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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Pen & Paper - Umfragen => Thema gestartet von: alexandro am 7.12.2010 | 01:09

Titel: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 01:09
Edit von Bad Horse: Dieser Thread wurde aus der Umfrage "Wie verankert manGlaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel (http://tanelorn.net/index.php/topic,62070.0.html)" gelöst und mit dem von Falcon dazu gestarteten Smalltalk zusammengelegt. Hier darf gerne über den Unterschied zwischen beiden Begriffen diskutiert werden.



Es gibt auch Fälle, in denen Realismus der Glaubwürdigkeit im Weg steht.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 01:27
Auf genau diesen Post habe ich gewartet, weil mir die Aussage zuvor schon aufgefallen ist.
m.E. ist das nicht der Fall.

Alles was realistisch ist, ist auch glaubwürdig. Das heisst aber nicht, daß alles was glaubwürdig ist, auch realistisch ist.

Sagen wir: wenn man vom Dach fällt, bricht man sich den Hals (tun wir mal so, als sei das "realistisch"), die Menschen im Setting verhalten sich aber so, als wäre das nicht der Fall. Dann ist das unglaubwürdig.
Jetzt könnte man sagen der Dachsturz ist ja realistisch, also steht es der Glaubwürdigkeit im Weg. Das ist aber nicht richtig. Indem man das Verhalten der Menschen mit einbezogen hat, hat man den Maßstab geändert. Das Verhalten kann jetzt ebenfalls auf Realismus geprüft werden. Und die Menschen Verhalten sich unrealistisch, das heisst die ganze Situation ist gar nicht mehr realistisch, also kann der Realismus auch nicht mehr im Weg stehen. Wenn sich die Menschen realistisch verhielten, wird es automatisch glaubwürdig.

Wie gesagt, nur eine Frage des Maßstabs.

Das geht auch andersherum: Wenn man nicht das Verhalten der Menschen ändert, sondern den Dachsturz (man bricht sich wirklich nicht den Hals), dann ist es komplett unrealistisch, aber auch wieder glaubwürdig. In dem Fall hat man an dem Realismus aber gar nichts geändert (die Situation war ja sowieso nicht realistisch)

Ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen aber mir ist keine Situation eingefallen, die realistisch und unglaubwürdig ist. Sobald etwas unglaubwürdig wird, kann man immer sagen, daß es unrealistisch ist.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 7.12.2010 | 02:10
insbesondere Grey trifft meine aktuelle Sicht da ganz gut. Früher war ich vermutlich auch eher bei Pesttanz' Ansichten zu verorten, bin aber davon abgerückt, weil ich diesen regelseitigen Realismusanspruch wegen Kompliziertheit (weniger Komplexität) und meiner eigenen Unfähigkeit, mir Regeln einzuprägen nicht auf Dauer aufrecht erhalten kann.
Naja, zwischen
- "Es ist nicht möglich, ein Regelwerk vernünftig realistisch zu gestalten."
und
- "Mir persönlich gefallen keine realistischen Regelwerke, da sie zu komplex sind"

liegt schon ein massiver Unterschied.

Vor allem gibt die Komplexität des RPGs keinen Hinweis auf die Komplexität:
Es gibt furchtbar komplexe Regelwerke, die extrem unrealistisch sind. (Ich sag nur Kampfsystem bei DSA.)
Und es gibt Systeme, die relativ simpel sind, aber trotzdem ein hohes Maß an Realismus bieten (z.B. Cthulhu).

Aber um auf deine Frage zurückzukommen, wie man realistische Systeme basteln kann:
Schreibe nur über Dinge, in denen du dich auskennst. (Und wenn du dich nicht auskennst, frag einen Experten um Rat.)

Disclaimer:
Keiner ist gezwungen, realistische RPGs zu schreiben. Es gibt auch eine Menge unrealistischer RPGs, die Spaß machen. Falls man aber (aus welchen Gründen auch immer) ein realistisches RPG schreiben will, sollte man sich an obigen Hinweis halten.

@ Falcon
Realismus steht immer dann der Glaubwürdigkeit im Weg, wenn jemand eine falsche Vorstellung von der Wirklichkeit hat.
Nehmen wir zum Beispiel mal einen Atheisten und einen Christen, die zusammen RPG spielen. Sagen wir, das RPG sei realistisch: Mindestens eine der beiden Spieler wird das Glaubenssystem im Spiel aber trotzdem als unglaubwürdig empfinden.

Oder ein Spieler glaubt, dass ein Karate-Meister mit schwarzen Gürtel 10 Leute verprügeln kann. Ein andere Spieler glaubt, dass 10 Leute den Karate-Meister fertig machen.
Egal, wie realistisch das Kampfsystem auch sein wird: Mindestens ein Spieler wird es als unglaubwürdig empfinden.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Wulfhelm am 7.12.2010 | 02:10
Zwischen Glaubwürdigkeit und Realismus zu unterscheiden, ist völlig überflüssig und nur einer eigenartigen Phobie vor dem Begriff "Realismus" geschuldet.
Settingtypische Axiome wie Magie und Wire-fu sind an sich nicht glaubwürdig oder realistisch. Nun kann man natürlich hergehen und sagen "Ja, aber wie sich das auswirkt, das kann man ja glaubwürdig gestalten..." Und was ist dabei der Maßstab? Richtig, die Frage "Wie würde sich das auswirken, wenn es das wirklich gäbe?" Was die Kernfrage jedes Bemühen um Realismus präzise beschreibt.

Am besten verankern tut man das im Regelwerk primär durch möglichst wenig Regeln. Starre Spielregeln sind in dieser Hinsicht der Abwägung durch ein menschliches Lebewesen immer unterlegen (auch das kann sich aber natürlich irren.)
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: El God am 7.12.2010 | 06:36
Zitat
"Mir persönlich gefallen keine realistischen Regelwerke, da sie zu komplex sind"

Ja sicher, ich korrigiere: Mir gefallen keine Regelwerke, die versuchen, realistisch zu sein. Schaffen wird es ohnehin keines.

Zitat
Settingtypische Axiome wie Magie und Wire-fu sind an sich nicht glaubwürdig oder realistisch.

Das ist eine sehr extreme Auslegung von Glaubwürdigkeit, du ersetzt es nämlich komplett durch Realismus. Ich denke, damit stehst du beinahe alleine da.

Edit: Ich weiß, dass ich zwischendurch angefangen habe, zu kommentieren, aber da im Moment doch wieder ziemlich viele Leute hier ihre Sicht gepostet haben, würde ich gern abwarten, ob noch ein paar dazukommen. Ich möchte daher darum bitten, die Diskussion noch ein wenig hintenanzustellen.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Terrorbeagle am 7.12.2010 | 08:50
Zitat von: Alexandro
Es gibt auch Fälle, in denen Realismus der Glaubwürdigkeit im Weg steht.

Ja, die gibt es. Es passieren einfach zu viele Dinge, die man so getrost mit bizarr oder "so schreiend blöd dass kein Mensch mit funktionalem Gehir drauf kommen würde" umschreiben kann. Reale Ereignisse stehen unter keinem Erklärungszwang und müssen nicht immer Sinn ergeben. Bei Fiktion ist das oft anders.
Situativ has du also sicher recht, aber allgemein gesprochen fände ich es eher bedenklich, wenn reale Ereignisse oder Gegebenheiten ständig als unglaubwürdig wahrgenommen werden.
Ich würde behaupten, dass diese Diverenz auch stark vom Wissensstand und Erfahrungsschatz abhängt. Sprich, je mehr man weiß, und je besser man dadurch gewisse Gegebenheiten einordnen kann, desto klarer kann man manche Ereignísse einordnen (und entsprechend richten sich auch die Erwartungshaltungen aus).
Zudem hängt beim Rollenspiel die Plausibilität des Settings auch sehr stark von den Genrekonventionen nach. Hubschrauber sind an sich sehr glaubwürdige Gebilde, wir sehen (oder hören) sie schliesslich fast jeden Tag. Hubschrauber bei der Belagerung von Troja wären eher unpassend.
Aber an sich halte ich die "Stranger than Fiction (http://www.viruscomix.com/page440.html)" Überlegungen für nicht stichhaltig.

Zitat von: Falcon
Alles was realistisch ist, ist auch glaubwürdig. Das heisst aber nicht, daß alles was glaubwürdig ist, auch realistisch ist.

Ja, klar. Ich sehe Realismus als Kleinsten Gemeinsamen Nenner, die Form des Konsenses der im Zweifelsfall als verbindliche Grundlage gilt (so lange nichts anderes Sinn macht).

Zitat
Das geht auch andersherum: Wenn man nicht das Verhalten der Menschen ändert, sondern den Dachsturz (man bricht sich wirklich nicht den Hals), dann ist es komplett unrealistisch, aber auch wieder glaubwürdig. In dem Fall hat man an dem Realismus aber gar nichts geändert (die Situation war ja sowieso nicht realistisch)

Da bin ich mir nicht so sicher, ob das so rum auch funktioniert, auf Grund der Erwartungshaltungen der Spieler. Es gibt gewisse Vorstellungen, was ein glaubwürdiges Setting ausmacht, und damit verbundene Erwartungshaltungen, die sich aus Erfahrungen, Wissen etc. zusammensetzen. Der schöne Merksatz "Je mehr man weiß, desto klarer ist diese Erwartungshaltung und um so leichter ist es, diese Erwartung auch zu enttäuschen" grieft da auch.
Das klingt jetzt alles relativ banal, aber klassischerweise ist Frustration eine Folge enttäuschter Erwartungen und daher ist es, gerade im Rahmen eines Spiels eben nicht völlig unwichtig, denn für ein Spiel, dass ja doch eher den Zweck hat, zur Unterhaltung zu dienen, sind Frustrationsquellen erst mal fehl am Platz.
Daher sollte man für die Spielgestaltung die Erwartungshaltung und dementsprechend auch den Wissensstand der Mitspieler nicht ausser Acht lassen. In dem man den Wissensstand der Mitspieler und die Erwartung an die Spielwelt berücksichtigt, kann man es manchmal verhindern, Leuten ungewollt vor den Kopf zu stoßen, oder regelmäßig eher unerfreuliche Gefühle eines "dummen" Spiels zu verhindern.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 10:01
Am besten verankern tut man das im Regelwerk primär durch möglichst wenig Regeln.
Du weißt aber schon, daß Regeln mehr als nur eine Funktion haben, oder?
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Wulfhelm am 7.12.2010 | 11:28
Du weißt aber schon, daß Regeln mehr als nur eine Funktion haben, oder?
Du weißt aber schon, dass Regeln weniger als unendlich viele Funktionen haben, oder?
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Wulfhelm am 7.12.2010 | 11:34
Das ist eine sehr extreme Auslegung von Glaubwürdigkeit, du ersetzt es nämlich komplett durch Realismus.
Dann widerlege sie doch mal. Welchen anderen Maßstab als die Realität - oder genauer, Dein Bild von Realität - setzt Du für Glaubwürdigkeit an? Machen wir es mal am Beispiel: Sind Feuerbälle glaubwürdig? Nicht ihre Wirkung, nicht ihre Einbindung in die Welt, sondern die bloße Existenz eines Feuerballzaubers. Woran scheidest Du so etwas in glaubwürdig oder unglaubwürdig? (Es gibt darauf übrigens durchaus eine vernünftige Antwort, die ich allerdings ebenfalls auf Realismus reduzieren kann, bei der das aber weniger unanfechtbar ist.)
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 12:04
Alles was realistisch ist, ist auch glaubwürdig.

Kurzes Gegenbeispiel:
Zitat von: Greg Costikyan
Roleplaying games are one step abstracted; your character isn't you, but you invest a lot of time and energy in it. It's your sole token and the sum total of your position in the game. Bitter words, and even fistfights, are not unknown among roleplayers, though rather rarer than in sports.

Getting players to identify with their game position is straightforward when a player has a single token; it's harder when he controls many. Few people feel much sadness at the loss of a knight in Chess or an infantry division in a wargame. But even here, a game's emotional power is improved if the player can be made to feel identification with "the side."

One way to do that is to make clear the player's point of view. Point of view confusion is a common failing of boardgame designers. For instance, Richard Berg's Campaigns for North Africa claims to be an extraordinary realistic simulation of the Axis campaign in Africa. Yet you, as player, spend a great deal of time worrying about the locations of individual pilots and how much water is available to individual batallions. Rommel's staff might worry about such things, but Rommel assuredly did not. Who are you supposed to be? The accuracy of the simulation is, in a sense, undermined, not supported, by the level of detail.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Grey am 7.12.2010 | 12:11
Realismus: "Gibt es Feuerbälle? Nein."
Glaubwürdigkeit: "Wie würden Menschen reagieren, [die settingbedingt an Feuerbälle gewöhnt/nicht gewöhnt sind,] wenn jemand einen wirft?"


'nuff said.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Foul Ole Ron am 7.12.2010 | 12:20
...

Realismus ist etwas ganz anderes. Realismus bezieht sich auf die reale Welt und ist meiner Meinung nach nur eine sehr begrenzte Teilmenge dessen, was glaubwürdig ist.

...

Ich habe schon beide Begriffe im Bezug aufs Spiel / Setting verwendet bzw. verstanden. "Wirklich" realistisch ist da im Rollenspiel gar nix - das sind alles nur Krücken, Abbilder und Ersatzmechanismen, die durch Suspension of Disbelief überhaupt erst (mehr oder weniger) nutzbar werden.
Insofern sehe ich jetzt auch den für mich tatsächlichen Unterschied zwischen Glaubwürdigkeit und Realismus: der Realismus wird (immer?) über eine Mechanik / Regel transportiert, wohingegen die Glaubwürdigkeit direkt im Kopf des Spielers / SL "entsteht".
Wie mit Schokolade: Glaubwürdigkeit schmilzt direkt im Mund (oder eben nicht), der Realismus schmilzt aber bei einer schlechten Mechanik schon in der Hand  :) .
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: El God am 7.12.2010 | 12:24
Hach. Scheiß drauf. Dann diskutiert halt.

Realismus: "Gibt es Feuerbälle? Nein."
Glaubwürdigkeit: "Wie würden Menschen reagieren, [die settingbedingt an Feuerbälle gewöhnt/nicht gewöhnt sind,] wenn jemand einen wirft?"

Guter Punkt.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Wulfhelm am 7.12.2010 | 12:54
Glaubwürdigkeit: "Wie würden Menschen reagieren,"
Was für Menschen?
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: El God am 7.12.2010 | 12:57
Was für Menschen?

Menschen,
Zitat
[die settingbedingt an Feuerbälle gewöhnt/nicht gewöhnt sind,]
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Wulfhelm am 7.12.2010 | 13:00
Ich habe mir nach einigen Diskussionen mit Eulenspiegel abgewöhnt, zu detailliert auf konkrete Beispiele einzugehen.
Gut, aber dann ist die Diskussion sinnlos. Ich habe mir nämlich abgewöhnt, auf abstrakter Ebene über Begriffe ohne Anwendungspraxis zu diskutieren. Und meine praktische Erfahrung ist, dass jeder, der sich nicht absichtlich querstellt, versteht, was auch in einem Setting mit Drachen, Feuerbällen und Vampiren unter "realistisch" zu verstehen ist.

Menschen,
Was soll das sein? (Und woher willst Du wissen, wie die reagieren würden?)
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: El God am 7.12.2010 | 13:13
Ich habe mir nämlich abgewöhnt, auf abstrakter Ebene über Begriffe ohne Anwendungspraxis zu diskutieren. Und meine praktische Erfahrung ist, dass jeder, der sich nicht absichtlich querstellt, versteht, was auch in einem Setting mit Drachen, Feuerbällen und Vampiren unter "realistisch" zu verstehen ist.

Umso besser. Dann läuft die Diskussion eben ohne dich.  :)

Edit: Das du nichtmal weist, was Menschen sind, zeugt auch nicht unbedingt von einer besonderen Eignung für solche Diskussionen.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 13:19
Auf Dolges Bitte hin reagiere ich auf den Aufruf und lagere meine Antwort dieses Threads
http://tanelorn.net/index.php/topic,62070.msg1195588.html#msg1195588
in einen neuen aus.
Hier darf dann auch "richtig" diskutiert werdne, mit echten Beispielen und so  ::)




@Alexandro: tut mir Leid, ich sehe den Zusammenhang des Quotbeispiels mit Point of View nicht. Das ist für mich "Atmosphäre" oder "Immersion" oder was auch immer. Das steht nochmal eine ganze Etage über Glaubwürdigkeit.
Warum sollte ein Brettspiel nicht glaubwürdig oder realistisch sein, bloss weil ich nicht selber das Gefühl habe im Panzer zu sitzen?
Es stand die Behauptung im Raum welcher Zusammenhang realistisch, aber unglaubwürdig ist. Und das tut sie immer noch.

Zitat von: Eulenspiegel
Realismus steht immer dann der Glaubwürdigkeit im Weg, wenn jemand eine falsche Vorstellung von der Wirklichkeit hat.
Wahnvorstellungen sind für mich kein Argument.
Das gilt auch für The Man who laughs Argument: Unwissenheit ist kein Argument, daß Realismus der Glaubwürdigkeit im Weg steht. Es ist dann einfach so, daß Unwissenheit dem Realismus im Weg steht.

Vor ein paar Tagen hatten wir noch eine rundeninterne Diskussion, bei der ich meinte, daß ich es doof finde, daß viele RPGs die Auswirkungen von Schaden so berechenbar machen, da im Ungünstigsten Fall eine Kuchengabel nicht genauso tödlich wie ein Zweihandschwerthieb sein kann und man meinte, es wäre aber unglaubwürdig, wenn das 2H-Schwert nicht immer 2W6 und die Gabel nicht maximal 1Schadenspunkt machen würde :P

the man who laughs
Zitat
Da bin ich mir nicht so sicher, ob das so rum auch funktioniert, auf Grund der Erwartungshaltungen der Spieler. Es gibt gewisse Vorstellungen, was ein glaubwürdiges Setting ausmacht, und damit verbundene Erwartungshaltungen, die sich aus Erfahrungen, Wissen etc. zusammensetzen.
Wenn du sagst "es gibt", dann meinst du nur deine Erwartungshaltung. Ich hab schon einige verrückte Kumpel gehabt, die auf ziemlich abgefahrenes Zeug stehen, dich ich ziemlich unglaubwürdig finde. Aber schlussendlich ist ja sogar Paranoia irgendwo glaubwürdig, wenn auch total unrealistisch. Man kann die Glaubwürdigkeit aber schon mehr oder weniger objektiv testen, indem man schaut, ob ein Setting sich an seine eigenen Regeln hält und unabhängig der Erwartungen. Dazu muss man nicht auf die Realität schauen.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: El God am 7.12.2010 | 13:20
Hmm. Wenn nun schon ein entsprechender Thread existiert, wäre ein Mod so freundlich und könnte die Diskussion aus dem Nachbarthread hierher schaufeln?

Danke im Voraus!

Edit: Verdammt, ich dachte, neuerdings könne man sich doch selbst melden?  wtf?
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 13:25
mach deinen Thread doch so lange zu.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Ein am 7.12.2010 | 13:33
Ich schreib's mal hierein.

Das Krux an der Sache ist, dass Realismus als das Konzept von dem verstanden wird, was in der realen Welt als glaubwürdig gilt, sprich was sich mit den Erfahrungen einer Gruppe deckt. Daher muss nicht alles, was auch real ist, auch glaubwürdig sein. Man spricht dann auch davon, dass etwas "unglaublich" ist.

@Dolge
Habs mal gemeldet.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 13:35
Ja, so sehe ich das auch.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 13:41
@Falcon:
Anderes Beispiel: stell dir vor, du schreibst ein Star Wars-Rollenspiel.
Die Spieler beschweren sich darüber, dass man keine eigenen Schiffe konstruieren kann, weil die Schiffe ja physikalisch unsinnig ind und man keine Referenzimplementationen hat: ist ja total unrealistisch, dass man mit diesen Krücken rumfliegen muss und keine Möglichkeit hat was besseres zu entwerfen.

Also schreibst du ein Schiffkonstruktionsmodul für Star Wars und orientierst dich dabei an realweltlicher (sowohl theoretischer als auch tatsächlch existenter) Weltraumtechnik. Natürlich sind die dabei entstehenden Schiffe (basierend auf den gewählten Designkriterien) viel stärker als ein X-Wing oder ein Sternenzerstörer.
Was ist das Ergebnis: keiner fliegt mehr mit den ikonischen Schiffen, man spielt effektiv nicht mehr Star Wars.

Und ja: das hat auch mit Atmosphäre und Immersion zu tun. Wenn diese beide Voraussetzungen nicht gegeben sind, dann ist es relativ egal, ob die Sache "glaubwürdig" ist.
Gilt übrügens auch umgekehrt: wenn Atmosphäre und Immersion sehr gut sind, dann kann man auch kleinere Schnitzer in der Glaubwürdigkeit verschmerzen, solange sie nicht zu offensichtlich sind. Wichtig ist die Schaffung eines "Referenzpunktes" (z.B. "diese Regel simuliert den Wandlauf von Neo aus Matrix"), nicht dass dieser Referenzpunkt in der Realität verankert ist.

Wenn der Fluff des Regelwerkes gut ist, dann entstehen in den Köpfen der Spieler haufenweise neue Referenzpunkte, die zwar nichts mit der Realität zu tun haben, aber trotzdem nachvollziehbar (und damit glaubwürdig) sind.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Maarzan am 7.12.2010 | 13:47
Auch wenn man sich in der Theorie um Schäden von diversen Waffen etc am besten streiten kann.

Am Spieltisch fällt es doch primär dann auf, wenn Verhalten von Charakteren in Zweifel gezogen werden, seltsamste Zufälle in erhöhter Dichte auftreten oder aber die Hintergrundsgeschichte sonst nicht stimmt, sei es dass der Täter unmöglich in Zeit x nach y gekommen sein kann oder wieder wenn die Leute am Spieltisch unterschiedliches Interesse an Details oder Powerleveln haben, z.B. Tragkraft, Rationen oder dem vom System nicht unterstützten Schuss ins Auge.

Bezgl. Starwars.
Nicht an den Schiffen rumbastlen könne ist sicher seltsam und auch im Genre verankert. Irgendwo muss sich der MF ja von dennormalen Frachtern getrennt haben. Wo man bei Starwarsphysik für die bestehenden Modelle mit irdischen Maßstäben dann auch noch bessere Schiffe bauen will entzieht sich mir aber.
Im Zweifel
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 14:08
@Alexandro: ääh, bei deinem Beispiel steht der Realismus dem Star Wars Setting im Weg, aber doch nicht der Glaubwürdigkeit. Denn schliesslich ist die Raumfahrt dann ja glaubwürdig. Es ist zwar nicht mehr Star Wars, aber eben doch glaubwürdig. (die Raumfahrt von Star Wars finde ich nebenbei auch glaubwürdig, aber eben im Rahmen der unrealistischen SW Konventionen).

Wenn ich die Definitonen so überschaue, stehst du da auch relativ alleine dar
http://tanelorn.net/index.php/topic,62070.msg1241302.html#msg1241302
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 14:13
Zur Glaubwürdigkeit gehört aber doch Wiedererkennungswert dazu. Wenn das Setting durch eine Änderung (egal wie realistisch diese ist) deformiert wird, dann leidet dessen Glaubwürdigkeit. Man trifft damit die Entscheidung, dass das Setting weniger wert ist als die (sogenannte) "echte Welt" und nach Belieben selbiger untergeordnet werden kann.
Das zerstört die Glaubwürdigkeit des Settings (auf Kosten der Glaubwürdigkeit einer Abbildung der Realität).
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Terrorbeagle am 7.12.2010 | 14:23
Zitat von: Falcon
Wenn du sagst "es gibt", dann meinst du nur deine Erwartungshaltung. Ich hab schon einige verrückte Kumpel gehabt, die auf ziemlich abgefahrenes Zeug stehen, dich ich ziemlich unglaubwürdig finde. Aber schlussendlich ist ja sogar Paranoia irgendwo glaubwürdig, wenn auch total unrealistisch. Man kann die Glaubwürdigkeit aber schon mehr oder weniger objektiv testen, indem man schaut, ob ein Setting sich an seine eigenen Regeln hält und unabhängig der Erwartungen. Dazu muss man nicht auf die Realität schauen.

Jein. Ich sehe die Erwartungshaltungen mehr so als Summe dessen, womit sich die Spieler befassen, oder befasst haben. Die sind zwar von Person zu Person unterschiedlich, aber es hat ja nichtsdestotrotz jeder gewisse Erwartungen und Vorstellungen Wobei sich diese Erwartung natürlich nicht nur auf eine realistische oder plausible Darstellung beziehen, sondern auch ganz stark von den Settingkonventionen. Von einem Drogenrazzia-Polizeiarbeitsrollenspiel erwartet man schnell was anderes als von einer High Fantasy Luftpiraten-Kampagne.
Ich weiß, ich hacke wie immer viel auf der ganzen Geschichte mit den Erwartungen von Spielern herum.  Aber, auch auf Gefahr mich zu wiederholen: Enttäuschte Erwartungen sind ein Quell von Frustration. Frustration gehört nicht zu den Dingen, die ich beim Rollenspiel haben will.

Zitat von: Alexandro
Zur Glaubwürdigkeit gehört aber doch Wiedererkennungswert dazu. Wenn das Setting durch eine Änderung (egal wie realistisch diese ist) deformiert wird, dann leidet dessen Glaubwürdigkeit. Man trifft damit die Entscheidung, dass das Setting weniger wert ist als die (sogenannte) "echte Welt" und nach Belieben selbiger untergeordnet werden kann.
Setzt das nicht voraus, dass die SPieler mit den Gegebenheiten der Spielwelt besser vertraut sind als mit den Gegebenheiten, der Welt, in der sie leben?
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Wulfhelm am 7.12.2010 | 14:38
@Falcon:
Anderes Beispiel: stell dir vor, du schreibst ein Star Wars-Rollenspiel.
Die Spieler beschweren sich darüber, dass man keine eigenen Schiffe konstruieren kann, weil die Schiffe ja physikalisch unsinnig ind und man keine Referenzimplementationen hat: ist ja total unrealistisch, dass man mit diesen Krücken rumfliegen muss und keine Möglichkeit hat was besseres zu entwerfen.

Also schreibst du ein Schiffkonstruktionsmodul für Star Wars und orientierst dich dabei an realweltlicher (sowohl theoretischer als auch tatsächlch existenter) Weltraumtechnik.
Jemand, der seine Spieler absichtlich falsch versteht, nur um irgendwie seinen Kopf in einer Begriffsdiskussion durchzusetzen, würde das vermutlich so machen. Andere, ich zum Beispiel, würden wohl eher ein Schiffskonstruktionsmodul schreiben, dass sich an den Axiomen des Star-Wars-Universums und an den bestehenden Schiffen orientiert.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 15:31
Setzt das nicht voraus, dass die SPieler mit den Gegebenheiten der Spielwelt besser vertraut sind als mit den Gegebenheiten, der Welt, in der sie leben?
Man nimmt seine Referenzpunkte da her, wo man sie findet.

Für einige ist das die reale Welt, für andere die Regeln der Fiktion. Was soll daran jetzt ungewöhnlich sein?
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 7.12.2010 | 17:29
Ja sicher, ich korrigiere: Mir gefallen keine Regelwerke, die versuchen, realistisch zu sein. Schaffen wird es ohnehin keines.
Also Regelwerke, die versuchen, realistisch zu sein, ohne dass es ihnen gelingt, finde ich auch doof. Insofern haben wir in diesem Punkt den gleichen Geschmack.

Wo wir unterschiedlicher Meinung sind, ist, ob jedes System, das den Versuch unternimmt, realistisch zu sein, daran scheitert.
Und hier glaube ich, dass es durchaus Systeme gibt, die versuchen, realistisch zu sein und denen das gelingt. Als Beispiele seien hier Gurps und Cthulhu aufgezählt.

Vor allem die Regelbücher "High-Tech" sowie "Bio-Tech" von Gurps 4.Edition sind extrem realistisch geschrieben mit sehr realistischen Regeln.

Wahnvorstellungen sind für mich kein Argument.
Das gilt auch für The Man who laughs Argument: Unwissenheit ist kein Argument, daß Realismus der Glaubwürdigkeit im Weg steht. Es ist dann einfach so, daß Unwissenheit dem Realismus im Weg steht.
Ich sprach nicht von Wahnvorstellungen, sondern eher von Falschvorstellungen. (Newton hatte zwar eine falsche Vorstellung von überlichtschnellen Reisen, aber er hatte sicherlich keine Wahnvorstellungen.)

Und doch: Unwissenheit ist ein Argument, dass sich Realismus und Glaubwürdigkeit in diesem Punkt gegenseitig ausschließen. (Wenn jemand in einem speziellen Punkt unwissend ist, dann kann er das Realistische für falsch halten und damit für unglaubwürdig.)

Zur Glaubwürdigkeit gehört aber doch Wiedererkennungswert dazu. Wenn das Setting durch eine Änderung (egal wie realistisch diese ist) deformiert wird, dann leidet dessen Glaubwürdigkeit.
Finde ich nicht. Glaubwürdigkeit und Wiedererkennungseffekt sind zwei vollkommen verschiedene Sachen:

Ich kenne unglaubwürdige Settings mit hohem Wiedererkennungseffekt und es gibt auch glaubwürdige Settings ohne Wiedererkennungseffekt.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 17:33
@Alexandro: Ich setze Glaubwürdigkeit nicht mit Wiederkennungswert gleich. Wenn man das in einen Topf schmeisst, dann kann ich mir gut denken, daß es zu Verwirrung kommt.
Schlussendlich sinds aber zwei Begriffe, weil es zwei verschiedene Bedeutungen sind.

Ansonsten gebe ich dir Recht, der Realismus zerstört den Wiedererkennungswert bei Star Wars, ja.

Zitat von: TmhL
Aber, auch auf Gefahr mich zu wiederholen: Enttäuschte Erwartungen sind ein Quell von Frustration. Frustration gehört nicht zu den Dingen, die ich beim Rollenspiel haben will.
Auch da stimme ich zu. Aber wie beim Widererkennungswert ist mir nicht klar, was das mit dem Thema zu tun hat.



Realismus ist immer noch per se Glaubwürdig.
Ob das Setting dann Hans im Glück anstatt Star Wars heisst, oder ob damit Erwartungshaltungen nicht erfüllt werden oder ob ich das Gefühl habe "mittendrin" zu sein anstatt "ausserhalb" zu stehen (siehe Axis&Allies), sind alles nur Aufsätze.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 17:34
Unwissenheit ist ein Argument, dass sich Realismus und Glaubwürdigkeit in diesem Punkt gegenseitig ausschließen.
Nö. Oder eher: Nur, wenn man die Lernfähigkeit des jeweils Einzelnen für vernachlässigbar hält - was dann jeweils aber natürlich tief blicken läßt... :-o
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 17:41
Zitat von: eulenspiegel
dann kann er das Realistische für falsch halten und damit für unglaubwürdig.
Das ist aber nicht das Problem des Realismus. Nur Kleinkinder, die ihr Eis fallen lassen sagen "wuääh, das Hörnchen war viel zu klein für die Kugel". Wenn du verstehst.
Da muss man einfach mal ein bisschen Eigenverantwortung übernehmen (z.b. etwas nachlesen).
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 7.12.2010 | 17:57
Das ist aber nicht das Problem des Realismus. Nur Kleinkinder, die ihr Eis fallen lassen sagen "wuääh, das Hörnchen war viel zu klein für die Kugel". Wenn du verstehst.
Ich habe nie von "Problemen" gesprochen. Ich sagte, dass es Glaubwürdigkeit ohne Realismus und Realismus ohne Glaubwürdigkeit geben kann.

Ich habe nie gesagt, dass dies ein Problem ist. (Und wenn es ein Problem wäre, hätte ich erst recht keine Aussage darüber getroffen, wer die Schuld an diesem "Problem" hat.)

Nö. Oder eher: Nur, wenn man die Lernfähigkeit des jeweils Einzelnen für vernachlässigbar hält - was dann jeweils aber natürlich tief blicken läßt... :-o
Jain.
1) Vergeht Zeit zwischen dem Augenblick, wo jemand mit dem Lernen anfängt und dem Augenblick, wo jemand mit dem lernen aufhört. Zumindest in diesem Zeitraum herrscht eine Diskrepanz.

2) Es geht nicht nur um die Lernfähigkeit sondern auch um die Lernwilligkeit.

3) Ist das Problem, dass nicht jeder alles lernen kann. (Gerade im Bereich Kampfsport ist es nicht jedem zuzumuten, jahrelang Schwertkampf und waffenlosen Kampf zu machen, nur um Herauszufinden, ob seine Vorstellung von "realistischen Kampf" nun richtig oder falsch ist.)

Aber auch in Sachen Klimaforschung oder Kernphysik ist es nicht jeden zuzumuten, diese Sachen zu studieren, nur um herauszufinden, ob seine Vorstellungen von Glaubwürdigkeit nun richtig oder falsch sind.

Disclaimer:
OK, bei einem realistischen Weltraumsetting erwarte ich schon, dass sich die Spieler Projekt Rho (http://www.projectrho.com/) durchlesen. Aber bis sie das alles gelesen haben (und das kann schonmal mehrere Monate dauern), herrscht nunmal ein Unterschied zwischen Glaubwürdigkeit und Realismus. (Auch in der Richtung, dass man manche Sachen für unglaubwürdig hält, welche eigentlich realistisch sind. - Vor allem, wenn es um die Effekte der Relativitätstheorie geht. - Aber viele halten auch Swing-by-Manöver für unglaubwürdig, bis man ihnen eine Literaturquelle präsentiert.)
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 18:12
Zitat
Ich habe nie von "Problemen" gesprochen. Ich sagte, dass es [...] Realismus ohne Glaubwürdigkeit geben kann.
Ja, wenn man ALLE Begebenheiten und Vorraussetzungen ingoriert, die dazu führen, dann gibt es einen Zusammenhang. Wie in: "1+1 kann drei 3 sein, der Schüler muss nur schlecht genug in Mathe sein".
Ich meine, daß ist zwar eine großartige Erkenntnis (nicht), aber es gibt eben keine direkte Abhängigkeit.
Man kann sich Dinge zwar ganz doll wünschen, daß macht sie aber eben immer noch nicht wahr. Glaubwürdigkeit (im Rollenspiel) ist für mich keine Geschmackssache, sondern die Einhaltung der selbstgesteckten Spielweltregeln und Konventionen. Und das kann man überprüfen, dazu muss man auch keinen Kernreaktor bauen können. Ein Kernreaktor ist trotzdem immer glaubwürdig.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 18:14
Wo wir unterschiedlicher Meinung sind, ist, ob jedes System, das den Versuch unternimmt, realistisch zu sein, daran scheitert.
Und hier glaube ich, dass es durchaus Systeme gibt, die versuchen, realistisch zu sein und denen das gelingt.
Realistisch nach welchen Kriterien?

Die meißten "realistischen" Settings mögen evtll. naturwissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Kriterien genügen, labern aber (z.B.) vom sozialwissenschaftlichen Standpunkt her Blödsinn (Harnmaster ist da so ein Kandidat).
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 18:18
ich halte ein vollständig Realistisches Rollenspiel auch für unmöglich.
In selbstgesteckten Grenzen kann man aber realismus erreichen. Ist alles eine Frage des Maßstabs.

Wäre die Realität nicht die Vorlage für die meisten Rollenspielregeln, wäre der Spielerkreis der Interessierten wohl EXTREM viel kleiner.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 18:22
Es geht nicht nur um die Lernfähigkeit sondern auch um die Lernwilligkeit.
Wem? Denn schon, wenn sie nicht vorausgesetzt wird, läßt mE durchaus Rückschlüsse zu...

Was das Lesen von Faktenwissen angeht: Man kann auch vertrauen. Ich muß nicht wissen, wie ein Lichtschalter funktioniert, um ihn zu bedienen und zu wissen, daß es glaubwürdig ist, wenn vermittels der Bedienung des Lichtschalters das Licht an- und ausgemacht wird. Ich muß mich nicht mit "aficionado of slide rules, astrolabes, nomograms, sundials, and other obsolete instruments" herumschlagen (und JavaScript aktivieren, um irgendwelchen Kruscht solcher Art überhaupt zu Gesicht zu bekommen), solange ich weiß, wem ich in Sachen "Hilfe und Rat in bezug auf realistische Weltraumsettings" Vertrauen schenken kann.

ich halte ein vollständig Realistisches Rollenspiel auch für unmöglich.
Unmöglich? Nein. Man kann ja als "Setting" einfach "unsere Welt, wie sie ist, ohne Zusätze und Abstriche" nehmen. Das müsste, was die Regeln angeht, jedem Anspruch an Realismus genügen. Aber ich fände das ziemlich langweilig, glaube ich.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: El God am 7.12.2010 | 18:24
Zitat
Unmöglich? Nein. Man kann ja als "Setting" einfach "unsere Welt, wie sie ist, ohne Zusätze und Abstriche" nehmen. Das müsste, was die Regeln angeht, jedem Anspruch an Realismus genügen. Aber ich fände das ziemlich langweilig, glaube ich.

Rollenspiel = Setting + Regeln

Setting: Check, da gehe ich mit
Regeln: Nie im Leben.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 18:32
Regeln: Nie im Leben.
Und zwar warum (bzw.: warum nicht)?
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: El God am 7.12.2010 | 18:34
Komplexität. Das Regelwerk wird immer Ergebnisse liefern, die unrealistisch sind. Da kann man nichts machen. Selbst wenn der SL alles nur per Willkür entscheidet, wird perfekter Realismus (und hey... jeder andere Realismus wäre die totale Farce) unmöglich bleiben. Spiele mit dem Anspruch des Realismus gibt es genügend, unrealistische Ecken haben die trotzdem allesamt.
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 18:38
Unmöglich? Nein. Man kann ja als "Setting" einfach "unsere Welt, wie sie ist, ohne Zusätze und Abstriche" nehmen. Das müsste, was die Regeln angeht, jedem Anspruch an Realismus genügen. Aber ich fände das ziemlich langweilig, glaube ich.
Die Ansicht darüber, was genau "unsere Welt" ist, gehen ziemlich auseinander (Frag zum Beispiel mal ein paar Amerikaner, ob Obamas Gesundheitsreform eine notwendige Verbesserung des amerikanischen Gesundheitswesens oder ein unerlaubter Eingriff des Staates in die Privatwirtschaft ist).

Sobald wir uns auch nur ein wenig von unserer Welt entfernen, fehlen auch komplett die Referenzpunkte (z.B. "Würde ein Lehenssystem auch funktionieren, wenn zuverlässige Kommunikationsmittel ohne Zeitverlust (aka Telefon, Funk...) zur Verfügung stünden?").
Titel: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 7.12.2010 | 18:43
Ja, wenn man ALLE Begebenheiten und Vorraussetzungen ingoriert, die dazu führen, dann gibt es einen Zusammenhang. Wie in: "1+1 kann drei 3 sein, der Schüler muss nur schlecht genug in Mathe sein".
Nein, 1+1 ist niemals 3, egal wie schlecht der Schüler in Mathe ist.

Korrekt wäre eher: "Richtigkeit einer mathematischen Aussage und ihre Benotung können sich widersprechen"
oder "Ein Schüler kann für 1+1=3 in der Klausur volle Punktzahl bekommen. Der Lehrer muss nur übermüdet genug sein, zu viel Alkohol getrunken haben oder von den Eltern des Schülers bestochen worden sein."

Aber: Die Realität sagt: "1+1=3 ist falsch." Daran ändert sich nichts, egal, wie dumm der Schüler ist und wie wenig Ahnung er von Mathe hat.

Die Glaubwürdigkeit könnte sich rein theoretisch aber durchaus ändern und "1+1=3 ist richtig" könnte glaubwürdig sein. (Falls es tatsächlich einen solchen Schüler gäbe. - Ich habe zwar schon einer Menge dummer Schüler erlebt, aber ein Schüler, der 1+1 falsch ausrechnet, habe ich bisher noch nie erlebt.)

So, "1+1=3" war von dir im Allgemeinen aber ein sehr sehr schlecht gewähltes Beispiel, da du wahrscheinlich auch keinen einzigen Schüler kennst, der das für wahr hält und der "1+1=2" für falsch hält.

Leute, die dagegen glauben: "Alle Inertialsysteme sind gleichberechtigt, es gibt kein ausgezeichnetes Inertialsystem. Und es ist unglaubwürdig, dass man eine Zeitreise macht, wenn man es irgendwie schafft, schneller als das Licht zu fliegen." gibt es wie Sand am Meer.

Zitat
Glaubwürdigkeit (im Rollenspiel) ist für mich keine Geschmackssache, sondern die Einhaltung der selbstgesteckten Spielweltregeln und Konventionen.
Hmm, Glaubwürdigkeit ist für mich ein Maß, das darstellt, wie viele Leute diese Aussage für wahr halten.

Eine Aussage, die niemand für wahr hält, hätte eine Glaubwürdigkeit von 0%.
Eine Aussage, die jeder zweite Mensch für wahr halten würde, wenn man sie nur überzeugend genug rüberbringt, hätte eine Glaubwürdigkeit von 50%.
Und eine Aussage, die jeder Mensch glaubt, hätte eine Glaubwürdigkeit von 100%.

Die Einhaltung der Spielweltkonventionen hat imho nichts mit Glaubwürdigkeit zu tun. (Bei einigen Settings gehört es sogar zur Spielweltkonvention, dass diese unglaubwürdig ist. - Vor allem bei Parodien oder Satiren.)
Titel: Re: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 18:54
Das Regelwerk wird immer Ergebnisse liefern, die unrealistisch sind.
Ah... aber wenn "das Regelwerk" doch ist, "was wir von unserer eigenen Welt wissen"? Da bleiben allenfalls kleine "unrealistische" Ecken, der größte Teil ist ganz zufriedenstellend mit Realismus versehen, oder? Optische Täuschungen etwa sind durchaus "erklärlich" usw., was bleibt da noch groß an "Unrealistischem" im Bereich der Ergebnisse des Regelwerks "Wissen"?
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: El God am 7.12.2010 | 18:56
Achsoooo! Ich rede hier die ganze Zeit von Regelwerken, wie man sie tatsächlich zum Spielen verwenden könnte und wollte. Dass du ein hypothetisches Monstrum mit einem Datenvolumen irgendwo im Bereich etlicher Vielfacher des Datenvolumens des aktuellen Internets meintest, konnte ich doch nicht wissen.

Klar kann man ein ganz realistisches Regelwerk bauen.

Jetzt tritt aber bitte auch den Beweis an!
Titel: Re: RE: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Wulfhelm am 7.12.2010 | 18:58
perfekter Realismus (und hey... jeder andere Realismus wäre die totale Farce)
Es gibt außerhalb mathematisch erfassbarer Zusammenhänge keine perfekten Definitionen von irgendetwas. Sie zu verlangen, ist ein ziemliches Totschlagsargument.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 18:59
Der Beweis ist doch schon da: Wenn man als Setting "unsere Welt, wie sie ist," und als Regelwerk nimmt, was an Wissen über "unsere Welt, wie sie ist," vorgehalten wird, dann hat man damit ein "realistisches" Rollenspiel. Langweilig, aber realistisch.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: El God am 7.12.2010 | 19:01
@Wulfhelm: Sagte der Mann, der im Rollenspiel nur glaubwürdig findet, was auch realistisch (im Wortsinn) ist.
@Merlin: So langsam kommt mir der Gedanke, du willst mich nur verarschen.

Egal. Ich bin aus der Diskussion raus. Den Parallelthread mit den konzentrierteren Darstellungen finde ich viel erhellender als diesen hier.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Maarzan am 7.12.2010 | 19:02
Natürlich ist kein 100%tiger Realismus möglich und selbst intensivere Anstrengungen dem Nahe zu kommen sind oft aus diversen Gründen wie den hohen Anforderungen an die Spieler oder anderen Stilelementen (Sterblichkeitsrate z.B.) nicht gewollt.

Aber man braucht doch das kind nichtmit dem Bade auszukippen. Es würde doch schon eine erheblcihe Verbesserungbedeuten, wenn man die gröbsten Klopse rausläßt und sich einmal hinsetzt und noch mal drüber nachdenkt, was man da fabriziert hat, bzw. ggf klar macht, das gewisse Abweichungen bewußt getroffen worden sind um da Fehleinschätzungen zu vermeiden.

Denn egal wie realistisch ein Regelwerk ist, letztlich bestimmt die irsprüngliche Grundvorstellung der Spieler  den Ort, wo man sie abholen muss, egal womit. Und wo nichts weiter gesagt worden ist, muss der Spieler eben mit dem arbeiten, was er aus seiner irdischen Erfahrung als Grundstock mitbekommen hat.

In dem Sinne sind selbst gescheiterte Regelwerke (so sie nicht selbstwidersprüchlich sind) besser als nichts, da sie eine externe und individuell mit im Vergleich vertretbarem Aufwand erlernbare Basis sind, wie die Spielwelt funktionieren soll. Und auch Diskussionen über Verbsserungen sind einfacher, wenn man diese eine gemeinsame Basis hat.  

Dazu binich imme rncoh der Meinung, dass die meisten udn relevantesten Realismusprobleme nicht in irgendwelchen regeldetails zu suchen sidn sondern in der alltäglichen mangelhaften Ausarbeitung von Settings und Abenteuern.
Da sind Diskussionen über Realismus im üblichen extrem nur Ablenkung gegenüber den Ergebnissen eigener Nachlässigkeit oder Faulheit.

"Kann sein, das Feuerbälle und fliegende Drachen auch nicht realistisch sind, aber der 4m hohe Troll rennt nicht durch diesen 2m hohen Tunnel!!!"
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 19:07
@ Maarzan: Stimmt.

@ Dolge: Nein, ich habe nicht vor, mit Dir irgendwelche üblen Späße zu treiben. Ich bin lediglich, was das angeht, ein bisschen sophistisch ;-) . Und ich habe auch mit gutem Grund nichts zum Preis des erforderlichen Regelwerks gesagt :-) .
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 19:19
@Maarzan: das was du beschreibst ist Konsistenz und kein Realismus.

@Merlin: Wie schon gesagt: "unsere Welt" gibt es nicht. Discuss.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 19:24
@ alexandro: Ich bin Wirklichkeitspositivist.
Und wenn es unsere Welt nicht gibt, gibt es auch kein Rollenspiel, das Thema hätte sich damit für alle, die "unserer Welt" die Existenz absprechen, erübrigt. 
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 19:33
Und du glaubst wrklich, man kann in einem fiktionalen Medium (wie es Rollenspiel nunmal ist) allgemeingültige Aussagen über die Beschaffenheit unserer Welt treffen?

(http://www.lolblog.co.uk/wp-content/uploads/2008/10/facepalm.jpg)
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Wulfhelm am 7.12.2010 | 19:45
realistisch (im Wortsinn)
:bang:
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 19:47
Und du glaubst wrklich, man kann in einem fiktionalen Medium (wie es Rollenspiel nunmal ist) allgemeingültige Aussagen über die Beschaffenheit unserer Welt treffen?
Hm. Laß mich nachdenken. Glaube ich, daß man im Rollenspiel sagen kann: Morgens geht die Sonne auf? Oder gar: Wasser ist naß? Doch, ja, ich meine, man könnte das sagen.  
Vorausgesetzt natürlich, man existiert. Wenn es die Welt nicht gibt, gibt es natürlich auch niemanden, der das sagen könnte, im Rollenspiel (das es ja nicht gibt) oder außerhalb (weil es ja auch das "Außerhalb" nicht gibt). Ein nicht Existierendes kann auch nichts sagen, schon allein, weil keine Sprache existiert, in der etwas zu sagen wäre...
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Maarzan am 7.12.2010 | 19:48
@Maarzan: das was du beschreibst ist Konsistenz und kein Realismus.


Konsistenz ist das eigentlich notwendige. Dazu muss dieses Bild aber auch transportiert werden und da das Grundweltbild, welches jeder hat, für die meisten von unserer Welt in der wiederum die meisten von uns leben bestimmt wird, ist es besser diejenigen Elemente, die nicht bewußt davon abweichen so weit wie möglich dieser unseren Welt anzupassen -> Realismus 1.

Dazu gibt es noch den grundlegenden Satz Logik und Konsistenz welcher auf sich selbst aufbaut. Das sehe ich dann als Realismus 2 und damit denjenigen, welcher im Kern viel öfter verletzt wird als 1 - vorausgesetzt grundlegende Eigenheiten von Raum, Masse und Zeit oder Dinge wie Nahrungsbedarf und grundlegende Verhaltensweisen menschenlicher Wesen werden nicht schon unter 1 gefasst.  

Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 7.12.2010 | 19:49
@Maarzan: das was du beschreibst ist Konsistenz und kein Realismus.
Nein. Wenn vier Meter große Trolle regelmäßig durch zwei Meter hohe Tunnel rennen, wäre das konsistent. Aber es wäre trotzdem nicht realistisch.

Ansonsten: Das Bild, das du gepostet hast, drückt hervorragend meine Stimmung aus, als ich deinen letzten Post gelesen habe:Natürlich gibt es "unsere Welt". Und natürlich kann ich auch ein RPG in "Unserer Welt" spielen. Und wenn mich ein Spieler nach einer Settingbeschreibung fragt, sage ich: Schnapp dir 'ne Zeitung und les sie durch.

Und hey, und um von der grauen Theorie in die Praxis zurückzukehren: Ich habe tatsächlich mal eine Rollenspielrunde gehabt, wo wir als Setting die reale Welt genommen haben. Kaum zu glauben, aber möglich.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 20:11
Und wenn mich ein Spieler nach einer Settingbeschreibung fragt, sage ich: Schnapp dir 'ne Zeitung und les sie durch.
Welche Zeitung?

Abhängig davon, ob du die "Süddeutsche Zeitung", die "Berliner Morgenpost" oder eine Ausgabe von "Neues Deutschland" als Grundlage nimmst, hast du ein KOMPLETT UNTERSCHIEDLICHES Setting vor dir, welches komplett unvereinbar mit den auf anderen Zeitungen basierenden Settings ist (und selbst wenn du nur eine Zeitung als Basis nimmst, dann musst du schon solche Sachen wie Leserbriefe und Kommentare außen vor lassen).
Verstehst du, worauf ich hinaus will?

Zitat
Hm. Laß mich nachdenken. Glaube ich, daß man im Rollenspiel sagen kann: Morgens geht die Sonne auf? Oder gar: Wasser ist naß? Doch, ja, ich meine, man könnte das sagen.
Wenn du schon spitzfindig wirst: Es ging um allgemeingültige Aussagen, du bringst relative Blickpunkte (die Sonne geht nicht auf, sondern eine Seite der Erde wendet sich der Sonne zu z.B.).
Zeigt sehr schön, wie bereits bei so einfachen Prozessen subjektive Erfahrungen und Ansichten die fiktionale Repräsentation "stören".
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 20:23
Zeigt sehr schön, wie bereits bei so einfachen Prozessen subjektive Erfahrungen und Ansichten die fiktionale Repräsentation "stören".
Es gibt keine einfachen Prozesse, wenn es die Welt nicht gibt. Es gibt auch keine Störungen ohne die Welt, in der sie stattfinden. Und kein "Zeigen" von etwas.
Es gibt noch nicht einmal eine sinnvolle Basis für eine Unterhaltung, wenn man nicht annimmt, daß es eine Verständigungsgrundlage gibt, auf deren Basis man sich austauschen kann. Wenn "Wasser ist naß" als subjektive Erfahrung, die sie zweifelsfrei ja auch ist, keine Gesprächsgrundlage bietet, ist ein Gespräch über Wasser sinnlos zu führen. Und wenn es nichts gibt, was dem Anspruch an Erfahrungen und Ansichten genügen würde, ist ein Gespräch über alles, was mit Ansichten und Erfahrungen zu tun hat, wie z.B. Rollenspiel, vergeudete Zeit. Es gibt ja nichts, was mit "Rollenspiel" so sinnvoll zu bezeichnen wäre, daß ein Austausch darüber zu irgendeinem Ziel führen könnte. Weshalb eigentlich schon der Wunsch nach einem Austausch darüber, daß es keinen Austausch geben kann, zumindest eigentümlich anmutet.
Es gibt "Merlin Emrys" nicht, es gibt seine Argumente nicht, es gibt das Rollenspiel, von dem er ausgeht, nicht... Mit wem redet "alexandro" überhaupt über was, und warum? Das alles führt doch zu nichts, wenn all das nicht wenigstens unter anderem auch wirklich existiert.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 7.12.2010 | 21:21
@ alexandro
Die Vorstellung über unsere Erde ist eine andere, je nachdem, welcher Zeitung ich glauben schenke. Die Realität an sich ändert sich aber nicht dadurch, dass du an etwas anderes glaubst.

Das heißt, das, was du über das Setting zu wissen glaubst, ändert sich, aber das Setting bleibt das gleiche. (Kennst du das Engel-Setting? Da ändert sich das Wissen der Spieler über das Setting auch regelmäßig, aber das Setting selber bleibt unverändert. Oder ebenso im Kult-Setting.)

Das ist ja das, was ich oben bereits mit "realistisch aber unglaubwürdig" beschrieben habe:
Es kann durchaus sein, dass wir einen Spieler haben, der der "Süddeutschen Zeitung" glauben schenkt und ein zweiter Spieler schenkt der "Berliner Morgenpost" glauben. Dann kann es passieren, dass einer von beiden (oder gar beide) das Setting für unglaubwürdig halten, obwohl es realistisch ist.

@ all
Bei der Frage nach dem Realismus im Rollenspiel ist es hilfreich, zwischen Setting und Regelwerk zu unterscheiden.
Daher hier 2-4 Fragen:

1-2) Glaubst du, dass es realistische Settings gibt? Wenn nein: Was ist mit einem Setting, das im historischen Japan spielt und von einem anerkannten japanischen Geschichtsforscher (der zufällig Rollenspieler ist) geschrieben wurde? Oder was ist mit einem Setting, das in der Gegenwart in deiner Heimatstadt spielt und von dir geschrieben wurde?

3-4) Glaubst du, dass es realistische Regelwerke gibt? Wenn nein: Was findest du an dem GURPS-Regelwerk unrealistisch?
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Terrorbeagle am 7.12.2010 | 21:42
Erstmal, erfordern Rollenspielregeln immer Abstraktion. Ein perfektes Rollenspiel, dass  alle Gegebenheiten exakt wiedergibt, ist in etwa genauso nützlich wie die exakte Karte des Königreichs (oder ist das jetzt ein zu obskurer Verweis?).
Nur ist der Grad der Abstraktion eben nicht statisch, sondern variabel, mit einer Vielzahl von Abstufungen, Feinheiten und Unterschiede.
Können wir diesen Nebenschauplatz der Strohmannargumente jetzt hinter uns lassen?



Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 22:34
@Merlin: ich halte die Annahme unsere realen Regeln und Theorien würden auch nur Ansatzweise ein Quäntchen unserer Realität erklären können ziemlich naiv.
Klar gibt es ein Regelwerk, was unsere Realität "bespielen" lässt. Das werden wir aber niemals verstehen können.

Im Rollenspiel gibt es aber den Anspruch "genug Realität", so gibt es realistischere, und unrealistischere Spielsysteme. Da finde ich wiederum eher die Spieler peinlich, die mit "keine Regel ist realistisch" argumentieren, eben die Vertreter des ersten Absatzes, weil das offensichtlich ist. Da werden die RPG Autoren nicht überrascht sein.
 
Aber ohne "realistische Regeln" würden die meisten von uns vermutlich gar kein RPG spielen wollen. Ihr habt den Wink mit dem "betrachteten Maßstab" immer noch nicht ganz verinnerlicht, mh?

Ich kann auch Eulenspiegels Argument unter völligen Ausschluss des Aspektes "Wissensstand" nicht ernst nehmen, welches da ist: Da jeder Trottel alles anzweifeln kann, kann die Realität unglaubwürdig sein.

Wegen dieser beiden Punkte ist mir die Diskussion nun auch zu albern.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 22:42
@Merlin: ich halte die Annahme unsere realen Regeln und Theorien würden auch nur Ansatzweise ein Quäntchen unserer Realität erklären können ziemlich naiv.
Warum unterhältst Du Dich dann mit jemandem darüber? Warum rechnest Du? Warum achtest Du auf Umgangsformen (denn das tust Du ja)? Wozu das alles, wenn "unsere Realität" für uns in der Tat unerklärlich wäre?
Zielgerichtetes Handeln setzt voraus, daß man annimmt, genug verstanden zu haben, um ein Ziel anstreben zu können. Jemand, der es ernst meinen würde mit "das zu denken, ist naiv", würde notwendigerweise mit niemandem darüber kommunizieren können, weil es ja gar keine Basis gäbe, auf der er es versuchen könnte. Jeder Kommunikationsversuch straft diesen kommunizierten Inhalt Lügen - oder wenigstens Unglaubwürdigkeit. 
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 23:01
Du weisst, daß es einen Unterschied gibt, zwischen "genug verstanden" und "alles verstanden? und das ich geschrieben habe: Es gibt im RPG "genug Realismus" aber halt nicht "vollständigen Realismus"? Was möchtest du mir nun neues sagen?

Zitat
Warum unterhältst Du Dich dann mit jemandem darüber? Warum rechnest Du? Warum achtest Du auf Umgangsformen (denn das tust Du ja)? Wozu das alles, wenn "unsere Realität" für uns in der Tat unerklärlich wäre?
Ich sage nicht, sie WÄRE, sondern sie IST unerklärlich. Im Moment sowieso und daran wird sich vermutlich auch sehr lange Zeit nichts ändern. Man weiss ja nicht mal, wie das Gehirn genau funktioniert.

Ja, warum denken wir über das "Woher kommen wir" nach? Weil uns nichts anderes übrig bleibt. Mich jeden Tag abzuschiessen, um nichts mitzubekommen, liegt nicht in meiner Natur.
Macht uns die Unausweichlichkeit alle zu armseligen kleinen Würmern? Auf jeden Fall. Was meinst du wie sowas schwachsinniges wie Religion überhaupt entstehen konnte ;)


und um das klar zu stellen: ICH wollte mich nicht darüber unterhalten und eine Grundsatzdiskussion führen. Für mich sind die Begriffe Realismus und Glaubwürdigkeit im ROLLENSPIEL nämlich glasklar (http://tanelorn.net/index.php/topic,62070.msg1240877.html#msg1240877) und ich wollte nur Mißverständnisse darüber ausräumen.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 23:12
ICH wollte mich nicht darüber unterhalten ...
Dann finde ich es erstaunlich, daß Du Dich dazu äußerst. Oder willst Du lediglich gehört werden, aber keine Antworten? Das alledings wäre keine "Unterhaltung" im Sinne eines Gesprächs, sondern ein Monolog in Anwesenheit anderer.

Zudem ist es ziemlich absurd, einerseits für die uns umgebende Wirklichkeit keinerlei Verständnismöglichkeit zu sehen, für eine davon abgeleitete Fiktion aber schon. Und dann noch darüber reden zu wollen, wo doch eh nur ein Irrtum zum andern kommt... Wozu? Innerer Zwang? Aber davon kann man doch nichs wissen...! Wie könnte man denn dazu kommen, von einem Zwang auszugehen, wenn man nicht zuerst verstanden hat, wie "Zwang" funktioniert und wie er - z.B. von innen nach außen - wirksam wird?
Nein, ich denke, dieses "Wir können nichts wissen" löst sich in Wohlgefallen auf, sobald man mal schaut, wie die Leute sich benehmen. Dann merkt man nämlich, daß sie von sehr vielem dermaßen fest überzeugt sind, daß man es nicht anders als mit "Wissen" bezeichnen kann.

Und über das Rollenspiel kann man überhaupt auch erst reden, wenn man sich daruf verständigt hat, daß es eine Gesprächsgrundlage gibt. "Man kann ja doch nichts wissen" ist aber keine Gesprächsgrundlage - im Gegenteil, es ist die prinzipielle Absage an jede Form von Kommunikation, denn Kommunikation beruht auf Wissen und ist ohne es nicht möglich.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 23:22
@Merlin: du verwechselt den Satz "es gibt keinen gemeinsamen, allgemeinen Realitätskonsens" mit dem Satz "es gibt keine Realität". Trottel.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 23:23
Zitat
Dann finde ich es erstaunlich, daß Du Dich dazu äußerst.
Da hast du natürlich recht, ich wollte den Standpunkt ja gar nicht mehr mit Aufmerksamkeit ermutigen.

also checke ich hier jetzt wirklich aus und mache den Mitleser.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 7.12.2010 | 23:25
@Merlin: ... Trottel.
Beleidigend werden muß nur, wer keine Argumente mehr hat. Insofern... war's vielleicht gar nicht meine Wenigkeit, der da etwas verwechselt hat? Oder irre mich mich, wenn ich mich an folgende Aussage erinnere:
"unsere Welt" gibt es nicht.
Wer steht da als derjenige, den ich zitiere?
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Foul Ole Ron am 7.12.2010 | 23:29
Scheisse, und ICH hab' den Thread jetzt im Abo!!  >:(  :gasmaskerly:  :ctlu:
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 7.12.2010 | 23:29
Ich kann auch Eulenspiegels Argument unter völligen Ausschluss des Aspektes "Wissensstand" nicht ernst nehmen, welches da ist: Da jeder Trottel alles anzweifeln kann, kann die Realität unglaubwürdig sein.
Da hast du mein Argument falsch verstanden:
Es geht nicht darum, was irgendein Trottel anzweifeln kann.

Es geht darum, was viele Menschen tatsächlich anzweifeln.

Ansonsten habe ich meine Definition von Glaubwürdigkeit nicht umsonst gepostet:
Wenn es 10.000 Trottel in Deutschland gäbe, die Sachverhalt X anzweifeln und 81 Mio Deutsche halten den Sachverhalt für richtig, dann hätte Sachverhalt X immerhin eine Glaubwürdigkeit von:
10.000/81 Mio = 99,988%

Selbst, wenn 1 Mio Deutsche den Sachverhalt anzweifeln und nur 80 Mio Deutsche dem Sachverhalt glauben schenken, hätten wir noch eine Glaubwürdigkeit von:
1 Mio / 81 Mio = 98,8%

Deine Behauptung mit "jeder Trottel" geht also völlig am Argument vorbei.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: alexandro am 7.12.2010 | 23:30
Wer steht da als derjenige, den ich zitiere?
Die Betonung liegt auf UNSERE (also eine Welt nach GEMEINSAMEN Verständnis).

Und über das Rollenspiel kann man überhaupt auch erst reden, wenn man sich daruf verständigt hat, daß es eine Gesprächsgrundlage gibt. "Man kann ja doch nichts wissen" ist aber keine Gesprächsgrundlage - im Gegenteil, es ist die prinzipielle Absage an jede Form von Kommunikation, denn Kommunikation beruht auf Wissen und ist ohne es nicht möglich.
Wie wäre es statt "Man kann nichts wissen" mit "unser Wissen ist sowieso eine arbiträre Vereinfachung auf die wir uns kulturell (zumindest in der westlichen Welt) geeinigt haben, damit wir ungefähr wissen, was der andere meint".

Dann diskutiert es sich schon deutlich entspannter.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 7.12.2010 | 23:42
nur kurz noch, hab mit Eul. nicht mehr gerechnet. 
@eulenspiegel: du werkelst mir da zu viel am Wort Realismus herum. Das die Erde eine Scheibe sein soll war für lange Zeit für die meisten Menschen ja Realität. Das ändert aber nichts daran, daß die Erklärung der Erdkugel nicht glaubwürdig wäre, bloß weil viele Leute es nicht geglaubt haben. Hört sich doof an, aber es hat sich ja eben auch wegen der Glaubwürdigkeit durchgesetzt. Eine Theorie ist eben nur so lange potentiell real, bis sie jemand widerlegt.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Foul Ole Ron am 7.12.2010 | 23:56
nur kurz noch, hab mit Eul. nicht mehr gerechnet. 
...
DAS tun die wenigsten - obwohl es alle besser wissen müßten!
Perfide... >;D
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 7.12.2010 | 23:59
@ Falcon
Du sagst: Der Glaube, dass die Erde eine Kugel ist, hat sich durchgesetzt, weil diese Behauptung glaubwürdig ist.
Ich würde sagen: Der Glaube, dass die Erde eine Kugel ist, hat sich durchgesetzt, nachdem diese Behauptung glaubwürdig geworden ist.

Warum hat sich dieser Glaube nicht schon viel früher durchgesetzt? Warum hat sich dieser Glaube sogar bei Gelehrten erst in der Antike durchgesetzt? Und warum hatte sie sich ursprünglich nur bei Gelehrten durchgesetzt und nicht bei der einfachen Bevölkerung?
Die Antwort ist doch glasklar: Weil sie damals (bevor sie sich durchgesetzt hat) unglaubwürdig war. Erst in der Antike, als man anfing, den Sonnenstand an unterschiedlichen Punkten zu messen und wo man Schiffe auf hohe See schickte, fing dieser Glauben langsam an, glaubwürdig zu werden.

Oder wie erklärst du dir, dass man vorher nicht daran geglaubt hat?

Und dann nehme mal nicht die "Erde ist eine Scheibe" sondern nehme die Relativitätstheorie oder die Quantentheorie (am besten mit der Schrödinger-Katze als Beispiel). Glaubst du wirklich, diese beiden Theorien wären im Mittelalter oder der Antike glaubwürdig gewesen? Dass es damals mehr als eine Handvoll Menschen gegeben hätte, die dir glauben würden?

War im Mittelalter die Aussage "Ich bin keine Hexe und habe niemanden verflucht. Ich bin nur eine arme Frau, die sich etwas mit Kräutern auskennt." besonders glaubwürdig?
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Terrorbeagle am 8.12.2010 | 00:13
Ist die Frage, ob es nun die Wirklichkeit, oder das Abbild der Wirklichkeit ist, was wir als Wirklichkeit verstehen nicht ein wenig zu esoterisch, wenn es darum geht, wie man das Ganze in ein Spiel einbaut?

Letztendlich läuft es auf die selbe Sache heraus: In jeder Form des Geschichtenerzählens, ob nun Rollenspiel oder Diavertrag werden die leeren Stellen, also die, die nicht explizit durch anderslautende Vorgaben erklärt werden, durch bestehende Erfahrungswerte aufgefüllt.
Daher ist es praktisch unmöglich, ein Rollenspiel ohne realistische Elemente aufzuziehen; denn dazu müßte man jeden einzelnen Teil des Spiels anderweitig erklären und jedes Mal wieder das Rad neu erfinden - und das setzt voraus, dass der Autor bereits in der Lage ist, völlig ausserhalb seiner eigenen Erfahrungswerte und Vorstellungen zu denken und dies auch ausformulieren zu können.

Zitat von: Eulenspiegel
War im Mittelalter die Aussage "Ich bin keine Hexe und habe niemanden verflucht. Ich bin nur eine arme Frau, die sich etwas mit Kräutern auskennt." besonders glaubwürdig?

Glaubwürdig genug, dass die Inquisition selbst von Zeit zu Zeit die Position vertrat, es gäbe überhaupt keine Hexen.  Hexenprozesse sind ein schönes Beispiel, wie die "öffentliche Wahrnehmung" eines Ereignisses oder einer Gegebenhei mit den tatsächlichen Ereignissen nur noch begrenzte Ähnlichkeiten aufweist. Wenn ich mich recht erinnere, endete ein Großteil aller Hexenprozesse schlicht und ergreifend mit Freisprüchen.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 8.12.2010 | 00:23
"unser Wissen ist sowieso eine arbiträre Vereinfachung auf die wir uns kulturell (zumindest in der westlichen Welt) geeinigt haben, damit wir ungefähr wissen, was der andere meint".
Hm. Aber dann müssen wir ja auch schon wieder was wissen, nämlich, "was der andere meint". D.h. es muß schon wieder einen Raum geben, in dem es "unsere" - gemeinsam so verstandene - Welt gibt. Es muß also eine Plausibilität dafür geben, warum manches Anzunehmen zugleich erlaubt anzunehmen, daß der andere diese Annahme teilt, während anderes es nicht erlaubt, und man muß für gelingende Kommunikation wissen, was von beidem jeweils zutrifft. Das geht aber nur, wenn man die zugrundeliegenden Mechanismen kennt, und zwar der Wirklichkeit adäquat kennt, sonst kann das Vorgehen ja nicht funktionieren. Sprachliche Kommunikation über außenliegende Sachverhalte erfordert ein Wissen bezüglich dieser, das nicht der Beschränkung auf den eigenen Wahrnehmungsbereich unterliegt - das ist allein schon der Sprache inhärent.

Aber im Grunde hat The Man Who Laughs eh recht, wenn er sagt, daß man die Frage gar nicht klären muß, solange man ein wie-auch-immer-geartetes Konstrukt akzeptiert, das Leerstellen zu füllen erlaubt. Ich halte "Realität" und "Realismus" für adäqate Bezeichnungen (und bin als Wirklichkeitspositivist von einem inneren Zwang getrieben, das zu verkünden und zu verteidigen). Wer das nicht tut, mag andere nehmen, zumal er ja - angesichts der Tatsache, daß das ohnehin niemals mehr und niemals etwas Besseres als "eine arbiträre Vereinfachung auf die wir uns ... geeinigt haben" sein kann - eigentlich keine besondere Notwendigkeit haben sollte, eine spezielle andere Einigung zu fordern. Wir könnten doch also "Realismus" als genau diejenige "arbiträre Vereinfachung auf die wir uns ... geeinigt haben" nehmen, die der Titel dieses Fadens (durch Verwendung des Begriffs "Realismus") impliziert, und mit dem eigentlich Thema weitermachen?
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 8.12.2010 | 00:44
]Glaubwürdig genug, dass die Inquisition selbst von Zeit zu Zeit die Position vertrat, es gäbe überhaupt keine Hexen.
Sagen wir es so: Manchmal waren die Beschuldigungen unglaubwürdig und "Sie ist keine Hexe" war glaubwürdig.
Das waren die Fälle, in denen die Glaubwürdigkeit mit der Realität übereingestimmt hat.

Und dann gab es die Fälle, wo die Beschuldigungen glaubwürdig waren und "Sie ist keine Hexe" war unglaubwürdig. Das waren die Fälle, in denen die Glaubwürdigkeit nicht mit der Realität übereingestimmt hat.

Es geht auch gar nicht darum, welche der beiden Fälle nun häufiger eingetreten sind. Mir geht es nur darum, dass beide Fälle eingetreten sind. (In welchem Verhältnis ist vollkommen unwichtig.)
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Falcon am 8.12.2010 | 00:53
ja, aber diese (falschen) Annahmen beruhten nunmal auf Unwissenheit. Aber das wurde ja schon vor ein paar Seiten geschrieben. Auch auf Seite 4 hat sich an der Aussage, daß wenn man alle Rahmenbedingungen ausser Acht lässt, die Realität unglaubwürdig sein kann, nichts geändert.
Mit genügend Einsicht ist die Realität immer glaubwürdig, sonst würden wir, wie andere so schön einwarfen, vermutlich gar nicht hier sitzen. Wir haben keine Alternative, als die an die Realität zu glauben.

Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Eulenspiegel am 8.12.2010 | 01:07
Natürlich beruht die Unglaubwürdigkeit auf Unwissenheit. Es geht mir ja auch gar nicht darum, die Gründe für die Unglaubwürdigkeit zu analysieren. Es geht mir erstmal nur darum, die Existenz der Unglaubwürdigkeit festzustellen.

Und wenn jemand die Realität kennen würde, diese Person die Realität auch glaubwürdig finden würde, ist ja trivial. Es geht aber eben darum, dass die wenigsten Leute die Realität kennen (vor allem in den Bereichen, die nicht zum eigenen Fachgebiet gehören).

Insbesondere die Wissenschaft beruht ja auf der Tatsache, dass man nicht alles weiß. (Wenn man alles wüsste, müsste man nicht forschen. Forschung macht man ja nur, damit man etwas neues erfährt, was man vorher nicht wusste.)
Aber auch in der Justiz ist es Gang und gebe, dass die Richter und Schöffen nicht alles wissen (nicht alles wissen können) und trotzdem werden sie aufgefordert, die Glaubwürdigkeit der Beweise zu überprüfen.

Die Forderung, auf das Unwissen zu verzichten, ist also völlig utopisch. Man kann das Unwissen verringern, aber niemals völlig beseitigen. (Und selbst, wenn eine Person 24 Stunden täglich nur lernen würde, könnte er nicht alles Wissen der Menschheit in sich aufsaugen. - Von dem Wissen der Menschheit, das erst noch erforscht werden muss, ganz zu schweigen.)

Zitat
Mit genügend Einsicht ist die Realität immer glaubwürdig, sonst würden wir, wie andere so schön einwarfen, vermutlich gar nicht hier sitzen, weil wir keine Alternative haben, als es zu glauben.
Das verstehe ich nicht:
Was hat die Glaubwürdigkeit der Relativitätstheorie oder der Quantentheorie mit dem "hier sitzen" zu tun?

Ansonsten verweise ich einfach mal auf die drei Clarkeschen Gesetze (http://de.wikipedia.org/wiki/Clarkesche_Gesetze). Gerade das dritte Gesetz spiegelt meine Position ziemlich gut wieder:
„Jede hinreichend fortschrittliche Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.“
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Merlin Emrys am 8.12.2010 | 10:31
Und wenn jemand die Realität kennen würde, diese Person die Realität auch glaubwürdig finden würde, ist ja trivial.
Nein, im Grunde ist es sogar selbstwidersprüchlich - denn "glauben" drückt eine prinzipielle Unsicherheit oder die Notwendigkeit von Vertrauen aus. "Ich glaube, daß da ein Fehler ist" ist entweder Höflichkeit oder ein Ausdruck davon, daß man sich nicht sicher ist. Wenn man weiß, daß da ein Fehler ist, glaubt man es nicht länger.
Darum halte ich es auch für unangemessen, Leute zu zählen, um Glaubwürdigkeit zu bestimmen. Glaubwürdigkeit ist eine Aussage darüber, ob etwas es wert ist, geglaubt zu werden, ggfs. auch völlig unabhängig davon, wieviele Leute das aktuell auch tun. Glaubwürdigkeit bemißt sich daran, wie gut es sich in das eingliedert, was ich schon weiß oder fest annehme (= schon glaube). Ob es also für mich glaubwürdig ist, daß ich nächstes Wochenende Besuch bekomme, ist völlig unabhängig davon, wieviele Leute annehmen, daß oder daß nicht. Leute, denen man erzählt hat, ich wäre der Partyheld und hätte Mühe, alle Termine mit Freunden und Freundinnen zu koordinieren, werden es für glaubwürdig halten, daß - denn das stimmt mit dem überein, was sie annehmen. Leute, denen man erzählt hat, ich wäre total der Nerd und würde mich im Keller verstecken, wenn es an der Tür klingelt, werden es für glaubwürdig halten, daß nicht - denn das stimmt mit dem überein, was sie annehmen. Keiner von denen wird erst hingehen und zählen, wieviele andere das auch annehmen oder nicht. Und ich? Ich weiß mehr, ich habe mehr Annahmen über mich und meine Beziehungen zur Umwelt, und ich bestimme die Glaubwürdigkeit der Annahme eben demgemäß. Ob sich nun mehr Leute in der einen oder in der anderen Weise irren, ist dafür irrelevant.
Aber wenn sich jemand zu Besuch angemeldet hat, der zuverlässig ist und dann auch kommt, dann verläßt das Ganze für mich und jeden, der es weiß, den Bereich der Glaubwürdigkeit und wird zu Gewißheit: Ich werde nächstes Wochenende Besuch bekommen. Das ist nicht "glaubwürdig anzunehmen", das ist so vereinbart - ich weiß es.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: ErikErikson am 8.12.2010 | 10:49
Setzt ihr grade Glaubwürdigkeit im normalen Spreachgebrauch und im Kontext RPG gleich? Das kann nicht klappen. Glaubwürdigkeit ist normalerweise eine Aussage über eine Person, inwiefern ihre Angaben als wahr angenommen werden können. Glaubhaft müsste man eigentlich sagen, wenn man über eine Einzelaussage spricht. Und geht es im Rollenspiel ja nicht über wahr oder falsch, weil ja alles erfunden ist. Man müsste also eher von Plausibelität sprechen. Also, wie nachvollziehbar etwas ist.
Titel: Re: Smalltalk zu "Glaubwürdigkeit oder Realismus im Rollenspiel"
Beitrag von: Teylen am 8.12.2010 | 10:51
Setzt ihr grade Glaubwürdigkeit im normalen Spreachgebrauch und im Kontext RPG gleich? Das kann nicht klappen. Glaubwürdigkeit ist normalerweise eine Aussage über eine Person, inwiefern ihre Angaben als wahr angenommen werden können.
Eigentlich koennen im normalen Sprachgebrauch auch Informationen, Dokumente oder auch Youtube [und anderes] mehr oder weniger glaubwuerdig sein.