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Pen & Paper - Spielsysteme => Splittermond => Thema gestartet von: La Cipolla am 3.09.2014 | 13:17

Titel: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: La Cipolla am 3.09.2014 | 13:17
Nach einer Spritztour mit dem SpliMobil (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,89065.0.html) und dem Wühlen in der SpliMo-Kiste (http://www.tanelorn.net/index.php/topic,90026.0.html) bleibt eigentlich nur noch eine Frage: Wie spielt sich das Ganze denn nun eigentlich?

SpliMo und die harte Realität

Ein Disclaimer: Ich benutze die Regeln AS WRITTEN. Hausregeln oder ignorierte Regeln sind schön und gut, aber wenn auch andere von einer Meinung profitieren sollen, ist das offizielle Material interessanter. Weil, ich will ja was über Splittermond schreiben, nicht über das Splittermond deiner Spielrunde oder das Splittermond meiner Oma. Deine Spielrunde und meine Oma spielen zweifelsohne zwei verschiedene Splittermond…s (Splittermonde?), weshalb wir einen kleinsten gemeinsamen Nenner brauchen, von dem alle wenigstens ein bisschen was haben. Und hey, da bieten sich die offiziellen Regeln doch eigentlich ziemlich gut an.
Okay, meine Oma spielt kein Splittermond. Der Punkt bleibt.
Dann wiederum ist das Disney-Logik, die Damsel in Distress, die böse Königin und am Ende einfach ein bisschen zu simpel gedacht. Rollenspiele werden verändert, sie werden unterschiedlich gespielt, und wenn man diesen Fakt in einem Text über ein Rollenspiel ignoriert, sollte man vielleicht besser Bücher review… ups, nope, selbst einen Roman liest jeder anders. Zwei Konsequenzen:
1. Wenn es eine Sache gibt, die gefühlt JEDER kacke findet oder hausregelt, sollte man sie zwar kritisieren, aber es wäre irgendwie genau so naiv und weltfremd, die tatsächliche Realität (Die Spieler scheißen drauf!) zu ignorieren. Hier kann man aber Entwarnung geben: Wenn man die verschiedenen Foren verfolgt, scheint Splittermond keinen Teilaspekt zu haben, der durchgängig von den meisten Spielern ignoriert oder verändert wird. Zwar gibt es relevante Fraktionen, die Probleme mit a) der generellen Komplexität, b) dem Tick-System als Ganzem und c) gewissen Aspekten des Tick-Systems haben, aber es gibt keine allgemeingültigen „Deal Breaker“. Diesen Punkt hätte ich mir also eigentlich auch sparen können. Na toll.
2. Ich werde öfter mal darauf eingehen, wie gut oder schlecht man Splittermond den eigenen Bedürfnissen anpassen kann. Das ist nämlich der erheblich interessantere Aspekt.

Zwei Textteile, die in etwa dem Spielgefühl entsprechen: Es gibt den Kampf, und es gibt den ganzen Rest.


Nicht Kampf - Was man tut, wenn man … nicht kämpft.

Tolle Überschrift, ich weiß. Erinnern sich alle daran, dass SpliMo ein durchaus komplexes Spiel sein will, ja? Gut. Dann akzeptieren wir das nämlich von hier an als Fakt. Wer Probleme damit hat (wie ich, gelegentlich), geht einfach noch etwas in der SpliMo-Kiste wühlen.
tl;dr - Außerhalb der Kämpfe flutscht SpliMo wie ein Eigelb, das beim Trennen eigentlich in der Schale bleiben sollte. Und diese Metapher passt, denn tatsächlich hätte ich einen solchen Flutschfaktor von einem Spiel dieses Komplexitätsgrads nicht unbedingt erwartet.

Der Internet-Praise für die Charaktererschaffung war lang und laut, und so halte ich mich kurz: Die Mischung aus Modulen und Punkten ist klasse. Beide für sich allein wären nicht ganz optimal, weil die Module ähnlich wie bei DSA und Konsorten recht einschränkend sind und die alleinige Punktverteilung wahnsinnig mühsam werden kann. Zusammen allerdings fühlt man sich wie im Lego-Charakterbastelwunderland, weil die Übergeneralisierung, die natürlich mit den Modulen einhergeht, problemlos durch die einzeln ausgetauschten Charakteraspekte entschärft werden kann, ohne dass man gleich alles selbst verteilen muss. Meine Spieler haben im Lauf der Erstellung sicher dreimal gefragt, ob das JETZT AUCH WIRKLICH GEHT, weil es wohl in den meisten ähnlichen Systemen die Balance zerhauen hätte.
Die Quotenseltsamkeit ist vielleicht das aufeinander folgende Verteilen von Bonuspunkte und extra Erfahrungspunkten am Ende der Erstellung; man schnallt zwar bald, warum das so ist (nicht alles geht mit Bonuspunkten), aber es fällt trotzdem etwas aus der Intuitivität der sonstigen Erstellung.

Für den Probenmechanismus kann man fast die Copy-and-paste-Kombo bedienen. Wie schon oft erwähnt bringen Risiko und Sicherheit eine durchaus unterwartete Menge an Abwechslung ins Spiel, und die Regeln drumherum funktionieren ebenso einwandfrei. Auch die damit zusammenhängenden Mechanismen (Verfolgungsjagden, Soziales etc) klappen genau so gut, wie sie sich lesen.
Eine Sache allerdings hat mich etwas überrumpelt: Es ist gerade anfangs sehr schwierig, stinknormale Proben intuitiv zu behandeln. Durch die hohen Werte muss man praktisch immer einen Schwierigkeitsgrad festlegen und die Erfolgsgrade hochzählen (oder rausrechnen), um wirklich ein Bild davon zu bekommen, wie gut oder schlecht das Ganze gelaufen ist; die feingranularen Unterschiede beim Würfelergebnis tun ihr Übrigens dazu, dass SpliMo auch außerhalb der Kämpfe ein sehr regelintensives Spiel bleibt - vielleicht regelintensiver, als man erst denkt. Eine kleine Konsequenz daraus ist, dass zumindest ich nach kürzester Zeit weniger gewürfelt habe. Der modernen SL-Logik „Say yes or roll the dice!“ wird in diesem Kontext ein ganz neues Feuer unter dem Hintern gelegt.

Mein größtes Problem mit den tatsächlichen SpliMo-Regeln allerdings ist die MASSE an ganz unterschiedlich funktionierenden Modifikatoren (vor allem durch die verschiedenen Charakteraspekte), die genau diese Proberei wahnsinnig in die Länge ziehen, und zwar meistens mit, nun ja, Pillepalle-Werten. Das hat schon beim Lesen seltsam gewirkt und im Spiel noch ein bisschen mehr genervt. Mal gibt eine Stärke +1, +2 oder +3 auf eine Probe, mal erhöht eine Meisterschaft die Erfolgsgrade, mal gibt es einen Malus für den Gegenüber. Wer in die Stärken-Sektion eines durchschnittlichen Charakterblatts guckt, kann sich tendenziell wohl schon vorstellen, was ich meine.
Jetzt könnte man natürlich sagen, dass das nichts Neues ist, dass das einfach fucking normal im Mainstream-Rollenspielbereich ist. Und hey, das stimmt, leider. Macht es aber nicht besser. Ich bin nun mal verwöhnt von Mechanismen wie „intuitiv vergebener Bonus zwischen +1 (nett!) und +3 (geil!)“, „ein Bonus gibt immer +2“ oder etwa dem „würfle 2w20 und nimm den höheren“ Advantage-Mechanismus der neuen D&D-Edition. Aber selbst auf dem Komplexitätsgrad von Splittermond ist es möglich, denke ich, klarere Richtlinien und Schablonen für Boni zu verwenden. Vielleicht gibt es sie sogar und ich hab sie nur noch nicht durchschaut? Kann gut sein. Über „High Contact“ reden wir später sowieso noch mal, aber ich will jetzt schon mal erwähnen, dass ich nicht für mich beanspruche, das System wirklich gänzlich gecheckt zu haben.
Tatsächlich kann man diesen Nachteil auch nur wenig entschärfen, weil er so tiefgehend mit den Charakteren verwoben ist. Kleinscheißboni sind am Ende eben einfach wichtig, leider. Also rechnet man.

Das Gesamtbild bleibt trotzdem sehr gut, und sehr charakteristisch. Das ist ein Pluspunkt, den Reviewer selten ansprechen: Splittermond fühlt sich wie ein eigenes Spiel an, nicht wie die nächste Klamotte für das alte Mainstream-Skelett. Das ist jetzt kein wahnsinnig rationales Urteil, aber hey, wir stellen uns gerade vor, wie wir als Feengnome und Furry-Krieger durch eine Fantasy-Welt rennen. Ein bisschen irrational dürfte also klar gehen, Feeling ist wichtig. Letztendlich wäre Splittermond außerhalb des Kampfes für mich persönlich so ein typischer 4/5-Fall: Ich finde Sachen zum Kritisieren, aber es funktioniert in der Summe trotz allem einwandfrei. Und Spaß macht es auch noch.


Kampf - KAMPF KAMPF KAMPF KÄMPFEN!

Um einzuschätzen, ob SpliMo in den Kämpfen gut funktioniert, muss man zuerst mal schauen, was es überhaupt will. Dabei ignoriere ich das Genre, die Illustrationen, irgendwelche Angaben auf der Verpackung, die Aussagen der Entwickler, den Einführungstext des Kampfkapitels, kurze Atmosphäre-Texte und irgendwelche Ego-Monologe von „Internet-Experten“ (lol) wie mir. Es geht mir weder darum, die Marketing-Kampagne zu bewerten, noch darum, das Selbstbewusstsein der Autoren auf die Probe zu stellen, sondern um die Regeln und das Spiel, das daraus entsteht. Das kann man anders sehen - viele Reviewer messen Rollenspiele an dem, was sie sein SOLLEN - aber ich gucke mir lieber die Fakten an. Alles andere ist mühsam, und ich habe oft genug vorgewarnt, dass diese Reihe hier keine Reviews enthält. Deal with it.
1. SpliMo will offensichtlich Taktik. Gamey Stuff. Man macht einfach kein verdammtes Tick-System, wenn man nicht irgendwo Taktik will, und zwar ziemlich feingranulare Taktik; auf Anhieb kenne ich kein Tick-System, das seine Zeiteinheiten dermaßen klein aufstellt. Und wenn die drei Köpfe der Hydra an verschiedenen Stellen agieren, ist das eindeutig ein Videospiel mit Zelda-God-of-WOAH!-Effekt.
Fun Fact am Rande: Einige Leute meinten, dass SpliMo das Tick-System nur hätte, um sich von DSA abzusetzen. Jedes Mal, wenn ich das lese, muss ich aufpassen, dass ich nicht belustigt meinen Orangensaft gegen den Bildschirm spucke - so was ist vielleicht eine Ursache, eine Motivation in der Konzeptionsphase, aber niemals ein echter Grund für ein komplettes Regelsystem. Wenn man sich von DSA absetzen will, kann man auch mit den proverbialen brennenden Hamstern würfeln und muss nicht so einen Riesenaufwand betreiben. Das Thema DSA und Ticks ist dementsprechend in meinen Augen also gänzlich langweilig. Ich bevorzuge die Hamster.
2. SpliMo will Realismus, wenigstens ein bisschen. Die potenzielle Tödlichkeit hat viele überrascht (auch mich), man braucht Ticks für das Wechseln von Waffen, Schilde geben nicht einfach nen Bonus, sondern können blocken etc etc etc … Jap, das ist ansatzweise Realismus. Spätestens, wenn man die Regeln für das Unterbrechen der Bewegung sieht, ist klar, dass hier ein Kampf simuliert werden soll.
3. SpliMo will cool stuff. Die Meisterschaften, mit denen auch ein Krieger sonst was für Sachen anstellen kann, die Zauber, die wirklich reinhauen, wenn sie durchkommen, die Manöver und die Sondereffekte durch Erfolgsgrade. SpliMo will, dass du dich cool fühlst.
Das sind drei (mindestens implizite) Spieldesignziele, die ich hinter den Regeln sehe. Man könnte jetzt natürlich versuchen, das Ganze mit Gewalt in irgendein pseudo-etabliertes Genre zu drängen („Heroic Superhero Fantasy!“, „Dramatic Gritty Grimdark!“, „Hotzenplotz 2014!“), aber das würde komplett übergehen, dass Rollenspiele ein eigenes Medium mit eigenen Konventionen und Erwartungshaltungen sind, und dass einzelne Werke damit sowieso machen, was sie wollen. Also lass ich es gleich. Wie so viele Mainstream-Rollenspiele entziehen sich die Splittermond-Regeln einer Einordnung in zwei Sätzen, und wer versucht, genau das trotz allem zu tun, wird den Punkt des Systems („ein bisschen hiervon, ein bisschen davon, und hey, ein Gesamtbild!“) höchstwahrscheinlich völlig verfehlen.

Viel interessanter ist doch die Frage: Schafft es SpliMo, seine verschiedenen, teilweise nicht unbedingt gut harmonierenden Ziele zu erfüllen? (Zur Erklärung: Coolness und Realismus zusammenzubringen, ist nicht unbedingt die einfachste Aufgabe. An Wundbrand in einem Schützengraben zu verrecken, ist höchstens cool, wenn Michael Bay das Ganze mit dem Geld der Army inszeniert. Aber eigentlich ist es auch dann noch nicht cool. Oder realistisch, was das angeht.)
Meine persönliche Antwort nach einigen Runden lautet: Unter Umständen. Das Tick-System als taktisches Tool, um irgendwo realistische Kämpfe mit coolen Charakteren darzustellen, kann funktionieren, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind. Und das sind gar nicht mal allzu wenige.

Voraussetzung 1: Alle kennen das Spiel - vor allem der SL!
Ernsthaft. Liebe angehende SLs: Spielt mit euch selbst. Damit meine ich nicht die gesellschaftlich verpönte Variante, sondern die … andere gesellschaftlich verpönte Variante, die mit Würfeln und Tickleiste. Ich hab ohne Übertreibung eine gute Stunde gebraucht, eh ich die Kampfregeln in der Praxis wirklich „gecheckt“ habe, und es hilft ungemein, einen Beispielkampf mit zwei Charakteren und einem stärkeren Gegner selbst durchzuspielen. Aber selbst dann sollten die Spieler wissen, dass SpliMo kein Rollenspiel ist, das man nach einer einzelnen 6-Stunden-Runde beherrscht. Hier ist viel System Mastery angesagt, viel Übung. Natürlich ist dieser Fakt auch einer der Punkte, die das Spiel am Anfang so tödlich machen. Wenn erstmal alle geblickt haben, wie das Ganze funktioniert, kommt die „Coolness“ zunehmend besser durch. Weil, von einer Gruppe Rattlinge gefickt zu werden, während man ständig daneben haut und kaum zum Zug kommt, ist nur begrenzt cool. Da muss man dann die taktischen Kniffe rausholen, und die erfordern Übung.

Voraussetzung 2: Das Setup des Kampfs passt zum System.
Das Splittermond-Kampfsystem kann NICHT alles, nicht mit den momentanen Regeln. Tatsächlich realisiert es so einige Sachen eher suboptimal, und das ist ein handfester Nachteil, eine Schwäche, die man nicht untergehen lassen sollte. Ich rechne persönlich stark damit, dass im angekündigten Kampfbuch zusätzliche und optionale Regeln für entsprechende Situationen kommen, aber momentan ist es beispielsweise ein Krampf, gegen mehr als pi mal Daumen drei oder vier Gegner zu kämpfen, vor allem wenn diese auch noch über taktische Optionen wie Umreißen, Entwaffnen oder gar das Verteilen von Zuständen verfügen. Gerade für Anfänger. Oder gegen gleichartige Gegner in einer Gruppe, das wird ziemlich schnell ziemlich langweilig. Dieser Aspekt hat natürlich auch viel mit dem Abenteuerdesign zu tun, und gerade die offiziellen Abenteuer müssen hier einen Gang zulegen - oder sich einfach ihrer Regeln noch bewusster sein (SpliMo-Team? Vielleicht ein kleiner Leitfaden für Abenteuerdesign und Kampfdesign?). Für mich ist es bspw. ein kleines Unding, einem Standardgegner in vierfacher Ausführung eine so komplexe Regel wie das Umreißen zu verpassen, die man wahrscheinlich fünf Mal nachschlagen muss, bevor man sie sich langsam merkt.
Es gibt Sachen, die machen richtig Spaß mit SpliMo, und als SL tut man gut daran, sich auf solche Situationen zu fokussieren: Kämpfe gegen wenige Gegner. Kämpfe gegen Gruppen aus ganz unterschiedlichen Gegnern, mit unterschiedlichen Fähigkeiten (und vor allem auch mal ganz ohne Sonderfähigkeiten! Mut zu langweiligen Schergen!). Und so weiter. In der Praxis merkt man dann auch relativ schnell, was funktioniert und was nicht.
Ein Praxistipp: Von den kleinen, kostenlosen Abenteuern finde ich "Die Nacht der Toten" mit Abstand am besten, obwohl es beizeiten unter den genannten Problemen im Kampfdesign leidet. "Die Türme im Eis" gefallen ebenfalls, aber sie sind halt ziemlich lang und eignen sich daher nur beschränkt für Testspiele.

Voraussetzung 3: Alle sind gut vorbereitet.
Ohne die Tickleiste geht gar nichts, aber auch die Regelzusammenfassung ist ein Muss. Dazu kommen die Meisterschaften der Gegenspieler (unbedingt vorher raussuchen!), mindestens ein Schmierzettel für die Positionierung und ähnlicher Kram. Die Spieler sollten die Wirkung ihrer Zauber u.ä. aufschreiben.
Es ist nicht unüblich, dass Mainstream-Spiele eine gewisse Vorbereitung erfordern, und SpliMo ist hier keine Ausnahme (und manchmal nagt es sogar am Maximalkuchen). Das sollte man wissen.
Das Gute: Uhrwerk weiß das. Wenn man in die Ankündigungen guckt (SL-Schirm! Tick-Leiste! Marker! etc!), wird schnell klar, dass man den Spielern hier unter die Arme greifen will. Das ist nicht nur notwendig, sondern auch vorbildlich. Eine besonders große Rolle spielt hierbei auch die Gratis-pdf des Grundregelwerks. Was auf den ersten Blick erstmal nach „lol, gratis“ aussieht, kriegt eine ganz neue Bedeutung, sobald zwei Spieler mit Tablets am Tisch sitzen, die nebenbei ihren Kram nachschlagen können. Ich empfehle also Freunde mit Tablets!

Voraussetzung 4: Alle haben die richtigen Erwartungen.
Ich hoffe mal, niemand erwartet einen wirklich cineastischen Kampf. Oder einen ernst zu nehmenden Kampf, der wesentlich weniger Zeit als eine Stunde benötigt. SpliMo fühlt sich auch mit System Mastery eher wie ein relativ trockenes Taktikspiel an. Improvisation ist möglich, aber wie so oft wären an der Stelle mehr Richtlinien nötig gewesen. Spaß und Spannung gibt es selbstverständlich trotzdem, aber man sollte diesen Spaß und diese Spannung eben in der Taktik suchen, nicht in großen Drama-Regeln. Oh, und in diesem Funken Realismus, der dich Ticks dafür aufwenden lässt, deinen Bogen zu ziehen.

Sind diese Voraussetzungen allerdings erfüllt (was nicht unbedingt immer eine leichte Aufgabe ist, sein wir ehrlich!), kann das SpliMo-Kampfsystem so richtig glänzen. Mich hat es streckenweise sehr positiv an D&D4 erinnert, mit seinen durchgestylten, von vorn nach hinten quer gerechneten Kämpfen und seinem coolen Ressourcen-Mechanismus, der bei SpliMo in der Form von Mana und Leben genau so gut klappt, wie er sich liest.
Hätte ich so ein System gemacht, hätte ich den Realismus trotzdem um eine Stufe heruntergeschraubt, was eventuell die momentan recht massiven Anforderungen an SL und Spieler gesenkt sowie die anderen Designziele unterstützt hätte. Aber gut, persönliche Vorliebe. Es gab einen Playtest, und da war ja sehr deutlich, dass der Großteil der Spieler darauf steht.
Was die Kämpfe angeht, bin ich also durchaus etwas hin- und her gerissen. Sind die Anforderungen erfüllt, die das System an Spieler und SL stellt, kann der Kampf locker bei einer 4/5 landen, eventuell sogar höher. Dann ist es einfach ein gut durchdachtes, fein ausbalanciertes System, das in seiner Taktik wahnsinnig Spaß macht, trotz kleiner Schwächen und „toten Winkeln“ in den Anwendungsmöglichkeiten der Regeln. Sind besagte Anforderungen allerdings nicht erfüllt, kann die Gesamtwirkung sehr schnell sehr tief den Bach runtergehen, und damit auch der Spielspaß. Dessen sollte man sich also bewusst sein.


Apropos „sich bewusst sein“ ...

Falls es noch nicht deutlich geworden ist: SpliMo ist HIGH CONTACT. Aber so richtig. Kein Spiel für zwischendurch, kein Spiel zum „mal anspielen“ an einem Abend, sondern High-Contact-Hardcore-Rollenspiel-Stuff, den man über Jahre hinweg jede Woche Dienstag spielt. Das drückt sich in den ganzen genannten Punkten, aber auch in dem Aufstiegssystem aus, das bei Mainstream-Spielen nur sehr, sehr selten so durchdacht wirkt und auch auf späteren Levels noch gut funktionieren sollte (ich gebe zu, ich habe es noch nicht auf höheren Levels gespielt, aber es liest sich faszinierend simpel). Sogar am Produktplan von Setting- und Regelbänden merkt man, welche Spielkultur hier die Zielgruppe ist.
Und auf derselben Schiene ist es ausdrücklich kein Regelsystem, an dem man einfach mal so herumtinkern kann (der Vergleich mit D&D4 liegt abermals nah). Alles hängt irgendwie zusammen, und ein Tick weniger kann durchaus die Balance zerhauen. Dementsprechend wäre sogar ich als alter Regel-Weglasser vorsichtig, was das Weglassen von Regeln angeht. Aber hey, das passt. Schließlich sind die Regeln ziemlich wasserfest, solang man sie nicht kopfüber und mit losem Verschluss in den Rucksack steckt.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Lichtschwerttänzer am 3.09.2014 | 13:44
Sehr Interessant und Bedenkenswert!

Danke
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Achamanian am 3.09.2014 | 13:45
Danke, das war wieder mal sehr schön anschaulich und unterhaltsam!
Ich habe ja bisher nur mit dem Schnellstarter gespielt und hier von meinen Problemen berichtet - schon das war mir als SL schlicht und einfach zu schwer, zu viel Verwaltungsaufwand. Deine Rezension weckt in mir jetzt zwar den Wunsch, wieder vierzehn zu sein (da hätte ich mir glaube ich genau so ein Spiel gewünscht und die Zeit dafür gehabt), aber leider lässt sich die Zeit nicht zurückdrehen ...

Dafür lese ich jetzt endlich mal Savage Worlds und trage mich bereits mir Savage-Lorakis-Gedanken!
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Tantalos am 3.09.2014 | 13:49
Manchmal wünsche ich mir ja schon "Sternchen" zu verteilen für gut geschrieben und interessante Artikel.
Danke.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: JS am 3.09.2014 | 14:13
Meinst du mit "gut geschrieben" die Sprache oder den Inhalt?
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Slayn am 3.09.2014 | 23:33
Tja, befriedigt bei mir bisher zwei Triebe: ich bastle gerne und ich mag harte taktische Kämpfe.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: TeichDragon am 3.09.2014 | 23:43
1. SpliMo will offensichtlich Taktik. Gamey Stuff. Man macht einfach kein verdammtes Tick-System, wenn man nicht irgendwo Taktik will, und zwar ziemlich feingranulare Taktik; auf Anhieb kenne ich kein Tick-System, das seine Zeiteinheiten dermaßen klein aufstellt.

Ach geh... es gab schon vor 30 Jahren oder so optional (!!) Rules, die bei RoleMaster jede verdammte Kampfrunde auf Prozente der Aktionen runter gebrochen hat.
Dagegen ist so ein Tick-System de facto noch ein Waisenknabe. Und eigentlich ist es nur das selbe Regelsystem was es damals unter anderem Namen schon gab (Action Time Requirements) mit anderer Färbung (hier in Babyblau). Ob ich jetzt mit Prozenten (Pro Kampfrunde) oder mit Ticks rechne gibt sich nicht so wirklich viel.

Ansonsten - Tolle (Nicht-)Rezi und immer wieder schön zu lesen was Du schreibst. :)
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Marduk am 4.09.2014 | 00:22
Was auf jeden Fall stimmt, ist, daß das System gerade im Kampf recht komplex ist und von allen Teilnehmenden doch recht starke Regelkenntnisse erfordert. Durch die ganzen unterschiedlichen Aktionen mit unterschiedlicher Tickdauer usw kann es recht schenll unübersichtlich werden und die ganzen Meisterschaften usw macht das auch nicht einfacher.

Mit einer Gruppe die darauf abfährt, stell ich mir da durchaus sehr interessante und spaßige Kämpfe vor, aber mit der Art von Gruppe wie sie mir in den letzen 10 Jahren über den WEg liefen, befürchte ich, daß es doch eher krampfig wird, wenn der SL allen bei jeder Aktion nochmal alles erklären muss.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: JS am 4.09.2014 | 00:37
Das stimmt: Fundierte Regelkenntnis allein beim SL reicht bei weitem nicht aus, denn auch die Spieler müssen ihre SC und viele Details beherrschen, wenn das System rocken soll. Ich hoffe, daß das meine Mitspieler beherzigen.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Samael am 9.09.2014 | 19:15
Danke für den ausführlichen, fundierten Bericht.

Er bestätigt mich in meiner Entscheidung, SpliMo nach den ersten Spieltests den Rücken gekehrt zu haben - auch wenn es nach der Anfangseuphorie und generellen Sympathie für das Projekt schwergefallen ist.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Luxferre am 11.09.2014 | 09:22
Danke für den ausführlichen, fundierten Bericht.

Er bestätigt mich in meiner Entscheidung, SpliMo nach den ersten Spieltests den Rücken gekehrt zu haben - auch wenn es nach der Anfangseuphorie und generellen Sympathie für das Projekt schwergefallen ist.

fettes +1 !


Dafür muss ich von PF nicht wechseln. Das kann evtl. abermals probiert werden, ich denke aber, dass SpliMo nicht das System unserer Wahl wird. Leider.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Quendan am 11.09.2014 | 12:35
Ich empfehle (nicht nur bei Splittermond) auch immer einen eigenen Test zu machen und nicht nur aufgrund eines Reviews zu schließen, dass es nichts für einen ist. Zumindest wenn man vorher zumindest Interesse hatte und nicht alles doof klang - ein eigener Test kann da ganz andere Ergebnisse bringen. Oder er bestätigt halt die Eindrücke anderer, dann weiß man es wenigstens sicher. Und da das GRW kostenlos zu haben ist, muss man dafür außer Zeit ja auch nichts investieren. :)

Wer hingegen natürlich sowieso nicht auf regellastigere Spiele steht, der braucht vermutlich nicht mal La Cippolas Betrachtungen, um Splittermond für sich (zu Recht) auszuschließen. ;D
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: JS am 11.09.2014 | 13:26
Stimmt, allerdings denke ich, daß Spieler, die mit Dungeons, Pathfinders Actionsystem und Pathfinders Abenteuerstil zufrieden sind, nicht soooo viel Erfüllendes in und bei Splimo finden dürften. (Das ist ja auch der Grund, weshalb WIR wiederum viele Hoffnungen mit Splimo verbinden.)
:)
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Quendan am 11.09.2014 | 13:41
Stimmt, allerdings denke ich, daß Spieler, die mit Dungeons, Pathfinders Actionsystem und Pathfinders Abenteuerstil zufrieden sind, nicht soooo viel Erfüllendes in und bei Splimo finden dürften.

Jo, wobei das ja immer gilt: Wenn ich innerhalb eines Genres oder Spielstils das Spiel gefunden habe, das mich rundum (oder fast rundum) glücklich macht, dann muss man nicht nach Alternativen gucken. :)
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Keuner am 11.09.2014 | 13:48
Müssen nicht. Aber der Blick über den Tellerrand hat noch nie geschadet ;) Und Abwechslung kann ja auch schön sein :D
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: JS am 11.09.2014 | 13:48
Quendan: Doch, das kann man schon, um den Horizont zu erweitern und weitere Spiele zu finden, die den eigenen Spielstil unterstützen. Ich denke in diesem Fall nur, daß die üblicherweise dungeongestählte Pathfinderfraktion wenig Überschneidungen mit den Splimo-DSA-Abenteuerrecken finden dürfte.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Quendan am 11.09.2014 | 13:54
Quendan: Doch, das kann man schon, um den Horizont zu erweitern

Dagegen kann ich natürlich nichts sagen. :d
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: La Cipolla am 11.09.2014 | 19:55
Ich hab auch schon wieder sehr deutlich gemerkt, dass selbst die Sache mit "Welche Art von Kämpfen kann SpliMo gut umsetzen?" nicht so eindeutig ist, wie wir sie wahrgenommen haben. Meinungen zu Regeln abgeben ist ne Scheißarbeit. ;)
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Luxferre am 11.09.2014 | 20:48
Stimmt, allerdings denke ich, daß Spieler, die mit Dungeons, Pathfinders Actionsystem und Pathfinders Abenteuerstil zufrieden sind, nicht soooo viel Erfüllendes in und bei Splimo finden dürften. (Das ist ja auch der Grund, weshalb WIR wiederum viele Hoffnungen mit Splimo verbinden.)
:)

Hey, ich bin mit PF unzufrieden und sehe sehr ähnliche Probleme in SpliMo auf mich zukommen.
Zu viel Management im Kampf. Da lobe ich mir noch schnellere Systeme, wie HARP zum Beispiel  :d
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Samael am 11.09.2014 | 20:52
Ich empfehle (nicht nur bei Splittermond) auch immer einen eigenen Test zu machen und nicht nur aufgrund eines Reviews zu schließen, dass es nichts für einen ist. Zumindest wenn man vorher zumindest Interesse hatte und nicht alles doof klang - ein eigener Test kann da ganz andere Ergebnisse bringen.

Ich habe SpliMo durchaus ausprobiert, und Luxferre auch (klang jedenfalls so).
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: JS am 11.09.2014 | 21:40
Hey, ich bin mit PF unzufrieden und sehe sehr ähnliche Probleme in SpliMo auf mich zukommen.
Zu viel Management im Kampf. Da lobe ich mir noch schnellere Systeme, wie HARP zum Beispiel  :d

Samstag startet unsere Splimo-Kampagne, und ich freue mich auf die Erkenntnisse, die sie bringen wird. Die SC-Erschaffung war schon mal grandios, alle Spieler sind heiß auf die Welt. Das Kampfsystem muß sich noch beweisen.
:)
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Slayn am 11.09.2014 | 21:43
@Samael & Luxferre:

Ich bin echt mal gespannt darauf zu lesen was ihr beide denn nun _genau_ sucht.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Samael am 11.09.2014 | 21:51
@Samael & Luxferre:

Ich bin echt mal gespannt darauf zu lesen was ihr beide denn nun _genau_ sucht.

Wer hat gesagt, dass ich was suche...? Ein gut supportetes deutsches Fantasystem, das keine no-gos (für mich) enthält wäre halt mal nett gewesen. Aber ich suche jetzt nicht verzweifelt nach einem neuen System.
 
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Slayn am 11.09.2014 | 21:54
Wer hat gesagt, dass ich was suche...? Ein gut supportetes deutsches Fantasystem, das keine no-gos (für mich) enthält wäre halt mal nett gewesen. Aber ich suche jetzt nicht verzweifelt nach einem neuen System.

Ah, sorry. Bevor wir hier an einander vorbei reden: Du hast weiter Oben geschrieben das genannte würde deine Meinung bestätigen SpliMo den Rücken zu kehren.
Mich interessiert an der Stelle eher was _genau_ deine Meinung bestätigt hat.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Samael am 11.09.2014 | 22:10
Achso. Naja, das extrem kleinteilige und komplexe Kampfsystem. Speziell Ticksysteme mag ich aus mehreren Gründen überhaupt nicht. Sie bringen einfach nicht genug für den unfassbaren Aufwand den sie darstellen, und sind zudem zu anfällig gegen gamebreaker.

EDIT:
Meine persönliche Meinung ist übrigens, dass es eine wirtschaftliche Fehlentscheidung war ein Ticksystem zu verwenden. Warum muss das "neue deutsche Fantasystem" unbedingt NOCH komplizierter sein als DSA4? (Klar, DSA 4 mit allen Zusatzregeln ist garantiert noch komplexer und komplizierter als SpliMo - aber es gibt da wenigstens die explizite Option jede Menge des wahnsinnigeren Krames wegzulassen. SpliMo ohne Ticks geht einfach nicht). Ich will gar nicht abstreiten, dass SpliMo das "objektiv bessere" bzw. balanciertere und stringentere System ist, denn das ist es (vermutlich). Ich hätte mir nur gewünscht, dass es besser für casual gamer und Neulinge geeignet ist.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Slayn am 11.09.2014 | 22:29
Ah, ok.

Das ist vielleicht etwas OT, aber ich vermute ja schon lange das gerade kleinteilige Systeme eher etwas für Anfänger sind als Systeme in denen man sich narrativ austoben kann. Die geben einem wenigstens etwas in die Hand.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Samael am 11.09.2014 | 22:32
Mag sein, aber da gibt's ein too much.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Quendan am 12.09.2014 | 00:21
Ich habe SpliMo durchaus ausprobiert, und Luxferre auch (klang jedenfalls so).

Ah, okay. Dann hab ich das missverstanden, dachte du bezogst deinen ersten Post vor allem auf La Cippolas Eingangsbeitrag. :) Gerade wenn du keine Ticksysteme magst, ist Splittermond natürlich nichts für dich, klar. Denn eines stimmt: Man kann es nicht einfach ausbauen, da da sehr viele Variablen dranhängen.

In einer anderen Sache möchte ich dir aber nach aktuellem Kenntnisstand widersprechen:

Meine persönliche Meinung ist übrigens, dass es eine wirtschaftliche Fehlentscheidung war ein Ticksystem zu verwenden.

Die Wirtschaftlichkeit einer Entscheidung ist ja erstmal an den Zahlen festzumachen und nicht an der persönlichen Meinung. Und die bisherigen Zahlen sind sehr gut, unsere Erwartungen wurden voll erfüllt. Wirtschaftlich ist Splittermond schon jetzt ein Erfolg und die Verkaufszahlen der ersten Folgeprodukte (inklusive Vorbestellungen) sind auch sehr gut - es ist also nicht mit einem Einbruch zu rechnen, jetzt wo alle Leute sich ein Bild des Ticksystems machen konnten (hätten sie übrigens auch ohne Kauf gekonnt, ist ja klar).

Klar mag man vermuten, dass es mit einem Rundensystem noch bessere Verkaufszahlen gegeben hätte. Aber ich persönlich glaube nicht daran - denn im Forum bei uns und anderswo hört man auch oft genug von Leuten, die gerade wegen dem Ticksystem überhaupt neugierig geworden sind oder dieses sehr cool finden. Im Endeffekt bricht es da immer auf Meinungen und Vorlieben herunter. Manche mögen es und manche mögen es nicht. Ich kann ja auch nachvollziehen, was manche Leute (wie auch du) daran nicht mögen, ihr begründet eure Abneigung ja sinnvoll. Aber genau die selben Sachen werden von anderen Leuten auch wieder als Vorteil gesehen (Stichwort Kleinteiligkeit/Detailliertheit).

Aber unabhängig davon, wie man selbst einzelne Komponenten findet: Wirtschaftlich ist Splittermond bisher eine Erfolgsgeschichte (auf dem niedrigen Niveau des deutschen Rollenspielmarktes versteht sich - Patric kann sich auch durch Splittermond keinen Porsche leisten ;) ). Ob das anhält, wird man natürlich erst in einem Jahr oder noch später sinnvoll beurteilen können. Die Entwicklung ist aber eher positiv.

Insofern würde ich sagen: Das Ticksystem war kaum eine wirtschaftliche Fehlentscheidung, wenn man diese als Grundlage für schlechte Verkaufszahlen definiert. Denn die gibt es (noch) nicht. Wären die Zahlen ohne Ticksystem noch besser gewesen? Ich weiß es natürlich nicht - aber ich kann es mir mit meiner Kenntnis des deutschen Rollenspielmarktes nur schwer vorstellen.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: JS am 12.09.2014 | 09:45
So sehe ich das auch. Wir z.B. sind noch unsicher, ob uns das Ticksystem gefällt, aber wir freuen uns über ein detaillierteres System und die Spielwelt, so daß wir auf jeden Fall Kunden bleiben werden. Ich kehre mit einigen "Getreuen" ohnehin gerade zu den regellastigeren Spielen zurück (Rolemaster, Traveller, Splittermond, Shadowrun usw.), nachdem uns dieser ganze Erzählvereinfachungsstil nicht dauerhaft begeistern konnte.
Immerhin ist das Ticksystem mal ein relativ unüblicher Ansatz, wie es auch Warhammer 3 und SW Rande des Imperiums waren/sind. Das weckt Neugier...
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Slayn am 12.09.2014 | 09:54
das Ticksystem hat halt den Vorteil das man wirklich mal über die Wahl der Ausrüstung und der Aktionen nachdenken muss wenn man dran ist. Im Gegensatz zu, sagen wir mal, Pathfinder, kann es sinnvoller sein eben nicht nur ein Standard-Vorgehen zu entwickeln, sondern man muss weitaus mehr auf die Situation und die Gegner eingehen.
Das gleiche gilt für Encounter-Design und die Vorarbeit die man als SL erledigen muss: Was man auswählt beeinflusst extrem stark wie der Kampf werden wird.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Samael am 12.09.2014 | 18:45
Quendan,

Es freut mich, dass SpliMo einen guten Start hatte. Ihr habt ja in der Kundenkommunikation und beim Marketing auch jede Menge richtig gemacht, und das Material sieht glänzend aus.

Dennoch bleibe ich bei der Einschätzung, dass es für den langfristigen Erfolg und insbesondere für die Gewinnung neuer Kundenkreise besser gewesen wäre das Ticksystem wegzulassen.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Xemides am 12.09.2014 | 19:02
Vielleicht sind gerade Neueinsteiger ins RPG offener für ein Ticksystem als alte Hasen ;-).
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Marduk am 12.09.2014 | 19:53
Vielleicht sind gerade Neueinsteiger ins RPG offener für ein Ticksystem als alte Hasen ;-).

Find ich auch... Wir alte Hasen sind da viel zu festgefahren, manchmal
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Samael am 12.09.2014 | 19:56
Das hat nichts mit festgefahren zu tun, jedenfalls bei mir nicht.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: SeldomFound am 13.09.2014 | 00:16
Das Ticksystem ist echt nicht komplizierter als ein normales Rundensystem. Du setzt einfach die Charakter-Marker auf die Tickleiste und lässt sie losmaschieren.

Die unterschiedliche Dauer der Aktionen sind jetzt auch nicht wirklich unübersichtlich und stehen a) alle auf der beigelieferten Tickleiste drauf und sind b) recht einfach zu merken.

Ich finde es macht schon sehr viel Laune, vor allem weil es sich dynamischer als bei Rundenkämpfen anfühlt. Ich sehe auch nicht, warum es für Casual Gamer (gibt es die überhaupt bei P&P-RPG?) oder Neulinge zu schwer sein sollte. Man sagt einfach seine Aktion an und dann wird entsprechend vorgerückt. Kennt man doch von anderen Brettspielen, wo ist das Problem?

Nicht viel komplizierter als zum Beispiel bei Pathfinder den Unterschied zwischen einer immediate, swift, free, standart, move oder full-round-action zu erklären.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Xemides am 13.09.2014 | 01:15
Das hat nichts mit festgefahren zu tun, jedenfalls bei mir nicht.

q.e.d.  ~;D
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Mustafa ben Ali am 13.09.2014 | 06:35
Ich frage mich, wo der große Unterschied ist, ob ich sage: Diese Aktion dauert 5 Ticks oder 2 Kampfrunden.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Samael am 13.09.2014 | 06:42
Das Ticksystem ist echt nicht komplizierter als ein normales Rundensystem. Du setzt einfach die Charakter-Marker auf die Tickleiste und lässt sie losmaschieren.

Die unterschiedliche Dauer der Aktionen sind jetzt auch nicht wirklich unübersichtlich und stehen a) alle auf der beigelieferten Tickleiste drauf und sind b) recht einfach zu merken.

Ich finde es macht schon sehr viel Laune, vor allem weil es sich dynamischer als bei Rundenkämpfen anfühlt. Ich sehe auch nicht, warum es für Casual Gamer (gibt es die überhaupt bei P&P-RPG?) oder Neulinge zu schwer sein sollte. Man sagt einfach seine Aktion an und dann wird entsprechend vorgerückt. Kennt man doch von anderen Brettspielen, wo ist das Problem?

Es ist letztendlich Geschmackssache.

Manche Leute spielen auch gerne ASL (http://en.wikipedia.org/wiki/Advanced_Squad_Leader), etwas was ich wirklich nicht nachvollziehen kann. Bei SpliMo ist der Aufwand an Mikromangament allein um zu bestimmen wer wann dran ist ist jedenfalls gewaltig, und das Tick-System verbietet sogar gleichartige Gegner in Gruppen zusammenfassen (es sei denn die machen immer genau dasselbe - und selbst dann ist es ja denkbar, dass man Ticks durch Gegneraktionen verliert IIRC). Wenn die Gruppe es dann auch noch mit mehr als einer Handvoll Gegner zu tun hat wird das für mich inakzeptabel - so hat es übrigens damals die gesamte Testgruppe gesehen. Außerdem mag ich das ständige Rumgerechne gar nicht, welche Aktionen jetzt optimal sind um in der Tickleiste im Verhältnis zu den Gegner möglichst optimal vorzurücken. Andere mögen das als taktische Bereicherung empfinden, mich stört es schlicht beim rollenspielen.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Samael am 13.09.2014 | 06:43
q.e.d.  ~;D

Du benutzt das Akronym, allein kennst du offenbar seine Bedeutung nicht.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: MW am 14.09.2014 | 00:11
Moin zusammen,

unsere erste Splittermond-Session liegt hinter uns und hier mal ein kurzer Pre-Spiel-Bericht. Vorweg, dies ist kein detaillierter Regelwerk oder System Bericht, sondern eher eine kurze Abhandlung des Erlebten.

Das Tick-System hat sich als sehr praktikabel herausgestellt und hat in keinsterweise den Spielfluß gestört oder unterbrochen, sondern bot ein schönes, taktisches Element, welches sich mit Würfeln, Markern  und ähnlichem bestückt, flexibel benutzen lies. Die Kämpfe waren spannend, abwechselungsreich und führten zu einem Zusammenspiel-Gefühl, welches sehr angenehm war. Alle die, noch, nicht am Zug waren, planten ihre nächsten Züge was zu einem Regen Dialog führte.

Auch die wichtigsten Regeln, waren nach kurzer Eingewöhnung schnell verinnerlicht, wobei es natürlich sehr hilfreich ist, wenn ein, zwei Spieler plus SL schon tiefer mit den Regeln vertraut sind.
Was ich damit meine ist, das es auch für jemanden wie mich, der nicht stundenlanges Regelstudium betreibt, möglich ist nach ein paar Std. im Spiel zu sein.

Natürlich muß sich das System erst einmal im Langzeitspiel beweisen, aber alles in allem hat mir das System, wie schon lange keins mehr, sehr viel Spaß gemacht und mich zum weiterspielen motiviert.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: JS am 14.09.2014 | 01:51
Wow, es muß dir ja WIRKLICH so gut gefallen haben, wenn du hier schon einen Post-Spiel-Bericht schreibst.
:D

Ich bin nach diesen großartigen 8 Spielstunden auch hellauf und - skurril - unerwartet kritiklos begeistert, wie übrigens neben MW auch alle anderen aus der Truppe. (Sowas gab es bisher selten.)

Bei und mit Splittermond paßte und flutschte alles, und wir achteten stark darauf, penibel nach Regeln zu spielen und auch Sondersituationen zu testen. Ein so reifes, wohlüberlegtes Regelwerk aus einem Guß, das so gut mit der Spielwelt harmoniert und das Gruppen- und Rollenspiel so gut unterstützt und fördert, ist mir selten begegnet.

Und die Kämpfe haben uns deutlich vor Augen geführt, wie einfach und trotzdem sehr taktisch ein Ticksystem funktionieren kann. An Schnelligkeit steht es einem Rundensystem in nichts nach, und es ist angenehm, daß viel Handwedelei unnötig wird.

Ich hoffe, daß uns dieser exzellente Eindruck erhalten bleibt, und ich sage: Chapeau!
 :d
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: zaboron am 14.09.2014 | 10:13
Ihr beiden seid doch bestimmt vom Verlag gekauft worden!
 ;)
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Sülman Ibn Rashid am 14.09.2014 | 11:50
Ihr beiden seid doch bestimmt vom Verlag gekauft worden!
 ;)
Ganz sicher sogar: mit einem kostenlosen PDF des Regelwerks!
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Green Goblin am 14.09.2014 | 19:52
Der Verlag ist aber ganz schön durchtrieben.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: JS am 14.09.2014 | 23:49
Ich kann und werde es nicht leugnen, denn es käme sowieso irgendwann heraus: Die ehemaligen DSA-Autoren haben sich an meine fanatischen Jubelstürme zu DSA 4 erinnert und mich mit einem dezenten Umschlag voller Geld gebeten, gleiches auch für Splimo zu bewerkstelligen.
Here we go.
;)
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Silent Pat am 15.09.2014 | 00:06
Ich kann und werde es nicht leugnen, denn es käme sowieso irgendwann heraus: Die ehemaligen DSA-Autoren haben sich an meine fanatischen Jubelstürme zu DSA 4 erinnert und mich mit einem dezenten Umschlag voller Geld gebeten, gleiches auch für Splimo zu bewerkstelligen.
Here we go.
;)

Das sollte doch unter uns bleiben...
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: aikar am 15.09.2014 | 07:59
Danke für diese ausführliche Einschätzung. Das bestätigt meine Erwartungen.

Ich gratuliere dem Splittermond-Team zu den guten Verkäufen, auch weil ich vor kurzem Thomas Römer kennen lernen durfte und ihm alles Gute für sein Projekt wünsche (Falls er hier reinschaut: Schöne Grüße vom GFF2014).

Aber für mich ist das Regel-System leider nichts. Ich sehe die meisten Systeme primär aus dem Blickwinkel des Spielleiters (meist mit wenig regelgebildeten Spielern) und mag es einfach Modifikatoren ohne großes Nachschlagen aus der Hand schütteln zu können (ohne den Regeln zu widersprechen) und Kämpfe schnell und cineastisch abzuwickeln (auch bei größeren Gegnergruppen).

Wenn man sich die verbreitetsten Rollenspiele im deutschen Raum (DSA, Pathfinder, Shadowrun) so ansieht, scheint Kleinteiligkeit aber ja tatsächlich der Mainstream zu SEIN. Insofern bin ich auch nicht (mehr) so naiv/arrogant, meine persönlichen Vorlieben für schnelle, streamlinete Systeme auf die Masse projezieren zu wollen.

Ich hätte mich einfach als Ergänzung zu den genannten Systemen einmal über ein gut mit Hintergrund- und Abenteuerbänden unterstütztes deutschsprachiges System gefreut, dass man in kurzer Zeit lernen und dann aber auch lange spielen kann ohne ständig nachzuschlagen.
Savage Worlds, Der Eine Ring, Barbrians of Lemuria und Fate Core gehen zwar regeltechnisch in meine Wunschrichtung, haben aber alle nicht genug Produktausstoß (Kein Vorwurf an die Produzenten, sondern simple Feststellung!) im Vergleich zu den "Großen".

Ich werde aber aufmerksam alle Projekte. die Lorakis mit Der Rine Ring oder Savage Worlds bespielen wollen. beobachten und sicher auch das eine oder andere aus der Welt in andere Systeme übernehmen.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: JS am 15.09.2014 | 08:52
Hmja, "flott aus der Hand heraus" läßt sich Splimo wohl nicht leiten und spielen. Es liegt mit seinen Details aber auch genau bei unseren derzeitigen Vorlieben für etwas kleinteiligere Systeme.
:)
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Slayn am 15.09.2014 | 09:19
Vor allem beißen sich "Flott von der Hand" und "Hartes taktisches Spiel" schon arg.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: First Orko am 15.09.2014 | 12:53
Wir haben am letzten Wochenende die zweite Sitzung "Türme im Eis" (oder so?) gespielt mit Xemides als SL, diesmal mit Kampf. Ich möchte nachfolgend mal meinen Erst- und Zweiteindruck zum System bisher darlegen - ebenfalls ausdrücklich NICHT als Review.
Zuvor sei angemerkt, dass ich ein Freund schneller, storyorientierter Systeme bin und als ehemaliger DSA-Spieler leidgeprüft von DSA4.1 eigentlich keine große Motivation mehr verspüre, mich in große komplexe, monolithische Systeme einzuarbeiten.
Nichts destotrotz siegte doch die Neugier, insbesondere weil ich vor 2 Jahren bereits auf der Nordcon mal in einer Testrunde SpliMo das System ausprobieren konnte und doch recht angetan war. So habe ich mich dann doch entschlossen, zumindest das erste Abenteuer mal mitzuspielen um mal selbst einen Eindruck vom fertigen System zu bekommen. Außer mir und Xemides hatte meines Wissens nach keiner SpliMo vorher ausprobiert. Nun denn.

Zum Regelwerk

Ich nutze NATÜRLICH das freie PDF und muss hier nochmal schreiben, wie _grandios_ ich das finde, dass ein Verlag diesen Weg geht! Nicht nur, dass man das PDF für umme bekommt, das Ding ist auch noch astrein nutzbar: Inhaltsverzeichnis, Index, Verlinkungen im Dokument - das nenne ich vorbildlich, so macht das Spaß!

Zur Charaktererstellung

Ein langes Lesen und Blättern in umfangreichen Regelwerken liegt mir nicht, also wurde nur kurz der Teil zur Charkatererschaffung überflogen - muss reichen. Trotzdem kann ich es nicht lassen und versuche gern, den Charakter zumindest soweit zu optimieren, wie ich die Regeln bis dahin verstanden habe. Ob sich das nicht beißt? Meistens schon ;) Aber schauen wir doch einfach mal.
Ein Konzept ist schnell gefunden: Ein magisch begabter Geograph und arkaner Forscher soll es werden, gerne ein Gnom (habe dabei an die Asura aus Guild Wars gedacht). Dann schauen wir doch mal... Rasse "Gnom" passt, Kultur "Iora" (magisch geprägt, Magieschule und Arkane Kunde: check), Abstammung selbstverständlich "Zauberer", Ausbildungen passten mir alle nicht - also doch schnell noch eine eigene angelegt mit den entsprechenden Werten in Länderkunde, Arkane Kunde, Magieschulen usw.
Dabei wird sehr schnell klar, dass die Charaktererschaffung zwar schnell geht, wenn man die Vorlagen nutzt aber doch eine erstaunliche Tiefe und Möglichkeiten zum Basteln offenbart, sobald man in die freie Erschaffung geht. Durch die Meisterschaften ist man geneigt, möglichst viele Werte auf 6 anzuheben- und schon geht das hin- und herschieben los...
Am Ende bekommt man aber genau den Charakter, den man haben wollte. Im Vergleich mit anderen Charakteren aus der Grupp allerdings hatte ichd dann doch das Gefühl, beim Optimieren nicht weit genug gegangen zu sein. Aber schauen wir mal.

Zu Proben und Subystemen

Die erste Sitzung war geprägt von Standardproben, wobei sich schnell gezeigt hat, wie mächtig doch der Risikowurf ist. Der SL sollte allerdings auch dafür sorgen, dass ein kritischer Patzer dementsprechend möglichst katastrophale Auswirkungen hat - andernfalls würden die Spieler sich irgendwann darauf verlassen, im Falle eines Falles "doch irgendwie damit durchzukommen" und das Risiko grundsätzlich in Kauf zu nehmen. Im Falle einer aussichtsreichen Probe, von deren Ergebnis viel abhängt wägt man aber auf jeden Fall ab, ob man nun die beiden Würfel dazu nimmt oder nicht - das fühlt sich schon nach "Zocken" an und bereichert das Spiel.

Schön sind hier auch die Subysteme wie Soziale Konflikte, deren Regeln kurz und knapp beschrieben sind.
Auch positiv: Herstellung von Artefakten, Schriftrollen und Tränken funktionieren zwar ähnlich, aber im Detail nicht gleich. Natürlich könnte man hier auch den Weg gehen, dasselbe System für alle zu verwenden, aber wir sind hier ja nicht bei Savage Worlds - und im Rahmen eines detaillierten, simulierenden Regelsystems hat SpliMo hier einen schönen Kompromiss gefunden, den sogar ich verstehen kann ;)

Ein Nachteil der ganzen Subsystem - der allerdings für alle komplexen Regelsystem gleichermaßen gilt: Die Regeln müssen sitzen, damit es schnell geht. Und bei der Vielzahl der Regeln ist das für einen SL ohne extrem gutes Regelgedächtnis faktisch unschaffbar. Kurze Zusammenfassungen im SL-Schirm sind hier unumgänglich. Weiterhin steht jeder Spieler hier in der Pflicht, die für seinen SC relevanten Subsysteme aus dem FF zu beherrschen oder sich zumindest einen Spickzettel zu machen, um dem SL hier unnötige Arbeit abzunehmen!

Zum Reisesystem

Die zweite Sitzung begann mit der Reise zur Eiche und darüber hinaus. Wir haben die Reise mit den detaillierten Regeln ausgespielt, allerdings nur pro Abschnitt, nicht pro Tag. Die unterstützenden Proben haben dabei sehr zum Erfolg beigetragen - durch die Erleichterung beim Unterstützen konnte man auch mit nicht allzu hohen Fertigkeiten Erfolge beisteuern - hier hat sich mal wieder jemand Gedanken gemacht bei den Regeln!

Zum Kampf

Während der Reise kam es dann auch zum "Pflichtkampf": Ein paar Räuber im Wald sehnten sich nach einer Tracht Prügel, also hieß es: "All hail to the mighty Tick-Leiste" ;)
Von DSA kenne ich bereits die Initiative-Übersicht, die in unserer G7-Runde ebenfalls genutzt wurde und den Kampf beschleunigt hat. Die Tatsache, dass man eine Art Bodenplan für die INI hat ist also kein Novum - auch wenn es dafür Platz auf dem Tisch für einen echten Bodenplan wegnimmt - aus meiner Sicht einer der gravierendsten Nachteile!
Was sich ebenfalls als eher schwierig herausgestellt hat war, die Marker auf der Tickleiste zu verschieben - wir haben kleine Papieraufsteller genommen und diese falls nötig überinander gestapelt, was sich doch als etwas unpraktikabel herausgestellt hat. Die Tickfelder waren sehr schnell voll - und dabei waren es "nur" 6 Gegner und 2 Elementare... wenn dazu noch Feuerbälle, Zustände und diverse andere Dinge kommen, die auch Platz darauf brauchen: Na herzlichen Glückwunsch - da ist schnell Ende mit Übersicht. Vielleicht machen da runde, platte Marker (Pokerchips) eher Sinn, wie sind da so die Erfahrungswerte?

Der Kampf hat glaube ich ~1,5h gedauert, was bei 6 ungeübten Spielern aus meiner Sicht durchaus OK ist. Ein vergleichbarer DSA4-Kampf mit denselben Spielern wäre vmtl eher langsamer. Langeweile kam allerdings nicht auf bei mir - was mit Sicherheit daran liegt, dass mein Charakter als Supporter im Kampf ausgelegt war und dementsprechend eher viele kleine Aktionen gerissen hat. In der ersten "Runde" habe ich als gnomischer Magier zunächst "Stoß" genutzt, den niedergeworfenen Gegner mit einer Redekunst-Probe in die Flucht geschlagen und einen Schockangriff auf den nächsten Gegner durchgeführt. Dadurch war ich dreimal schnell hintereinander an der Reihe während die Kämpfer mit schweren Waffen nur einmal am Zug waren und danach zugucken mussten. Ich habe allerdings auch das Gefühl, dass wir die eine oder andere Sache noch nicht bedacht haben und einige Aktionen evt. mehr Ticks in Anspruch genommen hätten...
Den meisten Schaden haben dann aber doch die eigentlichen Kämpfer verursacht, auch wenn sich gezeigt hat, dass Effekte wie "am Boden liegend" merklichen Einfluss auf das Kampfgeschehen haben.

Insgesamt war der Kampf nicht unspannend, taktisch aber auch nicht sehr anspruchsvoll. Das Ticksystem hat an der Stelle keinen spielerischen Nachteil (bis auf die haptische Komponente, s.o.) aber auch keinen erkennbaren Vorteil gebracht. Mal sehen, wie das bei komplexeren Kämpfen aussieht - ich kann mir vorstellen, dass die Flexibilität der Kampfaktionen mit einer deutlich unübersichtlichen Tickleiste erkauft wird.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass man auch mit einem kurzen Überfliegen der Regeln einen brauchbaren, funktionierenden Charakter erstellen kann - eine Tatsache, die ich sehr beeindruckend finde wenn man sich die Regeltiefe vor Augen führt, die sich bei detaillierteren Blick offenbart.

Fazit: Für ein komplexes, simulierendes Regelsystem macht SpliMo viele (alle...?) Dinge richtig, die in vergleichbaren Produkten schon weitaus schlechter umgesetzt wurden. Hätte ich heute nochmal Lust auf ein Fantasy-System mit tiefen Regelstudium, detaillierte Charakererstellung mit Abwägen verschiedener Optionen, komplexerer Kämpfe - ich glaube, dann könnte ich mich bei Splittermond wohlfühlen.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Slayn am 15.09.2014 | 13:16
@Orko:

Für uns hatte es sich bewährt auf der Tick-Map für die Felder zu sagen: Von Außen nach Innen. Sprich die erste Mini oder Marker wurde am äußersten rand platziert, alle anderen jeweils Richtung Mitte der Map eingerückt. Damit hat man die Sub-Initiative für ein Feld ganz gut im Griff.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: La Cipolla am 15.09.2014 | 13:18
Wir haben es andersrum gemacht: Wer einen Tick betreten hat, auf dem schon was stand, der wurde außen dran gesetzt. Geht absolut problemlos, wenn man einmal drauf gekommen ist, und ist irgendwo auch notwendig für die Reihenfolge auf demselben Tick.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Slayn am 15.09.2014 | 13:32
Wir haben es andersrum gemacht: Wer einen Tick betreten hat, auf dem schon was stand, der wurde außen dran gesetzt. Geht absolut problemlos, wenn man einmal drauf gekommen ist, und ist irgendwo auch notwendig für die Reihenfolge auf demselben Tick.

So oder so, man sollte halt locker zu einer Seite bauen können, dann geht das schon auf.
Wir hatten neben einer HdR-Mini pro Spieler oder wichtigen NSC noch farbige Marker für geplante Aktionen die unterbrochen werden konnten gelegt, sprich: Jemand der gezaubert (o.Ä.) hat legte den Marker in seiner Farbe auf das Zielfeld an dem die Aktion ausgelöst wurde. Bis dahin wurde geschaut ob unterbrochen werden kann.

Schade das ich kein Foto gemacht habe, aber es sah zu wirr aus als 4 HdR-Helden Sauron und eine Chaos Hexe über die Tickleiste gejagt haben, verfolgt von 4 Chaos Space Marines, während die Felder mit Siedler von Catan Häuschen als Marker zugepflastert sind.
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Luxferre am 15.09.2014 | 13:42
Schade das ich kein Foto gemacht habe, aber es sah zu wirr aus als 4 HdR-Helden Sauron und eine Chaos Hexe über die Tickleiste gejagt haben, verfolgt von 4 Chaos Space Marines, während die Felder mit Siedler von Catan Häuschen als Marker zugepflastert sind.

 ~;D :d :d
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: Mustafa ben Ali am 15.09.2014 | 15:58
Nichts destotrotz siegte doch die Neugier, insbesondere weil ich vor 2 Jahren bereits auf der Nordcon mal in einer Testrunde SpliMo das System ausprobieren konnte und doch recht angetan war. So habe ich mich dann doch entschlossen, zumindest das erste Abenteuer mal mitzuspielen um mal selbst einen Eindruck vom fertigen System zu bekommen. Außer mir und Xemides hatte meines Wissens nach keiner SpliMo vorher ausprobiert. Nun denn.
*hust*
Titel: Re: SpliMo und die harte Realität
Beitrag von: First Orko am 15.09.2014 | 16:40
*args* - Mea Culpa! Das kommt von zu vielen Runden in letzter Zeit ;)