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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Rollenspieltheorien => Thema gestartet von: Pyromancer am 21.11.2015 | 20:10

Titel: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Pyromancer am 21.11.2015 | 20:10
Bei Rollenspiel-Settings gibt es zwei Extrempunkte:

Kulissen sehen cool aus und bilden einen farbenfrohen, interessanten Hintergrund, vor dem die Charaktere agieren.

Welten "funktionieren" und ergeben Sinn.

Die Zielsetzung bei beiden ist unterschiedlich, auch wenn es Kulissen gibt, die Sinn ergeben, und Welten, die farbenfroh und interessant sind.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Antariuk am 21.11.2015 | 20:43
Hast du Beispiele für die beiden Extreme? Und worin unterscheidet sich die Zielsetzung? Mir fällt auf Anhieb nämlich kein Setting ein dass nicht sowohl Kulisse als auch Welt wäre.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: nobody@home am 21.11.2015 | 22:13
Klingt für mich sehr nach dem alten Unterschied zwischen "simulationistischem" und "narrativem" Spiel. Wenn ich ein Setting haben will, das zumindest theoretisch auch dann in sich stimmig funktioniert, wenn gar kein Spielercharakter als Zeuge vor Ort ist, also eine mehr oder weniger detaillierte Simulation einer fiktiven "Wirklichkeit" sein soll, dann ist das nach dieser Definition eine "Welt"; will ich dagegen primär ein Setting haben, in dem SL und Spieler gemeinsam tolle "Geschichten" durchspielen können und die Spielercharaktere selbst als Stars im Vordergrund stehen, dann wäre das logischerweise genau wie in Film und Fernsehen erst mal eine "Kulisse".

MMn ist die Bezeichung "Welt" für ersteres allerdings potentiell etwas geladen: da eine "Welt" als Begriff von den meisten wahrscheinlich als "realer" und "wichtiger" gelesen wird als eine einfache "Kulisse", klingt es ein bißchen danach, als sollte der dazugehörige Spielstil als der überlegene dargestellt werden.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: alexandro am 21.11.2015 | 23:10
@nobody: Ich würde die Unterschiede nicht so drastisch sehen, bzw. höchstens in der Vorbereitung. In narrativen Spielen wird weniger am Anfang "gesetzt", aber das betrifft Kulisse genauso wie Welt. Im Spiel muss beides nach und nach kommen (idR etabliert der gerade erzählende Spieler erstmal eine Kulisse, dann verhandelt der Rest der Gruppe über die Welt), weil man das Setting erst über die erspielte Handlung kennenlernt. Aber irgendwann muss auch in narrativen Spielen der Welt-Aspekt in den Fokus kommen, sonst ist das nicht auf lange Sicht tragfähig.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Ucalegon am 21.11.2015 | 23:12
Hast du Beispiele für die beiden Extreme? Und worin unterscheidet sich die Zielsetzung? Mir fällt auf Anhieb nämlich kein Setting ein dass nicht sowohl Kulisse als auch Welt wäre.

+1
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: alexandro am 21.11.2015 | 23:37
Ein Beispiel wäre eine Runde "3:16 - Carnage among the stars", welche ich letzte Woche auf einem Con geleitet habe (zur Info: in 3:16 würfelt man die Missionsdetails aus).

Die erste Mission war auf einem Planeten mit extrem dichter Atmosphäre, die Gegner waren eine primitive Katzenspezies mit dem Alienmerkmal "Exploding Bodies". Wir hatten also eine Kulisse von einer Welt mit extrem tief hängenden Wolken, eine richtige "Hechtsuppe", durch welche aggressive Katzen-Barbaren schleichen, welche auch noch die Angewohnheit haben, ohne erkennbaren Grund zu explodieren. So random, so gut. Später kam noch der Gedanke, dass die dichte Atmosphäre ein Gasgemisch ist, welches - durch die Lungen der Katzen gefiltert - einen hoch explosiven Rückstand in deren Körpern zurücklässt (da sie noch kein Feuer entdeckt haben, bisher noch kein Problem ;D ). Einer meiner Spieler kam dann noch auf den Namen "Kamikatzen", und den musste ich einfach übernehmen. Auf diese Weise wurde eine logische Wechselwirkung zwischen Planetenbeschreibung, Volksmerkmalen und sogar ihrem Entwicklungsstand hergestellt, wodurch aus der Kulisse eine Welt wurde.

In der zweiten Mission ging es auf einem gemäßigten Planeten, auf dem hochgewachsene, albinohafte Humanoide lebten. Ich dachte sofort "Weltraum-Elfen!" und stellte sie mir als quasi-mittelalterliche Gesellschaft vor, welche aber (damit sie exotischer wirken) in Burgen und Häusern aus Kristall leben. Eine Kulisse - allerdings mMn keine besonders originelle - war geboren. Während des Briefings fragte einer der Spieler "Spitze Ohren? So wie Fledermäuse?" - mir gefiel die Idee von aufrecht gehenden Fledermäusen sofort besser, als "nur" Elfen zu benutzen, also passte ich meine Beschreibung der Einwohner spontan an. Als wir dann in die Siedlungen der Fledermaus-Menschen kamen und ich die Häuser aus Kristall beschrieb, sagte einer der Spieler "Na klar, wir können da zwar durchsehen, aber die Einheimischen sehen wahrscheinlich über Ultraschall" - spätestens zu diesem Zeitpunkt war imo der Schritt von "Kulisse" zu "Welt" überschritten.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Antariuk am 21.11.2015 | 23:49
Das Setting, was hier die "Welt" genannt wird, ist doch in 3:16 nicht der einzelne Planet sondern das propagierte Universum in dem die Menschen alle intelligenten Aliens ausrotten, oder nicht? Die einzelnen Planeten sich doch genau dass was die einzelnen Dungeons in einem Fantasy Setting wären, Orte an denen Handlung passiert. Das prägt das erlebte Setting natürlich auch, aber als Welt taugt es denke ich nicht weil man beschränkt sich in 3:16 ja nicht auf einen einzelnen Planeten.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: alexandro am 22.11.2015 | 00:24
Ja, aber irgendwie ist die Prämisse "Menschen rotten alle Aliens aus" auch eher eine Kulisse - erst wenn man diese anhand von praktischen Beispielen (Planeten und Einsätze) umsetzt, beginnt das Setting als Welt Kontur zu bekommen.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Ludovico am 22.11.2015 | 00:33
Also haben ca. 50% aller Rollenspiele eine Kulisse und keine Welt, weil das Setting keinen Sinn macht?

Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: alexandro am 22.11.2015 | 00:49
Ich weiß nicht wo du deine 50% her nimmst, aber ich glaube nicht dass sie empirisch zu belegen sind. In der Regel fangen Rollenspiele entweder mit einer groben Kulisse an und arbeiten dann die Details aus (top-down, z.B. Fading Suns) oder sie entwickeln eine Vielzahl von Kulissen, die durch ihre Interaktion Dichte und Glaubwürdigkeit erlangen (bottom-up, z.B. Forgotten Realms). Dass ein Setting irgendwo auf dieser Prozessstrecke "steckenbleibt" ist (high-concept Indie-Games mal außen vor) recht selten.

In einigen Fällen kann es allerdings vorkommen, dass ein bestimmter Bereich eines Settings Kulisse bleibt (weil dieser durch die Ideen der Spieler gefüllt werden oder, häufiger, Stoff für einen zukünftigen Quellenband werden soll). Diese "Under Construction"-Schilder innerhalb des Settings ändern aber nichts daran, dass es generell funktioniert (im Gegenteil: ein Setting das Sinn macht und trotzdem Platz für Erweiterung bietet, ist gar nicht so einfach zu designen).
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Antariuk am 22.11.2015 | 00:59
Ich finde die Unterscheidung nach wie vor daherkonstruiert... verschiedene Spiele interagieren einfach unterschiedlich mit ihren Settings, dafür muss man das Setting als solches aber nicht künstlich in "Welt" oder "Kulisse" unterteilen. Zumindest habe ich bisher nicht verstanden wo da für uns im Sinne einer fruchtbaren Diskussion der Mehrwert drin läge das zu tun (aber ich bin auch jemand der die GNS-Theorie größtenteils für prätentiöses Gelaber hält, insofern mag es einfach an mir liegen).
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Auribiel am 22.11.2015 | 01:14
Mein persönlicher Trennstrich zwischen Welt und Kulisse ist schlichtweg dann erreicht, wenn ich bei einem Setting massiv über Ungereimtheiten stolpere.

Beispiel:

Tribute von Panem-Setting wäre für mich nur eine Kulisse, weil einfach zu viele Ungereimtheiten aufstoßen und das Setting einfach nicht "rund läuft".
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: alexandro am 22.11.2015 | 01:34
Ich denke ein Setting an sich ist recht selten eine reine Kulisse (das bedarf schon einer bewussten Designentscheidung und kann praktisch nie "zufällig" erfolgen). Einzelne Elemente darin (z.B. das Verhältnis Capitol/Distrikte in TvP) können aber sehr wohl kulissenhaft sein. Und irgendwie scheint es ja eine "kritische Masse" zu geben, bei denen sich die Spieler an den Kulissen stören.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Pyromancer am 22.11.2015 | 06:16
Eine Lanze für die Kulisse:

Meiner Erfahrung nach ist in vielen Rollenspielrunden eine "Welt" nur unnötiger Ballast, und eine "Kulisse" zum Spielen ausreichend. Die genaue Funktionsweise eines Dungeon-Ökosystem ist genauso egal für's Monster-Schnetzeln wie die realistischen wirtschaftlichen Auswirkungen, wenn die Abenteurer mal eben den Gegenwert eines kleinen Königreiches in Goldstücken auf den Markt werfen. Für eine Drama-Runde, in der es um Hofintrigen und Machtspiele geht, und darum, ob der SC sich für die Liebe zu seinem Haushaltsroboter oder für seine Pflicht als Erbe des galaktischen Imperiums entscheidet, ist es wurst, ob die Versorgung der planetenumspannenden Hauptstadt mit den gezeigten technischen Mitteln überhaupt möglich wäre ("...und die Abwärme!?").

Das heißt nicht, dass alle "Kulissen" unlogisch wären. Vielleicht könnte man ja problemlos hinter der Fassade ein ganzes Haus, eine ganze Stadt, eine ganze Welt bauen, wenn man denn nur wollte, und es würde alles fugenlos mit dem zusammenpassen, was man sieht. Aber warum sollte man sich die Mühe machen? So lange die Kamera nur von vorne filmt, ist es egal, dass da nichts dahinter ist. So lange die Spielteilnehmer es nicht tun, ist es egal, dass das Setting vielleicht, wenn man es bis zum Ende durchdenken würde, keinen Sinn ergäbe. Und in vielen Genres (Charakter-Drama, Dungeon-Schnetzeln, Pulp-Abenteuer, ...) ist das die Standard-Erwartung - es wird nicht das Setting durchdacht oder hinterfragt, weil der Spielfokus auf anderen Dingen liegt.

Persönlich mag ich Weltenbau, und habe Spaß daran, Settingdetails zu durchdenken, auch wenn sie für das Spiel erst einmal nicht relevant sind. Wenn aber jemand keinen Spaß am Weltenbasteln hat, dann braucht er, nur, weil er eine "Kulisse" für's Rollenspiel braucht, nicht damit anfangen.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Kaskantor am 22.11.2015 | 08:11
Ich denke beides hat seine Daseinsberechtigung.
Eine Welt gibt halt einiges vor, d.h. es muss gut gemacht sein um mich anzusprechen.
Ein Kulisse kann während des Spiels schön ausgebaut werden.
Im Endeffekt macht man das wohl eh automatisch, wenn man das Gefühl hat das was fehlt.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Steppenork am 22.11.2015 | 09:20
Beides kann funktionieren. Eine komplett ausgearbeitete Welt kann anstrengend sein und einengend wirken, ein Gefühl, das viele bei Aventurien befällt. Anderen kann gerade dies als Inspiration dienen. Vielen Spielern reichen jedoch Kulissen. Ich mag eine stimmige Kulisse lieber als eine vollständig simulierte Welt. Auch Aventurien nutze ich, wenn wir darin spielen, eher als Steinbruch für meine Kulissen.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Antariuk am 22.11.2015 | 11:23
Dann ist der Unterschied zwischen Kulisse und Welt in erster Hinsicht also nur eine Frage der Quantität? Dann sehe ich den Sinn immer noch nicht in der Unterscheidung, weil der Begriff Setting umfasst beides mühelos. Wo ist der konkrete Vorteil von einer Kulisse zu reden, wenn ein kleiner Ausschnitt eines potentiellen Settings gemeint ist? Weil hier sind ja jetzt durchaus schon verschiedene Ideen und Definitionen dazu aufgetaucht was das genau wäre.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Supersöldner am 22.11.2015 | 12:02
ich hab eigentlich immer zwischen ,,schelchte ausgearbeiteten setting,,  und ,,Gut ausgearbeiteten setting ,, unterschiden. Aber Mann kann auch kulisse oder Welt sagen. Welten sind mir dabei SEHR viel lieber als  Kulissen.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Aedin Madasohn am 22.11.2015 | 12:07

Kulissen sehen cool aus und bilden einen farbenfrohen, interessanten Hintergrund, vor dem die Charaktere agieren.

Welten "funktionieren" und ergeben Sinn.


typisches Beispiel ist Magie.
Es gibt Settings mit massiver Metaphysik  >;D dahinter (austariert und abgewogen)
und dann gibt es halt farbenfrohe "das kann der SC-Magier halt"-Zaubersprüche ohne jedes Setting-Balanceing.

Schlechtes Beispiel ist halt DSA. Wovon lebt denn eine DSA-Regel-und-Settingkonformer Zauberer? Wie mächtig darf ein Zauberspruch sein, um als magische Dienstleistung folgende Gebühr zu rechtfertigen Etc.pp (das kann man bis ins Nirvana aufdrösseln)  :dftt:

ein anderes schlechtes Beispiel wäre aus Shadowrun das SIN-System. Ein funktionierendes "Welt"-Konzept gibt es nicht. Irgendwo zwischen Pink-Mohwak und Big-Brother-Versatzstücken hört es auf, logisch zu sein.   :dftt:

Natürlich kann man sich in seiner eigenen Runde das mit etwas Nachdenken und Kreativität auf genau seinen eigenen Spielgeschmack hin zurecht designen. 
Damit verlässt man den gemalten Hintergrund (zweidimensionale Kulisse) und kommt über eine dreidimensonale Kulisse bis zur "Weltmechanik".

Wer aber nur mal ein One-shot macht, dem reicht eine 2d Kulisse doch vollkommen. Muss man wissen, was "hinter" der Zombieapokalypse steht, wenn man nur survival-Horror spielen will? Eben!
 
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Ucalegon am 22.11.2015 | 12:26
Dann kann die Kulisse mit ihrem kleinen Settingausschnitt unter Umständen logischer und damit mehr "Welt" sein als eine ausgearbeitete Welt, die irgendwann zwingend an ihrem eigenen Anspruch scheiten muss.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: 1of3 am 22.11.2015 | 14:01


Eine Lanze für die Kulisse:

Meiner Erfahrung nach ist in vielen Rollenspielrunden eine "Welt" nur unnötiger Ballast, und eine "Kulisse" zum Spielen ausreichend.
[...]

Persönlich mag ich Weltenbau, und habe Spaß daran, Settingdetails zu durchdenken, auch wenn sie für das Spiel erst einmal nicht relevant sind. Wenn aber jemand keinen Spaß am Weltenbasteln hat, dann braucht er, nur, weil er eine "Kulisse" für's Rollenspiel braucht, nicht damit anfangen.

Im Grunde verhält sich eine ausgeklügelte Welt dann wie verschiedene andere Erweiterungen des Spiels im engeren Sinne. Wie theoretische Charakteroptimierung, Rollenspieltheorie, das Schreiben langer Vorgeschichten, Gestaltung von Handouts etc.

Das erklärt, warum die Unterscheidung vielleicht einigen hier nicht so nachvollziehbar ist. Es geht nicht, um zwei Arten von Spuelwelten, sondern darum, ob man der Gestaltung der Spielwelt einen Eigenwert zukommen lässt.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Antariuk am 22.11.2015 | 14:13
Das erklärt, warum die Unterscheidung vielleicht einigen hier nicht so nachvollziehbar ist. Es geht nicht, um zwei Arten von Spuelwelten, sondern darum, ob man der Gestaltung der Spielwelt einen Eigenwert zukommen lässt.

Tut man das nicht im Grunde schon allein durch die Existenz einer Spielwelt? Auch wenn nicht immer ein Fokus darauf liegen muss, zieht doch alleine die Existenz einer Spielwelt eine ganze Reihe von Konsequenzen mit sich. Ist der Rest nicht einfach nur eine Detailfrage?
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: nobody@home am 22.11.2015 | 15:30
Tut man das nicht im Grunde schon allein durch die Existenz einer Spielwelt? Auch wenn nicht immer ein Fokus darauf liegen muss, zieht doch alleine die Existenz einer Spielwelt eine ganze Reihe von Konsequenzen mit sich. Ist der Rest nicht einfach nur eine Detailfrage?

Na ja, eine Spielwelt "existiert" ja im Grunde genommen erst einmal überhaupt nicht. Daß es Szenenelemente und Nichtspielercharaktere gibt, mit denen die Spieler interagieren, heißt nicht zwangsläufig auch, daß man aus den ganzen Einzelteilen ein großes zusammenhängendes Ganzes zimmern muß -- auch wenn das menschliche Gehirn natürlich gerne auch da über Zusammenhänge spekuliert, wo es sie gar nicht unbedingt gibt, und sich die Tendenz zum "Weltenbau" zum Teil schon daraus recht schön erklären läßt.

Aber grundsätzlich funktioniert beispielsweise ein imaginäres Dungeon auch dann, wenn der real existierende Designer die Toiletten vergessen oder als unwichtig ausgelassen hat. Es ist ja nicht so, als ob die Bewohner so "echt" wären, daß sie objektiv Harndrang verspüren könnten; wenn sie das tun, dann nur, weil jemand von unserer (realen Betrachter-)Seite sich überlegt hat, daß das Sinn machen würde.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Pyromancer am 22.11.2015 | 16:40

Im Grunde verhält sich eine ausgeklügelte Welt dann wie verschiedene andere Erweiterungen des Spiels im engeren Sinne. Wie theoretische Charakteroptimierung, Rollenspieltheorie, das Schreiben langer Vorgeschichten, Gestaltung von Handouts etc.

Das erklärt, warum die Unterscheidung vielleicht einigen hier nicht so nachvollziehbar ist. Es geht nicht, um zwei Arten von Spuelwelten, sondern darum, ob man der Gestaltung der Spielwelt einen Eigenwert zukommen lässt.

Schön gesagt.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: alexandro am 22.11.2015 | 16:49
Das heißt nicht, dass alle "Kulissen" unlogisch wären. Vielleicht könnte man ja problemlos hinter der Fassade ein ganzes Haus, eine ganze Stadt, eine ganze Welt bauen, wenn man denn nur wollte, und es würde alles fugenlos mit dem zusammenpassen, was man sieht. Aber warum sollte man sich die Mühe machen? So lange die Kamera nur von vorne filmt, ist es egal, dass da nichts dahinter ist. So lange die Spielteilnehmer es nicht tun, ist es egal, dass das Setting vielleicht, wenn man es bis zum Ende durchdenken würde, keinen Sinn ergäbe. Und in vielen Genres (Charakter-Drama, Dungeon-Schnetzeln, Pulp-Abenteuer, ...) ist das die Standard-Erwartung - es wird nicht das Setting durchdacht oder hinterfragt, weil der Spielfokus auf anderen Dingen liegt.

Natürlich kann man immer noch weiter nachfragen und den Fokus auf Dinge legen, welche im Setting nicht angeschnitten werden. In der Regel ist das aber wenig zielführend und bezieht einige Grundannahmen mit ein, welche aus unserer Welt stammen und daher nicht unbedingt als gegeben angesehen werden können (Bsp.: "In diesem Fantasysetting sind Kleriker die Krankheiten heilen können ziemlich selten und sonst scheint medizinisches Wissen nicht zu existieren, da die Welt ungefähr auf dem Stand des Mittelalters ist. Folglich müssten Krankheiten eigentlich deutlich verbreiteter und die Lebenserwartung der Landbevölkerung eigentlich deutlich geringer sein, als in Buch X angegeben" - "Ja, da gehst du aber von ziemlich viel aus, z.B. von einem Wissensstand 'wie im Mittelalter' (obwohl es recht einfache 0er und 1er Grad Zauber gibt, um Bücher zu kopieren, zu erhalten, und notfalls sogar nach ihrer Zerstörung wiederherzustellen. Nur weil das Wissen noch nicht großflächig angewendet wurde, heißt das nicht, dass es nicht da ist. Außerdem gehst du davon aus, dass sich Mikroorganismen in dieser Welt genauso verhalten wie in unserer, was ich angesichts des sonstigen Fantastikgrades nicht so einfach annehmen würde..." usw. usf.).

Die Kamera so drehen, dass sie von vorne auf die Kulisse zeigt - schön und gut. Blöd wird es nur, wenn das Setting bestimmte Kameraschwenks vorgibt, bei welchen die Kulisse als solche enthüllt wird.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: 1of3 am 22.11.2015 | 21:34
Tut man das nicht im Grunde schon allein durch die Existenz einer Spielwelt? Auch wenn nicht immer ein Fokus darauf liegen muss, zieht doch alleine die Existenz einer Spielwelt eine ganze Reihe von Konsequenzen mit sich. Ist der Rest nicht einfach nur eine Detailfrage?
Der Unterschied ist sicherlich graduell, also einige werden das eher so andere eher so tun.

Im Gegensatz zum Pyromancer finde ich komplexes Setting aber geradezu störend. Dann kann man häufig Dinge nicht tun, weil sie gegen das Setting sind. So geht's anderen Leuten häufig mit (anderen Arten von) Regeln.

Wenn ich meine aktuelle Runde Urban Shadows anschaue, ist die praktisch frei von Setting. Sie spielt in der Stadt. Die Stadt hat keinen Namen. Ich habe keine Karte. Ich weiß nicht, wer Bürgermeister ist. Ich weiß praktisch nichts. Und das ist auch gut so, denn so lässt sich improvisieren.

Im Spiel mache ich keine Umgebungsbeschreibungen, die über "Villa", "Kneipe",  "Spielplatz" hinausgehen. Wichtig ist, wen man da trifft, nicht welche Vorhänge da hängen.

Der Unterschied zwischen engagierten Weltenbastlern und dem, was ich so tue, würde ich daher nicht auf die Zahl der Details reduzieren. Es geht um die Herangehensweise. Ich könnte zum Beispiel nicht sagen, ob unsere Stadt weniger Details hat als Redshift, die Monde von Ymir oder was da sonst an Projekten im Weltenbau läuft. Die Frage ist von vornherein sinnlos.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: D. Athair am 22.11.2015 | 21:51
MMn ist die Bezeichung "Welt" für ersteres allerdings potentiell etwas geladen: da eine "Welt" als Begriff von den meisten wahrscheinlich als "realer" und "wichtiger" gelesen wird als eine einfache "Kulisse", klingt es ein bißchen danach, als sollte der dazugehörige Spielstil als der überlegene dargestellt werden.
"Wichtiger" und "realer" ... wegen mir auch "plastischer" sind durchaus Qualitäten, die eine "Welt" von einer "Kulisse" abheben. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Die angedeutete Schlussfolgerung dagegen halte ich nicht für folgerichtig.

Wenn ich eine "Welt" ins Spiel einbinde, sie sozusagen mit zum Spielinhalt mache, dann bedeutet das automatisch, dass andere Dinge nicht dieselbe Aufmerksamkeit erfahren können. Auch den diesen anderen Dingen (z.B. "Story" oder "Herausforderungen") kann man Spielstile, die man als "überlegen" propagieren will festmachen.

Das erklärt, warum die Unterscheidung vielleicht einigen hier nicht so nachvollziehbar ist. Es geht nicht, um zwei Arten von Spuelwelten, sondern darum, ob man der Gestaltung der Spielwelt einen Eigenwert zukommen lässt.
Sehe genauso.

Wenn das Setting eine "Welt" ist, dann hat das Konsequenzen und diese Konsequenzen sind nicht unbedeutsam.
Eine "Welt" nimmt allgemein Einfluss auf das Spiel an sich und insbesondere auch auf die SC. Sie nimmt den Spielern gleichsam ein Stück weit die Verfügungsgewalt über seinen SC.

Beispiele:
L5R: Die Loyalität zu Kaiserhaus, Clan, Familie, Schule; Bushido; Etikette; ...
Oder bei Clockwork & Chivalry: Mit dem sozialen Stand und der Fraktion sind automatisch auch öffentliche Loyalitäten und formale Freund- und Feindschaften festgelegt.

Die Handlungsrahmen, die "Spielwelten" setzten, ergibt ein anderes Spiel als D&D-Fantasy oder Savage-Worlds-Hollywood-Action.
Es ist nicht besser oder schlechter. "Kulissen" ermöglichen eine andere Art von Spiel, als "Welten".

Und: Ich glaube immer noch, dass "Kulisse" und "Welt" nicht zwangsläufig in einem Zusammenhang mit GNS zu bringen ist.
"Welten" müssen nicht zu simulativem Spiel führen, auch wenn sie es unterstützen würden. Auch Charakterdrama, narratives Spiel, ... ist mit "Welten" sehr gut machbar.


Der Unterschied zwischen engagierten Weltenbastlern und dem, was ich so tue, würde ich daher nicht auf die Zahl der Details reduzieren.
Würde ich auch nicht. Insbesondere deswegen, weil Freiform sowohl mit einer sich mitentwickelnden Welt als auch mit einer sich immer wieder anders darstellenden Kulisse funktioniert.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Antariuk am 22.11.2015 | 22:03
Wenn ich meine aktuelle Runde Urban Shadows anschaue, ist die praktisch frei von Setting. Sie spielt in der Stadt. Die Stadt hat keinen Namen. Ich habe keine Karte. Ich weiß nicht, wer Bürgermeister ist. Ich weiß praktisch nichts. Und das ist auch gut so, denn so lässt sich improvisieren.

Im Spiel mache ich keine Umgebungsbeschreibungen, die über "Villa", "Kneipe",  "Spielplatz" hinausgehen. Wichtig ist, wen man da trifft, nicht welche Vorhänge da hängen.

Der Unterschied zwischen engagierten Weltenbastlern und dem, was ich so tue, würde ich daher nicht auf die Zahl der Details reduzieren. Es geht um die Herangehensweise. Ich könnte zum Beispiel nicht sagen, ob unsere Stadt weniger Details hat als Redshift, die Monde von Ymir oder was da sonst an Projekten im Weltenbau läuft. Die Frage ist von vornherein sinnlos.

Danke für das prägnante Beispiel, damit kann ich was anfangen :)

Wobei ich den Unterschied zwischen Kulisse und Welt nicht, wie von dir angedeutet, an der Menge von profanen Details festmachen würde. Sicherlich gibt es mehr als genug Settings die einen damit erschlagen, aber viel wichtiger sind doch eigentlich die propagierten Verhältnisse zwischen den SCs und den NSCs (Sind Orks böse und bei Sichtung zu erschlagen? Dürfen künstliche Intelligenzen diese Bar betreten? Ist einer der SCs wegen seiner Nationalität in Gefahr als vermeintlicher Spion verhaftet zu werden?), weil die prägen sowohl die Abenteuer als auch die Reaktionen der Spieler.



Wenn das Setting eine "Welt" ist, dann hat das Konsequenzen und diese Konsequenzen sind nicht unbedeutsam.
Eine "Welt" nimmt allgemein Einfluss auf das Spiel an sich und insbesondere auch auf die SC. Sie nimmt den Spielern gleichsam ein Stück weit die Verfügungsgewalt über seinen SC.

Ich behaupte den Verlust an Verfügungsgewalt hast du sogar mit einer Kulisse. Außerdem geht es ohne gar nicht, weil irgendwas muss das Spiel ja zum Thema haben sonst müsstest du ja jederzeit alles spielen können.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: 1of3 am 22.11.2015 | 22:20
[...] aber viel wichtiger sind doch eigentlich die propagierten Verhältnisse zwischen den SCs und den NSCs (Sind Orks böse und bei Sichtung zu erschlagen? Dürfen künstliche Intelligenzen diese Bar betreten? Ist einer der SCs wegen seiner Nationalität in Gefahr als vermeintlicher Spion verhaftet zu werden?), weil die prägen sowohl die Abenteuer als auch die Reaktionen der Spieler.

Warum muss ich über die Boshaftigkeit bin Orks entscheiden, bevor Orks auftreten? Und wenn ich einen SC verhaftet sehen möchte, wird sich das regeln lassen. Er ist schließlich $Nationalität.

Du verwendest Setting offenbar zur Risikoabschätzung, für strategische Planung. Alles optional.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: D. Athair am 23.11.2015 | 01:20
Ich behaupte den Verlust an Verfügungsgewalt hast du sogar mit einer Kulisse. Außerdem geht es ohne gar nicht, weil irgendwas muss das Spiel ja zum Thema haben sonst müsstest du ja jederzeit alles spielen können.
Ja, durchaus. Wobei mir diese reductio zu weit geht. Da verschwimmt alles; bis dahin, dass wir auf einmal bei der Erkenntnis sind, dass sich auch die Regeln auf das Thema auswirken (nicht umgekehrt!) und auch die Regeln die Vorstellungsmöglichkeiten der Spieler einschränken.


Also zurück zu den wesentlichen Unterschieden: Eine Welt kennzeichnet, dass sie den Charakteren Handlungsimperative aufzwingt, welche die Spieler annehmen müssen. Ob und welche Imperative die Charaktere umsetzten oder nicht, hat in der Spielwelt Konsequenzen.
1of3 hat das mit "Regeln" ganz treffend beschrieben. Kurz gesagt ist die Welt - anders als die Kulisse - keine Bühne, auf der die SC mit allem, was ihnen begegnet, frei interagieren können. Die SC müssen sich vielmehr in einer Umgebung, die an sie Forderungen oder die sie vor vollendete Tatsachen stellt, zurechtfinden.  [Ich suche noch weiter nach griffigen Beispielen.]
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: 1of3 am 23.11.2015 | 09:57
Ich würde das noch ein bisschen anders formulieren. Die Regelhaftigkeit von Setting bindet nicht SCs. Wie alle Regeln betrifft sie das Handeln der Leute am Tisch. Es geht zunächst mal, um die Frage, welche fiktiven Inhalte zulässig und erwünscht sind.

In diesem Sinne ist Setting in klassischen Spielen vor allem Regel für die SL. Tatsächlich hat die SL häufig kaum Regeln außer Setting.

Dass sich Leute mittels vereinbartem Setting quasi durch die Blume unterhalten können, ist schon der nächste Schritt. Spannend ist, dass diese Beobachtung anderer Handlungen hier meist gar nicht hinterfragt, bei Mechanismen aber häufig als böses Metagaming verurteilt wird.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Blechpirat am 23.11.2015 | 10:48
Ich würde das noch ein bisschen anders formulieren. Die Regelhaftigkeit von Setting bindet nicht SCs. Wie alle Regeln betrifft sie das Handeln der Leute am Tisch. Es geht zunächst mal, um die Frage, welche fiktiven Inhalte zulässig und erwünscht sind.

In diesem Sinne ist Setting in klassischen Spielen vor allem Regel für die SL. Tatsächlich hat die SL häufig kaum Regeln außer Setting.

Dass sich Leute mittels vereinbartem Setting quasi durch die Blume unterhalten können, ist schon der nächste Schritt. Spannend ist, dass diese Beobachtung anderer Handlungen hier meist gar nicht hinterfragt, bei Mechanismen aber häufig als böses Metagaming verurteilt wird.
Eigentlich sind die SL-Moves in pbtA genau das: Genreanweisungen für den SL (unterfüttert mit SL-Anweisung, die genreunabhängig sind). Das empfinde ich als Gewinn im Erkenntnisbereich und als Gewinn für den SL, der jetzt nicht mehr sei eigenes Gefühl für ein Genre nutzen muss, um für sich selbst Handlungsmaximen zu entwickeln.

Und umgekehrt etwas, was mir inzwischen massiv fehlt, wenn ich "klassische" Systeme sehe, die auf ein bestimmtes Genre zugeschnitten sind.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: Joyride am 23.11.2015 | 11:28
Wenn man die eingangs unterstellt Definition von Kulisse verwirft,
Zitat
sehen cool aus und bilden einen farbenfrohen, interessanten Hintergrund
kann man Setting als echte Teilmenge von Kulisse betrachten. Dann gibt es keine harte Trennung, sondern einen fließenden Übergang, je nachdem wie stark die Spieler und der SL mit der Kulisse interagieren.
Beispielhaft wird aus der generische Kulisse von 1of3 irgendwann ein Setting.
Zitat
Warum muss ich über die Boshaftigkeit bin Orks entscheiden, bevor Orks auftreten?
Treten die Orks auf, wird Ihre Boshaftigkeit festgelegt oder parametrisiert und bildet für künftige Begegnungen ein Regelgerüst.
Titel: Re: Setting: Welt oder Kulisse
Beitrag von: D. Athair am 23.11.2015 | 13:15
Ich würde das noch ein bisschen anders formulieren. Die Regelhaftigkeit von Setting bindet nicht SCs. Wie alle Regeln betrifft sie das Handeln der Leute am Tisch. Es geht zunächst mal, um die Frage, welche fiktiven Inhalte zulässig und erwünscht sind.

In diesem Sinne ist Setting in klassischen Spielen vor allem Regel für die SL. Tatsächlich hat die SL häufig kaum Regeln außer Setting.
Dem würde ich zustimmen. Ich hatte die Spielerperspektive und damit die zulässigen, bzw. erforderlichen Handlungen für die SC deswegen besonders herausgestellt, weil hier in der Praxis gern mal Probleme am Spieltisch entstehen. Der Spielleitung sind die mit dem Setting verbundenen Regeln meist deutlich klarer als dem ein oder anderen Spieler. Probleme entstehen gern dann, wenn das Spiel in einer Welt auf einen Spieler mit dem Postulat "mein SC gehört mir" aufeinander treffen.
Aber ja: Alles was ich oben schrieb gilt natürlich auch für NSC und die Möglichkeiten die die Spielleitung beim Ausspielen derselben hat. Darum schrieb ich weiter oben auch häufiger von "Charakteren". Da sind NSC ausdrücklich mitgemeint.

Eigentlich sind die SL-Moves in pbtA genau das: Genreanweisungen für den SL (unterfüttert mit SL-Anweisung, die genreunabhängig sind). Das empfinde ich als Gewinn im Erkenntnisbereich und als Gewinn für den SL, der jetzt nicht mehr sei eigenes Gefühl für ein Genre nutzen muss, um für sich selbst Handlungsmaximen zu entwickeln.
Ohne (bisher) pbtA-Spiele gespielt zu haben, sehe ich ebenfalls einen großen Wert in den SL-Moves. Wobei diese Moves aber sowohl das Spiel mit Kulisse als auch mit Welt unterstützen. Oder anders: Die Moves sind gemischter Natur. Manche beziehen sich konkret auf die Spielwelt, andere sind Genreanweisungen, die auch mit Kulisse funktionieren.

Wenn man die eingangs unterstellt Definition von Kulisse verwirft, [...] kann man Setting als echte Teilmenge von Kulisse betrachten. Dann gibt es keine harte Trennung, sondern einen fließenden Übergang, je nachdem wie stark die Spieler und der SL mit der Kulisse interagieren.
Ich würde da nicht nur fließende Übergänge ausmachen, sondern das anders beschreiben: Auch eine Kulisse kann weltenartige Anteile haben und anders herum.
Beispiel: Rokugan (L5R). Würde ich grundsätzlich als Welt verstehen, hat aber einige Anteile, die eher kulissenhaft aufgezogen sind, bzw. eher so genutzt werden. Das betrifft z.B. die Clans, bzw. ihre Stereotypen: Mächtige Shugenja => Phoenix, grobschlächtige Krieger gegen die Finsternis => Crab, ... So genutzt sind die Clans Kulisse. Wenn die Clans als Regionalmächte, die zumindest theoretisch alle einem Kaiser unterstehen, ... aufziehe, dann beginne ich den Clan weltenhaft aufzuarbeiten. Im Spiel ist beides möglich und die Kaufabenteuer nutzen Clans mal so mal so.

Vielleicht kann man den Unterschied von Kulisse und Welt auch so beschreiben:
Kulissen haben, bzw. bekommen im Spiel ... Funktionen für einen sich entwickelnden Plot.
Welten sind Enitäten, die aus sich und aus der Interaktion der SC mit ihr Plot entwickeln.
Die Herangehensweise, wie und woraus sich eine "Story" entfaltet, entscheidet sich mit daran, ob man von einer Welt ausgeht oder ob man lieber Kulissen nutzt.