System als Verbesserung empfinden (i.d.R. sind das Marginalien) und was als Verschlechterung (das kann quasi alles sein, was das Spielgefühl verändert oder eingeschliffene Prinzipien über den Haufen wirft)? Wer ein sehr festgefügtes Bild davon hat, wie ein Rollenspiel auszusehen hat (nämlich so wie das Lieblingssystem, höchstens ein paar *kleeeine* Macken ausgebessert), wird den Teufel tun, sich auf was Neues einzulassen.

So richtig sehe ich die Verbindung zum OP aber nicht mehr. Der ganze Thread verwirrt mich mit seinem Verlauf gerade komplett.  wtf?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 29.11.2010 | 01:00
Wenn Railroading oder die Goldene Regel helfen, für so viele Runden wie möglich das Ziel deines Spiels zu erreichen, dann ist es sinnvoll, sie zu verwenden. Rollenspielrunden sind sehr vielfältig, und beide Regeln sind ein Weg, damit umzugehen – unter der Vorraussetzung, dass die SL will, dass die Runde allen Spaß macht.
Gut, soweit sind wir einig. Aber dann muß man zugeben, daß die Werkzeuge eigentlich nicht verpönt sein sollten, oder?

Sorry, wenn ich das schreibe, aber der Unterton ist vielleicht aufgrund falscher Wortwahl in Deinem Post etwas elitär.
Nun, das ist zugegebenermaßen Absicht. Ich denke, man muß hier zwei Dinge unterscheiden: An etwas hängen, etwas wichtig finden und nicht aufgeben wollen, ein Hobby lieben, das ist das eine. Aber etwas gedanklich durchdringen, es analysieren, aufarbeiten, hinterfragen, Schlußfolgerungen ziehen, das ist etwas anderes. Beides kann zusammenkommen, aber das muß nicht. Und die, die für Diskussionen um "verpönte Werkzeuge" überhaupt mehr als ein Kopfschütteln und ein "Schon wieder so ein sinnloses Blahbla" übrig haben, engagieren sich in jedem Fall auch in dem zweiten Bereich. Man kann aber meines Erachtens durchaus mit viel Herzblut Rollenspieler sein, ohne diesen zweiten Bereich groß zu beachten.
Gut, die Bezeichnung als "gute" und "schlechte" Rollenspieler war eine Reaktion auf den Gedanken "guter" oder "schlechter" Regeln, der sich ja nun auch im Eingangsbeitrag findet. Da hätte ich wohl deutlicher machen sollen, daß man diese Attribute als "von einem ironischen Augenzwinkern begleitet" lesen sollte. (Vielleicht hilft es auch, wenn ich noch einmal zu Protokoll gebe, daß ich beide Werkzeuge für unter bestimmten Umständen ausgesprochen nützlich halte und ihre "Verpöhnung" darum für verkehrt?)

Dennoch denke ich in der Tat, daß man sinnvoll unterscheiden kann zwischen denen, die zwar mit großer Begeisterung Rollenspiel praktizieren und auch Spieler sein können, mit denen man gern häufiger spielen würde, d.h. in jenem Sinne nicht nur "gute", sondern exzellente Spieler, und auf der anderen Seite denen, die über Rollenspiel nachdenken, es systematisch angehen und überlegen, wie es funktioniert und warum manche Dinge besser gehen als andere, was sie eigentlich wollen und wie das zu erreichen sein müßte usw.
Und ich halte es für durchaus vorstellbar, daß diejenigen, die über das Rollenspiel intensiv und analytisch nachgedacht haben, anschließend eine andere Beziehung zu den Regeln des Rollenspiels haben, bis dahin, daß das Verhältnis zu bestimmten Regeln sich umkehrt. Und zwar (vielleicht nicht einmal unplausibel, oder?) gerade zu denjenigen Regeln, die es erlauben, etwas an den anderen Regeln vorbei oder ihnen zum Trotz zu tun. Denn wenn die Regeln dazu nutzen sollen, den Spaß zu gewährleisten, ist der Spaß in Gefahr, wenn die Regeln verletzt werden, egal von wem und in welcher Absicht. Wenn dagegen der gemeinsame Wille zum gemeinsamen Spiel (und vielleicht daneben oder als Handlungsbevollmächtigter ein Mensch als "wohlwollender Alleinherrscher") dafür zuständig ist, den Spaß zu gewährleisten, dann ergibt es Sinn, die Regeln dem unterzuordnen. Das bringt dann auch nichts in Gefahr, weil die Regeln ja nie dazu gedacht waren, das eigentlich Wichtige zu gewährleisten.  
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 29.11.2010 | 09:41
Gut, soweit sind wir einig. Aber dann muß man zugeben, daß die Werkzeuge eigentlich nicht verpönt sein sollten, oder?

Jupp. Sie waren allerdings auch lange Zeit nicht verpönt, sondern das Zeichen einer guten Geschichtenerzähler-SL. Dass sich das gewandelt hat sehe ich als Modeerscheinung an: Gegenbewegung.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 29.11.2010 | 10:13
Jupp. Sie waren allerdings auch lange Zeit nicht verpönt, sondern das Zeichen einer guten Geschichtenerzähler-SL. Dass sich das gewandelt hat sehe ich als Modeerscheinung an: Gegenbewegung.

Reine Geschmacksfrage. Ganz ehrlich. Ich verabscheue die goldene Regel aus tiefstem Herzen, und trotzdem muss ich sagen, sie ist nicht besser oder schlechter als andere Regeln. Es ändert sich nur die Art des Spiels. Beim Rollenspiel gibt es ja keine klaren Zielkriterien, wie beim Profi-Fussball etwa, nur Spaß.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 29.11.2010 | 11:27
Ich wage mal eine vorsichtige Deutung der Beobachtung: Das liegt daran, daß gute, professionelle Spieler gute Regeln brauchen, aber schlechte, unfachmännische Spieler mit schlechten Regeln unter Umständen glücklicher werden.
Ich behaupte das es eher umgekehrt ist, fachmaenische bzw. professionelle Spieler widmen sich einem Regelsystem und verinnernlich dies respektive erarbeiten Methoden mit etwaigen Schwaechen umzugehen auf das sie im Spiel gluecklich werden, wohingegen die laienhaften bzw. unprofessionellen Spieler von einem Regelsystem zum naechsten huepfen weil sie nicht das Interesse bzw. den Willen zur entsprechenden Vertiefung und Arbeit mit der Materie gegen Widrigkeiten haben.

Zitat
Im Rollenspiel ist der Schiedsrichter aber mit weiteren Funktionen ausgestattet, d.h. es gibt ihn als Spielleiter. Darum gibt es für ihn die "Goldene Regel", die formal wiedergibt, was sonst das simple Weglassen des Schiedsrichters bringt: Wenn es doch Spaß macht, sollen die Regeln halt bleiben, wo der Pfeffer wächst.
Ist doch grober Unfug, auch fuer Schiedsrichter im Fussball gibt es so Regeln wie die der Verhaeltnismaessigkeit oder des Fairplays.

Zitat
In den Händen eines  "wohlwollender Alleinherrschers mit fast unbegrenzter Macht" hat man von ihr nichts zu fürchten, aber viel zu hoffen.

Oh, jetzt aber nicht die "Hilfe eine Autoritaet" Gaengelei eines halbverzogenen Pseudo Revoluzzer der vermutlich noch bei Monopoly ueber die Kapitalistische Bank heult  ::)

Zitat
Ich vermute, daß es mit Railroading ähnlich ist. Gute Spieler, die sich aktiv mit einbringen, die eigene Vorschläge einbringen und selbst Handlungslinien entweickeln, wollen das natürlich nicht einfach untergebuttert sehen unter einer vorgefertigten Planung. Sie brauchen diese Vorplanung auch schlicht nicht, und wenn's eine gibt, kommt sie ihnen in die Quere: ganz schlecht!

Das Leben ist nunmal keine Waldorf Schule und wenn man da mit einem Spielleiter am Tisch ist sollte man ohne Ego Probleme damit auskommen das es einen Spielleiter und eine Dramatik gibt.

Zitat
Aber schlechte Spieler, die sich nicht trauen, die nicht wissen, wie's geht, die nicht so redegewandt sind oder einfach den Mund nicht aufkriegen, die zu lange nachdenken müssen, um gute Ideen zu haben...
Nun oder schlechte Spieler die ihr Ego ueber alles haben wollen, den Mund nicht halten koennen, sich fuer die Intelligenteste Person seit <Insert Wissenschaftler> und den redegewandtesten seit <Insert Literat> halten und den Gemeinschaftssinn eines Ermiten haben...
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 29.11.2010 | 12:42
... wohingegen die laienhaften bzw. unprofessionellen Spieler von einem Regelsystem zum naechsten huepfen ...
Ja, wie man selbstredend an sämtlichen Umfragen zu diesem Thema problemlos und ohne alle inneren Zweifel klar belegen kann. Vor allem an den vielen Spielern, die niemals auf die Idee kämen, D&D und DSA treu zu bleiben, ob sie nun andere Systeme nebenher spielen oder nicht... Ach ja, wie war das noch gleich mit der Frage, was gilt, wenn die Ergebnisse nicht zur Datenbasis passen?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 29.11.2010 | 13:03
Ja, wie man selbstredend an sämtlichen Umfragen zu diesem Thema problemlos und ohne alle inneren Zweifel klar belegen kann.
Du glaubst also ernsthaft das wenn du Personen in einem dem Indie RPG forum befragst ob es profisioneller sei die Vielfalt der Indies zu geniessen, erfahren und erkunden oder dummbloed ein System zu spielen - meist in etwa auch noch genau dem Tonfall - bestuende auch nur der Ansatz einer Chance das da ein qualitativ verwertbares Ergebnis bei raus kommt?

Zitat
Ach ja, wie war das noch gleich mit der Frage, was gilt, wenn die Ergebnisse nicht zur Datenbasis passen?
Wo fabulierst du dir gerade den Strohmann einer Datenbasis her?
Der einzige der anfing von Datenbasen zu phantasieren und danach seine Vorstellung vom "wahren Rollenspieler" (tm) herauszuposaunen warst doch bisher du?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 29.11.2010 | 13:36
Zunächst einmal glaube ich ernsthaft, daß Du erstens an Deiner Ortographie und zweitens (noch dringender) an Deiner Sprache arbeiten solltest. Das hier ist nicht der erste Beitrag von Dir, bei dem ich ernsthaft in Erwägung ziehe, ihn wegen beleidigender Formulierungen zu melden...

Zum Inhaltlichen: Solange Du offenbar nicht mitbekommen hast, auf welche Umfragen ich mich beziehe, solltest Du Dich auch in Deinen Vermutungen mäßigen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Voronesh am 29.11.2010 | 17:06
Ich hoffe ich trete damit keinem auf den Schlips, aber....

DSA ist deutsch.

Hierzulande ist DSA nunmal die Nummer 1, und wie viele Nummer einsen auch nicht der beste. Windows als OS, Warhammer als Tabletop etc. machen das ja alle vor. Die besten Verkaufszahlen deuten oft genug nicht das beste Produkt an.

Aber zurück zu meinen kurzen aber doch sicher provokativen Satz, von dem sich hoffentlich keiner provoziert fühlt. Aber in einem Land in dem Patrizier als Computerspiel erfolgreich sein kann (übrigens auch ein Land in dem Bestechung anhand der korrekt ausgestellten Quittung nachgewiesen wurde), kann ein Rollenspiel das eine Menge verklausulierte Regeln, die versuchen etwas abzubilden gar nicht so falsch sein. DSA fing ja schonmal an mit tollen "bookkeeping" Sätzen wie: "gesagt getan, nicht gesagt nicht getan" (Und wenn der 200 Jahre alte Bogenschützenelf nicht gesagt hat, dass er seinen Bogen spannt, dann hat er es diesmal vergessen?).

Ich kann keine Aussage über die neueste Edition treffen, da ich mich in dieser nur rudimentär auskenne. Sprich die ersten 3 Boxen, als es noch keine Bücher gab, aber auch die waren kaum besser. Hunderte von Seiten für gefühlte 250 Klassen, die kein Mensch gebraucht hat, außer man mag "bookkeeping" und schreibt deshalb Schmied oder Schuster statt Hadnwerker auf sein Charblatt.

Aber soviel zu DSA.

Im generellen denke ich, dass Topseller der RPG-Werke genau wie Windows eben die sind, die den richtigen Zeitpunkt erwischt haben. Design ist halt nicht alles, den Puls der Zeit fühlen zu können (oder im richtigen Moment auf dem Markt zu sein und einfach Glück haben) gehört auch dazu. DSA war halt anfangs schon da, und hat deshalb nen gewissen Marktanteil, und man spielt in der Gruppe zusammen, was auch wieder bewirkt, dass nicht jeder selbst die Entscheidung trifft, was gespielt wird.

Unterm Strich ist Qualität kein Merkmal für Gewinn (oder Sieg). Viele als hochwertig gelobte (von den Kritikern) Werke (egal welcher Art kann sich auch um ein Buch handeln) gehen an der Menschheit vorbei um als unwichtige Fußnote zu enden. Gerade die Parallelwelten verschiedener Gruppierungen führt dazu (persönliche Meinung) zB. Literatur, da gibt es viel tolles, und doch kann sich der Großteil der Bevölkerung nicht dafür begeistern, was auch daran liegen könnte, dass die "Hohe Literatur" sich von der "normalen" Welt abgekapselt hat, und eher mit sich selbst beschäftigt ist, als Dinge von außerhalb aufzunehmen. In etwas wie der Schönheitsfimmel vieler Menschen, der in gewissen Kreisen sich zu einer echten Parallelwelt aufgeschwungen hat und dann zu abstrusen Ergebnissen führt, die für uns nicht mehr wirklich als "Mensch" durchgehen.

So Nach diesem Exkurs vom sehr speziellen doch noch den Weg zur allgemeinen Gesellschaftskritik geschafft ~;D.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: carthinius am 29.11.2010 | 17:20
Zunächst einmal glaube ich ernsthaft, daß Du erstens an Deiner Ortographie und zweitens (noch dringender) an Deiner Sprache arbeiten solltest. Das hier ist nicht der erste Beitrag von Dir, bei dem ich ernsthaft in Erwägung ziehe, ihn wegen beleidigender Formulierungen zu melden...
+1. Für jemanden, der betont, wie wichtig ihr die Edit-Funktion ist, nutzt sie sie auffallend selten.

Reine Geschmacksfrage. Ganz ehrlich. Ich verabscheue die goldene Regel aus tiefstem Herzen, und trotzdem muss ich sagen, sie ist nicht besser oder schlechter als andere Regeln. Es ändert sich nur die Art des Spiels. Beim Rollenspiel gibt es ja keine klaren Zielkriterien, wie beim Profi-Fussball etwa, nur Spaß.
Aber beim Fußball würde sich jeder Spieler zurecht beschweren, wenn der Schiedsrichter im laufenden Spiel Regeln bewusst aussetzt oder ändert, weil "es besser fürs Spiel ist".

Ganz wichtig auch: Es ist der SL, der meist die Regelwerke kauft und auch einsetzt. (...)
Ich würde soweit gehen zu behaupten, dass die Rolle des SL in einem Spiel wie DSA eine andere ist als forenintern anerkannt und er daher auch mehr Kompetenzen und Verantwortung bekommt, womit  die Bezeichnung in diesen Runden auch sogar zutreffend ist: "Meister".
In der Tat ist das ja systemimmanent, also gewollt. Genaugenommen eine interessante Konstellation: 1000 Seiten Regelwerk, dass der Meister genaugenommen zu beherrschen hat, wenn er spielen will. Kein Wunder, dass da ihm das "Notfallwerkzeug" "Goldene Regel" zur Seite gestellt werden muss (wobei das historisch ja andersherum gewachsen ist, aber im Ist-Zustand würde ich es als zwingend notwendig bezeichnen, bei einem solch überbordenen Regelwerk eine Metaregel dieser Art zu verankern). Problematisch wird es ja erst, wenn bewusst eine Regelwirkung ausgesetzt oder abgeändert wird, vielleicht sogar gegen besseres Wissen eines Spielers (der "seinen" Regelbereich besser kennt als der Meister, dafür aber eben nicht den ganzen anderen Rest), oder Spielelemente, die wesentlich weniger gut greifbar sind, über die feste Ebene der Regeln gestellt werden (Story, Coolness, Drama...). Vor allem ist ja ein SL - gerade in der von dir angesprochenen Konfiguration - keinesfalls erklärungspflichtig: Es wird einfach angenommen, dass eine Änderung einem "höheren Wohl" dient. Und vermutlich ist es das, was Merlin sozusagen als Vorteil der Goldenen Regel nannte: Es gibt bei einer wohlwollenden Herrschaft des Meisters nichts zu fürchten. Gleichzeitig wird/wurde aber oft bei DSA das Spielerkleinhalten im Kontext der Abenteuer und Spieltipps kultiviert, also das "Nicht-Wohlwollen" vorzelebriert. In so einem Moment ist die Goldene Regel eben nicht mehr potentiell spielspaßfördernd, sondern spielspaßbedrohend.
Deswegen ist es eigentlich schlechtes Spieldesign, wenn Regelmechanismen so stark dem Wohl und Wehe einzelner Personen in der Runde ausgeliefert sind; gutes Design sollte ohne moralische Verbindlichkeiten funktionieren. Allerdings ist das vermutlich bei einem derart personenbezogenen Spiel wie Rollenspiel schwierig und geht nicht ohne gewisse Grundannahmen. Allerdings sollte die korrekte Regelanwendung eben nicht für "spezialgelagerte Sonderfälle" ausgesetzt werden können.

Jupp. Sie waren allerdings auch lange Zeit nicht verpönt, sondern das Zeichen einer guten Geschichtenerzähler-SL. Dass sich das gewandelt hat sehe ich als Modeerscheinung an: Gegenbewegung.
Die andere Betrachtungsweise wäre, dass es eher darum geht, die "Übermacht" bestimmter Positionen im Spiel zurückzustutzen und dem Maß des "normalen" Mitspielers anzugleichen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 29.11.2010 | 17:24
Ich schäme mich immer noch dafür, das ich auf den "Wir machen was Neues" Slogan der DSA Redax reingefallen bin.

Die grundlegende Frage ist doch: Sind Regeln wirklich schlecht, wenn sie dem angegebenen Zweck widersprechen?  

Beispiel: Es werden Autos produziert. Sagen wir, in Russland. Für den deutschen Markt. In Deutschland sind sie aber völlig unbrauchbar, weil sie Sicherheitstandards nicht erfüllen. Jetzt kommen aber viele, viele Leute und kaufen die Dinger. Alles fanatische Bastler. Die wollen damit auch fahren. Die wollen aber kein fertiges Produkt, die wollen ein Ausgangsprodukt zum dran rumschrauben. Würden sich nie ein gutes Auto kaufen, weil da nur noch verschlimmbessern gibt.

Sind die russichen Autos also schlecht? (Und bitte das ist nur ein Beispiel, ich hab keine Ahnung von Autos und weiss nichts über die Qualität russischer Autos)

Ich finde, das ist eine sehr grundlegende Frage. Gibt es überhaupt Qualität, die objektiv feststellbar ist? Oder hängt alles vom Kunden und dessen Wünschen ab?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Voronesh am 29.11.2010 | 17:30
Gleichzeitig wird/wurde aber oft bei DSA das Spielerkleinhalten im Kontext der Abenteuer und Spieltipps kultiviert, also das "Nicht-Wohlwollen" vorzelebriert. In so einem Moment ist die Goldene Regel eben nicht mehr potentiell spielspaßfördernd, sondern spielspaßbedrohend.

Ganz viel "snip" davor und dahinter. Aber

Dieser Satz ist sowas von zutreffend, als ich mich auf einschlägigen Foren bewegte, dass ich ihn einfach nochmal so rausstellen muss.  :d
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 29.11.2010 | 17:33
Zunächst einmal glaube ich ernsthaft, daß Du erstens an Deiner Ortographie und zweitens (noch dringender) an Deiner Sprache arbeiten solltest. Das hier ist nicht der erste Beitrag von Dir, bei dem ich ernsthaft in Erwägung ziehe, ihn wegen beleidigender Formulierungen zu melden...
+1. Für jemanden, der betont, wie wichtig ihr die Edit-Funktion ist, nutzt sie sie auffallend selten.
Wie wenn ihr dazu uebergeht das sinnlose beleidigen und die Haeme stecken zu lassen und euch vielleicht einmal argumentativ mit dem Thema beschaeftigt.

Erinnerung das Thema ist "RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge"
Nicht "Munteres pesten anderer Nutzer".

Das heisst, bitte mit dem Kindergarten aufhoeren. Danke.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 29.11.2010 | 17:34
Das ist nicht ganz richtig. Spielerkleinhalten ist notwendig bei DSA. Sobald man ein offizielles Abenteuer spielt, sobald man auf Balancing wert legt, sobald man in halbwegs normalem Rahmen ohne Halbgötter-SC spielen will. All das geht völlig den Bach runter, wenn nicht irgendjemand, ob Spieler oder SL, die Spieler kleinhält.

Ich mache das grade nicht, und der Magier ist inzwischen ein Gott. Keine Übertreibung, der hat die Macht eines Gottes. Spielbar ist das nur noch, weil ich die anderen SC und die Gegner willentlich massiv aufgewertet habe.  

Aber mal Back to Topic: Ich finde, man muss erstmal festlegen, wie man Qualität messen will. Wenn wir hier im Tanelorn Qualität festlegen, dann definieren wir Qualität ja selber. 
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 29.11.2010 | 17:43
Erinnerung das Thema ist "RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge"
Dann könntest Du ja mal den Eingangsbeitrag lesen und Deine Vermutungen auf das dort Gesagte beziehen. Vor allem auf die Zeichen 932 ff (mit Leerzeichen zu zählen).
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 29.11.2010 | 17:48
Dann könntest Du ja mal den Eingangsbeitrag lesen und Deine Vermutungen auf das dort Gesagte beziehen.
Blaetter in dem Thread, ich habe mich bereits auf den Eingangsbeitrag bezogen.
Der Bezug deinerseits zu dem Beitrag sowie der Betrachtung der Regeln als technische Werkzeuge anstelle als verpoenenswertes Objekt [fuer Laien] fehlt mir in deinen Ausfuehrungen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Tudor the Traveller am 29.11.2010 | 17:50
Also, ich gehe nochmal zurück zum OP:

Die These:

Es gibt keine schlechten Methoden und Komponenten wie etwa Railroading oder die Goldene Regel und somit kann ein RPG, was diese Dinge propagiert auch nicht schlecht designed sein.

In meinen Worten: "Es gibt keine schlechten Design-Elemente (Beispiele: RR, GR). Daher kann ein Design, das diese Elemente benutzt, auch niemals schlecht sein."

Allein die These ist doch schon wackelig. Wenn man ein Haus baut und alle Teile für sich in Ordnung sind, dann heißt das noch nicht, dass auch das Haus insgesamt gut wird. Man kann die Teile noch immer falsch miteinander verbinden oder grundlegende Fehler machen (z.B. das Dach nach unten bauen).

Aber sehen wir weiter:

Die Beweisführung:

Wieso behaupte ich das?
Der bekannteste Vertreter des Storytellung, der goldenen Regel und aller von "erleuchteten" Rollenspielern (ist nicht sarkastisch gemeint, mir fällt nur gerade kein besserer Begriff ein) verachteten Dinge ist DSA. Bei DSA wird zugunsten der Story geschummelt, Spieler sollen lt. Regelwerk gegängelt und bevormundet werden, wenn die Regeln nicht gut seien, soll man sie anpassen,...

Aber es ist erfolgreich. Und es ist nicht nur deshalb erfolgreich, weil die Spieler nichts anderes kennen (heutzutage hat fast jeder einen Computer und in den Spieleläden stehen auch andere Spiele, man kann sich in Foren über andere Werkzeuge informieren und teilweise gibt es ja auch Reformversuche in DSA-Foren), sondern weil sie es wollen. Natürlich sind das nicht alle. Zwart ist zum Beispiel eine tolle Ausnahme. Ebenso gibt es sicher auch Spieler, die DSA anders als von den Machern vorgegeben spielen.
Aber es gibt auch Leute, die spielen D&D, Shadowrun, World Of Darkness, ... wie DSA mit Railroading. An der goldenen Regel stören sie sich nicht, sondern wünschen sie sich sogar, wenn sie fehlt.

Es gibt da draußen eine signifikante Anzahl Spieler, die wollen, dass ihre Charaktere geführt werden, dass der SL an den Würfeln dreht, dass ihre Entscheidungen ggf. entwertet werden, dass zugunsten der Story Regeln gebrochen werden,...

Ich halte es für arrogant und vermessen, diese Spieler als unwissend oder verblendet zu bezeichnen, die so spielen. Warum ich sie nicht für unwissend halte, habe ich oben geschriebe und gegen das Argument "verblendet" spricht, dass es zu viele sind, wenn man den Erfolg von DSA betrachtet.

Vielmehr haben sie einen anderen Spielstil und für diesen Spielstil sind RPGs wie DSA geradezu geschaffen. Für diese Spieler gibt es Spiele, die Railroading, Spielergängelung, Goldene Regel und all jene Dinge beinhalten, die in Foren wie dem Tanelorn und den Blutschwertern verachtet werden, denn damit zu spielen, macht ihnen Spass.

Deshalb denke ich und finde ich, dass diese schlimmen Werkzeuge kein Anzeichen von schlechten RPG-Design sind.

In meinen Worten: Beispiel DSA - Es gilt als RPG, das die fraglichen Elemente (RR, GR) stark betont. DSA ist aber sehr erfolgreich und setzt sich auch gegen Konkurrenten auf dem Markt sehr deutlich durch. Selbst wenn ein Konkurrent verwendet wird (D&D, SR, WoD) werden zum Teil diese DSA-Elemente (RR, GR) verwendet, obwohl beim Komkurrenten gar nicht vorgesehen. Also sind diese Elemente generell gewünscht. Der Erfolg ist zu breit, als dass es auf eine bestimmte und spezielle Verbraucher-Gruppe zurückzuführen sein kann.

Diese Begründung ist in meinen Augen wenig zwingend. Allein die Argumentation "viele wollen es, also kann es ja nicht falsch sein" würde ich noch gelten lassen. Die bliebe allerdings auch noch zu beweisen. Denn den Erfolg von DSA als Indikator dafür zu benutzen, halte ich für gefährlich, da für den Erfolg nicht zwingend die Qualität eines Produktes ausschlaggebend ist (siehe auch mein erster Beitrag zu dem Thema). Auch die Feststellung, bei Konkurrenten würde RR und GR übernommen, kann ich nicht so deutlich erkennen, weshlab auch dies noch nachzuweisen wäre. Es ist zudem auch denkbar, dass die breite Masse in D durch DSA bereits derart vorgeprägt ist, dass sich andersartige Konkurrenten nur schwer als "besser" erweisen können. Frei nach dem Motto: "Das soll ein RPG sein? DSA ist ein RPG und das hier ist ja irgendwie ganz anders..."
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 29.11.2010 | 17:56
Ich wuerde unterstellen das gemeint war:
Es gibt keine schlechten Design-Elemente.
Sei es die Goldene Regel, Mechanismen die den Handlungsrahmen fuer eine Geschichte einschraenken oder andere.
Daher ist ein Design welches eines oder alle Elemente nutzt nicht zwangslaeufig schlecht.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Deep One am 29.11.2010 | 18:04
Wenn ein Spiel RR zum Design-Ziel hätte, und dieses Ziel durch die GR erreichen würde, wäre das nach meinem Dafürhalten sogar ein Beispiel für gelungenes Design, da die GR vergleichsweise kurz ist und nach dem, was einige hier schrieben, anscheinend riesige Auswirkungen hat.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 29.11.2010 | 18:09
Die GR ist doch nicht viel anderes als die Aufforderung beim lesen und anwenden der Regel den gesunden Menschenverstand einzusetzen, seine sozialen Faehigkeiten zu benutzen sowie die Erlaubnis selbst gestalterisch taetig zu werden. Auch wenn fuer letzteres in einigen Regelwerken weitere Erklaerungen hilfreich (gewesen) waeren.

Der Einfluss der Goldenen Regel wird, m.E. durch bewusste Uebertreibung zwecks Demontage, hinsichtlich der Einsatzhaeufigkeit sowie des Umfangs der Auswirkungen hoeher dargestellt als er tatsaechlich ist.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Merlin Emrys am 29.11.2010 | 18:15
Auch die Feststellung, bei Konkurrenten würde RR und GR übernommen, kann ich nicht so deutlich erkennen... ,
Ich würde aus dem ersten Teil der Diskussion sogar eher schließen, daß die Goldene Regel jedenfalls nicht aus DSA in die deutschen WoD-Regelwerke gekommen sind, denn sie steht ja im englischen Regelwerk auch. Und daß DSA so einen Einfluß in den englischen Sprachraum hinein hätte, kann ich mir nicht gut vorstellen :-o ;-) ...

Es gibt also - jedenfalls meiner Theorie nach - jenseits von DSA noch mindestens eine weitere "Quelle", aus der die Goldene Regel stammt. Und ich glaube, selbst das Railroading hat DSA nicht erfunden, sondern nur (wenngleich vielleicht nicht ungern) aufgegriffen.

Aber zurück zum Eingangsbeitrag: Warum sind diese Werkzeuge dann überhaupt verpönt, wenn sie doch für ein bestimmtes gegebenes Ziel gut tauglich sind? Sind es die Ziele, die als "inadäquat" empfunden werden, wegen derer dann quasi als Stellvertreter die Werkzeuge zu ihrer Erreichung verpönt werden? (Daß sie verpönt sind, sei aufgrund der entsprechenden Aussage im Eingangsbeitrag als gegeben angenommen.)
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 29.11.2010 | 18:29
Das ist nicht ganz richtig. Spielerkleinhalten ist notwendig bei DSA. Sobald man ein offizielles Abenteuer spielt, sobald man auf Balancing wert legt, sobald man in halbwegs normalem Rahmen ohne Halbgötter-SC spielen will. All das geht völlig den Bach runter, wenn nicht irgendjemand, ob Spieler oder SL, die Spieler kleinhält.

Bei uns hat es selbst mit eigenen Klassen geklappt. Die waren nicht immer balanciert, und als einer meiner Charaktere mal zu stark wurde, habe ich mit der SL abgemacht, dass er entweder im Abenteuer stirbt oder sich zur Ruhe setzt. Es war dann ersteres, gegen einen Dämonenpaktierer. Ich hatte ihn Jahre lang an der Wand hängen – zusammen mit dem Würfel, mit dem er gestorben ist.

Trotzdem hat es geklappt – auch wenn ich mich als SL Teils des „was du nicht gesagt hast, hast du nicht getan“ schuldig gemacht habe (und das jetzt nicht mehr tue).
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Voronesh am 29.11.2010 | 18:33
Das ist nicht ganz richtig. Spielerkleinhalten ist notwendig bei DSA. Sobald man ein offizielles Abenteuer spielt, sobald man auf Balancing wert legt, sobald man in halbwegs normalem Rahmen ohne Halbgötter-SC spielen will. All das geht völlig den Bach runter, wenn nicht irgendjemand, ob Spieler oder SL, die Spieler kleinhält.

Ich mache das grade nicht, und der Magier ist inzwischen ein Gott. Keine Übertreibung, der hat die Macht eines Gottes. Spielbar ist das nur noch, weil ich die anderen SC und die Gegner willentlich massiv aufgewertet habe.  

Aber mal Back to Topic: Ich finde, man muss erstmal festlegen, wie man Qualität messen will. Wenn wir hier im Tanelorn Qualität festlegen, dann definieren wir Qualität ja selber.  

Naja ich sehe das eher als gute Leistung deinerseits, und als Beweis des Unvermögens des Regelwerks, seine eigene Spielwelt mit seinen eigenen Reglen darzustellen.

Insofern kann man die GR bei DSA als Übertünchen des stellenweisen miserablen Regelwerks sehen.

DND kann diesen Vorwurf nicht haben, da es entweder keine eigene Spielwelt hat, bzw die eigene (forgotten realms), so sehr darauf trimmt, dass es passt. (Das trimmen nicht immer optimal ist, mäkeln DND4 Kritiker ja an)

Wenn ich Shadowrun spiele, dann werde ich mich meist in den Bahnen bewegen, in denen ich mich der Spielwelt her auch bewegen würde, unabhängig ob einer die GR zückt oder nicht. Allein das Wissen um die Reaktion seitens unendlich mächtiger Organisationen reicht dafür aus. SciFi mäßig ist das Leben nämlich ungefähr 1 Euro Wert. Soviel wie die Munition halt kostet. Und wer nervig ist, ist vielleicht auch mal 2500 Euro wert, nämlich die Fernlenkrakete. (Zahlen frei aus irgendeinen Hirnwinkel gezogen). Die Spielwelt selbst hält mich klein, und mein Nervenkitzel des Überlebens (hab ich nix vergessen), beruht auf dem Spiel selbst, und nicht dem Nervenkitzel, ob einem der Meister was durchgehenlässt.

Dass DSA so leicht zu brechen ist, wie nen Streichholz ist klar. Allein die Rüstungsregeln (die alten für Gesamtrüstung) schaffen das, ohne groß Magie bemühen zu müssen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 29.11.2010 | 18:37
Diese Werkzeuge nerven vor allem dann, wenn ihr EInsatz vertuscht wird und sie zur Blockierung von stratergischem und freiem Spiel eingesetzt werden. Und das kommt oft genug vor. Würde ja lachen, wenn jemand zugibt das er RR betreibt oder die goldene Regel verwendet. Ist ja auch nicht nötig. Spieler und grad SL haben beim Rollenspiel noch so viel Interpretationsspielraum, das sie die Anwendung solcher Sachen gut verstecken können. "Hier wärs zu komplex die Regel anzuwenden"-"das ist nicht abgedeckt"- usw. Die Absicht dahinter ist aber oft, die Kontrolle über das Spiel zu haben. Das wird aber nicht offen kommuniziert, sondern schlecht versteckt gelebt. Und das nervt. Wenn mir jemand sagt er macht freies Spiel und dann wird gerailroadet, dann zehrt das an meinen Nerven. Und meiner Meinung nach macht das jede 2. DSA Runde. Also, die sagen natürlich nicjht, wir machen freies SPiel, der Begriff ist eh unbekannt, sie sagen eher, sie machen normales Rollenspiel. Jedenfalls sagt niemand, das die Spielerentscheidungen eigentlich völlig irrelevant sind. Genau das sind sie aber. Und wenn man sich beschwert, dann wird abgewiegelt. Das kommt so oft vor. Nur meine persönliche Erfahrung, aber immerhin hab ich schon ca. 20 DSA Gruppen gesehen. Ich habs auch selber früher so gehalten, ich kannte es ja auch nicht anders.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ArneBab am 29.11.2010 | 18:39
Ich behaupte das es eher umgekehrt ist, fachmaenische bzw. professionelle Spieler widmen sich einem Regelsystem und verinnernlich dies respektive erarbeiten Methoden mit etwaigen Schwaechen umzugehen auf das sie im Spiel gluecklich werden, wohingegen die laienhaften bzw. unprofessionellen Spieler von einem Regelsystem zum naechsten huepfen weil sie nicht das Interesse bzw. den Willen zur entsprechenden Vertiefung und Arbeit mit der Materie gegen Widrigkeiten haben.

Auch wenn das bereits gesagt wurde: Dann würden DSA Spieler definitiv nicht in die Kategorie unprofessionell fallen, so dass dieses Argument nicht gegen die Goldene Regel und auch nicht gegen Railroading genutzt werden könnte.

Es würde sogar eher gegen Indie-Spieler stehen, die ja doch häufiger das System wechseln als DnD und DSA-Spieler.

Also lassen wir den ganzen Fachmann/Professionell-Kram bitte raus…
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 29.11.2010 | 18:40
Also lassen wir den ganzen Fachmann/Professionell-Kram bitte raus…
Das meinte ich damit :)
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Voronesh am 29.11.2010 | 18:50
Diese Werkzeuge nerven vor allem dann, wenn ihr EInsatz vertuscht wird und sie zur Blockierung von stratergischem und freiem Spiel eingesetzt werden. Und das kommt oft genug vor. Würde ja lachen, wenn jemand zugibt das er RR betreibt oder die goldene Regel verwendet. Ist ja auch nicht nötig. Spieler und grad SL haben beim Rollenspiel noch so viel Interpretationsspielraum, das sie die Anwendung solcher Sachen gut verstecken können. "Hier wärs zu komplex die Regel anzuwenden"-"das ist nicht abgedeckt"- usw. Die Absicht dahinter ist aber oft, die Kontrolle über das Spiel zu haben. Das wird aber nicht offen kommuniziert, sondern schlecht versteckt gelebt. Und das nervt. Wenn mir jemand sagt er macht freies Spiel und dann wird gerailroadet, dann zehrt das an meinen Nerven. Und meiner Meinung nach macht das jede 2. DSA Runde.

Wir machen das eher andersherum, wir wissen alle, dass wir railroaden, und versuchen uns so hinzubiegen, warum wir jetzt diesen Auftrag annehmen. Keiner wollte, nachdem zweimal die Runde rumherumging durfte die Jägerin uns überzeugen, weil sie ja gläubig gegenüber der Gottheit war, für dessen Tempel wir nun in der Pampa was erledigen sollten. (Juhhu, nach 5 Minuten endlich was aus der Nase gezogen, jetzt können wir doch ins AB).


Extremform war gleich das erste AB. War ausm Internet, sollte irgendeinen Gewinner, von einem Fanwettbewerb sein. Die Nebenquests waren so schön verpackt, dass keiner unserer Chars Interesse an ihnen hatte, und wir mehrmals die Schultern zuckten nach dem Prinzip "nicht unser Problem". Der Endgegner nen böser Magier wurde auch ignoriert, da wir alle lieber den Praiostempel 4-5 Tagesreisen entfernt verständigen wollten. Wir mögen die zwar nicht, aber darum kümnmern die sich garantiert, und den Schatz haben wir schon eingesteckt. Supi, 3 Wochen IT durch die Welt und ungefähr 20% der EP Ausbeute gemacht. Aber wer versucht seinen Charakter konsequent zu spielen, und das in nem halben RR Abenteuer fällt halt potentiell auf die Nase.

Das war jetzt aber eine Anekdote und kein echter Diskussionsbeitrag. Auch wenn ich langsam das Gefühl habe der Faden wird zur Diskussion über die GR und RR und nicht RPG Design an sich.

Und an sich sind diese Werkzeuge nicht schlecht nur man muss sie halt mögen. Solange wie EE schon sagte auch draufsteht, dass sie Teil des Kozeptes sind. Und wie vorher schon angemerkt wurde sie spielunterstützend und nicht kaschierend eingesetzt werden.

Das Interessante ist nur, dass DSA so eine richtige Generation von Spiel"Meistern" heranzuzüchten scheint (oder hat), anstatt von SLs die das ganze als Gruppenspiel mit 3-6 oder mehr oder weniger gleichberechtigten Teilnehmern betrachten.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Sir Mythos am 29.11.2010 | 18:51
Würde ja lachen, wenn jemand zugibt das er RR betreibt oder die goldene Regel verwendet.

Warum würdest du darüber lachen... ich kann schon verstehen, wenn jemand RR betreibt oder die goldene Regel nutzt. Kaufabenteuer - egal von welchem System - verleiten häufig zum RR bzw. mehr sogar zum Illusionismus. Und gerade der Illusionismus fördert die GR. Und ich geb offen zu: Klar dehn ich die Regeln ein bisschen - und meine Spieler wissen das auch. Sonst würden sie bei Cthulhu viel häufiger neue Charactere machen. Aber warum soll ich mich auch zu eng an die Regeln halten, wenn der Spielfluss läuft und es allen gerade Spaß macht?
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 29.11.2010 | 18:54
Warum würdest du darüber lachen... ich kann schon verstehen, wenn jemand RR betreibt oder die goldene Regel nutzt. Kaufabenteuer - egal von welchem System - verleiten häufig zum RR bzw. mehr sogar zum Illusionismus. Und gerade der Illusionismus fördert die GR. Und ich geb offen zu: Klar dehn ich die Regeln ein bisschen - und meine Spieler wissen das auch. Sonst würden sie bei Cthulhu viel häufiger neue Charactere machen. Aber warum soll ich mich auch zu eng an die Regeln halten, wenn der Spielfluss läuft und es allen gerade Spaß macht?

Ich lache, weil ich überrascht bin, das du das zugibst. Du spielst aber auch Cthulhu und nicht DSA. Bei Cthulhu gibt es diese Unehrlichkeit gegenüber der Verwendung solcher Techniken nicht so wie bei DSA.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 29.11.2010 | 18:58
Würde ja lachen, wenn jemand zugibt das er RR betreibt oder die goldene Regel verwendet.
Ich habe die goldene Regel schon verwendet, und es war erfolgreich.
Es wurde auch schon in Runden in welchen ich zufrieden war zu RR gestanden.

Nun und koennte es vielleicht sein das bei DSA die Technik als solche unter dem Namen nicht so bekannt ist?
Schliesslich wurde auch bei der Vorstellung des Abenteuerspiel von "Schienen" gesprochen aber es viel nicht einmal der Begriff Railroading [Imho weil er den Aspekt der Gaengelung beinhaltet].
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 29.11.2010 | 19:00
Ich habe die goldene Regel schon verwendet, und es war erfolgreich.
Es wurde auch schon in Runden in welchen ich zufrieden war zu RR gestanden.

Nun und koennte es vielleicht sein das bei DSA die Technik als solche unter dem Namen nicht so bekannt ist?
Schliesslich wurde auch bei der Vorstellung des Abenteuerspiel von "Schienen" gesprochen aber es viel nicht einmal der Begriff Railroading [Imho weil er den Aspekt der Gaengelung beinhaltet].

Das ist gut. Sowas find ich prima. Ich sag ja auch nicht, das es solche ehrlichen Gruppen nicht gibt. Ich sag nur, bei DSA sind sie selten. Bei so ner Gruppe würde ich mitspielen.

Egal ob die Leute sich bewusst sind, was Railroading ist oder nicht, spätestens wenn ein Spieler sagt: "Irgendwie hab ich überhaupt keine Einfluss, ist das normal?" Und der SL sagt: "Du hast doch Einfluss, mein Junge." Und wenn das nicht stimmt, dan find ich das nicht so gut.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Sir Mythos am 29.11.2010 | 19:16
Ich lache, weil ich überrascht bin, das du das zugibst. Du spielst aber auch Cthulhu und nicht DSA. Bei Cthulhu gibt es diese Unehrlichkeit gegenüber der Verwendung solcher Techniken nicht so wie bei DSA.

Cthulhu war als Beispiel... bei DSA ist das allerdings auch nicht anders. Und um ehrlich zu sein - ich hab das bisher in jeder DSA Gruppe die mit gekauften Abenteuern ablief so erlebt.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Bad Horse am 29.11.2010 | 19:18
Das liegt daran, dass Regelwerke, die die Goldene Regel anbieten, gleichzeitig häufig auch sagen: Lass den Spieler Einfluss. Und den Spielern erklärt: Eure Handlungen bestimmen die Entwicklung der Geschichte. Die Diskrepanz wird aber nicht aufgelöst - es wird nicht erläutert, wann welche Maxime gilt. Das liegt natürlich daran, dass der Einsatz der Goldenen Regel (der SL ignoriert eine Regel, um den dramatischen Bogen nicht zu unterbrechen) und damit die Einschätzung des dramaturgischen Bogens bei den meisten Spielen nur intuitiv greifbar und daher unglaublich subjektiv ist.

VtM (2. Edition) gibt immerhin ein Beispiel dafür, wann man die Goldene Regel anwenden kann und wie man eine dramaturgisch verfahrene Situation noch retten kann; aber letzten Endes muss natürlich auch hier der SL entscheiden.

Das ist dann der Punkt, an dem es eben häufig zu Streit kommt - weil die Goldene Regel und die Maxime "Spieler bestimmen Handlung" sich widersprechen. Daher geben auch viele SLs gar nicht zu (oder es ist ihnen vielleicht auch nicht bewußt), dass die Maxime eigentlich nicht stimmt - die ist ja schließlich eines der Grundprinzipien des Spiels.

Die Abenteuerspiele á la John Sinclair machen es da cleverer - sie erklären, dass die Maxime ohnehin nur eingeschränkt existiert. Wenn man damit arbeitet, macht man mit Schienen und Goldener Regel auch nichts mehr falsch, weil das Designziel ganz klar ein anderes ist.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 29.11.2010 | 19:18
Cthulhu war als Beispiel... bei DSA ist das allerdings auch nicht anders. Und um ehrlich zu sein - ich hab das bisher in jeder DSA Gruppe die mit gekauften Abenteuern ablief so erlebt.

Ok, dann nehm ich alles zurück und schiebe es auf puren Zufall, das es bei mir anders war. Mir ist es relativ gleich, ich wollte nur darauf hinweisen, das es vorkommen kann. Wie oft, das ist wirklich von mir nicht beantwortbar.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: pharyon am 29.11.2010 | 19:38
Vielmehr haben sie einen anderen Spielstil und für diesen Spielstil sind RPGs wie DSA geradezu geschaffen. Für diese Spieler gibt es Spiele, die Railroading, Spielergängelung, Goldene Regel und all jene Dinge beinhalten, die in Foren wie dem Tanelorn und den Blutschwertern verachtet werden, denn damit zu spielen, macht ihnen Spass.

Deshalb denke ich und finde ich, dass diese schlimmen Werkzeuge kein Anzeichen von schlechten RPG-Design sind.
"Diese schlimmen Werkzeuge" sind mE genau dann verpönt bzw. schlimm, wenn mir als Spieler oder Spielleiter was anderes "versprochen" wird. Aufs Design bezogen: Wenn ich Kunden damit locken möchte, dass ich ein Spiel "schnell, unkompliziert, ohne große Vorbereitung" spielen kann, die Regeln dann aber z.B. in bestimmten Situationen ausschließlich Miniaturen und Pläne verlangen, damit man sie regelgemäß spielen kann, sind diese Regeln in einem nicht stimmigen Verhältnis zum angekündigten Ziel.

Konkreter: Wenn es hieße "Erlebe die Welt Aventurien/WoD/Mittelerde/Hogwarts/Wasauchimmer und bestehe epische Abenteuer ungeheuren Ausmaßes. Innerhalb von nur 15 Minuten, hast du deinen persönlichen SC erstellt und kannst direkt loslegen. ..." und dann kommt ein Charaktererschaffungssystem wie das von DSA 4.x und nur Abenteuer im Low-Fantasy-Bereich, dann sind die Werkzeuge (hier: Charaktererschaffungsregeln und Abenteuer) Mist, oder zumindest stark unpassend.

Der Fall DSA: Wenn ich mich recht erinnere, soll man bei DSA eher "Helden" spielen. Eine Heldengeschichte lebt z.T. von der sogenannten Heldenreise, der Entwicklung eines Helden. In Heldengeschichten gibt es dabei im Mittelteil sehr häufig Rückschläge. Nun möchte ich diese Heldengeschichte präsentieren: Ohne (forcierte) Rückschläge (zur rechten Zeit!) wird das Schema Heldengeschichte kaum aktiviert, das Spielgefühl ist ein anderes. Spiele ich mit Railroading, entwerte ich die Einflüsse der Spieler teilweise (ein bisschen Rücksicht kann man immer auf die Handlung der Spieler nehmen), habe nun aber die Kontrolle über die Handlungsprogression. Damit ist die Heldengeschichte aber erst zum Teil gerettet. Wenn nämlich aufgrund unglücklicher und unpassender Umstände (Nicht-Krieger, -Magier, -Geweihte sollen ein Problem lösen, für das man Krieger / Magier / Geweihte benötigt) einige "Helden" vorzeitig sterben, leidet häufig auch die Heldengeschichte darunter. Auftritt Goldene Regel: Jetzt kann der SL willentlich eine ansonsten passable Regel dem Einzelfall unterordnen und den Verlauf der Heldengeschichte beibehalten.

Dass das den Spielern häufig Spaß macht, ist nun auch nicht gerade ein Wunder: Man erlebt erst Rückschläge, dann einen mehr oder weniger klaren Erfolg, meist aufgrund von Handlungen, die man sich selbst zusprechen kann (es spielt keine Rolle, dass diese Handlungen genau dieser Position zugesprochen werden, sich der Spieler also ggf. gar nicht anstrengen müsste). Und Erfolge tun dem Ego gut, selbst wenn der Input nicht unbedingt zum Output passt. Ein zwickender Schuh wird nur draus, wenn der Spieler viel Input investiert, das Output aber deutlich unter den Erwartungen zurückbleibt (bei gelegenheit finde ich noch die passende Theorie dahinter).

Was also das Heldenspiel betrifft, erfüllt DSA mit Hilfe des RR und der GR ein selbst gestelltes Ziel.

Anders siehts beim häufig (mW in letzter Zeit weniger) beschworenen "fantastischen Realismus" aus. Die Regeln sind nicht wirklich realistisch, vielleicht nur plausibel. Vielen fällt das evtl. gar nicht auf, weil unser Alltagsleben manchmal mit Formularen wie dem DSA4-Charbogen bestanden werden muss, z.B. bei der Steuererklärung, Schulklausuren, für die man nicht vorbereitet ist, oder ähnlichem.

Wobei: Manchmal ist es schon ein Belohnungsgefühl, wenn man einen (müh)selig endlich nach Anwendung aller Steigerungsregeln auf dem neusten Stand hat ;)

Wie also schon angedeutet wurde, Werkzeuge können schon falsch oder schlecht sein, wenn ich ein bestimmtes Ziel erreichen möchte und sie dieses Ziel eher verhindern oder bremsen, statt zu fördern.

Soviel dazu, Gruß p^^
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Deep One am 29.11.2010 | 21:51
Die GR ist doch nicht viel anderes als die Aufforderung beim lesen und anwenden der Regel den gesunden Menschenverstand einzusetzen, seine sozialen Faehigkeiten zu benutzen sowie die Erlaubnis selbst gestalterisch taetig zu werden. Auch wenn fuer letzteres in einigen Regelwerken weitere Erklaerungen hilfreich (gewesen) waeren.

Der Einfluss der Goldenen Regel wird, m.E. durch bewusste Uebertreibung zwecks Demontage, hinsichtlich der Einsatzhaeufigkeit sowie des Umfangs der Auswirkungen hoeher dargestellt als er tatsaechlich ist.
Dies! Und wenn man bedenkt, dass Gary Gygax, der olle Railroader, sie schon 1974 in OD&D drin hatte und aus dem Hobby ist trotzdem was geworden ...
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Der Oger (Im Exil) am 29.11.2010 | 21:53
Was ein gut oder schlecht gestaltetes System ist, hängt in erster Linie vom Blickwinkel des Rezensenten ab. Allgemeingültigkeit haben Bewertungen keine, individuell darf man sie verabscheuen und vor dem Kauf oder Gebrauch warnen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Voronesh am 29.11.2010 | 23:33
Was ein gut oder schlecht gestaltetes System ist, hängt in erster Linie vom Blickwinkel des Rezensenten ab. Allgemeingültigkeit haben Bewertungen keine, individuell darf man sie verabscheuen und vor dem Kauf oder Gebrauch warnen.

Naja die Allgemeingültigkeit einer Rezension hängt ja auch vom Rezensenten ab. Bzw. es gibt Dinge, die objektiv bewertbar sind. Würfelwürfe die nicht konsequent gleich sind, also mal hoch mal niedrig ohne Grund, oder fehlende Magieregeln wo man zwar den Magier spielen kann, aber irgendwie keine gescheiten Zauber dabeisind etc.

Das sind Dinge die objektiv als negativ zu bewerten sind.

Tolles Layout und gelungene Bebilderung eines Werkes sind ja auch objektiv positiv (Die Art der Bebliderung mag ja Geschmackssache sein, aber konsequenter Bildstil ist doch erstmal objektiv positiv).

Gerade bei den Makeln stellt sich dann natürlich die Frage wie sehr die bei einem selbst ins Gewicht fallen. Das wird dann natürlich subjektiv.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: carthinius am 29.11.2010 | 23:41
Die GR ist doch nicht viel anderes als die Aufforderung beim lesen und anwenden der Regel den gesunden Menschenverstand einzusetzen, seine sozialen Faehigkeiten zu benutzen sowie die Erlaubnis selbst gestalterisch taetig zu werden. Auch wenn fuer letzteres in einigen Regelwerken weitere Erklaerungen hilfreich (gewesen) waeren.
So einfach ist das ja nun wieder nicht. Wenn ein Regelwerk eine Metaregel braucht, weil der Rest offenbar nicht per se mit GMV zu bestreiten ist, ist da schonmal grundsätzlich die Frage zu stellen, ob das Design bis zum Ende durchdacht ist. Auch sind viele "Goldene Regeln" eben nicht so angeführt, dass sie GMV oder Überdenken von Regeln erfordern, sondern das sie aus Befindlichkeiten heraus angewendet werden. Das hat mit Überdramatisierungen überhaupt nichts zu tun (siehe auch mein Beispiel oben bezüglich "Spielerkleinhalten").

Zudem sind die meisten Regelwerke ja kaum mit den Designgedanken angefüllt, die dabei eine Rolle spielten - somit sind Änderungen, und seien sie nur ad hoc, häufig zu treffen, ohne sich der Konsequenzen bewusst sein zu können, die damit regeltechnisch einhergehen (oder im Wissen, was sich die Designer dabei gedacht haben mögen). Sicherlich würden Beispiele schon helfen - aber um nochmal DSA heranzuziehen: Der Verzicht auf Distanzklassen z.B. führt offenbar zu völlig unterschiedlichen Ent- und Aufwertungen von Waffen (lustigerweise gab es bei DSA3 einen ähnlichen Effekt mit dem Waffenvergleichswert, den viele Gruppen auch einfach ignorierten) und vermutlich vielen anderen Änderungen, die unterschiedlich schwerwiegend sein können, aber so überhaupt nicht abgeschätzt werden können. Letztlich zieht so etwas Kreise bis hin zur veränderten Trefferwahrscheinlichkeiten und damit der Sterblichkeit von (N)SCs (wobei auch hier im Vorfeld klar sein sollte, dass sich die Designer über die tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten auch keine Gedanken gemacht haben werden...), und trotzdem wird da einfach beschlossen, es zu ignorieren.

Und das ist noch nicht einmal die Einzelfallanwendung der Goldenen Regel im Spielfluss, sondern eine Absprache, die von der Gruppe (vorgeblich mit Regelkenntnis der meisten Beteiligten) stattfindet. Jede Entscheidung eines SL/Meisters, Gegnerwerte im Spiel zu verändern (und sei es, um den Gegner leichter zu machen), sind ein Eingriff ins Regelkonstrukt, der vor allem erfolgt, weil die Gruppe und der SL nicht wissen, was sich die Designer dabei eigentlich gedacht haben könnten. Hinzukommt, dass man erwarten sollte, dass ein Autor Werte aufgrund der tatsächlichen Regeln erstellt, was Schwierigkeiten von Herausforderungen oder Werte von Gegnern angeht. Da ist es dann eben oft kein GMV oder vernünftiges Abwägen, sondern eine beliebig erfolgende Änderung, die die Balance (so vorhanden) ändert.

Natürlich soll man Sachen ändern können, keine Frage. Aber man sollte Sachen "im Geist des Spiels" ändern können, noch besser "im Geist der Designüberlegungen". Und das ist oft gar nicht möglich aufgrund mangelnder Transparenz in der Regelgestaltung.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Sir Mythos am 29.11.2010 | 23:42
Was ein gut oder schlecht gestaltetes System ist, hängt in erster Linie vom Blickwinkel des Rezensenten ab. Allgemeingültigkeit haben Bewertungen keine, individuell darf man sie verabscheuen und vor dem Kauf oder Gebrauch warnen.

Und gleiches kann man eigentlich auch genau auf Werkzeuge übertragen. Jedes Werkezug, sei es die Sandbox, RR oder auch die GR wird von Spielern unterschiedlich gesehen. Der eine mag vielleicht mehr RR und kann mit Sandboxing nicht viel Anfangen - andere hingegen fühlen sich bei RR zu sehr eingeschränkt und mögen nur Sandbox spielen.
Und gerade das ist das tolle an unserem Hobby - das es so eine große Vielfalt gibt.

Es gibt hier halt kein richtig/falsch bzw. gut/schlecht sondern nur anders/verschieden - und jeder muss den Deckel finden, der zu seinem Topf passt.

Aber man sollte Sachen "im Geist des Spiels" ändern können, noch besser "im Geist der Designüberlegungen". Und das ist oft gar nicht möglich aufgrund mangelnder Transparenz in der Regelgestaltung.

Dem möchte ich wiedersprechen. So wie ich die GR bisher immer verstanden und angewendet habe soll man Sachen ändern können, damit die Gruppe Spaß an der Sache hat. Wenn ich als SL Gegner vielleicht leichter machte ändere ich natürlich die Balance. Möglicherweise waren die Gegner auch als schwerer gedacht - aber auch als SL denke ich mir was dabei. Und wenn meine Spieler damit unzufrieden sind, dann sagen sie mir das (entweder sofort oder nach der Sitzung). Ich kann die Gegner aber möglicherweise auch schwerer machen, weil es dramaturgisch gerade besser in mein Abenteuer passt (bzw. die Spieler sich mal wieder nicht an das Kaufabenteuer halten und ich somit Umwege einbauen muss). Der "Geist des Spiels" bzw. der "Geist der Desingüberlegung" ist mir dann egal - viel wichtiger ist der "Geist der Gruppe", denn die soll daran Spaß haben, und nicht irgendwelche Designer.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Funktionalist am 29.11.2010 | 23:48
Und gerade das ist das tolle an unserem Hobby - das es so eine große Vielfalt gibt.

Es gibt hier halt kein richtig/falsch bzw. gut/schlecht sondern nur anders/verschieden - und jeder muss den Deckel finden, der zu seinem Topf passt.
Volle Zustimmung, wobei es mir immer noch Bauchschmerzen bereitet hier von RR zu lesen, obwohl ich weiß, dass nicht die Betrugspraktik gemeint ist, sondern eher die freiwillige Achterbahnfahrt. ;)
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 11:38
So einfach ist das ja nun wieder nicht.
In wie weit siehst du einen Widerspruch zu der "einfachen" Darstellung?
Zumindest bei den mir bekannten formen der Goldenen Regeln stehen das von beschriebene in unterschiedlicher Gewichtung. Hinzu kommt allenfalls der Aspekt das Spielgefuehl der eigenen Genre respektive Atmossphaere Wuenschen anzupassen.

In keiner mir bekannten Version findet sich sich der Hinweis das die Goldene Regel dazu dient eine faktische oder wage angenommene Unzulaenglichkeit oder Unvertraeglich der bestehenden Regeln auszugleichen.
Ebenso wenig wie ich Indikatoren sehe das die Goldene Regel dazu dient das ein Welt Design nicht durchdacht sei.

Die Behauptung kommt m.E. der These gleich das es Sandkasten Bausaetze nur deswegen geben wuerde weil die betreffenden Autoren sich nicht in der Lage gesehen haben einen stimmigen Metaplot zu gestalten.
[Eine Behauptung die ich fuer gleichermassen absurd halte]

Zitat
Auch sind viele "Goldene Regeln" eben nicht so angeführt, dass sie GMV oder Überdenken von Regeln erfordern, sondern das sie aus Befindlichkeiten heraus angewendet werden.
Ob aus Befindlichkeiten heraus oder einem nuechternen Designdrang heraus, fuehrt die Goldene Regel dazu das Regeln ueberdacht werden. Was ohne diese in dem Rahmen nicht moeglich waere. Der Motivator ist zudem m.E. nicht relevant.

Zitat
Das hat mit Überdramatisierungen überhaupt nichts zu tun
Die skizzierung der Ueberdramatisierung bezog sich auf Bezugnahmen wo der Goldenen Regel unterstellt wurde das aufgrund ihrer jegliche Regel die gueltigkeit verliere und sie dazu diene, es kam der Vergleich zum Fussball auf, grobe Unsportlichkeiten zu legitmieren.

Was imho eine aehnliche Ueberdramatisierung waere wie die Behauptung das Player Empowerment ausschliesslich dazu fuehrt das die Mitspieler die als Spieler deklariert sind sich in moralisch verachtenswerter Weise an dem Mitspieler vergehen der als Spielleiter deklariert ist.


Zudem Beispiel des "Spielerkleinhalten" so kann es durchaus dem gewuenschten Aspekt der Gruppe entsprechen Charaktere zu spielen welche keine Helden sind. Insofern ist die relative Schwaeche der Charaktere im Kontext der Spielwelt [nicht zwingend der Spieler] durchaus ein erstrebenswertes Spielgefuehl.
Ohne "Goldene Regel" steht man in Bezug auf DSA gegebenfalls den Problem gegenueber das die Regelmechanik eher eine exponential verlaufende heroische Entwicklung befuerwortet.

Zitat
Jede Entscheidung eines SL/Meisters, Gegnerwerte im Spiel zu verändern [..], sind ein Eingriff ins Regelkonstrukt, der vor allem erfolgt, weil die Gruppe und der SL nicht wissen, was sich die Designer dabei eigentlich gedacht haben könnten.
Aussen vorgelassen das die mir bekannten Systeme keine Gegnerwerte vorgeben, in wie weit ist das was der Designer dachte relevant?
Die Goldene Regel dient doch dazu den letztlichen Design Feinschliff an die Gruppe abzugeben, man selbst entscheidet was letztlich "Der Geist des Spieles" ist bzw. wird.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Sephiron am 30.11.2010 | 18:16
Die Unterscheidung zwischen "Profi"- und "Amateur"-Rollenspielern sehe ich genauso.

Wie in nem anderen Thread bereits gesagt: Ich bin kein "echter" Dartspieler, sondern werfe einfach gern kleine Pfeile auf Scheiben. Ich kann mir nur ein paar wenige Dartregeln merken, nenne das Bullseye meist einfach "der kleine Kreis in der Mitte" und weiss nicht, wie der rote Ring drumherum heisst. Manchmal versuch ich, einzelne Felder zu treffen oder möglichst oft die Mitte. Manchmal probier ich irgendwelche Wurftechniken aus. Ich gewinn sogar ab und zu, wenn ich mit meiner Freundin Pfeile auf nen Dartautomaten werfe.
Aber ich bin weit davon entfernt, Dart zu spielen. Es ist eher planloses Pfeilewerfen.

In der Schule hab ich auf dem Pausenhof hin und wieder "Fußball gespielt" - mit ständigem Regelignorieren, völlig idiotischen "Techniken" etc. Das war auch kein Fußball, sondern einfach nur Bälle Kicken.

Beim Rollenspiel glaubt aber scheinbar Jeder, der absolute Ober-Crack zu sein, auch wenn er eigentlich keinen Plan hat.
Habe bereits etliche selbstgeschriebene Rollenspiele irgendwelcher Runden gelesen, in denen mit hochgestochenen Phrasen wie "hohe Kunst des Rollenspielens" und "die heiligste Pflicht des Spielleiters" rumgeschmissen wird... sie alle waren furchtbar.

Es ist nicht schlimm, dass ich kein "richtiger" Dartspieler bin und eine Niete im Fußballspielen. Vielleicht werd ich irgendwann ja mal richtig gut im Dart. Und hin und wieder kick ich sogar mal ne Runde Bälle mit Leuten, die genau so schlecht im Fußball sind wie ich.
Ich wünschte nur, der ein oder andere Rollenspieler würde einsehen, dass er keine Ahnung hat. Ich habs satt, mir das Gezeter von Leuten anzuhören, die glauben, Rollenspiele bestünden darin, auf ner Couch zu sitzen und Chips zu essen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: ErikErikson am 30.11.2010 | 18:20
Ich sags ungern, aber manche, durchaus akzeptierte Rollenspielstile bestehen größtenteils daraus auf der Couch zu sitzen und Chips zu fressen. Das nennt sich dann Brot und Bretzel Rollenspiel oder so.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 18:25
Die Unterscheidung zwischen "Profi"- und "Amateur"-Rollenspielern sehe ich genauso.
Anstelle den Thread erneut mit dem Thema zu hacken und keine Aussage ueber die Werkzeuge zu treffen waere es bei Bedarf besser dazu ein eigenes Thema zu eroeffnen.
Wo man dann ueber die Frage ob es 'Profi' und 'Amateuer' Rollenspieler gibt diskutieren kann.

Zitat
Ich wünschte nur, der ein oder andere Rollenspieler würde einsehen, dass er keine Ahnung hat.
Ich wuenschte nur das der ein oder andere Rollenspieler von seinem hohen l33t Ross faellt und man sich mit den Diskussionen beschaeftigt - anstelle mit Mutmassungen bezueglich der niedrigen Qualitaet anderer Leute Ahnung.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Bad Horse am 30.11.2010 | 18:40
Teylen, ich wünschte, du würdest dich nicht gleich immer angegriffen fühlen und zurück giften. Bitte versuch, die Posts anderer Leute wohlwollender zu lesen.
Titel: Re: RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge
Beitrag von: Ludovico am 30.11.2010 | 18:51
Das Thema ist meiner Meinung nach sowieso tot. Ich hätte es nach Mythos hervorragendem Post schliessen sollen. Zu spät! Na ja, ich mach mal dicht.