Hallo Tanelornies,
leider komme ich immer nur phasenweise dazu, mich meinem alten Hobby Tischrollenspiel etwas intensiver zu widmen, dadurch bin ich auch seltener hier als ich es gerne wäre. Dennoch hat sich im Laufe einer jahrelangen Alphaphase mein eigenes kleines Regelwerk endlich so weit entwickelt, dass ich es wagen möchte, meine Konzepte hier vorzustellen. Vielleicht gelingt es mir, das Ganze wenigstens tauglich für Betatests zu machen... Der (Arbeits-?)Titel meiner Ergüsse ist Odyssys - und jedes kleine bisschen Feedback (auch wenn es nur "laaaaangweilig" oder sogar "doooooof" lautet) ist mir willkommen.
Was es ist
Wie so viele Homebrews ist das Odyssys ein Versuch Regeln für klassisches Tischrollenspiel nach dem Geschmack des Autors (und seiner Runden) zu verzapfen. Mit klassisch meine ich: es gibt einen Spielleiter und demgegenüber die Spieler die die Hauptfiguren lenken. Kern der Regeln ist die Beschreibung der Charaktere mit Werten und eine Probe mit Würfeln. Klassisch ist aber nicht im Sinne von "oldschool" zu verstehen; ich habe diverse Ideen aus jüngeren (Indie-)Spielen eingeflochten. Eine feste Hintergrundwelt ist (derzeit) nicht implementiert - aber das System tendiert nach meinen Erfahrungen zu klassischen Abenteuergeschichten mit einem leichten Hang zu mystischem Flair.
Als Fußnote: Das Copyright fällt unter Creative Common License (by-nc-sa) (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/de/)
Über die Jahre hat sich das Odyssys aus dem Myth Operating System (kurz: MythOS) entwickelt - an dem ich seinerzeit mit drei Freunden gearbeitet habe (liebe Grüße). Lang ist es her, aber ich es geistert noch durch die Untiefen des WWW (http://wiki.mythos-rollenspiel.de/index.php?title=Hauptseite) (mit der Pflege des Systems habe ich nichts mehr zu tun). Damals waren Ars Magica, Kult und etwas GURPS wichtige Einflüsse, jedoch ist seitdem eine Menge Gras gewachsen...
Für mich persönlich fühlt sich das Odyssys am ehesten wie eine Mischung aus PDQ(#) mit Barbarians Of Lemuria an. Jedoch sind auch Einflüsse aus FATE (insbesondere DFRPG) und Savage Worlds zu spüren. Ein dicker Dank gebührt außerdem dem Solar System (für Pfade), Risus (für's Traitpattern), der One Roll Engine (für Höhe und Weite), dem (Cinematic) Unisystem (für viele elegante Kleinigkeiten), Castle Falkenstein (für die Karten), Dungeonslayers (aus reinem Idealismus) und last but not least Western City (weil es mich viel über die Möglichkeiten von Gummipunkten lehrte... hi Jörg!).
Was es bis jetzt gibt
...diverse Notizen, viele Alphatests und ein Charakterblatt (http://tanelorn.net/index.php/topic,65538.0.html), das ich im Tanelorn bereits vorgestellt habe. Ich hoffe nun die Regelelemente hier im Forum kurz anreißen und zur Diskussion stellen zu können, um schließlich ein Testregelwerk auf die Beine zu stellen. In diesem Thread werde ich den Anfang mit den Kernmechaniken machen (nächster Post).
Ohne auf Layout, Ortographie oder gar prosaischen Stil zu achten, ist hier ein Entwurf für die ersten Kapitel (Einleitung, Kernmechaniken, Charaktere) eines Kurzregelwerks:
Link zur Dropbox (http://dl.dropbox.com/u/23509615/odyssys_testregeln_preview111208.pdf) (209kB, PDF auch im Anhang)
Was ich mir vom Feedback erwarte
Da ich auf den Betatest hinarbeite, hoffe ich, dass Ihr mir insbesondere Schwächen und Lücken aufzeigen könnt. Was erscheint Euch kompliziert, unnötig, schwierig, sinnlos, überflüssig, unverzahnt, unbalanciert oder schlecht gegliedert? Habt Ihr den Eindruck, dass die Mechaniken ein eigenes, distinktives Spielgefühl erzeugen können (eine Art "Odyssys-Feeling")? Sind die verwendeten Begriffe sinnig und eingängig genug?
Wenn darüber hinaus jemand konstruktive Vorschläge zu besseren oder alternativen Regelmechaniken hat, bin ich dafür immer offen (würde mich echt freuen).
Und jetzt da ich gewahr werde, mit wie vielen Fragestellungen ich auf Euch einprassle...
Ich erwarte natürlich nicht unbedingt lange Antworten. Feedback jeden Umfangs ist willkommen.
Ich verfolge die vielen, teilweise so emotional geführten, Diskussionen und Versuche Spielstile zu beschreiben mit gemischten Gefühlen. Einerseits finde ich es extrem wichtig, sich darüber klar zu sein, wie man das Rollenspiel erleben möchte und welche Bedeutung die Regeln unter diesem Gesichtspunkt haben. Demgegenüber entsteht im Netz eine kaum überschaubare Vielzahl von Begriffen und Klassifierungen, die oft zutreffend und anwendbar sind, manchmal aber auch Murks bieten (zumindest in den Grenzen meines Verstandes und für meine Zwecke) .
Ich stelle das vorweg um zu verdeutlichen, dass meine Spielstil-Definition sich nicht direkt auf laufende Diskussionen oder Strömungen bezieht. (Obwohl einige dieser Überlegungen mit eingeflossen sind.) Auch einen Preis in Originalität werde ich damit nicht gewinnen. Bitte seht es als Versuch eine für sich stehende, pragmatische Grundlage für das Regeldesign zu haben.
Im Rahmen des traditionellen Rollenspiels (wie oben benannt), mache ich zunächst die folgende Grundannahme (und gleich ein Glaubensbekenntnis):
- Es handelt sich um ein Spiel, dessen Absicht das Erzeugen und Miterleben einer Geschichte ist.
Wenn wir von einer Geschichte als einer Ereigniskette mit dramatischer Struktur ausgehen, kommt ein weiteres Postulat:
- Dramatische Handlung entsteht als Handlung des/der Protagonisten in Konfrontation mit Konflikten.
Die Spieler lenken also die Handlung der Hauptfiguren und damit die Erzählung. Allerdings ist Handeln kein Konzept im luftleeren Raum, sondern es braucht Herausforderungen und Problemstellungen (im Optimalfall mit aktiven Antagonisten) - dies sind die Hoheitsgebiete des Spielleiters. Daraus folgt die Kernthese des Odyssys:
Alle Spieler und der Spielleiter sind gemeinsam und gleichzeitig die Urheber und das Publikum der selben Geschichte.
(Wenn auch mit unterschiedlichen Funktionen.)
Aus dieser These ergeben sich Konsequenzen: Die eigentliche Erzählung muss im Moment der Schöpfung erlebt werden, d.h. sie entsteht spontan. Figuren, Szenerien und (in einem gewissen Rahmen) Konflikte können vorher festgelegt werden, die Handlung selbst erwächst aus Improvisation. Der Rahmen des Rollenspiels (Vorbereitungen, Funktionsteilung, Gesprächsform, Regelmechaniken) bietet die Instrumente mit denen die Improvisation zusammengehalten, gestaltet und (bestenfalls) gefördert werden kann. Diese Haltung nenne ich im Rahmen des Odyssys impromental.
Was bedeutet das für ein Regelsystem?
Den Regeln dienen im impromentalen Kontext zwei Zielen (die auch dramaturgische Anforderungen sind):
Stringenz - Ein Geschichte ist Raum-Zeit gebunden und braucht Folgerichtigkeit. Wenn kein Urheber die alleinige Kontrolle über die Handlung hat, müssen die Gesetzmäßigkeiten der Erzählung soweit festgelegt sein, dass die Geschichte für alle Teilnehmer nachvollziehbar und glaubwürdig bleibt. In diesem Sinne bieten die Regeln einen Satz innerer Prinzipien, nach denen sich die fiktive Wirklichkeit richtet. Deswegen sind die Regeln dazu da befolgt zu werden. Sie müssen möglichst flexibel verschiedenste Situationen beschreiben, neu interpretier- und anwendbar sein. Außerdem sollten sie klar strukturiert sein, um sie durchschaubar und verständlich zu machen.
Spannung - Die stringenteste Kausalkette bietet keine Grundlage für eine gelungene Erzählung, wenn sie nicht spannend ist. Die Regeln gewähren dem Zufall ein kontrolliertes Maß an Einfluss auf die Handlung, so dass sie unvorhersehbar bleibt ohne willkürlich zu wirken. Die Regeln sollen dazu einladen, verschiedene Lösungsansätze für die Konflikte zu erproben und eine Entwicklung der Figuren mit zu zeichnen. Dabei dürfen sie den Handlungsfluss nicht unterbrechen oder gar zum reinen Selbstzweck (wie eine Partie Halma) verkommen. Optimaler Weise bieten die Regeln auch Einflussmöglichkeiten für die Spieler, um ihre eigenen dramaturgischen Überlegungen zu verwirklichen. Damit wird auch der Gefahr unbefriedigender Ereignisse vorgebeugt, die aus reiner Stringenz entstehen (z.B. ein unbedeutsamer Charaktertod...)
Mein Geschmack bei Rollenspielsystemen
- Ein Regelwerk ist mehr als die Summe seiner Teile. Im Sinne der "Eleganz" und des Spielgefühls möchte ich, dass jede Mechanik einen eigenen, klar definierten Zweck erfüllt (also nicht ohne weiteres durch eine andere Mechanik subsumiert werden kann). Außerdem sollen die Regeln geschlossen miteinander verzahnt sein und kein loses Sammelsurium einzelner Ideen bilden.
- Darstellbare (und damit improvisierbare) Eigenschaften (wie z.B. Intelligenz, Kreativität und Soziales) sollen durch Regeln abgebildet werden können, ohne dass diese Regeln verbindlich genutzt werden müssen. Einzelne Runden oder sogar einzelne Spieler können so Ihr eigenes Gleichgewicht zwischen Ausspielen und Reglementieren finden.
- Erzählerisch beschreibende Elemente der Regeln sollen frei von den Spielern formuliert werden. Es geht vor allem darum, die Dinge selbst zu definieren für die der Charakter belohnt wird (im Sinne von Entwicklung und Erfahrung).
- Regeln wirken immer auch einschränkend: "Was ist möglich?" Günstigsten Falls führt dass zu einer Anregung der Fantasie (Stichwort: Creative Constraint).
Das sind natürlich nicht die einzigen Vorüberlegungen zum Odyssys. Es ist nur eine Messlatte, die ich versuche an meine Regelkonstrukte und Hirngespinste anzulegen. Aber die "Impromentalität" funktioniert natürlich bei unendlich vielen Regelwerken. Die Beweggründe und Argumente für konkrete Regeln werde ich zu den einzelnen Fällen in eigenen Spoilern darstellen.
Soweit für den Anfang, ich stelle nun noch die Kernmechaniken vor. Und dann ist Feuer frei...
Gespannte Grüße, Henning
[gelöscht durch Administrator]
Es gibt vier Kernmechanismen (ich nenne sie den Viertakter), die im Odyssys die Regeln antreiben. Im Sinne der Stringenz übersetzen zwei Maßstäbe die Fantasie in trockene Zahlen (dB-Skala und Effizienz). Als Vertreter der Spannung fällen zwei Schiedsrichter ihr unbestechliches Urteil (Würfel und Karten).
Die dB-Skala
Der universelle Maßstab für Eigenschaften von Figuren, Situationen, Handlungen und Gegenständen ist nach oben und unten offen: die sogenannte Dezibel-Skala. Als Orientierung wird die normale Ausprägung einer beliebigen Eigenschaft (aus menschlicher Perspektive) als Null (±0) definiert. Der wichtigste (und übliche) Werterahmen reicht von -5 bis +5.
1.) OK, erstes Eingeständnis: ich bin ein Geek und ich mag Mathe! Zweitens: ich verdiene meine Brötchen als Tontechniker!
Ernsthaft: ich schätze Skalen, die wie Modifikatoren funktionieren. Sie erlauben es, bei Bedarf mehrere Eigenschaften zu addieren, um einen höheren Detailgrad zu simulieren. Keine Mittelwert-Bildung, keine primär-sekundär Attribute etc. Außerdem kann man auf ihnen so ziemlich alle Figuren und Kreaturen zueinander ins Verhältnis setzen - vom Floh bis zu Androiden-Dinosaurier. In diesem Sinne ist die dB-Skala universell und absolut.
2.) Wichtig war mir außerdem eine einheitliche Skala zu haben, die Fähigkeiten, Proben, deren Schwierigkeiten und anderes abdeckt. Es erleichtert mMn die Eingewöhnung und den Spielfluß.
3.) Die Idee einer logarithmischen Skala stammt (für mich) aus dem D6-System und einer Diskussion im FERA. Es geht darum, dass ein Schritt auf der Skala nicht für eine feste Größe (z.B. 20kg mehr) steht, sondern ein Verhältnis repräsentiert (etwa ein Viertel mehr). Ich benutze diese Bild für mich um Beschreibungen, Schwierigkeiten und die Konsequenzen von Proben einzuschätzen. Dass ich dabei auf die Dezibeleinheit zurück greife, bot sich an, da ich sie (soweit bei Logarithmik möglich) recht übersichtlich finde. (+3 oder +6 entsprechen einer Verdopplung des Gemessenen.) (http://de.wikipedia.org/wiki/Dezibel)
Soviel Mathe scheint aber nicht jedermanns Ding zu sein. Also ist weder die Kenntnis von logarithmischer Rechnung noch von Dezibeln zum Spielen notwendig. - Ich biete die entsprechende Ausführung nur optional an.
Die Effizienz
Jede Handlung hat noch eine weitere Dimension, die nicht auf der dB-Skala liegt. Diese kann z.B. bestimmen, wie dramatisch, schnell oder gefährlich ein Handlung war. Es handelt sich um die Effizienz - einen Wert der niemals kleiner als Eins oder größer als Dreizehn ist. Tatsächlich sind 1 und 13 gleichbedeutend und stehen für das sogenannte Ass - den Optimalfall. Die übrigen Effizienzen reichen von Zwei bis Zwölf (je höher desto effizienter).
Die Effizienzen können von Modifikatoren nach der dB-Skala verändert werden. Fallen sie dabei unter Eins, so wird erneut von Zwölf runter gezählt, steigen sie hingegen über Dreizehn, so wird wieder von Zwei hoch gerechnet. Das Prinzip ist ziemlich altbacken, wir kennen es alle von der Uhrzeit.
Um aus Effizienzen neue Eigenschaften (auf der dB-Skala) abzuleiten, werden je drei Schritte zu einer schwachen (2-4), mittleren (5-7), starken (8-10) oder extremen (11-Ass) Stufe zusammengefasst. So entsprechen sie einem dB-Wert von Null bis Drei. (Das Vorzeichen hängt davon ab, welcher Natur die neue Eigenschaft ist.)
Die Effizienz ist eine umfassendere Implementierung meines Kill'O'Meters (http://tanelorn.net/index.php/topic,40249.0.html). Sinn des Ganzen ist es, für Aktionen einen weiteren, diesmal begrenzten, Maßstab zu haben. Die Effizienz ist also individuell und relativ. Sie beschreibt nur die Möglichkeiten der Figur und der jeweiligen Handlung. Eine Handlung kann auf der dB-Skala effektiv (d.h. erfolgreich) wirken und trotzdem sehr ineffizient sein (z.B. energiezehrend, langsam oder kaum Schaden anrichten). Andererseits kann sie auch mit extremer Effizienz scheitern (und so richtig in die Hose gehen).
Der zyklische "Uhr-"Charakter hat folgenden Grund: Modifikationen verändern nicht, welche Werte überhaupt erreicht werden können. Statt dessen verschieben sie die wahrscheinlichste Effizienz (unmodifizert: sieben). Eine Handlung die mehr zu extremen Effizienzen tendiert, hebt dabei auch ein Stück weit die Chancen für schwache Effizienzen. Ursprünglich war dies ein Anspruch an Waffenschaden, der sich in Testspielen aber bei allen möglichen Proben bewährt hat. (Beispiel: Ich gebe mich in einer Bar als machomäßiger Aufschneider... entweder gefällt das der Kellnerin richtig gut, oder sie hält mich für einen schmierigen Aufschneider. Mittelmaß ist kaum drin...)
Es hat sich herausgestellt, dass die Beeinflussung der Effizienz mittels der dB-Skala (-5 bis +5) gut funktioniert. Da über die Stufen gleichzeitig neue dB-Werte etabliert werden können, erfüllt sich hier auch mein persönlicher Anspruch an eine Verzahnung der beiden Messlatten.
EDIT: (http://dl.dropbox.com/u/23509615/massstaebe.jpg)
Würfel (WdB)
Das Odyssys nutzt ausschließlich zwei W6 in unterschiedlichen Farben (funktioniert ähnlich wie z.B. FreeFate). Einer wird als Plus-, der andere als Minus-Würfel definiert. Es zählt die niedrigere Augenzahl für den Effekt einer Handlung (auf der dB-Skala), die Farbe bestimmt das Vorzeichen. Gleichzeitig ist die Summe beider Würfel (ohne Vorzeichen) mit 2-12 die Effizienz auf der "Uhr".
Ein solcher Wurf, der Werte im Rahmen -5 bis +5 liefert, passt optimal zur dB-Skala (und es gab' s schon damals bei MythOS). Ich persönlich mag die Wahrscheinlichkeitsverteilung von zwei Würfeln. Da mehrere Eigenschaften für Proben addiert werden können, brauchen die Würfel eine gewisse Streubreite. Dennoch kommt es meinem Erzählgefühl entgegen, wenn Handlungen zu Durchschnittsergebnissen tendieren. (Ich mag z.B. auch Fudge-Würfel, aber für addierte Werte varrieren sie mir zu wenig.)
Die Idee, gleichzeitg die Summe des Wurfes zu nutzen, hat sich schon in den ersten Testspielen als gut brauchbar und beschleunigend erwiesen. Der Werterahmen 2-12 ermöglicht die Effizienz als Uhr.
Die beiden Resultate Effekt und Effizienz hängen voneinander ab (im Gegensatz zur ORE). Es handelt sich also um etwas Anderes, als einfach nur die Zeitersparnis gegenüber zwei einzelnen Würfen. Dies äußert sich so, dass extreme Effekte (egal ob gut oder schlecht) immer weniger streuen und zu hohen Effizienzen tendieren. Eine hohe Effizienz mit negativem Effekt ist dementsprechend dramatisch schief gegangen. Eine Ausnahme bildet der "Normeffekt" Null, der mit der niedrigsten bis zur höchsten Effizienz einhergehen kann.
Dieses Spielgefühl hat sich in den Testrunden durchgesetzt; wir wollten den "Knaller-Wurf" haben: +5 Effekt mit 11 als Effizienz. Es ist auch möglich Effekt als W6-W6 abzulesen und gleichzeitig W6+W6 als Effizienz zu werten. Diese zweite Würfel-Variante fühlt sich "bodenständiger" oder auch "gritty" an - extreme Effekte führen zu durchschnittlicher Effizienz und extreme Effizienz gehen einher mit normalen Effekten.
Handlungskarten
Das Odyssys verwendet Tarotkarten (kleines Arakana), vergleichbar mit Schicksalspunkten: sie werden ausgegeben für besondere Handlungen, Boni und eingeschränkte Erzählrechte. Entsprechend zu den Würfeln geht jede Karte sowohl mit einem Effekt (nur positiv) als auch einer Effizienz einher:
Zahlenkarten (2-10) = Effekt +2, Effizienz wie Zahl
kleine Bildkarten (Bube & Ritter) = Effekt +3, Effizienz 11
große Bildkarten (Königin & König) = Effekt +4, Effizienz 12
Ass = Effekt +5, Effizienz 1 bzw. 13
Die Farben des Tarots beziehen sich (ganz traditionell interpretiert) auf die Eigenschaften der Figuren, indem sie zu vier sogenannten Kategorien gehören: Stäbe = Bewegung; Scheiben = Kräfte; Schwerter = Verstand; Kelche = Seele.
FATE-Punkte, Style-Dice bei PDQ#, der Punktekreislauf bei Western City, Bennies by Savage Worlds... schon die alten Schicksalspunkte in KULT... alle diese Systeme taugen dazu, dramaturgische Beweggründe in Regelereignisse und damit Spielgeschehen umzusetzen. Auch ich wollte hierbei ein System, das einen Kreislauf ermöglicht: nachteiliges, rollengerechtes Ausspielen wird mit Karten entlohnt - besondere Handlungen und Erzählrechte werden mit Karten erworben.
Im Punkto Spielmaterial war mir wichtig, dass möglichst viele Eigenheiten von Spielkarten zum Einsatz kommen - ihre Zahlenwerte, ihre Farben und im Sinne der Bilder auch das Geschlecht (siehe Attribute). Tatsächlich entstand die Idee zum Tarot zu greifen, in dem Moment, als sich meine acht Attribute (s. PDF oder später im Forum) herauskristallisierten und in vier Kategorien eingeteilt wurden. In den Alphatests führte die Verwendung der Karten zu besonderen Momenten ("Yeah, ein Ass!") und phantasievollen Beschreibungen (die Farbe schränkte die möglichen Aktionen im Sinne des Creative Constraints ein). Außerdem ist es vor allem den Tarot-Karten anzulasten, dass das Odyssys zu mystischen Erzählungen tendiert.
Als Verzahnung greifen Spielkarten schön in das Prinzip der 2W6 (2 bis 12, inkl. Sonderstellung des Ass) - dass die Effekte nur positiv sind macht ebenfalls Sinn, schließlich sollen Gummipunkte von Vorteil sein...
Im Spiel entstand aus der Möglichkeit, Karten als Potential für besondere Handlungen zu interpretieren, auch eine Lösung für das Konfliktsystem. Und zwar eines, das mir nach vielen vergeblichen anderen Ansätzen endlich zusagte - dazu später mehr.
Schlußendlich ist es recht einfach möglich das kleine Arkana durch ein handelsübliches Rommé-Spiel oder auch Mahjongg-Steine zu ersetzen. (Letzteres hat uns bei einem Eastern-Oneshot sehr viel Spaß und Atmosphäre beschert.)
Bezüglich einer sinnvollen, optionalen Nutzung des großen Arkanas befinde ich mich derzeit im Stadium des Experimentierens...
Soweit - ich hoffe auf Intresse und Kritik... und auf die Zeit bald einen Thread zu den Charakterregeln online zu stellen.
Koffeinhaltige Grüße, Henning