Vorab: Wir haben gestern am Tisch wirklich viel gelacht, spannende Szenen und schöne Dialoge gehabt und waren alle nett zueinander. Heiko hat als Gastspieler einen perfekten Schwarzvampir abgegeben. Dennoch empfindet man manche Spieltage als geglückter als andere. Dieser wurde irgendwie dann doch im Nachhinein als ziemlich missglückt angesehen. Karsten hat das ganze aus Spielleitersicht beschrieben (http://richtig.spielleiten.de/2012/05/13/ein-missgluckter-abend/).
Dead Man Walking
Sterben ist scheiße, lasst Euch das sagen. Es tut weh, man verliert jede Orientierung, und was danach kommt..
..naja, das war zumindest in meinem Fall auch große Scheiße.
Ich weiss nicht wie Nolk es gemacht hat, aber obwohl ich wusste, dass ich tot war, blieb ich, naja, da. Ich merkte, wie die Ärzte meinen Tod feststellten. Ich spürte, dass mein Herz nicht mehr schlug, wie sie die Infusionen abzogen.
Irgendwann hob mich jemand auf eine andere Bahre, verpackte mich in einen Leichensack, transportiere meinen Leichnahm irgendwo anders hin.
Und dann begann Nolk mit seiner Arbeit. Schnitt mich auf. Entnahm meine Organe. Tat... Dinge mit mir. Irgendwann zog er seine Hände aus mir zurück, trat einen Schritt zur Seite und meinte, seine Stimme wie elegantes Sandpapier, “Ihr könnt dann jetzt wieder aufstehen. Es ist vollbracht.”
Donnerstag vormittag, Friedhof Stellingen
Wenigstens für etwas sind all meine Reichtümer gut: Sandra konnte mir eine echt schicke Grabstätte verschaffen. Mit kleinem Mausoleum oben drauf, einer Bronzeplatte mit meinen Lebensdaten, selbst diverse Büsche als Zierde. Nolk versichert mir, dass auch die Gärtner- und Pflegearbeiten für mindestens 200 Jahre bezahlt wären.
Ich bin fast enttäuscht darüber, dass ich nicht selber dort drin liege, sondern nur eine namenlose Leiche, die das untote Arschloch neben mir von irgendwoher besorgt hat.
Wenn Auftragskiller beerdigt werden, kommen selten viele Leute. Und ganz selten sind echte Freunde von ihnen dabei. Insofern scheine ich Glück zu haben: Neben Sandra, Edeltraut und Boris sind noch ein Bulle namens Jessen, die Bontanelli-Zwillinge, Mei-Ling aus Japan, die beiden Thompsons aus Chicago, Freddy, der Wirt aus dem Holsten-Eck und der stumme Jack aus London da. Einer tödlicher als der andere. Naja, bis auf Freddy, der nicht mal den Ratten auf seinen Klos etwas tun kann. Deswegen bleibt er auch immer auf den Deckeln sitzen. Die meisten halten mehr als ein paar Armlängen Abstand zueinander, und das nicht nur wegen der Regenschirme...
Nolk und ich stehen etwas abseits. Wollen keinen stören. Würde ich noch leben, würden mich die Worte, die Edeltraut und Sandra an dem Sarg, in dem ich gar nicht liege, wohl tief bewegen. Mein Herz anrühren. Aber das liegt in irgendeiner Kanne in Anubis Reich, ich bekomme also wenig davon mit. Aber wenigstens etwas - ihr Schwur, meine Ruhe zu schützen ist mehr als nur bitterer Ernst, und ich bin mir sicher, jeder hier spürt das.
Großes Kino: Da die Spielerin von Sandra nicht dabei war, ließ der SL eine Aufnahme der Rede abspielen. Vielleicht findet die ja noch ihren Weg hierher, bitte aber zumindest als Text, denn die war großartig. Chapeau.
Freddy zerreisst meinen letzten Deckel über dem Sarg und trinkt ein letztes Bier auf mich. Mei-Ling lässt zwei Patronen in die Grube fallen (damals in Rom. Hättet Ihr dabei sein müssen, um den Witz zu verstehen). Jack sagt wie immer nichts.
Schließlich lassen sie den Sarg in die Tiefe und schließen die Marmorplatten darüber. Der Bulle macht sich noch ein paar Notizen über die anwesenden Profis, verschwindet dann aber doch lieber ziemlich schnell, ebenso wie meine Kollegen.
Zurück bleiben nur die Freunde. Und Nolk. Edeltraut und Sandra tauschen keine Worte, aber mehr als bedeutsame Blicke aus. Ich mach dem Arschloch neben mir klar, dass er sich gefälligst aus allem raus- und von den anderen fern halten soll und gehe zu meinen alten Freunden.
“Eine bewegende Rede. Von Euch beiden.” eröffne ich die Unterhaltung, während ich den Hut ein wenig aus dem Gesicht schiebe, damit sie mich erkennen können.
Wie zu erwarten, werde ich mit deutlich mehr Skepsis als Begeisterung empfangen. Vielleicht hätte ich Karos tragen sollen? Wie der ungläubige Thomas muss Sandra mich erst berühren, um alles zu verstehen. Ich nutze die Gelegenheit, um ihr den Ring zurückzugeben. Niemanden von uns gefällt die Situation, und Nolks Anwesenheit im Hintergrund macht es nicht einfacher.
Und dann meldet sich das Arschloch auch noch zu Wort! “Herr Champion, bitte reichen Sie doch ein kleines Präsent von mir an Fräulein Manske!” Ich will ihm unwirsch zurückweisen, doch er macht eine kleine Bewegung mit seinen Fingern, und ich merke, wie mir mein Körper aufhört zu gehorchen..
“Bin gleich wieder da” überspiele ich die Situation, und stakse steifbeinig und fremdgesteuert zu Nolk herüber. Verfluchte hundsköpfige Scheiße, das war nicht Teil des Deals!
Gut, ich habe zwei Fatepunkte dafür bekommen, bzw. hätte mich mit zweien freikaufen können. Aber ich war auch gleichzeitig als Spieler extrem angepisst darüber. Nolk hatte für meinen Geschmack gänzlich unerwartet und unabgesprochen Macht über meinen Charakter. Aber Heiko hat ihn so verdammt gut und auch spassig gespielt, dass ich da die Szene nicht kaputtmachen wollte. Allerdings sorgte es auch dafür, dass ich plötzlich einen komplett neuen und anderen Eindruck von dem Beziehungsgeflecht Jan-Anubis-Nolk hatte, und später im Spiel ganz anders agieren würde, als der SL sich das erhoffte.. Dazu kam, dass Edeltraut vorher von ihrem Ausbilder erfahren hat, dass Nolk super-duper-mächtig und gefährlich sei, und bei einem evtl. Ableben von ihm mindestens 88 Erzdämonen frei würden, was weltuntergangsfurchtbar wäre. Es gab die glasklare Ansage "Nolk nicht anfassen".
Mein “Schöpfer” lässt sich nichts anmerken, aber ich bin mir sicher, dass ihm das ganze einen unheiligen Spass bereitet. Er lässt mich Edeltraut einen kleinen Silbernagel überbringen, und erklärt ihr, dass dieser zu Mordreds Schwert gehörte, er ihn aber entfernt hätte - und mit ihm etwas wichtiges. Zu schade, dass sie nicht auch noch Mordreds Schild hat.
Verständlicherweise sind alle irgendwie angefressen, und so löst sich die Gesellschaft auf. Ich trotte Nolk hinterher, habe ja eh nichts besseres zu tun.
Nolks Hotelzimmer
das ist so nicht im Spiel passiert, aber ansonsten kriege ich die Geschichte nicht sauber erzählt, da Jan bei einer Reihe von Ereignissen nicht dabei war ;)
Als wir endlich alleine sind, rückt Nolk mit dem Rest der Story raus: Mordred ist gar nicht tot, sondern ein hochrangiger Sidhe-Lord des Sommerhofes. Jetzt, wo sein Schwert nicht mehr unter einem Verdunklungszauber liegt, wird er sich sicher bald darum kümmern. Wenig später erhält er einen Anruf von einem seiner Zuträger: Mordred hat tatsächlich ein Duell mit der vermeintlichen Diebin seines Schwertes verlangt. Verflucht, die Manske sucht sich aber auch wirklich immer die allerbesten neuen Spielkameraden aus!
Nolk ist so zufrieden mit den Entwicklungen, dass er mir mehr verrät als er sollte. Mordred ist zwar formidabel, wird aber wohl eher versuchen, Edeltraut an der Wahrnehmung des Duells zu hindern, anstatt sich mit ihr zu prügeln. Es heisst, er sei stets ein wesentlich besserer Bogenschütze als Ritter gewesen..
Ich habe die Schnauze voll, aber versuche dennoch Edeltraut zu erreichen, und sie vor dem ganzen Ärger zu warnen. Leider geht niemand ans Telefon, und auch Boris ist nicht zu hause. Zuletzt versuche ich es im LKA, da geht tatsächlich jemand ran: Es ist Melanie, die mir erzählt, dass Edeltraut und Boris nach Edinburgh gereist wären, um dort Hilfe vom Weißen Rat zu erbitten. Wortlos lege ich auf. Den Trip hätten sie sich sparen können, da bin ich mir sicher. Verdammt, ich brauche was zu trinken.
In der Tat: In Edinburgh spricht man zwar mit verschiedensten NSCs, aber der beste Vorschlag (neben: “Warum heiratest Du nicht endlich?” und “warum legst Du Dich immer mit allen an?”) von allen ist “Frag doch Nolk, ob er Dir helfen kann.” Dieser Vorschlag wird von uns Spielern eher als Witz denn als tatsächliche Hilfestellung empfunden - obwohl genau das der Schlüssel zum Erfolg gewesen wäre. Stattdessen nimmt die (wirklich amüsante!) Unterhaltung zwischen Mutter und Tochter Manske gefühlt viel mehr Raum ein, und Edeltraut überlegt fortan, wie sie ihrer Mutter endlich das ersehnte Enkelkind schenken kann...
Hamburg, das winzige Apartment von Edeltraut Manske Jr.
Ich tauche unangekündigt auf, den Instrumentenkoffer als Gepäck dabei. Edeltraut bietet mir tatsächlich immer noch einen Kaffee an. Wie immer vorzüglich, aber irgendwie schmecke ich ihn genauso wenig wie die dreißig Schnäpse von gestern. Und wirken tut er genauso, nämlich gar nicht. Scheiße.
“Dieses Duell” eröffne ich ihr, “bist Du darauf überhaupt vorbereitet?”
Sie schafft es, das letzte Duell gleichzeitig nicht zu erwähnen, aber dennoch darauf hinzuweisen. Scheiß auf die Samthandschuhe: “Edeltraut, da war ich noch nicht in Form. Und ich habe mich nicht gewehrt. Mordred ist da ein anderes Kaliber.”
“Du solltest wissen, dass ich eine Nahkampfausbildung habe. Und einige Fähigkeiten, von denen Du vielleicht nichts weisst.”
Gut, sie will es wissen. Ich nicke ihr zu und schnappe mir den Koffer. “Pack Deine Sachen, wir fahren raus in den Park, üben.”
Hamburg, Volkspark
Edeltraut hat das Polizeihandbuch eingeatmet, und bereitet sich gründlich auf das Training vor. Aufwärmübungen. Stretching. Kontrolle des Sportgeräts.
Ich lehne an einem Baum und warte einfach ab. Irgendwann ist sie fertig und steht mit erhobenem Schwert vor mir. “Sollen wir anfangen?”
“Wie Du willst.” entgegne ich, und hole das Bronzeschwert von Anubis aus dem Kasten. “Verteidige Dich!” Dann setze ich mein Spielgesicht auf, und knurre sie an.
Eines kann man sagen: Die Manske lässt sich nicht mehr so leicht aus der Fassung bringen. Andere Leute wären zumindest eingeschüchtert, wenn sie von einem schakalköpfigen Biest (http://www.deviantart.com/download/54518704/The_Anubis_Murders_by_nJoo.jpg) angegriffen werden. Sie zögert nicht einmal und reisst ihr Schwert hoch.
Allerdings bin ich ihr nicht nur was Kraft und Geschwindigkeit angeht überlegen. Mit Leichtigkeit wische ich ihre Verteidigung beiseite und mache ihr klar, was es bedeutet, sich mit dem Champion des Totengottes anzulegen. Es dauert nicht lange, und sie sieht ein, dass sie deklassiert ist.
Ich knurre sie noch einmal an. Alles in mir schreit nach ihrem Blut, ihrer Seele, will mich endlich wieder lebendig fühlen, aber ich halte mich im Zaum. Werde wieder zum Reglosen, nehme wieder mein altes Gesicht auf.
“Du wirst Dich nicht auf Deine Kampffertigkeiten verlassen können.” Bevor sie antworten kann, hören wir beide ein charakteristisches Zischen in der Luft. Edeltraut wirft sich gerade rechtzeitig zur Seite, und entgeht so nur knapp dem Pfeil, der neben ihr in den Baum einschlägt.
Diesmal ist Edeltraut es die, gänzlich undamenhaft, flucht. Ich haste zum Koffer um das Gewehr herauszuheben. Leider das falsche Zielfernrohr dran, und im dunklen Wald ist absolut nichts zu erkennen. Hinter mir höre ich, wie Edeltraut einen weiteren Pfeil mit dem Schwert beiseiteschlägt. Wenigstens habe ich eine grobe Richtung denke ich mir, und sprinte los. Allerdings ist es in diesem Wald dunkler als in einem Mumienarsch, und mein Gegner unüberraschenderweise ziemlich gut im Verstecken.
doof, wenn man seinen Ressourcenwurf vergeigt, und dann mal nicht das Spezialequipment dabei hat :)
Es vergehen ein paar Minuten, aber im Endeffekt gibt es nichts und niemanden zu finden. Scheiße.
Tower Bar, Hamburg
Nolk hat mir ein Treffen mit Fionn, dem Sekundanten Mordreds verschafft. Edeltraut meinte zwar, dass Boris einen Plan hätte (irgendwas mit russischen Mafiosi, die den Duellplatz stürmen würden), aber ich dachte mir, dass Eigeninitiative sicher nicht schaden könnte. Eigentlich habe ich die Hoffnung, die stets vorhandenen Machtkämpfe innerhalb der Feenhöfe für uns auszunutzen. Aber Fionn windet sich wie ein Aal: Es ist ersichtlich, dass er gerne Lord anstelle des Lords wäre, aber andererseits scheint er uns nicht genug zuzutrauen, als dass er mit uns arbeiten würde.
Schaut so aus, als ob Edeltraut demnächst ein Duell verlieren würde. Irgendwie möchte ich es aber dabei nicht bewenden lassen. Die Manske mag zwar manchmal eine rechthaberische Polizeipute sein, aber sie ist meine rechthaberische Polizeipute.
“Hör mal zu Scheißer.” fahre ich Fionn an. “Die Manske mag mit für meinen Zustand verantwortlich sein. Aber das heisst nicht, dass ich jeden dahergelaufenem Sidhe erlaube sie dafür umzubringen. Wenn, dann mach ich das selbst. Die Frau steht unter meinem persönlichen Schutz - wer sie anrührt, wird es bitter bereuen. Und außerdem: Mordred hat eine sterbliche Seele. Mein Herr hat vielleicht eine Auszeit genommen, aber auch er ist im Endeffekt nur ein Sterblicher. Ein Mann auf meiner Liste.”
Ich beuge mich zu dem Elfen herüber, so dass er im schummrigen Licht der Bar meine mumifizierte Haut besser erkennen kann. “Mordred sollte sich genau überlegen, ob er sein kümmerliches Restdasein in Frieden und mit einem einfachen Tod beenden, oder ob er den Rest in Schmerzen und Leiden verbringen will. Richte ihm das aus.”
Ohne seine Reaktion abzuwarten stehe ich auf und gehe. Nolk wird sich sicherlich um die Rechnung kümmern.
Draußen, im verregneten Hamburg schaue ich Nolk an. “Schaffst Du es, mir die Elfen zu liefern, die auf mich und die Manske geschossen haben?” Er nickt eilfertig. “Nichst leichter als das.”
Ein dunkler Hinterhof
Nolk hat Wort gehalten. Die beiden Jäger dachten, es ginge nur um eine Unterredung, und schauten ganz schön blöde drein, als ich auftauchte. Der erste starb leider viel zu schnell, aber das Gefühl, als seine Seele durch mich hindurch zu Anubis ging..
...fast, als würde ich wieder leben.
Beim zweiten ließ ich mir mehr Zeit. Es dauerte bis zum Morgengrauen, ehe er endgültig zerbrach. Ich wies Nolk an, die Spuren nicht zu verwischen. Im Gegenteil - die gesamte übernatürliche Gemeinschaft sollte wissen, dass Anubis Champion sein Wort hält. Wer die Manske auch nur versucht anzurühren, zahlt dafür.
Im Endeffekt war dies ein (ziemlich erfolgreicher) sozialer Angriff auf Mordred. Jans Plan war, ihn so einzuschüchtern, dass alles besser erscheinen würde, als Jans Zorn auf sich zu ziehen. Das hätte später womöglich sogar geklappt, wenn meine Würfel mich nicht so erbärmlich im Stich geließen hätten... und ich Nolk besser eingefangen hätte. Stattdessen hat der munter sein eigenes Spiel gespielt, und fröhlich für weiteres Chaos gesorgt, so dass mein Plan darunter eher unterging...
Den Rest der Woche trainiere ich Edeltraut weiter, lasse Nolk munter die Mär von meinem Jähzorn streuen und hoffe irgendwie darauf, dass Mordred es sich doch noch anders überlegt. Aber dafür ist er zu stolz.
Und Nolk spielt natürlich falsches Spiel. Er verhandelt nebenbei mit Fionn darüber, wie er im Falle des Falles sich die Macht Mordreds und/oder Jans aneignen kann. Davon wissen wir aber nichts...
Der Tag des Duells
Am Tag des Duells treffen wir uns irgendwo auf einer freien Fläche im Hamburger Hafen. Von hier sollen wir in das NeverNever hinüberwechseln, um dort dann das Duell zu bestreiten. Mit dabei ist dieser Bulle Jessen - zum Glück hat der sich wohl nie so genau meine Fahndungsfotos angesehen. Andererseits scheint er ziemlich aufgeregt und verunsichert von der ganzen Chose zu sein, insofern achtet er auch kaum auf Nolk und mich, nachdem Edeltraut ihm versicherte, dass wir nur Zuschauer seien.
Boris öffnet uns den Durchgang, verzieht sich dann aber sofort wieder. “Ich muss mich mit den Russen treffen.” Nolk nickt und verzieht seine Fresse wieder zu diesem eklig-süsslichen wissenden Lächeln. Hab ich da was nicht mitbekommen?
Im NeverNever sieht es aus wie in einem dieser Ritterfilme: Viel verschiedenes Folk in bunter Kleidung hat sich auf einer sommerlich ausschauenden Wiese versammelt. In der Mitte ist eine Art Kampfplatz aufgebaut, dessen Rand mit farbigen Zelten gesprenkelt ist. Weiter hinten sehen wir Feen so etwas wie Pferde aufzäumen. Wüsste ich nicht, dass es hier um Leben und Tod geht, würde ich es fast spaßig finden.
Fionn erscheint und spricht leise mit Jessen. Wahrscheinlich kaspern sie gerade letzte Feinheiten des Duells ab. Anscheinend hat meine Einschüchterung Mordreds noch nicht wirklich Erfolg gezeigt. Verdammt.
Ich mache mich gerade und erhebe meine Stimme. Sterben und ausgetrocknet werden hat leider nicht wirklich Wunder für die Basslastigkeit gewirkt, aber dennoch bin ich laut genug, als dass ein guter Teil der Anwesenden es nicht mehr vermeiden kann, mich zu bemerken.
“Hey, Fionn!” (Das mit dem Arschloch verkneife ich mir erst einmal) “Ich biete Deinem Herrn eine letzte Unterredung an. Friedlich, ohne Waffen, ohne Angriffe. Noch muss er nicht sterben.”
Wie zu erwarten nimmt man mich erst einmal nicht sonderlich ernst. Ein paar weitere Drohungen und das Backup von Nolk ändern das aber schnell. Allerdings besteht Fionn darauf, mich im Geheimen zu Mordred zu bringen. So ganz passt mir das nicht, aber man soll nehmen, was man kriegen kann.
Mordreds Zelt ist opulent, dass muss ich zugeben. Allerdings nimmt auch er mich zuerst nicht ganz so für voll. Der gute Mann hat schon zu lange als Fee gelebt, als dass ihm noch klar ist, was Sterblichkeit eigentlich bedeutet. Ich erinnere ihn daran, und daran, wie die zwei Schergen von ihm gestorben sind. Danach erkläre ich ihm, dass er noch eine Chance hätte, in einem Stück zu sterben.
Leider bietet er mir nicht an, hier und jetzt Selbstmord zu begehen, aber ich sehe, dass er nachdenklich geworden ist. Das legt meinen nächsten Schritt fest. Geschichte wiederholt sich. Verdammt.
Das Duellfeld, 1 Minute vor Kampfbeginn
“Edeltraut, wenn Du ohne Mordreds Schwert kämpfst, hast Du gar keine Chance. Wenn Du mit ihm kämpfst, entwaffnet er Dich in den ersten drei Sekunden und nimmt sein Schwert wieder an sich. Dann hast Du erst recht keine Chance mehr. Also: Du benennst mich als Champion.”
Es ist keine Frage, und mein Tonfall macht ihr deutlich, dass ich diesmal nicht diskutieren werde. Sie nickt, etwas blass um die Nase. Das war der leichte Teil.
“Nolk, schwöre mir, dass Du mich in dieser Sache nach besten Kräften unterstützen wirst, so dass ich und Edeltraut hier heil rauskommen. Als Belohnung wirst Du Mordreds Schild von mir erhalten.” Den anderen Bullen erwähne ich erst gar nicht. Wozu auch, der würde Edeltraut auf lange Sicht nur Ärger machen.
Der Mistkerl willigt ein und schwört auf Götter, deren Namen ich noch nie gehört hätte. Bah, was immer das auch heißen soll. Er dient dem gleichen Herrn wie ich, entweder kann ich ihm trauen, oder es ist eh alles für die Katz.
Grimmig drehe ich mich um und schaue zum Turnierplatz. Am anderen Ende steigt Mordred sein.. naja, Pferd. Ich habe noch nie gegen einen Lanzer kämpfen müssen, kann doch so schwer nicht sein, oder? Mal schauen, was der Spiegelpanzer, den Nolk mir überlassen hat bringt.
Doch zu meiner Überraschung lässt er das Tier nur langsam zu mir rüber trotten, und steigt in einem dutzend Meter Abstand ab. Hm. Fair play, das hätte ich dem Arschloch nicht zugetraut.
Langsam hebe ich das schwere Bronzeschwert zu einem letzten Gruß, und setze dann mein Spielgesicht auf. Vorsichtig, und mit grimmigen Respekt nähern wir uns, erst langsam, dann immer schneller. Die letzten Meter überbrücke ich mit einem wilden Sprung und setze zu einem Hieb auf Mordreds Kopf an.
Wilde Freude durchzuckt mich, als ich feststelle, dass mein Plan aufgeht: Mordred müsste eigentlich schneller sein als ich, steht aber fast offen da, fast, als ob er das Schicksal herausfordern will. Wenn dieser Schlag sitzt, habe ich so gut gewonnen. Meine Seele pulsiert, sollte ich gleich etwa eine Feenseele für Anubis nehmen?
Im letzten Moment zieht Mordred dann doch seinen Schild hoch, gleichzeitig blendet mich eine Reflexion auf dem Spiegelpanzer, und mein Schlag verliert die Hälfte seiner Wirkung. Ich sehe, wie der Sohn Artus kurz in Bedrängnis kommt, aber mein Hieb zieht kein Blut.
Durch meinen Körper zieht kein Gefühl von Leben, der Schlag ging fehl.
und hier beginnt das Ende. Der Plan war, Mordred mit dem ersten Schlag in eine Konsequenz zu drücken, und ihn damit herunterzuprügeln. Leider machten da meine Würfel nicht mit, und Karsten hatte gleichzeitig die (aus taktsicher Sicht) vorzügliche Idee, mich sozial anzugreifen. Meine schwachen Versuche mit “aber ich höre nicht zu...” halfen mir auch nicht, und so stand Jan ziemlich schutzlos und statt mit einem 8er nur mit einem 2er Stresstrack da. Autsch
Vorsichtig umkreisen wir uns.
“Du bist erbärmlich, Toter. Anubis Champion? Und dann kämpfst Du für eine lächerliche Sterbliche?” Seine Worte stechen, und nur matt wehre ich den nächsten Hieb von ihm ab. “Du bist ein Nichts, und ich werde Dich hier ein für alle Mal vernichten!”
Eben noch war ich auf dem Höhepunkt, doch jetzt merke ich, wie er mich auf den letzten Rest Seele reduziert, und dort verbal einprügelt. Ich habe keine Chance gegen diesen Mann. Warum wehre ich mich überhaupt noch gegen den Tod?
Meine nächsten Schläge gehen komplett ins Leere, oder sind so schwach, dass sie nicht einmal einen sonderlich lauten Klang machen, als sie auf seinen Schild treffen.
A propos Würfel. In dem ganzen Kampf, der immerhin über so 5 bis 10 Runden ging, zeigten die Fate-Würfel ein einziges Mal ein Ergebnis über 0. Und das war +1.
Fast will ich komplett aufgeben, da bemerke ich, wie sich etwas meiner bemächtigt. Instinktiv weiss ich, dass es Nolk ist. Er befiehlt mir weiterzukämpfen, Mordreds Einflüsterungen zu wiederstehen.
eigentlich eine großartige Idee: Nolk agierte sozusagen als mentaler Schild, so dass Mordreds soziale Angriffe nicht mehr funktionierten. Hätte vielleicht sogar geklappt - wenn ich wenigstens irgendwie gut gewürfelt hätte. Hab ich aber nicht :)
Fast widerwillig richte ich mich auf, knurre den Feenlord vor mir an. Doch es hilft nichts: Irgend etwas in mir ist zerbrochen, das, was für diesen Kampf notwendig ist fehlt. Mordred spielt nur noch mit mir. Ich bekomme zwar mit, dass um mich herum irgend etwas passiert, plötzlich kämpfen alle, ich höre Leute auf russisch herumbrüllen.
Die Kavallerie ist da, in Form der russischen Mafia. Boris hat denen erzählt, dass Mordred das Schwert hätte, das sie suchten, und ein Angriffsteam von denen ins NeverNever geschmuggelt. Der Plan war, dass die für so viel Verwirrung sorgen, dass man entweder einfach fliehen, oder sogar Mordred gepflegt gegen die Duellregeln umbringen könnte, es hinterher aber keine unangenehmen Zeugen gäbe. Klappte allerdings nur so bedingt...
Überall herrscht Chaos, aber ich sehe nur Mordred, seinen glänzenden Schild, sein überhebliches Lachen.
Irgendwann lässt Nolk von mir ab. Muss er fliehen? Mordred nutzt die Gelegenheit und mit einigen gemurmelten Worten bricht er in meinen Kopf ein. Ich drehe mich um und erhebe mein Schwert gegen den Schwarzvampir. Bevor mein Sichtfeld sich endgültig rot färbt sehe ich noch, wie er einen Riss in die Welt reisst, schwärzer als seine Seele, und einer der großen Teufel mir entgegenspringt: Behemôth
Scheiße, aber was soll’s, ich bin ja schon tot....
An dieser Stelle habe ich Jan als Charakter für endgültig tot erklärt. Zum einen, weil der Fehlschlag so katastrophal war, dass er sich unmöglich weiter als Champion Anubis irgendwo sehen lassen könnte, zum anderen weil mir während des ganzen Abends aufgegangen ist, dass mir die Veränderung der Persönlichkeit durch diese Aktionen (inkl. der Tatsache, dass er von einem Schwarzvampir jederzeit bei Bedarf ferngesteuert werden kann) viel zu weit ging.
Das war nicht mehr der Charakter, den ich spielen wollte, und auch nicht der Jan Hirt, den ich liebgewonnen hatte. Teilweise war das ein Resultat aus den SL-Aktionen, zu einem Großteil aber auch eigene, naja, Dummheit: Ich habe die “Marke Jan Hirt” mit der Hinwendung zum Übernatürlichen zu schnell zu sehr verwässert.
Es hat viel Spass gemacht, Jan zu spielen, aber ich konnte (und kann) mir nicht mehr vorstellen, wie es jetzt mit ihm weitergeht. Also setze ich mich jetzt in Ruhe hin, und baue jemand neues...
Edeltraut hat damit leider das Duell verloren, und musste Mordreds Schwert abgeben - allerdings hat sie es Nolk gegeben, der sich nun mit dem Feenlord prügeln wird. Allerdings blieb niemand in der Nähe um dieses zweite Duell anzuschauen - man zog es vor, so weit weg von Behemôth wie möglich zu kommen, und wieder nach Hamburg zu fliehen...
Ich glaube mit etwas Abstand dürfte das ein Spielabend sein, der euch noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Wenn man das Diary liest, wirkt das wie ganz großes Kino bzw. Drama. Sicher kein klassisches Happyend, aber es sind doch meistens die tragischen Figuren und Geschichten, die am meisten Eindruck hinterlassen.
A Game of Thrones (SOIAF) Analogie: Irgendwie erinnert mich das Ganze an das Ende von Eddard Stark. Er (analog Jan Hirt) sitzt in der Scheiße und im Kerker und kann selbst nichts gegen sein Schicksal unternehmen. Um ihn herum setzen einige Mächtegruppen einige Hebel in Bewegung (die geplanten Rettungsaktionen von z.B. Boris) um ihm das Leben zu retten, man schöpft wider erwarten Hoffnung um dann durch einen weiteren brutalen Twist (Nolk bzw. Würfelpech) mit offenem Mund zurückgelassen zu werden.