Eine sehr schlechte Verzahnung von Setting und System ist für mich z.B. DSA. Mag sein, dass dies daran liegt, dass ich mit DSA3 aufgewachsen bin und hier mMn noch eher das Heldenrollenspiel im Vordergrund stand, man sich also eher Abenteurer und Helden baute (dass die DSA3-Regeln das damals schon nicht richtig unterstützen, ist wieder ein anderes Thema). Das Setting weckt(e) also eine bestimmte Erwartungshaltung (Abenteurer die coole Abenteuer erleben und dabei ordentlich glänzen können). Das Regelwerk allerdings ist eher etwas für "Studis on Tour", da die Regeln selbst zum einen so komplex sind, dass man sich studienartig in die Detailfülle einarbeiten muss (nichts mit heldenhaft drauflosspielen) und zum Anderen auch kaum Heldenhaftigkeit ermöglich (man versuche mal einen Kampf von 4 Helden gegen 20 Goblins mit Heldengefühl auszuspielen. Allein die Länge des Kampfes - und das meist ohne dass heldenhafte Aktionen möglich wären - ist nicht heldenhaft sondern eher ermüdend).
Wäre DSA als Kampftaktik-Simulationsspiel mit ausufernden Kampfklassen als Hauptchars angepriesen worden, wäre das Problem mit dem Bruch im Spielgefühl nicht vorhanden. So hat man ein überbordendes Kampfregelwerk in einem System das gerade mit DSA4 das Spielen von vielen Nicht-Abenteurern und Nicht-Kampfklassen stärker propagiert, als dies noch bei DSA3 der Fall war.
Beispiel:
Bei DSA3 gab es typische Abenteurerklassen (Streuner, Halbelfen als Allrounder, usw.), Kampfklassen (Krieger, Amazone, Thorwaler, Zwerg, usw.) und Magische/Geweihte Klassen (Hesindegeweihte, Gildenmagier, Hexe, usw.). Dem Alrik-Normal-Aventurier war genau EINE Klasse gewidmet: BÜRGER (der dann nach Bedarf an unterschiedliche Berufe angepasst werden konnte).
Bei DSA4 habe ich jetzt Bader, Künstler, Schreiber, Zuckerbäcker, Handwerker, Gelehrte, Bettler usw.
Sicher werden auch mehr Kampfklassen angeboten als früher, aber ein solches Augenmerk auf die Zivilbevölkerung ließe mich jetzt nicht auf ein überbordendes Kampfregelwerk schließen.
Zum einen vermittelt mir also die Welt und die wählbaren Professionen ein Low-Level-Play was die Kampfregeln angeht und ggf. auch die Abenteuer (Ritter und Magier werden doch mehr in die Gesellschaft eingebettet beschrieben, als dass auf ihre individuellen taktischen Vorgehensweisen bezug genommen wird), bekommen tue ich aber ein high-end-verregeltes Kampfsystem mit Weltuntergangsszenarien (Jahr des Feuers, Schwarze Lande).
Problem hier ist wohl, dass man versucht hat, zwei Systeme in eins zu quetschen: Heldenrollenspiel mit Epik und taktischem Kampfsystem und zum anderen Mittelalterliche Lebenssimulation mit Attacke-Parade-Gut-ist. Wobei keins der beiden wirklich elegant in den Hintergrund einfügbar ist.