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Pen & Paper - Rollenspiel => Pen & Paper - Allgemein => Thema gestartet von: Dreamdealer am 15.02.2016 | 15:55

Titel: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Dreamdealer am 15.02.2016 | 15:55
Durch die aktuelle Diskussion über einen Theorie-Artikel, die offensichtlich die Gemüter ein wenig erhitzt, habe ich mich an meinen Anfangseindruck
im Tanelorn erinnert. Damals fand ich das ganze Theorie-Gedönse furchbar versnobbt und konnte wenig damit anfangen. Die Neugier hat mich dann
doch mal den ein oder anderen Artikel lesen lassen und einiges hat auch tatsächlich Sinn gemacht. Ich denke durch den ein oder anderen Artikel hat
sich mein Leitstil verbessert.

Jetzt lese ich den Beitrag über einen Blogger, der wohl nicht die gleiche Meinung hat, wie einer "unser" Theoretiker (von gibt es ja den ein oder
anderen im Forum) und frage mich, warum erhitzt es die Gemüter so sehr? Warum interessiert es mich nicht, was irgendein Mensch am anderen Ende
eine Keyboards über RPGs sagt? Und die eigentliche Frage um die es gehen soll in dem Thread - besonders im Hinblick auf meine Einleitung.

Sind Rollenspiel-Theorie-Experten die besseren Spielleiter? Also hilft oder hindert das Theoriewissen am Spieltisch?



Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Luxferre am 15.02.2016 | 15:59
Danke, Du hast mir den Thread aus dem Mu... Den Tasten genommen. Chapeau  :d
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Ludovico am 15.02.2016 | 16:07
Wieso sich jemand über einen anderen am Computer erhitzt?
Keine Ahnung, findet man aber bei fast allen Themen, die im Internet diskutiert werden.

Mein persönlicher Eindruck und Erfahrung ist, dass die Theoretiker eher den Hang haben, zu verkopft zu sein, um gute SLs abzugeben.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: angband am 15.02.2016 | 16:08
das ganze Theorie-Gedönse furchbar versnobbt

[...]

Ich denke durch den ein oder anderen Artikel hat sich mein Leitstil verbessert.
Ich denke, beides gilt auch für mich.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Achamanian am 15.02.2016 | 16:14

Mein persönlicher Eindruck und Erfahrung ist, dass die Theoretiker eher den Hang haben, zu verkopft zu sein, um gute SLs abzugeben.

Sorry, aber: klingt mehr nach Vorurteil als nach Erfahrung.
Meine Erfahrung waren z.B. großartige Tanelorn-Treffen-Runden bei 1of3.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: D. Athair am 15.02.2016 | 16:20
Für meine Begriffe hängt Theorie mit der Praxis so zusammen:

Theorie, Erklärungsansätze, Hypothesen, genaue Beobachtung und Beschreibung werden dann notwendig, wenn sich neue Problemlagen auftun, die sich nicht mit den bekannten Herangehensweisen lösen lassen.

Vielleicht kann man die "Forge-Theorie" darauf zurückführen, dass die Frage aufkam, warum bei Vampire & Co. die eigentlichen Spielintensionen (Konflikt des SC mit der Bestie im Inneren) am Spieltisch nicht zum tragen kommen. Und weiter: Wo kommt Dysfunktionalität in Spielgruppen her? Warum "klappt" das gemeinsame Spiel in manchen Gruppenkonstellationen nicht?


Sind Rollenspiel-Theorie-Experten die besseren Spielleiter? Also hilft oder hindert das Theoriewissen am Spieltisch?
Solange theoretische und praktische Begabung nicht dasselbe sind, sind "Theorie-Experten" sicher nicht die besseren Spielleiter.
Wie überall sonst auch schaffen Theoretiker die Basis dafür, dass andere etwas besser tun können. Praktiker, die sich nie mit Theorie auseinandersetzen wiederum, haben nix davon und bleiben auf ihre ureigenen Ideen und Methoden limitiert. Kurz: Die "besseren Spielleiter" sind jene, die Theorie und Praxis wie selbstverständlich kombinieren können.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Maarzan am 15.02.2016 | 16:23
Theorie wäre erst einmal nur eine Suchen nach Mustern und antworten auf Fragen - typischerweise auf "Warum läuft das bei uns immer wieder schief".
Nur passieren solche Diskussionen meist nicht in einem akademischen isolierten Raum.

Gleichzeitig stehen jede Menge Leute (neben dem Wunsch ihre Art Spiele gut darstehen zu sehen) auch in Konkurrenz um Mitspieler und ggf. auch noch der Entwicklung der Szene oder zumindest ihres Systems.

Und dann wird eben ganz schnell aus Theorie mal Werbeauftritt oder politische Propaganda.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: 1of3 am 15.02.2016 | 16:30
Sind Rollenspiel-Theorie-Experten die besseren Spielleiter? Also hilft oder hindert das Theoriewissen am Spieltisch?

Wir können leicht erkennen, dass hier Möglichkeiten fehlen. Wenn "Theoretiker sein" und "gute SL" zusammen auftreten, könnte A zu B führen, B zu A oder beide von einer dritten Variable, z.B. allgemeine Intelligenz abhängen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Boba Fett am 15.02.2016 | 16:35
1. Sind Rollenspiel-Theorie-Experten die besseren Spielleiter?
2. Also hilft oder hindert das Theoriewissen am Spieltisch?

1. nicht automatisch, da es viele weitere Qualitäten gibt, die einen guten Spielleiter ausmachen.
2. prinzipiell hilft es, zumindestens schadet es wohl kaum (höchstens vorstellbar, dass man sich verzettelt, weil man sich, um der Theorie gerecht zu werden, selbst zu viel vornimmt)

Ich glaube, durch die Theorie kann man besser "was läuft schief, warum geht es schief und wie kann ich das vielleicht zukünftig vermeiden / verbessern" erörtern.
Ausserdem kann man sich Techniken aneignen, weil man sie erkennt und versteht.

Das Fehlen von Sozialkompetenz, darstellerischen Qualitäten, Organisationsvermögen, Motivation, Disziplin, Kreativität und ähnlichem wird ein gutes Maß an Theoriewissen aber auch nicht beikommen können.

Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: 1of3 am 15.02.2016 | 16:48
2. prinzipiell hilft es, zumindestens schadet es wohl kaum (höchstens vorstellbar, dass man sich verzettelt, weil man sich, um der Theorie gerecht zu werden, selbst zu viel vornimmt)

Ein solches Verzetteln halte ich in der Tat nicht für ausgeschlossen, auch wenn ich mir so Themen im SL-Kanal anschaue. Da heißt es dann häufig: "Ich kann das nicht gut, wie mach ich das besser?" - Coaches würden wahrscheinlich eher empfehlen sich auf das zu konzentrieren, was man kann und es ggf. noch weiter zu perfektionieren.

Generell erkennen wahrscheinlich auch die meisten Berufstätigen, wie wenig ihre Praxis mit der formalen Ausbildung zu tun hat. Theorie wird - so behaupten zumindest einige Didaktiker - vor allem dann dienlich, wenn sie durch praktische Erfahrung verwunden ist. Es werden sich also Situationen einstellen, in denen auf einmal einzelne Teile der gelernten Theorie (also nicht die Theorie in ihrer Systematik) nützlich erscheinen, so dass sie dann integriert werden. Ebenso kann praktische Erfahrung durch Analyse zu theoretischen Impulsen führen, wobei aber die die vielfältige praktische Einbindung der Kompetenz verloren geht.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 15.02.2016 | 17:20
*Rainer Calmund - Stimme* "Kinder, et is sich doch janz einfach: de beste Aufstellung hilft nich, wenn der Trainer mit den Jungs nicht aufn Platz geht und trainiert, trainiert, trainiert. Un de dicksten Muskeln in de Beine helfen nix, wenn de nich weißt, wo de lang rennen sollst."
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Crimson King am 15.02.2016 | 17:26
Mein persönlicher Eindruck und Erfahrung ist, dass die Theoretiker eher den Hang haben, zu verkopft zu sein, um gute SLs abzugeben.

Wer sind denn "die Theoretiker"?

Meine Erfahrung ist, dass ein tiefer reichendes Verständnis von Abläufen jedweder Art den Umgang mit diesen Abläufen nur verbessern kann. Das Auseinandersetzen mit Rollenspieltheorie ist eine Möglichkeit dazu. Auf der anderen Seite wird es auch Leute geben, die einfach eine sehr hohe Begabung an den Tag legen, und es wird Spieler geben, die Ahnung von Theorie haben, in der Praxis aber versagen. Die wären allerdings auch ohne Theorie nicht besser.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Ludovico am 15.02.2016 | 17:40
Wer sind denn "die Theoretiker"?

Meine Erfahrung ist, dass ein tiefer reichendes Verständnis von Abläufen jedweder Art den Umgang mit diesen Abläufen nur verbessern kann. Das Auseinandersetzen mit Rollenspieltheorie ist eine Möglichkeit dazu. Auf der anderen Seite wird es auch Leute geben, die einfach eine sehr hohe Begabung an den Tag legen, und es wird Spieler geben, die Ahnung von Theorie haben, in der Praxis aber versagen. Die wären allerdings auch ohne Theorie nicht besser.

Zur Klärung für jene, die mich absichtlich falsch verstehen oder ihre Lesebrille vergessen haben:
Ich meine Leute, die sich stark mit der Theorie beschäftigen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: 6 am 15.02.2016 | 17:40
Sind Rollenspiel-Theorie-Experten die besseren Spielleiter?
Ich kenne sehr starke SLs die Theorieexperten sind, und ähnlich starke SLs die keine Theorieexperten sind. Genauso gibt es da einige SL-Pflaumen, die sich als Theorieexperten sehen und natürlich ähnliche SL-Pflaumen, die mit Rollenspieltheorie aber so garnichts am Hut haben.
Also ein klares Jain!
Zitat
Also hilft oder hindert das Theoriewissen am Spieltisch?
Meiner Erfahrung nach hilft es mehr. Du als Spieler oder als SL bekommst dadurch ne Menge Wissen, wie Du auf Probleme in der Runde reagieren, bzw. wie Du das Spiel mit der Gruppe verbessern kannst.
Natürlich ist das kein Selbstläufer.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Achamanian am 15.02.2016 | 17:47
Zur Klärung für jene, die mich absichtlich falsch verstehen oder ihre Lesebrille vergessen haben:
Ich meine Leute, die sich stark mit der Theorie beschäftigen.

Ich glaube ja, dass das, was ich bei deiner Aussage reininterpretiere - dass die Theorie den Blick auf die Praxis verstellt - durchaus auch mal zutreffen kann; oft vielleicht auch nur punktuell; ich kenn das ja auch von mir, dass ich jetzt einen neuen Ansatz unbedingt ausprobieren will und das Ganze dadurch verkrampft wird.
Das kann einem mit spezifischen Rollenspiel-Theorien sicher passieren. Es kann einem im Rollenspiel aber auch mit einem Charakterkonzept, einer Storyidee oder der Wahl eines Regelsystems passieren. Das Problem heißt aber schlicht Verbissenheit, die sich an allem festmachen kann, und hat nichts mit "Theoretikern" zu tun.

Und wie schon per PM gesagt: Ich glaube, solche Verbissenheiten und Verkopftheiten lassen sich oft sogar durch die Beschäftigung mit Theorie lösen. Wenn ich einmal (wie bei jeder ernsthaften Theoriebeschäftigung) die Vorstellung loslasse, bereits zu wissen, wie es richtig geht, dann ist schon viel für die geistige Flexibilität getan.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Swafnir am 15.02.2016 | 17:55
Ich denke es komt auf die Masse an. Ich muss sagen, ich hab bisher aber deutlich mehr Leute getroffen die Theorie nicht wollten, aber eigentlich gebraucht hätten, als umgekehrt. Ich weiß noch als wir einen Workshop auf der Con hatten. Die SL, die ihn am Dringendsten gebraucht hätten meinten einstimmig "brauch ich nicht, ich kann alles".  Es ist natürlich so, wenn ich jemanden hab, der vollgepumpt mit Theorie ist, aber nie oder selten leitet, dann wird es wohl auch nix. Theorie und Praxis gehören halt schon auch zusammen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Sethomancer am 15.02.2016 | 17:59
Je nach Situation kann zuviel Theorie der Umsetzung in die Praxis genauso schaden wie zuwenig theoretische Grundlagen. Das kommt dann sehr stark auf die Faktoren an wer das wunderschöne Hobby RPG mit wem auf welche Weise gemeinsam genießt. Ich persönlich beschäftige mich zwar gerne mit dem theoretischen Aufbau hinter derr Praxis finde aber auchg das manche Diskussionen dann doch zu feinkörnig und "verkopft" sind um mir praktisch mehr zu bieten als  Unterhaltungswert.
Ich denke das die Tiefe der Theorie in die man abtaucht nur bedingt mit praktischen Fähigkeiten zu tuen hat. Ist halt nur ein Bestandteil von vielen der einen guten SL ausmacht, der durchaus von anderen Faktoren kompensiert werden kann, bzw. durch Übertreibung kontraproduktiv werden kann.
Ein guter Praktiker kann halt das nötige Maß an Theorie bedarfsorientiert umsetzen ;D
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: am 15.02.2016 | 18:04
Einen Zusammenhang zwischen der Neigung zum rollenspielbezogenen Theoretisieren und der Qualität als SL kann ich nicht erkennen. Würde mich auch überraschen.

Deine Frage, weshalb der Beitrag die Gemüter so erhitzt, kann ich aber vermutlich ganz gut beantworten. In dem verlinkten Blogeintrag wird unter dem Deckmantel einer vorgeblich wertneutral-theoretisierenden Brille eine bestimmte Rollenspielpräferenz systematisch abqualifiziert. Tümpelritter fasst das sehr weise zusammen:

Das Problem scheint, wenn ich das richtig verstehe, nicht so sehr in der Argumentation zu liegen, sondern in einem möglicherweise damit verbundenen Anspruch, Storygames aus dem Hobby "auszuschließen". Also gewissermaßen eine Art von In-Group/Out-Group Richtlinie zu erstellen, und nicht eine hilfreiche Unterscheidung, um sich z.B. bei den Absprachen einer Spielrunde klar zu machen, in welche Richtung man eine konkrete Kampagne (Abenteuerserie usw.) spielen will.

Dass unterschiedliche Spiele unterschiedliche Schwerpunkte bedienen, auch in ihren Mechaniken, ist mMn nicht ganz von der Hand zu weisen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass man irgendeine Form idealtypisch allein zu Beschreibungszwecken als Storygames bezeichnet, selbst dann, wenn überhaupt kein solches Storygame empirisch nachweisbar ist, und die Merkmale des idealtypischen Storygames sich mehr oder minder gehäuft in allerlei Spielsystemen finden.

Was das "Ausschließen" aus dem Hobby angeht, so wäre dieser Versuch nach meinem Eindruck etwas übertrieben und wird wahrscheinlich seinen Zweck verfehlen.

Und wenn man dann die abqualifizierten Vorlieben aufweist, fühlt man sich halt angegriffen und bisweilen reagiert dann jemand entsprechend scharf.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: D. Athair am 15.02.2016 | 18:31
In dem verlinkten Blogeintrag wird unter dem Deckmantel einer vorgeblich wertneutral-theoretisierenden Brille eine bestimmte Rollenspielpräferenz systematisch abqualifiziert.
Das klingt so als wäre diese Interpretation zwingend. Ist sie aber nicht!
Das einzige was für diese Lesart spricht ist die Erfahrung, dass Abgrenzungsversuche zur Abqualifizierung benutzt wurden.
(Zum Beispiel als mit Vampires Storytelling-Ansatz das Dungeon-Crawl-Spiel schlecht gemacht wurde.)

In meinen Augen hat Theorie damit aber nicht grundsätzlich was zu tun.
Starke Reaktionen auf theoretische Gebilde sind aber generell nichts Ungewöhnliches.
Schließlich werden die Anlässe, die zur Theoriebildung führen, von manchen nicht als problematisch wahrgenommen oder die zugrunde liegenden Beobachtung gar als "falsch" beurteilt. Dazu kommt, dass sich manche allein durch das Vorhandensein von Theorien in ihrer (praktischen) Kompetenz zurückgesetzt fühlen.

... das wären meine Erklärversuche.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Lord Verminaard am 15.02.2016 | 18:36
Die beste Theorie macht aus einem Blindgänger keine Rakete.

Manch schlechte, schlecht verstandene oder falsch angewandte Theorie kann sogar aus einer Rakete einen Blindgänger machen.

Die wesentlichen Kompetenzen, die einen (für einen bestimmten Spielstil) zu einem guten Mitspieler oder SL machen, bringt man entweder mit oder eben nicht. Es kommt aber darauf an, sie richtig einzusetzen und Spielstil-Konflikte als solche zu erkennen.

Diskurs und Analyse können zu Erkenntnisgewinn führen, wenn die Fähigkeit zur Selbstkritik gegeben ist.

Die Leute, die sich bis zur Weißglut über Theoretiker aufregen, sind unausweichlich die, die sich angegriffen fühlen und spüren, dass was dran sein könnte. (Edit: Nachdem ich mal geschaut habe, was der ganzen Aufregung zugrunde liegt: Oder natürlich, andere Theoretiker. ;) )
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 15.02.2016 | 18:42
[...]
Die wesentlichen Kompetenzen, die einen (für einen bestimmten Spielstil) zu einem guten Mitspieler oder SL machen, bringt man entweder mit oder eben nicht. Es kommt aber darauf an, sie richtig einzusetzen und Spielstil-Konflikte als solche zu erkennen.
[...]
Elitist, elender!
Nur Spaß.
Aber die Aussage ist natürlich völliger Blödsinn. Oder wolltest du gar keine allgemeine Lernunfähigkeit des rollenspielenden Pöbels behaupten?  ::)
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Lord Verminaard am 15.02.2016 | 18:57
 
Aber die Aussage ist natürlich völliger Blödsinn. Oder wolltest du gar keine allgemeine Lernunfähigkeit des rollenspielenden Pöbels behaupten?  ::)

Sagen wir mal, ein bestimmter Spielstil setzt z.B. Empathie, Eloquenz, dramatisches Gespür, Humor und Kreativität voraus. Oder er setzt taktisches und strategisches Geschick, räumliches Vorstellungsvermögen, Cleverness und Kreativität voraus. Und jeder Spielstil setzt voraus, kein Arschloch zu sein. Inwieweit man diese Kompetenzen auch im fortgeschrittenen Alter, wenn man sie bis dahin nicht erworben hat, noch erwerben kann und ob man das überhaupt will, dazu habe ich keine fundierten Erkenntnisse. Im Hinblick auf das Thema dieses Threads war meine Aussage so gemeint, dass dabei jedenfalls keine Theorie hilft. Wohl aber dabei, diese Kompetenzen richtig (also so, dass man den Spielspaß der Mitspieler erhöht) einzusetzen, und Spielstil-Konflikte zu erkennen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 15.02.2016 | 19:08

Sagen wir mal, ein bestimmter Spielstil setzt z.B. Empathie, Eloquenz, dramatisches Gespür, Humor und Kreativität voraus. Oder er setzt taktisches und strategisches Geschick, räumliches Vorstellungsvermögen, Cleverness und Kreativität voraus. Und jeder Spielstil setzt voraus, kein Arschloch zu sein. Inwieweit man diese Kompetenzen auch im fortgeschrittenen Alter, wenn man sie bis dahin nicht erworben hat, noch erwerben kann und ob man das überhaupt will, dazu habe ich keine fundierten Erkenntnisse. Im Hinblick auf das Thema dieses Threads war meine Aussage so gemeint, dass dabei jedenfalls keine Theorie hilft. Wohl aber dabei, diese Kompetenzen richtig (also so, dass man den Spielspaß der Mitspieler erhöht) einzusetzen, und Spielstil-Konflikte zu erkennen.
Ok, da werden wir uns schon eher einig, vielleicht. Ich gehe davon aus, dass man fast alle wichtigen Fähigkeiten zum gut leiten lernen kann, zur Brillianz aber noch etwas dazu kommen muss. Einfach weil das bei fast allem so ist. Und Theorie kann einem Fingerzeige geben, an was man wie arbeiten könnte. Beispiel Kreativität: Das ist für viele Leute Thema gewesen bevor es unsere Rollenspiele auch nur gab. Es haufenweise nützliche Kreativitätstechniken, die inhaltlichen nichts mit dem konkreten Rollenspiel zu tun haben. Ich zähle das mal unter "Theorie" für unseren Zweck.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Maarzan am 15.02.2016 | 19:13
Die Theorie sollte bereits helfen diese bestehenden Vorlieben/Qualitäten identifizieren und benennen zu können und so eine kompatible Gruppe zu finden.

Wer über "du spielst falsch" hinaus kommt, hat eher eine Chance sich zu artikulieren und so Kompromisse oder passendere Mitspieler zu finden - vorausgesetzt Gamer-PC erlaubt dann nicht wieder nur alles unter "Einheitsrollenspiel" labeln zu dürfen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Teylen am 15.02.2016 | 19:54
Sind Rollenspiel-Theorie-Experten die besseren Spielleiter?
Ich sehe dort keine Korrelation.

Zitat
Also hilft oder hindert das Theoriewissen am Spieltisch?
Theoriewissen kann helfen wenn man es schafft es in einen sinnvollen Zusammenhang zur Praxis zu bringen.
Theoriewissen kann stören wenn man eine große Disonanz zwischen Theorie und Praxis feststellt und es nicht vermag zusammen zu bringen.

Bezogen auf Sprachen.
Wenn du eine Sprache theorethisch gelernt hast kann es u.U. dem Verständnis helfen wenn du das theorethische Wissen dazu nutzen kannst um Inhalte zu entziffern. In dem Fall hat sich das theorethische Studium sehr gelohnt.
Wenn du eine Sprache theorethisch gelernt hast kann es u.U. dem Verständnis entgegen wirken wenn du erwartest das die Sprache die theorethischen Regeln befolgt in der Praxis jedoch diese nicht erkennen kannst (aufgrund von Lautabweichungen, Dialekten). In dem Fall steht das theorethische Studium eventuell dem Lernerfolg entgegen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Dreamdealer am 15.02.2016 | 22:03
Witzig, entweder habe ich es überlesen, oder es hat tatsächlich niemand gesagt, dass ihm Theroie XY wirklich geholfen hat.
Oder das er durch das Beschäftigen mit Rollenspiel-Theorie besser geworden ist.  Es ist, wie zu erwarten, bei solch einer Frage,
mit dem treffenden Jain geantwortet worden. Hätte die Frage anders stellen sollen, daher würde ich gerne den Thread in eine
andere Richtung lenken.

Welche Theorie oder Aussage eines klugen Menschens hat euch als Spielleiter besser werden lassen?
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Maarzan am 15.02.2016 | 22:15
Dann mache ich das mal:
Bei uns ist eine Runde immer wieder nach ein paar Sitzungen zusammengebrochen und in fruchtlose Diskussionen ausgeartet.
Nach dem Lesen von GDS habe ich verstanden, was da nicht passte und konnte zumindest einen Teil der Mitspieler mit passenden Kompromissen ins Boot holen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Crimson King am 15.02.2016 | 22:32
Ich bin besser geworden, seit ich mich mit Rollenspieltheorie beschäftige. Ob da ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, kann ich nicht so gut beurteilen. Auf der anderen Seite sind diverse praxisrelevante Erkenntnisse der Rollenspieltheorie inzwischen weitgehend Allgemeingut. Die Erkenntnis, dass es unterschiedliche, gleichwertige Arten gibt, Rollenspiel zu betreiben, die Erkenntnis, dass alle Mitspieler die gleichen Erwartungen an die Runde haben sollten und dass das vorher explizit abgestimmt sein sollte, dass Mitspieler nominal gleichberechtigt sind und die Sonderrolle der Spielleitung eine rein regeltechnische ist, das alles war ja vor 10 bis 15 Jahren noch nicht so klar wie heute.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Nero am 15.02.2016 | 22:40
Die Erkenntnis, dass es unterschiedliche, gleichwertige Arten gibt, Rollenspiel zu betreiben, die Erkenntnis, dass alle Mitspieler die gleichen Erwartungen an die Runde haben sollten und dass das vorher explizit abgestimmt sein sollte, dass Mitspieler nominal gleichberechtigt sind und die Sonderrolle der Spielleitung eine rein regeltechnische ist, das alles war ja vor 10 bis 15 Jahren noch nicht so klar wie heute.
.

Natürlich ist das der Rollenspieltheorie zu verdanken. Mit gesundem Menschenverstand und alltäglicher Sozialkompetenz wäre das niemals möglich gewesen.
Und vorher gab es das ja auch gar nicht !!!
Ernsthaft... -.-
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Zarkov am 15.02.2016 | 22:49
Also, mir hat die Beschäftigung mit Rollenspieltheorie erheblich geholfen, nicht nur ein besserer Spielleiter zu werden, sondern auch auf Dauer Freude am Rollenspiel zu haben. Da verdanke ich den Herren Vincent Baker und Luke Crane so einiges, neben den ganzen anderen Forge-Leuten. „Gesunder Menschenverstand“ soll wohl heißen, das sei alles absolut offensichtlich und man mache sich die einfachsten Dinge nur unnötig kompliziert, aber bei Rollenspielen ist eben so einiges ganz und gar nicht offensichtlich oder einfach.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Runenstahl am 15.02.2016 | 23:00
Puh... nach 25+ Jahren Rollenspiel fällt es mir schwer zu sagen was genau mir geholfen hat.
Die wichtigsten Punkte für mich an die ich mich bewußt erinnere (das werden halt weniger je weiter sie in der Vergangenheit liegen):

1. Andreas Blumenkamps (Ulrich Kiesow) ironische Artikel in den Wunderwelten die mich darin unterstützt haben nicht zu railroaden.
2. Feng Shui (Robin D. Laws) das mir zeigte das man spannende Ideen der Spieler einfach auch mal belohnen kann statt sie durch übertriebene negative Modifikatoren zu bestrafen.
3. Gutes Spielleiten (auch Robin D. Laws) das mich darauf hinwies das eine unserer Mitspielerinnen einfach nur mit Freunden was gemeinsames unternehmen will und ich meine Zeit verschwende wenn ich versuche sie dazu zu bringen sich stärker ins Abenteuer einzubringen. Weil es halt gar nicht das ist was sie will.
Ebenfalls ein guter Tipp aus dem Buch: ruhig mal das einbauen was die Spieler erwarten bzw "brauchen" um Spaß zu haben. Auch wenn es gar nicht so geplant war.
4. Die "Let it ride" Regel aus Burning Wheel (Luke Crane). Sofern es nicht um Kampf geht gilt ein Wurf für eine Szene.
5. Ebenfalls aus Burning Wheel (Luke Crane). Die Regeln für soziale Konflikte. Insbesonder die "State your Case / Walking Away" Regeln die man sehr gut in jedem Rollenspiel anwenden kann und mir wirklich helfen soziale Konflikte für beide Seiten interessant zu gestalten.

Das ist erstmal alles was mir gerade einfällt. Grundsätzlich gab es da bestimmt unzählige weitere Dinge die mir geholfen haben besser zu werden. Am meisten natürlich die Spielpraxis. Hierbei finde ich fast das spielen als Spieler wichtiger als das Leiten. Als Spieler fallen mir meist unheimlich viele Dinge auf die mich stören und ich bemühe mich dann das selbst als SL besser zu machen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Runenstahl am 15.02.2016 | 23:16
Zarkov / Nero
In der Tat. Es hilft manchmal durchaus sich Dinge bewußt vor Augen zu führen die "eigentlich" offensichtlich sein sollten.

"Benutze das passende Arbeitsgerät" ist eigentlich gesunder Menschenverstand. Aber wenn man mal darauf achtet, so ertappt sich mancher Mensch doch dabei wie er versucht eine Schraube "mal kurz" mit dem Taschenmesser zu lösen und dann Minuten lang rumfummelt und flucht statt den Schraubendreher von nebenan zu holen. Oder im Krankenhaus liegt weil die Glühbirne mal eben vom wackeligen Stuhl aus gewechselt wurde (oder halt auch nicht) statt die Trittleiter zu benutzen. Oder versucht mit DSA-Regeln ein schnelles Pulp Setting zu bespielen oder mit Savage Worlds Regeln ein aus- und aufrüstungslastiges Setting mit fein gegliederten Fertigkeiten darzustellen (weil diese halt gerade die Lieblingsysteme sind).

Der "Gesunde" Menschenverstand setzt bei den meisten von uns halt oft genug aus ;)
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Luxferre am 16.02.2016 | 08:18
Natürlich ist das der Rollenspieltheorie zu verdanken. Mit gesundem Menschenverstand und alltäglicher Sozialkompetenz wäre das niemals möglich gewesen.
Und vorher gab es das ja auch gar nicht !!!
Ernsthaft... -.-

Gebe ich Dir recht.
Aber ...
Mir haben einige (wenige) Theorien wirklich weiter geholfen. Gerade Burning Wheel hat mir -siehe Runenstahl- extrem die Augen geöffnet.
Der Rest ist nice-to-read. Manchmal. Aber viele Theoretiker haben eine passive Agressivität als Grundtenor ihrer Ergüsse perfektioniert, die widerlich ist. Der Alexandrian ist da recht weit oben auf der Liste. Und deshalb sind die Reaktionen auf seine Schreibe auch so herb, und das ist einigen Leuten nicht bewusst.
Und mit Kritik an ihren eigenen Ergüssen sind die naturgemäß sehr zimperlich.
Das wirkt doppelt unsympathisch.

Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Dreamdealer am 16.02.2016 | 08:28
Puh... nach 25+ Jahren Rollenspiel fällt es mir schwer zu sagen was genau mir geholfen hat.
Die wichtigsten Punkte für mich an die ich mich bewußt erinnere (das werden halt weniger je weiter sie in der Vergangenheit liegen):
...
2. Feng Shui (Robin D. Laws) das mir zeigte das man spannende Ideen der Spieler einfach auch mal belohnen kann statt sie durch übertriebene negative Modifikatoren zu bestrafen.
3. Gutes Spielleiten (auch Robin D. Laws) das mich darauf hinwies das eine unserer Mitspielerinnen einfach nur mit Freunden was gemeinsames unternehmen will und ich meine Zeit verschwende wenn ich versuche sie dazu zu bringen sich stärker ins Abenteuer einzubringen. Weil es halt gar nicht das ist was sie will.
Ebenfalls ein guter Tipp aus dem Buch: ruhig mal das einbauen was die Spieler erwarten bzw "brauchen" um Spaß zu haben. Auch wenn es gar nicht so geplant war.
4. Die "Let it ride" Regel aus Burning Wheel (Luke Crane). Sofern es nicht um Kampf geht gilt ein Wurf für eine Szene.
5. Ebenfalls aus Burning Wheel (Luke Crane). Die Regeln für soziale Konflikte. Insbesonder die "State your Case / Walking Away" Regeln die man sehr gut in jedem Rollenspiel anwenden kann und mir wirklich helfen soziale Konflikte für beide Seiten interessant zu gestalten.
...

Die ersten zwei Punkte kann ich genauso unterschreiben, besonders den Punkt, dass nicht alle Spieler aus dem gleichen Grund spielen und andere Präferenzen haben, sollte zwar offensichtlich sein, fand ich für mich sehr spannend. 

Die beiden Burning Wheel Regeln hören sich interessant an - kannst Du die kurz ausführen? Denn genau solche Anregungen zu erhalten war mein Ziel.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 16.02.2016 | 08:41
.

Natürlich ist das der Rollenspieltheorie zu verdanken. Mit gesundem Menschenverstand und alltäglicher Sozialkompetenz wäre das niemals möglich gewesen.
Und vorher gab es das ja auch gar nicht !!!
Ernsthaft... -.-
Nur um das mal festzuhalten: Nein, den meisten Leuten wäre es das auf Anhieb nicht. Mit genug Zeit und Trial und Error hingegen lässt sich mit diesen Mitteln jede menschenmögliche Erkenntnis und Gesellschaftsverbesserung erreichen. Die menschliche Historie ist nichts anderes, selbst die kürzlich aufgekommene wissenschaftliche Methode lässt sich darunter subsummieren. Du argumentierst also entweder trivial oder verkennst die Sachlage. Welche übrigens in diesem Thread vor deiner Nase gerade illustriert wird. Es sei denn du hälst alle, die hier posten, für zurückgeblieben und sozial inkompentent.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Boba Fett am 16.02.2016 | 09:38
Meinen Beitrag oben möchte ich noch um einen Punkt ergänzen:

Diejenigen, die sich um die Theorie, um Techniken bemühen und sich dafür interessieren, versuchen, besser in dem zu werden, was sie da machen (Spielleitung).
Die anderen bleiben auf dem Status Quo ihrer Grundbegabung stehen, bei dem sie sind oder bewegen sich auf der Kompetenzleiter via Trial & Error aufwärts.
Sicherlich wird es auch kompetente Spielleiter allein durch ihre allgemeinen Kompetenzen geben.
Und genauso gibt es auch Spielleiter, die sich um Theorie bemühen und sie vielleicht sogar beherrschen, denen aber andere Kompetenzen abgehen und die deswegen einfach keinen besonders guten SpL abgeben.
Generell ist aber meistens derjenige, der sich bemüht, nicht stillzustehen, meistens im Vorteil.
Und ich finde, allein die Tatsache, dass man versucht besser zu werden ist schon ein gewisses Indiz für Qualität.
Und im Gegensatz dazu empfinde ich die (pauschale) Ablehnung von Optionen, durch die man sich verbessern könnte, stellt auch ein gewisses Indiz für die Qualifikation des betreffenden Spielleiters dar.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Runenstahl am 16.02.2016 | 09:51
Erklärung zu den Burning Wheel Regeln
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

PS: Schön ausgeführt Boba. Da stimme ich voll zu.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Grubentroll am 16.02.2016 | 09:54
Ich bin da ja komplett unbedarft von den Entwicklungen der Jahre vorher ca 2009 hier ins Forum gewankt, und muss sagen, dass es mich einerseits verwundert, mit welcher Verbissenheit Leute dieses Zeugs diskutieren können.

Aber andererseits hat es mir doch einige "Aha"-Momente beschert, wo ich mir erstmals erklären konnte, warum "DL2 - Dragons of Flames" einfach nur schiefgehen kann, und warum Günther sich am Spieltisch komplett anders benimmt als wie Ursula, obwohl wir grad alle D&D spielen.

Also, die Theorie an sich finde ich gut, die Theoretiker gehen mir bisweilen mit ihren Threads ein wenig auf den Senkel hier im Forum.

Allerdings schätze ich diese Theoretiker ansonsten sehr in den anderen Threads hier im Forum die nicht theorielastig sind. ;)
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Achamanian am 16.02.2016 | 09:56

Welche Theorie oder Aussage eines klugen Menschens hat euch als Spielleiter besser werden lassen?

Ich kann die meisten Sachen nicht auf konkrete Urheber zurückführen, sondern habe sie an mehreren Stellen mal gelesen, gehört - dazu gehören auf jeden Fall Dominic Wäschs "Spielleiten" und einige Texte von Greg Stolze. Jedenfalls habe ich mir als SL irgendwann mal folgende Punkte zu Herzen genommen und fühle mich beim leiten seither sehr viel wohler:

Das Spiel geht um die SC - gib Ereignissen, die von ihren Handlungen und Ambitionen ausgehen, prinzipiell den Vortritt vor von Außen an sie herantretenden Ereignissen.

Keine Planung überlebt den Kontakt mit der Gruppe - in Verbindung mit: Keine Planung ist vergebens, weil ein Großteil der Elemente IMMER später recycelt werden kann.

Sei nicht schlau; sei offensichtlich. Wenn es in deinem Szenario einen Twist gibt, darf es nicht entscheidend sein, ob und wann die Spieler ihn erkennen - ein Twist ist immer nur eine Dreingabe, niemals der Angelpunkt der Geschichte.


Inwiefern diese "Regeln" jetzt Theorie sind, sei dahingestellt, ich würde eher sagen, es sind Leitlinien, die aus der praktischen Erfahrung kommen, aber sicher nicht ohne theoretische Reflexion auf diese entstanden wären.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Crimson King am 16.02.2016 | 10:06
.

Natürlich ist das der Rollenspieltheorie zu verdanken. Mit gesundem Menschenverstand und alltäglicher Sozialkompetenz wäre das niemals möglich gewesen.
Und vorher gab es das ja auch gar nicht !!!
Ernsthaft... -.-

Ja, vorher gab es das vielerorts nicht.

Hinzu käme noch das ganze Stake-Resolution-Gedöns bzw. der ja aber-Ansatz, um Flaschenhälse und Blocker zu verhindern, gleichzeitig aber die Spannung hoch zu halten.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Achamanian am 16.02.2016 | 10:13
Ja, vorher gab es das vielerorts nicht.

+1

Vielleicht profitiert Nero ja von Rollenspieltheorie, ohne es zu wissen ...
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Crimson King am 16.02.2016 | 10:16
+1

Vielleicht profitiert Nero ja von Rollenspieltheorie, ohne es zu wissen ...

Nicht nur vielleicht. Viele Erkenntnisse, die in der Theorie gewonnen wurden, sind längst fest in der Praxis verankert.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Nørdmännchen am 16.02.2016 | 10:21
Theorie hat mein persönliches Spielerlebnis verbessert - eindeutig. Theorie hat meiner eigenen, begrenzten Selbstreflexion nach auch meine "SL-Fähigkeiten" verbessert. In dem Sinne, dass sich von mir angestrebte Spielerfahrungen zielsicherer einstellen. Allerdings ist die Frage für mich ganz schön komplex und der Weg von der Theorie zur Verbesserung hochgradig labyrinthisch. Die Unzahl und Verschiedenheit der ganzen Theorien und ihrer Denkschulen erschweren das zusätzlich. - Im Wesentlichen ist die Theorie dann hilfreich, wenn sie in der Spielpraxis Anstoß nimmt oder zumindest Antworten auf eine Frage aus der Spielpraxis anbieten möchte.

Ein Aspekt wäre mir dabei für die laufende Diskussion sehr wichtig: Die Wirkkraft der Theorie durch ihre Umsetzung im jeweiligen Spielsystem.

Meine Wahrnehmung:

Die trockenen, hermetischen Theorie-Artikel - die z.B. viel der Außenwahrnehmung der Forge prägen - nerven mich auch oft. Insbesondere, wenn sie nicht auf konkrete Systeme bezogen werden. Wenn die Forge mit ihrem Mantra des "system matters" eher als das wahrgenommen wird, was es sein wollte - nämlich eine Austauschplattform für Spielentwicklung - dann finden sich auch die gelungenen Früchte leichter. Selbst FATE (insbesondere Core und FAE) wären ohne deren indirekten Einfluss nicht so ausgefallen.
Die herausragende Leistung der "jüngeren" Rollenspieltheorien ist die großartige Reichhaltigkeit an unterschiedlichsten Spielen, die mir inzwischen zur Auswahl stehen. Das ist beileibe nicht nur Verdienst der Forge, sondern z.B. auch der skandinavischen Jeepform Szene und vieler einzelner Autoren.
Und grade dieser Reichtum hat mein Rollenspielen (und Leiten als Teil davon) enorm bereichert. Denn das System mattert, aber holla die Waldfee.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: bobibob bobsen am 16.02.2016 | 10:26
Die Theorie kann mir meine Handlungen bewußter macher und dadurch zu einem klareren Blick führen.
Man kann natürlich instiktiv vieles Richtig machen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: 1of3 am 16.02.2016 | 10:28
Welche Theorie oder Aussage eines klugen Menschens hat euch als Spielleiter besser werden lassen?

Das lumpley-Prinzip. System is the means by which we negotiate the contents of the shared imaginary space.

Never say no. / Say yes or roll dice. / Fail forward.

Ritual Discourse. Rollenspiel besteht über weite Strecken aus ritualisierten Aussprüchen und Handlungen.

IIEE. Intent, Initiation, Execution, Effect. Also wann genau in dem Ablauf passiert die Würfelprobe.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 16.02.2016 | 10:44
Das lumpley-Prinzip. System is the means by which we negotiate the contents of the shared imaginary space.
[...]
DAS finde ich mal schön und kurz zusammengefasst. Für die gleiche Einsicht brauche ich regelmäßig mehr Worte.

Ich habe auf jeden Fall viel über Ermittlungen gelernt, Three Clue Rule Design, was überhaupt interessant ist bei normalen erzählenden Ermittlungsgeschichten, dass jeder Charakter seine "Spotlight"-Bereiche hatund das Abenteuerdesign und die Spielleitung das reflektieren sollten. Plakativ sein, gerade wenn man improvisieren muss, weil sich jeder ein Bild von der Sitation in seinem Kopf bildet und das zumindest für die Funktionen des Spiels übereinstimmen sollte, welche an Erwartungen der Teilnehmer und darüber an Spielstil, Genre usw. geknüpft sind. Pacing.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Wellentänzer am 16.02.2016 | 11:24
Übrigens hat mir der Ansatz des "Never say no. / Say yes or roll dice. / Fail forward." auch beruflich weitergeholfen. Das Konzept des "ja, aber" empfinde ich als nutzenstiftende Zusammenfassung einer generellen Verhaltensempfehlung im "echten" Leben, die ich so vorher noch nicht kannte und auf die ich in verschiedenen Kontexten zurückgreife - ebenso wie das supergriffige "Railroading" als Beschreibung für das Beschneiden von Handlungsfreiheit oder das Vorgaukeln von Entscheidungskompetenz. Das Bild der Eisenbahn samt Schienen verstehen die Leute intuitiv sofort inklusive seiner mitunter unangenehmen Implikationen für die Befindlichkeit des Gegenübers.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Chruschtschow am 16.02.2016 | 11:40
Das geht in beide Richtung. Das Referendariat hat mir reichlich Moderationstechniken und Techniken zur Phasierung des Spiels geliefert.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Boba Fett am 16.02.2016 | 11:51
Witzig, entweder habe ich es überlesen, oder es hat tatsächlich niemand gesagt, dass ihm Theroie XY wirklich geholfen hat.

Hier! Mir!

Zitat
Oder das er durch das Beschäftigen mit Rollenspiel-Theorie besser geworden ist.

Öch! Hier! *wink*

Zitat
Welche Theorie oder Aussage eines klugen Menschens hat euch als Spielleiter besser werden lassen?

Oh je, konkret gefragt...
Lass mal nachdenken.

Aaaalso:
Laws Spielertypen haben mir sehr geholfen - zu verstehen, dass unterschiedliche Leute mit unterschiedlichen Inhalten glücklich gemacht werden können.
Und wem man was liefern sollte. Und zu verstehen, warum mir bestimmte Systeme (taktischer Scheiß) nicht zusagen.

Das Gulasch-Nudeln-Salat Konzept (GNS) hat mir eher gar nicht geholfen.
Aber daraus hab ich verstehen gelernt, dass meine Leute so GAR KEINEN Bock auf Drama haben.
Emotionale Zwiespälte und so. "Soll ich das Mädchen retten oder den Bus mit den Schulkindern...?"
Will bei uns keiner. Okay, Lerneffekt...!

"Spotlight-Time" ist etwas, was mir gezeigt hat, zu gucken, dass jeder seine 15 Minuten kriegen sollte
und dass Balance im Spiel nicht mit "wer hat die größte Knarre" sondern eben mit "wer kriegt die
entsprechende Aufmerksamkeit" zu tun hat.

Ansonsten hab ich mir eine Menge an Techniken angesehen und einige auch verinnerlicht.
"Scene Framing", "Flags nutzen und einbauen", "Fakten schaffen", "Beziehungsgeflechte", statt "Nein" lieber "ja, aber" sagen,
Kirk Prinzip anwenden, ...

Letztendlich war das "sich damit beschäftigen" aber eigentlich ein Prozess, der mir gezeigt hat, dass man sich Leute suchen muss,
mit denen das Rollenspiel wirklich Spaß macht, und die wirklich Spaß daran haben, was man macht.
Dass man denen liefert, woran sie Spaß haben und dass man drauf achtet, dass man auch das macht, woran man selbst Spaß hat.
Dass es "das perfekte System" nicht gibt, sondern dass man lieber nach dem Ausschluß-Prinzip alles wegstreicht, bis das "am geeignetste System" übrigbleibt...
Und daß man eigentlich ganz vieles richtig gemacht hat, wenn man abends zufrieden heimgeht und sich freut, was das für ein geiler Abend gewesen ist,
ohne abstrakt und verkopft auf Details zu schauen. Und wenn man mal doch "nein" gesagt hat oder die Spieler keine Fakten geschaffen haben,
ist das auch kein Beinbruch.
Irgendwas ist immer! Und das Leben ist zu kurz um sich mit jedem Scheiß zu befassen. Also Fokus auf das, was Spaß macht!
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Grubentroll am 16.02.2016 | 11:56
Hier sind ein paar tolle Posts in dem Thread, und auf dieser Seite speziell..

 :d
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Rorschachhamster am 16.02.2016 | 11:59
....
4. Die "Let it ride" Regel aus Burning Wheel (Luke Crane). Sofern es nicht um Kampf geht gilt ein Wurf für eine Szene.
....
Mit der sich Justin Alexander übrigens intensiv gerade auf seinem Blog beschäftigt hat...  ;)
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Crimson King am 16.02.2016 | 12:04
Jo, Scene Framing, Flag Framing, Player Empowerment, R-Maps sind alles Sachen, die ohne Rollenspieltheorie entweder nicht als allgemein bekanntes Konstrukt existieren würden oder zumindest deutlich weniger weit verbreitet wären.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Kriegsklinge am 16.02.2016 | 12:19
Ach, das ist doch wieder so eine ärgerliche "dumm fickt gut"- Debatte. Nachdenken über Rollenspiel kann die Spielpraxis verbessern, muss es aber nicht, logisch. Natürlich gibt es tausende von Menschen, die intuitiv wunderbar leiten und spielen können -- sonst würde das Hobby ja nicht funktionieren. Aber diese unterschwellige Haltung: "Da analysiert einer, was ich mache, das ist mir unangenehm/ich versteh´s nicht, also ist das bestimmt blöd", das nervt mich einfach. Ist es eine sinnvolle Analyse oder nicht? Kann ich was damit anfangen oder nicht? Hilft sie mir oder nicht? Das sollte man doch im Einzelfall entscheiden. Oder halt auch: Ich habe (jetzt gerade oder grundsätzlich) keinen Bock, meine Spielpraxis zu hinterfragen, hinterfragen zu lassen. Auch völlig legitim, kann es x verschiedene gute Gründe für geben. Ist doch einfach, dann den entsprechenden Bereichen des Internets zu entgehen. Aber diese grundsätzliche Analysefeindlichkeit ohne Ansehen des Inhalts verstehe ich einfach nicht.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: ErikErikson am 16.02.2016 | 12:23
Das ist IMO der Geschichte geschuldet. Früher haben sich diverse Spielstile, z.B. ARS oder Indiespiele oder was weiss ich bekämpft und die Leute haben sich damals auch schwer beldeidigt und was weiss ich und hassen sich bis heute.

Da kam dann auch oft das Argument: "Was du spielst ist kein Rollenspiel sondern Mist". Und wenn wer jetzt wieder sagt "Was du spielst ist kein Rollenspiel..." bekommt er aufs Maul.

Genauso wie wenn einer Railroading schreit, ein harmloses Konzept das aber durch jahre Anfeindereien aufgeladen is. 
 

Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 16.02.2016 | 12:26
[...] ein harmloses Konzept[...]
Weil es besser ist, fiktiven Figuren seinen Willen aufzuzwingen, als echten, nehme ich an?  ;) >;D
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: ErikErikson am 16.02.2016 | 12:30
Weil es besser ist, fiktiven Figuren seinen Willen aufzuzwingen, als echten, nehme ich an?  ;) >;D

Genau das habe ich oben angesprochen. Quais Godwins Law des Rollenspiels.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 16.02.2016 | 12:53
Genau das habe ich oben angesprochen. Quais Godwins Law des Rollenspiels.
Hm, sehe ich jetzt gerade nicht. Ich halte den Vorwurf "railroading" nicht für unwidersprechbare Keule, und meist auch nicht so gemeint. Aber ich meine mit raildoaing im engeren Sinne auch, dass der SL die Spieler auf einen bestimmten Handlungsweg zwingt, den er sich vorher recht genau zurechtgelegt hat (das Legen der Gleise). Explizit meine ich damit nicht, dass ein Abenteuer so designt ist, dass die Spieler ihren eigenen Lösungsweg finden können, bestimmte Situationen aber in der einen oder anderen Form stattfinden müssen (Flaschenhalsdesign). Jedenfalls wenn das eine logische Konsequenz der Ausgangssituation der Spielwelt ist und nicht durch Spielleitereingriff herbeigezwungen wird.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Bad Horse am 16.02.2016 | 12:56
Doch, der Begriff ist schon Godwin's Law: Sobald er in eine Diskussion geworfen wird, fangen wieder alle an, sich darüber zu streiten, was er denn nun bedeutet oder bedeuten könnte oder ob das böse oder okay oder toll sein könnte. Die Diskussion wird damit von der ursprünglichen Schiene geschubst, was immerhin vom Eisenbahn-Thema her wieder passt.

Wäre aber toll, wenn wir bei einer etwas allgemeineren Theorie-Diskussion bleiben könnten. Ansonsten können wir natürlich gern mal wieder einen Railroading-Faden aufmachen. Wir hatten dieses Jahr noch keinen.  :)

Will sagen: :btt:

Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 16.02.2016 | 13:07
Doch, der Begriff ist schon Godwin's Law: Sobald er in eine Diskussion geworfen wird, fangen wieder alle an, sich darüber zu streiten, was er denn nun bedeutet oder bedeuten könnte oder ob das böse oder okay oder toll sein könnte. Die Diskussion wird damit von der ursprünglichen Schiene geschubst, was immerhin vom Eisenbahn-Thema her wieder passt.

Wäre aber toll, wenn wir bei einer etwas allgemeineren Theorie-Diskussion bleiben könnten. Ansonsten können wir natürlich gern mal wieder einen Railroading-Faden aufmachen. Wir hatten dieses Jahr noch keinen.  :)

Will sagen: :btt:
Äh, lies Godwin's Law bitte nochmal nach und dann sag mir ob du dabei bleibst :)
aber stimmt, Back to Topic.
Beim Lesen von Campaign Mastery (http://www.campaignmastery.com/blog/) bin ich nicht jedes mal besser geworden, denke ich. Aber es hat mich auf eine Menge Denkanstöße gebracht, und denen nachzugehen hat mich sicher besser gemacht.
Edit: ICH habe nochmal nachgelesen und eventuell, ja, kann man das auch so verstehen. Ich ziehe das also zurück :)
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Ludovico am 16.02.2016 | 13:10
Railroading und Player Empowerement (Ok, hab ich schon aus 7te See, wo es nicht so genannt wurde) haben mir schon geholfen.
Und "Ja, aber" oder "Sag Ja oder lass rollen" haben mir den Wert eines klaren und eindeutigen "Nein" vor Augen geführt.
Ebenso das Konzept des Dienstleister-SL hat mir stark geholfen, mir über einiges bewusst zu werden und mich von diesem Konzept klar abzugrenzen.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Lord Verminaard am 16.02.2016 | 14:29
Ach, das ist doch wieder so eine ärgerliche "dumm fickt gut"- Debatte.

Haha Kriegsklinge gewinnt den Thread und ein Internet. :D
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Ludovico am 16.02.2016 | 14:47
Ach, das ist doch wieder so eine ärgerliche "dumm fickt gut"- Debatte.

Das soll sogar stimmen. (http://m.welt.de/print/wams/vermischtes/article147451345/Maenner-wollen-keinen-Gnadensex.html)
Zitat
Ein paar Klischees – wahr oder falsch? Dumm fickt gut.
Wahr. Reflexionsvermögen belastet sexuelle Begegnungen. Reflexion führt zu Scham- und Schuldgefühlen. Je weniger, desto besser.

 :P ~;D
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Achamanian am 16.02.2016 | 14:52
Das soll sogar stimmen. (http://m.welt.de/print/wams/vermischtes/article147451345/Maenner-wollen-keinen-Gnadensex.html)
 :P ~;D

OH mann, können wir bitte ganz schnell mit diesem Thema aufhören, bevor das hier wieder Speaker's Corner wird? Und ja, das ist eine Drohung. Sorry, aber bei Männer/Frauen/Meerschweinchen-Wollen-Mythen ist bei mir der Geduldsfaden gaaaanz schnell gerissen ...
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Bad Horse am 16.02.2016 | 15:11
Darum würde ich doch auch bitten. Danke.  :)
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 16.02.2016 | 15:12
OH mann, können wir bitte ganz schnell mit diesem Thema aufhören, bevor das hier wieder Speaker's Corner wird? Und ja, das ist eine Drohung. Sorry, aber bei Männer/Frauen/Meerschweinchen-Wollen-Mythen ist bei mir der Geduldsfaden gaaaanz schnell gerissen ...
...vor allem, wenn das das Einzige ist, was man aus dem verlinkten Interview mitnimmt. Das ist nämlich recht intelligent. Überspitzt: Dumm liest schlecht*

*nein, ich nenne Ludovico nicht dumm, der Scherz hat nur so gut gepasst. Genauso wie er sicher nur diese eine Aussage aus dem Kontext gerissen hat, weil ein Vollzitat nicht so lustig wäre.

Edit: Äh,ja, back to topic. ich habe nur gerade nix Neues.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Forlorn am 16.02.2016 | 15:20
Diese ewigen Diskussionen über gutes/schlechtes Leiten auf Basis diverser RPG-Theorien zerfasern das Hobby in unendlich viele Kleinteile.
Gut, man kann sich ein paar Gedanken über Psychologie machen. In erster Linie geht es beim Rollenspiel um menschliche Interaktion und deren grundlegende Prozesse zu verstehen, kann schon hilfreich sein, ist aber keinesfalls notwendig. Ich habe auch eine Zeit lang etliche Theorien mitgelesen und das endete darin, dass ich beim tatsächlichen Zocken viel zu verkopft war.

In erster Linie sollte es doch darum gehen, ein paar Bücher auf den Tisch zu knallen und gemeinsam einen tollen Abend mit einem Spiel (sic!) zu verbringen. Wie gut der Abend ist, entscheidet viel stärker die Gruppendynamik außerhalb des Spiels, als ein erfahrener SL.

Wenn in einem Starterprodukt stünde, dass der SL sich verschiedene Spielertypen merken muss, auf deren individuellen Bedürfnisse eingehen soll und dann auch noch über "Player-Empowerment" nachdenken sollte, dann würde doch jeder Neuling den ganzen Ranz frustriert in die Ecke knallen und lieber wieder auf Brettspiele umsteigen.

Heute nehme ich beim Leiten ein paar Ideen aus der Psychologie hinzu, achte dadurch mehr auf das, was ich den Spielern sage (und besonders, wie ich es sage) und dadurch sind die Spielrunden meiner Meinung nach etwas flüssiger und spannender geworden. Bräuchte ich die Theorie, damit es überhaupt erst möglich ist, einen tollen Spielabend zu haben? Nein, kein Stück.

Die wichtigste Erkenntnis aus 30 Jahren Rollenspieltheorie ist wohl, statt eines Plots lieber spannende Situationen zu entwerfen, deren Ausgang offen ist.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Chruschtschow am 16.02.2016 | 15:21
Übrigens empfinde ich diesen Thread als bestes Argument gegen die Unterscheidung in Storygame und Trve Rollenspiele, die im Nachbarthread diskutiert wird. Einige der Grundlagen lassen sich sicher nur in einigen Spielarten des Hobbies nutzen, wo man dann unter dem großen Überbegriff spezialisieren kann. Ein großer Teil ist aber für alles vom Figürchenschubser bis zum Beinahe-Impro-Spieler brauchbar.

@Forlorn:
Das ist halt der Unterschied zwischen Bolzplatz und richtigen(tm) Fußball. Der Bolzplatz macht wahrscheinlich irre Spaß. Ein paar Gedanken mehr eröffnen aber Handlungsoptionen, die man sonst vielleicht nicht hat. Das kann noch mehr Spaß machen, vielleicht auch nicht.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: KhornedBeef am 16.02.2016 | 15:30
Schön, dass meine Fußballrethorik auf Umwegen wieder auftaucht :)
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Forlorn am 16.02.2016 | 16:20

@Forlorn:
Das ist halt der Unterschied zwischen Bolzplatz und richtigen(tm) Fußball. Der Bolzplatz macht wahrscheinlich irre Spaß. Ein paar Gedanken mehr eröffnen aber Handlungsoptionen, die man sonst vielleicht nicht hat. Das kann noch mehr Spaß machen, vielleicht auch nicht.

Ja klar, aber ich kenne Keinen, der für das Leiten bezahlt wird wie ein Profifußballer. Und wie ernst der Fußball werden kann, sehen wir an den Schlägereien in der Peripherie, die im Bereich der Rollenspieltheorie allerdings derzeit nur verbal ausgefochten werden.

Ohne den Ernst einer beruflichen Tätigkeit bleibt dann im Hobby also nur noch Ehrgeiz und Perfektionismus. Ich hatte diese Phase im Rollenspiel vor einiger Zeit. Da habe ich mich unnötig darüber aufgeregt, wenn irgendeine Kleinigkeit in die Buchse ging. Das tat mir und den Spielrunden echt nicht gut.

Ich bin ein sehr verkopfter Mensch, aber in letzter Zeit genieße ich es auch oft, im Spiel mal abzuschalten und es einfach "passieren zu lassen". Ich finde, wir stellen viel zu große Erwartungen an das, was letztendlich am Tisch passiert.

Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Bad Horse am 16.02.2016 | 16:27
Die wichtigste Erkenntnis aus 30 Jahren Rollenspieltheorie ist wohl, statt eines Plots lieber spannende Situationen zu entwerfen, deren Ausgang offen ist.

Hey, du hast was mitgenommen. Dann war's doch gut, dass es da war. :)

Klar kann man sich zu sehr in die Theorie reinsteigern (ist mir auch passiert), aber ich glaube, irgendwann wird man gelassener und pickt sich die Teile raus, die einem gefallen und lässt den Rest unbeachtet.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Luxferre am 16.02.2016 | 16:33
Klar kann man sich zu sehr in die Theorie reinsteigern (ist mir auch passiert dito), aber ich glaube, irgendwann wird man gelassener und pickt sich die Teile raus, die einem gefallen und lässt den Rest unbeachtet.

Schönes Statement  :d
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Nørdmännchen am 16.02.2016 | 16:35
Hmmh, je mehr ich über die sexuelle Überlegenheit intellektuell defizitärer Zeitgenossen nachdenke, desto mehr merke ich, dass da tatsächlich eine wichtige Warnung für den Spieltisch drin steckt.

Theorie hat mein Spiel nämlich auch schon verschlechtert. Und zwar dann, wenn sie grade neu meine Hirngänge erreicht hatte. Ich will dann manchmal zu viel und hinterfrage jede SL-Aktion und -Reaktion meinerseits. (Zen-SL hat mir, trotz Staubschicht, tatsächlich auch viel gebracht.) Ich bremse meine Intuition, meine Spontanität und vor allem meinen Spielspaß. Sowas überträgt sich nur zu schnell auch auf die SpielerInnen.
Also ist die schönste Theorie nichts ohne einen Prozess der Übung, der die neuen Elemente von der Ratio in Richtung Intuition verschiebt. Das Problem ist, dass Übung und Ernstfall im Rollenspiel ein und dasselbe sind - es sei denn man spielt auch in Runden zum reinen Experimentieren (oder ordinärer: Üben). Den Luxus hatte ich vor einer Ewigkeit tatsächlich... schön war's...

Erinnerung an mich selbst: Theorie will durch Erfahrung verinnerlicht werden - und in dieser Phase ganz entspannt, unüberprüft und mit möglichst wenigst Konzentration belegt werden. Daher auch nicht zuviel neue Theorie auf einmal.

Als Aufruf an Theorie-Gegner erwächst allerdings auch: Gebt den Kleinen Zeit! Die brauchen Geduld und Zuwendung!
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Luxferre am 16.02.2016 | 16:40
Was hat mir der Therie-Exkurs verleidet?

Leider haben sich meine Ansprüche an das Spiel (nicht nur an mich selbst als SL oder Spieler) sehr verändert.
Früher war ich ganz klar einfacher zufrieden zu stellen.
Meine Erwartungshaltung ist recht deutlich gestiegen. Eigentlich schade, weil ich weniger entspannt losspiele.

Hört sich dramatisch an, ist aber nur ein kleiner Schritt auf einer großen Leiter ;-)
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Crimson King am 16.02.2016 | 16:41
Ja klar, aber ich kenne Keinen, der für das Leiten bezahlt wird wie ein Profifußballer.

Etwa 99% der Menschen, die sich mit Fußballtheorie beschäftigen, sind Amateure, die entweder Spaß daran haben, oder ausreichenden Ehrgeiz mitbringen, so dass sie bereit sind, den Aufwand auf sich zu nehmen, um dadurch besser zu werden.

Ich halte ja im Allgemeinen eher wenig von solchen Analogien, aber in diesem Fall sollte man davon ausgehen, dass die Motivationen für Spieler und Systemdesigner, sich mit Rollenspieltheorien zu beschäftigen, die gleichen sind, wie für Amateur-Vereinsfußballer und deren Trainer. Man muss sich darüber nur klar machen, dass "besser werden" in Rollenspielen schwer messbar ist und dass es in Rollenspielen üblicherweise nicht ums Gewinnen geht.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Lord Verminaard am 16.02.2016 | 17:51
Was ich sagen kann, ist, dass ich über die Beschäftigung mit Theorie und die Teilnahme am Diskurs der Forge und Forge-Diaspora (über einige Irrungen und Wirrungen) dazu gekommen bin, mich selbst und meine Spielerlebnisse zielführender zu reflektieren, meine Intentionen zu kennen und klar zu kommunizieren und auch – ja, das ist wichtig – das Geschehen am Spieltisch richtig zu bewerten, also was ist der wirkliche Grund, warum etwas in der Fiktion passiert oder woraus kann ich wirklich irgendwelche Ansprüche gegenüber meinen Mitspielern ableiten (Hinweis: eben nicht kraft Naturrecht aus der Tatsache, dass ich SL bin).

Ein tieferes Verständnis entwickelt man nicht, indem man irgendwo eine in einem Absatz zusammengefasste Theorie liest. Dazu ist intensivere Befassung nötig, aktive Teilnahme am Diskurs und vor allem Analyse von tatsächlich passierten Spielrunden (eigenen und fremden). Und unweigerlich stellt sich zunächst Verwirrung ein, ehe diese ggf. Durchblick weicht. Viele Theorien richten sich im Übrigen eher an Spiel-Entwickler, als an Spieler. Viele Schlussfolgerungen und Erkenntnisse kann man sich auch aneignen, ohne sich vertieft mit den dahinter stehenden Theorien zu befassen. Insofern würde ich nicht generell empfehlen, sich mit Theorie zu befassen, zumal die bestehenden Theorien gerade im Forge-Umfeld historisch gewachsen und alles andere als übersichtlich oder stringent sind.

Die ganz fundamentalen Einsichten, die ich durch meine Umtriebe als sogenannter "Theoretiker" neu gewonnen habe, könnte ich vielleicht – sehr verkürzt – wie folgt zusammenfassen:

Erstens, alles ist auf die am Spiel teilnehmenden Menschen zurückzuführen. Auf der fundamentalsten Ebene steht hinter allem, was passiert, ein Mitspieler und sein Handeln. Jeder ist für sein Handeln verantwortlich, und auf die Akzeptanz der Mitspieler angewiesen. Charaktere, Spielwelt und Spielregeln sind weder gottgegeben, noch Selbstzweck, noch kann auf ihrer Ebene ein Konflikt gelöst werden, der auf der Ebene zwischen den Menschen am Spieltisch besteht. Das geht nur durch direkte und offene Kommunikation zwischen Mitspielern.

Zweitens, für ein gelungenes Spielerlebnis ist entscheidend, dass die Gruppe sich – implizit oder explizit – über den Spielstil einig ist. Das heißt nicht Einseitigkeit, aber es heißt, dass alle am Tisch (für eine gegebene Runde) das gleiche wollen und gut finden. Das positive Feedback und die Wertschätzung der Mitspieler spielen eine entscheidende Rolle für den Spielspaß, weshalb es ein Irrweg ist, zu glauben, man könne Mitspieler mit ganz unterschiedlichen Interessen und Vorlieben in einer Runde vereinen, indem man nur einen "guten SL" hat, der jedem das gibt, was er will. Daraus folgt, dass vielen "Problemrunden" nur dadurch zu helfen ist, dass man sie auflöst.

Und drittens, wenn man besonders intensive und fesselnde Spielrunden erlebt, die einen komplett in ihren Bann schlagen und euphorisch zurücklassen, dann ist dafür der Inhalt der Fiktion verantwortlich und die Dynamik zwischen den Mitspielern, eine Kombination von Wollen und Tun im Grenzbereich des eigenen Könnens, was Psychologen "Flow" nennen. Der Begriff und die Idee der "Immersion" sind irreführend, und insbesondere ist der Gedanke irreführend, durch Verbote (kein OT, keine dummen Witze) diesen erhabenen Zustand erzwingen zu können. Generell lassen sich solche Erlebnisse nicht erzwingen, es lassen sich nur möglichst gute Voraussetzungen dafür schaffen (Auswahl der Mitspieler, Auswahl des Systems, Auswahl des fiktionalen Inhalts, störungsfreie Umgebung, Ausgeruhtheit/freier Kopf). Für die allermeisten Rollenspieler dürfte es unrealistisch sein, solche Erlebnisse für jede einzelne Spielrunde, die man spielt, anzustreben.

Der praktische Nutzen dieser Erkenntnisse ist enorm.
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: dunklerschatten am 16.02.2016 | 21:31
Erst mal Danke für das Thema  :d

Ich pers habe mich nur mal kurz mit dem Thema Rollenspieltheorien beschäftigt und schnell gemerkt das das im breitere Rahmen für mich letztlich zu RPG im Elfenbeinturm führt.
Es gibt sicher einige Perlen in dem ganzen Theriesumpf zu finden, aber da ewig und breit drüber zu schreiben habe ich noch nie verstanden.
Evtl bin ich auch nur zu pragmatisch und nicht "nerdig" genug um die Fazination für Theorien und die heißen Diskussionen darüber nachzuvollziehen

Imho kommt man ganz gut ohne die ganzen Theorien aus, hauptsache ist, das man innerhalb der RPG Gruppe offen und frei kommuniziert
Titel: Re: RPG-Theorien-Experten und die Praxis
Beitrag von: Dreamdealer am 17.02.2016 | 09:32
Sehr schöne Antwort Vermi, vielen Dank.  :d Deine Erkenntnisse kann ich so unterschreiben, wenn auch deutlich weniger eloquent.