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Pen & Paper - Spielsysteme => Systemübergreifende Themen => Thema gestartet von: Ludovico am 8.04.2013 | 09:41

Titel: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Ludovico am 8.04.2013 | 09:41
Also ok!Die Bedeutung kenne ich. Diverse Regelaspekte sind speziell auf das Setting zugeschnitten, so dass ein Austauschen der Regeln erschwert wird. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass je in der Praxis erlebt zu haben. Wie kann ich mir diese Verzahnung vorstellen (gerne auch mit Beispielen)?

Also Beispiel:
Der Ignifaxius bei DSA kann ich doch problemlos als Feuerstrahl betrachten, wie er auch bei SW vorkommt und somit kann ich den Zauber doch einfach austauschen. Ok, dann gibt es da noch die spontanen Modifikationen, aber da sehe ich nicht, was das mit dem Setting zu tun hat.

Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: scrandy am 8.04.2013 | 10:34
Ich denke die größten verzahnungsmöglichkeiten ergeben sich aus der Corestory: Was tun die Charaktere und was ist zentral für dieses Spiel im gegensatz zu anderen.

Natürlich sind das oft grundsätzliche Dinge wie:

- ist Helden-Rollenspiel
- hat Spruchmagie
- hat detailliertes, taktisches Kampfsystem

Diese Sachen können noch relativ gut von generischen Systemen adaptiert werden. Man muss nur ein passendes System suchen.

Es gibt aber auch Dinge, die in der Corestory sind, die nicht jedes System ersetzen kann. So würde ein echtes Survival-System zum Beispiel Simulation von Nahrung, Krankheiten und Ausdauer verlangen. Ein Spiel um Beziehungen und Liebschaften wird wohl irgendein Beziehungssystem in Regelform drunter legen und ein Setting bei dem es darum geht dass man vor Angst sterben oder verrückt werden kann braucht entsprechende Regeln.

Es kann aber auch das Spielgefühl entscheidend über die Regeln beeinflusst werden. Ein System, was ein hohes Militär-Feeling erzeugen will, wird möglichst viele authentische Werte von Waffen irgendwo in den Spielregeln verbauen. Ein System was in Kämpfen die Gewalt und das Leiden bei Wunden vermitteln will, wird nicht Lebenspunkte verwenden, sondern Wunden und eine möglichst authentische Heilungsform simulieren.

Es gibt also schon eine menge Verzahnungspunkte.

Darüberhinaus gibt es auch immer wieder Spieler, die von einem Verlust an Verzahnung reden aber eigentlich den Verlust eines gewissen Systems und damit eines zusätzlichen Spielgefühls beklagen.

DSA4 wäre da ein gutes Beispiel. Das Setting legt zu keinem Punkt nahe, dass es besonders nötig ist unheimlich viele Kampfsonderfertigkeiten bereitzustellen oder bei der Generierung alles bis ins Detail zu regeln. Wenn dann zum Beispiel Savage Worlds oder FATE benutzt werden soll, hat die Gegenwehr mancher Spieler nichts mit der Verzahnung zu tun sondern damit, dass den Spielern, die den Wechsel ablehnen, die System-Komponente sehr zugesagt haben. Es gibt zum Beispiel Spieler, die die Auswahlmöglichkeiten bei DSA4 sehr schätzen oder die es lieben ihren Charakter möglichst detailliert in Werte zu fassen. Aventurien selbst suggeriert ein solches System jedoch zu keinem Zeitpunkt.

Ein anderes Beispiel: Die Aventurische Magie war schon immer eine höchst verwissenschaftliche Magie, die gewissen Akademien zugeordnet wird und streng in Sprüchen organisiert und strukturiert ist. Keine Wilde oder improvisierbare Magie also. Zu keinem Zeitpunkt schreibt aber das Setting vor, dass jede Modifikation eines Spruchs in Detailregeln gegossen werden muss und nur ein Hartwurst-System die Aventurische Magie tragen kann. Das ist lediglich vorliebe mancher Spieler und keine Verzahnung mit der Spielwelt. Ein Spruchmagie-System, dass ein Detailliertes Zauberbuch verwalten kann und die Akademien gut abbildet würde genauso verzahnt oder unverzahnt wirken.

Ein Beispiel für Verzahnung im Magie-Bereich, wäre zum Beispiel eine Welt bei der Magie von den Göttern geschenkt wird und diese bei exzessiver Magie-Gebrauch eine Gegenleistung (in ihrem Interesse und nicht im Interesse der Gruppe) erwarten. Hier braucht man ein Mana-System bei dem zu viel Verbrauch den Charakter verwundbar macht bzw. zusätzliche Ziele oder Komplikationen erzeugt. Das kann nicht jedes Universalsystem automatisch ersetzen.

Ich hoffe das hilf als Erklärungen.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Arldwulf am 8.04.2013 | 10:53
Also ok!Die Bedeutung kenne ich. Diverse Regelaspekte sind speziell auf das Setting zugeschnitten, so dass ein Austauschen der Regeln erschwert wird. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass je in der Praxis erlebt zu haben. Wie kann ich mir diese Verzahnung vorstellen (gerne auch mit Beispielen)?

Ich weiß nicht einmal ob dies richtig ist, denn eine Verzahnung bedeutet ja in erster Linie ein ineinandergreifen. Kein verhaken. Es geht also weniger um die Probleme Regeln und Setting voneinander zu trennen als um die positiven Effekte dass die Regeln das Eintauchen in das Setting unterstützen. Und das Setting wiederum hilft die Regeleigenschaften zu erklären.

Ein Beispiel welches mir einfallen würde wäre Magie als Form des Bindens magischer Wesen. Um einen Zauber zu wirken muss man erst das passende Wesen beschwören und in sich selbst binden - beim Wirken des Zaubers wird das Wesen quasi freigelassen und verschwindet wieder in seine passende Zauberwelt. Es ist eine Variante des Vorbereiten von Zaubern, und natürlich könnte ich diese auch von dem Flair trennen.

Regeltechnisch kann dieser Flair aber unterstützt werden indem die Regeln vorsehen dass die gebundenen Wesen etc. das Spiel beeinflussen können. Und das abhängig vom Ort nur bestimmte Wesen vorhanden sind, und damit eben auf dem Friedhof nur Untote, Geister etc. gebunden werden können. Regeln wann z.B. ein gebundener Geist Probleme bereiten kann, welche Zauber mit welchen Kreaturen gewirkt werdenetc.  können unterstützen dieses Flair, während gleichsam dieser Hintergrund erklärt warum Zauber vorbereitet werden müssen.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: 1of3 am 8.04.2013 | 10:59
Das ist ein sehr interessanter Gedanke Arldwulf. Ich sehe, dass Spielwerte die Spielwelt vermitteln können, also gleichsam als Medium dienen. So kann ich z.B. Elfen mit Spielwerten versehen und das sagt den Benutzern etwas über Elfen. Aber wie unterstützt anders herum die Spielwelt die Regeln?
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: scrandy am 8.04.2013 | 11:05
Aber wie unterstützt anders herum die Spielwelt die Regeln?
Indem zum Beispiel die D&D Welten von zahlreichen Monstern bevölkert werden, weil die Regeln detaillierte Kampfsimulationen bereitstellen und das für das System wichtig ist.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: First Orko am 8.04.2013 | 11:16
Mir fällt da spontan die Warhammer Fantasy-Magie ein. Die Welt gibt ja vor, dass sich Magier an den Chaoswinden bedienen zum Zaubern. Dabei kann es zu unschönen bis drastischen Nebeneffekten führen - regelseitig abgebildet durch die Zufallstabellen für Zauber, wo die chaotischen Effekte beschrieben sind.

Natürlich kann man diese Zufallskomponente auf jedes andere System "dranklaschen" aber wenn es dort eben sonst keinen ähnlichen Zufallsmechanismus gibt (wie es sich durch sämtliche Warhammer-Regeln der zweiten Edition zieht) dann wirkt das eben nicht mehr wie aus einem Guß.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Arldwulf am 8.04.2013 | 11:39
Das ist ein sehr interessanter Gedanke Arldwulf. Ich sehe, dass Spielwerte die Spielwelt vermitteln können, also gleichsam als Medium dienen. So kann ich z.B. Elfen mit Spielwerten versehen und das sagt den Benutzern etwas über Elfen. Aber wie unterstützt anders herum die Spielwelt die Regeln?

Letztlich ist dies simultan, es geht ja gerade darum das Dinge ineinander greifen.

Um bei dem Beispiel oben zu bleiben: Wenn das Regelwerk keine Regeln dafür vorsehen würde wie die gebundenen Kreaturen das Spiel beeinflussen so erschwert dies die Einfühlung in die Spielwelt da Beschreibung und tatsächliche Regelmechanik nicht mehr übereinstimmen.

Um ein anderes Beispiel zu bringen:  Wenn in einer als ungemein lebensfeindlich beschriebenen Welt keine passenden Regeln für Überlandreisen existieren so verliert die Welt in der Wahrnehmung der Spieler auch an Gefahr.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Erdgeist am 8.04.2013 | 11:57
Als typisches Beispiel einer Verzahnung des Settings und der Regeln wird doch sonst auch immer Earthdawn genannt. Die Zauberer dort müssen ihre Zauber in Matrizen speichern, um sie ungefährdet wirken zu können, weil sie andernfalls wie ein Leuchtturm für Dämonen im Astralraum wirken.
Eine Änderung dieser Regel würde gleichfalls eine Änderung des Settings bewirken und vice versa.

Eine derartige Verzahnung gibt es dagegen z.B. in den D&D-Settings meistens nicht. Da wird - rein vom Setting her - selten näher drauf eingegangen, warum Zauberer ihre Zauber auf die Weise wirken bzw. vorbereiten, wie sie es tun. Eine Verzahnung ist hier meist nicht gegeben, weshalb es ja auch so einfach ist, in Zusatzbüchern andersartige Magiesysteme einzuführen.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: 1of3 am 8.04.2013 | 12:15
Um ein anderes Beispiel zu bringen:  Wenn in einer als ungemein lebensfeindlich beschriebenen Welt keine passenden Regeln für Überlandreisen existieren so verliert die Welt in der Wahrnehmung der Spieler auch an Gefahr.

Auch hier würde ich aber wieder sagen, dass die Regeln die Spielwelt veranschaulichen. Nicht, dass die Spielwelt den Regeln nützt.

Mir fällt da nun allerdings ein Fall ein, wo ich mir gewünscht hätte, dass die Fiktion die Regeln veranschaulicht. Ist allerdings kein Rollen-, sondern Gesellschaftsspiel, genauer das Deckkonstruktionsspiel Nightfall. Da gibt es verschiedene Kartenfarben (rot, grün, blau...), aber es wird aus der Benennung der Karten nicht klar, welche Farbe sie haben wird. Es wäre z.B. möglich gewesen allen roten Karten ein vampirisches Thema zu geben, allen gelben ein werwölfisches etc. Das ist aber nicht geschehen. Und so steh ich immer wieder da und weiß nicht aus dem Kopf, welche Kartenfarbe Blaise Cordell hat.

Ich glaube die Schwierigkeit, diese Richtung (Hintergrund nützt Regeln) beim Rollenspiel zu finden, liegt darin, dass wir Rollenspiele genau ander herum gebaut werden.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Thandbar am 8.04.2013 | 12:21

Eine derartige Verzahnung gibt es dagegen z.B. in den D&D-Settings meistens nicht. Da wird - rein vom Setting her - selten näher drauf eingegangen, warum Zauberer ihre Zauber auf die Weise wirken bzw. vorbereiten, wie sie es tun. Eine Verzahnung ist hier meist nicht gegeben, weshalb es ja auch so einfach ist, in Zusatzbüchern andersartige Magiesysteme einzuführen.

Eine schöne Ausnahme hiervon wäre allerdings vielleicht die DARK SUN-Kampagnenwelt, worin gerade die thaumaturgische Möglichkeit des "Defilens" die Spielwelt so aussehen lässt, wie sie nun einmal aussieht: Ausgetrocknet und verödet.
In der vierten Edition gibt es auch Regeln, wie durch das Aufsuchen bestimmter Orte innerhalb der Spielwelt die Charaktere mit zusätzlichen Fähigkeiten ausgestattet werden können.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das passt, aber es gibt ja Spiele, wo man gewisse Talente sich an bestimmten Orten holen kann oder Stufenaufstiege nur in genau definierten, klassenbezogenen Akademien stattfinden können.
Vielleicht muss ein Kämpfer in der Spielwelt einen Kenku-Eremiten finden, um wirklich zum Schwertmeister werden zu können, und darf nicht mitten im Dungeon - "Stufenaufstieg!" - plötzlich ein Feat verteilen.
Diese Art von Verzahnung finde ich immer toll. Wenn zum Beispiel der Paragon-Pfad nicht einfach irgendwo aufpoppt, sondern mit der Kampagne und der persönlichen Geschichte der Spielfigur zu tun hat und sich "organisch" aus ihr ergibt.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Xemides am 8.04.2013 | 12:50
Also ich erhoffe mir ja immer, das Settingdesigner andersherum vorgehen.

In dem sie zuerst ein Setting erschaffen und sich überlegen, wie dort was funktioniert und was dort möglich ist. Und dann erst die Regeln so formulieren, das sie genau das abbilden.

Das ist mein Begriff von Verzahnung, nicht das ein Setting die Regeln unterstützt.

Alle Settings, die nachträglich erdacht wurden, damit sie zu den Regeln passen, fühlen sich meist genau so an, als würden sie künstlich auf die Regeln gesetzt.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Maarzan am 8.04.2013 | 13:00
Die Regeln sollten schon das Hilfswerkezug sein, welces dem setting dienen soll. Es ist aber sehr förderlcih, wenn bei der Erstellung des Settings schon auf die widerspruchsfreie Umsetzbarkeit und Spielbarkeit gedacht worden ist und nicht da schon der Hase im Pfeffer liegt, den die Regelschreiber dann irgendwie retten sollen, weil einem Schreiberling der Autorendrang mit dem Fluff durchgegangen ist.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: 8t88 am 8.04.2013 | 13:27
* "System-does-matter-Keule" entstaub *

Viele Regeln lassen sich ohne Probleme in andere Welten und Settings, ganz oder Teilweise übertragen.
Regeln sind für da um das Quantifizieren von Dingen die im Spiel passieren für die Spieler "wiederholbar" zu machen.

Die Verzahnung von Regeln uns Setting ist bei vielen Systemen insofern gegeben als das diese ein gewisses "Flair" mitbringen.
Ein Superheldenrollenspiel wird, wenn die gleiche Skala angelegt wird, sich einfach "falsch" für ein "normales Mensch-Detektiv" Spiel anfühlen.

Umgekehrt würde Call of Cthulhu massive Ändeurngen hinnehmen müssen um Aberrant darzustellen.

Ich überlege gerade wo Regeln "nur" in zusammenhang mit dem passenden Settingbestandteil Sinn ergeben:

Dark Sun und Earthdawn wurden schon genannt.
Wenn wir uns von "Standard" Systemen wegbewegen kommen wir sehr schnell zu Spielen wie Inspectres oder gar Prime Time Adventures.
Wenn diese Spiele (gerade PtA) nicht mit dem vom Autor vorgesehenen Fokus benutzt werden, wird das ganz schnell nicht mehr funktionieren.

Nimmt man nun das Wort "Fokus" und ersetzt es durch "Setting" bekommt man schnell ein gefühl für das was meine Vorposter hier bereits anhand von ED und DarkSun dargestellt haben.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Arldwulf am 8.04.2013 | 13:58
Auch hier würde ich aber wieder sagen, dass die Regeln die Spielwelt veranschaulichen. Nicht, dass die Spielwelt den Regeln nützt.

Mein Fehler, ich hab dich genau verkehrt herum verstanden.  ;D
Aber wie oben gesagt: Dadurch dass die Verzahnung immer in beide Richtungen nützt kann man auch kein echtes Beispiel finden dass nur in eine Richtung wirkt. Es ist immer ein Zusammenspiel.

Das die Spielwelt die Regeln unterstützt gibt es aber z.B. im Fall der oben angesprochenen Kreaturenzauber. Denn natürlich ist der Sinn hinter diesen ein simpler Balancinggedanke - Magie soll nicht ohne Kosten und Vorraussetzungen sein. Es funktioniert auch mit einfachen Dingen. Ein Feuerzauber kann beispielsweise über die Verbindung zu einer Elementarebene erklärt werden aus der das Feuer genommen wird. Das Setting kann dies nun unterstützen indem diese Elementarebene und ihre Eigenschaften beschrieben werden.

Auch innerhalb der Spielwelt vorkommende Szenarien sollten natürlich die Regeln beachten um eine enge Verzahnung zu erreichen. Gibt es beispielsweise Magie in der Spielwelt so sollte diese in der Geschichte dieser Spielwelt auch eingesetzt worden sein um Beispiele zu geben welche Lösungen auch den Spielern einfallen könnten. Das gilt vor allem für aufwendigere, seltene Zauber.

Auch hier ist der Effekt sicherlich in beide Richtungen wirksam. Die Regelns so zu gestalten dass eine plausible Spielwelt herauskommt hilft dabei die Spieler in diese Eintauchen zu lassen. Und umgedreht hilft dieses Eintauchen in die Spielwelt und dass diese mit den Regeln in Bedacht erstellt wurde die Regeln auch tatsächlich so anzuwenden.

Man kann dies schön anhand eines Abenteuers sehen in dem z.B. Erkenntnissmagie nicht bedacht wurde, so dass es durch einen Zauber simpel "lösbar" wird. Was natürlich nicht gewünscht ist, weshalb der SL in diesem Fall evtl. dazu neigt den Zauber zu verbieten. Dies hat zwei negative Auswirkungen. Zum einem wird das Abenteuer mit seinem Hintergrund weniger glaubwürdig. Zum anderem wirkt es aber auch auf Regelebene schädlich, denn für den Spieler der den Erkenntnisszauber nutzen wollte beschneidet dies den Charakter. Das ganze funktioniert auch mit NPC welche aus Spielmechanischen Gründen bestimmte sinnvolle Optionen im Regelwerk nicht nutzen können. Auch hier kann es Probleme auf Regeltechnischer Seite bewirken - nimmmt ihnen aber auch gleichzeitig eine Möglichkeit in die Spielwelt eingebunden zu sein. (Funktioniert natürlich auch genauso wenn der SL diese Optionen zulässt, dann nur genau in die entgegengesetzte Richtung)

Diese Probleme entstehen natürlich durch Distanz zwischen Regelumsetzung und Hintergrund. Umgedreht gibt es den Handelnden Figuren eine bessere Hintergrundeinbindung wenn sie diese Distanz nicht haben - aber gleichzeitig auch für die Spieler Inspiration und Ansatzpunkte für ihre eigenen Optionen.

Um ein Beispiel zu nennen: In den D&D 4E Diskussionen bezüglich Ritualmagie (welche um dies kurz zu erklären öfters auch mal ignoriert wird ohne sie wirklich einzusetzen oder groß zu testen. Die Diskussionen gingen oft darum wie man diese "fixen" könnte oder dafür sorgen könnte das sie häufiger genutzt wird.) war einer meiner häufigsten Lösungsansätze der Ratschlag an SLs: Nutzt Rituale! Der beste Weg um Spieler eine Option nutzen zu lassen ist es ihnen zu zeigen was sie bewirken kann. Dies kann durch den Hintergrund geschehen. Durch Beschreibungen was NPC mit dieser Option angestellt haben. Und je näher diese Beschreibung an der Regelmechanik ist umso mehr profitiert diese davon. Und umgedreht, wie gesagt...ein Zahnrad nützt immer nur wenn man auch ein zweites hat.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Praion am 8.04.2013 | 14:30
Sprich wir reden hier von Sachen in denen Clouds and Boxes (http://www.lumpley.com/comment.php?entry=427) wichtig sind oder nicht?
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Thandbar am 8.04.2013 | 14:53
http://www.giantitp.com/comics/oots0126.html (http://www.giantitp.com/comics/oots0126.html)
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Auribiel am 8.04.2013 | 15:18
Für mich bedeutet eine Verzahnung von Setting und Regeln, dass die Regeln elegant in die Vorgaben des Settings greifen und nicht aufgepropft oder störend wirken. Natürlich gibt es viele Settings, die man mit verschiedenen Systemen bespielen könnte, aber wenn ein mit einem Setting veröffentliche System dieses unterstützt und nicht behindert, sieht man sich überhaupt nicht erst veranlasst massiv zu Hausregeln oder zu einem anderen System zu greifen.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Oder allgemein:

Momentan würde ich gerne StarWars - the old Republic als Rollenspiel umsetzen. Aufgrund des PC-Games, des damit entstandenen Spielgefühls und des Settings drumrum allgemein habe ich bestimmte Erwartungen an ein Regelwerk:

- es darf episch werden
- einfache Gegnergruppen dürfen gerne im Dutzend umgekloppt werden (Mooks bitte!)
- Machtbegabung und Laserschwerter sind cool
- Verführung durch die Dunkle Seite
- Weltraumkämpfe
- Fremde Rassen, die sich bitte auch ein wenig so anfühlen

Jetzt schaue ich mir die mir zur Verfügung stehenden Universalsysteme an (sorry, Gurps kenne ich nicht gut genug) und stelle erstmal fest, dass mir weder SaWo noch FATE auf anhieb ein elegantes System bieten, mit dem ich die Versuchung durch die dunkle Macht abbilden kann: Ein Stressbalken funktioniert nicht, da die Ausrichtung in beide Richtungen gehen kann (also sowohl nach hell, wie auch nach dunkel), zwei Stressbalken und deren Verrechnung ist mir zu viel Aufwand. Ergo fehlt mir noch ein System, mit dem ich das elegant mit dem Hinterbgrund verzahnt abbilden kann.


So, viel geschrieben, ich hoffe, ich konnte erklären, was ich meinte. Oder hab ich alle erfoglreich verwirrt?  ~;D


 
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Tarin am 8.04.2013 | 15:40
Beispiel für ein durch Regeln beeinflusste Setting: Eine OSR Homebrew Sandbox (nicht gleichzusetzen mit alten DnD Settings). Alles mit Verliesen unterkellert, viel Wildnis, bewohnt von den klassischen Völkern. Magier brauchen Spruchbuecher, Kleriker nicht. Elfen sind verdammt selten usw.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Arkam am 8.04.2013 | 16:03
Hallo zusammen,

mir fallen da akut zwei Beispiele ein.

In Tharun, der Welt von DSA Professional, gab es im Hintergrund Runen. Mit diesen Runen konnten Charaktere zaubern. Da es um die Kombination von Runen an drei Plätzen mit unterschiedlichen Bedeutungen ging bedeutete jede gefundene Rune einen deutlichen Machtzuwachs. Da das natürlich auch in der Spielwelt bekannt war waren Runen meistens gut geschützt und gesuchte Artefakte.
Auf der Welt von 7th Sea gibt es verschiedene Schwertmeister Gilden. Jede dieser Gilden hatte unterschiedliche Kampftricks die man nur in der Gilde lernen konnte.

Der Versuch diese Gefüge auf Savage World zu übertragen scheiterte. Neben der Unerfahrenheit auf meiner Seite aber auch daran das passende Mechanismen bei Savage World auch den Hintergrund betroffen hätten.
Natürlich hätte man den Runen Besitzt auch als Vorteil abbilden können aber streng nach Regel hätte man diese Runen eben nicht nur in einem entsprechenden Abenteuer erlangen können. Natürlich kann das mit der entsprechenden Gruppe klappen aber das erfordert eben eine Absprache die für mich außerhalb der Regeln steht.
Bei den Gilden war es das Alleinstellungsmerkmal das Problem. Ein solches kennt Savage World meines, zugegeben eingeschränkten, Wissens nicht.

Das soll kein Bashing sein sondern nur ein Beispiel dafür wie Regeln und Hintergrund so verzahnt sein können das eine Umsetzung auf ein anderes System schwierig sein kann.

Gruß Jochen
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: LushWoods am 8.04.2013 | 16:16
Das so ziemlich beste Beispiel das mir zu Setting/System Verzahnung spontan einfällt wäre The One Ring/Der Eine Ring.
Hier wird klassische High Fantasy Magie aus Regeln den Regeln herausgehalten und ein Hauch von Magie lediglich durch ein paar Vorteile eingebracht.
Warum ist das so ein gutes Beispiel? Weil frühere ME RPGs sich in dieser Hinsicht nicht um das Settingmaterial geschert haben und High Fantasy Magie eingebracht haben um möglichst viele Spieler zu bedienen. Ein schöner Kontrast.
Was jetzt keine Verurteilung von mir sein soll, nur TOR verzahnt halt dadurch viel stärker.

Desweiteren wird ganz großen Wert auf Hoffnung und Verzweiflung als spielrelevante Werte gelegt. Oder das Reisen bekommt eine (im Vergleich zu den meisten anderen RPGs) regeltechnisch extrem hohe Bedeutung und nimmt dementsprechend viel Platz im Regelteil ein.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Glühbirne am 8.04.2013 | 16:20

In Tharun, der Welt von DSA Professional, gab es im Hintergrund Runen. Mit diesen Runen konnten Charaktere zaubern. Da es um die Kombination von Runen an drei Plätzen mit unterschiedlichen Bedeutungen ging bedeutete jede gefundene Rune einen deutlichen Machtzuwachs. Da das natürlich auch in der Spielwelt bekannt war waren Runen meistens gut geschützt und gesuchte Artefakte.


Die Runen waren der Legende nach auch nur im Spiel, weil Schmidt spiele davon 2 Container aus einem gecanceltem Projekt übrig hatte und die DSAler das jetzt für ihren "Fantasykram" verwursten sollten. Den genauen Wortlaut der Geschichte kenn ich leider nicht mehr. Ich hab es einfach so gut wie es geht wiedergegeben. Aber in dem Fall haben die Regeln das Setting beeinflusst. Wenn es denn so war.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 8.04.2013 | 16:48
@Arkam

Runen könnte man mit Mad Scientists Powers vielleicht  simulieren.

Edges hätte man über Gilden bekommen können
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Thandbar am 8.04.2013 | 16:50
Legend of the Five Rings hat meiner Meinung nach eine sehr hübsche Verzahnung vorzuweisen.
Die Attribute der Charaktere sind in fünf Elemente eingefasst, die im Hintergrund mit der Philosophie und mit der Mystik der Spielwelt eng zusammengehören. Die Regeln für den Schattenland-Makel machen wirklich Angst (anders als die Verseuchung duch die Spellscar in den Forgotten Realms), und die Kämpfe sind settingspezifisch sehr tödlich.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: 1of3 am 8.04.2013 | 17:03
In Tharun, der Welt von DSA Professional, gab es im Hintergrund Runen.

Wobei ich da nicht mal sagen würde, dass die Regeln nicht zur Spielwelt passen. Sie passen nicht zum ursprünglichen Belohnungsmechanismus von DSA Professionell, also zu dessen Regelwerk.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: blut_und_glas am 9.04.2013 | 03:39
Ich sehe, dass Spielwerte die Spielwelt vermitteln können, also gleichsam als Medium dienen. So kann ich z.B. Elfen mit Spielwerten versehen und das sagt den Benutzern etwas über Elfen. Aber wie unterstützt anders herum die Spielwelt die Regeln?

Hier irrt Goethe.

Ich denke das lässt sich eigentlich gerade bei solchen Beispielen als klassicher Biss in den Schwanz (apropos Verzahnung) sehen. Henne und Ei.

Denn so, wie die mir bekannten - sagen wir mal - +2 Geschicklichkeit (Spielwert) mir sagen, dass Elfen sich wohl besonders gewandt bewegen und treffsicher mit dem Bogen sind (Spielwelt), sagt mir ja auch anders herum, dass Elfen, die ja, wie ich weiß, sich besonders gewandt bewegen und treffsicher mit dem Bogen sind, wohl einen Bonus auf Geschicklichkeit bekommen werden.

Ob nun die Henne oder das Ei zuerst da war, kann einmal natürlich der jeweilige Entwickler beantworten, gleichzeitig ist es aber Wahrnehmungssache für jeden Einzelnen.

Wenn ich mir als Erstes die Werte der Elfen ansehe (sie also quasi über die Werte kennenlerne), dann tragen diese Werte die Spielwelt (die ich mir danach ansehe).
Ich könnte mir aber auch zuerst die Spielwelt angesehen haben, dann ist es die mir dort vermittelte Vorstellung von den Elfen, die die Werte mitträgt.

(Generell habe ich den Eindruck, dass das Bild von der "Verzahnung" aber hauptsächlich dort benutzt wird, wo solche Spielwert-/Spielwelt-Pärchen von üblichen "Standards" abweichen - "+2 Geschicklichkeit/elegante Elfen" jedenfalls ist mir gegenüber selten als besonders gelungene Verzahnung angepriesen worden, Dinge wie Earthdawns "mehrere Proben und Aktionen zum Einsatz eines Zauberspruchs/Weben magischer Fäden" hingegen schon viel eher...)

mfG
jdw
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Mann mit Ukulele am 9.04.2013 | 06:51
...Auf der Welt von 7th Sea gibt es verschiedene Schwertmeister Gilden. Jede dieser Gilden hatte unterschiedliche Kampftricks die man nur in der Gilde lernen konnte.
[...]
Der Versuch diese Gefüge auf Savage World zu übertragen scheiterte.
Im Fantasy Kompendium sind Regeln/Anregungen für Schwertschulen.

Interessant, was hier schon genannt wurde.
Für mich bedeutet "Verzahnung von Regeln und Setting", dass z.B. reiner Fluff in Regeln gegossen wird. Nehmen wir DSA, Zauberspruch "Sapefacta Zauberschwamm".
Ich käme von mir aus nicht auf die Idee, Regeln dafür aufzustellen, wie ich mein Gewand magisch reinigen kann. DSA macht das so und ich will das gar nicht bewerten!
Wenn man aber versucht, Aventurien mit einem anderen System zu bespielen, gibt es Spieler, die solche Sprüche vermissen und nachfragen, wie sie sowas denn künftig handhaben dürfen.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Ludovico am 9.04.2013 | 17:17
Danke vielmals Leute!

Das hat mir sehr geholfen.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Galatea am 15.04.2013 | 13:25
Regeln und Hintergrund sollten immer miteinander verzahnt sein. Man merkt das aber halt nur wirklich, wenn man ein Setting hat, das irgendwo sehr von der Norm abweicht.
Entweder man hat dann ein Regelwerk, das explizit auf das Setting zugeschnitten ist oder man hat ein modulares Regelwerk und baut sich sozusagen sein settingspezifisches Paket zusammen bzw. entwirft/modifiziert die Module die man benötigt um die außergewöhnlichen Aspekte des Settings darzustellen.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: El God am 15.04.2013 | 13:42
Oder man benutzt Regeln, die so einfach sind, dass sie nicht den Anspruch haben, das Setting abzubilden. Dann lässt man diese Verzahnung außen vor bzw. lässt sie vom SL (oder einem anderen dafür verantwortlichen Mitspieler) on the fly während des Spiels anpassen: Bumms, wir haben Freeform erfunden. Oder ein Regelwerk, dass dazu dient, Geschichten zu erzählen und kein Setting oder Spielgenre zu emulieren.

Ein wichtiges Element wird imho gern vergessen: Dass das Spielgenre extremen Einfluss darauf hat, wie ich die Welt wahrnehme. Mit REIGN spielt man einfach völlig andere Geschichten als mit DSA oder SaWo. Und von allen Systemen gibt es Konvertierungen für Aventurien. Das Regelwerk bestimmt die mechanischen Möglichkeiten, die ein Spieler zur Hand hat: Wenn mein einziges Werkzeug ein Hammer ist, sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Und damit beziehe ich mich allein auf die grundlegenden Mechanismen des Spieles, nicht auf die Anpassungen, die man im Rahmen einer Konvertierung vornimmt (Zauber umbenennen bzw. nachbauen, Waffenlisten umschreiben, Rassen, Kulturen, Archetypen anpassen etc.), die sind eh mehr Color als Regel.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Xemides am 15.04.2013 | 13:50
Das magst du so anhaben Dolge, mir zum Beispiel ist aber die Color eines Settings enorm wichtig und deshalb ist mir auch wichtig, das die Regeln nicht nur ein getrennt zu betrachtendes Werkzeug sind.

Die Regeln sollen das ermöglichen, was im Setting Möglich ist und sich dem Setting unterordnen, nicht das Setting begrenzen.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: El God am 15.04.2013 | 13:53
Ich glaube, du missverstehst. Sicher ist Color dafür wichtig, dass man weiß, in welchem Setting man überhaupt spielt. Aber Color hat imho weniger Einfluss auf das Spielgefühl als Mechanik.

Allerdings muss ich mich bei diesem
Zitat
Die Regeln sollen das ermöglichen, was im Setting Möglich ist und sich dem Setting unterordnen, nicht das Setting begrenzen.

schon fragen, warum du nochmal DSA spielst...
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: blut_und_glas am 15.04.2013 | 14:17
Aber Color hat imho weniger Einfluss auf das Spielgefühl als Mechanik.

Wobei diese Beeinflußung aber nicht immer ganz so offensichtlich abläuft.

Mein liebstes - einleuchtendes und dabei gleichzeitig unvorhergesehenes - Beispiel ist da, als ich einmal erleben durfte wie die D&D 3E-Regelmechaniken mittelfristig hochpolitisches, auf Gewaltvermeidung abzielendes Spiel provozierten.

Bei den Regeln ist ja erst einmal (trotz ein Bauklötzen, die dafür ganz nützlich erscheinen mögen) nicht unbedingt an einen solchen Fokus zu denken. Im Gegenteil, eigentlich präsentiert es sich ja als "Kampfspiel" par excellence, bei dem die eskalierende Macht der Spielfiguren auch und gerade im gewalttätigen Konflikt zum Tragen kommt (und sich das Spiel regelseitig auch erst im Kampf "voll auskosten" lässt).

Was ich da nun beobachten konnte, war dass die Spieler genau diese Eskalation sehr deutlich wahrnahmen - sie aber nicht nur auf ihre eigenen Charaktere bezogen, sondern auch auf deren "soziales Umfeld". Ihnen war klar, dass sie selbst zwar den 15W6-Feuerball mit einem Grunzen quittieren konnten, aber eben auch, dass der Bäcker, bei dem sie sich jeden Morgen ihr Hartwurstbrötchen kauften, das vermutlich ganz und gar nicht konnte (genauso wenig wie der Rest der wiederkehrenden Gesichter aus der Spielweltbevölkerung). Aus dieser Erkenntnis leitete sich dann ein Verhalten ab, das generell darum bemüht war, mit Verhandlungen zum Ziel zu kommen und die vom Regelwerk begünstigte Gewalt zu vermeiden (oder zumindest zu begrenzen) - um Kollateralschäden möglichst sicher auszuschließen.

Der Kampffokus der Regeln hat hier sehr direkt den Verhandlungsfokus des Spiels beeinflußt.

Ich bin mir sehr unsicher, ob die gleiche "Vorsicht" auch mit einem von vornherein in seiner Spielmechanik auf Politik ausgelegten Regelwerk zu Stande gekommen wäre.

mfG
jdw
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Xemides am 15.04.2013 | 14:29
Allerdings muss ich mich bei diesem
schon fragen, warum du nochmal DSA spielst...

Weil ich schon finde, das die Regeln das ermöglichen, was das Setting hergibt, nur bei den Abenteuern vergessen das die Autoren leider.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Galatea am 15.04.2013 | 14:30
Oder man benutzt Regeln, die so einfach sind, dass sie nicht den Anspruch haben, das Setting abzubilden. Dann lässt man diese Verzahnung außen vor bzw. lässt sie vom SL (oder einem anderen dafür verantwortlichen Mitspieler) on the fly während des Spiels anpassen: Bumms, wir haben Freeform erfunden. Oder ein Regelwerk, dass dazu dient, Geschichten zu erzählen und kein Setting oder Spielgenre zu emulieren.
Man kann natürlich komplett auf Regeln verzichten, das geht auch.
Ich bin jetzt aber mal davon ausgegangen, dass es hier nicht um regelloses Spiel geht, oder um Erzählspiel/Minimalregelwerke die das Setting überhaupt nicht wirklich abbilden (und das auch garnicht für sich beanspuchen) sondern nur als Orientierungsboje/Erzählungsunterstützung dienen.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: Arldwulf am 15.04.2013 | 14:43
Auch on the fly erfundene Regeln können ja mit dem Setting verzahnt sein oder eine Distanz zu diesem schaffen - insofern macht das keinen Unterschied ob die gerade erdacht wurden oder schon vorher auf irgendeinem Stück Papier standen. Und umgedreht ist eine während dem Spiel entstehende Spielwelt keine Garantie für dicht an der Mechanik anliegendes Spielgeschehen.

Es ist eine Frage danach wie Mechanik und Spielwelt zusammenpassen - keine danach wie beide entstehen.
Titel: Re: Was bedeutet, dass Regeln und Setting miteinander verzahnt sind?
Beitrag von: alexandro am 15.04.2013 | 15:15
Also ich erhoffe mir ja immer, das Settingdesigner andersherum vorgehen.

In dem sie zuerst ein Setting erschaffen und sich überlegen, wie dort was funktioniert und was dort möglich ist. Und dann erst die Regeln so formulieren, das sie genau das abbilden.

Das ist mein Begriff von Verzahnung, nicht das ein Setting die Regeln unterstützt.

Wenn man erst das Setting erschafft und sich dann Regeln dafür überlegt, dann ist das aber keine Verzahnung (zumindest nicht in dem Sinne "Setting X bedingt Regel Y"). Ich kann jederzeit eine Settingvorgabe erschaffen und dann eine Regel erschaffen, welche diese Settingvorgabe erfüllt. Dann kann ich die Settingvorgabe einem anderen Designer geben, der (ohne Kenntnis meiner Regellösung) eine andere Regel erschafft, welche ebenfalls die Settingvorgabe erfüllt.

Leider ist es so, dass viele Portierungen (und fast alle Fan-Konvertierungen) die gegebenen Regeln als gegeben ansehen und sich bei der Umsetzung davon leiten lassen, statt den notwendigen Schritt zurück zu machen und vom SETTING auszugehen.

Ein Negativbeispiel:
Bei Exalted gibt es einen Charm der nennt sich Ox-Body-Technique.
Das Setting sagt: durch diesen Charm ist der Charakter schwieriger zu töten und kämpft auch bei schweren Verletzungen weiter.
Die Regeln sagen: durch diesen Charm erhält der Charakter zusätzliche Gesundheitsstufen.
Fast alle Umsetzungen die ich gesehen habe (u.a. ORE, MHR, BESM...) fahren die "Mehr Gesundheitsstufen/Trefferpunkte/Wundschwellen"-Schiene. Keine der Umsetzungen der Umsetzungen verschwendet auch nur einen Gedanken daran, dass "mehr TP" möglicherweise keine besonders elegante Umsetzung der Settingvorgabe ist.

Positivbeispiel:
die Magie in der "Savage Warhammer"-Konvertierung: hier wurde die Settingvorgabe (wilde, chaotische Magie, welche oft unangenehme Nebeneffekte hat), mit den Mitteln des Zielsystems umgesetzt, ohne zu sehr am Ausgangssystem zu kleben.

Zitat
Alle Settings, die nachträglich erdacht wurden, damit sie zu den Regeln passen, fühlen sich meist genau so an, als würden sie künstlich auf die Regeln gesetzt.

Dabei kann auch gutes rauskommen: als Beispiel nennen ich immer gerne "Monte Cook's World of Darkness". Hier hat der Designer erkannt, dass die "klassische" WoD sich nur bedingt für D20 eignet. Statt eine weitere schlechte D20-Umsetzung zu schreiben (wie die für 7th Sea, Deadlands, Fading Suns, L5R...) hat er sich hingesetzt und sich überlegt, wie das Setting der WoD beschaffen sein müsste, damit ein Bespielen mit D20 Sinn macht. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen.

Ein weiteres gutes Beispiel ist "Realms of Cthulu": zwar werden die SW-Regeln angepasst, um das "klassische" CoC-Gefühl herzustellen, aber es wird noch darauf eingegangen, welche Art von Spiel man mit den normalen SW-Regeln (und/oder den "weichen" Sanity-Regeln aus RoC) machen kann und welche Abenteuer sich evtll. dafür eignen.