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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: ArneBab am 24.11.2010 | 17:35

Titel: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ArneBab am 24.11.2010 | 17:35
Nachdem diese Diskussion in RPG-Design: Es gibt keine verpönten Werkzeuge (http://tanelorn.net/index.php/topic,63617.msg1233796.html#msg1233796) eigentlich etwas OT ist, möchte ich die Frage hier stellen (um den Thread nicht weiter zu kapern :) ).

Was ist für euch der Unterschied zwischen Brettspielen, Gesellschaftsspielen und Rollenspielen, und wann werden eurem Gefühl nach Rollenspiele brettspielig?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Blutschrei am 24.11.2010 | 17:45
Rollenspiele werden in dem Moment brettspielig, indem sich das Spiel abgesehen von Würfeln und Minispielen nurnoch auf dem Spielbrett stattfindet. Das zentrale Element also nicht die Vorstellung einer Geschichte bzw des Spiels ist sondern das Brett als Grundplattform des Spiels.

Zum Glück kenn ich solche Rollenspiele nicht.

Tabletoplastige Rollenspiele wiederum zeichnen sich ja eher dadurch aus, dass die Darstellung mit Miniaturen eine Hilfe beziehungsweise veranschaulichung - ein Teil des ausspielens einer eigenen Geschichte ist, die nicht vom Brett abhängig ist.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 24.11.2010 | 17:54
Wenn es ausschließlich die in den Regeln genannten - tendenziell sehr beschränkten - Optionen für die Spieler gibt, würde ich von einem Gesellschaftsspiel sprechen (von dem das Brettspiel ein Spezialfall ist). Die Regeln geben das Spielgeschehen vor.

Beim RPG ist es andersherum: Das Spiel gibt die Regeln vor. Die Optionen sind grundsätzlich nur von der Plausibilität eines gemeinsamen Spielerlebnisses eingeschränkt. Die Regeln liefern gewissermaßen "Schablonen" oder Kategorien, mit denen diese Optionen erfasst werden können, um sie handhabbar zu machen, Verhältnismäßigkeiten zu erzeugen und ihnen damit mit anderen Spielelementen eine Wechselwirkung zu erlauben.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Scylla am 24.11.2010 | 17:58
Ich kenne kein Rollenspiel, das zu brettspielig ist. Ein Brettspiel hat einen ganz anderen Kern als ein Rollenspiel, das beginnt schon mal an der begrenzten Dauer und dem sehr klar vorgegebenen Ziel ("Siegen" oder ähnliches). Einige Brettspiele haben rollenspielartige Tendenzen oder Mechanismenanteile, und können mit gutem Ambient und Fantasie zu etwas rollenspielähnlichem ausgebaut werden. Einige Rollenspiele haben Brettspielanleihen (Darstellung von Kampf auf Brett etc.). Im Endeffekt hat doch Rollenspiel irgendwie immer etwas damit zu tun, dass man eine Rolle übernimmt (bis zu einem gewissen Grad der Identifikation), also quasi eine andere Persönlichkeit spielt/imitiert/annimmt. Das würde ich beim Brettspiel nicht so sehen, da scheint mir die Trennung zwischen Spielfigur (die kein Charakter ist!) und Spieler zu stark zu sein.

Anders gesagt:
 :) Beim Rollenspiel übernimmt man eine Charakterrolle (sich mit ihr identifizierend), im Idealfall um der Rolle willen
 :) Beim Brettspiel lenkt man eine Spielfigur (unpersönlich), um das vorgegebene Ziel (Sieg) zu erreichen.

Ist das zu verworren oder könnt ihr mir folgen?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Village Idiot am 24.11.2010 | 18:05
Ich würde Rollenspiele als Teil der Gesellschaftspiele sehen.
Meine "Definition" eines Rollenspiels wäre dann: Ein Gesellschaftspiel bei dem die Spieler einen oder mehrere Charaktere durch eine gemeisame Fiktion führen. Hauptaugenmerk wird hierbei auf das Darstellen der Charaktere und dem "Erleben" bzw. Erspielen einer Geschichte gelegt.
Die Art der Regeln beim Rollenspiel ist mannigfaltig. Es bestehen Verwandschaften zum interaktiven Geschichtenerzählen, Imrovisationtheater, Tabeltop und verschiedenen anderen Gesellschaftspielen.

Ein Brettspiel ist hingegen einfach ein (Gesellschafts-)Spiel mit einem Spielbrett. Ein Rollenspiel ist also schlicht und einfach dann auch ein Brettspiel, wenn es über ein Spielbrett verfügt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: WeepingElf am 24.11.2010 | 18:24
Ich definiere es so wie Hashiba.  In einem Rollenspiel spielt man eine Rolle, indem man sich mit einem Charakter identifiziert und in seiner Statt handelt.  In einem Brettspiel bewegt man Spielfiguren nach bestimmten Regeln über ein Spielbrett, aber man schlüpft in keine Rolle.  Man handelt eben als Spieler, üblicherweise um das Spiel zu gewinnen.

"Brettspielig" wird das Rollenspiel dann, wenn die Spieler ihre Charaktere nicht mehr ausspielen sondern nur noch Miniaturen auf der Battlemap hin und her schieben und alle Situationen auswürfeln.

Grundsätzlich sind Rollenspiele natürlich auch Gesellschaftsspiele.  Das ist ein weit gefasster Begriff, der viele verschiedene Arten von Spielen umfasst, unter anderem eben auch Brettspiele und Rollenspiele.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Village Idiot am 24.11.2010 | 18:35
Zitat von: WeepingElf
In einem Rollenspiel spielt man eine Rolle, indem man sich mit einem Charakter identifiziert und in seiner Statt handelt.
Damit tue ich mich echt ein bisschen schwer. :) Ich z.B. identifiziere mich lang nicht mit allen meinen Charakteren - und als Spielerleiter schon mal garnicht. Das ist auch gleich der nächste Punkt, in vielen Rollenspielen übernimmt mindestens ein Spieler gleich mehrere Charaktere und nicht nur einen. Viele Spieler spielen auch garnicht oder nur bedingt eine Rolle, die erzählen bzw. beschreiben viel oder (fast) ausschliesslich. Und anstatt des Charakters handelt der Spieler zumindest beim P&P auch nicht, sondern er bestimmt wie der Charkter, im Zweifelfall im Rahmen der Regeln, handelt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: alexandro am 24.11.2010 | 18:56
Wenn es ausschließlich die in den Regeln genannten - tendenziell sehr beschränkten - Optionen für die Spieler gibt, würde ich von einem Gesellschaftsspiel sprechen (von dem das Brettspiel ein Spezialfall ist). Die Regeln geben das Spielgeschehen vor.
+1

Rollenspiele die diese "Geisteshaltung" vertreten oder gar fördern sind mir noch nicht untergekommen, RollenSPIELER dagegen schon (siehe The Gamers: "I backstab him with a ballista.").
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 24.11.2010 | 18:57
Für mich zeichnet sich ein Brettspiel dadurch aus, dass die Regeln in Vordergrund stehen. Es kann zwar eine Geschichte erzählt werden, aber diese steht immer im Hintergrund. (Beispiel: "Die Siedler von Catan (http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Siedler_von_Catan)" oder "Hero Quest - Das Brettspiel (http://de.wikipedia.org/wiki/HeroQuest_%28Brettspiel%29)")

Rollenspiel zeichnet sich dagegen dadurch aus, dass die virtuelle Realität im Vordergrund steht. Regeln sind entweder dazu da, diese virtuelle Realität abzubilden oder um Erzählrechte in der VR zu verteilen. Aber letztendlich geht es um die se virtuelle Realität. (Auch (gemeinsamer) Vorstellungsraum oder (S)IS genannt.)

Gerade Hero Quest aber auch Star Quest (http://de.wikipedia.org/wiki/Star_Quest) sind gute Beispiele dafür, dass der Übergang zwischen Rollenspiel und Brettspiel fließend sein kann. (Man kann diese beiden Spiele wie ein Brettspiel spielen. Mit einer kleinen Fokus-Verschiebung kann man diese beiden Spiele aber auch als RPG spielen.)

Gesellschaftsspiele wiederum zeichnen sich imho dadurch aus, dass alle prinzipiell gleichzeitig reden können (z.B. Trivial Pursuit oder Werwölfe im Düsterwald (http://www.superfred.de/werwoelfe.html)) und/oder Körpereinsatz zeigen (z.B. "Fangen und Verstecken" oder Reise nach Jerusalem (http://de.wikipedia.org/wiki/Reise_nach_Jerusalem)).
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Crimson King am 24.11.2010 | 19:22
Tudors Definition trifft mein Verständnis zu 100%.

Zu denjenigen, die die Trennung an der Rolle fest machen: eine Rolle übernehmen kann ich auch plausibel in vielen Brettspielen. Junta z.B. spielen wir immer mit jeder Menge in Character-Gerede, wir geben uns Namen etc. Deshalb betreiben wir noch lange kein Rollenspiel.

Die Übernahme von Rollen ist eine Grundvoraussetzung für Rollenspiel (auch wenn die Rollen ggf. regelmäßig wechseln), aber keine hinreichende Bedingung.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Crimson King am 24.11.2010 | 19:47
Aus der Hüfte: Ein Rollenspiel emuliert eine komplette alternative Realität. Handlungsbeschränkungen sind nicht durch die Regeln vorgegeben, sondern durch Plausibilität, was wiederum das (im allgemeinen stille) Einverständnis der Mitspieler voraussetzt, die zum Thema Plausibilität ja auch eine Meinung haben. Regeln beschreiben keine Handlungsmöglichkeiten, sondern ausschließlich die Aus- und Wechselwirkungen von Handlungen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ArneBab am 24.11.2010 | 19:50
Ich denke, ich würde mich auch Tudor anschließen: Bei Rollenspiel steht für mich die gemeinsame Vorstellung im Vordergrund und die Regeln dienen dazu, der Vorstellung ein Fundament  zu geben. Im PnP wird die Vorstellung durch Erzählen, Darstellen und Gimmicks geformt.

Brettspielig wird es für mich, wenn die Vorstellung egal ist. Für mich persönlich wird es dann eher langweilig, aber es gibt sehr viele begeisterte Brettspieler da draußen, für das genau das die richtige Art zu spielen sein kann.

„Ich halte der Wache die Knarre unter die Nase: ‚Hände hinter der Kopf und keine Spielchen!‘“ ist in der Vorstellung.

„Mein Charakter richtet seine Waffe auf den Kopf der Wache“ ist auch noch in der Vorstellung.

„Da ist ein Gegner? Schusswaffen. Erfolg. Was kommt jetzt?“ ist Brettspielig.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Skele-Surtur am 24.11.2010 | 20:30
:) Beim Rollenspiel übernimmt man eine Charakterrolle (sich mit ihr identifizierend), im Idealfall um der Rolle willen
 :) Beim Brettspiel lenkt man eine Spielfigur (unpersönlich), um das vorgegebene Ziel (Sieg) zu erreichen.
Ich unterstütze diese Wortmeldung.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Boba Fett am 24.11.2010 | 21:02
Rollenspiele sind für mich Gesellschaftsspiele.
Der Unterschied zu den üblichen Gesellschaftsspiele macht für mich am meisten in der Identifikationsmöglichkeiten mit den Charakteren und der Kontinuität der in Kampagnen sich fortsetzenden Geschichte.
Das haben die anderen Spiele nicht.

Unterschiede zu Brettspielen kann man kaum bewerten.
Einige Rollenspiele haben Tabletopelemente in den taktischen Situationen, die Brettspielen nahezu identisch sind.
Auch dort kann man höchstens den Identifikationscharakter und die Kontinuität hervorheben.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 24.11.2010 | 21:34
"Brettspielig" halte ich für einen ziemlich unglücklichen Begriff, aber mir fällt auch kein besserer für folgendes ein:

Der spielinterne Handlungsrahmen der Spieler wird ausschließlich durch eindeutige Spielregeln definiert.

Das trifft auf Brett-, Karten-, Würfel- und Tabletopspiele zu und auf Rollenspiele nicht.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 25.11.2010 | 00:48
Es darf ja eindeutige Regeln haben. Aber die Regeln stehen halt nicht im Vordergrund. Im Vordergrund steht der Vorstellungsraum.

Beim RPG geht es darum, dass du machen kannst, was immer im Vorstellungsraum plausibel ist. Wenn dir die Regeln das erlauben: Prima! Wenn die Regeln dir das verbieten: Werden die Regeln geändert. Wenn die Regeln dazu keine Aussage treffen: Improvisiert man entweder Regeln oder spielt dieses Ereignis ohne Regeln.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: alexandro am 25.11.2010 | 01:21
Einige Rollenspiele haben Tabletopelemente in den taktischen Situationen, die Brettspielen nahezu identisch sind.
Aber beim Rollenspiel hast du die Möglichkeit, die Tabletopebene zu verlassen, wenn das sich anbietet.

Beim Warhammer oder Battletech TT hast du diese Option nicht.

@ArneBab: "Da kommt ein Atlas-Mech über den Hügel. Er feuert seine LSR-Werfer auf deine Cicada ab, aber die Raketen verfehlen ihr Ziel." Kann ich mir alles vorstellen, ist aber trotzdem ein Brettspiel. Daher halte ich "Vorstellung" für ein schlechtes Kriterium für Rollenspiel.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Zornhau am 25.11.2010 | 02:18
Rollenspiele sind Gesellschaftsspiele

Rollenspiele sind grundsätzlich eine Form der Gesellschaftsspiele. - Man kann Rollenspiele als Spielsitzung NICHT SOLO betreiben, somit braucht man Gesellschaft zum Spielen.


Rollenspiele sind nicht nur Gruppenspiele, sondern auch Solo-Spiele

Spielvorbereitung gehört AUCH zum Rollenspiel und ist ein Spiel mit eigenem Gameplay abseits der Spielsitzung mit der Gruppe. Hier fallen jede Menge Mini-Spiele z.B. zur Weltenerschaffung, zum Erstellen von Fahrzeugen, Raumschiffen, Gebäuden, Wildnisregionen, usw. darunter wie auch die strategischen oder dramaturgischen Überlegungen bei der Kampagnenplanung und -weiterentwicklung.

Bei Spielvorbereitungen haben viele Rollenspiele auch durchaus Verwandtschaft zu "Planspielen", weniger zu Brettspielen oder CoSims (wobei das auch vorkommen kann).

Die Spielvorbereitung ist in den üblichen Rollenspielformen eine Solo-Spieler-Spielform, die direkt und notwendig zum Rollenspiel dazugehört, da ohne diese Vorbereitung die meisten Rollenspiele in Spielsitzungen mit der Gruppe NICHT SPIELBAR wären.

Somit kann man bei Rollenspielen das Spiel WÄHREND der Spielsitzung und das Spiel VOR und NACH der Spielsitzung unterscheiden.

Manche "low-prep"- oder "zero-prep"-Spiele lassen das Davor und das Danach wegfallen, weil die Aufgaben während der Spielsitzung von der Gruppe oder vom Spielleiter übernommen werden. - Die meisten Rollenspielprodukte sind aber KEINE "vorbereitungsarmen" Rollenspiele und können daher als typisch für Rollenspiele gelten.


Elemente anderer Spielformen werden meist als Vorwurf einem Rollenspiel vorgehalten

Wenn man "Brettspieligkeit", "Tabletop-Wargame-Artigkeit", "Sammelkartenspiel-Artigkeit" manchen Rollenspielen zuschreibt, so meist als VORWURF.

Die Powers bei D&D 4E sind ja wie Sammelkartenspiele.
Die Kampfszenenabwicklung bei Savage Worlds ist ja wie ein Tabletop-Wargame.
Die Glory- und Favor-Sammlung bei AGON ist ja wie bei einem Brettspiel.

Diese Vorwürfe werden erhoben, weil eine ANDERE ERWARTUNG an das, was für den Vorwerfenden "Das Rollenspiel an sich (tm)" ausmacht, besteht.

Dabei entstammt das Pen&Paper-Rollenspiel ja ganz direkt den Wurzeln der Tabletop-Wargames, dabei sind Charakterbögen auch nichts anderes als die "Buchhaltungs-Schablonen", die man in anderen Spielformen, gerade in Resourcenverwaltungs-Brettspielen findet, und dabei stammen viele Grundideen von Rollenspiel-Themen aus Brettspielen, CoSims, Computerspielen oder Kartenspielen (und umgekehrt fließen Rollenspiel-Ideen wieder in diese anderen Spielformen zurück).

Somit ist der Vorwurf "Das ist ja ein ..." als eine Nichtgefallensäußerung zu verstehen, nicht als einen qualitativen Makel!


Abgrenzung von anderen Spielformen über den Einflußbereich der Regeln auf die Spielmöglichkeiten

Das lässt den Umkehrschluss zu, dass es für Rollenspiele gar nicht das Ziel sein darf, eindeutige Regeln zu haben,
wenn genau das ein Rollenspiel von den anderen Spielen abhebt?
Die Rollenspielregeln sollten wie die Spielregeln jedes anderen Spieles KLAR und EINDEUTIG sein.

Aber das Besondere beim Rollenspiel ist nicht die (bei der Mehrzahl der Rollenspiele, die ich so kenne und spiele, längst nicht gegebene) Eindeutigkeit, sondern die UNBESCHRÄNKTHEIT der Aktionsmöglichkeiten der Spieler. Ich nenne das die SPIELFREIHEIT, die ein Spieler im laufenden Gruppen-Spiel einer Spielsitzung genießt.

Bei einem Brettspiel definieren die Regeln abseits vom Out-Game-Gelaber ALLE Aktionsmöglichkeiten, die ich als Spieler habe. Was nicht in den Regeln möglich ist, das KANN ICH NICHT mit meiner Spielfigur oder anderen Spielelementen tun. Die Regeln definieren die GESAMTHEIT aller zulässigen Handlungsmöglichkeiten.

Bei Rollenspielen definieren die Regeln zunächst nur MECHANISMEN für die (vom Entwickler so eingeschätzt) KRITISCHEN Bereiche, in denen die Spieler (nach Einschätzung des Entwicklers) die UNTERSTÜTZUNG durch die Regeln benötigen. Unterstützung durch Regeln, damit das Spiel FAIR abläuft und keiner der Mitspieler in direkte Konflikte mit anderen Mitspielern gerät, sondern Konflikte nur innerhalb des Spiels nach den Regeln ausgetragen werden.


Regeln als Hilfe zum gemeinsamen Miteinander

Niemand möchte bei einer Unstimmigkeit, ob der eigene Charakter nun seinen Zauber erfolgreich anwenden kann oder nicht, erst einmal einen STREIT mit Spielleiter und Mitspielern austragen. - Daher sind in solchen Fällen die Regeln eine Unterstützung für das soziale Handeln innerhalb der Spiel-Gruppe.

Die Gruppen-Regeln (also die GESAMTHEIT aller in der Gruppe von den Mitgliedern als zulässiges Verhalten akzeptierten Verhaltensweisen eines Individuums) sind ja weit umfassender als die SPIEL-Regeln. - Die Spielregeln erlauben aber einen naturgemäß KONFLIKTREICHEN Teil der gemeinsamen Aktivität durch eine von allen gemeinschaftlich akzeptierte äußere Instanz, die Regeln, fair und ohne persönliche Streitigkeiten abzuwickeln.

Es gibt Spiele, auch Rollenspiele, wo es KEINE Regeln gibt. Und hier ist es dann die Gruppe ALLEIN, die als soziales Gefüge das Miteinander in der Spielrunde im "grünen Bereich" halten muß. - So bei Engel nach Arkana-"System", welches ja OHNE Regeln gespielt wird. Hier ist allein die "Gruppen-Chemie" ausschlagebend dafür, wie das Spiel abläuft und ob sich jemand entspannt engagieren kann oder übervorteilt und persönlich angegangen fühlt.


Einschränkungen der Spielfreiheit in Rollenspielregeln

Rollenspiel-Regeln DÜRFEN in MANCHEN Bereichen aus Gründen der Fairness die TOTALE Spielfreiheit eines einzelnen Spielers einschränken. Dabei bleibt aber immer noch ein unendlich großer Entscheidungsraum für jeden Spieler offen.

Das ist anders als bei z.B. Brettspielen, wo ALLE zulässigen Handlungen festgelegt sind, und somit alles, was NICHT als zulässig gilt, NICHT MÖGLICH ist.


Vollständigkeit der Regeln von Rollenspielen

Rollenspiele kommen NICHT mit dem Anspruch daher, ALLE ZULÄSSIGEN Handlungsmöglichkeiten eines Spielers VOLLSTÄNDIG in Regeln vordefiniert zu haben.

Das ist der Hauptunterschied auf der Regelseite zu anderen Gesellschaftsspielen, die eben einen für dieses Spiel vollständigen Satz an Handlungsmöglichkeiten und eine strikt vorgegebene Handlungsreihenfolge bzw. Optionsauswahl festlegen.


Abgrenzung zu anderen Spielformen über die Spielfreiheit des Spielers

Spielt man z.B. ein Spiel, in welchem man einen Charakter (als "Avatar" in einer Spielwelt) spielt, der Handlungen ausführen soll, und sind diese Handlungen nur  aus einer FESTEN, VORGEGEBENEN Liste auswählbar, dann ist es KEIN Rollenspiel, sondern eine andere Spielform. Sobald die SPIELFREIHEIT des Spielers auf einen festen, nicht mehr frei gestaltbaren Bereich durch Regelvorgaben eingeschränkt ist, spielt man kein Rollenspiel, sondern z.B. ein Abenteuerspielbuch wie Einsamer Wolf, ein Computerspiel, ein "Abenteuerspiel" (die von Ulisses geprägte Version eines Abenteuerspielbuchs mit Vorleser und Gruppenspielmöglichkeit), oder etwas anderes.

Das betrifft eine regelseitige Abgrenzung von Rollenspielen zu anderen Spielformen, die durchaus "rollenspielähnlich" aussehen können (siehe die Ulisses-Abenteuerspiele).


Andere Abgrenzungsansätze

Das Spielfeld - Rollenspiele verwenden KEIN festes, die GESAMTHEIT aller zulässigen Bewegungen, Regionen, usw. festschreibendes Spielfeld. Das Spielfeld "wandert", wird aufgrund der Spielfreiheit der Spieler immer wieder aufgebaut und neue Zonen ganz nach den Bedürfnissen der aktuellen Situation geschaffen.

Die Spielmaterialien - Ein Charakterbogen ist wie ein Spielbogen in einem Planspiel, wo Resourcen und Eigenschaften verwaltet werden. Manche Brettspiele wählen statt dessen Marker, Zählsteine, usw. Kartenspiele verwenden Karten mit Eigenschaften, die bei Aktivieren durch Positionieren markiert werden. - Und manche Rollenspiele verwenden solche Spielmaterialien auch. Da werden Wunden mit Glassteinen markiert, Glückspunkte mit Pokerchips, Munition mit einer verschiebbar markierten Skala, Powers mit Power-Cards usw. - Das sind jedoch nur Spielmaterialien, die neben einer gewissen haptischen Ansprache des Spielers reine Komfort-Funktion haben und eventuell noch Stimmungsträger sein können. Sie könnte man stets durch Strichlisten auf dem Charakterbogen ersetzen. Daher reichen solche vorgegebenen oder vorgeschlagenen Spielmaterialien nicht aus eine "Brettspieligkeit" zu diagnostizieren.

Das Konkurrenzverhalten - Spielen für den Sieg! - Es gibt einige wenige Brettspiele, in denen kooperatives Spiel "wie im Rollenspiel" vorgesehen ist. Bei den meisten gilt ein "free for all" - jeder gegen jeden. - Manche Rollenspiele heben ebenfalls auf dieses Konkurrenzverhalten der Charaktere gegeneinander ab (Paranoia). Manche sogar auf das Konkurrenzverhalten der SPIELER gegeneinander (AGON, 3:16). - Gerade die Rollenspiele, welche die SPIELER gegeneinander um den SIEG, um das GEWINNEN des Spiels antreten lassen, haben eine spürbare "gefühlte Brettspieligkeit". Es geht weniger darum einen Charakter als Rolle zu verkörpern, denn darum das Spiel zu GEWINNEN. Und das ist in den meisten, den typischen Rollenspielen nicht so üblich. Hier ist der Gewinn sehr UNKLAR beschrieben oder NICHT beschrieben.

Daher kurz festgehalten: Typischerweise haben Rollenspiele KEINE KLAREN Siegbedingungen.


Metagaming - Brettspiele spielt man AUSSCHLIESSLICH im Meta-Game-Bereich, während man bei Rollenspielen "in der Spielwelt" und damit "im Charakter" spielt und "DRUMHERUM", also Metagaming betreibt. Rollenspiele haben somit sozusagen zwei Spielebenen, bei denen sich die Art der Spieleraktivität auch deutlich unterscheidet. Innerhalb der Spielwelt-Ebene wird die Charakterdarstellung, die innere Plausibilität der Spielwelt und der Handlungen in dieser im Vordergrund betrieben. Außerhalb der Spielwelt, im Spiel "hinter dem Spielwelt-Spiel", werden die Regeln "ausgereizt", werden Überlegungen außerhalb des Plausibilitätsgefüges der Spielwelt vorgenommen, werden Eingriffe in die Spielwelt-Eigenschaften, die nicht aus den Handlungsergebnissen der Charaktere resultieren vorgenommen. Damit ist das Metagaming das "Regel-Spiel" und das "Spiel rund um das Spiel herum".
Sogenannte "Spielleiterlose Rollenspiele" sind eigentlich ja nicht existent, sondern es handelt sich um Spielformen, in denen JEDER Spieler die Aufgaben des Spielleiters zum Teil mitübernimmt, somit sind es Spielformen, in denen ALLE Spielenden Spielleiter sind. Meinem Eindruck nach ergeben sich in solchen Spielformen schnell "brettspielige" Spielweisen. Hier wird mehr "um das Spiel herum" mit den Regeln für die Fairness bei der Bemessung der Spielleiter-Eingriffsmöglichkeiten gespielt, als daß das "Spielwelt-Spiel" im Vordergrund stünde. Auch ohne Brett entwickelt sich eine Spieldynamik, die sehr "brettspielig" wirkt, weil eben ALLE möglichen Handlungen eines Spielers in der wichtigen, der entscheidenden Ebene, dem Metagaming, regeltechnisch festgelegt sind. Das ist - siehe oben im Beitrag - der bestimmende Unterschied von Rollenspieligkeit zu Brettspieligkeit: Rollenspiele haben eine absichtsvoll "unterspezifizierte und unterdefinierte" Spielhandlungsbreite. Diese wird ganz essentiell durch das Vorhandensein einer diese Breite gewährenden und sicherstellenden Instanz, dem Spielleiter, bedingt. Ohne einen dedizierten Spielleiter fällt die Spielfreiheit weg, wenn sie nicht durch ein entsprechend stark spezifizierendes und definierendes Regelwerk in Teilen gestützt werden kann.

Das Charakterspiel - Hier ist die Methode "Rollenspiel" als das Spielen der Rolle eines fiktiven Charakters, einer fiktiven Person in einer ebenso fiktiven Spielwelt das Kriterium. In Brettspielen hat man Spielfiguren, die aber nur ein MARKER für eine gewisse Positionierung im Spielfeld und im Spielgefüge darstellen, nicht jedoch eine Art "Alter Ego" des Spielers. Man identifiziert sich nicht mit Halma-Pöppeln und auch nicht mit abstrakteren Spielfiguren. Man kann jedoch durchaus Identifikation bei Tabletop-Wargames feststellen, wobei hier eher die "Rolle" des jeweiligen Kommandeurs "gespielt" wird, während man als Spieler die Konfliktsimulation auf der Platte durchführt.
Daher ist die in manchen Rollenspielen vorgenommene Bezeichnung der Charaktere als "Spielfiguren" außerordentlich unglücklich. Sie impliziert eine weit größere Distanz des Spielers zur gespielten Person, als sie typischerweise in Rollenspielen gewünscht ist.

 
Immersion, radikales "Ideal" als Kampfargument

Hier möchte ich kurz auf ein "Un-Wort" des Rollenspiels eingehen. - Immersion (Untertauchen).

Das Charakterspiel, die Darstellung dieser fiktiven Personen, kommt in einem unterschiedlich breiten Rahmen während des Gruppenspiels einer Spielsitzung vor. Spieler können problemlos im Laufe einer Sitzung in Sekundenbruchteilen in ihren Charakter schlüpfen, dort etwas überlegen, "in character" entscheiden, sofort wieder aus dem Charakter in die Regelebene gelangen und diese Entscheidung mit den korrekten Regelmechaniken umsetzen und wieder ganz raus aus dem Spiel in die Gruppeninteraktion als Spieler gehen und sich einen Scherz oder ein Prahlen über die coole Aktion erlauben, nur um sogleich wieder mitten im Charakter zu sein.

Kritiker der Verwendung von Spielmaterialien wie Markern, Karten, Bodenplänen unterschätzen generell die Fähigkeiten von Spielern zu diesen spontanen, schnellen "Ebenen-Wechseln".

Hier kommt oft ein ideologisch motivierter Anspruch auf, der "Gutes Rollenspiel (tm)" als ein Rollenspiel mit maximierter "Immersion (tm)" ansieht - beide (tm)-Begriffe sind diskussionsuntauglich, da es keinerlei Konsens auch nur bei zwei Personen gibt, was denn nun WIRKLICH "gutes Rollenspiel" und was "Immersion" sei.

Der Anspruch, der erhoben wird, geht davon aus, daß die Zeit, die ein Spieler "im Charakter zubringt", die eigentlich wertvollere Spielzeit sei. - Dabei wird außer Acht gelassen, daß die Motivations- und Spaß-Faktoren in solch komplexen Spielformen wie dem Pen&Paper-Rollenspiel längst nicht so eindimensional sind, wie es die Immersions-Forderer meinen. Man kann auch an unterhaltenden Spielmechaniken Spaß haben (und eine GUTE Spielmechanik sollte auch immer vom Entwickler unterhaltend konzipiert sein, statt mit langweiliger Abarbeitungsfrustration aufzuwarten).

Immersion kann daher keinesfalls als Abgrenzungs-Kriterium zu anderen Spielformen taugen.


Meine Abgrenzungssicht

Ist die Spielfreiheit sichergestellt, d.h. sind NICHT ALLE Handlungsmöglichkeiten der Spieler regeltechnisch festgeschrieben, dann hat man Regeln, die für ein Rollenspiel geeignet sind.
Die Spielfreiheit in einer Gruppe von Menschen kann nur von einer dieses sicherstellenden Instanz gewährleistet werden. Das ist der Spielleiter. Hat man eine Gruppe mit einem Gruppenführer, dem Spielleiter, und den Gruppenmitgliedern, den Spielern, dann ist diese Gruppe möglicherweise eine Rollenspiel-Gruppe.
Das Rollenspiel findet auf unterschiedlichen Ebenen statt - fehlt eine, so liegt kein Rollenspiel mehr vor. Das Spielwelt-Spiel ist die Ebene, in der das Charakterspiel stattfindet, das Regel-Spiel, das Metagaming, ist die Ebene, in der die spielerische Anwendung der Regelmechanik stattfindet. - Daneben gibt es in der Spielgruppe noch alle anderen Ebenen der sozialen Interaktion als Gruppe.

Liegt also SPIELFREIHEIT der Spieler vor, hat man einer Spielgruppe mit einem SPIELLEITER und spielt man sowohl das SPIELWELT-Spiel (und damit auch das CHARAKTER-Spiel) als auch das REGEL-Spiel, dann handelt es sich um ein Rollenspiel TYPISCHER Ausprägung.

Typische Ausprägung, weil es natürlich keine "harten" Kriterien sind, sondern sich die Spiele doch SEHR unterschiedlich präsentieren.

Was für MICH sicher KEIN Rollenspiel ist, das empfindet jemand anderes als normales Rollenspiel.
Wo ICH keinerlei Einschränkung der Eignung als Rollenspiel durch Miniaturen und Szenerie-Einsatz sehe, fühlt jemand anderes sich vom Rollenspiel in ein Tabletop-Wargame versetzt.

Daher hier noch einmal ganz klar: Das sind MEINE Abgrenzungen, die ICH vornehme, wenn ICH ein Spiel beurteile und es als Rollenspiel bezeichne.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: 1of3 am 25.11.2010 | 07:53
Da sind viele schöne Gedanken, die auch alle weitestgehend teile.

i) Rollenspiele haben als zentrales Element, das gemeinsame Erdenken einer fiktiven Welt, in der im Grunde alles passieren kann.

ii) Rollenspiele können Regelmechanismen benutzen, wie man sie von anderen Gesellschaftsspielen, insbesondere Brettespielen, kennt.

iii) Die Wichtigkeit dieser beiden Bereiche zueinander kann von Gruppe zu Gruppe, Spiel zu Spiel und - ganz wichtig - auch innerhalb der gleichen Spielsitzung variieren. Der Eindruck von "Brettspieligkeit" entsteht, wenn die Mechanismen Vorrang vor der Fiktion erhalten. Diese Umkehrung der beiden Elemente ist nicht notwendig als negativ aufzufassen.


@Zornhau: Wirklich schön ausgeführt. Man könnte vielleicht noch ergänzen, dass die fast vollständige Freiheit sich auf die Fiktion bezieht. Die regelseitigen Handlungsmöglichkeiten der Teilnehmer können durchaus als endlich gedacht werden.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Merlin Emrys am 25.11.2010 | 10:51
Oh schön, mal wieder ein Definitionsfaden! Da grabe ich doch gleich mal wieder aus, was ich schon einmal geschrieben hatte...

Aber vorweg: Gesellschaftsspiel ist eine Sammelkategorie für Brett-, Karten-, Würfel-, Rollen-, Geschicklichkeits- und noch andere Spiele. Brettspiele sind solche, bei denen das Spielbrett stark in das Spiel eingebunden ist; von daher wären für mich Spiele mit Bodenplänen und Spielfiguren die am ehesten geeignete Version, wie Rollenspiele mit Brettspielen zu fusionieren wären (und daher kommen die Rollenspiele ja wohl auch, insofern kann ich es nicht als Vorwurf sehen, wenn ein Rollenspiel Brettspielanteile hat, auch wenn es meinen Geschmack nicht trifft). Die Grenzen zwischen den einzelnen Spielkategorien sind mE ohnehin offen, da Spiele problemlos zu mehreren Kategorien gehören können, z.B. durch die Verwendung von Brett und Karten sowohl Brett- wie Kartenspiele sein können. Um eine Mehrfacheinordnung zu begründen, sollte allerdings ein Element nicht nur vorkommen (viele Brettspiele verwenden ja Würfel, ohne dadurch zu Würfelspielen zu werden), sondern einen eigenen, prominenten Anteil am Spielverlauf haben. Ein Beispiel für ein Spiel einer Mischform wäre für mich z.B. "Der Blaumilchkanal".

Notwendig sind für mich, um ein Spiel als Rollenspiel einzuordnen:
- Übernahme mindestens eines fest definierten Charakters in einer fiktiven Spielwelt aus einer (ebenfalls fiktiven) "ich"-Perspektive durch einen Spieler
- Existenz eines gemeinsamen Vorstellungsraums, auf den eingewirkt werden kann
- Existenz eines Regelwerks zur Interaktion der Spieler miteinander und mit dem gemeinsamen Vorstellungsraum

In meinen Augen nicht notwendig, aber als Zusatzkriterien geeignet sind:
- es gibt einen Spieler mit besonderen Pflichten und Rechten, der die Interaktion moderiert (vulgo: Spielleiter)
- komplexe Umwelteinflüsse, die sich aus dem Vorstellungsraum ergeben, werden summarisch durch den Einsatz eines Zufallsgenerators (Würfel, Karten, ...) ins Spiel eingebunden
- der gemeinsame Vorstellungsraum entwickelt sich zumindest in Teilen geschichtlich fort
- ein Teil der Regeln, der sich auch auf die Interaktion zwischen den Charakteren oder mit der fiktiven Umwelt bezieht, liegt als geschriebener Text vor
- die Beteiligung geschieht als Spiel gemäß der Definition von Johan Huizinga: „Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als das ‚gewöhnliche Leben‘.“

Zum Punkt "Übernahme von Rollen": Für mich ist die strikte Zuordnung von mindestens einer Rolle zu einem Spieler eine wesentliche Bedingung des Rollenspiels. Ich ziehe damit die Grenzen enger als einige andere, die nur die Existenz von übernehmbaren Rollen fordern. Zur Festlegung der Rollen gehören z.B. Charakterblätter, aber auch Konventionen, die dafür sorgen, daß ein fiktiver Charakter wiedererkennbar ist.
Zum Punkt "Teilen der Vorstellung": Man kann, wie schon von anderen erwähnt, auch andere Spiele mit einer fiktiven Handlung unterlegen. Es ist dort meist aber nicht Teil der Regeln, diese Vorstellung zu kommunizieren. In dem Moment, wo dies geschieht, öffnet sich schon die Grenze zum Rollenspiel. Computerspiele sind insofern keine Rollenspiele, als die fiktive Umgebung in ihrem Fall nicht von den Spielern gemeinsam geschaffen wird, sondern durch das Spiel vorgegeben ist. In dem Moment, in dem die Spieler beim Computerspiel die Umgebung selbst formen, würde allerdings auch dort die Grenze sich öffnen. Eine andere Grenzöffnung ergibt sich da, wo ein Spieler für sich allein Rollenspiel betreibt, was ich solange als Rollenspiel bezeichnen würde, wo es sich vom Gruppenrollenspiel in der "Durchführung" nicht wesentlich unterscheidet. Ja, das ist schwammig, ich weiß. Aber ich glaube, das gehört beim Spiel dazu, daß es offen sein kann und damit eben nicht exakt eingrenzbar.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Captain am 25.11.2010 | 10:54
Zornhau hat es ziemlich gut ausgedrückt. "Brettspielig" als Kampfbegriff für die Abgrenzung der eigenen Spielweise gegenüber anderen, als minderwetiger empfundenen, ist ein direkter Vorwurf. Ist nicht das erste Mal und wird auch nicht das letzte Mal sein daß sowas aufkommt. Geschmäcker sind nunmal verschieden.
Wenn man mal versucht den "vorwurf" als solchen von dem Begriff runterzunehmen und betrachtet was die Leute hier so alles assoziieren, ist eigentlich gut zu erkennen, daß hier eine wettbewerbsorientierte Spielweise gemeint ist, die gerne auch mit Battlemap darstellerisch umgesetzt wird. Einen Begriff dafür muß man eigentlich gar nicht mehr abklären, denn den gibts schon. Das ist das, was Ron Edwards als Gamism bezeichnet hat.

Wo die Grenze zwischen Rollenspiel und Brettspiel nun genau verläuft, ist wohl eine subjektive Frage. Für den einen sind Heroquest (http://de.wikipedia.org/wiki/HeroQuest_%28Brettspiel%29), Jon Sinclair u.ä. schon Rollenspiele, für den anderen sinds klar Brettspiele. Faktisch sinds Derivate aus beiden Welten. Und ich glaube die Grenze wird in den nächsten Jahren noch viel stärker verschwimmen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: carthinius am 25.11.2010 | 11:15
@Zornhau & 1of3:
Schöne Sachen dabei, denen ich größtenteils zustimme und die ich vermutlich nicht so hätte (be)schreiben können. Danke dafür!  :d
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 25.11.2010 | 11:32
Wenn man mal versucht den "vorwurf" als solchen von dem Begriff runterzunehmen und betrachtet was die Leute hier so alles assoziieren, ist eigentlich gut zu erkennen, daß hier eine wettbewerbsorientierte Spielweise gemeint ist, die gerne auch mit Battlemap darstellerisch umgesetzt wird.
Nicht unbedingt.
Spiele wie u.A. Pandemie werden auch als Brettspiele bezeichnet obwohl sie kooperativ sind.

Imho zeichnen sich Brettspiele durch ein vollstaendig geschlossenes Regelset aus das primaere konkrete mechanische Handlungsweisen beschreibt / ermoeglicht. Insofern halte ich fast alle PC RPG Spiele fuer brettspielig bzw. elektronische Brettspiele.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Wulfhelm am 25.11.2010 | 12:56
Das lässt den Umkehrschluss zu, dass es für Rollenspiele gar nicht das Ziel sein darf, eindeutige Regeln zu haben,
wenn genau das ein Rollenspiel von den anderen Spielen abhebt?
Allgemein: Präskriptive Definitionen halte ich hier eher nicht für sinnvoll. Was Rollenspiele dürfen oder sollen, ist nicht so interessant wie das, was sie sind.
Ein, ich sage es mal mit aller gebotenen Vorsicht, "pures" Rollenspiel hätte in der Tat keine eindeutigen Regeln. Das kennt man vielleicht unter Begriffen wie "freies Rollenspiel" oder eben auch "regelloses Rollenspiel". In Wirklichkeit hat natürlich auch ein solches Spiel Regeln, aber eben keine eindeutigen.
Die meisten Rollenspiele haben eben auch "brettspielige" Elemente. Ein "brettspieliges" Element ist oft - aber keinesfalls immer - der Kampf. Bei den Regeln für diese Elemente ist natürlich - wie bei Brettspielen üblich - Eindeutigkeit der Normalfall.
Das Alleinstellungsmerkmal von Rollenspielen ist aber in der Tat, dass der spielinterne Handlungsrahmen nicht ausschließlich, oft sogar nur in eher geringem Maße, von eindeutigen Regeln eingeschränkt wird. Es gibt auch einige andere Spiele, bei denen das so ist, und die klassischerweise nicht als Rollenspiele bezeichnet werden - Diplomacy zum Beispiel - aber die ähneln in den relevanten Elementen Rollenspielen doch sehr.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Tudor the Traveller am 25.11.2010 | 14:28
Ein, ich sage es mal mit aller gebotenen Vorsicht, "pures" Rollenspiel hätte in der Tat keine eindeutigen Regeln. Das kennt man vielleicht unter Begriffen wie "freies Rollenspiel" oder eben auch "regelloses Rollenspiel". In Wirklichkeit hat natürlich auch ein solches Spiel Regeln, aber eben keine eindeutigen.

Sehe ich nicht so. Der Simulationsanteil, den jedes Rollenspiel hat, weil es eben eine Spielwelt abbilden will, braucht möglichst eindeutige Regeln, weil die Simulation sonst eben auch uneindeutig wird. Ich sags mal so: Wenn Schwerkraft Teil der Rollenspielrealität ist, und die wenig eindeutigen Regeln dazu führen, dass ein Stein mal nach unten fällt und mal nach oben, läuft was falsch.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Funktionalist am 25.11.2010 | 14:48
Ich sehe eine exakte Trennung von Brettspiel und Rollenspiel als unmöglich an.
Das ist ein fließender Übergang zwischen zwei Formen, die jeweils kulturell durch Archetypen beschreiben sind.
Auf der einen Seite gibt es das archetypische Mensch-ärgere-dich nicht und auf der anderen Seite gibt es das Play-pretend aus Kindertagen.

Ich sehe hier Parallelen zu den Trennungen Kampfkunst-Kampfsport-Tanz mit Problemfällen wie Capoeira(Tanzsport oder kampskunst?), Wushu(Kampfkunst als Tanz?), Aikido(Tanz oder Kampfkunst? Sicher kein Kampfsport.), KravMaga(dem z.B. die Kunst abgesprochen wird)...

Brettspielig wird es, wenn die Aufmerksamkeit und das Denken von Vorstellungsraumbeeinflussten Möglichkeiten und Sichtweisen auf abstrakte Darstellungen gerichtet und durch konkrete Regeln in vorgefertigte Bahnen gelenkt wird.

Das Problem hiermit ist, dass diese Sichtweise eine starke Empfindungskomponente enthält. Wenn Abstraktion (Diaspora Minigames) bei einem nicht funktioniert, er also aus seiner Vorstellungswelt der Handlung herausgerissen wird, so empfindet er sie als brettspielig. Das muss nicht personenabhängig sein, sondern kann von Fall zu Fall variieren. Also kann der DnD4 Kampf gegen den einen Gegner ein Feuerwerk im Vorstellungsraum auslösen, aber die shiftende Tarraske lässt einen nur wieder die Felder zählen und bringt einen auf den Bodenplan zurück und man spielt das Brettspiel.

Rollenspielig wird es, sobald der Vorstellungsraum, in dem man seine Spielfigur sieht, als Plausibilitätsmaßstab für alle Ansagen und Aktionen wird.


Die Regisseurssichtweise, die viele Rollenspiele heute mit einfließen lassen, ist ebenso eine Abweichung vom reinen Play-Pretend, wie die Battlemap oder Dinge wie Hitpoints und oder Attribute.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Wulfhelm am 25.11.2010 | 16:30
Sehe ich nicht so. Der Simulationsanteil, den jedes Rollenspiel hat, weil es eben eine Spielwelt abbilden will, braucht möglichst eindeutige Regeln, weil die Simulation sonst eben auch uneindeutig wird.
Bitte im Kontext lesen: Spielinterner Handlungsrahmen. Abgesehen davon, dass ich in Abrede stelle, dass "jedes Rollenspiel [...] eine Spielwelt abbilden will" und dass dies ein sinnvolles Abgrenzungskriterium darstellt, weil das viele andere Spiele auch tun.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 25.11.2010 | 16:49
Das Problem hiermit ist, dass diese Sichtweise eine starke Empfindungskomponente enthält.
Darum ja die Herangehensweise über den Handlungsrahmen und sein Verhältnis zu eindeutigen Regeln. Das ist eigentlich recht simpel:
Bei einem herkömmlichen Gesellschaftsspiel kannst Du nur die Handlungen im Spiel vornehmen, welche durch die Regeln präzise und unzweideutig festgelegt sind. Du kannst einen Läufer nicht ausnahmsweise mal wie einen Springer bewegen.. Du kannst beim Kniffel nicht W4 oder W8 verwenden. Du kannst auch bei BattleTech deine PPC nicht zwei mal pro Runde abfeuern und sie danach durchschmoren lassen.
Bei letzterem Beispiel kommen wir zum Rollenspiel. Denn bei Mechwarrior ginge das eventuell schon. Aber das ist nicht durch eindeutige Regeln festgelegt*, sondern in einem klassischem Rollenspiel der Entscheidung des Spielleiters überlassen. In einem weniger klassischen Rollenspiel könnte das Verhandlungssache mit den Mitspielern sein. Auf jeden Fall kann es nicht eindeutig aus den Regeln hergeleitet werden.

In einem kleinen Nebensatz seines dem einen oder anderen sicher bekannten Aufsatzes "Five Elements of Commercial Appeal in RPG Design" (http://www.io.com/~sjohn/five-elements.htm) hat S. John Ross die absolut beste und wichtigste Aussage versteckt:
'This taps into what may be the most unique feature of RPGs: tactical infinity. In Chess, the White Queen can't sweet-talk a Black Knight into leaving her be; in Squad Leader, a group of soldiers can't sneak through an occupied village dressed as nuns. In an RPG, you really can try anything you can think of, and that's a feature that thrives on anarchy.'
Genau das.

*Es sei denn, so eine Szene kam in irgend einem Roman vor und sie haben mittlerweile eine Zusatzregel daraus gemacht, ich bin nicht auf dem laufenden.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Scylla am 25.11.2010 | 16:54
Das muss nicht personenabhängig sein, sondern kann von Fall zu Fall variieren. Also kann der DnD4 Kampf gegen den einen Gegner ein Feuerwerk im Vorstellungsraum auslösen, aber die shiftende Tarraske lässt einen nur wieder die Felder zählen und bringt einen auf den Bodenplan zurück und man spielt das Brettspiel.
Kommt wohl auf die "Graphik-Karte" im Kopf an. Ich sehe die Tarraske ein Stück zur Seite stapfen, und auf einer anderen Ebene 1 Feld shiften. Ich trenne sozusagen meine Gedanken in solchen kartenbasierenden Kämpfen in zwei Bereiche: Ein Teil meines Geistes erstellt die Bilder (wie in einem Film), ein anderer taktiert und zählt Felder. Hört sich etwas nach Persönlichkeitsspaltung an, funktioniert aber ganz ausgezeichnet.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Funktionalist am 25.11.2010 | 17:00
@Hashiba
Hätte "ich" schreiben sollen, wo ich "ich" meine. ;)

@topic
Sehe ich das richtig, dass Einigkeit darüber herrscht, dass die Freiheit das Kriterium für eine Trennung sein soll?

Im Moment scheint es darum zu gehen, KO-Kriterien zu finden.
Ich glaube nicht, dass das so geht, da die Regeln nicht vollständig das Spiel bestimmen und auch innerhalb einer Runde die einzelnen Spieler nicht zu jeder Zeit das gleiche Spiel spielen.
Als Beispiel sehe ich jetzt Hashiba und mich, die einer Tarraske beim shiften zusehen und ich brettspiele, während ein Platz weiter noch Rollengespielt wird. ;)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 25.11.2010 | 17:02
Als Beispiel sehe ich jetzt Hashiba und mich, die einer Tarraske beim shiften zusehen und ich brettspiele, während ein Platz weiter noch Rollengespielt wird.
Bei meiner Definition gibt es da - jedenfalls für den Moment - keine Unklarheit.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Funktionalist am 25.11.2010 | 17:20
Bei meiner Definition gibt es da - jedenfalls für den Moment - keine Unklarheit.
njaaa doch.
Also deine Def. ist mir nicht unklar.

Wenn man jetzt allerdings ein Spiel ähnlich wie Wushu spielt und die Würfelerfolge jetzt nur einen Marker zwischen Happyend und TPK verschieben lässt, so gibt es keine undefinierte Aktion.
Man macht nur eines: Details erfinden um Würfel zu generieren und den Stein hin- und herwürfeln.
Alles andere ist Fluff und für das Ende (Sieg oder Niederlage) uninteressant.
Man könnte esd amit vergleichen, dass man seine Bauern beim Schach anfeuert.

Trotzdem kann die Identifikation mit dem Charakter aufkommen und man selbst die ganze Zeit die Rolle empfinden und die Freiheit der Vorstellungswelt genießen, da der Charbogen Einfluss auf die Detailfindung hat.

In dem Moment, in dem allerdings nur Brett im Zentrum meiner Aufmerksamkeit ist und nicht das Rollenspiel/das erzählte Abenteuer selbst, ist es ein Brettspiel.

Ich finde deine Definition nicht schlecht, nur wirds kritisch, wenn abstrakte Regeln wirklich lückenlos gelten und den Konflikt als Anzeige auf dem Spieltisch, also nicht im eigentlichen Spiel selbst, sondern auf der Metaebene, regeln.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 25.11.2010 | 17:33
Wenn man jetzt allerdings ein Spiel ähnlich wie Wushu spielt und die Würfelerfolge jetzt nur einen Marker zwischen Happyend und TPK verschieben lässt, so gibt es keine undefinierte Aktion.
Man macht nur eines: Details erfinden um Würfel zu generieren und den Stein hin- und herwürfeln.
Alles andere ist Fluff und für das Ende (Sieg oder Niederlage) uninteressant.
Man könnte esd amit vergleichen, dass man seine Bauern beim Schach anfeuert.
Wenn das Anfeuern einen durch Regeln nicht eindeutig festgelegten Effekt hat, wären das in der Tat Rollenspielelemente.
Wenn es bei Wushu nun umgekehrt so wäre, dass alles, was man innerhalb des Spiels tun kann, nur und ausschließlich durch eindeutige Regeln festgelegt wäre, dann wäre es in der Tat kein Rollenspiel. Ich habe das noch nie gespielt, sehe aber in dem Exemplar aus meiner PDF-Sammlung unter anderem: 'That's why GMs and players have the right to veto any
Detail that rubs them the wrong way. To make this work, it's important to agree on the tone and style you want
for your game before you start playing.' Das scheint mir recht aussagekräftig.

Zitat
Ich finde deine Definition nicht schlecht, nur wirds kritisch, wenn abstrakte Regeln wirklich lückenlos gelten und den Konflikt als Anzeige auf dem Spieltisch, also nicht im eigentlichen Spiel selbst, sondern auf der Metaebene, regeln.
Kannst Du dafür mal ein Beispiel nennen? Ich verstehe nicht, was Du hier mit Metaebene meinst.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Tudor the Traveller am 25.11.2010 | 18:50
Abgesehen davon, dass ich in Abrede stelle, dass "jedes Rollenspiel [...] eine Spielwelt abbilden will" und dass dies ein sinnvolles Abgrenzungskriterium darstellt, weil das viele andere Spiele auch tun.

Na dann warte ich jetzt gespannt auf ein Beispiel, wo im Rollenspiel KEINE Spielwelt abgebildet wird. Ich habe außerdem auch gar nie nicht gesagt, dass das ein Abgrenzungskriterium sei. Im Gegenteil.  ;) Aber ich bin nicht der Meinung, dass Regeln den Rollenspielanteil vermindern. Was du als "pures" Rollenspiel bezeichnest, erscheint mir eher eine sehr eindimensionale Art Rollenspiel, in dem die Charaktere aus der Spielwelt herausgeschnitten sind und quasi ohne Kulisse agieren. Falls ich dich darin nicht falsch verstanden habe, wäre das aber für mich nur ein Teilaspekt des Rollenspiels.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Funktionalist am 25.11.2010 | 20:47
@Wulfhelm
Disclaimer:
Nein, Wushu funktioniert nicht so, wie ich es oben beschrieben habe. Dort generiert man durch Details der Beschreibung Würfel für die Aktion. Das mit dem Konfliktmarker gehört nicht zu Wushu.

Beispiel für Konfliktmaßstäbe auf Metaebene in aufsteigender Abstraktion:
- Wundsystem: x Wunden und du bist draußen. Wunden werden bestimmt und beschrieben.
- Hitpoints: je niedriger sie sind, desto schlimmer ist die Summe aller Verletzungen.
- Stresspunkte bei Fate: .. je schlimmer ist die Situation für den Char. (Die Konsequenzen brechen das wieder auf ein "Wundsystem" zurück)
- Spannungsbogen bei With great power, der angibt, welche Boni und Mali der Spieler/der Sl bekommt. Je weiter fortgeschritten, desto leichter wird es für die Spieler. (Dies ist nur ein indirektes Beispiel.)
- Minigames bei Diaspora. Ziel der Verkupplungsaktion ist es, die Tokens der beiden ins Zentrum des Diagramms zubewegen. Die Verschiedenen Felder sind so gezeichnet, dass sie Verknüpfungen mit bestimmten Ingameaktionen suggerieren.
- Konfliktbalken mit Marker, Beide Seiten machen ein würfeliges Tauziehen um den Marker. Wenn eine Seite ihn gewinnt, erzählt sie den Ausgang des Konfliktes.

Wenn es bei Wushu nun umgekehrt so wäre, dass alles, was man innerhalb des Spiels tun kann, nur und ausschließlich durch eindeutige Regeln festgelegt wäre, dann wäre es in der Tat kein Rollenspiel.
Wenn es nur Regeln gibt, die Effekte auf der Metaebene beschreiben, wie in meinem nicht Wushubeispiel, bei dem auf der Spielweltebene nur das Detailsgenerieren stattfindet, ist alles, was in dem Spiel getan werden kann: Details generieren und würfeln.
Man hat gar keine andere Wahl, regeltechnisch.

Am Spieltisch sucht man in der Spielwelt nach plausiblen Details, setzt kreativ die Stichworte auf seinem Charbogen ein und erweitert und biegt den Konflikt, sodass der andere Probleme hat Details zu finden etc.
Das heißt, es werden ganz frei Aktionen erzählt und Dinge erfunden, solange es kein Veto gibt. Soweit noch Rollenspiel als Freeform.
Als Hilfsmittel zum Konflikte lösen gibt es nur dieses Tauziehen/schieben(egal wie es genau funktioniert, "Tauziehen" ist einfacher erklärt.).
Solange es keinen konflikt gibt, ist es Freiform und sobald einer auftaucht, wird gezogen. Dann ist jede mögliche Aktion mit den Regeln abgedeckt(vielleicht gibt es noch eine Regel zum Abbrechen?) und regelseitig gibt es keinerlei kreative Entscheidung.
Die Rollenspielelemente sind aber trotzdem vorhanden.

Ist das so verständlich?
Ich versuche ein Beispiel zu geben, bei dem ich noch von Rollenspiel sprechen würde, also von "definitv kein Brettspiel", das nach deiner Version keines ist.
Die Tarraskengeschichte ist nämlich auch ein Beispiel für ein Spiel, das nach deiner Def. noch Rollenspiel wäre (wegen der "Stunt"seite im Regelwerk, mit der man "alles" improvisieren kann.), sich für mich aber sehr brettspielig anfühlt.
Deshalb gehe ich nicht von einer klaren Grenze aus, sondern nehme die Wahrnehmung durch den Spieler noch hinzu.

sers,
Alex

Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Eulenspiegel am 25.11.2010 | 22:02
Ich sags mal so: Wenn Schwerkraft Teil der Rollenspielrealität ist, und die wenig eindeutigen Regeln dazu führen, dass ein Stein mal nach unten fällt und mal nach oben, läuft was falsch.
Sage mir mal ein einziges Rollenspiel, in denen es Regeln dafür gibt, dass Steine fallen. (Manche Rollenspiele haben so etwas ähnlich wie Regeln für Fallschaden. - Aber ich kenne auch sehr viele Regelwerke, die ohne Regeln für Fallschaden auskommen. Und sonstige Regeln für Schwerkraft kenne ich bei den wenigsten RPGs.)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 25.11.2010 | 22:49
Wenn es nur Regeln gibt, die Effekte auf der Metaebene beschreiben, wie in meinem nicht Wushubeispiel, bei dem auf der Spielweltebene nur das Detailsgenerieren stattfindet, ist alles, was in dem Spiel getan werden kann: Details generieren und würfeln.
Gibt es für das 'Details generieren' präzise und unzweideutige Regeln wie für das 'Wörter generieren' beim Scrabble? Wenn ja: Nein, kein Rollenspiel. Wenn nicht: Vielleicht doch.

Zitat
Am Spieltisch sucht man in der Spielwelt nach plausiblen Details, setzt kreativ die Stichworte auf seinem Charbogen ein und erweitert und biegt den Konflikt, sodass der andere Probleme hat Details zu finden etc.
Das heißt, es werden ganz frei Aktionen erzählt und Dinge erfunden, solange es kein Veto gibt. Soweit noch Rollenspiel als Freeform.
Wie gesagt: Wenn 'plausibel' nicht eindeutig durch Regeln geklärt ist, voll im Definitionsrahmen.

Zitat
Ich versuche ein Beispiel zu geben, bei dem ich noch von Rollenspiel sprechen würde, also von "definitv kein Brettspiel", das nach deiner Version keines ist.
Dieses Beispiel trifft hier nicht zu. Ich glaube, dass Du hier künstlich zwischen 'regelseitig' und irgend etwas anderem unterscheidest. Dinge wie 'Details generieren' sind ganz offensichtlich spielinterne Handlungsoptionen, die nicht ausschließlich durch eindeutige Regeln umrissen sind und somit mögliche Rollenspielelemente.

Zitat
Die Tarraskengeschichte ist nämlich auch ein Beispiel für ein Spiel, das nach deiner Def. noch Rollenspiel wäre (wegen der "Stunt"seite im Regelwerk, mit der man "alles" improvisieren kann.), sich für mich aber sehr brettspielig anfühlt.
Das ist nun wieder eine ganz andere Kiste, nämlich eine bestimmte Standardsituation in einem Spiel, die durchaus so laufen kann. Ein Kampf bei D&D ist ggf. ein Brettspiel, ganz klare Sache. Denn wir reden natürlich über das Spiel, wie es gespielt wird. Wenn eine Alibi-"Sie können auch improvisieren"-Regel nicht zum Einsatz kommt, ist sie auch nicht relevant.
Wenn D&D nur aus seinem Kampfsystem bestehen würde, wäre es kein Rollenspiel. Tut es aber nicht.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Wulfhelm am 25.11.2010 | 23:02
Na dann warte ich jetzt gespannt auf ein Beispiel, wo im Rollenspiel KEINE Spielwelt abgebildet wird.
Überall dort zum Beispiel, wo es darum geht, eine Geschichte zu erzählen, statt eine Welt zu simulieren. Da werden spielinterne Handlungen nach nur einer einzigen Regel durchgeführt: Es muss sich gut in die Geschichte einfügen. Dass diese Regel alles, nur nicht eindeutig ist, versteht sich von selbst.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Funktionalist am 25.11.2010 | 23:44
@Wulfhelm
Deine Def deckt schon sehr viel ab und ist weitaus genauer als so manch andere, die ich gelesen habe.
Es geht hier um natürlich um Grenzfälle, die allerdings vor Allem in Spielen der Finnischen Jungs aus der Forge-Ecke, gehäuft auftauchen.

Ist eine Regel der Art, dass "konnotative Nähe" gefordert ist und die Feststellung per Votum (hier vetorecht eines jeden) erfolgt, genau genug?
Diese Regel ist vollständig, da sie in keinem Fall gebrochen werden muss. Im schlimmsten Fall gibt es eine Diskussion, die allerdings schon als Veto gewertet werden kann.

Ein Kampf bei D&D ist ggf. ein Brettspiel, ganz klare Sache.
Ah, also ist es möglich, dass ein Rollenspiel auch Brettspiele beinhaltet?
Also kann die Zuordnung ob das laufende Spiel gerade Rollen- oder Brettspiel ist mit der Zeit/Spielsituation sich ändern. Das sehe ich genauso.

Ich glaube, dass Du hier künstlich zwischen 'regelseitig' und irgend etwas anderem unterscheidest. Dinge wie 'Details generieren' sind ganz offensichtlich spielinterne Handlungsoptionen, die nicht ausschließlich durch eindeutige Regeln umrissen sind und somit mögliche Rollenspielelemente.
Genau das ist der wichtige Punkt. Ich kann mir ein Beispiel vorstellen, dass sich wie ein Brettspiel verhält und das man wie ein Brettspiel bespielen kann, was allerdings auch als Rollenspiel gesehen werden kann.
Hierbei versuche ich jetzt bei der Konstruktion die Regelseite vollständig und abstrakt zu gestalten und mit der Vorstellungsraumseite zu verknüpfen, sodass es weiterhin ein Rollenspiel(oder zumindest ein Erzählspiel) ist.
Ziel des Argumentes ist, dass unterschiedliche Personen das gleiche Spiel zum selben Zeitpunkt als Rollenspiel und als Brettspiel empfinden können.
Es also auf die eigene Empfindung ankommt, also ob die eigene Blickrichtung auf die Representation als Spielbrett oder auf die (gemeinsame) Vorstellung gerichtet ist.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Sternenwarzendreck am 26.11.2010 | 01:54
- Rollenspiel = auch nur EIN Gesellschaftsspiel
- Gesellschaftsspiele, die nicht Rollenspiele sind: Die Spieler ordnen sich dem Diktat der Regeln unter und bewegen sich ausschließlich im "Paradigma" des Spiels; die Regeln bestimmen die Aktionen, auf die höchstens geringfügig im abgesteckten Rahmen der verwendeten Spielregeln reagiert werden kann; Aktionen, die nicht durch die Regeln abgebildet sind, werden nicht Teil des Spiels.
- Rollenspiele: Die Spieler wählen ein offenes Regelsystem (jedes Spielsystem ist ungeachtet seiner Komplexität offen, da es angesichts der nahezu unendlichen Handlungsmöglichkeiten keinen abschließenden Regelkatalog anbieten kann); die beschriebenen Handlungen der Spielercharaktere werden häufig nach Regeln, analog zu bestehenden Regeln oder nach improvisierten Regeln umgesetzt, wobei dann die Regelanwendung die REAKTION auf die beschriebene AKTION darstellt, in deren Folge die Spieler durch weitere Aktionen auf die Regelergebnisse reagieren können; entscheidend ist für das Rollenspiel als Sonderform des Gesellschaftsspiel in Abgrenzung zu dem gemeinen Gesellschaftsspiel dabei, dass nicht jede Handlung eines Spielercharakters REGELRELEVANT, aber dennoch SPIELRELEVANT ist.
- Brettspielig: Wenn das Spiel aus der Vorstellungskraft "verdinglicht" wird - also in verkörperter Form auf z.B. Battlemaps umgesetzt wird und dabei ausschließlich nach Regeln gespielt wird.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 26.11.2010 | 08:39
Ist eine Regel der Art, dass "konnotative Nähe" gefordert ist und die Feststellung per Votum (hier vetorecht eines jeden) erfolgt, genau genug?
Das ist natürliche keine eindeutige Regel, die den spielinternen Handlungsrahmen festlegt, weil sie von der Stimmung und den Präferenzen der Mitspieler abhängt.

Zitat
Ah, also ist es möglich, dass ein Rollenspiel auch Brettspiele beinhaltet?
Die meisten Rollenspiele beinhalten "brettspielige" Elemente. Wenn sie aber ausschließlich solche Elemente beinhalten, sind sie keine Rollenspiele.

Zitat
Es also auf die eigene Empfindung ankommt, also ob die eigene Blickrichtung auf die Representation als Spielbrett oder auf die (gemeinsame) Vorstellung gerichtet ist.
Das ist aber eine völlig andere Definition.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Tudor the Traveller am 26.11.2010 | 09:49
Sage mir mal ein einziges Rollenspiel, in denen es Regeln dafür gibt, dass Steine fallen. (Manche Rollenspiele haben so etwas ähnlich wie Regeln für Fallschaden. - Aber ich kenne auch sehr viele Regelwerke, die ohne Regeln für Fallschaden auskommen. Und sonstige Regeln für Schwerkraft kenne ich bei den wenigsten RPGs.)

Hm, jetzt wo du es sagst... Für mich haben immer die physikalischen Gesetzmäßigkeiten mit dazu gehört (Magie mal außen vor), aber ich kenne auch kein RPG, wo dies tatsächlich so auch formuliert festgehalten wird.
Dennoch ging es ja mehr um den Zusammenhang: WENN Schwerkraft vorkommt, DANN muss sie eindeutig geregelt sein und eben nicht beliebig.

Überall dort zum Beispiel, wo es darum geht, eine Geschichte zu erzählen, statt eine Welt zu simulieren. Da werden spielinterne Handlungen nach nur einer einzigen Regel durchgeführt: Es muss sich gut in die Geschichte einfügen. Dass diese Regel alles, nur nicht eindeutig ist, versteht sich von selbst.

Jo, und das ist genau das, was ich meine. In so einem Spiel gibt es quasi keinen Hintergund für die Hanldung, bzw. dieser ist beliebig. Das ist für mich alles andere als Rollenspiel "pur". Es ist vielmehr eine sehr stark auf einen Aspekt (die Story) fokussierte Art Rollenspiel, der andere Aspekte (z.B. Spielwelt) eben extra ausblendet bzw. "unscharf" (= beliebig) werden lässt.

EDIT: Tippfehler
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: ArneBab am 26.11.2010 | 12:00
Dennoch ging es ja mehr um den Zusammenhang: WENN Schwerkraft vorkommt, DANN muss sie eindeutig geregelt sein und eben nicht beliebig.

Also z.B. wenn es Fluchtgeschwindigkeitsregeln für Raumschiffe gibt?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: kalgani am 26.11.2010 | 13:23
will ja nicht der böse sein, aber was hat gravition mit der unterscheidung von RPG vs. Brettspiel zu tun?

meine def.:
eine Brettspiel findet nur auf dem Tisch / Brett statt,
interaktion drumherum ist irrelevant.
(mir ist zumindest noch kein Brettspiel vor die füße gefallen wo das so wäre...)

ein Rollenspiel findet in einer Gruppe irgendwo statt,
interaktion neben dem Tisch ist ebenfalls relevant.
(mir ist zumindest noch kein RPG in die hände gelegt worde wo das nicht so wäre)

zum punkt gravitation... ich denke für die meisten personen ist die so selbstverständlich,
das diese bei den regeln gerne übersehen wird
. genau wie die farbe des lichtes, es wird der
einfachheit angenommen das es so aussieht wie hier.
Hab auch noch nirgends etwas davon gelesen das wasser in einer welt eine andere farbe
als blau hat, obwohl dies auf anderen welten auch vollkommen anders sein könnte.
wenn angenommen wird das es kein gravitationsregeln geben würde, dürfte es auch gleichzeitig
keine bewegungsregeln geben, da es ohne gravitation relativ schwer sein dürfte diese zu definieren.
allein ein gehen ist ohne gravition schliesslich schon nciht mehr möglich!
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 26.11.2010 | 13:40
Das Beispiel mit der Schwerkraft sollte nur als Platzhalter für einen Zusammenhang zwischen einer Regel und dem Bezugsobjekt dienen. Es sollte nur verdeutlichen, dass eine Regel meiner Meinung nach klar beschrieben sein sollte, damit sie keinen Unsinn produziert.

Bei einem Brettspiel ist das egal. Da haben die Regeln nur den Zweck, ein bestimmtes Ergebnis zu produzieren, das keiner weiteren Bewertung hinsichtlich der Plausibilität standhalten muss.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Wulfhelm am 26.11.2010 | 17:34
Jo, und das ist genau das, was ich meine. In so einem Spiel gibt es quasi keinen Hintergund für die Hanldung, bzw. dieser ist beliebig. Das ist für mich alles andere als Rollenspiel "pur". Es ist vielmehr eine sehr stark auf einen Aspekt (die Story) fokussierte Art Rollenspiel, der andere Aspekte (z.B. Spielwelt) eben extra ausblendet bzw. "unscharf" (= beliebig) werden lässt.
Moment, Moment, jetzt hast Du zwei Dinge durcheinandergeworfen:
1. Meine Aussage, dass nicht jedes Rollenspiel eine Welt simuliert. Davon unabhängig ist nämlich:
2. Meine Definition bezüglich eindeutiger Regeln und ihren Einschränkungen des Handlungsrahmens.
"Pures" Rollenspiel war hier als solches gemeint, in dem "brettspielige" Situation, also vollständig und eindeutig regelgesteuerter Handlungsrahmen, gar nicht vorkommen. Gibt es in der Realität, bezogen auf ein komplettes Spiel, eher selten. Die meisten Rollenspiele schwanken zwischen den Elementen hin und her oder vermischen diese.

Wenn wir nun dann mal Dein Beispiel nehmen: Dass in Rollenspielregelwerken nicht steht, wie die Gravitation funktioniert, ist sehr relevant. Denn so etwas wird in Rollenspielen üblicherweise der Abwägung des Spielleiters (oder anderer Spielteilnehmer) überlassen. Also eben keine eindeutige Regel.
Ich nehme mal wieder das Gegenbeispiel Scrabble. Da steht - jedenfalls im offiziellen Regelwerk - nicht nur, dass die Wörter aus einem Wörterbuch stammen müssen, sondern sogar noch, welches. In nicht-Rollenspielen ist so etwas eindeutig und ohne die Notwendigkeit von Abwägung geregelt, jedenfalls im Idealfall.

Natürlich ist das Konvention:
- Bei einem herkömmlichen Spiel sind Auslegungs- und Abwägungsmöglichkeiten der spielinternen Handlungsmöglichkeiten unerwünscht. Die Norm ist die eindeutige Regelung sämtlicher Handlungsoptionen durch eindeutige Regeln, welche unabhängig von den Teilnehmern gelten.
- Bei einem Rollenspiel sind Auslegungs- und Abwägungsmöglichkeiten der spielinternen Handlungsmöglichkeiten dagegen ausdrücklich erwünscht. Die Norm ist die durch Regeln unerfassbare Vielfalt an Handlungsoptionen, die durch Vorlieben und Wissenstand der abwägenden Spielteilnehmer entstehen.

Als Literaturwissenschaftler könnte man formulieren, das sei sozusagen die Polyvalenz-Kovention des Rollenspiels...  ;)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Tudor the Traveller am 26.11.2010 | 18:45
Moment, Moment, jetzt hast Du zwei Dinge durcheinandergeworfen:

Ah, ok. Ich denke, ich habs jetzt  :D

Natürlich ist das Konvention:
- Bei einem herkömmlichen Spiel sind Auslegungs- und Abwägungsmöglichkeiten der spielinternen Handlungsmöglichkeiten unerwünscht. Die Norm ist die eindeutige Regelung sämtlicher Handlungsoptionen durch eindeutige Regeln, welche unabhängig von den Teilnehmern gelten.
- Bei einem Rollenspiel sind Auslegungs- und Abwägungsmöglichkeiten der spielinternen Handlungsmöglichkeiten dagegen ausdrücklich erwünscht. Die Norm ist die durch Regeln unerfassbare Vielfalt an Handlungsoptionen, die durch Vorlieben und Wissenstand der abwägenden Spielteilnehmer entstehen.

Dem würde ich so beinahe zustimmen. Ich halte aber die Vielfalt der Handlungsoptionen nicht grundsätzlich für durch Regeln unerfassbar. Es wäre nur sehr aufwändig und unhandlich und in der Vollständigkeit schwer sicherzustellen. Aber im Grunde theoretisch möglich (ich bin der Auffassung, dass die Zahl der Optionen endlich ist, daher auch prinzipiell vollständig erfassbar).
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Terrorbeagle am 27.11.2010 | 09:20
Zitat
Wenn wir nun dann mal Dein Beispiel nehmen: Dass in Rollenspielregelwerken nicht steht, wie die Gravitation funktioniert, ist sehr relevant. Denn so etwas wird in Rollenspielen üblicherweise der Abwägung des Spielleiters (oder anderer Spielteilnehmer) überlassen. Also eben keine eindeutige Regel.

Es gibt beim Rollenspiel neben den expliziten Regeln eben auch implizite Regeln. Dazu gehören -wie auch beim Brettspiel Regeln des sozialen Zusamenseins und der gegenseitigen Rücksichtnahme (kein Spielbrett umwerfen, wenn die eigene Figur geschlagen wird, "Spielschulden sind Ehrenschulden", usw.).
Bei Rollenspiel gehört dazu, dass alle Lücken im Erzählstrom, Weltenhintergrund usw. mit den Erfahrungswerten und Erwartungen der Spielerrn automatisch ausgefüllt wird. Man braucht keine expliziten Regeln für Schwerkraft, Tag-Nacht Rythmen oder dergleichen, einfach weil diese Elemente so fest in den Vorstellungen der Spielern verankert sind, dass eine explizite Ausformulierung unnötig ist. Relevant werden diese Alltagselemente erst, wenn sie von der Norm abweichen.

Darüber hinaus, habe ich mal eine etwas provokantere These:
Rollenspiel ist eben nicht bloß ein Spiel, es ist eine Form der Literatur, und damit eine Kunstform, zu Mindest wenn es mit der nötigen Aufmerksamkeit und Engagement betrieben wird.  Ein Brettspiel kann zwar durchaus ein Kunstobjekt sein, das Spielen eines solchen ist aber in aller Regel keine praktizierte Kunst. Beim Rollenspiel ist dies anders. Ist es dies nicht, dann ist das Rollenspiel "zu brettspielig", weil das volle Potential verschwendet wird.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Crimson King am 27.11.2010 | 09:52
Dem würde ich so beinahe zustimmen. Ich halte aber die Vielfalt der Handlungsoptionen nicht grundsätzlich für durch Regeln unerfassbar. Es wäre nur sehr aufwändig und unhandlich und in der Vollständigkeit schwer sicherzustellen. Aber im Grunde theoretisch möglich (ich bin der Auffassung, dass die Zahl der Optionen endlich ist, daher auch prinzipiell vollständig erfassbar).

Die Menge der Optionen ist ganz sicher unendlich. Allerdings lassen die sich in Kategorien/Gruppen/whatever einteilen, und da besteht die Möglichkeit, nur endlich viele zu verwenden.

Spiele, die auf Stake Resolution setzen, machen es vor. Die sind in vielen Fällen vollständig, weil die Einteilung der Handlungsmöglichkeiten entsprechend grobkörnig ist.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ArneBab am 27.11.2010 | 09:54
Rollenspiel ist eben nicht bloß ein Spiel, es ist eine Form der Literatur, und damit eine Kunstform, zu Mindest wenn es mit der nötigen Aufmerksamkeit und Engagement betrieben wird. 

Das würde ich so unterschreiben, nur das die Kunstform nicht ganz klar ist. Zusätzlich zu Literatur würde noch Theater in Frage kommen. Dazu kommt dann noch der Interaktionsaspekt: Es arbeitet nicht nur eine kreativ, sondern es arbeiten viele nach gemeinsamen Regeln daran. Und die Regeln, die den kreativen Prozess steuern, werden effektiv vom Spielsystem (Spielregeln+Hintergrund) vorgegeben.

Um es mal ein bisschen PR-technisch zu beschreiben: Rollenspiele zu spielen ist eine einzigartige Verquickung von Brettspiel, Literatur und Schauspielkunst.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: D. Athair am 27.11.2010 | 10:00
Ehe ihr mit der Diskussion davonprescht:

Darüber hinaus, habe ich mal eine etwas provokantere These:
Rollenspiel ist eben nicht bloß ein Spiel, es ist eine Form der Literatur, und damit eine Kunstform, zu Mindest wenn es mit der nötigen Aufmerksamkeit und Engagement betrieben wird.  
Schön für dich.
NUR: Ohne Argumentation, ohne Beispiel, ohne Begründung ist deine These für die Diskussion weitestgehend wertlos.

Fühl dich herzlich eingeladen das Versäumte nachzuholen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Crimson King am 27.11.2010 | 10:18
Ich würde empfehlen, das Thema "Rollenspiel als Kunst" außen vor zu lassen. Denn dazu müsste erst einmal der Kunstbegriff vernünftig definiert werden.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Tudor the Traveller am 27.11.2010 | 11:30
Die Menge der Optionen ist ganz sicher unendlich.

Wie kommst du darauf? Wenn du das ausreichend untermauern kannst, gebe ich mich geschlagen  ;)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Funktionalist am 27.11.2010 | 11:44
Das ist natürliche keine eindeutige Regel, die den spielinternen Handlungsrahmen festlegt, weil sie von der Stimmung und den Präferenzen der Mitspieler abhängt.
Natürlich ist sie eindeutig und vollständig, da sie in jedem Fall eine Entscheidung liefert.
Forderst Du jetzt, dass die Regeln das Spiel vollständig bestimmen sollen? Das ist bei Rollenspielen eine sehr heikle Annahme.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 27.11.2010 | 14:46
Natürlich ist sie eindeutig und vollständig, da sie in jedem Fall eine Entscheidung liefert.
Nein, sie ist nicht eindeutig. Um eindeutig zu sein, müsste das auf den Handlungsrahmen bezogene Ergebnis ihrer Anwendung vorhersagbar oder berechenbar sein, was nicht der Fall ist.
"Eine Figur kann 5 Felder weit ziehen" ist - in Bezug auf den spielinternen Handlungsrahmen - eindeutig.
"Eine Figur kann 1W6 Felder weit ziehen" ist auch eindeutig.
"Eine Figur kann so viele Felder ziehen, wie der rechte Nebenmann des Spielers für angemessen hält", ist nicht eindeutig.

(Alles, um diesbezüglicher Beckmesserei vorzubeugen, unter der Annahme, dass über die Definition von "Feld", "Figur" und "ziehen" Konsens herrscht.)

Zitat
Forderst Du jetzt, dass die Regeln das Spiel vollständig bestimmen sollen?

Wiederum: Normative Definitionen bringen nichts.

Zitat
Das ist bei Rollenspielen eine sehr heikle Annahme.
Eine Annahme ist wieder etwas anderes als eine Forderung. Meine Definition läuft wie ersichtlich auf das genaue Gegenteil hinaus.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Wulfhelm am 27.11.2010 | 14:50
Dem würde ich so beinahe zustimmen. Ich halte aber die Vielfalt der Handlungsoptionen nicht grundsätzlich für durch Regeln unerfassbar. Es wäre nur sehr aufwändig und unhandlich und in der Vollständigkeit schwer sicherzustellen. Aber im Grunde theoretisch möglich (ich bin der Auffassung, dass die Zahl der Optionen endlich ist, daher auch prinzipiell vollständig erfassbar).
Wenn sämtliche spielinternen Handlungsoptionen a) erfasst und b) durch eindeutige Regeln eingeschränkt sind, dann ist es nach dieser Definition kein Rollenspiel. Ich kenne allerdings auch kein als (PnP-)Rollenspiel beschriebenes Spiel, bei dem das der Fall ist und kann mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, wie das praktisch machbar sein soll.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Bad Horse am 27.11.2010 | 18:42
Brettspiele haben ein klar definiertes Spielziel (setz den gegnerischen König matt, heile alle Epidemien, bevor sie die Welt überrennen, finde den Mörder), das auch nicht mitten im Spiel einfach geändert werden kann. Das ist beim Rollenspiel anders - auch wenn das Spielziel klar definiert ist (haltet Borbarad auf, besiegt die Orks in den Hügeln), kann man es mitten im Spiel ändern (wir wollen lieber den Krieg zum Plündern nutzen, die Hügel sind egal, wir fahren jetzt zur Seee).

Bei einem Brettspiel kann eine Figur nicht auf einmal beschließen, das Spielbrett zu verlassen und irgendwas ganz anderes zu machen. Eine Pandemie-Figur kann nicht plötzlich finden, dass ihn das Geseuche nicht interessiert und er sich mit ein paar anderen Eliteleuten auf eine Insel zurückziehen möchte.

Brettspiele haben einen klaren Fokus, der auch nicht geändert werden kann oder sollte, und geben auch meist den Weg zum Erfolg vor, indem sie eine klare Anzahl an Handlungsoptionen anbieten. Beim Rollenspiel kann der Fokus geändert werden, der Weg zum Erfolg kann neu erfunden werden und es kann jegliche plausibel machbare Handlungsoption gewählt werden.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Sephiron am 29.11.2010 | 01:08
Ein Spiel kann problemlos beides sein - sowohl Brettspiel als auch Rollenspiel.

HeroQuest spielt sich ähnlich wie die klassischen Rsp-Systeme a la D&D, nur mit weniger Zetteln und mehr Figureneinsatz...
Hey, in der ersten Edition von DSA haben wir damals während des Spiels immer Miniaturen auf die im Spiel gezeichneten "Pläne des Schicksals" gestellt und an den Kästchen gezählt, wie weit die Figuren pro Runde laufen dürfen. Nur beim (gespielten) Einkaufen nicht. Hat sich genau so gespielt.
Umgekehrt hab ich auch HeroQuest-Runden gesehen, in denen viel InCharacter-Gerede stattfand, Charakterbögen mit Porträts des Charakters ausgeschmückt wurden etc.

Andere Brettspiele nähern sich auf andere Weise dem Genre Rollenspiel an... Bei "Junta" liegt der Fokus des Spiels ganz klar auf sozialer Interaktion mit den anderen Spielern, bei "Prince of the City" afaik ebenfalls.

Der Punkt ist:
Ein Spiel wird zum Brettspiel, wenn es ein Spielbrett beinhaltet. Ein Spiel wird zum Rollenspiel, wenn es das Einfühlen in eine Rolle beinhaltet.
Wenn ein Spiel beides nutzt, fällt es auch in beide Kategorien.

Es könnte gleichzeitig sogar noch ein Kartenspiel, ein Strategiespiel und ein Glücksspiel sein. Oft ist das sogar der Fall.



Bzgl Fokus:
Alles, was nicht pures Casual Gaming ist, braucht einen Fokus. Das gilt auch für Rollenspiele.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Voronesh am 29.11.2010 | 17:26
Das würde ich so unterschreiben, nur das die Kunstform nicht ganz klar ist. Zusätzlich zu Literatur würde noch Theater in Frage kommen. Dazu kommt dann noch der Interaktionsaspekt: Es arbeitet nicht nur eine kreativ, sondern es arbeiten viele nach gemeinsamen Regeln daran. Und die Regeln, die den kreativen Prozess steuern, werden effektiv vom Spielsystem (Spielregeln+Hintergrund) vorgegeben.

Um es mal ein bisschen PR-technisch zu beschreiben: Rollenspiele zu spielen ist eine einzigartige Verquickung von Brettspiel, Literatur und Schauspielkunst.

Naja ich würde das so eher nciht unterschreiben, ungefähr so wie ich Fußballspielen nicht als Kunstform sehe (obwohl das Wort da auch gerne gebraucht wird). Die meisten von uns betreiben es als Hobby und anders als die Oper (welche höchste seltenst als Hobby betrieben wird) sehe ich da den Unterschied. Auch kann Rollenspiel sehr wohl zu einem künstlerisch wertvollen Produkt führen, aber dass kann eine Nacht im Suff oder 3 Jahre im Dauerrausch auch, und dennoch sind Drogen keine Kunstform. Der Katalysator eines Prozesses ist nicht Teil des Endprodukts (so ich hoffe die Chemiker unter euch können jetzt etwas grinsen).

Aber ich denke das Problem ist da eher die Definition des Wortes Kunst.


Soweit ich die Diskussion vom OP her verstanden habe geht es um die Definition Rollenspiel vs Brettspiel. Querschläger seitens des Englischen ist das sog. Tabletop.

Wenn ich Tabletop außenvorlasse ergibt sich für mich die einfache Trennung anhand des Gebrauchs des vordefinierten Spielbretts. Wenn es nicht verlassen wird Brettspiel, sonst Rollenspiel. Nach dieser Definition ist praktisch alles Rollenspiel was wir so kennen.

Das Tabletop oder "Wargaming at home" oder auch einfach "Brettspiel ohne Brett" (Bennenungen mit " von mir), ist zwar als Brettspiel ohne Brett gut beschrieben und hat dadurch vielleicht einfach denselben CHarakter wie Brettspiel, jedoch ähnlich einem Dreieck, eifnach daneben.

Brettspiele haben seltenst die Angewohnheit RP Charakter Anzunehmen, Tabletop jedoch sehr wohl. So gab es Versuche Rollenspiel als Tabletop zu verkaufen, (von GW Mortheim oder Inquisitor soweit bekannt) oder aber auch einfach die sogenannte Kampagne, in der Einheiten auf einmal Sonderfähigkeite bekommen, und naja aufsteigen können. Dies bleibt jedoch sehr im "Brettspiel" Bereich hängen, da die Intention immer noch der Spielgewinn auf dem Schlachtfeld Tisch bleibt.

Andersherum hat sich DND natürlich Brettspielideen zueigen gemacht. Aber ich sehe das eher die Wörter Farbklang und Klangfarbe. Musik und Malerei können sich gegenseitig beeinflussen und doch meist zum Vorteil beider. Warum nicht auch "Brettspiel" und ROllenspiel.

Den Trennungsstrich würde ich meist anhand der Intention der jeweiligen Komponente ziehen, soll damit das Brettspiel anhand Rollenspieleinflüssen spaßiger/interessanter werden oder andersherum. Insgesamt wird die ganze Sache wohl fließend sein, auch wenn mir jetzt kein Produkt einfällt, das wirklich in der Mitte liegen würde, mit fragwürder Zuteilung.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Bad Horse am 29.11.2010 | 19:19
Bzgl Fokus:
Alles, was nicht pures Casual Gaming ist, braucht einen Fokus. Das gilt auch für Rollenspiele.

Ja, aber beim Rollenspiel kannst du den Fokus ändern.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Funktionalist am 29.11.2010 | 19:30
Nein, sie ist nicht eindeutig. Um eindeutig zu sein, müsste das auf den Handlungsrahmen bezogene Ergebnis ihrer Anwendung vorhersagbar oder berechenbar sein, was nicht der Fall ist.
Nein nein, wenn etwas berechenbar ist, dann ist es berechenbar und wenn etwas vorhersagbar ist, dann ist es vorhersagbar.
Eine eindeutige Regel liefert eine unanfechtbare,klare Entscheidung. Die ist durch eine Veto-Abstimmung gegeben.
Zur Verdeutlichung:
kein Würfelwurf ist vorhersagbar. Und wenn es jetzt darum geht, dass man die Wkeit abschätzen kann, dann funktioniert auch das Argument nicht, denn es würde nur gelten, wenn jeder es könnte, damit es in jeder Situation von einer "nichtvorhersagbaren" Regel zu unterscheiden ist.
Anders ausgedrückt:
Die Gruppenzustimmung ist oft leichter abzuschätzen als eine Probe bei DSA, deren Verteilung explizit berechenbar ist, was sie aber immer noch nicht verhersagbar macht, wie oben gefordert.

Das meine ich mit: "Eine solche Annahme, dünnt den Geltungsbereich ziemlich aus."

Ein Spiel kann problemlos beides sein - sowohl Brettspiel als auch Rollenspiel.
Jepp, sehe ich auch so.
Allerdings reicht mir das Vorkommen eines Spielbrettes nicht aus, um das GEfühl, ein Brettspiel zu spielen zu beschreiben.


sers,
Alex
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 30.11.2010 | 01:57
Eine eindeutige Regel liefert eine unanfechtbare,klare Entscheidung.
Das kannst Du so definieren, tue ich aber nicht, und damit hat sich die Sache erledigt. Eine Regel, die auf Gutdünken von Mitspielern basiert, ist in Bezug auf den spielinternen Handlungsrahmen absolut nicht eindeutig. Wenn Du nun eine Definition von 'eindeutig' zusammenschraubst, die nur dazu dient, das zu widerlegen, kannst Du das gerne tun, es hat nur absolut keinen Sinn.

Zitat
kein Würfelwurf ist vorhersagbar.
Aber berechenbar.

Zitat
Die Gruppenzustimmung ist oft leichter abzuschätzen als eine Probe bei DSA, deren Verteilung explizit berechenbar ist, was sie aber immer noch nicht verhersagbar macht, wie oben gefordert.
Darum habe ich ja eigens 'berechenbar' dazugeschrieben...  >:(
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Funktionalist am 30.11.2010 | 02:13
Ein Würfelwurf ist auch nicht "berechenbar".
Das war nicht der Punkt meiner Argumentation.

Es geht weiterhin darum, dass ein Spiel gleichzeitig von unterschiedlichen Teilnehmern als Brettspiel und als Rollenspiel gespielt werden kann.

Regeln von Rollenspielen müssen dabei weder vorhersagbare Ergebnisse liefern (niemand kennt das Ergebnis des Würfelwurfes, die Unvorhersagbarkeit ist hier das Kernelement.), noch müssen diese Ergebnisse berechenbar sein.
Zur Berechenbarkeit reicht es aus, dass der Spieler sie gerade im Moment nicht berechnen kann und hier gebe ich mich schon mit einer Wahrscheinlichkeitsrechnung zufrieden... was schon wieder etwas ganz anderes ist.
So ist es bei SR3 oft nicht klar, ob gerade mehr Würfel oder eine bessere Zielzahl vorteilhafter sind.


Ziel war es so zu zeigen, dass Rollenspiel und Brettspiel keine zwei getrennten Formen sind, sondern dass es einen Mischbereich gibt, der insbesondere vom ganz persönlichen Spielerleben abhängt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 30.11.2010 | 02:25
Es geht weiterhin darum, dass ein Spiel gleichzeitig von unterschiedlichen Teilnehmern als Brettspiel und als Rollenspiel gespielt werden kann.
Du kannst gerne eine Definition liefern, nach der das so ist. Nach meiner ist das nicht so.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Voronesh am 30.11.2010 | 02:30
Du kannst gerne eine Definition liefern, nach der das so ist. Nach meiner ist das nicht so.

Nur um die Diskussion für mich ins Hirn zu kriegen.

Du betrachtest alles mit beinharten Regeln als Brettspiel. Und alles mit "fudge the rules" als RPG? Oder präzisiert, wenn die Handlungen die innerhalb der Regeln nicht möglich sind, als illegal gelten?

Dabei die 50 verschieden Regelnauslegungen dank der Sprache (sie ist ja keine Mathematik) mal außen vor gelassen. Beim Tabletop gibts ja so Fälle.....darf ich jetzt oder nicht ^^.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Merlin Emrys am 30.11.2010 | 09:56
Darf ich es nochmal mit einer eigenen Version versuchen?

"Brettspielig" ist es, wenn sich jede {regeltechnisch aufzulösende Situation} aus der {Anwendung des Regelwerks} ergibt und jede {Anwendung des Regelwerks} in einer eindeutig {regeltechnisch aufzulösenden Situation} endet. Es gibt also ein Hin und Her zwischen Situationen, die gemäß Regelwerk eindeutig aufzulösen sind, und dieser Auflösung.
Rollenspiel ergänzt einen dritten Faktor, nämlich eine {Entscheidung}, deren Grenzen nicht direkt vom Regelwerk gesetzt werden, sondern durch ein {zusätzlich vorhandenes Konstrukt}, die Spielwelt mit ihren inneren Zusammenhängen und daraus resultierenden Grenzen. (Ist das in dieser Kürze schon einleuchtend, oder soll ich es näher ausführen?)

Ein Rollenspiel würde damit umso "brettspieliger", je geringer der Anteil eigener, nur durch die Spielwelt begrenzter Entscheidungen würde und je mehr im Gegensatz dazu die regelgemäße Auflösung der vorhergegangenen Situationen die Grenzen der momentenan Optionen setzen. 
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ErikErikson am 30.11.2010 | 10:11
Also man simuliert einen Teil der Welt mit dem sehr schwammigen "gemeinsamen Vorstellungsraum", und das ist dann das alleinstellende Merkmal von Rollenspiel?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Merlin Emrys am 30.11.2010 | 12:39
Nein, das alleinstellende Merkmal wäre dann, daß es im Spielablauf das Element {Entscheidung} gibt, das seine Grenzen aus einer anderen Quelle als der {Anwendung des Regelwerks} zieht. Das, was Du "schwammig" nennst, ist nur eine Füllung der anderen Quelle.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 30.11.2010 | 12:57
Nur um die Diskussion für mich ins Hirn zu kriegen.

Du betrachtest alles mit beinharten Regeln als Brettspiel. Und alles mit "fudge the rules" als RPG? Oder präzisiert, wenn die Handlungen die innerhalb der Regeln nicht möglich sind, als illegal gelten?
Grundsätzlich ja.

Zitat
Dabei die 50 verschieden Regelnauslegungen dank der Sprache (sie ist ja keine Mathematik) mal außen vor gelassen. Beim Tabletop gibts ja so Fälle.....darf ich jetzt oder nicht ^^.
Die sind aber nicht erwünscht. Die Brettspielkonvention ist, dass die Regeln ohne Rücksicht darauf, wer sie liest, den spielinternen Handlungsspielraum exakt beschreiben.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 30.11.2010 | 13:25
Ich werfe mal in den Raum:

Ein Rollenspiel ist ein Spiel, in dem die Spieler in eine Rolle schlüpfen, die ein Individuum repräsentiert. Das hat m.E. nichts, aber auch gar nichts mit irgendwelchen Regeln zu tun. Das Spiel kann viele oder wenige, feine oder grobe, restriktive oder flexible Regeln haben, aber das ist völlig egal.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: 6 am 30.11.2010 | 14:01
Ein Rollenspiel ist ein Spiel, in dem die Spieler in eine Rolle schlüpfen, die ein Individuum repräsentiert.
Damit nimmst Du einige Brettspiele mit in das Rollenspielboot (Talisman, Heroquest, das kooperative Herr der Ringe-Spiel, Magic Realm, Pandemie, Battlestar Galactica-Board Game usw.).
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 30.11.2010 | 14:10
Damit nimmst Du einige Brettspiele mit in das Rollenspielboot (Talisman, Heroquest, das kooperative Herr der Ringe-Spiel, Magic Realm, Pandemie, Battlestar Galactica-Board Game usw.).

Möglicherweise. Ich möchte aber nochmal die Betonung auf Individuum legen. Ob eine Figur aus Literatur oder Film, die man einfach wie dort beschrieben übernimmt, als solches betrachtet werden kann, ist die Frage. Diese Figuren dienen doch vielmehr eben nur als Figur und nicht als (individuelle) Rolle in dem Sinne, d.h. sie sind austauschbar. Das Individuelle müsste dann vom Spieler kommen. Insofern KANN man solche Spieler m.E. auch als Rollenspiel spielen, wenn man den Fokus entsprechend legt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Terrorbeagle am 30.11.2010 | 14:29
Zitat
Ein Rollenspiel ist ein Spiel, in dem die Spieler in eine Rolle schlüpfen, die ein Individuum repräsentiert.
Wäre es nicht vielleicht genauer, die Definition um eine Sinnabsicht zu erweitern, so zu sagen:
"Ein Rollenspiel ist ein Spiel, bei dem es primär darum geht, dass die Spieler in eine Rolle schlüpfen, die ein Individuum repräsentiert."
Das würde eine Abgrenzung zu spielfigurbezogenen Spielen herleiten (das Spielziel bei Pandemic ist es, Krankheiten auszurotten, und nicht ein möglichst guter Medic zu sein, auch wenn man gerade den Medic spielt; das Spielziel von Talisman ist ein Wettsreit um den Platz an der Sonne(TM), egal ob man nun einen Halbling oder einen Krieger spielt, etc.)

 
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: 6 am 30.11.2010 | 14:43
Möglicherweise. Ich möchte aber nochmal die Betonung auf Individuum legen. Ob eine Figur aus Literatur oder Film, die man einfach wie dort beschrieben übernimmt, als solches betrachtet werden kann, ist die Frage. Diese Figuren dienen doch vielmehr eben nur als Figur und nicht als (individuelle) Rolle in dem Sinne, d.h. sie sind austauschbar. Das Individuelle müsste dann vom Spieler kommen. Insofern KANN man solche Spieler m.E. auch als Rollenspiel spielen, wenn man den Fokus entsprechend legt.
Du wirst lachen, aber die Figuren in den meisten von mir genannten Brettspielen sind nicht einfach austauschbar. Jede Figur wird durch besondere Regeln individualisiert. Diese Sonderregeln führen dann bei Spielen von Literaturvorlagen dazu, dass sie sich beim Spielen passend anfühlen. Saul Tigh bei BSG z.B. verliert Karten und damit Optionen wenn er nur eine Karte hat (er betrinkt sich in Stresssituationen) oder Starbuck kann man recht einfach in die Brigg stecken (also dahin, wo sie gerne mal landet) usw.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: 6 am 30.11.2010 | 14:54
Wäre es nicht vielleicht genauer, die Definition um eine Sinnabsicht zu erweitern, so zu sagen:
"Ein Rollenspiel ist ein Spiel, bei dem es primär darum geht, dass die Spieler in eine Rolle schlüpfen, die ein Individuum repräsentiert."
Das ändert nichts. Wenn Du Starbuck im BSG-Boardgame spielst, dann wirst Du meistens im Raum Zylonen aufmischen und stehst jederzeit mit einem Bein in der Brigg. Du spielst also den Charakter im Spiel.
Wenn ich dagegen einen Medic in einem Rollenspiel spiele, dann kann das ohne Weiteres bedeuten, dass das Hauptziel meines Charakters ist, die Epidemie, die sich über das Land gelegt hat, auszurotten.
Und beim Rollenspiel Amber geht es eigentlich immer darum, sich als Chef oder als machtvolle Person gerade gegenüber den anderen Mitspielern zu etablieren.

So wie Dein Satz lautet, sehe ich daher keine echte Abgrenzung zwischen Rollen- und Brettspiel.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Oberkampf am 30.11.2010 | 14:55
Ich würde so abgrenzen: zu einem Rollenspiel gehören zwangsläufig Schauspiel- und Storyelemente, die zu einem Brettspiel nicht notwendigerweise gehören. Klar gibt es Brettspiele, die sowes wie eine Spielwelt haben (Scottland Yard mal als Beispiel, man ist Ermittler in London und jagt Mr. X), aber sie haben einen Spielmechanismus, der ganz klar im Vordergrund steht: man muss mit seinen Spielsteinen einen anderen (versteckten) Spielstein fangen. Mehr braucht es dazu nicht.

Zum Rollenspiel gehören viele Sachen notwendigerweise dazu, die man nicht ausspielt, oft nicht mal ausspielen kann, sondern die anders abgehandelt werden müssen.

[Darum finde ich auch den "Brettspiel"-Vorwurf manchmal ein bisschen seltsam. Beispiel D&D4: es gibt so viele Elemente, die nicht nach Regeln ausgespielt werden können, wie etwa die Beziehung zwischen SCs oder SCs und NSCs in einer Hintergrundgeschichte, in der die Regeln fast völlig belanglos sind, und trotzdem hat das Spiel mit dem Brettspielvorwurf zu kämpfen. Dabei stellt das Spiel "nur" Regeln für die (feinkörnig aufgelöste) Abwicklung von Kämpfen und die Einbindung von Skills in eine Story vor.]
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Terrorbeagle am 30.11.2010 | 15:15
Zitat
Das ändert nichts. Wenn Du Starbuck im BSG-Boardgame spielst, dann wirst Du meistens im Raum Zylonen aufmischen und stehst jederzeit mit einem Bein in der Brigg. Du spielst also den Charakter im Spiel.
Ich sehe da einen Unterschied zwischen Funktion und Rolle. Spiele wie Battlestar Galactica (was ich dummerweise nicht selbst kenne, ein Versehen, dass ich bei Zeiten nachzuholen gedenke) hat durchaus Rollenspielelemente, ist aber kein ausgewachsenes Rollenspiel, da die Rolle zwar relevant ist, aber die Funktion das dominante Element ist.

Oder, um es auf eine kurze Phrase zu verkürzen: Beim Rollenspiel geht es darum, wer dein Charakter ist, nicht was er kann; beim Brettspiel mit Rollenspiel-Elementen geht es darum, was der Charakter kann; Persönlichkeit und Motivation spielen keine oder eine untergeordnete Rolle.

Dabei gehe ich davon, dass es eben keine klare Abgrenzung zwischen Rollen- und Brettspiel gibt, sondern eine breite Grauzone, die von "Brettspielen mit Rollenspielelementen" zu "Rollenspielen mit Brettspielementen" reicht.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 15:16
Ich empfinde ein RPG dann fuer brettspielig wenn die Regeln zur Abwicklung mechanischer Ablaeufe  derart in den Vordergerund tretten das sie den Eindruck erwecken im Fokus zu stehen.

Mechanische Ablaeufe sind solche wo in einer konkreten Situation ueber eine Regelmechanik ein einfach beschreibbares Ergebnis ermittelt wird. Zu meist ohne allzuviele variabele Parameter.
Nicht mechanische Ablaeufe bzw. Regeln waeren solche die die Art und Weise der Aufloesung eines Konflikt beschreiben der anstelle einer Mechanik mittels Kommunikation / Diskurs geloest wird.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 30.11.2010 | 15:36
@Teylen: ich möchte mit meiner Definition ja eben weg von der Regelbetrachtung. Mir ist klar, dass die Regeln häufig für den "brettspieligen" Eindruck verantwortlich gemacht werden, aber m.E. eben zu unrecht.

@The man who laughs: Die Erweiterung erscheint mir sinnvoll, ja. Danke.

@6: Ich verstehe schon dein Argument. Es ist der Unterschied zwischen "Ich spiele Bob. Er ist ein Krieger." und "Ich spiele einen Krieger. Er heißt Bob." Einmal liegt der Fokus auf dem Individuum (Bob), einmal auf der Figur bzw. Funktion (Krieger). Es ist ein kleiner, aber m.E. bedeutsamer Unterschied, der auch schnell mal verwischt (z.B. wenn man bei D&D nur noch die Funktion sieht ("alle Nischen müssen besetzt werden") oder beim BSG-Brettspiel die Persönlichkeit der Figur über die Spielemente hinaus ausspielt).
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 15:41
@Teylen: ich möchte mit meiner Definition ja eben weg von der Regelbetrachtung. Mir ist klar, dass die Regeln häufig für den "brettspieligen" Eindruck verantwortlich gemacht werden, aber m.E. eben zu unrecht.
Es werden aber doch genau die mechanischen Regeln gemeint wenn von einem "brettspieligen" Gefuehl gesprochen wird, imho auch zu recht.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 30.11.2010 | 15:55
Es werden aber doch genau die mechanischen Regeln gemeint wenn von einem "brettspieligen" Gefuehl gesprochen wird

Ja, das schon. Aber der Vorwurf "das ist kein RPG mehr sondern ein Brettspiel" und "das fühlt sich nicht mehr wie RPG an, sondern wie ein Brettspiel" ist zwar vielleicht für die Betroffenen praktisch kein Unterschied, aber auf der inhaltlichen Ebene IST es ein Unterschied.

"Das Auto fährt sich wie ein Schlachtschiff" macht aus dem Auto ja auch kein Schlachtschiff.

Das eine ist ein objektives Urteil, das andere ein subjektives. Bei dem einen wird dir ein Apfel statt einer Birne verkauft, bei dem anderen eine Birne, die für dich wie ein Apfel aussieht.

Das ist zugegebenerweise eine eher qualitative Betrachtung der Fragestellung.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 15:59
Die Unterteilung der Regeln in mechanische sowie nicht-mechanische und die Bemessung des Umfangs fuehrt aber doch zu der gewuenschten Unterscheidung ohne die zunahme subjektiver Bewertungen.

Den Fokus auf die Rollen zu legen bringt hingegen kein bewertbares Kriterium.
Schliesslich kann ich beim Go wie beim Schach jedem Stein und jeder Spielfigur eine Lebensgeschichte geben und die strategischen Zuege mit einer Fluff Erklaerung unterlegen, es wird daraus kein Rollenspiel und es wird nicht rollenspielig.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Terrorbeagle am 30.11.2010 | 16:05
Zitat
"Das Auto fährt sich wie ein Schlachtschiff" macht aus dem Auto ja auch kein Schlachtschiff.

Ist zwar völlig OT, aber ich finde trotzdem, dass dies ein besonders schöner Vergleich ist, und entsptrechend honoriert gehört. Daher:
Ich honoriere diesen Vergleich mit meinem allgemeinen Wohlwollen.

Zitat
Schliesslich kann ich beim Go wie beim Schach jedem Stein und jeder Spielfigur eine Lebensgeschichte geben und die strategischen Zuege mit einer Fluff Erklaerung unterlegen, es wird daraus kein Rollenspiel und es wird nicht rollenspielig.
Alternativ wird dadurch ein Rollenspiel, dass Go oder Schach als Regelgrundlage verwendet. Es gibt doch auch dieses indy-Spiel, das effektiv auf Jenga basiert (kenne mich mit Indy-Spielen nicht aus, da wissen andere sicher mehr). Das ist vieleicht nur ein Gimmick mit begrenzter Halbwertszeit, aber nichtsdestotrotz ein Rollenspiel.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 16:14
Es gibt doch auch dieses indy-Spiel, das effektiv auf Jenga basiert (kenne mich mit Indy-Spielen nicht aus, da wissen andere sicher mehr).
Jenga wird bei dem Spiel nicht als Spielgrundlage sondern als Zufallsmechanismus gebraucht.

Die reine Mechanik des Jenga Spiels wird dadurch gebrochen das man nicht mehr reihumzieht sondern der ziehende durch Kommunikation [bezgl. der Spielgeschehnisse] festgelegt wird.

Insofern aendert die Einfuehrung der mechanischen Jenga Regel nichts daran das der Fokus nach wievor auf der kommunikation sowie "Kommunikations bedingten Regeln" liegt - ich habe noch keinen besseren Begriff dafuer gefunden.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 30.11.2010 | 17:06
Die Unterteilung der Regeln in mechanische sowie nicht-mechanische und die Bemessung des Umfangs fuehrt aber doch zu der gewuenschten Unterscheidung ohne die zunahme subjektiver Bewertungen.

Es führt zu einer Unterscheidung, ja. Die ist nur in meinen Augen nicht sinnvoll.

Denn die Konsequenz daraus wäre, dass man es auf "Je mehr verregelte Optionen, desto brettspieliger" zusammenfassen könnte. Demnach wären (im Trend) Systeme mit vielen Regeln weniger Rollenspiel als solche mit wenigen Regeln. Gerade aber bei den regelreichen Systemen findet man z.B. Größen wie DSA oder D&D, die m.E. aufgrund ihres Alters und ihrer Verbreitung eine zentrale Bedeutung unter den Rollenspielen einnehmen. Diese wären nun nach der "regelbasierten" Definition eher weniger "rollenspielige" Rollenspiele und näher am Brettspiel. Das erscheint mir falsch und daher ist die regelbasierte Definition m.E. nicht sinnvoll.


Den Fokus auf die Rollen zu legen bringt hingegen kein bewertbares Kriterium.
Schliesslich kann ich beim Go wie beim Schach jedem Stein und jeder Spielfigur eine Lebensgeschichte geben und die strategischen Zuege mit einer Fluff Erklaerung unterlegen, es wird daraus kein Rollenspiel und es wird nicht rollenspielig.

Doch, ich denke schon. Der Regelmechanismus ist dann vielleicht nicht so besonders dolle, aber dann wäre das in meinen Augen auch Rollenspiel - nämlich genau dann, wenn der Fokus von der Funktion der Figuren weg und hin zu deren Lebensgeschichte wandert.

Anderes Beispiel: Man kann zum Rollenspiel auch "Schnick Schnack Schnuck" verwenden, um Entscheidungen herbeizuführen. Die genaue Regelmechanik ist völlig egal, solange sie für die Spieler akzeptable Ergebnisse liefert.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 17:17
Es führt zu einer Unterscheidung, ja. Die ist nur in meinen Augen nicht sinnvoll.
Wenn man hinzunimmt ob die Handlungsoptionen mit den Regeln abgeschlossen oder noch offen sind schon.

Zitat
Denn die Konsequenz daraus wäre, dass man es auf "Je mehr verregelte Optionen, desto brettspieliger" zusammenfassen könnte.
Noch die Mechanik nennen und den Fokus dazu nehlen und es stimmt.
"Je mehr mechanische Regeln im Fokus des Spielgeschehens stehen desto brettspieliger erscheint es."
Erweitert:
"Je mehr mechanische Regeln im Fokus des Spielgeschehens stehen, und der Eindruck eines strategischen Ziel welches ueber die Mechanik erreich ist entsteht, desto brettspieliger erscheint es."

Zitat
Diese wären nun nach der "regelbasierten" Definition eher weniger "rollenspielige" Rollenspiele und näher am Brettspiel.

Ich sehe nicht wo du dies von dieser Definition fuer DSA ableitest.
Bei D&D 4e faellt der Vorwurf und nach meinen Eindruck - ich spiele es nicht - aufgrund des von mir beschriebenen Verstaendnis und trifft scheinbar zu.

Das erscheint mir falsch und daher ist die regelbasierte Definition m.E. nicht sinnvoll.

Zitat
Doch, ich denke schon. Der Regelmechanismus ist dann vielleicht nicht so besonders dolle, aber dann wäre das in meinen Augen auch Rollenspiel - nämlich genau dann, wenn der Fokus von der Funktion der Figuren weg und hin zu deren Lebensgeschichte wandert.
Meiner Meinung nach waere es vollkommen absurd da man damit nach belieben jedes Spiel als Rollenspiel bezeichnen kann.

Zitat
Anderes Beispiel: Man kann zum Rollenspiel auch "Schnick Schnack Schnuck" verwenden, um Entscheidungen herbeizuführen.
Dann spielt man aber nicht Stein, Schere, Papier zum selbstzweck sondern verwendet es als kommunikationsbasierter(*) Zufallsmechanismus.

(*) Nicht weil man dabei redet sondern weil die Anwendung von der Kommunikation abhaengt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Sephiron am 30.11.2010 | 17:31
Uff, da wurden noch einige Dinge genannt, die nur halb korrekt sind...

Bzgl. Entscheidungsfreiheit:
HeroQuest (mMn das Paradebeispiel für ein Brettrollenspiel) verfügt über verschiedene spielbare Abenteuer. Dem "SL" wird zwar klar vorgegeben, wo die Monster, Ereignisse etc stehen, aber halt nur über das Abenteuerheftchen. Das ist auch nicht anders als bei anderen Rollenspielen, die halt kein Spielbrett haben. DSA1 zum Beispiel.
StarQuest macht das auch so. Und das ist eindeutig kein Rollenspiel, sondern "nur" ein Brettspiel.

Bzgl Primäraufgabe der Spieler:
In manchen Rollenspielen geht es primär darum, eine bestimmte Rolle zu spielen. Aber nicht in allen.
Wenn bei Cthuluhu alle halbe Stunde ne Figur draufgeht, scheints da nicht um die SCs zu gehen, sondern allein um das Horrorgefühl.
Bei anderen Spielen steht die Story im Vordergrund oder einfach nur das Einsacken von Schätzen und EP. Will hier jemand ernsthaft behaupten, Großväterchen D&D sei kein Rollenspiel? Und das kürzlich im Tanelorn vorgestellte Spiel Fiasco auch nicht?

Bzgl Spielfokus:
So einfach geht das mit dem Verschieben des Fokus auch bei Rollenspielen nicht, ohne dass Murks dabei rauskommt. Es halten sich einfach nur wesentlich mehr Dilettanten für Rollenspieler als z.B. für Dartspieler.
Ich werf auch gern Pfeile auf ne Scheibe... mal versuch ich, gegen jemanden zu gewinnen... mal gehts mir mehr darum, diese doofe Mitte möglichst oft zu treffen... manchmal auch darum, gute Wurftechniken zu imitieren... Dartspielen geht aber anders & darin bin ich leider nicht besonders gut, auch wenn ich hoffe, es irgendwann mal zu können.
Ich wünschte, mehr Leute würden dies über ihre Rollenspiel-Versuche zugeben.
Den meisten ist aber einfach egal, ob ihr Rollenspiel überhaupt funktioniert oder einfach nur planloses Rumgelaber ist. Deshalb wirken die meisten Spiele auch so als hätten sie keinen fest definierten Fokus: Sie funktionieren nämlich gar nicht als ein Spiel.

Belasst es doch einfach beim Begriff selbst: Ein Rollen-Spiel beinhaltet verschiedene (Figuren-)Rollen. Ein Brett-Spiel beinhaltet ein Spielbrett.
Begriffe wie Pen&Paper-Rollenspiel, Tischrollenspiel, MUSH, Erzählspiel haben konkretere Bedeutungen. Nutzt doch einfach verschiedene Worte für verschiedene Bedeutungen und das Problem hat sich erledigt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 18:22
Bzgl. Entscheidungsfreiheit
Die Entscheidungsfreiheit bezieht sich auf die Moeglichkeit out of the box zu agieren.
Das heisst ausserhalb der durch Regeln beschriebenen Situationen.
Das ist bei DSA vorgesehen, bei z.B. John Sinclair nicht.

Zitat
Bzgl Primäraufgabe der Spieler
Egal ob die Primaeraufgabe auf der Rolle oder dem atmossphaerischen Fokus liegt ist die Aufgabe nicht wie bei einem Brettspiel [Bekaempfe die Pandemie, Schlag den Koenig, Sammle am meisten Geld] klar in der Form eines Endziel umrissen.
Auch bei D&D heisst es nicht sammele X Schaetze und XP und du hast gewonnen.

Zitat
Bzgl Spielfokus
So einfach geht das mit dem Verschieben des Fokus auch bei Rollenspielen nicht, ohne dass Murks dabei rauskommt.
Das aendert nichts daran das beim Dart der Fokus klar auf einer festen Zielerreichung durch die Anwendung von Regeln liegt und beim Rollenspiel der Fokus nicht auf die Erreichung eines Ziels per mechanischen Spielregeln.

Zitat
Ich wünschte, mehr Leute würden dies über ihre Rollenspiel-Versuche zugeben.
Ich wuenschte mehr Leute wuerden erkennen das der Vergleich zum profisionellen Sport nicht funktioniert.

Zitat
Begriffe wie Pen&Paper-Rollenspiel, Tischrollenspiel, MUSH, Erzählspiel haben konkretere Bedeutungen. Nutzt doch einfach verschiedene Worte für verschiedene Bedeutungen und das Problem hat sich erledigt.
Es geht aber darum das man nun mal ein Rollenspiel das sich mehr nach einem Brettspiel anfuehlt eben mit brettspielig bezeichnen koennen sollte, wenn es dem Umstand entspricht.
An dem Umstand aendert sich doch auch nichts wenn man einfach hingeht, behauptet das "Brettspielig" als notwendige Beschreibung ueberhaupt nicht existiere und dann Vorschlaege bringt die nicht praktikabel sind.

Zumal es keine konkrete Unterscheidung zwischen P&P-, Tisch und Erzaehlspiel RPG gibt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ArneBab am 30.11.2010 | 19:16
Ich wuenschte mehr Leute wuerden erkennen das der Vergleich zum profisionellen Sport nicht funktioniert.

Danke, das wollte ich so auch gerade sagen. Im Sport kann man jemand anderem vorschreiben, was die richtige Art zu spielen ist. Im P&P Rollenspiel geht das nicht, weil das Spiel immer Sache der *Runde* ist. Und ich habe bisher nicht die Erfahrung gemacht, dass Regelexperten notwendigerweise die besseren Mitspieler sind – egal ob Spieler oder SL. Begeisterung, Einfühlungsvermögen und Fantasie können deutlich wichtiger sein als genaue Regelkenntnis. Eine Spielerin in einer meiner Runden sagt von sich klar, dass sie selbst die Grundregeln nur teilweise beherrscht. Das hält sie nicht davon ab, toll zu spielen und klasse Ideen zu haben. Sie fragt dann halt, wenn ihr was nicht klar ist.

Ich habe hier bisher auch einige sehr schöne Beschreibungen des brettspieligen Gefühls gesehen. Für mich sehe ich das inzwischen (dank der Diskussion hier) über ein plastisches Beispiel: Wenn ich im Kampf dem Gegner keinen Sand in die Augen werfen kann, nur weil das nicht in den Regeln steht, dann ist die entsprechende Szene brettspielig. Und wenn sowohl Sand in die Augen werfen als auch ihn in die Todesfalle locken einfach mit einer Pauschalregel abgehandelt werden und den gleichen Effekt haben, dann fühlt sich das auch brettspielig an.

Außerhalb der Kämpfe gilt das genauso: Wenn die Fiktion nicht auf die Regeln zurückwirken kann, ist es ein Brettspiel.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 30.11.2010 | 19:25
Danke, das wollte ich so auch gerade sagen. Im Sport kann man jemand anderem vorschreiben, was die richtige Art zu spielen ist. Im P&P Rollenspiel geht das nicht, weil das Spiel immer Sache der *Runde* ist.
Auch beim Sport ist es immer Sache der jeweiligen *Runde*. (Ich kann mich noch an unsere Fußballspiele erinnern, wo wir dann mit Hausregeln wie "letzter Mann" oder "es gibt kein Abseits" oder "wenn der Ball an der Hauswand abprallt, ist es kein aus" gespielt haben.)

Zum Rest Zustimmung.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Merlin Emrys am 30.11.2010 | 21:11
Auch beim Sport ist es immer Sache der jeweiligen *Runde*.
Beim Sport gibt es in der Regel "Dachverbände" oder vergleichbare Institutionen, die Regeln bezüglich dieser Sportart durchaus verbindlich festsetzen können. Ignorieren kann sie natürlich jeder, der nur für sich zum Spaß spielt. Wenn die "Runde" aber z.B. in einer offiziellen Meisterschaft mitspielt, kann sie nicht mal eben "Hausregeln" vereinbaren.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 21:18
Es gibt Rollenspiel Meisterschaften oder gar auch auf das Rollenspiel Spiel bezogene Wettbewerbe?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Merlin Emrys am 30.11.2010 | 21:49
@ Teylen: Wie das Zitat zeigt, habe ich über Sport geschrieben.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 22:07
Stimmt, sorry wenn es in Bezug auf den Kommentar OffTopic wirkte.

Es kann auch im organisierten Sport bei Turnieren welche von einem Dachverband getragen bzw. mit veranstaltet werden dem Gusto des Veranstalters entsprechend zu Regeln kommen die nur in Bezug auf das Turnier Anwendung finden. Im Shotokan Karate waren das unter anderem erlaubte Trefferzone welche vor dem Beginn des Turniers gebrieft wurden, ebenso wie spezielle Kumite Formen.
[Wobei meine letzte Turnier Erfahrung dort geschätzt etwa 17 Jahre zurück liegt]

Selbst bei einem Strategie Spiel wie Go wird vom Deutschen Go Bund weder eine Regel festgesetzt [z.B. chinesische, japanische oder eine bekannte Regelanalyse] noch eine bestimmte Regelauslegung erzwungen. Was in der Praxis eher selten zu Konflikten führt obwohl die Schiedsrichter eher nach eigenem Gusto bzw. dem Verständnis [ggf. in spontaner Rücksprache mit der Leitung] entscheiden.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Oberkampf am 30.11.2010 | 22:17
Ich glaube, bei der Diskussion macht man sich auch viel vor. Theoretisch bestehen im Rollenspiel für die Charaktere unendlich viele Möglichkeiten der Aktion - praktisch hat jeder hier sich schon Abenteuer erlebt, wo es genau eine zugelassene und praktizierbare Option gab (und die Reduktion der Möglichkeiten fand dabei nicht notwendigerweise allein durch einschnürende Regeln statt). In der Theorie klingen wenige Regeln nach mehr Freiheit - in der Praxis profitiert von dieser Freiheit zuallererst der Spiellleiter oder der Gruppencharismatiker. In der Theorie könnten ungeregelte Seiten des Rollenspiels Raum für Spielerideen und offene Entwicklungen lassen, in der Praxis führen sie meistens nur zu Hintergrundrauschen und schlimmstenfalls zur Handwedelei.

Rollenspiele müssen meiner Meinung nach Brett- oder Würfelspielspielelemente haben, und meiner Meinung nach sogar möglichst weitreichende "Brettspielelemente". Man darf hier weitreichend nicht mit kompliziert und dröge verwechseln. Weitreichend bedeutet erstmal, dass möglichst viele Aktionen der Charaktere, ihrer Verbündeten oder der "Umwelt" (NSCs, auch Gruppen und Organisationen) spielbar gemacht werden, d.h. das Ergebnis wird mithilfe der Regeln ermittelt, also "erspielt". Reine Brettspiele sind sehr fokussiert und ermöglichen nur wenige ermittelbare Ergebnisse, und diese Ergebnisse sowie das Ermittlungsverfahren (=Regeln) sind der gesamte Spielinhalt. (Klassisches) Rollenspiel hat darüber hinaus immer noch irgendeinen weiteren Bereich, der der nicht erspielt werden kann, sondern sonstwie entschieden oder verhandelt werden muss.
Im klassischen Rollenspiel löst man das in der Regel, indem man diesen ungeregelten Bereich in einen Spielerbereich (z.B. Charaktere, ihre Ziele und ihr Innenleben) und einen Spielleiterbereich (z.B. die Umwelt der Charaktere) aufteilt und im jeweiligen Bereich die Mitspieler nach ihrem Gutdünken schalten und walten lässt. Oder man überlässt einige Aspekte des "Umwelt"-Bereichs nicht dem SL, sondern dem Spielverlag durch einen Metaplot. Einige "Indie"-Rollenspiele versuchen, den Zugriff auf diesen Verhandlungsbereich zu regeln, indem sie Erzähl- und damit Entscheidungsrechte nach Regeln verteilen. In diese Richtung geht auch Player Empowerment, wenn auch nicht so krass.

Je weniger ein Rollenspiel regelt, desto größer ist der "Verhandlungsbereich". Je mehr ein Rollenspiel regelt, desto kleiner ist der "Verhandlungsbereich". Der "Brettspielvorwurf" kommt (meiner Meinung nach!) nicht selten von Leuten, die einen großen, ungeregelten Verhandlungsbereich haben wollen (evtl. verbunden mit einer Verteilung der Zugriffsrechte auf diesen Bereich, die den SL begünstigt, aber nicht notwendigerweise).

Mal ein Beispiel: In den meisten Heroic Fantasy spielen bleibt die Psyche des Charakters dem Spieler überlassen. Dark Fantasy oder Horror-Rollenspiele regeln oft auch (zumindest in Grenzen) das Innenleben der Spielercharaktere, indem sie Mechanismen für Korruption und Wahnsinn anbieten. Damit steht der Geisteszustand der Charaktere den Spielern nicht mehr vollständig zur freien Verfügung - ob man das nun mag oder nicht (es gibt Leute, die Horrorrollenspiele spielen wollen, aber solche Mechanismen ablehnen - "wasch mich, aber mach mich nicht nass!"). In einem solchen Fall hat das Rollenspielsystem Elemente, die normalerweise allein und ungeregelt dem Willen des Spielers unterliegen, in den geregelten Bereich versetzt: über den Aspekt wird nicht mehr nach Belieben entschieden, er kann (und sollte) ausgespielt werden.

Unter der Prämisse, dass es einen geregelten Spielbereich und einen ungeregelten Verhandlungs- oder Entscheidungsbereich gibt, ist sogar die Goldene Regel in jedem Rollenspiel sinnvoll.Die berüchtigte GR kann man folgendermaßen lesen:

A) Es gibt Angelegenheiten, die regelt unser Spiel nicht - über die Angelegenheiten entscheidet der SL (oder jemand anders, meinetwegen der Gruppenkonsens).

B1) Es gibt Regeln, die behindern häufig den Spielfluss, den eure Gruppe will - diese Regeln kann, darf und soll man nach Absprache ignorieren oder ändern.
B2) Es gibt Regeln, die behindern häufig den Spielfluss, den eine einflussreiche Person eurer Gruppe (üblicherweise der Sl) haben will - diese Regeln kann, darf und soll man nach Absprache ignorieren oder ändern.

C1) Es gibt Regeln, die liefern Ergebnisse, die den von eurer Gruppe erwarteten Abenteuerverlauf stören - diese Ergebnisse und die zugrundeliegenden Regeln kann, darf und soll man nach kurzer Absprache ausnahmsweise ignorieren.
C2) Es gibt Regeln, die liefern Ergebnisse, die den von eurer Gruppe erhofften/geplanten Abenteuerverlauf stören - diese Ergebnisse und die zugrundeliegenden Regeln kann, darf und soll man nach kurzer Absprache dauerhaft ignorieren und ändern.
C3) es gibt Regeln, die liefern Ergebnisse, die den von einer Person (üblicherweise dem SL) geplanten Abenteuerverlauf stören - Ergebnisse und Regeln können nach Belieben ignoriert werden.

Im Fall A ist die Goldene Regel nämlich unvermeidlich und gehört notwendigerweise in jedes Rollenspiel, am Besten ausdrücklich so gekennzeichnet und mit dem Hinweis versehen, dass man vieles Ungeregelte, wenn es auftritt, analog zum vorhandenen Regelmaterial regeln kann.
Fall B ist primär eine Geschmacksfrage, kann aber auch ein Designfehler sein, wenn das vom betreffenden Spiel versprochene Spielerlebnis sich nicht ohne massive Regeländerungen hervorrufen lässt. Beispielsweise ein Horrorsystem, in dem "spontaner, heldenhafter Gewalteinsatz" (im Sinne der Heroic Fantasy oder des Pulp) eine erfolgreiche Problemlösungsstrategie ist.
Fall C betrifft die saublöde Situation (die sicherlich jedem schonmal passiert ist), dass eine Regelanwendung Ergebnisse hervorbringt, die ein Abenteuer nicht mehr so spielbar machen, wie es geplant ist. Dann ist eben die einfachste, billigste (und meiner Meinung nach langfristig spaßfreiste) Lösung die "Goldene Regel" - und das sollte so auch in jedem Rollenspiel stehen. Der Designfehler liegt dann oft im Abenteuer, nicht im Spielsystem.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 30.11.2010 | 22:49
Meiner Meinung nach waere es vollkommen absurd da man damit nach belieben jedes Spiel als Rollenspiel bezeichnen kann.

1. Enthält der Kausalsatz oben keine zwingende Begründung für die im Hauptsatz stehende Aussage.* Es spricht ja grundsätzlich nichts dagegen, dass eine Definition an sich alle Arten von in Frage kommenden Gegenständen einschließt. Mit anderen Worten: was spricht grundsätzlich dagegen, dass jedes Spiel ein Rollenspiel sein kann? Solange keine sich gegenseitig ganz klar ausschließenden Spielarten existieren, kann jedes Spiel auch ein Rollenspiel sein.

2. Finde ich das ganz und gar nicht absurd. Der Grund, warum nicht jedes Spiel als Rollenspiel zu bezeichnen wäre, liegt gemäß meiner bisherigen Argumentation eben im vom Spiel gesetzten Fokus, der bei Brettspielen typischerweise nicht auf der "Rollenebene" liegt, sondern (meist) rein auf der "Figurenebene".

Allerdings werden wir da nicht einig, denke ich, da du mir vermutlich zu 1. schon nicht zustimmen wirst. Denn aus deinen Beiträgen geht für mich hervor, dass du nur entweder-oder gelten lässt. Entweder Rollenspiel oder Brettspiel - beides scheint in deiner Sicht nicht möglich. Solange du also bei dieser Auffassung bleibst, brauchen wir nicht weiter zu diskutieren.

*Nebenbei fehlt ein Komma  ;)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 22:57
Entweder Rollenspiel oder Brettspiel - beides scheint in deiner Sicht nicht möglich. Solange du also bei dieser Auffassung bleibst, brauchen wir nicht weiter zu diskutieren.
Ein Brettspiel ist für mich tatsächlich kein Rollenspiel.
Ein Rollenspiel kann aber brettspielig sein.
Ebenso wie ein Brettspiel Rollenspiel Elemente enthalten mag.

(Kommasetzung zählt nur bedingt zu meinen Stärken)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Sephiron am 30.11.2010 | 23:13
@Teylen:
1. Ein gutes Rollenspielsystem hat kein "out of the box", weil Alles in den Regeln enthalten ist.
2. "Sieg" bedeutet meist "Lösen des Abenteuers". Weiterspielen kann ich auch bei einigen Brettspielen, z.B. BloodBowl - nach dem Match das Team aufrüsten ud weiter gehts.
3. Jedes Spiel hat ein Ziel. Wenn etwas kein Ziel hat, ist es auch kein Spiel.
4. Das Ziel eines (halbwegs guten) Rollenspiels erkennt man meist am EP-Schlüssel.


Zum Wesentlichen:

Ich vermute, du spielst auf eine spezifische, für dich typische Weise. Das ist natürlich völlig okay.
Es bedeutet aber, dass du wahrscheinlich sehr enge Vorstellungen davon hast, was "Rollenspiel" ist. Dein eigener Stil ist zwangsläufig dein Maß für die "Rollenspieligkeit" eines Spiels. Alles, was weit davon entfernt ist, kommt dir vermutlich "unrollenspielig", in manchen Fällen halt auch "brettspielig" vor.
Klar ist das dein Gefühl, aber dafür brauchst du doch keine Neudefinition des Begriffs "Rollenspiel". Lass das Brettrollenspiel doch beides sein, auch wenns nicht die Art Rollenspiel ist, die du gewöhnt bist.


Zitat
Zumal es keine konkrete Unterscheidung zwischen P&P-, Tisch und Erzaehlspiel RPG gibt.

Deshalb hab ich ja auch genau die ausgesucht, in der Hoffnung, dass du darunter einen findest, der dir am allermeisten zusagt.

P&P: Ein Rollenspiel, bei dem das wesentliche Spielmaterial Stift und Papier ist.
Tischrollenspiel: Ein Rollenspiel, das an einem Tisch stattfindet. (engl "Tabletop RPG")
Erzählspiel: Ein Spiel, in dem die Teilnehmer etwas erzählen (als Teil des Spiels).

Ich hoffe, dir ist klar, dass diese Definitionen einander weder ausschließen noch bedingen... So könntest du (mit ein bisschen Grips), wenn dir etwas "unrollenspielig" vorkommt, wenigstens eingrenzen, woran das liegt.

HeroQuest beispielsweise ist eindeutig ein Tischrollenspiel, aber kein P&P.
MUSHes sind Erzählspiele, u.U. sogar P&P-Rollenspiele, aber definitiv keine Tischrollenspiele.
Meine alte DSA1-Runde spielte ca. 90% P&P, 60% Brettspiel, 80% Erzählspiel.
Minds Eye Theatre ist ein P&P, aber kein Erzählspiel und kein Tischrollenspiel.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 30.11.2010 | 23:32
Ein Rollenspiel kann nicht alle Handlungen mittels der mechanischen Regeln abbilden da ein entsprechendes Regelgebilde eine Komplexität erreichen würde die nicht darstellbar ist. Die Abbildung bestimmter Verhältnismäßigkeiten ist dabei m.E. nicht gewünscht.

Ein allgemein kennzeichnender Faktor von Rollenspielen ist das es kein Ziel gibt. Das heißt es fehlt die klare Ziel Beschreibung sowie Ziel Bedingung wie sie bei deinem Beispiel des BloodBowl in Bezug auf das Match klar über Regeln definiert ist.
Der Sachverhalt bleibt davon unberührt das man eine Reihe von BloodBowl Partien spielen kann.
Weder erhält damit Rollenspiel ein durch Regeln definiertes Ziel noch verliert BloodBowl das durch Regeln definierte Ziel.

Die Aussage das ein Spiel ohne Ziel kein Spiel sei ist haltlos.
Ein Spiel wird z.B. von dem niederländischen Kulturanthropologen Johan Huizinga wiefolgt beschrieben:
    „Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als das ‚gewöhnliche Leben‘.“
    – Huizinga: 1938/1991, S. 37
Roger Caillois verlangt für ein Spiel die Prägung durch eines dieser Prinzipien:
    * Agon (Wettkampf)
    * Alea (Zufall)
    * Mimikry (Maske) und
    * Ilinx (Rausch).

Der Letzten Aussage fehlt die Erklärung sowie die Logik, zumindest verfolgt sie keine die ich erkennen kann.
Würde ein Spiel das Spielziel durch die EP Verteilung entschlüsseln würde ich es als Strategie und nicht als Rollenspiel bezeichnen

Ich vermute, du spielst auf eine spezifische, für dich typische Weise. Das ist natürlich völlig okay.
Ich würde darum bitten solcherlei haltlos geäußerte Vermutungen bzw. Unterstellungen, wie auch die folgenden, zu unterlassen.
Insbesondere wenn sie wie diese keinen anderen Eindruck auf mich erwecken als der Versuch persönlich diskreditierend zu werden da sie argumentativ nicht sachlich untermauert sind.

Da du hinsichtlich meiner "engen" Vorstellungen bezüglich "Rollenspiel", "Stil" sowie der Bewertung gänzlich falsch liegst sehe ich keinen Anlass darauf einzugehen.

Zitat
Deshalb hab ich ja auch genau die ausgesucht, in der Hoffnung, dass du darunter einen findest, der dir am allermeisten zusagt.
Wenn es keine konkrete Unterscheidung gibt sehe ich keinen Sinn darin spontan eine willkürliche zu erfinden.
Zumal das Problem besteht das sie nicht mit dem bisherigen Sprachgebrauch des Begriffs vereinbar ist.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Bad Horse am 30.11.2010 | 23:34
@Teylen:
1. Ein gutes Rollenspielsystem hat kein "out of the box", weil Alles in den Regeln enthalten ist.
Ja, aber du musst meistens überlegen, welche Regel jetzt in welcher Situation zur Anwendung kommen könnte, und welche Modifikation zieht. Das ist bei Brettspielen eher ungewöhnlich und eigentlich auch nicht erwünscht.
Zitat
2. "Sieg" bedeutet meist "Lösen des Abenteuers". Weiterspielen kann ich auch bei einigen Brettspielen, z.B. BloodBowl - nach dem Match das Team aufrüsten ud weiter gehts.
"Sieg" bedeutet: Der Abend hat verdammt viel Spaß gemacht, zumindest für mich. Bei Fiasco z.B. geht es nur darum, den Charakter möglichst elegant vor die Wand zu fahren. Und wenn die Gruppe zwischendrin beschließt, das Abenteuer zu ignorieren und statt dessen etwas anderes zu machen, dann kann der Abend immer noch verdammt viel Spaß machen.
Zitat
3. Jedes Spiel hat ein Ziel. Wenn etwas kein Ziel hat, ist es auch kein Spiel.
Und bei einem Brettspiel weißt du am Anfang eigentlich schon, was das Ziel ist. Bei einem Rollenspiel eher nicht.
Zitat
4. Das Ziel eines (halbwegs guten) Rollenspiels erkennt man meist am EP-Schlüssel.
Das verstehe ich nicht mal ansatzweise. Was ist ein EP-Schlüssel? Für welches Erfolgsteil im Abenteuer man wieviele EP bekommt?

...ich sag´s ja ungern, aber die Abenteuer, die ich spiele, haben allesamt keinen EP-Schlüssel. Und ich mache auch keine Unterschiede in der EP-Vergabe, ob das Abenteuer gelöst wurde oder nicht.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ArneBab am 30.11.2010 | 23:42
Es gibt Rollenspiel Meisterschaften oder gar auch auf das Rollenspiel Spiel bezogene Wettbewerbe?

Es gibt die Rollenspielpolizei. Wenn du dich über DSA-Regeln hinwegsetzt, kommen sie zu dir und konfiszieren deine Materialen, da du die Nutzungsbedingungen des Grundregelwerks gebrochen hast.¹

In Gurps Illuminati sind sie glaube ich sogar genannt :) (aber da könnte ich mich irren…)

¹: Hast du schonmal die Nutzungsbedingungen des Windows Media Players gelesen? Oder die von Facebook?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 30.11.2010 | 23:49
"Sieg" bedeutet: Der Abend hat verdammt viel Spaß gemacht, zumindest für mich.
Aber auch dieser "Sieg" ist kein Unterschied zwischen Brettspiel und Rollenspiel:
Auch beim Brettspiel treffe ich mich letztendlich nur mit Leuten, um in meiner Freizeit Spaß zu haben. In dieser Hinsicht ist Brettspiel exakt so wie Rollenspiel.

Die Frage lautet also nicht: "Geht es darum, Spaß zu haben?" - Natürlich geht es darum, Spaß zu haben.
Die Frage lautet: "Was versuche ich innerhalb des Spiels, um Spaß zu generieren?"

Und da lautet die Antwort:
- Schach macht am meisten Spaß, wenn man versucht, den gegnerischen König Matt zu setzen.
- Cluedo macht am meisten Spaß, wenn man versucht, den Mordfall aufzulösen.
- DSA macht am meisten Spaß, wenn man versucht, das Abenteuer zu lösen.

Zitat
Und wenn die Gruppe zwischendrin beschließt, das Abenteuer zu ignorieren und statt dessen etwas anderes zu machen, dann kann der Abend immer noch verdammt viel Spaß machen.
Und wenn jemand beim Schach beschließt, nicht den König Matt zu setzen, sondern stattdessen alle anderen Figuren zu schlagen und/oder den König Remi zu setzen (anstatt Matt), kann das Spiel auch verdammt viel Spaß machen.

Wenn man bei Poker nicht versucht, möglichst viel Geldchips zu gewinnen, sondern möglichst schnell pleite zu gehen, kann das Spiel auch verdammt viel Spaß machen.

Wenn bei Empire in Arms der Franzose nicht versucht, möglichst viele Siegpunkte zu erreichen sondern stattdessen Moskau zu erobern, kann das Spiel auch verdammt viel Spaß machen.

Wenn man bei den Siedlern von Catan nicht versucht, 10 Siegpunkte zu erreichen, sondern stattdessen die allerlängste Straße zu bekommen (die womöglich über die ganze Insel geht), dann kann das Spiel auch viel Spaß machen.

Auch hier unterscheidet sich RPG nicht vom Brettspiel:
Es gibt ein Spielziel, das von den Machern empfohlen wurde und von denen die Macher denken, dass es einen möglichst großen Spaß generiert. Man selber ist aber frei, sich ein anderes Spielziel zu überlegen, wenn man der Meinung ist, dass das neue Spielziel mehr Spaß generiert.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Bad Horse am 30.11.2010 | 23:57
Aber auch dieser "Sieg" ist kein Unterschied zwischen Brettspiel und Rollenspiel:
Auch beim Brettspiel treffe ich mich letztendlich nur mit Leuten, um in meiner Freizeit Spaß zu haben. In dieser Hinsicht ist Brettspiel exakt so wie Rollenspiel.


Euli, bitte reiß mein Zitat nicht aus dem Zusammenhang. Ich habe lediglich auf Sephirons Behauptung, Sieg wäre es, das Abenteuer zu lösen, geantwortet, dass manche Leute ihren Spaß nicht daraus ziehen, das Abenteuer zu lösen.

Naja, vielleicht trifft es diese Formulierung noch etwas besser. Insofern - danke.  :)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Voronesh am 1.12.2010 | 01:49
Die sind aber nicht erwünscht. Die Brettspielkonvention ist, dass die Regeln ohne Rücksicht darauf, wer sie liest, den spielinternen Handlungsspielraum exakt beschreiben.

Auch wenns etwas OT ist: "Vertrau mir, es gibt kein Tabletop das das erreicht." Versucht ja, aber Erreichen ist da sowas wie der heilige Gral. Das ist so wie der Versuch ein Rollenspiel zu basteln in dem Würflerspieler und Charakterdarsteller sofrot Freude daran finden und es sofort spielen wollen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 1.12.2010 | 08:16
Auch hier unterscheidet sich RPG nicht vom Brettspiel:
Es gibt ein Spielziel, das von den Machern empfohlen wurde und von denen die Macher denken, dass es einen möglichst großen Spaß generiert. Man selber ist aber frei, sich ein anderes Spielziel zu überlegen, wenn man der Meinung ist, dass das neue Spielziel mehr Spaß generiert.

Ich hatte bisher auch angenommen, dass das nicht konkretisierte Spielziel tatsächlich ein Merkmal von RPG ist, aber du hast Recht. Es ist zwar weniger konkret als bei Brettspielen, aber meistens ist es vorhanden (z.B. bei D&D: eine Stufe aufsteigen indem man gegen Monster antritt bzw. dadurch XP sammelt ).

Aber in einem Punkt hebt sich RPG dann doch ab: Es ist die einzige Spielform, die ich kenne, die als Endlosspiel konzipiert wird.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Voronesh am 1.12.2010 | 10:45
Naja da würde ich auch nicht so ganz zustimmen. Das Endziel ist doch möglicherweise der Ruhestand. Bei Cthulhu wohl eher seltenst erreicht, bei DND4 sogar schon ins System eingebaut (inklusive settingtypische zuGottaufstiegsmöglichkeit).

RPGs sind eher auf längere Sicht konzipiert als andere Spiele, aber endlos sind sie meistens eher nicht mehr.

Bzw. haben die Spieler vielleicht genug Atem um beim Ende anzukommen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 1.12.2010 | 11:00
"Endlosspiel" habe ich eher relativ gemeint. Das Spiel endet eben nicht nach einem "Durchlauf" von durchschnittlich 0,5 - 2 Stunden, nachdem man das Spielziel erreicht hat, sondern soll sich über Monate bis hin zu Jahren erstrecken können. Dabei werden die grundlegenden Mechanismen (Stufenaufstieg oder analoge Weiterentwicklung des Chars) immer wieder in ähnlicher Weise durchlaufen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 1.12.2010 | 11:33
Meiner Meinung nach unterscheidet sich der Sieg im Brettspiel von jenem im Rollenspiel duch die Zielsetzung.

Bei Schach ist das Ziel klar dadurch definiert den Koenig matt zu setzen oder ein Remi zu erreichen.
Bei Cluedo ist das Ziel klar dadurch definiert den Mordfall aufzuloesen.
Bei Risiko ist das Ziel klar durch die Handlungsanweisung der Karten definiert.

Es gibt zwecks der Zielerreichung Regeln welche die strategischen Moeglichkeiten zur Erreichung des gesetzten Ziel beschreiben.

Dieser Aspekt fehlt m.E. beim Rollenspiel da kein konkretes Ziel, das ueber reine strategische Regelanwendung erreichbar ist, gesetzt ist. Das heisst gerade das Abenteuer ist unter Umstaenden sehr viel mehr zu erleben als aufzuloesen.
Stattdessen wird darauf hingewiesen unter welchen allgemeinen Aspekten oder Zielsetzungen das Spiel aus Sichtweise der Macher Spass machen kann.


Die Praemisse des Spass steht dem Aspekt der Zielerreichung aussen vor.
Man kann beim Pokern sein Geld verspielen und Spass haben, das Spielziel hat man dennoch nicht erreicht - noch hat man gewonnen.
Man kann beim Schach versuchen auf Remi zu kommen, wenn der Gegenueber einen Matt setzt hat man weder das Spielziel erreicht noch gewonnen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 1.12.2010 | 11:43
Bei Schach ist das Ziel klar dadurch definiert den Koenig matt zu setzen oder ein Remi zu erreichen.
Da gibt es diese Anekdote von einem internationalen Schachturnier. Beiden Spielern reichte ein Remis, um innerhalb des Turniers weiterzukommen. Spieler 1 hat demzufolge auf Remis gespielt und nach einer Weile ergab sich folgender Dialog.
Spieler 1: "Remis?"
Spieler 2: "Nein danke."
Spieler 1: "Wollen Sie etwa noch gewinnen?"
Spieler 2: "Nein, sehr unwahrscheinlich."
Spieler 1: "Aber Sie wollen doch wohl nicht absichtlich verlieren?"
Spieler 2: "Natürlich nicht."
Spieler 1: "Ja, was wollen Sie denn dann?"
Spieler 2: "Spielen."

Naja, in jedem Fall kann für ein Rollenspiel ebenso ein klares Ziel definiert werden. Für einzelne Rollenspielsitzungen ist das sogar ziemlich häufig. Und dass 'Spass beim Spielen' wichtiger sei als das Erreichen von klaren Zielen, ist eine individuell höchst flexible Aussage, die ich als allgemeine Definition nicht für tauglich halte.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 1.12.2010 | 11:45
Es gibt Rollenspiel Meisterschaften oder gar auch auf das Rollenspiel Spiel bezogene Wettbewerbe?
Ja.
http://en.wikipedia.org/wiki/D%26D_Championship_Series
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 1.12.2010 | 11:48
Ich halte "Spass" daher auch fuer eingeschraenkt geeignet.
Das Rollenspielrunden fuer ein Abenteuer oder eine Kampagne klare Ziele definieren stelle ich nicht in abrede. Lediglich das Rollenspiele klare Ziele haben; respektive behaupte ich das die notwendigen Bedingungen zur Zielerreichung (Siegbedingungen) fehlen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ErikErikson am 1.12.2010 | 12:01
Es gibt bei D&D und bei Midgard (Eishexer) Turnierabenteuer. D.h. man spielt, um besser zu sein als die anderen. Das finde ich persönlich zwar cool, aber auch reichlich subjektiv, weil es eben beim RPG mehr als die Brettspielelemente gibt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Scimi am 1.12.2010 | 12:21
Was ist für euch der Unterschied zwischen Brettspielen, Gesellschaftsspielen und Rollenspielen, und wann werden eurem Gefühl nach Rollenspiele brettspielig?

Das ist eine Fangfrage, oder? Ich habe jetzt den Thread gelesen und über verschiedene Positionen dazu nachgedacht und ich komme zu dem Schluss: Egal, was ich dazu sage, ich habe Unrecht.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 1.12.2010 | 12:23
Das ist eine Fangfrage, oder? Ich habe jetzt den Thread gelesen und über verschiedene Positionen dazu nachgedacht und ich komme zu dem Schluss: Egal, was ich dazu sage, ich habe Unrecht.
Man hat in dem Fall nicht unrecht sondern teilt die eigene Meinung?  :)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ArneBab am 1.12.2010 | 12:44
Naja, in jedem Fall kann für ein Rollenspiel ebenso ein klares Ziel definiert werden. Für einzelne Rollenspielsitzungen ist das sogar ziemlich häufig. Und dass 'Spass beim Spielen' wichtiger sei als das Erreichen von klaren Zielen, ist eine individuell höchst flexible Aussage, die ich als allgemeine Definition nicht für tauglich halte.

Aber die Erreichung des gestellten Ziels muss nicht das Ziel bleiben. Die Spieler können sich zwischendrin entscheiden, etwas anderes zu tun. Beim Schach steht Remis mit in den Regeln. Beim Rollenspiel steht nicht vorgeplant, dass die Spieler den Abend mit Diskussionen über die eigene Vergangenheit verbringen sollen, während sie im Van vor ihren Verfolgern fliehen.

Und wenn es um Erfahrungspunkte geht: Wir verteilen Erfahrungspunkte inzwischen nach einem einfachen Schema:



Für das zweite setzen wir uns nach der Runde zusammen und überlegen gemeinsam, was jeweils andere an tollen Aktionen hatten (nicht notwendigerweise nur erfolgreiche). Idealfall ist, dass wir bei jeder mindestens eine finden und so jede einen weiteren Punkt kriegt.

Die Erfahrungspunkte ermöglichen nun das Steigern, was an sich ein mögliches Spielziel ist. Sie werden aber so verteilt, dass jede Punkte bekommt, die zum Spaß der Gruppe beiträgt (und auch jede, die einfach da war).
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.12.2010 | 12:47
Aber in einem Punkt hebt sich RPG dann doch ab: Es ist die einzige Spielform, die ich kenne, die als Endlosspiel konzipiert wird.
HeroQuest, StarQuest, BloodBowl und Infinity sind ebenfalls auf Endlosspiel getrimmt.

Und bei Empire in Arms dauert die große Kampagne schonmal 200+ Stunden. (Das heißt, wenn man alle zwei Wochen 6 Stunden spielt, sitzt man da auch über einem Jahr dran.)

Die Praemisse des Spass steht dem Aspekt der Zielerreichung aussen vor.
Man kann beim Pokern sein Geld verspielen und Spass haben, das Spielziel hat man dennoch nicht erreicht - noch hat man gewonnen.
Man kann beim Schach versuchen auf Remi zu kommen, wenn der Gegenueber einen Matt setzt hat man weder das Spielziel erreicht noch gewonnen.
Richtig. Und beim Rollenspiel kannst du versuchen, irgendetwas außerhalb des Abenteuers zu erreichen. Wenn du das Abenteuer nicht schaffst, hat man weder das Spielziel erreicht noch gewonnen.

Selbstverständlich kann man auch bei Poker, Schach und Rollenspiel Spaß haben, ohne zu gewinnen. Aber wenn du nicht versuchst, das eigentliche Spielziel zu erreichen (den Gegner das Geld aus der Tasche ziehen, den König Matt setzen, das Abenteuer gewinnen), dann kannst du zwar Spaß haben, aber nicht das Spiel gewinnen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 1.12.2010 | 13:13
Und beim Rollenspiel kannst du versuchen, irgendetwas außerhalb des Abenteuers zu erreichen. Wenn du das Abenteuer nicht schaffst, hat man weder das Spielziel erreicht noch gewonnen.
Ein Abenteuer hat nicht zwangslaeufig eine bestimmte Zielsetzung bzw. Spielziel.
Ebenso aendert ein Ziel bei einem Rollenspiel Abenteuer nicht das es kein Spielziel beim Rollenspiel gibt.

Zitat
Selbstverständlich kann man auch bei Poker, Schach und Rollenspiel Spaß haben, ohne zu gewinnen.
Die (Sieg)Bediengungen fehlen beim Rollenspiel.
Deshalb verliert man, im Gegensatz zum Poker oder Schach, nicht.

Der Spass als Faktor zur Betrachtung der Zielsetzung oder des Spielziel bleibt m.E. nach wievor irrelevant.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.12.2010 | 13:20
Doch, es gibt beim RPG ein konkretes Spielziel: Das Abenteuer lösen.
Und es lässt sich auch objektiv feststellen, ob das Abenteuer gelöst wurde oder nicht. (Damit haben wir die Siegbedingung.)

Deshalb hat man beim Rollenspiel auch verloren, wenn man das Abenteuer nicht löst.

Wenn du das anders siehst, erkläre mir bitte, wo du den Unterschied zwischen "Setze den König matt" und "Löse das Abenteuer" siehst: Wieso ist das eine eine Siegbedingung und das andere nicht?

Zitat
Der Spass als Faktor zur Betrachtung der Zielsetzung oder des Spielziel bleibt m.E. nach wievor irrelevant.
Hatte ich doch geschrieben: Spaß und Spielziel sind zwei prinzipiell unabhängige Größen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 1.12.2010 | 13:26
Doch, es gibt beim RPG ein konkretes Spielziel: Das Abenteuer lösen.
Nein, dafuer muesste es bei einem RPG zwingend ein Abenteuer geben, gibt es aber nicht.
Desweiteren muessten Abenteuer Ziel bieten, bieten sie aber nicht zwingend.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 1.12.2010 | 13:30
HeroQuest, StarQuest, BloodBowl und Infinity sind ebenfalls auf Endlosspiel getrimmt.

Hm, ja, ok. Stimmt, wohl. (aber ich kenne sie auch nicht alle)  ;)

Ein Abenteuer hat nicht zwangslaeufig eine bestimmte Zielsetzung bzw. Spielziel.
Ebenso aendert ein Ziel bei einem Rollenspiel Abenteuer nicht das es kein Spielziel beim Rollenspiel gibt.

Die (Sieg)Bediengungen fehlen beim Rollenspiel.
Deshalb verliert man, im Gegensatz zum Poker oder Schach, nicht.

Das würde ich so nicht sagen. Ich würde die Ziele nicht an einen Plot oder ein AB hängen. Ziel beim RPG ist es m.E. den Char weiterzuentwickeln (Stufenaufstieg etc.) und zu verbessern. Genau das ist es doch, wenn andere Spiele "Rollenspielelemente" aufweisen. Was während der Entwicklung passiert ist für das Spielziel nebensächlich, solange am Ende ein Stufenaufstieg o.ä. herauskommt.
Genau so sind beim Schach zwar einzelne Elemente geregelt, aber die Regeln geben keine Strategien vor. Oder beim Fußball, wo am Ende der Sieg durch mehr Tore steht; aber das Zustandekommen der Tore ist nicht nur egal, es ist auch nicht viel klarer geregelt als beim RPG, da die Regeln beim Fußball hauptsächlich bestimmte Aktionen verbieten oder bestrafen. Es gibt keine Regeln für Fernschüsse, Steil- oder Doppelpässe, Hackentricks etc. ebensowenig wie es beim Schach Regeln für z.b. Bauernopfer gibt. Oder beim RPG Regeln zum Lösen des Plots.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: bandit am 1.12.2010 | 13:32
Nicht in allen Rollenspielen entwickelst du zwingend deinen Charakter weiter. Manche gehen auch von recht statischen Charakteren aus.
Oder Cthulhu z.B. degeneriert mit der Zeit deinen Char eher, da er mehr und mehr wahnsinnig wird bis hin zur Übergabe an den SL, wenn er nicht mehr spielbar ist.

edit:
Ziele im Rollenspiel variieren m.E. von System zu System und von Gruppe zu Gruppe.

Dennoch ist Rollenspiel eine Art Gesellschaftsspiel. Aber eben kein Brettspiel, weil in den meisten Fällen kein Brett notwendig oder gar vorgesehen ist.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.12.2010 | 13:33
@ Teylen
Also beim RPG gibt es normalerweise ein Abenteuer. (Nicht unbedingt eines, welches sich der SL vorher ausgedacht hat. Evtl. eines, welches erst im Laufe des Spielabends entsteht. Aber es gibt ein Abenteuer.)

Zu deinem zweiten Satz: Nenne mir doch bitte mal ein Abenteuer, das kein Ziel bietet.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 1.12.2010 | 13:41
Nicht in allen Rollenspielen entwickelst du zwingend deinen Charakter weiter. Manche gehen auch von recht statischen Charakteren aus.
+1

Zumal ich bisher kein System kennenlernt habe wo die EP Vergabe, zum Ziele einer Charakterentwicklung, entsprechend hinreichend fest definiert gewesen waere.

Also beim RPG gibt es normalerweise ein Abenteuer.
Bei den mir bekannten, wo ich das gesamte Regelwerk las, nicht.
Da gibt es allenfalls Ansaetze wie sich ein Abenteuer gestalten koennte.

Zitat
Zu deinem zweiten Satz: Nenne mir doch bitte mal ein Abenteuer, das kein Ziel bietet.
Alle Sandkaesten sowie ergebnisoffenen Abenteuer.

Detektiv Abenteuer in welchen man "nur" den Fall rekonstruiert.
Atmossphaerisch ausgerichtete Abenteuer. Seightseeing Abenteuer.
Bei unseren aktuellen Intrigen Plot (VtM) sehe ich auch kein konkretes Spielziel.

Das letzte Con Abenteuer hatten auch kein wirklich konkretes Spielziel.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.12.2010 | 13:50
Bei den mir bekannten, wo ich das gesamte Regelwerk las, nicht.
Du sagtest doch, du spielst VtM mit einem intrigen Plot: Da hast du dein Abenteuer.

Ansonsten muss man auch zwischen Regelwerk und konkretes Spiel unterscheiden:
Im Schachregelwerk gibt es auch nur Ansätze, wie sich ein evtl. Matt gestalten könnte.
Um den König dann konkret Matt zu setzen, muss man auch ein konkretes Spiel spielen. (Und genau das gleiche gilt für das Abenteuer im RPG.)

Zitat
Detektiv Abenteuer in welchen man "nur" den Fall rekonstruiert.
Atmossphaerisch ausgerichtete Abenteuer. Seightseeing Abenteuer.
Bei unseren aktuellen Intrigen Plot (VtM) sehe ich auch kein konkretes Spielziel.

Das letzte Con Abenteuer hatten auch kein wirklich konkretes Spielziel.
1) Das Detektiv-Abenteuer hat doch ein Ziel: "Rekonstruiere den Fall." (Und du hast verloren, wenn dir das nicht gelingt.)
2) Könntest du mal ein Beispiel für ein Seightseeing Abenteuer posten?
3) Euren aktuellen intrigen Plot kenne ich natürlich nicht. Daher muss ich hier raten. Aber ich würde vermuten, da gibt es schon ein Spielziel in der Art: "Löse die aktuelle Intrige" oder "Gewinne an Ansehen und Macht" oder "Räche dich an deinem Erzfeind". (Für genauere Aussagen müsste ich natürlich euren aktuellen Intrigenplot kennen.)

4) Euer letztes Con-Abenteuer kenne ich sogar noch weniger. Was habt ihr da gespielt? Worum ging es? Welches Setting?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 1.12.2010 | 13:54
Nicht in allen Rollenspielen entwickelst du zwingend deinen Charakter weiter. Manche gehen auch von recht statischen Charakteren aus.

Ja, aber das sind imo eher Ausnahmen. Genauso wie es Spiele gibt, die eher ungewöhnliche Ziele setzen. Zumal eine Weiterentwicklung auch bei verschiedenen Elementen des Charakters geschehen kann.
Abgesehen davon wäre auch das kein Alleinstellungsmerkmal von RPG. Viele Leute spielen Fußball oder andere Spiele ohne den Sieg anzustreben, einfach aus Spaß am Spiel.

Zumal ich bisher kein System kennenlernt habe wo die EP Vergabe, zum Ziele einer Charakterentwicklung, entsprechend hinreichend fest definiert gewesen waere.

Naja, bei D&D z.B. ist sie schon ziemlich klar vorgegeben, und es gibt dahingehend auch noch andere Systeme. Aber es stimmt, dass das häufig eher schwammig ist. Aber das ändert nichts am grundsätzlichen Ziel, finde ich. "Ziel ist es, XP zu sammeln."
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 1.12.2010 | 14:02
Du sagtest doch, du spielst VtM mit einem intrigen Plot: Da hast du dein Abenteuer.
Das hat aber nicht direkt etwas mit dem Rollenspielsystem zu tun und es gibt kein klar definiertes Ziel.

Im Schach ist klar definiert das, wenn sich der Koenig in einer Schlagdrohung befindet, aus der er nicht entkommen kann, oder einem Spieler keine legalen Zuege mehr moeglich sind ein Schachmatt entsteht und das Spiel beendet ist.
Das ist bereits vor dem Spiel konkretisiert.
Dasfuer muss man kein konkretes Ziel haben.

Zitat
1) Das Detektiv-Abenteuer hat doch ein Ziel: "Rekonstruiere den Fall." (Und du hast verloren, wenn dir das nicht gelingt.)
Nur wenn die Spieler es sich zum Ziel setzen.
Das Ziel koennte auch auf der Untersuchung des uebernatuerlichen Phaenomen liegen, auf der Ueberfuehrung des Taeters, auf das Unterbrechen der Mordserie oder die Verwicklung in die Intrige.
Somit ist es nicht konkret und man kann nicht feststellen das die unvollstaendige Rekonstruktion ein sachliches scheitern bei der Ziel Erreichung sind.

Zitat
2) Könntest du mal ein Beispiel für ein Seightseeing Abenteuer posten?
Giovanni Chroniken und andere Metaplot-Zuschau-Events.

Zitat
3) Euren aktuellen intrigen Plot kenne ich natürlich nicht. Daher muss ich hier raten. Aber ich würde vermuten, da gibt es schon ein Spielziel in der Art: "Löse die aktuelle Intrige" oder "Gewinne an Ansehen und Macht" oder "Räche dich an deinem Erzfeind".
Wir haben eine Intrige bemerkt und versuchen nun irgendetwas daraus zu machen.
Ein wirklich konkretes Ziel vermag ich nicht zu erkennen.
Es war auch Intention des Spielleiters ein solches nicht aufzuzwaengen.

Zitat
4) Euer letztes Con-Abenteuer kenne ich sogar noch weniger. Was habt ihr da gespielt? Worum ging es? Welches Setting?
Hollow Earth Expedition, Start Abenteuer.
Wir haben nach einem Sturm der uns an einen merkwuerdigen Ort brachte 3 Seeungeheuer gekillt, 6-7 Raptoren, ein doppeltes dutzend Nazis und dann hoerte es auf.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Scimi am 1.12.2010 | 14:03
Das würde ich so nicht sagen. Ich würde die Ziele nicht an einen Plot oder ein AB hängen. Ziel beim RPG ist es m.E. den Char weiterzuentwickeln (Stufenaufstieg etc.) und zu verbessern. Genau das ist es doch, wenn andere Spiele "Rollenspielelemente" aufweisen. Was während der Entwicklung passiert ist für das Spielziel nebensächlich, solange am Ende ein Stufenaufstieg o.ä. herauskommt.

Dann spielt man auf Rollenspielcons gar kein Rollenspiel, wenn man an Oneshot-Runden mit neuen Charakteren ohne Chance auf Fortsetzung teilnimmt?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 1.12.2010 | 14:08
Dann spielt man auf Rollenspielcons gar kein Rollenspiel, wenn man an Oneshot-Runden mit neuen Charakteren ohne Chance auf Fortsetzung teilnimmt?

Doch, aber man bricht das Spiel nach dem ersten "Zyklus" ab. Ich weiß auch nicht genau, worauf du diese Aussage baust: ich habe ja nicht gesagt, dass man kein RPG spielt, wenn man das Ziel nicht anstrebt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Scimi am 1.12.2010 | 14:20
Ich verstehe das Argument "XP/Charakterentwicklung als Spielziel" nicht - natürlich kann es ein Spielziel sein, aber es ist nichts, was rollenspieltypisch ist. Es gibt genug Rollenspiele ohne das Element der Charakterentwicklung und auf der anderen Seite verschiedene Brettspiele mit Kampagnenregeln, bei denen der Ausgang vorheriger Runden die Startaufstellung der nächsten Runden bestimmen. Der Unterschied liegt einfach darin, ob das Spiel als einmaliges Event über ein paar Stunden oder als längere Beschäftigung über mehrere Termine hinweg geplant ist. Was man dabei spielt, ist völlig unabhängig...

Im Rahmen der ursprünglichen Fragestellung bezweifle ich daher den Wert der Überlegung für das Finden einer eindeutigen Abgrenzung.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 1.12.2010 | 14:36
natürlich kann es ein Spielziel sein, aber es ist nichts, was rollenspieltypisch ist.

Ja, eben. Genau das sage ich ja. Die These war, dass das Fehlen eines Spielzieles typisch für Rollenspiele ist. Ich habe dagegen argumentiert, da einige Systeme m.E. durchaus recht klare Ziele aufstellen, während Nicht-Rollenspiele auch mal auf Ziele verzichten.

Im Rahmen der ursprünglichen Fragestellung bezweifle ich daher den Wert der Überlegung für das Finden einer eindeutigen Abgrenzung.

Der "Wert" liegt darin, dass ich die o.g. These widerlegt sehe. Das Auftreten von nicht klaren Zielen bis hin zum völligen Fehlen von Zielen ist nicht typisch für Rollenspiele, denn man findet das auch bei anderen Gesellschaftsspielen. Daher ist das zur Abgrenzung ungeeignet.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Scimi am 1.12.2010 | 14:42
Danke, dass du es nochmal klargestellt hast, ich habe wohl über den kleinen Grabenkrieg in der Diskussion ein wenig den Überblick über die Positionen verloren.

Ist aber immer gut, wenn man hinterher feststellt, dass man bezüglich einer Sache doch einer Meinung war.  ;)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 1.12.2010 | 14:58
Ich habe dagegen argumentiert, da einige Systeme m.E. durchaus recht klare Ziele aufstellen, während Nicht-Rollenspiele auch mal auf Ziele verzichten.
Welche Nicht-Rollenspiel Spiele verzichten den auf Ziele bzw. Zielbedingungen?
D.h. nicht aus der Perspektive der Anwender sondern vom Spiel Design her.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ErikErikson am 1.12.2010 | 14:59
Ball-zuwerfen?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 1.12.2010 | 15:00
Brettspiele, Gesellschaftsspiele
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 1.12.2010 | 15:29
Es gibt nicht sehr viele. Aber ich könnte nennen:

- Wahrheit oder Pflicht
- Stopp-Essen
- Malen & Schreiben (ein Geschichten-Entwicklungs-Spiel)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ArneBab am 1.12.2010 | 15:30
Deshalb hat man beim Rollenspiel auch verloren, wenn man das Abenteuer nicht löst.

Was ist bei einem Spiel auf Schienen, bei dem es eh klar ist, dass man das Abenteuer lösen wird?

Ich sehe beim Rollenspiel nur eine Möglichkeit, zu verlieren: Wenn der Charakter auf für seinen Spieler langweilige Art stirbt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Sephiron am 1.12.2010 | 16:09
Welche Nicht-Rollenspiel Spiele verzichten den auf Ziele bzw. Zielbedingungen?
D.h. nicht aus der Perspektive der Anwender sondern vom Spiel Design her.

Was verstehst du unter einem Ziel?
Rollenspiele funktionieren meist mit Hilfe von Belohnungskreisläufen: Spielziele erreichen (Plot lösen, packende Geschichten erzählen, anschauliches Schauspiel) -> EP (auch Spielgeld, besondere Gegenstände, Kontakte) -> verbesserte Charakterwerte -> einfacheres Erreichen der Spielziele -> EP -> ... usw.

Eulenspiegel nannte HeroQuest, StarQuest, BloodBowl und Infinity als Brettspiele mit zyklischen Siegbedingungen, ähnlich dem Lösen eines Abenteuers im Rollenspiel.

Bei Browsergames funktionieren die Belohnungskreisläufe meist sogar noch schneller, z.B.: Truppen produzieren -> erfolgreiche Angriffe -> Rohstoffe -> mehr Truppen produzieren -> ... usw.

Im Grunde genommen verläuft sogar eine Serie von Dartspielen, bei denen man sagt "Der Verlierer fängt an", zyklisch.


Dass dein Gefühl von Rollenspielen vermutlich von dem geprägt ist, was du gewöhnt bist, war nicht beleidigend gemeint & das habe ich auch geschrieben.
Dennoch machen die Merkmale, die du als typisch für Rollenspiele angibst, aus einem Spiel kein Rollenspiel. Es gibt andere Spiele, die diese Kriterien erfüllen, und es gibt Rollenspiele, die sie nicht erfüllen.
Das ist etwa so als ob ich behaupten würde "Bei Ballspielen spielt man in einer von zwei Mannschaften und wer nach 90 Minuten die meisten Tore hat, gewinnt. Bei Brettspielen spielt jeder für sich und es werden keine Tore gezählt. Daran erkennt man, ob ein Spiel ein Ball- oder ein Brettspiel ist."
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 1.12.2010 | 19:00
Ich untersuche hier mal folgende Vorschläge auf zwei Fragen:
1. Kommt das bei allen oder nahezu allen Rollenspielen vor?
2. Kommt das bei keinem oder nahezu keinem Nicht-Rollenspiel vor?
Um als Abgrenzungskriterium tauglich zu sein, müssten sich beide Fragen mit 'ja' beantworten lassen.

Übernahme eines einzelnen Charakters: Ja/Nein.
Belohnungszyklus durch XP o.ä.: Nein/Nein.
Abwesenheit von klaren Zielen: Nein/Ja.
Visualisierung des Spielgeschehens durch persönliche Vorstellung: Ja/Nein.
Der spielinterne Handlungsrahmen der Spieler wird nicht ausschließlich durch eindeutige* Spielregeln definiert: Ja/Ja.

*Wer darauf besteht, sich an diesem Begriff aufzuhängen: Bitte 'idealtypisch von Abwägungen und Interpretationen unabhängige' einsetzen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Sephiron am 1.12.2010 | 19:39
Wulfhelm,

Falls ich "spielinterner Handlungsrahmen" und "eindeutige Spielregeln" so verstehe wies gemeint ist, fallen mir spontan folgende Beispiele für Nicht-Rollenspiele ein:
- Risiko, mit Absprachen und Bündnissen
- Junta, mit noch mehr Absprachen, Bündnissen, Irreführungen, Komplotten etc.
- Poker, mit Einschüchtern, Bluffen und Irreführen
- Activity, wo man die Art des kreativen Ausdrucks vorgegeben bekommt, aber nicht die genaue Umsetzung
- Tabu, wo man eigentlich Alles erzählen darf, außer dem, was auf der Karte steht

Wenn es wirklich das ist, was hier manche als "brettspielig" bezeichnen, wie wäre es dann mit Begriffen wie "wenig Erzählanteil" oder (wertender) "storyarm"?
Wäre jedenfalls deutlich angemessener als diese kindischen Streitereien um "Wahres Rollenspiel". Hab übrigens nie erlebt, dass Dartspieler sowas machen...
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 1.12.2010 | 22:27
Es wurden hier einige Vorschläge gemacht, was den Unterschied zwischen Brett- und Rollenspiel ausmacht:
1) (Nicht-)Existenz von Siegbedingungen
2) (Nicht-)Existenz von Spielende-Bedingungen
3) (Nicht-)Identität von Siegbedingung und Spielende-Bedingung
4) Siegbedingungen werden im Regelwerk definiert.
5) Vorstellungsraum steht über Regeln
6) Es gibt Bereiche in denen die Regeln nicht klar definiert sind.

ZU allen diesen sechs Punkten möchte ich Stellung beziehen:
zu 1)
Da hatte ich in den letzten Posts bereits ausführlich erwähnt, wieso ich denke, dass jedes Spiel eine Sieg bzw. Niederlagebedingung erfüllt.

zu 2)
Es stimmt, dass die meisten RPGs Endlosspiele sind und es stimmt, dass die meisten Brettspiele ein definiertes Ende haben. Dies ist aber nicht immer der Fall: Bei RPGs gibt es OneShots bzw. Regelwerke, die sich auf OneShots spezialisiert haben (ich denke da an dieses eine RPG mit den Schaben). Dies sind keine Endlosspiele sondern haben häufig ein definiertes Ende.
Auf der anderen Seite gibt es Brettspiele wie HeroQuest, StarQuest und BloodBowl, die Endlosspiele sind.

zu 3)
Zugegebenermaßen fallen bei den meisten Brettspielen Sieg/Niederlage und Spielende überein. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. (Bei "Spiel des Lebens" zum Beispiel ist das Spiel zu Ende, sobald man den Alterswohnsitz erreicht hat. Das Spiel gewonnen hat jedoch die Person mit dem meisten Geld.)

Und bei den Endlos-Brettspielen kann man einzelne Missionen/Spiele auch verlieren, aber das Spiel geht trotzdem weiter.

zu 4)
Hier muss man zwischen Spielen unterscheiden, die prinzipiell immer gleich ablaufen (z.B. 99% der Brettspiele) und Spielen, wo sich die Ausgangslage regelmäßig ändert (z.B. HeroQuest, StarQuest oder auch Empire in Arms).
Bei Brettspielen mit immer der gleichen Ausgangslage stehen die Siegbedingungen im Regelwerk. Bei Spielen wie HeroQuest, StarQuest oder Empire in Arms stehen die Siegbedngungen jedoch nicht im Regelwerk sondern in den jeweiligen Abenteuer- bzw. Szenariobeschreibungen. (Standardmäßig werden zum Spiel einige Szenariovorschläge mitgeliefert. Es gibt jedoch auch eigenständige Szenarios, die nicht beim Regelwerk mitgeliefert werden. Die meisten Szenarios (egal ob mitgeliefert oder nicht) haben unterschiedliche Siegbedingungen.

zu 5)
Diesem Punkt stimme ich zu.
Um zu sehen, ob etwas ein Rollenspiel oder ein Brettspiel ist, sollte die Spielfigur einfach eine Handlung begehen, die durch die Regeln nicht abgedeckt ist, die aber aus Sicht des Vorstellungsraumes absolut plausibel und nachvollziehbar ist und wo es ingame keinerlei Gründe gibt, die gegen diese Handlung sprechen.

An der Reaktion der Mitspieler kann man dann erkennen, ob man gerade ein Rollenspiel oder ein Brettspiel spielt. (Wird die Handlung erlaubt oder gibt man ingame Gründe an, weshalb diese Handlung nicht möglich ist, ist es ein Rollenspiel. Verweist man auf die Regeln, wieso die Handlung nicht möglich ist, ist es ein Brettspiel.)

zu 6)
Wenn Regeln klar definiert wären, gäbe es keine endlosen FAQs. Mir fällt gerade kein Brettspiel ein, wo die Regeln extrem unklar definiert sind. Aber bei Trading Card Games fällt mir Magic ein, wo es zig Spezialregeln gibt, wo rein regelseitig unklar ist, wie sich zwei Spezialregeln in diesem Spezialfall jetzt genau verhalten. (Wenn man unter Freunden spielt, regelt man das dann einfach unter sich. - Bei Turnieren müssen dann die Schiedsrichter entscheiden und später gibt es dann eine offizielle Entscheidung von WoC.)

Auf der anderen Seite gibt es Rollenspiele wie PtA, wo eindeutig definiert ist, was welchen Regelmechanismus zur Folge hat.

Was ist bei einem Spiel auf Schienen, bei dem es eh klar ist, dass man das Abenteuer lösen wird?
Bei diesen Spielen ist klar, dass man das Spiel automatisch gewinnt. (Bzw. automatisch verliert: Je nachdem, was vorgesehen ist.)

Zitat
Ich sehe beim Rollenspiel nur eine Möglichkeit, zu verlieren: Wenn der Charakter auf für seinen Spieler langweilige Art stirbt.
Sehe ich zwar anders. Aber selbst wenn du Recht hättest: Das bestätigt meine Hauptaussage: Es gibt beim Rollenspiel ein Spielziel: Nämlich nicht auf langweilige Art sterben.

(Disclaimer: Ich denke nach wie vor, dass "Abenteuer lösen" das Spielziel ist. Wenn du aber mit deiner Aussage Recht hättest, wäre "nicht auf langweilige Art sterben" das Spielziel.)

@ Sephiron
Bluffen beim Pokern hat doch keinerlei Auswirkungen auf die Spielregeln:
Es gibt keine Regel in Poker, die besagt: "Wenn mein Bluff gut war, darf ich eine zusätzliche Karte ziehen. Wenn mein Bluff schlecht war, darf ich keine Karte ziehen."
Bluffen ist beim Pokern kein Teil der Regeln.

Beim Rollenspiel kann "Bluffen" dagegen Teil der Regeln sein:
Wenn ich gut bluffe, bekommt mein SC einen Bonus auf seine Überreden-Probe.
Wenn ich schlecht bluffe, bekommt mein SC einen Malus auf seine Überreden-Probe.

Junta kenne ich nicht und kann ich daher dazu auch nichts sagen. Aber bei Risiko sind die Absprachen und Bündnisse auch nicht Teil der Regeln und haben keinen Einfluss auf die Regeln.
(Empire in Arms wäre z.B. ein Brettspiel, wo Bündnisse einen extremen Einfluss auf die Regeln haben. Diese sind dort aber nichts subjektives wie ein Bündnis beim RPG, sondern etwas extrem handfestes und Regelfestes.)
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ArneBab am 1.12.2010 | 23:29
Bei diesen Spielen ist klar, dass man das Spiel automatisch gewinnt. (Bzw. automatisch verliert: Je nachdem, was vorgesehen ist.)

Das bestätigt meine Hauptaussage: Es gibt beim Rollenspiel ein Spielziel: Nämlich nicht auf langweilige Art sterben.

Wenn man ein Ziel automatisch erreicht (egal was man tut), ist es dann ein Ziel? Wenn ich bei einem Autorennen immer als zweiter ankomme, ist es dann ein Ziel, zweiter zu werden?

Wenn es ein Ziel gibt, dann ist das, gemeinsam Spaß zu haben – oder es ändert sich jede Runde, und auch mal von Sekunde auf Sekunde, z.B. wenn die Spieler/Charaktere debattieren, was sie tun wollen. Und dann wäre Rollenspiel eher ein Spiel, in dem untergeordnete Spiele mit Siegbedingung genutzt werden („Metaspiel“ :) ).

Zitat
5) Vorstellungsraum steht über Regeln

Da stimme ich auch zu.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 2.12.2010 | 01:29
- Risiko, mit Absprachen und Bündnissen
- Junta, mit noch mehr Absprachen, Bündnissen, Irreführungen, Komplotten etc.
- Poker, mit Einschüchtern, Bluffen und Irreführen
Dadurch wird der Handlungsrahmen eben nicht definiert. Ich hatte das Dilemma der Verhandlungsspiele (auch Siedler o.ä.) schon erkannt, und darum diese Formulierung gewählt. Es gibt - sehr schön hier auch das Beispiel Diplomacy - keinerlei Verpflichtung, sich an solche Vereinbarungen im Spiel zu halten. Und: Sie sind wiederum von der Runde abhängig, somit kein notwendiger Bestandteil des Spiels.
(Wobei ich Junta hier ausklammern möchte, das habe ich nur vor mehr als 10 Jahren einmal gespielt und kann mich nicht mehr genau daran erinnern.)

Zitat
- Activity, wo man die Art des kreativen Ausdrucks vorgegeben bekommt, aber nicht die genaue Umsetzung
- Tabu, wo man eigentlich Alles erzählen darf, außer dem, was auf der Karte steht
Kenne ich nur vom Hörensagen.
Ich möchte natürlich nicht ausschließen, dass es auch Grenzfälle gibt. Aber meine Definition scheint mir von den bisher angebotenen immer noch die am wenigsten schwammige.
Sie deckt sich im Übrigen auch mit meinen praktischen Erfahrungen. Wenn sich Spieler darüber beschweren - und es ist ja meistens eine Beschwerde - dass ihr Rollenspiel zu brettspielig sei, dann hat das meiner Erfahrung nach immer etwas mit der Einengung durch ein starres Regelkorsett zu tun. Diesen Vorwurf macht man ja sogar irreführenderweise Spielen, die gar kein Brett/Battlemap haben, wie WFRP3.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: carthinius am 2.12.2010 | 09:17
Nur eine kurze Frage bezüglich der hier immer häufiger stattfindenden Einzelfalldiskussionen: Wäre es nicht zielführender, bei einem Definitionsversuch die drei Fälle, in denen es nicht zutrifft, einfach mal außen vor zu lassen?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Voronesh am 2.12.2010 | 13:18
@ Wulfhelm

Tabu würde deiner Definition nicht widersprechen. Man darf alles!!! verwenden bis auf die 5 Wörter, die auf der Karte stehen sowie Übersetzungen, damit nicht einfach auf Englisch die Lösung gesagt wird.

Recht einfache Definition und führt bei alten Karten manchmal zu Problemen.

Ansonsten gebe ich Carthinius Recht, dass man nicht immer auf kleine Ausnahmen Bezug nehmen sollte, wobei manche Defintionen genau daran hängenbleiben.

RP ohne Ziel (zum Sieg) ist so wie ins Blaue fahren. Man weiß blos nicht vorher was das Ziel ist, retrospektiv kann man das schon definieren. Beim tabletop ist das ähnlich, vorher kann ich eine klare Definition des Siegzieles zwar geben, aber was dann wirklich wichtig wird, passiert eben auf dem Feld. Entsprechend ist bei über 90% der RPs meistens das Ziel EP/XP/AP zu bekommen (in Cthulhu vielleicht möglichst keine Insanity points etc). Wie dieses Ziel dann ausgestaltet wird, ist den Spielern überlassen. Statische RPs kenne ich jetzt nicht.

Die würden dann aber nicht wirklich auf das Endlosspiel passen, denn wer hat Lust 300 Stunden lang denselben Nasenkopf zu spielen, der sich einfach nicht weiterentwickelt. Sowie der Umstand dass es genug Brettspiele gibt, die EWIG dauern, aufgrund der Computerisierung aber viel einfacher digital zu machen sind. Es gab ja immerhin Spiele auf denen man zB. den 2. WK gespielt hat, auf der gesamten Europakarte von Lisboa bis Moskva. Klar die waren hier in Deutschland nicht so populär.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 2.12.2010 | 13:25
Die würden dann aber nicht wirklich auf das Endlosspiel passen, denn wer hat Lust 300 Stunden lang denselben Nasenkopf zu spielen, der sich einfach nicht weiterentwickelt.

Ich vermute da einen starken Sightseeing-Anreiz, wie Teylen es nennt. Die Figur dient damit nur noch als Medium, um eine andere Welt zu erfahren.

Das Problem ist wohl auch, dass RPG - wie eben schon häufig von anderen angedeutet - eine Komponente besitzt, die nicht als "Spiel" aufgefasst werden kann, nämlich das Story-Telling (oder wie auch immer man das nennt). Es hat zwar auch unterhaltenden Charakter, gehört aber eher zum Bereich der Erzählungen als zu Spielen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig
Beitrag von: Eulenspiegel am 2.12.2010 | 13:29
Nur eine kurze Frage bezüglich der hier immer häufiger stattfindenden Einzelfalldiskussionen: Wäre es nicht zielführender, bei einem Definitionsversuch die drei Fälle, in denen es nicht zutrifft, einfach mal außen vor zu lassen?
Nein. Denn die Ausnahmen sind doch das interessanteste.

Dass DSA ein Rollenspiel und kein Brettspiel ist, weiß jeder. Dafür brauche ich keine Definition.
Dass Schach ein Brettspiel ist und kein Rollenspiel, weiß ebenfalls jeder. Dafür brauche ich auch keine Definition.

Definitionen werden doch erst dann interessant, wenn wir uns den Grenzbereichen nähern:
D&D4 und WFRP3 auf der einen Seite. Und StarQuest, HeroQuest sowie Empire in Arms (oder auch das Midgard-Brettspiel) auf der anderen Seite.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Teylen am 2.12.2010 | 13:31
Die würden dann aber nicht wirklich auf das Endlosspiel passen, denn wer hat Lust 300 Stunden lang denselben Nasenkopf zu spielen, der sich einfach nicht weiterentwickelt.
Ich kam, innerhalb von knapp 2(?) Jahren, VtM in einer Online Chronik, nicht einmal auf die Idee einen EP Bericht zu schreiben um selbige zu erhalten. Hat mich in keinster weise gestoert.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Oberkampf am 2.12.2010 | 15:41
Sie deckt sich im Übrigen auch mit meinen praktischen Erfahrungen. Wenn sich Spieler darüber beschweren - und es ist ja meistens eine Beschwerde - dass ihr Rollenspiel zu brettspielig sei, dann hat das meiner Erfahrung nach immer etwas mit der Einengung durch ein starres Regelkorsett zu tun. Diesen Vorwurf macht man ja sogar irreführenderweise Spielen, die gar kein Brett/Battlemap haben, wie WFRP3.

Definitionen werden doch erst dann interessant, wenn wir uns den Grenzbereichen nähern:
D&D4 und WFRP3 auf der einen Seite. Und StarQuest, HeroQuest sowie Empire in Arms (oder auch das Midgard-Brettspiel) auf der anderen Seite.

Das halte ich nur teilweise für zutreffend. D&D4 z.B. hat lediglich ein recht transparentes Regelwerk für einen (mittelgroßen) Aspekt des Rollenspiels, nämlich die physischen (!) Kämpfe zwischen Kleingruppen - und dazu eine Reihe von Vorschlägen, wie man Fertigkeiten von Einzelpersonen auf dem Datenblatt kreativ im Spiel eine Bedeutung zukommen lassen kann. Sonst regelt gerade D&D4 fast nichts!

Gleiches gilt mit Einschränkungen für Warhammer 3: es ist von den Regeln her fast völlig fokussiert auf die (kämpferischen, physischen) Aktionen von Einzelpersonen und Kleingruppen (welche dazu noch äußerst schnell&spannend abgehandelt werden können, verglichen mit dem problemlos als Rollenspiel anerkannten DSA meiner Erinnerung). Zugegeben, dazu hat es noch einen Würfelmechanismus, der überraschende Nebenhandlungen (für eine Story!) anregen soll, und ein paar Extraregeln für die dunklen Horror-Elemente (was jedes Horrorrollenspiel sowie WHFRPG 1+2 auch haben).

Ich bereite gerade eine auf FATE basierende 2-Tage Spielrunde vor und erfreue mich ehrlich gesagt daran, was ich hier alles nach Würfelregeln ausspielen kann: zwischenmenschliche Interaktion, Handlungen von Organisationen oder Verbänden, politische Einflussnahme... hier greifen die Regeln in enorm viele Spielbereiche ein. Und trotzdem ist das ein Rollenspiel, ohne jeden Zweifel. Das "Regelkorsett" erstreckt sich hier dennoch viel weiter als in D&D oder WHFRPG.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 2.12.2010 | 16:00
Das halte ich nur teilweise für zutreffend. D&D4 z.B. hat lediglich ein recht transparentes Regelwerk für einen (mittelgroßen) Aspekt des Rollenspiels, nämlich die physischen (!) Kämpfe zwischen Kleingruppen - und dazu eine Reihe von Vorschlägen, wie man Fertigkeiten von Einzelpersonen auf dem Datenblatt kreativ im Spiel eine Bedeutung zukommen lassen kann. Sonst regelt gerade D&D4 fast nichts!
Ob D&D4 jetzt viel oder wenig regelt, gilt es, erst im dritten Schritt zu betrachten.

Im ersten Schritt ist erstmal festzustellen, dass such D&D4 häufig den Vorwurf anhören muss, sich sehr brettspielig anzufühlen.
Im zweiten Schritt muss dann festgestellt werden, warum dieser Vorwurf kommt.
Und erst im dritten Schritt kann man dann untersuchen, ob das Spiel regellastig ist (falls im 2. Schritt herauskam, dass sich das Spiel wegen seiner Regellastigkeit brettspielig anfühlt).

Mein Kommentar dazu:
D&D4 ist regellastig.
Nein, das ist nicht der Grund, dass es sich brettspielig anfühlt. (DSA ist wesentlich regellastiger und fühlt sich nicht brettspielig an.)
Meiner Meinung nach ist der Grund für das brettspielige Gefühl, dass es im Kampf einen großen Clash zwischen Spielweltrealität und Regelrealität gibt. (Ich kann bestimmte Powers nur einmal pro Kampf einsetzen, obwohl es ingame keinen Grund für den einmaligen Einsatz gibt. Innerhalb der Spielweltrealität könnte ich die Power mehrmals einsetzen, was mir aber aufgrund der Regeln verboten wird.)

Jetzt hatte ich ja schon geschrieben, dass ich der Meinung bin, dass sich ein RPG dadurch auszeichnet, dass der Vorstellungsraum über den Regeln steht. Dieses Prinzip wird während eines D&D4-Kampfes aber extrem verletzt. Und deswegen fühlt es sich wie ein Brettspiel an.(Außerhalb des Kampfes steht der Vorstellungsraum aber immernoch über den Regeln. Deswegen ist D&D4 außerhalb des Kampfes immernoch ein Rollenspiel.)

Ansonsten: Hast du schonmal HeroQuest oder StarQuest gespielt? Wenn du sie schonmal gespielt hast, müsste dir eigentlich das Spielgefühl vertraut vorkommen. Und wenn du sie noch nie gespielt hast: Klar, das Spielgefühl von D&D4 unterscheidet sich extrem von Schach. Schach und D&D4 haben extrem unterschiedliche Spielgefühle. Das bestreitet auch niemand. Aber D&D4 hat (zumindest im Kampf) ein sehr ähnliches Spielgefühl wie HeroQuest oder StarQuest.

Zitat
Ich bereite gerade eine auf FATE basierende 2-Tage Spielrunde vor und erfreue mich ehrlich gesagt daran, was ich hier alles nach Würfelregeln ausspielen kann: zwischenmenschliche Interaktion, Handlungen von Organisationen oder Verbänden, politische Einflussnahme... hier greifen die Regeln in enorm viele Spielbereiche ein. Und trotzdem ist das ein Rollenspiel, ohne jeden Zweifel. Das "Regelkorsett" erstreckt sich hier dennoch viel weiter als in D&D oder WHFRPG.
Fate kenne ich nicht. Kann also auch nichts dazu sagen, ob es sich brettspielig anfühlt oder nicht. Ich kann auch nichts dazu sagen, wie eng das Regelkorsett ist und ob es Handlungen, die innerhalb der Spielwelt möglich wären, unterdrückt.

Dass Regeln in Spielweltbereich eingreifen, ist für ein Spielbrettgefühl nicht ausschlaggebend: Bei den meisten Brettspielen greifen die Regeln sogar nur in einen winzigen Bereich der Spielwelt ein und der größte Teil der Spielwelt wird durch Brettspielregeln nicht berührt. (Ich würde sogar sagen, Rollenspiele greifen in wesentlich mehr Bereiche einer Spielwelt ein, als es Brettspiele tun.)
Der Unterschied zwischen Brettspiel und Rollenspiel erstreckt sich an den Fragen:
- "Wie gehst du mit einem Bereich um, der nicht durch Regeln abgedeckt wird?"
- "Was tust du, wenn die Regeln der Spielwelt (bzw. der Immersion der Spielwelt) widersprechen?"
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Sephiron am 2.12.2010 | 16:11
zu "Vorstellungsraum steht über Regeln":

Diese Annahme klammert alle Spielweisen aus, die nicht auf der Goldenen Regel basieren. Ich breche bei Spielen niemals die Regeln. Gegebenenfalls repariere ich defekte Systeme mit Hausregeln, aber jene Regeln stehen dann auch.

„Das müsste jetzt aber so sein“-Diskussionen kommen mir nicht an den Tisch, eben so wenig wie Spielleiter oder Spieler, die sich nicht an die Regeln halten. Dennoch hat noch nie ein Teilnehmer behauptet, meine Runden seien „brettspielig“.

zu "Es gibt Bereiche in denen die Regeln nicht klar definiert sind":

Zwei Möglichkeiten:

Manche Systeme sind nur mit (gekauften oder vorbereiteten) Abenteuern spielbar. Wenn zum Beispiel in den Regeln steht „Das Knacken eines Schlosses erfordert zwei bis sechs Erfolge“, dann sollte die entsprechende Zahl im Abenteuer angegeben werden.
In dem Fall sind die Regeln nicht undefiniert, sondern sind einfach nur auf mehrere Hefte verteilt.

Manchmal sind die Regeln auch wirklich unvollständig.
Dies gibt es auch bei vielen anderen Gesellschaftsspielen. Auf Anhieb fallen mir da das Brettspiel Provopoli und das Kartenspiel Flirtalarm ein, sowie einige Spiele, die auf der Rückseite von Cornflakes-Packungen abgedruckt waren.
Der Unterschied ist, dass Rollenspiele mit solchen Qualitätsdefiziten meist trotzdem beliebt sind und einen Haufen Geld kosten.

zu "Erzählungen sind kein Spiel":

Sehe ich anders. Allerdings ist es eine Besonderheit des P&P-Spiels, dass verbale Kommunikation das wichtigste Spielmedium ist.
Alleinstellungsmerkmal von P&P-Spielen? Nein, es gibt ne Menge anderer Spiele, die auf dieses Medium setzen.
Generelles Merkmal von Rollenspielen? Nur wenn man Live-Rollenspiele, Brettrollenspiele, Computerrollenspiele etc. außen vor lässt.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Oberkampf am 2.12.2010 | 16:36
@Eulenspiegel
Was die Vergleichsspiele angeht, muss ich einräumen, dass ich von DSA nur die 1. Edition gut genug kenne, um mir ein Bild davon zu machen, ansonsten habe ich die Folgeeditionen nur ganz selten angespielt (und daran kein Interesse entwickeln können.) HeroQuest und Starquest kenne ich auch nicht, aber ich glaube, Descent ist so ähnlich? Fate habe ich genommen, weil ich es a) gerade kennenlerne und es b) wahrscheinlich von niemandem mit dem Brettspielvorwurf konfrontiert wird (nehme ich an, mal sehen, was meine "storyfixierten" Testspieler sagen werden).

Die drei Schritte finde ich gut. Der Schritt 2 ist für mich der interessante: warum werden einige Rollenspiele als "Brettspiele" bezeichnet? Du argumentierst, wenn ich Dich richtig verstehe, bei D&D(4) damit, dass der gemeinsame Vorstellungsraum sich mit den Regeln nicht verträgt.  

Woher kommt das? Warum akzeptieren zumindest die D&D-Spieler (früherer Editionen) ein komliziertes Bewegungs- und Bonussystem und ein Magiesystem, das auf der einmaligen Anwendung memorierter Sprüche beruht, aber kein Nahkampfsystem, das auf der einmaligen Anwendung trainierter Manöver in günstigen Gelegenheitssituationen beruht? Werden da nicht zwei Sachen mit verschiedenen Maßstäben gemessen?

Was ich als Außenstehender von DSA mitkriege (was vielleicht ein übertriebenes Gerücht ist), ist, dass man DSA häufig nicht nach den Regeln spielen kann, weil die Regeln dem Hintergrund, dem Vorstellungsraum im Weg stehen. Von mir persönlich kann ich sicher sagen, dass mir das in den 90ern mit den WW-Spielen so ging. Trotzdem wäre ich nie auf die Idee gekommen, diese (bei WW sehr würfellastigen) Spiele als Brettspiele zu bezeichnen.  

Meiner Meinung nach ist die Motivation hinter vielen "Brettspiel"-Vorwürfen darin begründet, dass diese "Brettspiele" die Bereiche des Rollenspiels, für die sie Regeln anbieten, auch schlicht nach Regeln spielbar machen.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 2.12.2010 | 17:11
HeroQuest und Starquest kenne ich auch nicht, aber ich glaube, Descent ist so ähnlich?
Bei Descent muss man sich gegen eine sehr starke Übermacht erwehren. HeroQuest und StarQuest sind "heldiger". Das System verzeiht auch mal taktische Fehler (wenn sie nicht zu häufig auftreten).

Aber ansonsten: Ja, Descent ist dem sehr ähnlich.

Zitat
Woher kommt das? Warum akzeptieren zumindest die D&D-Spieler (früherer Editionen) ein komliziertes Bewegungs- und Bonussystem und ein Magiesystem, das auf der einmaligen Anwendung memorierter Sprüche beruht, aber kein Nahkampfsystem, das auf der einmaligen Anwendung trainierter Manöver in günstigen Gelegenheitssituationen beruht? Werden da nicht zwei Sachen mit verschiedenen Maßstäben gemessen?
Ich denke mal, bei Magie kann man immer argumentieren "It's magic!"
Man kann bei memorierten Zaubern auch sagen: "Beim memorieren muss er die Zauberfäden weben und wenn er den Spruch spricht, werden diese Fäden zerstört, und er muss das magische Netz erneut weben (was bei der Memorierung passiert)."

Die Begründung "Der Magier vergisst seinen Zauberspruch!" fanden wir schon bei D&D1 bis 3 bescheuert. Aber es gab eben eine Reihe von anderen Erklärungen, wieso man Zaubersprüche nur einmal täglich (bzw. x mal täglich) sprechen konnte.

So eine Erklärung fehlt aber für mundane Fähigkeiten.

Zitat
Meiner Meinung nach ist die Motivation hinter vielen "Brettspiel"-Vorwürfen darin begründet, dass diese "Brettspiele" die Bereiche des Rollenspiels, für die sie Regeln anbieten, auch schlicht nach Regeln spielbar machen.
Was klassische Systeme angeht, habe ich bisher z.B. Gurps, SW und D&D3.x streng nach Regeln gespielt. Und in keinen dieser drei Systeme hatte ich bisher ein starkes Brettspielgefühl.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Merlin Emrys am 2.12.2010 | 21:10
zu "Vorstellungsraum steht über Regeln":

Diese Annahme klammert alle Spielweisen aus, die nicht auf der Goldenen Regel basieren.
Ich denke, das kann man auch anders lesen, nämlich: Was die Spieler bewegt und woran sie ihre nächsten Reaktionen bemessen, ist der Vorstellungsraum, nicht die Regeln. Die Anwendung der Regeln folgt erst dann - auch, wenn man sie einhält.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Voronesh am 3.12.2010 | 01:13
Ich kam, innerhalb von knapp 2(?) Jahren, VtM in einer Online Chronik, nicht einmal auf die Idee einen EP Bericht zu schreiben um selbige zu erhalten. Hat mich in keinster weise gestoert.

Dann hat dich das Spielziel (Ep Sammeln) auch eher nicht interessiert und dich dagegen entschieden.

Wie beim Brettspiel/Tabletop, wenn der Sieg in Weite Ferne rückt und man auf unentschieden spielt, oder dem besten versucht die Punkte kaputtzumachen, damit die Nummer 2 gewinnt oder so etwas.

Nur weil dich das Ziel nciht interessiert führt nicht zu dessen Nichtexistenz. (Deine Spielweise will ich nicht kritisieren, ich kenne weder diese Spielrunde, noch denke ich dass dies zu mir passen würde, aber doch schön, wenn es funktioniert)

Eulenspiegels Herangehensweise hat definitiv etwas für sich. Gerade der Sonderfall DSA würde meiner Meinung nach von etwas mehr Brettspieligkeit stark verbessert werden (dies muss ich jedoch durch meine eher DSA3 geprägte Erfahrung vielleicht revidieren, kenne ich das 4er nur aus dem Startjahr, also Box 1-3). Oft sind es genau die Regeln, die verschiedene im Vorstellungsraum vorhandenen Möglichkeiten zunichte machen. Das liegt aber eher an der falschen Regelgenauigkeit (damals WV, wozu?) welche eher an den abstrusen Kampflängen besser gepasst hätte (nach zirka 20 glücklosen Runden yay schon ne Minute aufeinander eingeprügelt mit voller Absicht und null! dabei rumgekommen); bei der aktuellen Diskussion um realistischen Schwertkampf merkt man schnell wie sinnfrei solche Kämpfe sind. Und ich finde sie mindestens genausoschlimm wie das DND4 Problem; also warum nur ein Wuchtschlag pro Kampf, bzw, der trainierte Krieger der einfach eine Minute braucht um nen billigen (wirklich billige Werte nix abgehobenes) Wegelagerer niederzuprügeln.

Also hat DSA irgendwie Brettspielcharakter, weil es mich aus dem Spielfluss herausreißt, ohen mir wirklich die taktischen Komponenten in die Hand zu geben, was mir DND4 ermöglicht. Oder anders formuliert, DND4 stört den Spielfluss und reißt mich etwas heraus, gibt mir dafür aber ein ziemlich gutes Brettspiel, in dem ich selbst was reißen kann, DSA gibt mir stattdessen eine Würfelorgie mit wenig Möglichkeit an Stellschrauben.

SR mag zB ähnlich kampfgezwungen sein wie DSA4, ist aber mit ein paar schnellen Würfeln über die Bühne gebracht. Da sind meist in der ersten Runde die ersten Verletzten wegzuschleppen und der Kampf vorbei. Also ist das Brettspiel unnötig, weil kaum gebraucht.

Kann aber auch an meiner Kampforientiertheit liegen. Sprich wenn gekämpft wird, dann soll das Regelwerk dazu gut sein, wobei gut =/= groß. Wenn die Kämpfe a la Cthulhu eh viel zu tödlich für Otto-normalSC, dann isses egal wieviel Regelwerk und wie ausgetüftelt es ist, wenn das Ergebnis eh schnell und meist mit Tod oder Verwundung endet ^^.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: ArneBab am 3.12.2010 | 08:44
Also hat DSA irgendwie Brettspielcharakter, weil es mich aus dem Spielfluss herausreißt, ohen mir wirklich die taktischen Komponenten in die Hand zu geben…eine Würfelorgie mit wenig Möglichkeit an Stellschrauben.

Gezielte Attacke, Finte, Auflaufenlassen (DSA3). Die Umgebung mitverwenden (Akrobatik, …).

Stattdessen war beim mir DnD eben gerade eine Würfelorgie mit wenig Wirkung (4 Leute hauen mehrere Runden lang daneben). Das habe ich allerdings nur ein paar Mal gespielt und DSA damals Jahre lang.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Terrorbeagle am 3.12.2010 | 09:39
D&D (3.X) hat keine sonderlich große taktische Tiefe. Ein rein weltliches D&D bietet dazu einfach viel zu wenig Optionen; und wenn man Sprüche als taktische Möglichkeiten dazunimmt, nun, die gibt es bei anderen Fantasyspielen genauso. Da muß ich jetzt tatsächlich mal die DSA-Regeln verteidigen. Was taktische Tiefe angeht, sind diese schlicht deutlich vielseitiger - es gibt mehr Optionen, der Anteil sinnvoller Aktionen ist höher (also Aktionen, die tatsächlich nicht unnötig blöd sind), die Effekte sind plausibler und das Spiel ist unvorhersehbarer und nicht so berechenbar, was die Fallhöhe von Entscheidungen deutlich erhöht. Das diese Optionen nicht gut umgesetzt werden, und in weiten Teilen unnötig kompliziert sind, steht auf einem anderen Blatt, aber geht es um das Potential an Möglichkeiten, bietet DSA weitaus mehr. Man kann sich dann höchstens darüber streiten, ob die Möglichkeiten so wie sie gegeben sind, auch für Spieler zugänglich sind. 
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Voronesh am 3.12.2010 | 10:41
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Hast Recht, erstmal gespoilert. Weil DSA Diskussion.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Wulfhelm am 3.12.2010 | 12:49
Können wir die Diskussion über die Meriten von DSA vs D&D wohl auslagern?
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Sephiron am 3.12.2010 | 20:31
Ich denke, das kann man auch anders lesen, nämlich: Was die Spieler bewegt und woran sie ihre nächsten Reaktionen bemessen, ist der Vorstellungsraum, nicht die Regeln. Die Anwendung der Regeln folgt erst dann - auch, wenn man sie einhält.

Uff... das stimmt schon deutlich eher, passt aber auch nicht 100%ig...
Ich kann auch mir auch bei Risiko vorstellen, wie der Feind an der westasiatischen Front anrückt, und meine Entscheidung darauf basieren. Andersrum sind es Regelelemente, die den Vorstellungsraum definieren, sei es durch Charakterwerte (Fertigkeiten, Gesinnung, Kontakte,...) oder durch Spielwelt- oder Storykausalität (Probensysteme, Plotmechanismen,...).

Im Grunde geht es bei dieser "Reagieren nach Vorstellungsraum" ja einfach darum, die eigenen Figuren nach schauspielerischen Prämissen handeln zu lassen, zum Beispiel "Ich bin ein Stadtgardist", "Dies ist eine tragische Geschichte", "Dies ist ein Actionspiel", "Ich versuche, den bösen Nekromanten zu töten".
Einfacher ausgedrückt: Die Teilnehmer übernehmen Rollen, die sie darstellen.
Ja, genau das ist das signifikante Merkmal von Rollen-Spielen, nicht mehr, nicht weniger.
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Merlin Emrys am 3.12.2010 | 21:51
Hm... da wiederum würde ich nicht zustimmen wollen. Ein einzelner Spieler kann durchaus auch bei Cluedo, Scotland Yard oder sogar Monopoly für sich selbst eine fiktive Rolle annehmen - aber eben nur für sich, neben dem Spiel sozusagen, wenn es von den anderen als Brettspiel gespielt wird.
Die Situation ändert sich für mich, wenn die anderen "mitziehen". In dem Moment, wo die Spieler gemeinsam in eine Fiktion eintauchen, die auf dem Brettspiel basiert, aber weitere Elemente enthält, sehe ich den Übergang zum Rollenspiel vollzogen. Weitere Elemente können dabei schon fiktive Charakterzüge der von den "Pöppeln" vorgegebenen Charaktere sein. Wenn etwa bei Cluedo Dr. Bloom als verwirrter, weltfremder Wissenschaftler gespielt wird und Oberst von Gatow als befehlsgewohnter Militär, und wenn dann die anderen in Stellvertretung ihrer jeweiligen Pöppel-Charaktere entsprechend reagieren (auf Bloom etwas genervt, auf von Gatow verschreckt), dann entwickelt sich das Spiel zum Rollenspiel.
Die Regeln können dabei völlig unangetastet bleiben, d.h. die Regeln des Brettspiels gelten weiterhin. Die Handlung wäre daher natürlich in gewissem Sinne massivst gerailroadet, aber durchaus vorhanden (und durch allerlei, was eben nicht regel-wirksam wird, erweiterbar, etwa daß man in der Bib in den Büchern stöbert oder im Kaminzimmer zusammen ein Gläschen trinkt, bevor wieder mal jemand mit einem Verdacht herausrückt).

Von daher würde ich eher sagen, daß es das Teilen der um Fiktionen erweiterten Vorstellung (bzw. die Existenz des gemeinsamen Vorstellungsraums respektive SIS) ist, das ein Spiel zum Rollenspiel macht. Daß nur ein einzelner für sich eine Rolle annimt, würde mir jedenfalls nicht für die Einordnung als Rollenspiel reichen. 
Titel: Re: Was unterscheidet RPGs und Gesellschaftsspiele – und wann wirds brettspielig?
Beitrag von: Eulenspiegel am 4.12.2010 | 01:42
zu "Vorstellungsraum steht über Regeln":

Diese Annahme klammert alle Spielweisen aus, die nicht auf der Goldenen Regel basieren. Ich breche bei Spielen niemals die Regeln. Gegebenenfalls repariere ich defekte Systeme mit Hausregeln, aber jene Regeln stehen dann auch.
Das hast du imho falsch verstanden. Ich habe mich nicht auf die Goldene Regel bezogen, sondern eher auf folgendes:

1) In Hero Quest gibt es keine Regeln fürs Verstecken. Es gibt dort Räume, die vollgestellt sind mit Mobiliar, aber keine einzige Regel fürs Verstecken. Im RPG wäre das ein untragbarer Zustand. (Und als SL würde ich einfach eine Regel fürs verstecken improvisieren.)
Da Hero Quest aber ein Brettspiel ist, macht es nichts, dass die Versteckmöglichkeiten fehlen. Man kann sich in diesem Brettspiel halt nicht verstecken.

2) In Hero Quest kann man zwar Türen öffnen, sie aber nicht mehr schließen. Auch das wäre in einem RPG ziemlich seltsam. Aber im Brettspiel HeroQuest halt an der Tagesordnung.

3) Du kannst noch so viel Kampflärm verursachen. Die Gegner können noch so laut um Hilfe schreien: Gegner werden erst aktiviert, wenn sie in den Sichtbereich eines SCs gelangen.
Das heißt, wenn du vor der Biegung eines Ganges kämpft, kann es sein, dass hinter der Biegung ein Gegner steht: Dieser greift jedoch nicht in den Kampf ein, da er noch deaktiviert ist. - Erst, wenn du um den Gang gehst und den Gegner siehst, wird er aktiviert. (Obwohl er vorher nur vielleicht 5 Meter vom Kampf entfernt war. - Da aber keine direkte Sichtlinie bestand, war der Gegner nicht aktiviert.)
In einem RPG würde der Gegner den Kampflärm hören und dementsprechend reagieren: Entweder wegrennen oder wenigstens vorsichtig schauen, was los ist. (Oder gar in den Kampf eingreifen. - Oder zumindest Verstärkung holen.)

Ich hoffe, es ist jetzt klarer, was ich mit "Vorstellungsraum steht über Regeln" gemeint habe und dass das nichts mit der Goldenen Regel zu tun hat.

Einfacher ausgedrückt: Die Teilnehmer übernehmen Rollen, die sie darstellen.
Ja, genau das ist das signifikante Merkmal von Rollen-Spielen, nicht mehr, nicht weniger.
Das tut man bei HeroQuest oder StarQuest auch. Und in "Midgard, das Brettspiel" übernimmt man ebenfalls Rollen.
Oder in "Chaos in der alten Welt". Trotzdem zählen sie alle als Brettspiele.