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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Pen & Paper - Umfragen => Thema gestartet von: Timberwere am 31.07.2012 | 11:05

Titel: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Timberwere am 31.07.2012 | 11:05
Ich habe gestern ein Gespräch über Charaktere und deren Entwicklung geführt, das mich dazu gebracht hat, diese Frage mal an die Allgemeinheit hier zu stellen, weil da doch relativ gegensätzliche Vorlieben zu Tage traten. :)

Die Einstellung meiner Gesprächspartnerin, die sich selbst als Typus "Konzeptreiterin" bezeichnete, war folgende: "Ja, Charaktere können sich entwickeln, sollen sie auch, aber nicht irgendwohin einfach so, sondern im Rahmen des für sie vorgegebenen Konzepts."

Ich hingegen vertrat die Ansicht: "Charaktere können und dürfen sich in jede Richtung entwickeln, wenn es sich logisch und glaubwürdig aus der Geschichte ergibt; das macht es doch gerade so spannend."

Wie haltet ihr das mit euren Charakteren? Lasst ihr sie bei deren Entwicklung in neue, unerwartete Bahnen gehen, oder haltet ihr euch strikt an ihr Konzept und fühlt euch unwohl, wenn es aus diesem Konzeptrahmen herausgeht?


Achso: Tante Edith würde sich auch über eine kurze Erklärung der Wahl freuen. :)

Und PS, zur Klärung, da es weiter unten aufkam: Es geht um die Persönlichkeitsentwicklung von Charakteren, nicht um irgendwelche Point Builds oder Skills oder sowas.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Praion am 31.07.2012 | 11:19
Entwicklung aus dem heraus was in der Story passiert. Wenn man den Weg vorher vorgibt wird es schwer auf sachen in der Handlung zu reagieren.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: sir_paul am 31.07.2012 | 11:19
Ich bin eher für freie Charakterentwicklung. Dem Charakter kann so viel passieren was das ursprüngliche Konzept in Frage stellt oder ganz vom Tisch fegt. Auch der Spieler kann plötzlich Spaß an einem etwas anderem Konzept finden, warum sollte man ihn dann in der Zwangsjacke des alten Konzepts eingesperrt lassen?
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Tim Finnegan am 31.07.2012 | 11:23
Ich habe für "beides" gestimmt, wobei ich "mechanische Konzepte" am liebsten ausklammern würde.

Es gibt ein paar simple Konzepte die gerade in einem offeneren Spiel immer wieder gute Motivation bringen, etwa Erzmager werden, der beste Schwertkämpfer sein, einen Adeltitel erlangen.
Hier kann es auch mehrgleisige Entwicklung geben, einfach dadurch dass man sein Konzept weiter durchzieht, trotzdem auf das Geschehen eingeht.

Sollten wir von Spielmechanischen Konzepten reden, dann Blarghs. Ich bin eine Weile lang selbst den "Builds" und ähnlichem verfallen und kann es mittlerweile nicht mehr sehen, da solche Dinge einfach nie mit der Spielwelt in Einklang zu bringen sind.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Praion am 31.07.2012 | 11:30
Ich habe gestern ein Gespräch über Charaktere und deren Entwicklung geführt, das mich dazu gebracht hat, diese Frage mal an die Allgemeinheit hier zu stellen, weil da doch relativ gegensätzliche Vorlieben zu Tage traten. :)

Die Einstellung meiner Gesprächspartnerin, die sich selbst als Typus "Konzeptreiterin" bezeichnete, war folgende: "Ja, Charaktere können sich entwickeln, sollen sie auch, aber nicht irgendwohin einfach so, sondern im Rahmen des für sie vorgegebenen Konzepts."

Ich hingegen vertrat die Ansicht: "Charaktere können und dürfen sich in jede Richtung entwickeln, wenn es sich logisch und glaubwürdig aus der Geschichte ergibt; das macht es doch gerade so spannend."

Wie haltet ihr das mit euren Charakteren? Lasst ihr sie bei deren Entwicklung in neue, unerwartete Bahnen gehen, oder haltet ihr euch strikt an ihr Konzept und fühlt euch unwohl, wenn es aus diesem Konzeptrahmen herausgeht?

Achso: Tante Edith würde sich auch über eine kurze Erklärung der Wahl freuen. :)

In welchen System(en) eigentlich bewegt sich dieser Spieler?
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Nocturama am 31.07.2012 | 11:41
Was genau heißt denn "im Rahmen des vorgegebenen Konzeptes"? Dass man zum Beispiel vorher festlegt, dass der Charakter später der Versuchung der Macht erliegen und böse werden soll?

Ansonsten verstehe ich den Unterschied nicht so richtig. Jenseits von Disney-Settings fällt es mir etwas schwer, aus Grumpy MacBitter einen lieben Menschen zu machen, nur weil ihm das kleine Mädchen ein Kaninchen geschenkt hat, d.h. eine spontane Wende in eine total konträre Richtung vorzunehmen ("Oh Gott, mein ganzes Leben war eine Lüge!"). Aber, nun ja, das ist für mich ein Teil der Plausibilität.

Außerdem habe ich im Konzept i.d.R. schon Ansätze zur Entwicklung versteckt - wenn ich in einem dramatischen Setting einen unschuldig-naiven Charakter spiele, dann möchte ich auch, dass diese Naivität in Frage gestellt wird. Sonst wäre es irgendwie langweilig. Ein bißchen geplant wird also schon.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Der Nârr am 31.07.2012 | 12:00
Ich bin für die freie Entwicklung. Die kann aber dazu führen, dass ein Charakter so fern von dessen ist, was ich eigentlich spielen wollte, dass ich die Lust am Charakter verliere.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Teylen am 31.07.2012 | 12:25
Wie haltet ihr das mit euren Charakteren? Lasst ihr sie bei deren Entwicklung in neue, unerwartete Bahnen gehen, oder haltet ihr euch strikt an ihr Konzept und fühlt euch unwohl, wenn es aus diesem Konzeptrahmen herausgeht?
Ich lasse die Entwicklung durchaus auch in unerwartete Bahnen gehen wenn ich nicht das Gefuehl habe das der Charakter dadurch zu einer totalen oder vergleichsweisen Niete auf dem Feld der (neuen) Entwicklung wird oder der Bruch mit dem Konzept einfach nur oede Resultat hat.

Ansonsten finde ich den Versuch den Charakter entlang des vorher festgelegten Konzept zu entwickeln weder unlogisch, wenig glaubwuerdig noch spannungsarm oder der Geschichte abtraeglich. Das heisst gerade wenn ich nun die Entwicklung anderer Leute Charaktere betrachte.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Lord Verminaard am 31.07.2012 | 12:31
Wenn es um Story / Persönlichkeitsentwicklung geht, lege ich den Charakter meist so an, dass es für ihn ein oder zwei zentrale Fragen gibt, um die sich seine Entwicklung dann schon auch dreht. Wie ich die Fragen beantworte, zeigt das Spiel, wobei ich oft eine bestimmte Antwort favorisiere und die es dann auch meistens wird, aber eben nicht immer.

Wenn es um Spielwerte / "Character Builds" geht, überlege ich mir in der Regel schon von Anfang an ein Konzept, das ich höchstens ändere, weil ich feststelle, dass es nicht aufgeht. ;)
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Maarzan am 31.07.2012 | 12:42
Die Charakterentwicklung sollte vom Konzept nicht schon dauerhaft festgelegt sein, aber auf den bisherigen Persönlichkeitszügen, Sozialisierung und folgenden Erfahrungen fußen und nicht von der Laune des Tages abhängen.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Ifram am 31.07.2012 | 13:36
Die Konzeption entspricht zwar dem eigentlichen Wunsch, doch auf die Spielumwelteinflüsse eingehen zu dürfen finde ich legitim. Dass schließt ja ausdrücklich auch ein, am Konzept kleben zu bleiben und Spezialisten in ihren Gebieten zu werden. Selbsternannte Rollenspielpolizisten dürfen sich gerne selber nach Belieben regulieren, solange sie andere machen lassen. Stimmt die Schnittmenge nicht (mehr), muss man sich abgleichen oder trennen.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Oberkampf am 31.07.2012 | 13:44
Ich bin schonmal froh, wenn Entwicklung überhaupt thematisiert wird.

Ansonsten kommt es bei mir auf das verwendete Systerm an. Bei Warhammer läuft für mich Entwicklung entlang der Karrierepfade, bei D&D entlang der Prestigeklassen. Das würde ich eher als konzeptuell ansehen. Im Warhammer-Spiel eingefangene Insanities, dauerhafte Wunden oder Mutationen sind dagegen ein wichtiger Einschnitt, der eine Entwicklung nach sich zieht, die eher ungeplant ist. Wo es sowas im Regelwerk gibt, finde ich es nur angebracht, dass der Spieler seinen Charakter auch entsprechend des Spiels weiterentwickelt.

Bei DF/FATE habe ich zwar auch eine Liste mit Powers, die ich mir gerne mit späteren Refreshs dazukaufen werde, weil sie mein Konzept komplettieren, aber meine Aspekte werde ich nach dem Spielverlauf anpassen. Für Aspekte, die aus dauerhaften Konsequenzen entstehen, gilt ohnehin das, was ich oben zu Insanities bei Warhammer aufgeführt habe.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Selganor [n/a] am 31.07.2012 | 13:57
Im Normalfall habe ich keinen konkreten "Entwicklungsplan" fuer Charaktere sondern entwickle sie so wie es die bis dahin gespielte Zeit (bzw. evtl. noch absehbare Zukunft) ergeben hat.

Oft entstehen bei meinen Charakteren erst nach laengerem Spielen ueberhaupt sowas wie ein kurz zusammenfassbares "Konzept" das sich auch extrem von dem urspruenglichen "Plan" (falls es so einen ueberhaupt mal gegeben hat) unterscheiden kann.
Mein auf magische Auren spezialisierter Magier in Ars Magica hat seit ich ihn spiele kaum noch was an Intellego (Entdeckungsmagie) oder Vim (Magie beeinflussende Magie) dazugewonnen, ist aber gerade dabei sich zum "reisetauglichen Allrounder" zu entwickeln.
Dass er nebenbei recht gut dabei ist mit magischen Auren umzugehen faellt inzwischen ziemlich unter den Tisch.

Bei Systemen bei denen man problemlos "umtrainieren" kann passiert es auch oft, dass ich diese Moeglichkeiten reichlich ausnutze (viele meiner 4e Charaktere haben jeden Level irgendwas geaendert), ich passe mich also lieber der Story an als dass ich einen Plan durchziehe, egal wie gut/schlecht der zur Story passt.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Timberwere am 31.07.2012 | 16:31
Oh, auf die Idee, dass ihr auch an Spielwerte=Point Builds denken könntet, bin ich gar nicht gekommen.
Es geht mir in der Ausgangsfrage einzig und allein um Persönlichkeitsentwicklung.

@Nocturama: re/ "Grumpy McBitter und das Kaninchen" (nettes Beispiel übrigens :)): Deswegen redete ich im Eingangspost davon, dass die Entwicklung sich logisch und glaubwürdig aus der Geschichte ergeben soll, und zwar durchaus in einem langsamen und länger andauernden Prozess.

Beispiele wären, hm, keine Ahnung. Der Womanizer, der irgendwann doch die Frau fürs Leben findet. Der unstete Abenteurer, der zum Ziehvater zweier Waisenkinder wird. Vielleicht tatsächlich auch Grumpy McBitter, der nicht aufweicht, weil ein kleines Mädchen ihm ein Kaninchen schenkt, aber halt über die Zeit feststellt, dass man sich auf seine Freunde und Mitstreiter eben doch verlassen kann.

Im Falle meiner Gesprächspartnerin war es eine Lichtgeweihte, die vom Konzept her ursprünglich so angelegt war, dass sie eine distanzierte und kühle Heilerin sein sollte, die nichts an sich ran lassen sollte, und langfristig sollte sie zur Eremitin oder exzentrischen Schreiberin oder völlig dem Licht Verschriebene werden. Dann hat sie im Laufe des Spiels aber doch emotionale Bindungen geknüpft, inklusive verlieben und heiraten. Was ihr aber nun extremes Unwohlsein bereitet, weil das für sie eben nicht mehr der Charakter ist, wie er sein sollte. Und deswegen möchte sie die Lichtpriesterin jetzt wieder auf ihren alten, unterbrochenen, Weg zurückzubringen.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Pyromancer am 31.07.2012 | 17:00
Im Falle meiner Gesprächspartnerin war es eine Lichtgeweihte, die vom Konzept her ursprünglich so angelegt war, dass sie eine distanzierte und kühle Heilerin sein sollte, die nichts an sich ran lassen sollte, und langfristig sollte sie zur Eremitin oder exzentrischen Schreiberin oder völlig dem Licht Verschriebene werden. Dann hat sie im Laufe des Spiels aber doch emotionale Bindungen geknüpft, inklusive verlieben und heiraten. Was ihr aber nun extremes Unwohlsein bereitet, weil das für sie eben nicht mehr der Charakter ist, wie er sein sollte. Und deswegen möchte sie die Lichtpriesterin jetzt wieder auf ihren alten, unterbrochenen, Weg zurückzubringen.

Hier ist in meinen Augen die Motivation der Spielerin eine entscheidende Sache:
Will sie zurück zu ihrem alten Charakterkonzept, weil ihr das Neue, wie es sich aus dem Spiel entwickelt hat, keinen Spaß macht? -> kann ich nachvollziehen.
Will sie zurück zu ihrem alten Charakterkonzept, weil es halt "der Charakter" ist und auf dem Charakterblatt "distanziert, kühl, zurückhaltend" steht? -> da würde ich eher auf dem Charakterblatt rumradieren.
Will sie zurück zu ihrem alten Charakterkonzept, weil es das ist, was der Charakter innerspielisch auch will? -> klassische Midlife-Crisis-Geschichte mit viel Potential zu großartigem Rollenspiel.

Generell gesprochen: Menschen ändern sich. Und in meinen Augen sollten sich auch Charaktere ändern.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Crimson King am 31.07.2012 | 17:08
Wenn es um Story / Persönlichkeitsentwicklung geht, lege ich den Charakter meist so an, dass es für ihn ein oder zwei zentrale Fragen gibt, um die sich seine Entwicklung dann schon auch dreht. Wie ich die Fragen beantworte, zeigt das Spiel, wobei ich oft eine bestimmte Antwort favorisiere und die es dann auch meistens wird, aber eben nicht immer.

Wenn es um Spielwerte / "Character Builds" geht, überlege ich mir in der Regel schon von Anfang an ein Konzept, das ich höchstens ändere, weil ich feststelle, dass es nicht aufgeht. ;)

So isses.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Tudor the Traveller am 31.07.2012 | 17:53
Wenn es um Story / Persönlichkeitsentwicklung geht, lege ich den Charakter meist so an, dass es für ihn ein oder zwei zentrale Fragen gibt, um die sich seine Entwicklung dann schon auch dreht. Wie ich die Fragen beantworte, zeigt das Spiel, wobei ich oft eine bestimmte Antwort favorisiere und die es dann auch meistens wird, aber eben nicht immer.

Wenn es um Spielwerte / "Character Builds" geht, überlege ich mir in der Regel schon von Anfang an ein Konzept, das ich höchstens ändere, weil ich feststelle, dass es nicht aufgeht. ;)

So in der Art auch bei mir. Ich sehe wenig Sinn darin, hierbei weit in die Zukunft zu planen. Ich weiß doch nie, was sich ergeben wird und woran ich in einem Jahr Spaß haben will. Der Charakter hat eine Geschichte, die ihn bis zum Jetzt geprägt hat, die Zukunft ist aber offen. Selbst der crunchige Werdegang ist nicht in Stein gemeißelt. Da gibt es allenfalls ein grobes Ziel, wo ich mal hin will. Aber das kann sich eben auch im Laufe des Spiels verändern.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: El God am 31.07.2012 | 18:16
Wenn es um Story / Persönlichkeitsentwicklung geht, lege ich den Charakter meist so an, dass es für ihn ein oder zwei zentrale Fragen gibt, um die sich seine Entwicklung dann schon auch dreht. Wie ich die Fragen beantworte, zeigt das Spiel, wobei ich oft eine bestimmte Antwort favorisiere und die es dann auch meistens wird, aber eben nicht immer.

Wenn es um Spielwerte / "Character Builds" geht, überlege ich mir in der Regel schon von Anfang an ein Konzept, das ich höchstens ändere, weil ich feststelle, dass es nicht aufgeht. ;)

Das scheint mir auch der sinnvollste Weg zu sein. Ich muss aber gestehen, dass ich es selten durchhalte und mir Charaktere auch schonmal "durchgegangen" sind. So ähnlich kann es ja auch einem Autoren gehen, der plötzlich entgeistert merkt, dass sich eine Figur völlig anders entwickelt als ursprünglich geplant.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Timberwere am 31.07.2012 | 21:39
Hier ist in meinen Augen die Motivation der Spielerin eine entscheidende Sache:
Will sie zurück zu ihrem alten Charakterkonzept, weil ihr das Neue, wie es sich aus dem Spiel entwickelt hat, keinen Spaß macht? -> kann ich nachvollziehen.
Will sie zurück zu ihrem alten Charakterkonzept, weil es halt "der Charakter" ist und auf dem Charakterblatt "distanziert, kühl, zurückhaltend" steht? -> da würde ich eher auf dem Charakterblatt rumradieren.
Will sie zurück zu ihrem alten Charakterkonzept, weil es das ist, was der Charakter innerspielisch auch will? -> klassische Midlife-Crisis-Geschichte mit viel Potential zu großartigem Rollenspiel.

Generell gesprochen: Menschen ändern sich. Und in meinen Augen sollten sich auch Charaktere ändern.

Sehr gut zusammengefasst, Pyromancer. Danke. Jetzt muss ich halt nur sehen, wie mein Charakter mit der Geschichte umgeht. Muss ich mir mal durch den Kopf gehen lassen.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Bock-Creation am 31.07.2012 | 22:29
So ähnlich kann es ja auch einem Autoren gehen, der plötzlich entgeistert merkt, dass sich eine Figur völlig anders entwickelt als ursprünglich geplant.
Jupp, kann ich bestätigen.

---------------
Ich habe übrigens beides angemerkt. Ich selbst bin ein Spieler, der eine Idee für seinen Chara hat und versucht dieses Konzept durch zu bringen. Da gehört viel Persönlichkeit der Figur rein. Es kann sogar dazu führen, das ein anderer Chara ihn gar net leiden kann. Aber wie meine Spielfigur ihr Konzept lebt, kann sehr unterschiedlich sein und es ist sogar Möglich, das ich mit der Figur vielleicht kurz mal ein anderes Konzept nachgehen muss oder sogar "Durch Interne Einflüsse" ihr Konzept überdenken.

Planen ja, aber nicht zu starr
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Gaming Cat am 31.07.2012 | 23:27
Habe mich weder für das eine, noch für das andere Extrem entschieden.
Ein Char soll sich so entwickeln, wie sein Spieler es wünscht (ob dieser dabei einen latenten konzeptuellen Rahmen hat ist seine/ihre Sache).
Wichtig finde ich aber, dass es sich beim RPG um eine soziale Erfahrung handelt und jede Entwicklung damit halbwegs kompatibel sein sollte. Wenn man sich im Vorfeld auf Charakterkonzepte als (Teil der) Kampagnenprämisse geeinigt hat (z.B. "Wir sind alle Assassinen ohne Gewissen.") sollte man solche Absprachen respektieren bzw. nur kollektiv verändern.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: korknadel am 2.08.2012 | 10:10
Ich habe freie Charentwicklung genommen. Am Anfang findet eine Festlegung statt, im Spiel erst kommt die Entwicklung, und ja, diese darf unvorhergesehene Wendungen vollziehen, wenn es sich logisch aus der erspielten Geschichte entwickelt.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Bad Horse am 4.08.2012 | 18:18
Ich finde eine freie Charakterentwicklung auch interessanter. Dadurch werden auch viel mehr Möglichkeiten offen, mit dem Charakter umzugehen, weil dann das Konzept nicht "kaputtgehen" kann.

Früher wollte ich unbedingt mein Konzept durchziehen, das hat dann dazu geführt, dass nie herausgekommen ist, dass mein Char eigentlich eine verkleidete Frau ist. Ich hab als Spieler auch so ziemlich alles in dieser Richtung geblockt, weil sonst ja mein Konzept vor die Hunde geht.

Wobei es natürlich auch darauf ankommt, ob mir die Entwicklung, die den Charakter verändert, Spaß machen würde oder nicht. Wenn meine verkleidete Frau nicht mehr kämpfen hätte dürfen oder sie niemand mehr respektiert hätte, dann hätte ich nicht mehr viel Spaß an dem Char gehabt. ^^
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: LöwenHerz am 8.08.2012 | 08:03
Ich lasse beides bei meinen Charakteren zu. Und es kommt auf den SL, sowie dessen Kampagnenplanung an, meine Laune, die Grundidee des Charakters, meine Entwicklung und Stimmung während des Spiels und der Kampagne... Viel zu viele Faktoren, welche eine Entscheidung für genau eine Herangehensweise ausschließen.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Samael am 8.08.2012 | 08:20
Also die Umfrage ist ja nicht besonders neutral formuliert. Der Begriff "Konzeptreiterei" hört sich ziemlich negativ an.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Dimmel am 8.08.2012 | 08:33
Hier ist in meinen Augen die Motivation der Spielerin eine entscheidende Sache:
Will sie zurück zu ihrem alten Charakterkonzept, weil ihr das Neue, wie es sich aus dem Spiel entwickelt hat, keinen Spaß macht? -> kann ich nachvollziehen.
Will sie zurück zu ihrem alten Charakterkonzept, weil es halt "der Charakter" ist und auf dem Charakterblatt "distanziert, kühl, zurückhaltend" steht? -> da würde ich eher auf dem Charakterblatt rumradieren.
Will sie zurück zu ihrem alten Charakterkonzept, weil es das ist, was der Charakter innerspielisch auch will? -> klassische Midlife-Crisis-Geschichte mit viel Potential zu großartigem Rollenspiel.

Generell gesprochen: Menschen ändern sich. Und in meinen Augen sollten sich auch Charaktere ändern.

Das trifft es super!
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Timberwere am 8.08.2012 | 09:19
@Samael: Der Begriff "Konzeptreiterei" wurde selbst von meiner Gesprächspartnerin so gewählt, die ihren Spielstil so beschrieb. Deswegen habe ich ihn ja schon in Anführungszeichen gesetzt.


Übrigens wurde der Charakter, um den es ging, jetzt tatsächlich wieder rigoros zurück in das Ursprungs-Konzept gebracht.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Hewisa (gone for good) am 8.08.2012 | 09:36
Übrigens wurde der Charakter, um den es ging, jetzt tatsächlich wieder rigoros zurück in das Ursprungs-Konzept gebracht.
Mit welcher Begründung/Motivation (Pyromancer hatte da ja ein paar Möglichkeiten aufgezeigt)?
Und: War das in der Spielwelt verankert und hatte entsprechend Konsequenzen (insbesondere für das Love Interest bzw. Ehegespons)? Oder war das mehr ein Reset und wieder von Anfang?
(Ohne Wertung, ist imho alles legitim - bin nur neugierig).
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Terrorbeagle am 8.08.2012 | 09:50
Die beste Charaktereentwicklung ist eigentlich immer reaktiv, in dem Sinne, das sich äußere Einflüsse und innere Motiviationen mal ergänzen und auch mal gegeneinander stehen. Das Wechselspiel mit der Spielwelt und die Einbeziehung der Gegebenheiten und Erlebnisse in die Charakterentwicklung ist wesentlich maßgeblicher als die Frage wie weit man vom ursprünglichen Konzept abweicht. Ein Spieler der nur seinen Stiefel durchzieht und die Erlebnisse des Charakters nicht aufgreift, reflektiert und umsetzt ist in beiden Fällen unterwältigend.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Skiron am 8.08.2012 | 11:53
Das kommt darauf an.
Ich persönlich mag am liebsten die freie Charakterentwicklung im Spiel, die sich an der Gruppe und den Erlebnissen orientiert.
Dennoch habe ich mit dem Charakterbogen ja eine Vorgabe.

Das Konzept ist aber abhängig vom Spielleiter, den Mitspielern, dem System und dem Setting.
Ich mag dabei klare Vorgaben und enge Grenzen, als Startpunkt.
Von daher fand ich auch vorgefertigte Charaktere sehr spannend. Erstaunlicherweise. :-)

Für mich ist es so, dass mir die Werte, Fähigkeiten und die Welt schon eine Vorgabe machen, was für eine Persönlichkeit der Charakter hat.
Es ist ja verschieden, wie man die Charaktere baut, ich stell mir einen Charakter vor von dem ich denke er könnte mir Spaß machen und such mir dann die Fähigkeiten und Werte dazu aus, ein Mitspieler macht es genau umgekehrt, er sucht sich Fähigkeiten und Werte heraus, die er spielen will und denkt sich dazu die Persönlichkeit aus.

Ein Leitfaden, wie der Charakter reagieren wird finde ich sinnvoll. Das kann eine Motivation sein, oder bestimmte Charaktereigenschaften.
Ein Unterschied ist für mich dabei, ist das Spiel erzähllastig oder abenteuerlastig. Es ist also sehr systemabhängig, was für ein Konzept ich brauche.

Bei einem Erzählspiel finde ich eine Vorgeschichte sinnvoll, weil man dann auch etwas hat, was man erzählen kann.
Fate macht das sehr gut finde ich. Die Aspekte erlauben es einem sich in den Charakter einzugrooven. Ist fast wie ein Mantra.  ;D
Sie lassen aber die Vergangenheit in vorgegebenen Grenzen offen und damit auch die Zukunft.

Ich mochte bei Savage Worlds die Vorteile und Nachteile, weil die einem eine gute Vorgabe machen, wie der Charakter sich verhält, also ein Leitfaden, wie er auf Ereignisse reagiert, sich in einer Umwelt bewegt und sich anderen Charaktere oder NSCs gegenüber verhält.

Bei D&D empfinde ich es so, dass sich die Persönlichkeit des Charakters aus seinen Handlungen im Abenteuer mit der Gruppe ergibt.
Hier finde ich ein Konzept über den Charakterbogen hinaus eher hinderlich.

Ich mag enge Grenzen und genaue wenige Vorgaben, weil ich das Konzept dann schnell verinnerlichen kann und mir nicht im Spiel
darum Gedanken machen muss, wie reagiert denn der Charakter jetzt? Welche Handlungsmöglichkeiten stehen mir mit meinem Charakter offen? Ist es plausibel, dass er sich in dieser Umwelt so verhält? Ist es plausibel, dass er sich anderen Charakteren/NSCs so verhält? Ist das plausibel, aber ruiniert den Spaß der Mitspieler/SL, muss ich mir also anhand des Konzepts einen anderen Weg suchen, wie der Charakter reagieren würde?

Je komplexer ein Konzept, desto mehr muss ich mitbedenken, desto weniger flexibel kann ich im Spiel reagieren.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: alexandro am 8.08.2012 | 12:15
Charakterentwicklung ist Teil des Konzepts. Ein Charakter, der als "jung, unerfahren und unsicher über seinen weiteren Lebensweg" charakterisiert wird, macht wahrscheinlich mehr Charakterentwicklung durch, als ein "Veteran, der alles gesehen und erlebt hat, was es zu sehen und erleben gibt".

Ich finde auch nichts schlimmes daran, wenn Spieler an ihren Konzepten festhalten - eine Veränderung hat proaktiv zu erfolgen, sonst ist sie wertlos und "billig".
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Timberwere am 8.08.2012 | 12:16
Mit welcher Begründung/Motivation (Pyromancer hatte da ja ein paar Möglichkeiten aufgezeigt)?
Und: War das in der Spielwelt verankert und hatte entsprechend Konsequenzen (insbesondere für das Love Interest bzw. Ehegespons)? Oder war das mehr ein Reset und wieder von Anfang?
(Ohne Wertung, ist imho alles legitim - bin nur neugierig).

Es war eine Mischung als allen dreien von Pyromancers genannten Gründen.
Weil die Spielerin es vorzieht, einem Charakter ein festes Konzept zu geben und es dann strikt durchzuziehen, hat sie sich mit den neuen Entwicklungen, die im Spiel passiert sind nicht wohlgefühlt. Es war dann somit aber auch das, was der Charakter innerspielerisch für sich wollte.

Und ja, das hat deutliche Konsequenzen in der Spielwelt, vor allem natürlich für den Love Interest/Ehemann, der die Welt nicht mehr versteht. Denn es ist ja nicht so, dass sie sich nicht mehr lieben würden... eigentlich. Muss ich sehen, wie ich das umsetze. Ich will ihn jetzt eigentlich nicht unbedingt zur Flasche greifen oder drogensüchtig werden oder sonstwie komplett an der Welt verbittern lassen, aber er wird schon deutlich finsterer werden, könnte ich mir vorstellen, zumindest für die nächste Zeit. Wird sich in den nächsten Sessions ergeben. Und da ich ja ein Verfechter der freien Persönlichkeitsentwicklung bin :P, schaue ich einfach mal, wo das für ihn hinführt.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Feuersänger am 8.08.2012 | 12:17
Ich habe jetzt mal "Frei" gestimmt, wobei ich nichts gegen Charaktere gesagt haben will, deren Entwicklung sich an das ursprüngliche Konzept hält.
Aber sowas ergibt sich doch immer erst aus dem Spiel. Ich habe schon Schlitzohren und Glückritter gespielt, die sich zu verantwortungsvollen Anführern entwickelt haben, und idealistische, aufrechte Krieger gesehen, die zu zynischen Machtpolitikern mutierten, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Wenn ich dagegen mal versucht habe, bei einem Charakter von vornherein eine derartige Wandlung in sein Konzept einzuplanen, hat das eher nicht besonders gut funktioniert. Wobei das dann auch tendentiell an mangelnder Unterstützung durch den SL scheiterte.

Kurzum, ich schließe mich dem Konsens an, dass es gerade die freie Entwicklung ist, die die Sache spannend macht.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Oberkampf am 10.08.2012 | 09:10
@Samael: Der Begriff "Konzeptreiterei" wurde selbst von meiner Gesprächspartnerin so gewählt, die ihren Spielstil so beschrieb. Deswegen habe ich ihn ja schon in Anführungszeichen gesetzt.

"Freie Charakterentwicklung" klingt dagegen halt super, Freiheit ist ja ein positiv besetzter Begriff, weil er völlig bedeutungsleer verwendet werden kann. Ist der Unterschied zum Spielerkonzept nicht vielmehr tatsächlich die spielweltgetriebene Charakterentwicklung? Und kommt es da nicht auf Außenbedingungen wie Spielleiter und System (sekundär auch Setting) an?

Ein System, das meinem Charakter Entwicklungsschübe 'reindrückt, wie jedes System mit Mutationen oder Insanities, an die ich meinen Charakter als "rollenspielerische Herausforderung" anpassen muss, thematisiert auch eine nicht-konzeptuell verankerte Charakterentwicklung. Aber ist die "frei"?

(Genauso übrigens ein SL, der massiv in die Vorgeschichte des Charakters eingreift oder den Kontext des Charakters so zurechtbiegt, dass nur eine Entwicklung entlang des SL-Pfades attraktiv ist.)
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Timberwere am 12.08.2012 | 16:18
@Tümpelritter: schon... aber ich wusste halt wirklich nicht, wie es anders beschreiben. Und es geht auch - zumindest ging es in diesem speziellen Fall - nicht um irgendwelche spielwelt- bzw. systemgetriebenen Entwicklungen à la Mutationen.

Aber das ist ein interessanter Punkt, den du da aufwirfst. Wie geht man mit eben solchen Mechanismen wie Insanity etc. um. Macht es einen Unterschied, ob man sich dieser "aufgezwungenen" rollenspielerischen Herausforderung stellt, wenn man sie sich durch Regelmechanismen erwirbt, oder ob man sich freiwillig dafür entscheidet? Ist das eine höher zu bewerten als das andere?

Oder, anderer Gedanke: Es könnte ja auch Teil des, ich muss das Wort wieder verwenden, entschuldige bitte, "konzeptreiterischen" Charakterkonzeptes sein, dass man von Anfang an plant: "Dieser Charakter wird wahnsinnig werden." und es dann konsequent durchzieht. Bei Cthulhu weiß ich, dass es passieren wird, weil es in den Regeln verankert ist; die einzige Frage ist, wann es passiert. In anderen Systemen ist es gar nicht vorgesehen, aber ich kann den Charakter aus eigener Initiative so anlegen. Wenn ich das von Anfang an so plane und es dann durchziehe, ist es eigentlich so ähnlich, als stünde es in den Regeln verankert. Hmm.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: גליטצער am 19.09.2012 | 12:42
Ich verstehe die Umfrage nicht ganz, ist das nicht nur die alte Diskussion Klassensysteme vs Klassenfreie Systeme höchstens vielleicht auf einem neuen abstarkteren Niveau? Auch wenn die meisten Systeme die soziale Schiene weit weniger fest zurren als das Kampfsystem, läuft es im Grunde doch nur auf diese Fragestellung raus, oder?
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Hewisa (gone for good) am 19.09.2012 | 12:46
@Glitzer: Nein, das ist was ganz anderes. "Konzeptreiterei" kannst Du sowohl in einem Klassen- als auch in einem Klassenfreien System betreiben, ebenso freie Charakterentwicklung.

Es hilft aber, den ganzen Thread zu lesen und nicht nur die Umfrageoptionen.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: גליטצער am 19.09.2012 | 12:54
Klassen sind informationswissenschaftliche Schubladen, nicht nur "Krieger" ist eine Klasse, auch "zum scheitern verdammter Held" ist eine. Und ob der "Krieger" sich nun zum "Magier" entwickelt,  oder der "Junge aus ärmlichen Verhältnissen der's geschafft hat" zum "tragischen Schurken" ist vielleicht spielwertetechnisch ein Unterschied (weil richtig, wie von mir im ersten Post beschrieben hat zweites meistens keine systemrelevanz) ist aber informationstechnisch betrachtet eher dasselbe.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Timberwere am 27.09.2012 | 14:44
Es ging nicht darum, ob ein Krieger sich zum Magier entwickeln kann oder soll.

Es ging darum, dass ein Spieler von Anfang an ein ganz klares Konzept von der Persönlichkeit des Charakters hat, völlig losgelöst von irgendwelchen Attributen oder Werten, und diese sich dann im Laufe des Spiels sich entwickeln ließ oder eben nicht.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Brakiri am 27.09.2012 | 14:52
Es ging nicht darum, ob ein Krieger sich zum Magier entwickeln kann oder soll.

Es ging darum, dass ein Spieler von Anfang an ein ganz klares Konzept von der Persönlichkeit des Charakters hat, völlig losgelöst von irgendwelchen Attributen oder Werten, und diese sich dann im Laufe des Spiels sich entwickeln ließ oder eben nicht.

Hmm, das hättest du vielleicht ein wenig deutlicher machen sollen.
Ich habe das auch so verstanden, dass es um freie bzw. klassenbasierte Charentwicklung geht.

Ein festes Konzept ist nett, kann sich aber im Laufe des Spiels verändern. Spätestens wenn das ziel erreicht wurde, braucht man was anderes/neues oder setzt den Char zur Ruhe.
Mir davon aber ein Korsett aufzwingen lassen, wenn sich mein Interesse im Laufe des Spiels ändert, würde ich aber nicht.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Achamanian am 27.09.2012 | 15:01
Freie Entwicklung - wenn ich mich vorher auf irgendetwas festlege, ist die Gefahr viel zu groß, dass es mir dann missglückt und das Ganze zu einem Krampf wird.
Heißt natürlich nicht, dass ich nicht bestimmte Entwicklungen forcieren würde, wenn die mir gefallen, aber wenn es überraschenderweise in eine ganz andere Richtung geht, ist das für mein Empfinden oft spaßiger, als wenn man seinen tragischen oder heroischen oder selbsterkenntnis findenen vorgeplanten character arc plangemäß umsetzt.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Laivindil am 27.09.2012 | 15:13
Ich mache es daran fest, was das Setting zulässt.

Wenn das Setting sehr spezifisch angelegt ist, wo die Gruppe aus Spezialisten zusammengesetzt ist, und es darum geht, durch Synergien zum Erfolg zu kommen, entwickle ich lieber nach Konzept; da ist mir wichtig, dass der Char seinen Slot behält, und dass er für die Mitspieler berechenbar und verlässlich bleibt.

In einem freien, eher simulationistisch angelegten Setting, wo es auch um das Erleben der Spielwelt geht, ist mir eine Charentwicklung lieber, die das Erlebte widerspiegelt.

Und hin und wieder bin ich einfach Munchkin und der Char soll eine Sache besonders gut können, dann steigere ich aus Spielerinteresse. ;-)
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Timberwere am 27.09.2012 | 17:13
Hmm, das hättest du vielleicht ein wenig deutlicher machen sollen.
Ich habe das auch so verstanden, dass es um freie bzw. klassenbasierte Charentwicklung geht.

Eigentlich hatte ich das ziemlich am Anfang bereits. Antwort 13 war das. Und ich habe es dann auch extra in das Eröffnung-Posting mit reingenommen. :)

Oh, auf die Idee, dass ihr auch an Spielwerte=Point Builds denken könntet, bin ich gar nicht gekommen.
Es geht mir in der Ausgangsfrage einzig und allein um Persönlichkeitsentwicklung.

@Nocturama: re/ "Grumpy McBitter und das Kaninchen" (nettes Beispiel übrigens :)): Deswegen redete ich im Eingangspost davon, dass die Entwicklung sich logisch und glaubwürdig aus der Geschichte ergeben soll, und zwar durchaus in einem langsamen und länger andauernden Prozess.

Beispiele wären, hm, keine Ahnung. Der Womanizer, der irgendwann doch die Frau fürs Leben findet. Der unstete Abenteurer, der zum Ziehvater zweier Waisenkinder wird. Vielleicht tatsächlich auch Grumpy McBitter, der nicht aufweicht, weil ein kleines Mädchen ihm ein Kaninchen schenkt, aber halt über die Zeit feststellt, dass man sich auf seine Freunde und Mitstreiter eben doch verlassen kann.

Im Falle meiner Gesprächspartnerin war es eine Lichtgeweihte, die vom Konzept her ursprünglich so angelegt war, dass sie eine distanzierte und kühle Heilerin sein sollte, die nichts an sich ran lassen sollte, und langfristig sollte sie zur Eremitin oder exzentrischen Schreiberin oder völlig dem Licht Verschriebene werden. Dann hat sie im Laufe des Spiels aber doch emotionale Bindungen geknüpft, inklusive verlieben und heiraten. Was ihr aber nun extremes Unwohlsein bereitet, weil das für sie eben nicht mehr der Charakter ist, wie er sein sollte. Und deswegen möchte sie die Lichtpriesterin jetzt wieder auf ihren alten, unterbrochenen, Weg zurückzubringen.

Ich habe gestern ein Gespräch über Charaktere und deren Entwicklung geführt, das mich dazu gebracht hat, diese Frage mal an die Allgemeinheit hier zu stellen, weil da doch relativ gegensätzliche Vorlieben zu Tage traten. :)

[...]

Und PS, zur Klärung, da es weiter unten aufkam: Es geht um die Persönlichkeitsentwicklung von Charakteren, nicht um irgendwelche Point Builds oder Skills oder sowas.
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: OldSam am 27.09.2012 | 17:22
Also die Umfrage ist ja nicht besonders neutral formuliert. Der Begriff "Konzeptreiterei" hört sich ziemlich negativ an.

Jo, ich würde auch sagen, dass dies ein prägnantes Beispiel einer suggestiven Formulierung darstellt ;)
In dem Ausgangsfall bezeichnete sich die genannte Dame zwar als Konzeptreiterin, ich vermute aber, dass das eine klare Ausnahme ist und sich nicht allzu viele freiwillig einem solchen Begriff unterordnen würden. Persönlich habe ich da zwar eh keine Präferenzen, solange sich die Entwicklung plausibel aus der Story und den Anlagen des Chars ergibt, aber ich vermute stark die Umfrage wird Befürworter einer primär dem Ursprungskonzept folgenden Entwicklung nicht repräsentativ vertreten  ;)
Titel: Re: Konzeptreiterei vs. freie Charakterentwicklung
Beitrag von: Shield Warden am 27.09.2012 | 18:37
Also erstmal möchte ich mal ein Holzbein äh eine Lanze für die Umfrage brechen: ich fand die Fragestellung von Beginn an deutlich und klar und habe auch kein Problem mit den verwendeten Begriffen ;D

Zum Thema:

Ich persönlich bin ein rechter Konzeptreiter, ich brauche "immanente" Grenzen, ein grobes Konzept. Im Spiel entwickelt sich mein Charakter prinzipiell in Reaktion zum Weltgeschehen und Verlauf der Geschichte(n) aber ich stelle mir persönlich durchaus immer wieder Fragen, inwiefern die Verhaltensweisen mit dem Konzept in Wechselwirkung stehen.

Das heißt für mich nicht, dass das Konzept starr ist - deswegen habe ich "Beides" angekreuzt. Das Konzept ist veränderbar und ich würde keine wichtige Entwicklung ignorieren, um es durchzuboxen. Auch würde ich mich nicht wirklich gegen meinen persönlichen Spaß oder den der anderen stellen, um diesem Konzept gerecht zu werden. Aber ich habe erst Spaß daran, das Konzept auch in seiner Allgemeinheit zu "verkörpern" und mich da hineinzuversetzen. Allerdings sind diese Konzepte selten zu Spielbeginn (oder jemals wirklich) fertig, deswegen muss ich immer beweglich und dynamisch in der Auslegung - oder irgendwann auch im Konzeptwechsel - sein.

Allerdings würde ich persönlich einen Charakter, bei dem ich das Konzept je nach Lage einfach "ausradieren" und durch ein völlig anderes ersetzen könnte, als zu beliebig empfinden. Gerade die Herausforderung innerhalb der gesetzten Grenzen mit Schwierigkeiten und Hürden fertig zu werden und sich dennoch zum Teil anzupassen, finde ich ja erst spannend.