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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Gummibär am 23.10.2012 | 08:56

Titel: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Gummibär am 23.10.2012 | 08:56
Split von hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,77626.0.html).



Ich gehe mal davon aus, dass du von einem System ausgehst, das Attribute verwendet - sind Attribute überhaupt realistisch?



Diskussion eröffnet.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: 1of3 am 23.10.2012 | 09:05
Jetzt müsste man vorzugsweise wissen, was realistisch bedeutet und was Attribute sind. Höchst wahrscheinlich muss man für die Klärung des Begrifes "realistisch" annehmen, dass diese Eigenschaft einen Vergleichspunkt braucht. So wie Elefanten groß sind, wenn man Mäuse im Kopf hat, sind sie eher klein, wenn man an eine 747 denkt. Zur Klärung des Wortes Attribut müsste man wissen, zu welchen Begriffen das Wort in Opposition steht. Welche Objekte werden bei dem Wort mitgedacht, die keine Attribute sind?

Wenn du dies geklärt hast, entweder für dich oder mit dem Dolge, uns weiter über deine Feststellungen unterrichtet hast, bin ich gern bereit ein Urteil abzugeben.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: El God am 23.10.2012 | 09:14
Da Gummibär derjenige ist, der sich Realismus als Ziel gesetzt hat, überlasse ich ihm, festzulegen, was Attribut sind und wie er sich Realismus vorstellt. Ich wollte nur hinterfragen, dass Attribute bereits gesetzt sind...
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Arldwulf am 23.10.2012 | 09:38
Kommt natürlich immer darauf an was man darunter versteht. Attribute als Gruppierung von Basiseigenschaften und grundsätzlichen Talenten die zu weitergehenden Fähigkeiten führen können empfinde ich aber durchaus als realistisch. Natürlich ist nicht jeder gleich, wir haben alle verschiedene Attribute.

Wie man dies Regeltechnisch dann einbindet ist die Frage bei der Realismus wichtig wird.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Nachtfrost am 23.10.2012 | 09:59
Die Realität ist nur eine schlechte Näherung an die mathematische Wirklichkeit. Von daher halte ich es mit Technokrat: Attribute sind hyperrealistisch  ;D
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: ErikErikson am 23.10.2012 | 10:05
Ich gehe auch davon aus das Gott, als er den Menschen erschuf, Attribute als Basis genommen hat. Realistisch sind sie also auf jeden Fall. Die frage stellt sich eher, welche Attribute.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Taschenschieber am 23.10.2012 | 11:25
Was ist denn das für eine Frage? Attribute sind eine verdammte Abstraktion, damit zwar ein Versuch, die Realität abzubilden, aber eben nur in eingeschränktem Maße, was gibt es da überhaupt zu diskutieren?

Kommt hier demnächst ein Dreiseitenthread, ob Charakterbögen, Settingbände und Radiergummis überhaupt realistisch sind, oder seid ihr demnächst mit euren Bullshit-Bingo-Debatten mal fertig?

Und EE, auch wenn dein Einwurf der Ernsthaftigkeit solcher Debatten sicherlich angemessen ist, fänd ich's doch ziemlich dufte, wenn du nicht jeden Thread mit solchen Sprüchen sprengen würdest.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: El God am 23.10.2012 | 11:36
Vielleicht könnte man umformulieren: Genügen Attribute unseren Ansprüchen an Realismus? Kann man sie ohne Verlust weiter abstrahieren? Kann man sie verbessern? Sollte man sie durch etwas anderes, realistischeres ersetzen?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Taschenschieber am 23.10.2012 | 11:42
Genügen Attribute unseren Ansprüchen an Realismus? Kann man sie ohne Verlust weiter abstrahieren? Kann man sie verbessern? Sollte man sie durch etwas anderes, realistischeres ersetzen?

Das kommt auf die Ansprüche drauf an; das kommt auf die Ansprüche drauf an; irgendwie bestimmt, wie genau kommt natürlich auf die Designziele drauf an; wenn man eine realistischere Idee hat und diese für besser hält (in Anbetracht der Designziele) ja sicher.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: ErikErikson am 23.10.2012 | 11:45
Was ist denn das für eine Frage? Attribute sind eine verdammte Abstraktion, damit zwar ein Versuch, die Realität abzubilden, aber eben nur in eingeschränktem Maße, was gibt es da überhaupt zu diskutieren?

Kommt hier demnächst ein Dreiseitenthread, ob Charakterbögen, Settingbände und Radiergummis überhaupt realistisch sind, oder seid ihr demnächst mit euren Bullshit-Bingo-Debatten mal fertig?

Und EE, auch wenn dein Einwurf der Ernsthaftigkeit solcher Debatten sicherlich angemessen ist, fänd ich's doch ziemlich dufte, wenn du nicht jeden Thread mit solchen Sprüchen sprengen würdest.

Naja, sprengen, ist jetzt etwas hart ausgedrückt, wenn man bedenkt, das du der einzige bist, der überhaupt drauf eingegangen ist, und das in nem Nebensatz. Ausserdem ist die Aussage doch topic, oder?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Taschenschieber am 23.10.2012 | 11:51
Naja, sprengen, ist jetzt etwas hart ausgedrückt, wenn man bedenkt, das du der einzige bist, der überhaupt drauf eingegangen ist, und das in nem Nebensatz. Ausserdem ist die Aussage doch topic, oder?

Topic ja, trollig aber auch (es sei denn, du meinst deine Aussage tatsächlich ernst, in welchem Falle du mein volles Mitleid hast).
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Haukrinn am 23.10.2012 | 11:51
Ich denke da beisst sich die Katze in den Schwanz. Um zu klären ob Attribute realistisch sind sollte man klären was sie abbilden sollen und ob dies dann wiederum dem Anspruch an den Realismus genügt.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: El God am 23.10.2012 | 11:55
Im Kontext hatte die Frage ja durchaus einen Sinn, nämlich den, auf den Dr. Jan Itor auch hinauswill:

Das volle Zitat lautet:

Zitat
Bei den ganzen DSA-Verweisen: Versuchst du, DSA realistischer zu machen? Oder gehst du von GURPS aus? Hast du ein konkretes Anliegen, für das dich die Frage im OP interessiert oder soll dieser Thread hier einfach hypothetisch klären, wie man maximalen Realismus erreicht? Je nachdem könnte man ja viel gezielter antworten. Ich gehe mal davon aus, dass du von einem System ausgehst, das Attribute verwendet - sind Attribute überhaupt realistisch?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Taschenschieber am 23.10.2012 | 11:58
In diesem Kontext halte ich die Frage aber nach wie vor für nicht diskussionswürdig.

Attribute (genau wie Fertigkeiten, Talente o. ä.) dienen in SIM-Systemen als Abstraktion der Realität. Sie sind damit eine abstrakte Abstraktion, die die reale Realität zu einer abstrakten Abstraktion zu abstrahieren versucht, wobei die abstrakte Abstraktion eine abstrakte Abstraktion der Realität darstellt.

Wir können ja gerne darüber diskutieren, was realistischere Alternativen zu Attributen sein könnten (ich behaupte: Es gibt keine Variante, die sich klar von Attributen und Fertigkeiten absetzt, realistischer ist und nicht massiv Handhabbarkeit opfert), die Eingangsfrage halte ich aber für schlicht und ergreifend diskussionsunwürdig.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Haukrinn am 23.10.2012 | 11:59
Das ist mir zu abstrakt und die Antwort auf die Frage im Kontext lautet nein.  ;)
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.10.2012 | 12:01
Ich unterstütze hier Taschenschiebers Ansicht. Attribute können nicht realistisch oder unrealistisch sein; sie sind einfach nur ein Werkzeug. Die Frage müsste lauten: sind Attribute sinnvoll bzw. ausreichend?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Taschenschieber am 23.10.2012 | 12:03
Die Frage müsste lauten: sind Attribute sinnvoll bzw. ausreichend?

Und das hängt schlicht und ergreifend davon ab, was deine Designziele sind und ob du eine bessere Idee hast. Wie ich ja schon bereits sagte.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: alexandro am 23.10.2012 | 12:03
Kommt drauf an, welche Art von Attributen:

1.) Attribute als Messlatte für (zum Zeitpunkt des Spielbeginns) erlangte Grundkompetenz in einem bestimmten Bereich ---> können realistisch sein

2.) Attribute als "genetische Anlage", welche bestimmen wie sich der Charakter im Spiel entwickeln wird ---> unrealistisch
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: LöwenHerz am 23.10.2012 | 12:23
Realistisch oder plausibel? Soll versucht werden möglichst viel mit sowenig "Attributen" wie möglich abzubilden? Soll die Liste wirklich die Realität abbilden? Und was wäre der Sinn dahinter? Was wären die logischen Folgen aus dieser Aufstellung? Realistische Regeln? Plausible Regeln?

Zu wenig Basisinformationen, um darauf eine wirklich fruchtbare Diskussion aufzubauen.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: 1of3 am 23.10.2012 | 12:55
Vielleicht könnte man umformulieren: Genügen Attribute unseren Ansprüchen an Realismus? Kann man sie ohne Verlust weiter abstrahieren? Kann man sie verbessern? Sollte man sie durch etwas anderes, realistischeres ersetzen?

Ich finde das Attribut in Trollbabe zum Beispiel super. Der ganze Charakter in nur einer einzigen Zahl zwischen 2 und 9. Es ist unglaublich!
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Gummibär am 23.10.2012 | 13:07
Zunächst mal die Anmerkungen:

Falls hier irgendjemand Ironie verwendet, bitte dranschreiben. Ironie ist ein Stilmittel, für das die Kommunikation in Foren sonst leider wenig geeignet ist. Üblicherweise wird sie nämlich durch den Tonfall kenntlich gemacht, nur dass der in Foren nicht erfasst wird.

Unnötige Umständlichkeit wie „abstrakte Abstraktion“ bitte ich zu unterlassen. Jede Abstraktion ist abstrakt, das zu erwähnen ist überflüssig. Mit sowas vertreibt man Leute aus dem Thread, die keine Umständlichkeit mögen.



Für Attributen gibt es unterschiedliche Kriterien und ich würde diese Kriterien gerne separat diskutieren (im Hinblick auf den Realismus):


Beispiele:


Ich bitte darum, mich zu vervollständigen, falls ich was übersehen habe.

Ich finde das Attribut in Trollbabe zum Beispiel super. Der ganze Charakter in nur einer einzigen Zahl zwischen 2 und 9. Es ist unglaublich!

Ja, dabei handelt es sich um ein Attribut. Und wenn man gerne mehr Attribute hätte, ist das sicherlich kein Grund dafür, überhaupt keine Attribute zu verwenden, sondern eben dafür, mehr Attribute zu verwenden.

Was ist denn das für eine Frage? Attribute sind eine verdammte Abstraktion, damit zwar ein Versuch, die Realität abzubilden, aber eben nur in eingeschränktem Maße, was gibt es da überhaupt zu diskutieren?

Den Grad der Realitätsnähe und ob es Möglichkeiten gibt, ein Rollenspiel realitätsnäher zu designen.

Kommt hier demnächst ein Dreiseitenthread, ob Charakterbögen, Settingbände und Radiergummis überhaupt realistisch sind, oder seid ihr demnächst mit euren Bullshit-Bingo-Debatten mal fertig?

Die genannten Elemente haben keine Entsprechung in der Fiktion.

[...] (ich behaupte: Es gibt keine Variante, die sich klar von Attributen und Fertigkeiten absetzt, realistischer ist und nicht massiv Handhabbarkeit opfert), [...]

Genau das ist auch meine Behauptung. Die Variante, in der massiv Handhabbarkeit geopfert wird, würde ich trotzdem gerne kennen. Mir fällt sie nämlich nicht ein.

Ich unterstütze hier Taschenschiebers Ansicht. Attribute können nicht realistisch oder unrealistisch sein; sie sind einfach nur ein Werkzeug. Die Frage müsste lauten: sind Attribute sinnvoll bzw. ausreichend?

Wenn dir folgende Frage besser gefällt, als die Threadfrage, dann darfst du auch die gerne beantworten: Gibt es ein Rollenspieldesign, das Realismus besser unterstützt, als eines mit Attributen?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Arldwulf am 23.10.2012 | 13:11
Für Attributen gibt es unterschiedliche Kriterien und ich würde diese Kriterien gerne separat diskutieren (im Hinblick auf den Realismus):

  • a) jeder Charakter hat sie (zwar vielleicht nur auf Defaultwert, aber er darf sie benutzen. Ein Magieattribut gibt es also nicht, es sei denn jeder kann zaubern.)
  • b) bei Gebrauch sinken sie nicht (im Gegensatz zu Ressourcen)
  • c) es gibt keine Wertekategorie, deren einzelne Werte größere Gebiete abdecken (falls doch, handelt es sich um Fertigkeiten)

Beispiele:

  • 1) Magieresistenz, Konstitution (oft auch nur als Widerstandswerte verwendet)
  • 2) Körperkraft (oft auch nur als Festwert verwendet, z.B. für Tragkraft oder Bonusschaden)
  • 3) Geschicklichkeit, Charisma (oft für Proben verwendet)

Ich bitte darum, mich zu vervollständigen, falls ich was übersehen habe.
´

Ich würde sagen es fehlt noch: Attribute können die Basis für weitergehende Eigenschaften des Charakters sein. Beispielsweise ist die Konstitution die Basis für die Kondition (als verbrauchbare Ressource), und die Intelligenz kann die Basis für Wissensfertigkeiten sein.

In dem Sinne sind Attribute sicherlich auch ein wenig "was wurde mir mitgegeben", während die weitergehenden und darauf aufbauenden Eigenschaften eher das "was hab ich draus gemacht" repräsentieren.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: OldSam am 23.10.2012 | 13:20
Mit Ausrichtung auf Realismus/Sim sind Attribute Elemente eines Modells zur Darstellung/Simulation der Realität.
Die Beurteilung ob das Ganze mehr oder weniger realistisch ist, muss immer in Bezug auf das ganze Modell erfolgen, nicht nur auf das Teilelement "Attribut X". Allein macht das Attribut erstmal nichts, wenn es nicht in eine entsprechende Mechanik eingebunden und in einen Kontext gesetzt wird - erst dadurch kann man es beurteilen.

Generell ist es auf jeden Fall möglich (auch) mit Attributen zu arbeiten, um z.B. eine Person - bzw. verschiedene Faktoren, die sie ausmachen - realistisch zu modellieren. Dies bedingt dann einbezogene Relationen zu messbaren Größen aus der Realwelt, bspw. könnte das Maximalgewicht, das ein durchschnittlicher Erwachsener anheben kann, in ein Stärke/Körperkraft-Attribut oder etwas ähnliches einfließen.

Jedes Modell hat prinzipbedingt immer gewisse Unschärfen, da es sich um eine Vereinfachung der Realität handelt. Der "Grad des Realismus" ist immer unterschiedlich, wenn es aber gewisse Erwartungswerte erfüllt kann es für den gegebenen Kontext als hinreichend "realistisch" eingestuft werden.
Mit der Vereinfachung können wir dafür nun besser arbeiten in Bezug auf bestimmte Aufgaben oder Fragestellungen, während die "ungefilterte" Komplexität der Realwelt im Vergleich kaum zu handhaben wäre.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: ErikErikson am 23.10.2012 | 13:25
Ich denke auch es hängt nicht an den Attributen, sondenr wie die Attribute sich verhalten und wie sie Wirkung haben auf auf andere Werte und die Spielwelt. GURPS dürfte da beim Realismus weit vorne liegen.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: 1of3 am 23.10.2012 | 13:26
Zitat
Für Attributen gibt es unterschiedliche Kriterien und ich würde diese Kriterien gerne separat diskutieren (im Hinblick auf den Realismus):

    a) jeder Charakter hat sie (zwar vielleicht nur auf Defaultwert, aber er darf sie benutzen. Ein Magieattribut gibt es also nicht, es sei denn jeder kann zaubern.)
    b) bei Gebrauch sinken sie nicht (im Gegensatz zu Ressourcen)
    c) es gibt keine Wertekategorie, deren einzelne Werte größere Gebiete abdecken (falls doch, handelt es sich um Fertigkeiten)

Damit bist du ziemlich auf meiner Schiene, also einer sehr funktionalen. Ich kann also auch ein Spiel haben, welches Vanille und Chilli als Attribute hat oder Rot, Grün, Blau. Damit ist das Problem gelöst: Sofern du unter Realismus bestimmte ästhetische  Ansprüche an den Verlauf der Fiktion verstehst - wie auch immer die im einzelnen geartet sein mögen -, so haben Attribute mit Realismus gar nichts zu tun, denn sie haben nichts mit dem Inhalt der Fiktion zu tun.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.10.2012 | 15:16
Wenn dir folgende Frage besser gefällt, als die Threadfrage, dann darfst du auch die gerne beantworten: Gibt es ein Rollenspieldesign, das Realismus besser unterstützt, als eines mit Attributen?

Das hängt davon ab, was du als "Attribut" gelten lässt. Ein Attribut ist ja nur eine Wertigkeit (nicht mal zwingend ein Zahlenwert) in einer systemrelevanten* Eigenschaft. Ein System, das nicht auf Eigenschaften zurückgreift, kann ich mir aber kaum vorstellen. Was nicht heißt, dass das nicht möglich ist. Ich habe aber auch abseits klassischer Systeme keine Erfahrung.

*Bzgl. 1of3s Beitrag möchte ich dazu anmerken, dass Attribute natürlich nicht systemrelevant sein müssen, aber dann halt auch keine Funktion innerhalb des Systems haben. Sie sind dann vielleicht noch für den Fluff relevant. Typisches Beispiel: Haarfarbe.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.10.2012 | 15:36
Es gibt Systeme, die mechanisch nicht zwischen Attributen und Fertigkeiten unterscheiden. Diese sind prinzipiell genau so realistisch wie Systeme, die mechanisch zwischen Attributen und Fertigkeiten unterscheiden.

Und dann sind theoretisch noch Systeme denkbar, in denen die SCs überhaupt keine Spielwerte haben sondern die Spieler direkt Werte bekommen, über die sie Erzählrechte ausüben dürfen. Hier hängt der Realismus dann davon ab, wie sehr die Spieler ihre Erzählrechte missbrauchen bzw. wie wichtig ihnen Realismus ist.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: 1of3 am 23.10.2012 | 15:44
*Bzgl. 1of3s Beitrag möchte ich dazu anmerken, dass Attribute natürlich nicht systemrelevant sein müssen, aber dann halt auch keine Funktion innerhalb des Systems haben. Sie sind dann vielleicht noch für den Fluff relevant. Typisches Beispiel: Haarfarbe.

Dann hast du meine Argumentation, glaube ich, nicht so recht verstanden. Ich mache ein Beispiel.

Nach der gegebenen Definition sind Attribute durchaus für das System relevant. Sie sind nicht notwendig an Inhalte der Fiktion gekoppelt. Betrachten wir z.B. die Screen Presence bei PtA. Jeder Protagonist hat eine, sie verändert sich nicht durch Gebrauch (sondern nur bei Beginn einer neuen Episode), es gibt keine breiteren Werte (nur spezifischere nämlich die Traits). Ist nach der Definition folglich ein Attribut.

Trotzdem kann man die Screen Presence aus der Fiktion heraus nicht erkennen. Der Wert beschreibt nichts Fiktives, sondern etwas ein fiktionales, d.h. die Fiktion generierendes Moment. Es sagt nicht, ob ein Charakter einen Sturz aus einem Flugzeug überleben kann. Es sagt noch nicht mal, dass Charaktere mit höherer Screen Presence Stürze aus Flugzeugen eher überleben. Es sagt nur, dass, welche Probleme für den Charakter auch immer lösbar gedacht sind, er diese gerade einfacher lösen kann oder nicht.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.10.2012 | 16:25
Ok, das hatte ich nicht so verstanden. Ich stimme dir zu, dass die beschriebene Screen Presence (von PtA hab ich keinen Plan) nach Definition ein Attribut wäre. Das ist wirklich bemerkenswert.

Ändert aber an meiner Feststellung auch nichts, da Systemrelevanz nicht in der Definition enthalten ist (allenfalls sehr implizit, wenn von Gebrauch gesprochen wird).

Edit: wobei sich die Frage stellt, ob die Screen Presence zum Charakter gehört oder zum Spieler. Das kann ich nicht beurteilen, ohne das System zu kennen. Gehört sie zum Spieler, ist es kein Attribut (gemäß Eulenspiegels zweitem Absatz).
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: 1of3 am 23.10.2012 | 16:32
In Ordnung, ja. Wobei nach der Definition Attribute eine numerische Stufe haben scheinen. Sonst gäbe es nichts, was sinken könnte. Haarfarbe wäre also nur ein Attribut, wenn man Haarfarbe auf 7 haben kann. Das, also die Notwendigkeit einer numerischen Ausprägung, würde ich auch fordern, sollte ich eine Definition liefern.

Ändert natürlich nichts daran, dass man Attribute aufschreiben kann, die effektiv nichts tun, wie du sagst.


Edit-war-galore: Die Frage lässt sich nicht so recht beantworten. Ein Teilnehmer spielt höchstens einen Protagonisten (wenn er nämlich nicht der Producer ist) und jeder Protagonist erhält eine Screen Presence.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Greifenklaue am 23.10.2012 | 16:36
Für Attributen gibt es unterschiedliche Kriterien und ich würde diese Kriterien gerne separat diskutieren (im Hinblick auf den Realismus):

  • a) jeder Charakter hat sie (zwar vielleicht nur auf Defaultwert, aber er darf sie benutzen. Ein Magieattribut gibt es also nicht, es sei denn jeder kann zaubern.)
  • b) bei Gebrauch sinken sie nicht (im Gegensatz zu Ressourcen)
  • c) es gibt keine Wertekategorie, deren einzelne Werte größere Gebiete abdecken (falls doch, handelt es sich um Fertigkeiten)
Das klappt imho schon bei klassischen Attributen nicht, nehmen wir die von DCC (ein DnD-Ableger auf OGL-Basis). Hier können einzelne Charaktere auch Attribute "verbrennen".

Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: 1of3 am 23.10.2012 | 16:39
Man kann schon bei D&D Attributsschaden nehmen, da brauchst du nicht mal einen Ableger. "Sinken nur in Ausnahmefällen" wäre vielleicht treffender.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Talim am 23.10.2012 | 16:54
Split von hier (http://tanelorn.net/index.php/topic,77626.0.html).

Diskussion eröffnet.

Ja
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Greifenklaue am 23.10.2012 | 17:00
Man kann schon bei D&D Attributsschaden nehmen, da brauchst du nicht mal einen Ableger. "Sinken nur in Ausnahmefällen" wäre vielleicht treffender.
Gut, er schrieb ja bei Anwendung - das ist ja bei DnD nicht der Fall (oder gibt es Möglichkeiten bei einem Attributswurf vergiftet zu werden? Naja, für die Rettungswürfe läßt sich das konstruieren.). Das ließe sich bei DCC auf jeden Fall konstruieren.

Insofern ist Deine Einschränkung in jedem Fall sinnig.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Tudor the Traveller am 23.10.2012 | 18:06
In Ordnung, ja. Wobei nach der Definition Attribute eine numerische Stufe haben scheinen. Sonst gäbe es nichts, was sinken könnte. Haarfarbe wäre also nur ein Attribut, wenn man Haarfarbe auf 7 haben kann. Das, also die Notwendigkeit einer numerischen Ausprägung, würde ich auch fordern, sollte ich eine Definition liefern.

Nicht zwingend nummerisch aber zumindest abgestuft, ja. Wiederum sehr implizit, genau wie die Gebrauchsmöglichkeit.

Wobei ich die Definition des OP so auch nicht verwenden würde, um ein Attribut zu definieren. Aber das nur am Rande.

On Topic: Der Nutzen bzw. die Zweckmäßigkeit eines Attributs richtet sich imo danach, was es abbilden bzw. mechanisch bewirken soll und wie gut es das schafft. Der Anspruch an Abbildung bzw. Mechanik kann, aber muss nicht eine möglichst getreue Nachbildung realer irdischer Verhältnisse sein. Die Frage, ob dabei etwas "Realistisches" (d.h. Originalgetreues) herauskommt, hängt davon ab, welche Details relevant sind. Ich behaupte, dass unzureichende Ergebnisse nicht auf der Verwendung von Attributen an sich beruhen, sondern auf der Verwendung unzureichender, d.h. falscher Attribute.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Taschenschieber am 23.10.2012 | 18:30
Unnötige Umständlichkeit wie „abstrakte Abstraktion“ bitte ich zu unterlassen. Jede Abstraktion ist abstrakt, das zu erwähnen ist überflüssig. Mit sowas vertreibt man Leute aus dem Thread, die keine Umständlichkeit mögen.

Ich dachte, die Wiederholung sei nötig, da ja meine Aussage offenbar ohne sie einfach überlesen wurde.

Gibt es ein realistischeres Modell? Sicher. Mach mal. Du wirst aber imho quasi immer Spielbarkeit opfern.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Maarzan am 23.10.2012 | 18:33
Zu dem Begriff des Realismus gehört doch letztlich immer das Bild, welches man als realistisches Ideal anstrebt.
Attribute sind dann letztlich ein leider nicht besonderes "gesicherter" Name für ein regeltechnisches Werkzeug um diesem Ideal näher zu kommen.

Also gehört zu dieser Frage eine Beschreibung des Ziels (Vermutlich die Beschreibung von Handlungsauflösung auf Basis von Charakterkompetenzen) durch etwas, wie es Gummibär schon angerissen hat.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Blutschrei am 23.10.2012 | 18:48
Ich glaube eines der Probleme ist folgendes:

Ausgehend vom klassischen Eigenschaften-Fähigkeiten-System

Wir wollen Attribute als Abstraktion menschlicher/orkischer/elfischer Grundeigenschaften, auf denen dann Fertigkeiten aufgebaut werden. Die Grenze zwischen Attribut und Fertigkeit wird je nach System unterschiedlich definiert, ebenso die Veränderbarkeit derselben.

Warum unterteilen wir also, und bauen nicht einen großen "Charakterhaufen", der "Beschreibende Aspekte" enthält? Weil wir in der Realität sehen, dass es iese "Attribute" gibt. Es gibt Menschen die sind größer/muskulöser/widerstansfähiger oder können einfach besser mit Mensche umgehen als andere. Mit Sicherheit spielen hier auch viele angelernt und sozialisierte Fähigkeiten mit ein, aber ein gewisses Grundgerüst an "Eigenschaften" gestehe ich dem Menschen irgenwo trotzdem zu.

Da aber wohl jeder Mensch andere Vorstellungen davon hat, in wie weit Dinge Attribute oder Fertigkeiten sind, bzw welche Attribute einem Menschen eigentlich zugrunde liegen können und in wie weit diese "Veranlagung" sind, wird es sehr schwer, ein Attributssystem zu schaffen, welches alle für Realistisch halten.


Man könnte jetzt natürlich als wohlhabender Rollenspielinvestor und Simulationsfreak eine Gruppe aus Humanmedizinern, Biologen, Psychologen, Sportwissenschaftlern, Pädagogen, Physikern und Chemikern zusammenstellen und beginnen den realistischen Menschen auf möglichst detailreiche Art und Weise in kleinsste Funktionen, Werte und Wechselwirkungen zu unterteilen.
Danach könnte man sich eine Expertengruppe aus Informatikern, PC-Spieledesignern, Rollenspielautoren und Tanelorn-Membern ;) erstellen, die das ganze über ein Jahrzehnt versucht in eine halbwegs spielbare Form zu bringen.

Leider wird das Resultat für die wenigsten Rollenspielrunden zufriedenstellend sein, da es die öglichkeit nicht bietet, den Fokus selbst zu setzen, auf Dinge, die man cool findet, die man nicht jeden Tag draußen sieht.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: xergazz am 23.10.2012 | 18:49
Attribute bestehen nach meinem Verständnis aus einer Bezeichnung und einem Wert. Die Bezeichnung fasst alle oder einige für das System relevante Inhalte aus dem Vorstellungsraum unter einem Oberbegriff zusammen und hat damit einen beschreibenden Charakter. Was mit dem Attribut genau machbar ist, bzw welche Inhalte unter das Attribut fallen ist dabei oft nur implizit festgelegt (muss aber nicht: siehe der Ansatz den Fate mit seinen Trappings verfolgt). Der Wert hingegen versieht diese Inhalte mit einer Qualität, um sie für das System bewertbar zu machen.

Die Reihenfolge ist also:
Inhalt: Mauer erklettern > Klettern gehört zu "Stärke" > Stärke hat eine Qualität von 4 > würfel einen W6 + 4 gegen den Mindestwert

Das ist jetzt mehr eine Beschreibung als eine Definition aber es zeigt vielleicht, dass Attribute eigentlich nichts mit der Realitätsnähe des gemeinsamen Vorstellungsraumes zu tun haben sondern mehr ein Werkzeug sind, damit die Regeln des Spiels etwas haben, womit sie arbeiten können. Auf "ich kletter da mal hoch" kann man halt schlecht würfeln.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.10.2012 | 21:00
@ Blutschrei
Ich glaube nicht, dass es in der Wirklichkeit eine Unterscheidung zwischen Attributen und Fertigkeiten gibt:
Klugheit, Stärke, Charisma sind genau so trainierbar wie Mathematik, Athletik oder Redegewandtheit.

Klar, die Sachen bedingen sich gegenseitig: Klugheit hilft dir, besser Mathematik zu verstehen. Andererseits hilft dir Mathematik aber auch, klüger zu sein.

Sicherlich: Gewandtheit hilft dir beim Fußball. Andererseits hilft dir Fußball aber auch, gewandter zu sein.

Fingerfertigkeit hilft dir beim Nähen. Andererseits hilft dir Nähen aber auch, fingerfertiger zu sein.

Ganz deutlich wird es bei Wahrnehmung: Bei einigen Systemen ist es ein Attribut und in anderen eine Fertigkeit. Und beides ist berechtigt!
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Taschenschieber am 23.10.2012 | 21:04
In vielen Systemen sind Attribute auch steigerbar. Oft besteht der Unterschied zwischen As und Fs eben primär darin, dass As große Gebiete abdecken (d. h. quasi Wechselwirkungen zwischen Skills abbilden - wer sich intensiv mit einem Musikinstrument beschäftigt, dem fallen dann auch andere vermutlich leichter, und wer viel klettert, kann auch besser rennen und profitiert davon dann auch in anderen Sportarten), während Fs die feinen Nuancen abbilden.

Was überhaupt ein Attribut ist, ist nämlich auch in jedem System wieder anders definiert. Schon alleine das macht die Diskussion unglaublich schwer sinnlos.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: El God am 23.10.2012 | 21:07
Laut RPG Design Patterns sollte man die Werte als Attribute bezeichnen, über die jeder Charakter der Spielwelt verfügt. Wenn man z.B. nur den Eigenschaften Werte oder Marker zuschlägt, die besonders deutlich ins negative oder positive schlagen, handelt es sich schon nicht mehr um Attribute, auch wenn man z.B. Stärke oder Geschick dranschreibt.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Taschenschieber am 23.10.2012 | 21:17
Die Definition schließt aber den von mir angesprochenen Fall eindeutig ein. So leicht kommst du mir also nicht davon!

Außerdem, bevor die deutsche Rollenspielbranche einheitliche Terminologien nutzt, muss uns erstmal der olle Barbarossa vom Ulisses-Verlag befreien (schließlich soll der Herr ja wieder auftauchen, wenn Deutschland Probleme hat, und DSA ist ein Problem).

Ach sorry, jetzt habe ich doch glatt vergessen, dass in diesem Thread Leute unterwegs sind, die das ernstnehmen könnten  :Ironie:
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: OldSam am 23.10.2012 | 21:29
Klar, die Sachen bedingen sich gegenseitig: Klugheit hilft dir, besser Mathematik zu verstehen. Andererseits hilft dir Mathematik aber auch, klüger zu sein.

Sicherlich: Gewandtheit hilft dir beim Fußball. Andererseits hilft dir Fußball aber auch, gewandter zu sein.

Ja genau... Was Klugheit und Geschicklichkeit angeht, könnte man somit wohl in gewisser Weise sagen, dass sie (zumindest zu einem größeren Teil) letztlich aus der Summe der Fertigkeiten bestehen, die für diese 'Attribute' förderlich sind.
Andererseits ist auch anzunehmen, dass ein gewisser Teil dieser Attribute auch genetische Prädisposition ist, also eine angeborene gute Koordinationsfähigkeit bzw. überdurchschnittliche kombinatorische/analytische/assoziative Fähigkeiten etc., das wäre dann wieder ein Stück weit unabhängig von den später gelernten Fertigkeiten, quasi die Basis dafür.

Insgesamt ist die Verwebung/Verbindung zwischen Attributen u. Fertigkeiten wahrscheinlich signifikant stärker vorhanden als sie im RPG normalerweise dargestellt wird, allerdings würde das (wenn man es regeltechnisch umsetzt) auch deutlich komplizierter zu verwalten sein...
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Eulenspiegel am 23.10.2012 | 21:35
Aber auch bei vielen Sachen, die gemeinhin als Fertigkeiten zählen, gibt es genetische Prädispositionen: Einige Leute sind besonders talentiert, wenn es ums schwimmen geht, andere sind im Geräteturnen sehr talentiert, wieder andere in der Leichtathletik, wieder andere sind begnadete Kletterer, wieder andere hervorragende Fußballer.

In allen Bereichen haben wir eine Mischung aus genetischer Prädisposition und Training.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Taschenschieber am 23.10.2012 | 21:38
Hab ich ja gesagt: Die Trennung ist nicht immer zwischen angeboren und antrainiert, sondern manchmal auch einfach zwischen grobem und feinem Pinsel. Das ist jetzt zwar mieser Satzbau, aber egal.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Gummibär am 24.10.2012 | 01:23
Zitat von: Arldwulf
In dem Sinne sind Attribute sicherlich auch ein wenig "was wurde mir mitgegeben", während die weitergehenden und darauf aufbauenden Eigenschaften eher das "was hab ich draus gemacht" repräsentieren.

Die Aussage ist weit verbreitet, aber trotzdem irreführend. Stärke ist etwas, was durch Training massiv beeinflusst werden kann. Konstitution durch die Ernährung. Wahrnehmungsmali können durch Vitamin A gesenkt werden. Das Ergebnis eines IQ-Tests liegt höher, wenn man man geübt hat.

Das finde ich auch besser so, da Attribute mMn auch steigerbar sein sollen.



@ 1of3

Die Frage ist jetzt, ob die genannten Kriterien den möglichen Grad an Realismus einschränken. Ob stattdessen eine Verwendung anderer Konzepte einen höheren Grad an Realismus ermöglicht.

Screen Presence betrachte ich als Attribut des Charakters. Schließlich soll in der „Fernsehserie“ ja jeder Protagonist auch mal besonders beleuchtet werden. Wenn man nun die letzte Folge spielt, in der „Daniel Jackson“ eine besondere Rolle spielt und der betreffende Spieler nicht da ist, so könnte ein anderer Spieler diesen Protagonisten spielen und würde dann auch eine höhere Screen Presence erhalten. Ist zwar für den fehlenden Spieler doof, aber für die „Staffel“ ist es gut. (Kompetenz zur Darstellung natürlich vorausgesetzt. Aber das ist kein Problem, weil alle Spieler „Stargate“ lieben.)


@ Tudor the Traveller

Also das „man kann sie anwenden“ würde ich schon noch als Kriterium mit aufnehmen. Haarfarbe wäre demnach kein Attribut, sondern lediglich Fluff.

Zitat von: Eulenspiegel
Es gibt Systeme, die mechanisch nicht zwischen Attributen und Fertigkeiten unterscheiden. Diese sind prinzipiell genau so realistisch wie Systeme, die mechanisch zwischen Attributen und Fertigkeiten unterscheiden.

Bei diesen Spielen handelt es sich bei beiden Wertekategorien um Attribute.

Zitat von: Eulenspiegel
Und dann sind theoretisch noch Systeme denkbar, in denen die SCs überhaupt keine Spielwerte haben sondern die Spieler direkt Werte bekommen, über die sie Erzählrechte ausüben dürfen. Hier hängt der Realismus dann davon ab, wie sehr die Spieler ihre Erzählrechte missbrauchen bzw. wie wichtig ihnen Realismus ist.

Was dann heißt, dass das System an sich überhaupt nicht realistisch ist, keinen Realismus unterstützt, aber Realismus auch nicht verhindert. Die Fiktion kann realistisch sein, nur hat das mit dem System nichts zu tun. Die Handlungen der Spieler entscheiden über Realismusgrad, nicht das System.

Das klappt imho schon bei klassischen Attributen nicht, nehmen wir die von DCC (ein DnD-Ableger auf OGL-Basis). Hier können einzelne Charaktere auch Attribute "verbrennen".

Dann handelt es sich schon mal um Ressourcen. Wäre die Frage, ob es gleichzeitig Attribute sind.
Wie wird denn das Verbrennen von Geschick und Charisma in der Fiktion erklärt? Ich vermute da schlechtes Design...

Man kann schon bei D&D Attributsschaden nehmen, da brauchst du nicht mal einen Ableger. "Sinken nur in Ausnahmefällen" wäre vielleicht treffender.

Soweit ich weiß, nimmt man den Attributsschaden nicht selbst, sondern bekommt ihn zugefügt. In dem Fall passt meine Definition.

Wobei ich die Definition des OP so auch nicht verwenden würde, um ein Attribut zu definieren. Aber das nur am Rande.

Das sollte ja eigentlich auch diskutiert werden. ;)



@ xergazz

Wenn es in dem Spiel „Stärke“ nicht gibt, dann wäre „ich kletter da mal hoch“ ein Attribut.a
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Skele-Surtur am 24.10.2012 | 02:20
Attribute, verstanden als Zahlenwerte
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, die bestimmte Eigenschaften einer Spielfigur greifbar machen sollen, können meiner Ansicht nach sehr wohl realistisch sein, wobei ich generell im Rollenspielsektor den Begriff der Plausibilität dem des Realismus vorziehe.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Greifenklaue am 24.10.2012 | 09:24
Dann handelt es sich schon mal um Ressourcen. Wäre die Frage, ob es gleichzeitig Attribute sind.
Wie wird denn das Verbrennen von Geschick und Charisma in der Fiktion erklärt? Ich vermute da schlechtes Design...
Das Gegenteil ist der Fall ;) Als Magier kann ich z.B. meine Attribute im sogenannten Manaburn verheizen. Das ist ziemlich Sword`n'Sorcery. Es gibt auch ein supi Bild, vom jungen Lehrling zum kompetenten Magier zum entstellten, von der Magie gezeichneten Magister. Großartig. Die Definition, dass es zugleich Attribut und Ressource ist, find ich nicht schlecht.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: xergazz am 24.10.2012 | 09:49
@ xergazz
Wenn es in dem Spiel „Stärke“ nicht gibt, dann wäre „ich kletter da mal hoch“ ein Attribut.

Nur wenn es vom Regelwerk so definiert wurde. Ansonsten weicht man auf ein definiertes Attribut aus, dass am passendsten erscheint, womit wir wieder bei meiner ursprünglichen Feststellung wären. Oder man spielt in diesem Bereich frei (also ohne Regeln). Das kann grade bei Spielen mit einem starken Fokus öfter mal passieren.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: 1of3 am 24.10.2012 | 10:37
@ 1of3

Die Frage ist jetzt, ob die genannten Kriterien den möglichen Grad an Realismus einschränken. Ob stattdessen eine Verwendung anderer Konzepte einen höheren Grad an Realismus ermöglicht.

Also wenn du unter Realismus ungefähr das verstehst, was ich angedeutet habe, dass also gewisse Vorgänge in der Fiktion als unrealistisch erscheinen könnten, und an deinen drei Kriterien so festhälst, dann habe ich gezeigt, dass Attribute und Realismus einfach nichts miteinander zu tun haben, eben weil nicht klar ist, wie diese Attribute mit der Fiktion zusammenhängen.


Zum Attributsschaden: Es gibt dann wiederum Klassen, die freiwillig ihre Attribute verbrennen können. Hellfire Warlock und diese Späße. Ich hätte das Kriterium unter dem Kriterium passive Ressourcen, wie HP, auch so operationalisiert, dass ihr Verlust eben eine Verwendung ist insofern, dass der Besitzer, solange er die Ressource noch ausgeben kann, ein Veto gegen alle Vorschläge hat, seinen Charakter umzubringen.


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Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: El God am 24.10.2012 | 11:24
Ist eine Regel bzw. ein Wert schon dann unrealistisch, wenn sich nicht sofort semantisch erschließt, was seine Anwendung in der Fiktion bedeutet oder erst dann, wenn man überhaupt nicht mehr erklären kann, wie ein bestimmtes Ergebnis zustande kommt? Oder muss es hinreichend unwahrscheinlich sein? Ich für meinen Teil halte mich für ziemlich geübt/talentiert in Sachen Regelexegese, d.h. der Übersetzung von Regel/Wert/Würfelergebnis in Fiktion. Dass man dann teilweise unwahrscheinliche (je nach Definition also auch unrealistische) Erklärungen heranzieht, ist mir dann aber meist erstmal wurscht, weil ich keinen erhöhten Wert auf Realismus lege.

Zitat
a) jeder Charakter hat sie (zwar vielleicht nur auf Defaultwert, aber er darf sie benutzen. Ein Magieattribut gibt es also nicht, es sei denn jeder kann zaubern.)
b) bei Gebrauch sinken sie nicht (im Gegensatz zu Ressourcen)
c) es gibt keine Wertekategorie, deren einzelne Werte größere Gebiete abdecken (falls doch, handelt es sich um Fertigkeiten)

a) Finde ich unglücklich. Haben und Benutzen würde ich trennen. Haben ja, Benutzen - warum? Der Magiewert ist standardmäßig auf Null, per Regel darf Magie nur erlernen/praktizieren, wer Magie >0 hat. Steigerbar ist der Magiewert nur bei der Charaktererschaffung oder wenn >0. Finde ich fluffig.
b) würde ich einschränken zu: beim normalen Gebrauch sinken sie nicht; Besondere Situationen können Attribute imho durchaus senken, z.B. Attributsschaden (D&D), Verkrüppelung, göttliche Strafen - da muss ich nichtmal Dinge wie "Attribute verbrennen" (ist ja auch für die entsprechenden Charaktere keine alltägliche Sache) heranziehen
c) kann ich nicht folgen - meinst du, dass Attribute "breit formuliert" sein sollten?

Das ist mir alles schon zu einschränkend. Du gehst von einer sehr speziellen Art aus, Attribute zu implementieren, die imho schon weit vom Realismus-Ideal weg ist. Nehmen wir ein Attribut "Fingerfertigkeit", wie es ja DSA kennt - Was machen Kreaturen ohne Finger? Haben die das Attribut nicht (wäre imho die semantisch korrekte Lösung) oder einfach nur auf 0 und unbenutzbar? Charisma finde ich als Attribut fürchterlich, weil es realistisch nicht vergleichbar ist (da müssen dann sonderbare Modifikatoren zwischengeschaltet werden, um zu klären, wie ein Wesen auf ein anderes wirkt) usw. - das sind aber nach deinen Kriterien alles beides in den meisten Rollenspielen schon Attribute.
Gibt es nun einen Stamm an Attributen, der realistisch ist (wenn man konsequent alles unrealistische weglässt) oder ist es doch besser, komplett auf Attribute zu verzichten, und nur zu benennen, welche Eigenschaften eine Spielfigur wirklich *hat*, statt ein festes Set potentieller Eigenschaften zu benennen und diese dann zu bewerten?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Arldwulf am 24.10.2012 | 11:44
Das Stichwort ist Erweiterbarkeit. Wenn ich zwischen Werten für generelles Potential und konkreten Fertigkeiten unterscheide lässt sich dies besser auf neue, vorher unbekannte oder improvisierte Aktionen anwenden.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Gummibär am 24.10.2012 | 13:53
Definition Ressource:Eine Ressource ist ein Charakterwert, der bei Verwendung sinkt. Es gibt ressourcenverbrauchende Handlungen und ressourcenfreie Handlungen. Ressourcenverbrauchende Handlungen verwenden Ressourcen. Ressourcenfreie Handlungen verwenden keine Ressourcen. Für dieselbe ressourcenverbrauchende Handlung kann der Verbauch der verwendeten Ressource(n) variieren, ist jedoch bei jeder verwendeten Ressource > 0. Bei ressourcenfreien Handlungen können auch Ressourcenverluste entstehen. Ein Handlung, bei der die Möglichkeit besteht, dass eine bestimmte Ressource nicht verbraucht wird, verwendet diese nicht und ist in Bezug auf diese Ressource daher ressourcenfrei.

Anmerkung: Mana ist normalerweise Ressource. In einem Spiel, in dem eine bestimmte Sonderfertigkeit einem Charakter erlaubt, zukünftig ohne Manakosten zu zaubern, ist Mana für diesen Charakter dann keine Ressource mehr. Kann er nur bestimmte Zauber ohne Manakosten zaubern, dann sind diese Zauber ressourcenfrei. Und zwar auch dann, wenn sie nur bei 1-3 auf w6 kostenlos sind!

Das Gegenteil ist der Fall ;) Als Magier kann ich z.B. meine Attribute im sogenannten Manaburn verheizen. Das ist ziemlich Sword`n'Sorcery. Es gibt auch ein supi Bild, vom jungen Lehrling zum kompetenten Magier zum entstellten, von der Magie gezeichneten Magister. Großartig. Die Definition, dass es zugleich Attribut und Ressource ist, find ich nicht schlecht.

Hm...

Also Ausdauer im Sinne von DSA betrachte ich nicht als Attribut. Wie lässt sich das ausschließen? Proben machen nicht den Unterschied, denn auf Magieresistenz kann man auch keine Proben ablegen, die erschwert nur gegnerische Zauberproben.

Lebensenergie müsste auch noch abgegrenzt werden. Nach den Design Patters wäre Lebensenergie ja ebenfalls ein Attribut. :(
Lebensenergie ist nach meinem Verständnis übrigens nicht zwangsläufig eine Ressource. Unter geeigneten Bedingungen (z.B. Blutmagie) wird sie aber dazu. Lebensenergie ist aber erstmal nur ein Statuswert oder ein Zustandswert.



@ 1of3

Die geänderte Frage ist: Wenn ich ein Spiel mit „maximalem“ Realismus erstellen möchte – muss ich dann auf Attribute verzichten?

@
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@ LaDolge Vita

Würde gerne mal deine Definition von Attribut hören.

Eine Regel bzw. ein Wert ist unrealistisch, wenn man damit unrealistische Fiktion produzieren kann.

Zu 1): Der Magiewert ist halt kein Attribut, sondern eine Fertigkeit.

Zu 2): Wenn ein SC verkrüppelt wird, dann sinkt das Attribut nicht aufgrund des Gebrauchs, da es keinen vorgeschriebenen minimalen Verbrauch des Attributs für die entsprechende Handlung gibt.

Zu 3): In Systemen, in denen es eine klassische Aufteilung in Attribute und Fertigkeiten gibt, ist die breiter formulierte Kategorie Attribute, die andere Kategorie stellt keine Attribute dar.

Das ist mir alles schon zu einschränkend. Du gehst von einer sehr speziellen Art aus, Attribute zu implementieren, die imho schon weit vom Realismus-Ideal weg ist. Nehmen wir ein Attribut "Fingerfertigkeit", wie es ja DSA kennt - Was machen Kreaturen ohne Finger? Haben die das Attribut nicht (wäre imho die semantisch korrekte Lösung) oder einfach nur auf 0 und unbenutzbar?

Hm, das Argument hatte ich befürchtet, eine Lösung dafür wäre super. Eine Kreatur ohne Finger darf natürlich keine Proben auf Fingerfertigkeit ablegen, den Wert auf 0 zu setzen reicht nicht, allein schon, weil man die FF z.B. magisch erhöhen könnte. Also ja: Eine Kreatur ohne Finger hätte dieses Attribut nicht. Ein SC, dem alle Finger abgehackt wurden, sprengt meine Definition. Denn er kann dieses Attribut nicht anwenden. Selbst wenn es auf seinem Charakterbogen steht.

Charisma finde ich als Attribut fürchterlich, weil es realistisch nicht vergleichbar ist (da müssen dann sonderbare Modifikatoren zwischengeschaltet werden, um zu klären, wie ein Wesen auf ein anderes wirkt) usw. - das sind aber nach deinen Kriterien alles beides in den meisten Rollenspielen schon Attribute.

Ja dann schaltet man bei Charisma halt noch beliebig viele Modifikatoren zwischen. Wo ist das Problem? In meinem Rollenspielsystem gibt es überhaupt keine Standardschwierigkeit. Die Schwierigkeit muss immer anhand der Situation beurteilt werden.

Gibt es nun einen Stamm an Attributen, der realistisch ist (wenn man konsequent alles unrealistische weglässt) oder ist es doch besser, komplett auf Attribute zu verzichten, und nur zu benennen, welche Eigenschaften eine Spielfigur wirklich *hat*, statt ein festes Set potentieller Eigenschaften zu benennen und diese dann zu bewerten?

Hm, evtl. würde ich zwischen Basis- (hat jeder) und Spezial-Attributen unterscheiden. Allerdings bleibt dann nicht mehr viel übrig, was ein Attribut ausmacht.

Das Stichwort ist Erweiterbarkeit. Wenn ich zwischen Werten für generelles Potential und konkreten Fertigkeiten unterscheide lässt sich dies besser auf neue, vorher unbekannte oder improvisierte Aktionen anwenden.

In DSA 4 gibt es z.B. den Vorteil Begabung für Talent. Dieser erlaubt es, das entsprechende Talent auf einen um 2 Punkte höheren Wert zu steigern, als ohne den Vorteil erlaubt wäre. Dieser Vorteil erhöht also das Potential in dem Talent.

Nehmen wir als SC ein Kind. Dieses verfügt über Klugheit 8 (KL 8) und Körperkraft 8 (KK 8). Was sagen diese Werte nun über das Potential des Kindes aus? Meiner Meinung nach nichts, es gibt lediglich den aktuellen Zustand an.

Bei einem umfassenden Regelsystem gibt es Attribute, für die sich keine „neuen“ Aktionen finden lassen, weil diese bereits alle abgedeckt sind.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: El God am 24.10.2012 | 14:20
Irgendwo hatte ich meine Definition schonmal dargestellt:

Attribute sind Werte bzw. Marker, die jeder Charakter automatisch hat. Absolut jeder. Je nachdem, welche Teile der Fiktion als Charakter aufgefasst werden, trifft dies also z.B. auch auf Tiere oder sogar auf *Dinge* zu.

Das wars schon. Den ganzen Hickhack von wegen Abgrenzung von Ressourcen, Punkte verlieren oder verbrennen, Vergleichbarkeit oder Anwendbarkeit spart man sich so. Das ist übrigens iirc die Definition, die auch die RPG Design Patterns verwenden.

Ressourcen würde ich davon nicht zwingend scharf abgrenzen. Ich denke, Attribute können auch Ressourcen sein. Weder sind alle Attribute damit zwingend automatisch Ressourcen, noch sind alle Ressourcen damit zwingend Attribute. Den Attributanteil einer Ressource übernimmt dabei meinem Verständnis nach der Maximalwert: Lebensenergie ist nach oben hin begrenzt (kann u.U. zwar gebufft werden, sinkt aber irgendwann natürlicherweise wieder auf das normale Maximum zurück). Ressourcen müssen meiner Meinung nach auch nicht zwangsweise aktiv aufgebraucht werden - es lohnt sich allerdings eventuell eine Unterteilung in aktive und passive Ressourcen (Reserven?).

Zitat
Wenn ich ein Spiel mit „maximalem“ Realismus erstellen möchte – muss ich dann auf Attribute verzichten?

Meiner Meinung und meiner Definition nach nicht zwingend. Ordentlicher Realismus verwendet dann aber tatsächlich Attribute, die *jeder* hat. Von den klassischen Rollenspielattributen wie Stärke, Intellekt etc. würde ich Abstand nehmen. Einfacher wäre aber die von mir bereits vorgeschlagene Lösung: Aus Designgründen Verzicht auf Attribute und Ersetzen durch variable Marker/ Werte.

Zitat
Zu 1): Der Magiewert ist halt kein Attribut, sondern eine Fertigkeit.

Nach meiner Definition (s.o.) nicht: Jeder hat ihn. Ob der nun null ist oder nicht, spielt da keine Rolle. Das hat den Vorteil, dass man sauberer designen kann und Regeln universeller anwendbar sind. Wenn man den Magiewert z.B. wie jedes andere Attribut auch steigern kann, braucht man nur eine einzige Regel für alle Attribute.

Zitat
Zu 2): Wenn ein SC verkrüppelt wird, dann sinkt das Attribut nicht aufgrund des Gebrauchs, da es keinen vorgeschriebenen minimalen Verbrauch des Attributs für die entsprechende Handlung gibt.

Deshalb ist deine Definition ja auch so unpraktisch, du siehst selbst, wie viel Geschwurbel sie verursacht.

Zitat
Zu 3): In Systemen, in denen es eine klassische Aufteilung in Attribute und Fertigkeiten gibt, ist die breiter formulierte Kategorie Attribute, die andere Kategorie stellt keine Attribute dar.

Und spätestens hier will ich dir gar nicht mehr folgen: Deine Definition richtet sich also nicht nach Anwendbarkeit im Design oder in einer Diskussion, sondern nach der breiten Masse der Vorbilder. Die klassische Aufteilung verursacht unrealistische Ergebnisse - warum ihr also folgen?

Zitat
Ja dann schaltet man bei Charisma halt noch beliebig viele Modifikatoren zwischen. Wo ist das Problem? In meinem Rollenspielsystem gibt es überhaupt keine Standardschwierigkeit. Die Schwierigkeit muss immer anhand der Situation beurteilt werden.

Das Problem liegt in der Unhandlungkeit von "beliebig viele Modifikatoren". Das empfinde ich schlicht und einfach als mieses Design. Einfacher wäre es doch, Charisma einfach nur über Fertigkeiten oder Vor- und Nachteile (oder andere wertefreie Merkmale) darzustellen, oder?

Zitat
Hm, evtl. würde ich zwischen Basis- (hat jeder) und Spezial-Attributen unterscheiden. Allerdings bleibt dann nicht mehr viel übrig, was ein Attribut ausmacht.

Das wäre die Lösung, wenn man sich aus irgendwelchen religiösen Gründen gezwungen sieht, Attribute zu verwenden. Warum sollte man das aber überhaupt tun? Gerade bei [passende Eigenschaft + passende Fertigkeit + Würfel (Vergleiche) Zielwert] ist man doch gar nicht mehr auf fixe Eigenschaften (nach meiner Definition Attribute) angewiesen. Wenn es zufällig ein passendes Attribut gibt, nutzt man es, wenn nicht, dann nicht (evtl. zieht man einen Malus ab, weil irgendwelche Grundlagen/Voraussetzungen fehlen) und gut.

Der Zusammenhang deiner letzten drei Zeilen und dem Zitat von Arldwulf entzieht sich mir.  wtf?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Arldwulf am 24.10.2012 | 14:39
In DSA 4 gibt es z.B. den Vorteil Begabung für Talent. Dieser erlaubt es, das entsprechende Talent auf einen um 2 Punkte höheren Wert zu steigern, als ohne den Vorteil erlaubt wäre. Dieser Vorteil erhöht also das Potential in dem Talent.

Ist ja letztlich nicht viel anders...ob ich nun etwas um 2 höher steigern kann weil ich so stark, charismatisch oder sonstwas bin oder ob ich einen Bonus darauf erhalte ist eine Detailfrage.

Der Punkt ist: Fertigkeiten sind von Attributen abgeleitet, auf speziellere Anwendung zugeschnitten. Was die Antwort auf die Frage "warum dann nicht einfach nur eines von beidem": Damit man verschiedene Abstraktionsebenen hat und mit diesen mit weniger Aufwand mehr Situationen erfassen kann.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: xergazz am 24.10.2012 | 15:45
Ordentlicher Realismus verwendet dann aber tatsächlich Attribute, die *jeder* hat. Von den klassischen Rollenspielattributen wie Stärke, Intellekt etc. würde ich Abstand nehmen. Einfacher wäre aber die von mir bereits vorgeschlagene Lösung: Aus Designgründen Verzicht auf Attribute und Ersetzen durch variable Marker/ Werte.

So in Richtung Fate-Aspekte?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Eulenspiegel am 24.10.2012 | 17:45
Attribute sind Werte bzw. Marker, die jeder Charakter automatisch hat. Absolut jeder. Je nachdem, welche Teile der Fiktion als Charakter aufgefasst werden, trifft dies also z.B. auch auf Tiere oder sogar auf *Dinge* zu.
Bei DSA3 wären also Lebensenergie, Ausdauer, Athletik, Raufen, Sinnesschärfe etc. also Attribute?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: El God am 24.10.2012 | 19:57
So in Richtung Fate-Aspekte?

So oder in Kombination mit einem würfelbaren Wert.

Zitat
Bei DSA3 wären also Lebensenergie, Ausdauer, Athletik, Raufen, Sinnesschärfe etc. also Attribute?

Nach meiner Definition: Athletik, Raufen und Sinnesschärfe nicht. Athletik gibt es in DSA 3 noch gar nicht, Sinnesschärfe und Raufen haben z.B. Tiere auch nicht. Lebensenergie und Ausdauer funktionieren dagegen ganz korrekt als Attribute mit Ressourcenfunktion. in DSA 4 dagegen bin ich mir da gar nicht mehr so sicher - hier sind beide Werte per Formel von Attributen abgeleitet. Dazu werden noch weitere Werte addiert (Rasse, steigerbarer LeP-Bonus) - das ist ein ziemlich undurchsichtiges Kuddelmuddel.
Wenn man so will, hat in DSA 3 ja jeder Charakter ausschließlich Attribute und keine Fertigkeiten: Da gab es noch so tolle Endloslisten, weil jeder Charakter in jedem Talent *irgendeinen* Wert haben musste... Interessanterweise gilt dies nicht für die Zaubertalente - die gibts nur für Magiebegabte...  ~;P

Ich sehe aber, dass meine Definition auch nicht ganz wasserdicht und narrensicher ist. Hmm.. Verbesserungsvorschläge?
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Gummibär am 24.10.2012 | 22:05
@ La Dolge Vita

Nehmen wir also einen NSC, der so schwer gelähmt ist, dass er lediglich seine Augen verwenden kann. Ein solcher NSC ist in jedem Setting denkbar. (Eine andere Frage ist es, ob er dort einen Tag überleben kann.)
Er hat also weder Stärke, noch Fingerfertigkeit. Demnach wäre Stärke deiner Meinung nach niemals ein Attribut, genau wie Fingerfertigkeit?

Vielleicht sollte RPG Design Pattern sich dann mal ne neue Bezeichnung ausdenken, denn von Attributen ist dort dann anscheinend nicht die Rede.

Nach meiner Definition (s.o.) nicht: Jeder hat ihn. Ob der nun null ist oder nicht, spielt da keine Rolle. Das hat den Vorteil, dass man sauberer designen kann und Regeln universeller anwendbar sind. Wenn man den Magiewert z.B. wie jedes andere Attribut auch steigern kann, braucht man nur eine einzige Regel für alle Attribute.

Werte notieren zu müssen, die man nicht anwenden kann, ist kein sauberes Design. Klar, für die Computerspielvariante gäbe es die Datenbankzeile „Magiewert“, der Eintrag wäre allerdings nicht 0 sondern n/a.

Deshalb ist deine Definition ja auch so unpraktisch, du siehst selbst, wie viel Geschwurbel sie verursacht.

Ich habe Ressource präzise definiert. Welcher Charakterwerte sind für dich denn keine Ressourcen? Und nach welcher Definition?

Und spätestens hier will ich dir gar nicht mehr folgen: Deine Definition richtet sich also nicht nach Anwendbarkeit im Design oder in einer Diskussion, sondern nach der breiten Masse der Vorbilder. Die klassische Aufteilung verursacht unrealistische Ergebnisse - warum ihr also folgen?

Von mir aus, nenn Basis-Fertigkeiten auch Attribute. Und was ist jetzt gewonnen? Nix.

Das Problem liegt in der Unhandlungkeit von "beliebig viele Modifikatoren". Das empfinde ich schlicht und einfach als mieses Design. Einfacher wäre es doch, Charisma einfach nur über Fertigkeiten oder Vor- und Nachteile (oder andere wertefreie Merkmale) darzustellen, oder?

Für jede Probe kann man beliebig viele Modifikatoren anbringen.

Was ist denn, wenn ich eine Charisma-Probe haben will und der Charakter hat das nicht? (Es ist ja bei dir kein Attribut.) Also auch keine passende Fertigkeit, keinen Vor- und Nachteil.

Gerade bei [passende Eigenschaft + passende Fertigkeit + Würfel (Vergleiche) Zielwert] ist man doch gar nicht mehr auf fixe Eigenschaften (nach meiner Definition Attribute) angewiesen. Wenn es zufällig ein passendes Attribut gibt, nutzt man es, wenn nicht, dann nicht (evtl. zieht man einen Malus ab, weil irgendwelche Grundlagen/Voraussetzungen fehlen) und gut.

Und genau deshalb unterscheidet man zwischen Attributen und Fertigkeiten. Wenn man nicht die passende Fertigkeit hat, dann kann man nicht von der Fertigkeit profitieren (kriegt ggfs. noch Malus, falls es keine Basisfertigkeit ist), sondern lediglich auf das Attribut zurückgreifen. Das Attribut ist immer vorhanden, der speziellere Wert nicht immer.

Der Zusammenhang deiner letzten drei Zeilen und dem Zitat von Arldwulf entzieht sich mir.

Arldwulf ist der Meinung, Attribute würden ein Potential angeben. In Wirklichkeit geben Begabungen das Potential an. Begabungen wirken sich wiederum auf Attribute aus. Eine Begabung für ein Attribut sorgt für ein hohes Attribut und ein hohes Potential. Hohe Attribut und hohes Potential haben aber keinen direkten Zusammenhang, sondern sind nur beide Folge der Begabung. Man kann aber auch ohne Begabung ein hohes Attribut haben, in dem Fall hat man kein hohes Potential.

Potential = möglicher Maximalwert

„Du hast Potential“ bedeutet, dass jemand gut werden kann, nicht dass er gut ist.

Sinnesschärfe und Raufen haben z.B. Tiere auch nicht.

Aber Tiere sind doch keine Charaktere bei DSA 3.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: El God am 24.10.2012 | 22:13
Zitat
Arldwulf ist der Meinung, Attribute würden ein Potential angeben. In Wirklichkeit geben Begabungen das Potential an. Begabungen wirken sich wiederum auf Attribute aus. Eine Begabung für ein Attribut sorgt für ein hohes Attribut und ein hohes Potential. Hohe Attribut und hohes Potential haben aber keinen direkten Zusammenhang, sondern sind nur beide Folge der Begabung. Man kann aber auch ohne Begabung ein hohes Attribut haben, in dem Fall hat man kein hohes Potential.

"In Wirklichkeit" gibt es all das nicht. "In Wirklichkeit" wissen wir, dass all diese Attribute, Begabungen etc. nur eine ziemlich miese Krücke bei der Beschreibung der Eigenschaften und Fähigkeiten eines Menschen sind.

Zum Rest je nach Lust evtl. später mehr.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Arldwulf am 24.10.2012 | 22:15
Potential = möglicher Maximalwert

Ich würd es als "Fähigkeit sich auf dieses Niveau zu entwickeln" bezeichnen, aber ja - ungefähr dies war damit durchaus gemeint.

Ein Charakter mit gutem Potential kann eine Fähigkeit gewiss besser meistern als einer mit schlechterem Potential. Aber das bedeutet eben nicht dass er tatsächlich besser ist. Ob dieses Potential nun aus "hat eine natürliche Begabung" oder "ist fleißiger und nutzt das ihm mitgegebene besser aus" besteht empfinde ich dabei eigentlich als etwas das der Spieler selbst entscheiden kann.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: asri am 25.10.2012 | 16:52
tl;dr gibts am Ende.  :)

Falls ich übersehen habe, wo hier jemand Realismus/ Realitätsnähe definiert hat, bitte ich um einen Link.

Mal ganz davon abgesehen, dass ich von der sozialen Konstruktion der Wirklichkeit nicht viel Ahnung habe: Dass "Realität" immer ein kulturell gebundenes Konstrukt ist, und dass es daher sehr viele verschiedene Wirklichkeiten gibt (und nicht die Wirklichkeit), setze ich voraus. Wenn wir über Realität reden, dann meinen wir das in unserer Kultur und Zeit verbreitete Verständnis von Realität. Natürlich ist das schon nicht einheitlich, da gibt es viele individuelle Unterschiede.

Realismus ist ja ein Begriff, der ein Verhältnis beinhaltet (ein relationales Konzept, für die Fremdwortfreunde). Anschaulich gesagt: Realitätsnähe ist Nähe zwischen verschiedenen Objekten, eines davon ist "die Realität" (im obigen Sinne), das andere soll wohl das Rollenspiel oder konkreter die im Rollenspiel erzählte Geschichte sein. Realistisch ist ein Rollenspiel demnach, wenn die im Rollenspiel erzählte Geschichte kaum von der persönlichen Auffassung von Realität abweicht.

Die Frage nach Realismus im Rollenspiel richtet sich also auf Realismus in Erzählungen. Nun würde ich mal behaupten, dass Erzählungen grundsätzlich eine gewisse Distanz zur "Realität" aufweisen. Nicht nur in der Phantastik (Magie, Fabelwesen, Superhelden), sondern auch in anderen Geschichten, sei es ein Fernsehkrimi, ein historischer Roman oder eine Liebesgeschichte. Geschichten haben einen Anfang und ein Ende, unsere Realität nicht. Es gibt Zeitsprünge, Rückblenden usw. - anders als in der Realität. Es gibt Protagonisten (das ist in der Wirklichkeit ebenfalls anders), und deren Schicksal hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, die im "echten Leben" keine Rolle spielen: Von Erzählabsichten, Genrekonventionen, Timing... Das sind alles Aspekte, die typischerweise ausgeblendet werden, wenn man darüber spricht, wie realistisch eine Geschichte ist. Mein Verdacht ist sogar, dass eigentlich über das Realitätskonstrukt der Erzählung gesprochen wird. Zum Beispiel könnte man es unrealistisch finden, dass Hänsel und Gretel es schaffen, die Hexe in den Ofen zu schieben, weil die beiden Kinder sicherlich zu schwach dafür wären, und die Hexe wiederum so doof und hilflos nicht sein kann. Die Existenz einer Hexe in einem Lebkuchenhaus oder die klare Unterscheidung von Gut und Böse akzeptieren wir aber als Teil der fiktionalen Realität.

Mein Eindruck ist, dass "Realismus im Rollenspiel" meint, dass die im Rollenspiel erzählten Geschichten zwar möglichst nah an "der echten Realität" dran sein sollen, also an dem kulturspezifischen Konstrukt von Wirklichkeit, dass sie aber einige oder alle der üblichen narrativen Unterschiede zur Wirklichkeit behalten dürfen. Z.B. darf es Schnitte/ Zeitsprünge geben. Schließlich will niemand sechs bis acht Stunden lang in Echtzeit ausspielen, wie die Gruppe im Wirtshaus übernachtet. Außerdem kann es durchaus sein, dass Elemente der fiktionalen Realität wie Magie, Vampire etc. akzeptiert sind, aber ihre Wirkung in der Spielwelt "realistisch" sein soll.

Ein "realistisches" Rollenspielsystem soll also nur in bestimmten Bereichen realistisch sein, aber in anderen nicht. Genauer gesagt steht es zwischen verschiedenen Wirklichkeiten: Der Realität der Spieler und der Realität der Spielwelt. "Realistisch" heißt außerdem, dass es nahe an einem bestimmten Konstrukt von Wirklichkeit sein soll: Wir wollen es realistisch finden - ob ein buddhistischer Mönch des 7. Jahrhunderts oder brasilianischer Neo-Schamane der 1980er es realitätsnah finden, ist uns egal.

Attribute (oder sonstige Vorgaben der Spielregeln) können Nähe oder Distanz zu jeder der verschiedenen Realitäten erzeugen. Sie können stärker auf das Realitätsverständnis unserer Gesellschaft bezogen sein, oder auf die fiktionale Realität der Spielwelt. Die Regeln können beschreiben, welchen Einfluss persönliche Fähigkeiten haben, oder wie sehr höhere Mächte oder der Zufall die Dinge in der Hand haben: auch das gehört ja zur Auffassung der Wirklichkeit.

Realismus beschreibt also ein Verhältnis nicht nur zwischen der Erzählung und einer Realität, sondern mehreren Realitäten. Welche das sind, ist nicht selbstverständlich (auch wenn hier vielleicht viele dieselben Vorstellungen haben, sind es vermutlich nicht alle). Wie die verschiedenen Realitätsbezüge im Rollenspiel(system) austariert sind, wird jeder nach seinem persönlichen Geschmack beurteilen. Jemand findet vielleicht feingranulare Systeme mit zig Modifikatoren realistisch, eine andere findet aber vielleicht eine Kampfrunde, die mehr Erzählzeit braucht als erzählte Zeit (z.B. 20 Minuten am Spieltisch für sechs Sekunden in der Spielwelt), unrealistisch. Spielerin X wünscht sich mehr Charakterwerte, weil sonst der Charakter ja nur eine flache Schablone ist, Spieler Y will lieber 20 Seiten Vorgeschichte für ihre Figur, um sie realistisch darzustellen, während Spielerin Z nur Freeform ohne Zahlenwerte realistisch findet, da man im wirklichen Leben schließlich auch spontan handelt, ohne auf Eigenschaftswerte oder seine Autobiographie zu schielen.

Das klingt sehr relativistisch. Worauf ich hinauswill: Wenn man nicht beschreibt, was man selbst realistisch findet, und welche Mischung welcher Realitäten einem gefallen, dann bringt es nicht viel, über Realismus zu reden.

tl;dr
Realistisch ist ein Rollenspiel, wenn die damit produzierte Erzählung dem persönlichen Verständnis von Wirklichkeit entspricht. Allerdings kommen mehrere unterschiedliche Realitätskonstruktionen zusammen, und keine davon gilt absolut. Spielregeln bilden eine bestimmte Auffassung von Wirklichkeit (Mischung von Realitätskonstruktionen) ab, z.B. die Macht des Zufalls oder den Einfluss persönlicher Eigenschaften. Was realistisches Rollenspiel(en) ist, nimmt jeder anders wahr. Wenn man nicht genauer beschreibt, was man selbst darunter versteht, wird die Diskussion nicht viel bringen.
Titel: Re: sind Attribute überhaupt realistisch?
Beitrag von: Gummibär am 25.10.2012 | 19:55
Die Frage nach Realismus im Rollenspiel richtet sich also auf Realismus in Erzählungen. Nun würde ich mal behaupten, dass Erzählungen grundsätzlich eine gewisse Distanz zur "Realität" aufweisen. Nicht nur in der Phantastik (Magie, Fabelwesen, Superhelden), sondern auch in anderen Geschichten, sei es ein Fernsehkrimi, ein historischer Roman oder eine Liebesgeschichte. Geschichten haben einen Anfang und ein Ende, unsere Realität nicht. Es gibt Zeitsprünge, Rückblenden usw. - anders als in der Realität.

Disclaimer: Bitte das Folgende genau lesen und nichts reininterpretieren!

Bei Big Brother nehmen reale Personen teil, die reale Dinge tun. Es ist Realität, dass dort Menschen in einem Haus leben, sich unterhalten, kochen usw.
Im Fernsehen, wo darüber „berichtet“ wird, gibt es Zeitsprünge und Rückblenden. Trotzdem ist das, was dort gezeigt wird, die Realität.


Dann noch ein paar Anmerkungen:

Jemand findet vielleicht feingranulare Systeme mit zig Modifikatoren realistisch, eine andere findet aber vielleicht eine Kampfrunde, die mehr Erzählzeit braucht als erzählte Zeit (z.B. 20 Minuten am Spieltisch für sechs Sekunden in der Spielwelt), unrealistisch.

Handlungen am Spieltisch sind real und können daher nicht unrealistisch sein.


Realistisch ist ein Rollenspiel, wenn die damit produzierte Erzählung dem persönlichen Verständnis von Wirklichkeit entspricht.

Das reicht noch nicht. Zum einen ist Freeform nicht realistisch, weil man dort auch unrealistische Erzählung produzieren kann. Zum anderen ist ein Rollenspiel auch dann unrealistisch, wenn die Wahrscheinlichkeiten unrealistisch sind, auch wenn der Würfel so fällt, dass die produzierte Erzählung realistisch ist.