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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Pen & Paper - Umfragen => Thema gestartet von: Infernal Teddy am 1.09.2015 | 07:02

Titel: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Infernal Teddy am 1.09.2015 | 07:02
Was macht für euch Cyberpunk im Rollenspiel aus, bzw. ein Cyberpunk-Rollenspiel, und wodurch unterscheidet es sich von einem transhumanistischen Rollenspiel oder einem postapokalyptischen Rollenspiel?
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: tartex am 1.09.2015 | 07:17
80ies Retro.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Kaskantor am 1.09.2015 | 07:28
Cyber/Punk
Cyber steht , für mich für kybernetische Verstärkungen und allgemein für die Fortgeschrittenen Techniken.
Punk, steht für mich in dem Fall dafür, sich gegen das System aufzulehnen.
Ansonsten ist Cyberpunk ja meist als dystopische Zukunft oder Dark Future bezeichnet, was in der Begriffsdefinierung sich ja zu den Begriffen Postapokalypse und Transhumanismus soweit abgrenzt.
Für mich hat das nicht immer was mit 80er zu tun. Siehe Interface Zero oder auch SR5.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Medizinmann am 1.09.2015 | 07:40
obsolete Technik & Kapitalismusvorstellungen der 80er Jahre, die durch Reale Techniken und reale Dystopien
schon längst überholt worden sind.
Cyberpunk ist schon lange völlig überholt,genauso wie die ....Heile Welt Utopien aus den 60ern (siehe die Jetsons ).
Dystopien, ja / Post Apokalypse auch OK.

Zitat
Siehe Interface Zero oder auch SR5.
SR5 ist kein Cyberpunk ! Es hat ein paar Cyberpunk Elemenete, aber das hat jede SR Edition
Shadowrun hat in der 2ten Ed aufgehört Cyberpunk zu sein !
( es haben noch viele SR3 als Cyberpunk gespielt, weil der "Bruch" zwischen 2 & 3 nicht so gross war, es viele Spieler gar nicht merkten oder warhaben wolltenaber offiziell war schon Ende der 2ten Ed mit Cyberpunk schluss)

Hough !
Medizinmann
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: LushWoods am 1.09.2015 | 07:54
"Punk" wird halt mittlerweile recht inflationär und oft falsch verwendet.
Es gibt relativ wenig Spiele die diesen Suffix auch verdient haben. Ein Musterbeispiel dafür ist z.B. Jadepunk, ein Setting das den "Punk"-charakter quasi atmet.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Deep_Impact am 1.09.2015 | 07:56
Eigentlich ist ja schon alles gesagt. Cyberpunk ist schon Retro-Tech, also die Zukunft der 80er. Aber das ist auch nichts anderes als Pulp der 40er zu spielen. Kann ich mich mit geringen Anpassungen gut drauf einlassen.

Meine Lieblingswelt ist und bleibt das Neuromancer-Artige also CP2020 und Co. Cyperpunks leben auf der Strasse und es liegt irgendwie in der Natur der Sache, dass die nie wirklich aus der Gosse kommen. Das Leben ist immer quer, die Zukunft immer düster und ganz wichtig: Es ist immer Nacht und es regnet schon wieder!!!

Vurt / Pollen habe ich ganz aktuell gelesen, hat mich aber nicht so richtig überzeugt.
Kuro fand ich cool, aber nicht wirklich Punk.

Aber Punk ist halt Punk und damit ausserhalb der gängigen Gesellschaftsordnung. Darum spreche ich Steampunk auch immernoch das "Punk" ab!

Ob Shadowrun aktuell Cyberpunk ist oder nicht kann ich nicht sagen, habs mir seit Edition 2 nicht mehr angeschaut und damals war es auch schon Cyberfantasy. (Schubladen sind eh doof!)
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: KhornedBeef am 1.09.2015 | 08:28
Ich muss da mal meinen Senf zu geben...
"Punk" ist auch nach meinem Verständnis im Wesentlichen das, was Kaskantor und Deep-Impact gesagt haben: Subkultur, Abgrenzung und Auflehnung.
"-punk" wird aber in vielen Wortkombinationen verwendet, um das Abgrenzen zu betonen, von einer vorherrschenden Denkweise, Tradition oder ähnlichem. Eben das was die Shadowrunner-Subkultur zur Konzernkultur tut.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Achamanian am 1.09.2015 | 09:19
Eigentlich ist Cyberpunk schon ein ziemlich paradoxes Wort ... die Kybernetik kommt schließlich eigentlich vom Begriff des Steuerns (ich glaube, Kybernos ist altgriechisch für Steuermann oder so); "Punk" steht seit den 80ern dagegen für individuelle Auflehnung, Rebellion und Verweigerung gegenüber Gesellschaft und Politik. Ich verstehe das am ehesten so, dass Cyberpunk-Geschichten sich um individuelle (und nicht unbedingt politische) Rebellion in einem technokratischen, "gesteuerten" System handelt.
Das passt zumindest auf ein Werk, das William Gibson glaube ich mal als Ur-Buch des Cyberpunk bezeichnet hat, John Shirleys City Come A'Walkin. Und auch halbwegs auf Gibsons Neuromancer, wobei der Protagonist da eigentlich gar nicht so sehr ein Rebell ist - aber er bewegt sich schon in den gesellschaftlichen Nischen, in denen individuelle Rebellion stattfindet (und auch Wintermute könnte man als eine Art Rebell betrachten, wenn ich mich richtig erinnere).

Und dann hängt natürlich noch die ganze 80er-Ästhetik dran ... wobei ich die gar nicht sooo essenziell finde.

Zur Abgrenzung zu transhumanistischer SF: In der SF-Literatur sagt man ja tendenziell, dass Cyberpunk nicht tot ist, sondern irgendwie in alles andere eingesickert. Finde ich ganz angemessen, wobei die Punk-Attitüde da halt oft immer weniger spürbar wird. Aber die Idee einer (gar nicht unbedingt von oben) und bis in den menschlichen Körper hinein technisch "durchsteuerten" Welt ist schon ziemlich allgegenwärtig, und dass es dabei auch immer wieder um individuelle Freiräume für Auflehnung/Verweigerung geht, liegt fast schon in der Sache.

Beim Rollenspiel verkörperte für mich das "alte Shadowrun" ganz gut das Cyberpunk-Feelung; Heute würde ich auf Eclipse Phase als zeitgemäße SF mit starken Cyberpunk-Erbe verweisen - thematisch ist da auch alles drin, sogar deutlich mehr als bei Shadowrun.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Dreamdealer am 1.09.2015 | 09:20
Arasaka, Biotechnica, Militech, Johnny Silverhand, Alt, Night City, Akrologien, Combat Zone, AV´s, Chromebook, Cyberware, saurer Regen, Neonreklame, Straßengangs, Drogen, Malorian Arms, Kerenzikov Reflexbeschleuniger, Nummer13, Stimsim, Netrunner, Exec Mantel, Gewalt, Friday Night Firefight, Rache Bartmoss, BrainDance, Sarghotel, Crystal Palace, TraumaTeam, ...
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: blut_und_glas am 1.09.2015 | 09:30
"-punk" wird aber in vielen Wortkombinationen verwendet, um das Abgrenzen zu betonen, von einer vorherrschenden Denkweise, Tradition oder ähnlichem.

Ästhetik. Abgrenzen der Ästhetik. Das ist zum Kern der Kombinationspunks geworden.

mfG
jdw

Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: LushWoods am 1.09.2015 | 09:32
Der Begriff Cyberpunk  hat sich halt im Laufe der Zeit in seiner Bedeutung verändert bzw. wurde verwässert.
Meistens wird er als Synonym für Mehr-oder-Weniger-Near-Future-Sci-Fi verwendet. Nur die wenigesten versuchen die ursprüngliche Begrifflichkeit zu erhalten.
Seine Derivate Steampunk, Dieselpunk, Wasweißichpunk bauen normalerweise darauf auf und nicht auf dem ursprünglichen Begriff.
Vielleicht muss man sich von dem ursprünglichen Begriff einfach langsam komplett lösen und akzeptieren das Cyberpunk halt mittlerweile was anderes ist.
Und was Transhumanismus angeht ... der Gedanke steckt seit Anfang an im Cyberpunk drin, nur hat irgendwann jemand angefangen den Transhumanismus auszugliedern und als eigenes Genre zu verwenden.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: KhornedBeef am 1.09.2015 | 09:38
Ästhetik. Abgrenzen der Ästhetik. Das ist zum Kern der Kombinationspunks geworden.

mfG
jdw
Hm. Jetzt nur im Literarischen oder generell? Und was für eine Ästhetik wäre das, außer jetzt individualistisch zu sein?
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: blut_und_glas am 1.09.2015 | 10:20
Und was für eine Ästhetik wäre das, außer jetzt individualistisch zu sein?

Die Abgrenzung des Individuums ist da nicht der Punkt, sondern die Abgrenzung des Settings.

mfG
jdw
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Deep_Impact am 1.09.2015 | 10:32
Mich würde ja mal interessieren, welches System für euch das Gefühl des Cyberpunks am besten transportiert und warum?

Vielleicht ohne lange Herleitung, sondern als Ein-Satz-Argumentation, im Stile von:

D&D5 transportiert Cyberpunk am Besten, weil...
...es unglaublich cinematisch ist, wenn ein Endgegner erst nach 35 Treffern zu Boden geht!


(Das ist ganz bewusster Nonsense...)


Sollte das das Thema sprengen, bitte einfach abtrennen.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Achamanian am 1.09.2015 | 10:41
Eclipse Phase transportiert für mich am besten das Gefühl des Cyberpunks ...
... weil es sich am stärksten an der Literatur orientiert, die ich als Cyberpunk bezeichnen würde.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Bangrim am 1.09.2015 | 10:47
Was macht für euch Cyberpunk im Rollenspiel aus, bzw. ein Cyberpunk-Rollenspiel, und wodurch unterscheidet es sich von einem transhumanistischen Rollenspiel oder einem postapokalyptischen Rollenspiel?

Mike Pondsmith hat das in meinen Augen ganz gut zusammengefasst:

https://www.youtube.com/watch?v=sPZxkhLoukI ( so ab 00:30 bis 1:50 )

Das Video macht mir immer wieder Lust auf Cyberpunk 2020.  :headbang:
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: LushWoods am 1.09.2015 | 11:00
Wenn man nach dem ursprünglichen Begriff geht Cyberpunk 2020 und Interface Zero.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Blechpirat am 1.09.2015 | 11:06
Für mich ist Urban Fantasy das Cyberpunk von 2015.

Warum? Cyberpunk hat sich immer gefragt, was einen Menschen ausmacht, wo das Menschsein beginnt und endet, und warum Menschen Monster sind. Bei Urban Fantasy kann man genau das thematisieren: Wieviel Mensch steckt in einem Vampir? Ist ein Werwolf ein Mensch, ein Tier oder ein Monster?

Die anderen beiden Themen ("was stellt Technik mit dem Menschen an" und "Was tut der Kapitalismus mit uns") sind praktisch überholt. Wir müssen uns keine Gedanken mehr über eine Dystopie voller Überwachung und Ausbeutung machen - wir leben mitten drin. Und insoweit ist Urban Fantasy da auch das bessere Genre, weil es /Jetztzeit/ ist, und nicht irgendwann in der Zukunft.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: YY am 1.09.2015 | 18:15
Was macht für euch Cyberpunk im Rollenspiel aus, bzw. ein Cyberpunk-Rollenspiel, und wodurch unterscheidet es sich von einem transhumanistischen Rollenspiel oder einem postapokalyptischen Rollenspiel?

Bei postapokalyptischen Settings weiß man nicht nur, wo die Reise hingehen wird, sie ist schon vorbei.
Der Höhenflug hat geendet, vieles ist auf Anfang gesetzt und in Sachen Technologie gibt es nur noch Reste des einstigen Glanzes.


Transhumanismus ist wesentlich positiver eingestellt; es wird mehr Technologie einfach mal postuliert und deren teils recht abgefahrenen Auswirkungen bis ins Kleinste ausgewalzt.


Cyberpunk ist als Abgrenzung von diesen beiden für mich am Ehesten ein Aufbruch in eine ungewisse Zukunft; der Beginn einer Reise, von der keiner weiß, ob man sie eigentlich antreten will oder sollte.
Cyberpunk ist nicht zurück können, aber auch nicht vollends vorwärts wollen, mit den zugehöigen Verwerfungen als zentrales Element.
Cyberpunk ist auf der Straße stehen, hilflos und angewidert in die Welt schauen und sagen "Scheiß doch drauf".


Wir müssen uns keine Gedanken mehr über eine Dystopie voller Überwachung und Ausbeutung machen - wir leben mitten drin.

Nein, tun wir nicht.
Die technischen Möglichkeiten sind im Gegensatz zu früher eher vorhanden und einige Aspekte und Strömungen lassen sich wiedererkennen, stecken aber größtenteils immer noch in den Anfängen bzw. sind nicht so eingetreten wie im klassischen Cyberpunk.

Es gibt ein paar Ecken auf der Welt, die politisch und sozial schon ziemlich nah dran sind, dort fehlt es aber an der Technologie - und umgekehrt.

Ja, die Aussage, dass Cyberpunk überall eingesickert und zur Normalität geworden ist, hat ein Stück weit ihre Berechtigung; allerdings am Ehesten immer noch bezogen auf Kunst und Literatur und nicht so sehr auf die Realität.


Cyberpunk ist noch nicht mal so sehr überholt in dem Sinne, dass die Wirklichkeit schon längst viel krasser ist als die Settings der einschlägigen Bücher, Spiele, Regelwerke.

Das zentrale Lebensgefühl von Cyberpunk ist vielmehr genau so verpufft wie der drohende atomare Weltkrieg und die jüngeren können mit beidem nichts mehr anfangen.
Aber vielleicht überspringt es nur eine Generation ;)


Mich würde ja mal interessieren, welches System für euch das Gefühl des Cyberpunks am besten transportiert und warum?

Das ist für mich eine sehr schwer greifbare Sache.

Glücklicherweise sehe ich gar keine so große Diskrepanz zwischen den Schwerpunkten diverser Systeme und dem, was Cyberpunk ausmacht - vieles von der Kritik kann ich also nicht wirklich nachvollziehen und fühle mich bei den Mainstream-Cyberpunk-Systemen recht wohl.

Dieses diffuse Gefühl von "ja, genau das ist es" habe ich am Ehesten bei älteren SR-Sachen (SR2) und bei neueren Systemen vor Allem bei Interface Zero.
Das ist aber hauptsächlich von der Präsentation und dem Gesamteindruck abhängig und weniger von einzelnen, klar erkennbaren Einzelheiten von System oder Setting.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Ucalegon am 1.09.2015 | 18:16
Das Rollenspiel sollte sich erkennbar bemühen, die wichtigsten Cyberpunk-Tropes [1] (http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/Cyberpunk) [2] (http://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/SoYouWantTo/WriteACyberpunkStory) umzusetzen.

Ein transhumanistisches Rollenspiel muss im Gegensatz zu Cyberpunk nicht zwingend dystopisch sein.

80s Cyberpunk ist natürlich saucool, die Tropes/den Begriff Cyberpunk darauf zu beschränken aber unnötig dogmatisch. Case, Kusanagi, Kovacs, scheißegal. Hauptsache zynische SF-Dystopia. Und geniale Randerscheinungen wie Japanischen Cyberpunk (https://en.wikipedia.org/wiki/Japanese_cyberpunk) gibt es ja auch noch.

Das beste Cyberpunk-Rollenspiel ist Remember Tomorrow, weil es sich auf das Wesentliche konzentriert. Nicht nur in der Mechanik, sondern auch in Sprache und Layout. Mir gefällt das, was Hutton aus den Klassikern destilliert.

Hutton kommentiert:

Zitat
Those books, and this game, are not about "teams" of "runners" loading up on tech from "MetalBookIV" or Min/Maxing  every damage die and +2s out of guns/gear while marking in 40 boxes of damage. Fuck no.

Eine ähnliche Diskussion über CP2020 (bzw. Shadowrun, da trifft das ja auch zu) und die Entwicklung, die deren Form von Cyberpunk genommen hat, gibt es hier:

http://forum.rpg.net/showthread.php?754612-Cyberpunk-Gaming-Bleeding-Edge-Emergent-Gameplay-and-Eric-Brennan (http://forum.rpg.net/showthread.php?754612-Cyberpunk-Gaming-Bleeding-Edge-Emergent-Gameplay-and-Eric-Brennan)

http://www.therpgsite.com/showthread.php?t=32197  (http://www.therpgsite.com/showthread.php?t=32197)

Fand ich ganz interessant.





Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Boba Fett am 1.09.2015 | 18:27
Das meiste wurde schon gesagt, was ich noch vermisse ist die "Style over substance" Attitüde...
Das für mich besteCberpunk RPG ist immer noch CP2020
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: WeepingElf am 1.09.2015 | 21:39
Bei postapokalyptischen Settings weiß man nicht nur, wo die Reise hingehen wird, sie ist schon vorbei.
Der Höhenflug hat geendet, vieles ist auf Anfang gesetzt und in Sachen Technologie gibt es nur noch Reste des einstigen Glanzes.

Ja.  Im CP ist die Zivilisation noch nicht in den Arsch gegangen, sondern erst auf dem Weg dorthin.  In der Postapokalypse ist das Spiel dann wirklich aus und beginnt von vorn.

Zitat
Transhumanismus ist wesentlich positiver eingestellt; es wird mehr Technologie einfach mal postuliert und deren teils recht abgefahrenen Auswirkungen bis ins Kleinste ausgewalzt.

Genau.  Im Transhumanismus ist die Grundhaltung positiv, die Technik dient als nächster Schritt der Evolution des Menschen.  Das ist zwar meiner Meinung nach völliger Bockes und steht in der unguten Tradition der Eugenik, aber es ist eben der Unterschied zum CP: Im Cyberpunk macht die Technik den Menschen langsam kaputt, statt ihn auf eine höhere Stufe zu heben.

Zitat
Cyberpunk ist als Abgrenzung von diesen beiden für mich am Ehesten ein Aufbruch in eine ungewisse Zukunft; der Beginn einer Reise, von der keiner weiß, ob man sie eigentlich antreten will oder sollte.
Cyberpunk ist nicht zurück können, aber auch nicht vollends vorwärts wollen, mit den zugehöigen Verwerfungen als zentrales Element.
Cyberpunk ist auf der Straße stehen, hilflos und angewidert in die Welt schauen und sagen "Scheiß doch drauf".

Ich denke, das bringt es auf den Punkt.


Zitat
Nein, tun wir nicht.
Die technischen Möglichkeiten sind im Gegensatz zu früher eher vorhanden und einige Aspekte und Strömungen lassen sich wiedererkennen, stecken aber größtenteils immer noch in den Anfängen bzw. sind nicht so eingetreten wie im klassischen Cyberpunk.

Das kann man nicht laut genug sagen!  Diejenigen, die alle Nase lang davon faseln, dass wir in einem Überwachungsstaat leben würden, haben keine Ahnung davon, was es wirklich bedeutet, in einem tatsächlichen Überwachungsstaat zu leben!  (Ich weiß es auch nicht, habe zum Glück nie in einem gelebt, aber ich bin mir im klaren darüber, dass ich es nicht weiß.)  Wir haben zwar viele technische Mittel, Leute auszuspionieren und Profile von Internetnutzern zu erstellen, und das IST alles bedenklich, aber es gibt etwa in den heutigen EU-Staaten eben keine Geheimpolizei, die sich dieser Mittel bedienen könnte!

Zitat
Es gibt ein paar Ecken auf der Welt, die politisch und sozial schon ziemlich nah dran sind, dort fehlt es aber an der Technologie - und umgekehrt.

So ist es.

Zitat
Ja, die Aussage, dass Cyberpunk überall eingesickert und zur Normalität geworden ist, hat ein Stück weit ihre Berechtigung; allerdings am Ehesten immer noch bezogen auf Kunst und Literatur und nicht so sehr auf die Realität.

Zweifellos kann jemand, der heute Science Fiction schreibt, nicht am Cyberpunk vorbei, weil dieser Fragen aufgeworfen hat, die auch heute noch aktuell sind, und beim Entwerfen einer glaubwürdigen Zukunft nicht ignoriert werden können.  Siehe weiter unten.

Zitat
Cyberpunk ist noch nicht mal so sehr überholt in dem Sinne, dass die Wirklichkeit schon längst viel krasser ist als die Settings der einschlägigen Bücher, Spiele, Regelwerke.

Wenn ich heute die Neuromancer-Trilogie lese, kann ich über all die Details schmunzeln, die Gibson falsch vorausgesagt hat (Leute rauchen in Restaurants und gehen zum Telefonieren unterwegs in eine Telefonzelle), und sein Mißbrauch falsch verstandener Computerterminologie ist ja schon legendär, aber im Großen und Ganzen kann ich mir immer noch vorstellen, dass die Geschichten so ähnlich sich tatsächlich in der 2. Hälfte unseres Jahrhunderts ereignen könnten - auch heute noch.  Im Gegensatz zu den Space Operas der 40er Jahre, oder den heute ziemlich überholt wirkenden Atomkriegsgeschichten.  (Modedetails der 80er Jahre, wie die berühmt-berüchtigten Spiegelsonnenbrillen, können ja wiederkommen ...)

Aber die Wirklichkeit ist keineswegs schon "krasser" als in den CP-Geschichten.  Vieles, was da geschildert wird, gibt es heute eben doch noch nicht.

Zitat
Das zentrale Lebensgefühl von Cyberpunk ist vielmehr genau so verpufft wie der drohende atomare Weltkrieg und die jüngeren können mit beidem nichts mehr anfangen.
Aber vielleicht überspringt es nur eine Generation ;)

Zweifellos ist das Lebensgefühl heute ein anderes als damals.  Insofern ist Cyberpunk heute schon eher retro.

Zitat
Das ist für mich eine sehr schwer greifbare Sache.

Glücklicherweise sehe ich gar keine so große Diskrepanz zwischen den Schwerpunkten diverser Systeme und dem, was Cyberpunk ausmacht - vieles von der Kritik kann ich also nicht wirklich nachvollziehen und fühle mich bei den Mainstream-Cyberpunk-Systemen recht wohl.

Dieses diffuse Gefühl von "ja, genau das ist es" habe ich am Ehesten bei älteren SR-Sachen (SR2) und bei neueren Systemen vor Allem bei Interface Zero.
Das ist aber hauptsächlich von der Präsentation und dem Gesamteindruck abhängig und weniger von einzelnen, klar erkennbaren Einzelheiten von System oder Setting.

CP2020 brachte das Gefühl schon ziemlich authentisch rüber.  GURPS Cyberpunk auch.  Bei Shadowrun macht der EDO-Fantasy-Anteil viel kaputt und das Ganze kippt ins Absurde ab.  Andere CP-Rollenspiele kann ich nicht beurteilen.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Grandala am 1.09.2015 | 23:13
Ich glaube ihr hängt euch viel zu sehr an den eigenen "Gefühlsduseleien" in Bezug auf das auf, was ihr unter CP verstehen möchtet.

Das britische Englisch kennt das Wort Punk in der Alltagssprache für eine "worthless Person", was durchaus abwertend gemeint ist. Angenommen, dass die meisten CP RPGs aus dem anglosprachigen Raum kommen und diese nicht an der deutschen Punkerwelle der 70er und 80er hängen, wäre dieser Begriff sicherlich deutlich brauchbarer zur "Was ist c-Punk" Frage. Die Punks in Britannien, besonders die der 70er, haben lediglich das Label bewusst für sich genutzt. Parallel dazu hat das auch die LGBT Gemeinde in Nordamerica das Wort "gay" für ihre Zwecke kulturell Gebunden, dies jedoch nicht von der eigendlichen Wortbedeutung entfernt.
Ähnlich wie Gothic-Punk, wie Vampire the Masquerade sich Früher z.B. vermarkten wolle, geht es eher um ein sichtbares Stielelement in der Memetik der Spielwelt, gepaart mit dem Blick der Inhabitenten dieser Spielwelt auf die typischen Charaktere.

Transhumanismus hingegen ist eine tatsächliche Philosophie in Bezug auf die eigengesteuerte Entwicklung und Fortentwicklung der Menschheit als solche und des Menschen als Individuum. Diese postuliert im ersten Schritt ein "reengeneering" der menschlichen Art von Menschenhand und eine Verbesserung der "Human condition" durch Einsatz von selbsterbrachtem "intelligent design". Ein solches Rollenspiel sollte sich also als Hauptthematik auseinandersetzen mit der Menschlichkeit des unerkennbar ehemals Menschlichen, oder der Verwirklichung selbstgesteuerter Optimierung mit allen extremen, die Individuen in ihren machbaren Wünschen äußern können.

Beide haben meist starken dystopischen Charakter.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Blechpirat am 2.09.2015 | 14:44
Nein, tun wir nicht.
Die technischen Möglichkeiten sind im Gegensatz zu früher eher vorhanden und einige Aspekte und Strömungen lassen sich wiedererkennen, stecken aber größtenteils immer noch in den Anfängen bzw. sind nicht so eingetreten wie im klassischen Cyberpunk.
Tun wir doch!  ~;D

Mal abgesehen, dass es (für mich) unwichtig ist, ob sie so "eingetreten wie im klassischen Cyberpunk" sind (das ist ja nur ein Projektion aus den 80ern, die man zur Lebendigkeit des Genres auch aktualisieren darf), ist Überwachnung im Sinne des Cyberpunk Realität.

Zwar mag der klassische Cyberpunk die Macht bei den Konzernen (und nicht bei der NSA) vermuten, aber abgehört und aufgezeichnet werden wir in einer Form, bei der man das Gefühl haben kann, das die Cyberpunk-Literatur als Handlungsanweisung verstanden wurde.

a) Apple/Facebook/Google/Mobilfunkanbieter
b) Geheimdienste
c) Datenhändler wie z.B. Kreditauskunfteien und Werbenetzwerke

Wir würden von dem Ausmaß (und das finde ich perfekt) nicht mal etwas wissen, wenn nicht ein Hacker namens Edward S. uns das alles gesteckt hätte. Das so ein paar Propheten (wie der ccc) das schon länger erzählen, wollte ja niemand so recht wahr haben, ich auch nicht. Die Aktion von Snowden ist jetzt schon wieder Jahre her - seitdem fliegen wir blind. Man muss sehr naiv sein um zu glauben, es wäre besser geworden. Was seitdem hinzugekommen ist, wissen wir nicht.

Du, lieber YY, verwechselst Überwachung mit dem Nachspionieren der Stasi. Vielleicht gibt es bei Google keine luftdichte Dose mit einer Geruchsprobe von mir. Aber ich bin sicher, das MfS hätte gerne getauscht.

Aber die Überwachung ist (noch) nicht dystopisch perfekt. Man kann (mit viel Aufwand) noch unüberwacht kommunizieren. 'punks können also noch existieren, unüberwachte Nischen bleiben, wichtig genug für Cyberpunk.

Noch cyberpunkiger kann ich mir die Realität nicht vorstellen.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: YY am 2.09.2015 | 17:50
Wir würden von dem Ausmaß (und das finde ich perfekt) nicht mal etwas wissen, wenn nicht ein Hacker namens Edward S. uns das alles gesteckt hätte. Das so ein paar Propheten (wie der ccc) das schon länger erzählen, wollte ja niemand so recht wahr haben, ich auch nicht.

Jetzt im Nachhinein kann ich natürlich viel behaupten, aber meiner Meinung nach gab und gibt es deswegen so wenig Resonanz auf die Snowden-"Enthüllungen", weil da nur einer mehr ausgesprochen hat, was vielleicht nicht alle, aber viele schon lange vermutet (und akzeptiert!) hatten.


Du, lieber YY, verwechselst Überwachung mit dem Nachspionieren der Stasi.

Ich frage bei so was eben immer, was die direkten Konsequenzen sind.
Google ist jedenfalls noch bei keinem meiner Nachbarn mitten in der Nacht mit ein paar schwarzen Lieferwagen vorgefahren und hat ihn "abgeholt", weil er im falschen Moment das Maul aufgemacht hat.


Die einzigen in deiner Aufzählung, die einem auch nur ansatzweise Kopfzerbrechen machen müss(t)en, sind die Geheimdienste, und auch die haben bei Licht betrachtet nur das, was man ihnen bereitwillig und leichtsinnig gibt.

Sobald es einem die Unbequemlichkeiten auch nur ansatzweise wert ist, gucken die genau so in die Röhre wie alle anderen.


Aber die Überwachung ist (noch) nicht dystopisch perfekt. Man kann (mit viel Aufwand) noch unüberwacht kommunizieren. 'punks können also noch existieren, unüberwachte Nischen bleiben, wichtig genug für Cyberpunk.

Wie wenig Aufwand das braucht, kann man sich jederzeit an der US-Sicherheitsapparatur* ansehen, die trotz (teils sogar wegen**) ihrer Überwachungsmöglichkeiten wie ein tollwütiger Riese um sich schlägt, ohne auch nur ansatzweise ihre strategischen und politischen Ziele umsetzen zu können.

Und das sowohl im außenpolitischen/militärischen wie im innenpolitischen/polizeilichen Bereich.

Da hat die Innenperspektive teilweise ein bisschen was von 1984, obwohl das zugleich durch die Ineffektivität ins Lächerliche gerückt wird.


*die übrigens die einzige weltweit ist, die auch nur halbwegs in die Nähe des Bildes kommt, das verschiedene CP-Dystopien zeichnen.
Alle anderen sind im Vergleich arme Schlucker mit drei alten elektrischen Schreibmaschinen.


**weil die mit Blick auf ihre technischen Möglichkeiten der Meinung waren, man könnte den Rest der -INT-Familie gehörig zurückfahren.


Und mal weg vom Thema Überwachung zu anderen dystopischen Aspekten des Cyberpunk:
Ausbeutung & Co. ist bei Weitem nicht in dem Maße verbreitet, wie es sein "müsste".
Das Wegbrechen der Mittelschicht ist ja fast schon so was geworden wie das Waldsterben und der Klimawandel - gestern akut drohende Katastrophe mit ultimativen Konsequenzen, heute sich in Zeitlupe mit entsprechenden Anpassungen und ungewissem Ausgang vollziehend (den Gedankengang, der das Ganze hier endgültig inklusive sofortiger Sperrung in die SC schießen würde, kannst du dir morgen auf dem Treffen anhören  ~;D).

Straßenschlachten, allgegenwärtige Kriminalität, konzerneigene Hit Squads - sehe ich (hier) alles nicht. Wie ich schon schrieb, woanders in Anfängen bzw. in einzelnen Aspekten: ja. Dort aber ziemlich losgelöst vom Thema Technologie.

Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Ucalegon am 2.09.2015 | 18:44
Ich verstehe die Diskussion nicht. Cyberpunk ist eine Dystopie, keine möglichst objektive Zukunftsprognose.

(http://ih0.redbubble.net/image.16023024.9770/fc,550x550,white.jpg)

Die Frage war doch, was ein Cyberpunk Rollenspiel leisten muss.

Für Spieler(innen), die die Realität heute ernsthaft als so schlimm wahrnehmen, dass die Gibsonsche Dystopie ihr kraftlos gegenübersteht, für die muss Cyberpunk dann eben noch schlimmer und düsterer sein als das Heute.

Alle anderen haben das Problem nicht.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Arkam am 30.11.2015 | 12:45
Hallo zusammen,

für mich transportiert Cyberpunk 2020 das Cyberpunk Gefühl am besten. Bedauerlicherweise triofft das nur auf den Hintergrund und nicht auf die Regeln zu.
Der Kernpunkt des Cyberpunks ist für mich das sich auf der einen Seite der Mensch in eine Maschine verwandelt, damit kann er veralten muss gewartet werden und benötigt Updates. Auf der anderen Seite werden die Maschinen menschlich. damit entwickeln sie Vorstellungen über die Welt und versuchen diese durchzusetzen.

Schon bei Gibson ähnelt die Handlung einem Shadowrun Run. Die Beschreibung der Gesellschaft und Ansätze von Kritik finden sich meistens in Beschreibungen von Charakteren und deren Lebensweg oder der Beschreibung der jeweiligen gegend und ihrter Geschichte. Die Hauptfiguren sind auch weniger Punks als Personen deren Leben sich gerade im Umbruch befindet.

Es gibt ein paar Punkte die mich inzwischen bei einem Cyberpunk Rollenspiel stören. Teilweise habe ich Ideen für die Lösung teilweise nicht.
Der erste Punkt ist die Begrenzung von Cyberware. Dabei geht es weniger darum das der Charakter zu einer wandelnden militärischen Einsatzzentrale mit Satelliten Uplink und Raketen Werfer werden kann sondern das solchen Konzepten interessante Cyberware untergeordnet wird. Ich nutze also Möglichkeiten im modischen, sexuellem und Style definierenden Bereich nicht aus weil mir dann die Menschlichkeit, die Essenz oder wie immer die eine Grenze für Cyberware definierende Einheit nun heißt eine Grenze für Cyberware mit einem spieltechnischen Vorteil aufbaut. Dann nehme ich also lieber den Reflexbeschleuniger als die bunten Haare die ich beliebig färben kann.
Der zweite ist das man wenigstens bei Shadowrun und Cyberpunk 2020 nicht vernünftig zu einem Außenseiter der Gesellschaft werden kann. Denn Ausrüstung kostet Geld und das bekommt man in Cyberpunk 2020 indem man seinen Beruf ausübt oder bei Shadowrun eben Runs ausführt. Hat man kein Geld hat das dann eben auch Auswirkungen darauf was der Charakter im Spiel erreichen kann, keine Boni durch Cyberware oder Begrenzung der Fertigkeiten durch das vorhandene Material. Die offensichtlichste Lösung ist das Cyberware zu etwas wird das man durch Erfahrungspunkte, Karmapunkte oder Ähnliches durch das Spiel erhält. Das bringt zwar Unstimmigkeiten mit sich, Moment du besitzt also ein seltenes und teures Cyberdeck aber schläfst auf der Straße? Aber auf diese Weise erhalten die Spieler wieder mehr Freiheiten für ihren Charakter. Ich bin mir selbst mit mir uneinst darüber ob mir der Verzicht auf einen Teilbereich des klassischen Rollenspiels gefällt. Aber vielleicht reicht es ja schon wenn man nur Cyberware und ein paar Ausrüstungsgegenstände ausnimmt.
Unbefriedigend finde ich das die Gesellschaft nicht auf das Handeln der Charaktere reagiert. Nein das muss jetzt nicht die Revolution sein aber so etwas positives wenn man sich als Charakter Risiken ausgesetzt hat wäre schon fein. Vielleicht kann Greenwar ein Stückchen Amazonas Regenwald kaufen, vielleicht verzögern sich die Wüstenkriege um 2 Monate oder die Suppenküche um die Ecke hält jetzt tatsächlich einen Monat durch. Das sind Punkte die zeigen das die Charaktere eben kein Sondereinsatzkommando sind sondern als Straßenpunks auch noch soziale Ziele haben.
Hinzu kommt das Cyberpunk eben kein 80er Jahre Cyberpunk sein muss bzw. schon damals Punkte angeschnitten wurde die es noch nicht ins Rollenspiel gebracht haben. Kloning, Gehirnhacking, Fleischpuppen und die Angst vor Krankheiten sind etwa Dinge die ich bisher noch nicht in den Regeln und nur strichweise im Hintergrund gefunden habe.

Gruß Jochen
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: KhornedBeef am 30.11.2015 | 13:09
Es muss auch nicht alles in den Regeln stehen. Fleischpuppen? In SR würde ich sagen: Haben die Stats des Körpers, Skills von evtl. Skill Softs, Persönlichkeit bzw. unterdrückte Persönlichkeit Persönlichkeit kann vllt. einen Vorteil/Nachteil erzuegen, ansonsten spielt der SL einfach. Warum geht das bei CP2020 nicht?
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: tartex am 30.11.2015 | 13:40
Hat man kein Geld hat das dann eben auch Auswirkungen darauf was der Charakter im Spiel erreichen kann, keine Boni durch Cyberware oder Begrenzung der Fertigkeiten durch das vorhandene Material. Die offensichtlichste Lösung ist das Cyberware zu etwas wird das man durch Erfahrungspunkte, Karmapunkte oder Ähnliches durch das Spiel erhält. Das bringt zwar Unstimmigkeiten mit sich, Moment du besitzt also ein seltenes und teures Cyberdeck aber schläfst auf der Straße? Aber auf diese Weise erhalten die Spieler wieder mehr Freiheiten für ihren Charakter. Ich bin mir selbst mit mir uneinst darüber ob mir der Verzicht auf einen Teilbereich des klassischen Rollenspiels gefällt. Aber vielleicht reicht es ja schon wenn man nur Cyberware und ein paar Ausrüstungsgegenstände ausnimmt.

Könnte man über ein Äquivalent zu Bitcoins und dem Darknet/Silkroad regeln. Mit der Untergrundwährung kann nur illegales Zeug gekauft werden, und Aufträge werden auch in dieser bezahlt. Aber Wohnungen usw. sind durch den Überwachungsstaat viel zu stationär, als dass man sich irgendwo niederlassen könnte.

Mir würde das Spieler zwar extrem auf die Nerven gehen, aber die gehetzte Atmosphäre einer dauernden Flucht, wo selbst Fahrzeuge regelmäßig gewechselt werden müssen, könnte die Stimmung auch vermitteln.

Unbefriedigend finde ich das die Gesellschaft nicht auf das Handeln der Charaktere reagiert. Nein das muss jetzt nicht die Revolution sein aber so etwas positives wenn man sich als Charakter Risiken ausgesetzt hat wäre schon fein. Vielleicht kann Greenwar ein Stückchen Amazonas Regenwald kaufen, vielleicht verzögern sich die Wüstenkriege um 2 Monate oder die Suppenküche um die Ecke hält jetzt tatsächlich einen Monat durch. Das sind Punkte die zeigen das die Charaktere eben kein Sondereinsatzkommando sind sondern als Straßenpunks auch noch soziale Ziele haben.

Das Underground RPG (https://rpggeek.com/rpgitem/48825/underground) hatte wohl ein Regel-Subsystem für genau das:

Zitat
The game includes rules for improving aspects of your local community, including Take Home Pay, Education, and Government Purity. Adventures revolve around making things better for your home. I have not seen another game like that, and it’s a welcome change from the usual loot and leveling in other games.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: YY am 30.11.2015 | 14:56
Schon bei Gibson ähnelt die Handlung einem Shadowrun Run.

Der hat Neuromancer also so geschrieben, weil er wusste, dass da mal SR draus wird? ;D

Die ganzen CP-Rollenspiele der ersten Welle waren in ihren Konzepten so an Neuromancer und einigen anderen Werken verhaftet, dass sie gar nicht anders konnten, als das zum zentralen Inhalt zu machen - so wird ein Schuh draus.

Hätte auch damals schon anders sein können, aber wollte man ja so...

Ich nutze also Möglichkeiten im modischen, sexuellem und Style definierenden Bereich nicht aus weil mir dann die Menschlichkeit, die Essenz oder wie immer die eine Grenze für Cyberware definierende Einheit nun heißt eine Grenze für Cyberware mit einem spieltechnischen Vorteil aufbaut. Dann nehme ich also lieber den Reflexbeschleuniger als die bunten Haare die ich beliebig färben kann.

Wer die Cyberwareregeln so schreibt, wie sie sind, der fordert diese Reaktion von Spielerseite heraus.
Einfache Lösung: Fluff ist Fluff, Crunch ist Crunch.

Was keine spielmechanischen Vorteile bringt, kostet auch keine zugehörigen Ressourcen und fertig.

Vielleicht das dann einigen zu indy, dass ein "nutzloser" Cyberarm dann nichts kostet, obwohl es auch nützliche Varianten gibt.


Der zweite ist das man wenigstens bei Shadowrun und Cyberpunk 2020 nicht vernünftig zu einem Außenseiter der Gesellschaft werden kann. Denn Ausrüstung kostet Geld und das bekommt man in Cyberpunk 2020 indem man seinen Beruf ausübt oder bei Shadowrun eben Runs ausführt.
...
Das bringt zwar Unstimmigkeiten mit sich, Moment du besitzt also ein seltenes und teures Cyberdeck aber schläfst auf der Straße?

Außenseiter heißt doch nicht zwingend, gar keine Ressourcen und keine Kontakte zu haben.

So was kann man mal als Oneshot in der atmosphärischen Richtung Dark City oder Ähnliches machen, aber ansonsten ist das ziemlich absurd.

Außenseiter heißt, sich nur in einer bestimmten Subkultur frei bewegen zu können - und das ist sehr wohl gegeben.


Unbefriedigend finde ich das die Gesellschaft nicht auf das Handeln der Charaktere reagiert.

Das kann der SL doch locker aus dem Handgelenk...
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Arkam am 2.12.2015 | 08:33
Hallo zusammen,

ich versuche mich Mal an einer Antwort an alle Poster von meinem Posting bis zu diesem hier.
Gibson hat Neuromancer natürlich nicht so geschrieben das später Mal Shadowrun heraus kam. ;-) Aber er hat seine Geschichten eben so aufgebaut das die Macher von Shadowrun den Run eben als typische Beschäftigung von Cyberpunks sahen und das Spiel manchmal eher an Mission Impossible oder James Bond als an Cyberpunk erinnerten. Hat YY ja schon ausgeführt und richtigerweise auch auf andere Cyperpunk Rollenspiele übertragen. - So war es auch gemeint.

An eine Änderung der jeweiligen Cyberware Regeln haben wir uns auch schon versucht. Das Problem ist das es bei kreativen Spielern eben keine reine Fluff Cyberware gibt. Du hast also den Kamasutra Chip und den Dauerbrenner, Viagra in Cyberware? Prima dann verführst du jetzt die Chefsekretärin die unseren Plan behindern könnte und beschäftigst sie länger als sie dachte. Die jeweiligen Punktekosten anzupassen artet tatsächlich in Arbeit aus. Unsere Lösung sah dann so aus das man den maximalen Wert in Menschlichkeit, so heißt die Ressource bei Cyberpunk 2020, bekam und sogar noch zum Beruf des Charakters passende Cyberware gratis bekam.

Was die Stellung in der Gesellschaft angeht ist es bei Cyberpunk 2020 tatsächlich so das ich entweder einen mehr oder weniger cyberpunkigen Beruf, Polizist, Popstar, Leibwächter oder Nomade ausfülle und damit mein Geld verdiene oder eben ohne Job dastehe. Das hat bedeutende Auswirkungen auf das Geld das der Charakter dann zur Verfügung hat und auch weiterhin bekommt. Bei Shadowrun bin ich eben in der Subkultur Shadowrunner und in der meines Berufs. Ich stehe also eher nicht außerhalb der Gesellschaft oder möchte sie revolutionär verändern sondern profitiere von ihr und stabilisiere sie sogar. Den als Runner verhindert man ja, aus soziologischer Sicht, eine größere Instabilität der gesellschaft durch sich nachvollziehbar bekämpfende Konzerne.

Mir persönlich schwebte etwas vor was von keiner Änderung, über der Konzern verbrennt bis zu die Revolution kommt und fegt das System hinweg reicht. So kräftig kann ich garnicht wedeln. Meinen Respekt an alle Spielleiter die das schaffen.
Wie das System in Underground funktioniert muss ich mir anschauen. - Das wird aber sicherlich noch dauern.

Die Idee mit der Untergrundwährung finde ich gut. Aber man braucht gerade bei Cyberpunk 2020 wo der Zugang zur Matrix noch minutengenau abgerechnet wird eben auch ganz normales Geld.

Bei Fleischpuppen würde mir tatsächlich sinnvoller Fluff reichen. Also etwa wie großt ist die verwendete Technik, nicht der Platz für die anschließend gewünschte Handlung, wie verbreitet ist sie und ist sie eher preiswert oder eigentlich nur auf Firmenniveau zu haben. Denn das würde dann entscheiden ob Sex mit Fleischpuppen eine Art Sex ist die im heimischen Schlafzimmer angekommen ist oder nur in illegalen extrem teuren Bordellen der Yakuza. Bei Kloning und Gehirnhacking wünsche ich mir tatsächlich Regeln. Bei Krankheiten wären zumindest optionale Regeln nett.

Gruß Jochen
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Boba Fett am 2.12.2015 | 09:24
Cyberpunk ist für mich
-  totale Globalisierung,
- allmächtige multinationale Konzerne mit rücksichtslosen Methoden,
- gravierende globale Klimaverschlechterung dank Umweltsünden,
- extrem schnell wechselnde Moden und die Bereitschaft diese voll auszuleben
- omnipräsente Medien
- Akzeptanz von Gewalt, Waffen, Banden, Verbrechen
- Subkulturen, die ihr eigenes Ding machen
- Superreiche, die sich in den Orbit zurückgezogen haben
- Kypernetisierung der Menschen (ihr wisst schon: Cyberware und so)
- Virtuelle Welten in globalen Computernetzen, mit der Option für Menschen, ihr Bewustsein dort hin zu verlagern.
- Vermenschlichung der Computer (Künstliche Intelligenzen mit Ich-Bewustsein)

-die richtige Lebenseinstellung:
Metal is better than meat, style over substance, live is worthless, party all over, no future...
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Deep_Impact am 2.12.2015 | 09:58
style over substance, live is worthless, party all over, no future...

Wow, also ist Facebook wohl Cyberpunk....
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Sethomancer am 2.12.2015 | 09:58
Für mich transportiert CP2020 das Cyberpunk-Gefühl am besten. das kann daran liegen, das ich das Cyberpunk-Genre durch dieses Spiel zuerst aktiv erfahren habe.
Wichtig ist mir bei Cyberpunkspielen, als SL als auch als Spieler, dass Gefühl von "Style over Substance", Intensives "Roleplay" um die sozialen Aspekte zu betonen (also stark ausgespielte Charaktere mit Ecken und Kanten), eine "stylishe" Umgebung mit starken Brüchen (Arm/Reich, Hightech/Lowtech, Realität/Illusion), eine Mischung aus "alles ist Möglich" und " nichts geht".
Was mir persönlich immer wichtig war (vor allem als SL), ich hasse Railroading und "Run-basierende" Szenarien bei Cyberpunk und versuche diese zu vermeiden. In meinen besten Runden hatten wir fast immer unsere Nigthcity-Sandbox mit vielen fazinierenden NSC´s und Orten und waren unserer eigenen Glückes Schmied. Es gab halt immer ein oder mehrere aktuelle Probleme mit denen die Chara´s beschäftigt waren, aber keinen goldenen Weg, sondern Dinge passierten halt und Aktionen hatten Konsequenzen. Da war ich auch als SL meist (angenehm) überrascht wo die Story endete und was so alles passierte. das unvorhersehbare gehört für mich mit dazu.
Daher verwirrt mich meist die gradlinige Söldnermentalität bei z.B. SR, was für mich halt keinen "Punk" mehr hat.
das Spieolsystem bei CP2020 hat mich nie gestört, da für mich der Hintergrung wichtiger war, aber ich habe da auch immer viel gehausregelt, was wohl auch irgendwie "punkig" ist.

Zusammengefasst:
- Konzentration auf Attitude
- Starke Ausrichtung auf Style und Flair
- Charakterplay
- Freie Storyentwicklung
- Jede Menge Hausregeln ;D

... sind für mich zentral wichtig bei einem Cyberpunksystem
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Blechpirat am 2.12.2015 | 10:09
Und ihr kriegt das aktuell hin?

Ich hab in den Neuzigern und den ersten Jahren des neuen Jahrtausends richtig richtig viel Cyberpunk geleitet. Ich kriege es heute nicht mehr hin, mehr als eine Remineszenz hinzulegen, weder als SL noch als Spieler. Vielleicht habe ich deshalb den Eindruck, Cyberpunk sei tot? Aber das Setting ist für mich nicht mehr "da" - in den 90ern konnte man sich Cyberpunk noch ganz gut als pessimistische, aber geradlinige Weiterentwicklung unserer Welt vorstellen. Heute kriege ich das nicht mehr hin, heute wirkt die Welt - gerade in der Fassung von Cyberpunk 2020 - nur noch RetroSciFi.

Also: Läufts für euch? Um was für Themen dreht es sich bei euch? Motivationen?
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Sethomancer am 2.12.2015 | 10:12
Was mir gerade auffällt ist, woher kommt eigentlich in letzter Zeit das verstärkte Interesse an einem angeblich "totem" Genre?
Kommt jetzt eine Cyberpunk-Retro_Welle ???
Also mich als Hardcore CP2020-Fan würde es freuen :d

Jahrelang hatte ich den Eindruck kaum einer Interessiert sich mehr für Cyberpunk, ich versuche zwar noch regelmässig mal eine Runde zusammen zu treiben, und plane schon an einer neuen Kampagne für nächstes Jahr, aber auch da hab ich das Gefühl das ich 2/3 der Spieler erst überzeugen muss, das CP2020 auch mal eine nette Alternative zum "Üblichem" ist.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Sethomancer am 2.12.2015 | 10:20
Und ihr kriegt das aktuell hin?
Nicht so gut wie ich es gerne hätte, da meine letzte Gruppe aus Zeitmangel eingeschlafen ist. Wobei ich jetzt schon wieder eine neuen Versuch vorbereite. aber das sind ja eher technische Details ;D
Also: Läufts für euch? Um was für Themen dreht es sich bei euch? Motivationen?
Wenn es läuft, dann richtig gut.
Für mich ist das ganze dann sehr nostalgisch da ich einige meiner schönsten Runden mit CP2020 hatte.
Da wir immer sehe "Storytelling"-lastig gespielt haben und stark auf Charakterdesign und-entwicklung ist es für mich nicht so problematisch ein paar nötige Anpassungen zu machen um das Setting etwas "aktueller" zu gestalten.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Arkam am 4.12.2015 | 10:15
Hallo zusammen,

ich spiele derzeit in einer Shadowrun 5 Runde mit von da aus habe ich also wieder ein Interesse an einem Spiel mit Cyberpunk Elementen.
Eigentlich gehöre ich ja auch zu den Freunden von Cyberpunk 2020, Magie und Nichtmenschen brauche ich nicht in einem Cyberpunk Spiel, aber leider sind die Regeln Schrott. Ich habe zwar versucht die Regeln zu flicken aber das sind einfach zuviele Baustellen,Menschlichkeit, Computer und Matrix, Nahkampf, Skills, Matrix und Drogendesign seien hier nur als Denkansätze genannt.
Da wir deutlich Regel und Werte basiert spielen ist von Style over Substanc bei uns Nichts zu merken. Dazu kommt bei mir als Spielleiter noch das mir die Erfahrungen mit Subkulturen, etwa der Musikszene, fehlen. Da fällt es mir schwer eine solche Szene, in doppelnden Sinne, glaubhaft hin zu bekommen.

Ich denke das Element das aus heutiger Sicht am meisten stört ist das man die theoretischen Möglichkeiten zur Überwachung kennt und sie eine kriminelle, vor allen nicht nur kleinkriminelle, Subkultur eigentlich unmöglich machen.
Auch die Vorstellung das dieser Überwachungsapparat ja sehr fragmentiert wäre und deshalb nicht sein volles Potetntial entfalten würde ist aus heutiger Sicht fragwürdig. Klar die großen Konzerne haben Einfluss auf den Staat aber auch der Staat ist eben nicht zusammengebrochen und hat übergeordnete Strukturen, die EU etwa, geschaffen die auch gegen Konzerne vorgehen.

Gruß Jochen
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Ucalegon am 4.12.2015 | 10:53
Was mir gerade auffällt ist, woher kommt eigentlich in letzter Zeit das verstärkte Interesse an einem angeblich "totem" Genre?

Du meinst hier im Forum? In der Szene? Allgemein?
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Aedin Madasohn am 4.12.2015 | 11:03

Auch die Vorstellung das dieser Überwachungsapparat ja sehr fragmentiert wäre und deshalb nicht sein volles Potetntial entfalten würde, ist aus heutiger Sicht fragwürdig. Klar die großen Konzerne haben Einfluss auf den Staat aber auch der Staat ist eben nicht zusammengebrochen und hat übergeordnete Strukturen, die EU etwa, geschaffen die auch gegen Konzerne vorgehen.



wenn dir am Tisch auffällt, dass aus genau einem solchen Settingbestandteil des Hintergrunds das gesamte Shadow-Konzept hinfällig wird, so empfehle ich
schlicht: passe den Hintergrund an.

1. die Konzerne haben die Macht übernommen - es sind aber 10 Megas, die sich gegenseitig in die Suppe spucken
2. die Konzerne haben sich im Rahmen ihrer Kraft/Ressourcen/Macht-Akkumulation zwangsläufig auch beim Nationalstaat "bedient"
   - und nur eine leere Hülle zurückgelassen (wieviele Steuern zahlen Megas? führen sie Mehrwertsteuer an den AltenStaat ab,
     wenn in ihren KonStores gegen KonScripts eingekauft wird? zahlen KonBürger an den alten Nationalstaat Lohnsteuer?
     Wer verwaltet die Sozialabgaben der KonLohnsklaven? etc - sollte ja für SR im Schwarzgeld-Buch abgehandelt werden >;D ~;D)
3. EU, Nato, UN, Interpol... Wenn die Nationalstaaten fiskal geschwächt sind, wer soll die noch bezahlen? Also von der Bühne nehmen! ist ja euer Tisch.
4. streue ein bisschen Postapokalypse für den Übergang in die neue KonWelt an bzw. nehme den postapokalytischen Druck als Wegbereiter hin zu den
    KonStaaten. Hochtechnisierte-KonStaaten/Industrieareale mit Stacheldrahtzaun und auf der anderen Straßenseite
    fängt schon ein ausuferndes Slumgebiet mit 10 Millionen Ausgegrenzten an. Mit welchem Milliardensatz soll ein MegaKon die "befrieden"?
    Vergleiche das ruhig mit dem amerikanischen Besatzungsregime in Bagdad. Die waren militärisch absolut überlegen und hatten Sensoren/Überwachung
    ohne Ende. Wurden aber klassisch über Jahre hinweg zermürbt und zahten nur drauf. Die Amis waren dann froh, sich endlich absetzen zu dürfen. 
    Also, bleiben die MegakonArmeen aus den Sprawleslums gleich raus... 
5. Polizeidienstleister leisten nur das, wofür sie bezahlt werden.
    Sie zahlen nicht drauf (sind doch nicht bescheuert, oder wollt ihr den Star wie Bescheuerte spielen? eben!)
    sie kalkulieren genau, wie die Risiken ihrer Kunden sind und verlangen dementsprechend hohe Prämien. Im Villenviertel wird also die Kavallerie bezahlt und
    taucht vertragsgemäß auf. Wer hingegen nur wenig Schutz bezahlt hat, kriegt auch nur wenig Schutz geliefert!

    Je mehr Ganger im Viertel, desto höher die Prämie, desto geringer die Abdeckung durch Polizeikontrakte (durch die Anwohner). Desto geringer also die
    allgemeine Polizeipräsenz und desto länger auch Reaktionszeiten etc pp. 
    Ach ja. Wenn die reichen Snops aus dem Villenviertel sich die teure Kavallerie leisten, dann soll die gefälligst auch nur für sie da sein!

    Alles andere wäre ja nur neokommunistische Secturityumverteilung von oben nach unten...pfui!!! :Ironie:
    Wenn also außerhalb des Villenviertels geballert wird, bleibt die villen-only-Kavallerie genau da, wo sie für bezahlt wird (am Zaun/Checkpoint) und keinen
    Schritt hinaus "Amtshilfe" in nicht zahlende Viertel. Stell dir absolut bürgersinn-lose Besserverdienende als Auftraggeber vor.
6. Sensoren für die totale Überwachung sind teuer und müssen gewartet werden. Geld ist aber nicht unbegrenzt verfügbar.
     Also ist das Villenviertel/die KonArc eng überwacht (und eine Runnerherausforderung) = A plus im SR-Jargon
     die verslumten Vororte hingegen nur mit rudimentären Kameras (für: robbt sich da der Mob zusammen?) im Gegensatz
     zu hochauslösenden Gesichtserkennungssystemen im Flughafen.
7. Lücken im System. Der Abwasserkanal ins Villenviertel wurde bei der Abriegelung schlicht vergessen. Also kommen die findigen Runner an
    dem hightec Sensorenphalanx des Checkpoints herum...

Punk heißt ja auch, außerhalb "des herrschenden Systems" sein. Also müssen auch Maschen herbeigeschrieben werden, durch die die kleinen
Cyberpunks fallen können ;D
...ansonsten haben die Devs ihre Arbeit nicht gemacht  ^-^

doch das lässt sich ja mit Bordmittel beheben  :d
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: YY am 5.12.2015 | 00:06
Ich denke das Element das aus heutiger Sicht am meisten stört ist das man die theoretischen Möglichkeiten zur Überwachung kennt und sie eine kriminelle, vor allen nicht nur kleinkriminelle, Subkultur eigentlich unmöglich machen.
Auch die Vorstellung das dieser Überwachungsapparat ja sehr fragmentiert wäre und deshalb nicht sein volles Potetntial entfalten würde ist aus heutiger Sicht fragwürdig.

Das war ja im SR-Board schon öfter Thema.

Kurzfassung: Schau dir mal an, wie heutzutage zum Einen in westlichen Industrieländern und zum Anderen im Rest der Welt organisierte Kriminalität funktioniert, wie und warum No-Go-Areas entstehen usw..
Und nimm beim Thema OK ruhig noch "waschechte" Terroristen, aber vor Allem die Hybriden mit rein.

Aus polizeilicher Sicht ist die totale Überwachung selbst da, wo sie halbwegs funktioniert, gerade gegen die richtig schweren Jungs ein zahnloser Tiger.
Man hat die Informationen zwar, aber kann nichts damit anfangen, etwa weil sie nicht gerichtsfest sind oder - viel relevanter für SR - weil man die bösen Buben schlicht nicht zu fassen bekommt.
Riesige Unterstützernetzwerke, große Rückzugsräume (-> Z-Zonen ;)), enorme Feuerkraft vs. begrenzte Mittel und nicht unbedingt immer hochmotivierte Privatpolizisten...da schreibt man doch lieber im AA-Gebiet Strafzettel und mauschelt sich die Statistik schön.
 
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Sethomancer am 5.12.2015 | 01:07
Du meinst hier im Forum? In der Szene? Allgemein?
Hier im Forum

Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: mattenwilly am 29.12.2015 | 19:13
Als Setting ist es immer noch CP2020 das am besten beschreibt was ich unter "Cyberpunk" verstehe. Als System entweder CP2020 oder Fuzion.

CP ist für mich weniger "Die Konzerne machen alles/haben die Macht" als eben mehr "die Konzerne ziehen im Hintergrund die Strippen". Also KEINE Ex-Territorialen Megas sondern "schwarze Koffer und braune Umschläge". Die "Welfare Zones" aus dem CoDominion, die Weltraum-Kolonien als der neue (und  oft falsche) Traum, die allgegenwärtige Technik und Technologisierung des Menschen, als das setzt CP2020 besser um als die anderen Systeme. KEINE Magie, keine Tolkien-Missgeburten ausser als "Biomod für Meschugge", diverse Kulte etc.. Schön auch die unterschiedlichen Entwicklungen zwischen den zerfallenden USA und der EU, die Überwachungsstaaten, die aufgegebenen Regionen etc.

Und technologisch überholt? Wo denn? In ein paar blöden Gewichtsangaben und Speichergrößen? Sorry aber das ist so was von einfach ignoriert. Im Netrunning? Das ist in jedem CP System und der Masse der CP Romane "schrott" weil das iRL ganz anders ablaufen würde, speziell ohne Menschen. Aber das ist halt der Teil den man entweder ignorriert oder einfach als Genre-Konvention hin nimmt.
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Arkam am 3.01.2016 | 09:20
Hallo mattenwilly,

der Punkt an dem ich Cyberpunk 2020 technologisch überholt finde ist die Kommunikation. Ich glaube das das Internet, E-Mail und Messenger unsere Kommunikation drastisch verändert haben. Die Möglichkeit jederzeit, an den meisten Orten, fast in Echtzeit und unter Nutzung aller Medien, also nicht nur Sprache und Text sondern auch Bilder und Videos, zu kommunizieren bringt einige interessante Möglichkeiten.
Nicht nur der Rockster sondern jeder kann einen Flashmob zur Ablenkung organisieren, Computer, Smartphones und Tablets sind ja auch nichts anderes, werden von jedem genutzt und eben nicht nur von Spezialisten.
Ansonsten wirkt das System auf mich überraschend modern. Es gibt die Gentechnik, Gehirne und das Denken können gescannt und manipuliert werden und alle Technologien werden für Sex, Militär und Mode genutzt. - Die Reihenfolge kann beliebig gewählt werden.

Gruß Jochen
Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: YY am 3.01.2016 | 17:37
Da bleibt mattenwillys Einwand aber unverändert bestehen:

Was hindert einen daran, das entsprechend anzupassen?

Und ist das für das, was bei CP2020 i.d.R. so gemacht wird, wirklich dermaßen relevant?

Titel: Re: Cyberpunk im Rollenspiel?
Beitrag von: Sethomancer am 3.01.2016 | 22:51
Ich habe das mit dem Anpassen schon Mitte der 90iger gemacht als ich Cyberpunk 2020 für mich entdeckt habe und schaffe das auch heute noch.
Das technische Gedöns stand für mich noch nie so im Mittelpunkt, dass es ein Problem war da Anpassungen vorzunehmen.