Autor Thema: Die Rolle der Spielleitung [Sammlung]  (Gelesen 1696 mal)

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Offline D. Athair

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Die Rolle der Spielleitung [Sammlung]
« am: 17.01.2017 | 23:51 »
Zunächst die Zielbeschreibung: Hier soll gesammelt werden wie ihr leitet oder wie ihr in Abhängigkeit von Systemen oder Gruppenpräferenzen (dramaturgisches Spiel, Sandbox, ...) leitet. Das ganze geht ein bißchen in Richtung qualitative Datenerhebung und dient a) dem gegenseitigen Verständnis, b) kann möglicherweise helfen Präferenzen zu identifieren, zu gruppieren und zusammenfassen. Wichtig wäre: Wenn ihr verschiedene Spiele/Runden unterschiedlich leitet und diese beschreiben wollt, dann maacht das so, dass die Unterscheidbarkeit gegeben ist.

Über die Feiertage hatte ich ein paar Einfälle, die verschiedene Dimensionen von Präferenzen und deren (hierarchischen Aufbau) beschreiben sollen, das ist aber noch längst nicht spruchreif. Und eigentlich hab ich dafür gerade auch kaum Zeit.


Auslöser für das Thema konkret:
Wie kann ich mir ein SIM-System ohne die Goldene Regel vorstellen ?
Das, was passiert, muss für ALLE Spieler Sinn ergeben. GERADE hier kann man als SL nicht mit der "Goldenen Regel" arbeiten, sondern MUSS Konsens-Entscheidungen treffen.


Noch ein paar Fragen (zur Inspiration):
Wenn ihr z.B. euer Lieblingsspiel (welches?) - worauf kommt es an? Welche Bedeutung haben Setting, Regeln, Erzählung?
Was ist die Rolle der Spieler? Was müssen sie kennen, drauf haben? Wie sind sie an Setting, Regeln, Erzählung beteiligt? Welche Rechte und Pflichten haben sie da? Was sind wichtige SL-Techniken? Was ist auf keinen Fall anzuwenden? Ist Würfeldrehen erlaubt? Sind Battlemaps erwünscht? Welche Relevanz hat das, was tatsächlich auf dem Charakterbogen steht? Wer entscheidet darüber welche fiktionalen Inhalte erlaubt sind? Wer agiert in Bezug auf den Spielprozess/ die sich entfaltende Handlung - wer reagiert? Was bereitet ihr für einen Spielabend vor?
Was macht euch (als SL) einen Spielabend kaputt? Welche Werkzeuge zerstören das, was euch bzw. der Spielrunde wichtig ist?

Schreibt einfach, was euch wichtig erscheint.



WICHTIG: Hier geht es nicht um besser oder schlechter. Disputationen dazu haben wir genug. Geht einfach davon aus, dass das, was andere schreiben für sie bzw. ihre Runden funktioniert!! Diskussionen sollen hier NUR im Verständnis-Sinn stattfinden. Im Sinn von Rückfragen, Erklärungen, ggf. auch Gegendarstellungen - wenn das was andere schreiben für euch nicht funktioniert. Letzteres darf allerdings nicht in Grundsatzdiskussionen im Sinne von "das kann so gar nicht funktionieren" - "tut es aber" - "nein, weil ..." - "doch, weil ..." ausarten. Dann sind wir nämlich wieder beim hier ausgeschlossenen "besser-schlechter".
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Offline Maarzan

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Re: Die Rolle der Spielleitung [Sammlung]
« Antwort #1 am: 20.01.2017 | 14:58 »
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich die komplette Fragestellung erwischt habe, aber mal so als Anfang:

Ich verorte mich als Spieler wie als Spielleiter in der Weltsimulationsecke.
Das heißt ich versuche eine Sandbox zu erstellen, welche die Spieler dann aus der Position ihrer Charaktere erkunden können - eher klassisch also.
Die Grundrisse der Sandbox sind gesetzt, aber ich versuche beim Aufsetzen des Spiels die Spieler und ihre Vorstellungen so weit wie möglich vorher mit einzubinden und sie mit Hintergrundinfos zu ihren Figuren zu füpttern.
Die Größe des Ausschnitts aus dem größeren Setting, welches dann bespielt werden soll, wie auch die Enge der Vorgaben an die Spieler bezüglich des Charakterbaus, hängen dann von der zu erwartenden Spiellänge ab, der Stil an sich ändert sich aber nicht.

In der Regel benutze ich Rolemaster 2nd mit Hausregeln - nicht weil das Spiel perfekt wäre, aber weil ich es weitgehend beherrsche (oder zumindest beherrschte) und es recht robust ist bezüglich Ergänzungen und Umbauten.

Ein Zugeständnis an die meist auch vorhandenen gamistischen Spieler ist ein Rettungspunktsystem und das Einflechten von gelegentlichen, für mich sonst unnötigen "Auflockerungskämpfen" oder ähnlichen Aktionszenen für diese und ich achte etwas auf die relativen Charakterstärken bei der Erstellung.

Lücken oder Ungenauigkeiten in den Regeln gibt es sicher unvermeidlich immer wieder, wobei ich mich in den dazu fälligen Entscheidungen als Spielleiter der Spielweltkonsistenz/logik verpflichtet fühle.
Sollte trotzdem etwas weiteres schief laufen, so agiere ich nicht hinter dem Schirm, sondern spreche das offen an. Das kann dann z.B. zu einer Korrektur eines Würfelwurfs führen, wenn das allgemein abgenickt wurde, aber eben nicht heimlich.
Ähnliches gilt für Szenenübergänge - im Zweifel wird nachgefragt.

Am störendsten fand ich Spieler, welche komplett Schildkröte spielen (leider oft verständlich) oder völlig OOC Amok laufen (was ich als Arschlochverhalten werte, wie auch ein paar andere recht offene versuche durch extremes Verhalten das Spiel zu sprengen, um zu "beweisen", dass es so nicht geht und ein harter SL mit einer festen Linie der die Spieler an der Leine hält benötigt wird. )

In Summe. Ich bin ein Vorbereiter eines Experiments, welches dann mit Testkarnickel-SCs ausgetestet wird: Welt, Regeln, Situation bauen und dann schauen, wie sich das dann unter gewissen Randbedingungen und ggf Zielrichtungen der "Forschung" so schlägt.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Offline david2

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Re: Die Rolle der Spielleitung [Sammlung]
« Antwort #2 am: 21.01.2017 | 09:53 »
Also, Sätze wie:
"Ignorieren Sie jede Regel,die dem Spielspaß entgegen steht.",
"Es ist dem Spielleiter jederzeit erlaubt zu Handwedeln.",
"Den Spielern ist es verboten das Regelbuch zu lesen",
"Der Spielleiter hat immer Recht ",
sind für mich ein und dieselbe Soße.
Keiner dieser Sätze sagt meiner Ansicht nach aus: "Tyrannisiere deine Gruppe in dem Du grundsätzlich nur deine Ansichten gelten lässt, grundsätzlich keine Diskussionen zu lässt oder willkürlich die Regeln brichst um ein Gefühl der Ohnmacht und Willkür bei Deinen Spielern zu hinterlassen."
Grundsätzlich sollte es immer Ziel des SL im Konsens zu führen. Dazu muss mir die Gruppe aber auch klar sagen was sie will. Es ärgert mich beispielsweise, wenn ich bestimmte Dinge wie z. B. Regelfragen im Vorfeld absprechen möchte,dieses Thema auf Desinterresse und taube Ohren stößt, aber später dann im Spiel für Streit sorgt. 
Ich bin als SL nicht die Legislative der Gruppe - aber ich bin ihre Exekutive. Mein Job ist es dafür zu sorgen, das Absprachen, die im Konsens getroffen wurden, auch umgesetzt werden. Das fängt an bei der Terminplanung,betrifft Fragen wie die Wahl des Regelsystems, welche Charaktere sind zulässig etc.). Es kommt immer wider vor, das bei Absprachen ein Spieler seine Ohren auf Durchzug geschaltet hat, oder schlimmer noch: Er versucht seinen Willen der Gruppe aufzuzwingen,in dem er anfängt das Spiel zu sabotieren.

Die wohl wichtigste Aufgabe des SLs ist die Synchronisation der Immersion der einzelnen Spieler zu einem gemeinsamen Vorstellungsraum.
Dabei fällt mir ein Comic aus der Reihe Dork Tower ein,wo der Spieler denkt,das sein SC den Drachen frontal bekämpft,während ein anderer Spieler sich vorstellt wie sein SC den Drachen am Schwanz packt während der SL sich vorstellt,wie die SCs vor dem Drachen weglaufen.
Der SL schafft den Vorstellungsraum durch ein plausibles und genaues Schildern der Situation in der sich die SCs befinden. Natürlich ist auch hier Raum für Diskussionen,wenn die Schilderungen der Ansagen der Spieler widersprechen oder unplausibel sind. Aber letzten Endes ist kein Spiel möglich wenn nicht der größte Teil der Schilderungen des SL von den Spielern akzeptiert wird. Um dem SL hierbei Rückendeckung zu geben stand in den alten DSA-Regelbüchern der Satz:  "Der Meister hat immer Recht."
Man muss dabei bedenken, das Mitte der 80er Jahre,der Zeit aus der dieser Satz stammt, Rollenspiel etwas völlig Neues und Fremdartiges war. Die meisten Menschen kamen damals aus dem Brettspielbereich und denen musste erstmal klar gemacht werden das im Rollenspiel Regeln eine andere Funktion haben. Und dies am Besten durch eine Regel. 
Oder anders gesagt: Ein einzelner Spieler muss auch mal SL-Entscheidungen akzeptieren, die ihm nicht schmeckt.

Im SIM-Spiel ist der SL der Hüter der Spielweltkonsistenz.
Die Spielweltkonsistenz ist nicht die Realität.  Zum Beispiel gibt es in Pendragon keine Regel dafür wieviel Last ein SC tragen kann. Dies spielt im Spiel auch keine Rolle,da der Spieler in der Regel einen Adligen spielt, der immer einen Knappen oder ein Packpferd dabei hat. Die Spielweltkonsistenz ist etwas zu tiefst Relatives und viele der im Spiel möglicherweise auftretenden Konflikte werden durch Regeln nicht abgedeckt und der SL braucht daher die Möglichkeit des Handwedelns. Außerdem können im SIM-Spiel viele Umstände/Einflüsse auftreten,bei denen ein Regelmechanismus unpassend ist oder modifiziert werden muss.
Daher die Frage:
Zitat
Wie kann ich mir ein SIM-System ohne die Goldene Regel vorstellen ?

Ein weiterer Punkt ist,das  die Realität unter Umständen kontraproduktiv für die Spielweltkonsistenz ist.
Ein Kampfsystem, bei dem Schwerter,Äxte,Messer etc. nur nach Reichweite unterschieden werden und grundsätzlich schweren bis tötlichen Schaden anrichten ist zwar realistisch, aber für eine Exploration mit dem Ziel einer spannenden,actionreichen Kampfscene eher hinderlich. Bei einem solchen System wären die Kämpfe sehr schnell,und die Spieler sehr schnell frustriert.
Das Herantragen des Anspruchs des Realismus an System oder Spielleiter ist daher häufig unangemessen. Auf der anderen Seite brechen zu unrealistische/schlecht gebalancedte Regeln die Immersion. So muss in DSA 4.1  einem Steinewerfer,der eine 1x2 Meter große Fensterscheibe auf 8 Meter Entfernung mit einem Stein einwerfen möchte, ein Probe+17 gelingen.  Womit aventurische Fensterscheiben als einwurfsicher gelten dürften.   

Vom SL wird die Illusion von Fairniss erwartet.
Ein Brettspiel definiert Fairniss über seine Regeln,wo genau definiert ist, wann eine Regel zur Anwendung kommt. Fairniss ist beim Brettspiel klar über die Regeln verifizierbar.
Beim Rollenspiel ist Fairniss ein von allen Spielern,insbesondere durch den SL, anzustrebender Idealzustand. Wann eine Regelung zu Anwendung kommt, bestimmt in der Regel der SL. Fairniss ist im Rollenspiel häufig nicht verifizierbar - und daher eine Illusion.

Ich sehe hier bei die Illusion von Fairniss als Gemeinschaftaufgabe,die in erster Linie vom SL und dem Regelbuchator geleistet werden muss - aber auch von allen anderen Spielern.

Einige Dinge,wo Fairniss vom SL abhängt:
- Genaues Schildern der Situation der SCs,mögliche Einflüsse auf das Kampfgeschehen im Vorfeld eines Kampfes. Das heißt der SL sollte nicht Attoc während eines Kampfes erwähnen das es regnet und der Boden glitschig ist - sondern dies sollte den Spielern vor Beginn des Kampfes klar sein.
- Nicht ohne Notwendigkeit,ohne plausible Erklärung oder aus Bequemlichkeit vom Regelsystem abweichen.
- Plausible Gegner. Eine Räuberbande ist selten mit Schwertern sondern eher mit Knüppeln, Keulen, Stäben und Werkzeugen bewaffnet. Sie würden eine sichtlich schwer bewaffnete Heldengruppe nicht angreifen. Goblins würden eher versuchen eine Gruppe nachts zu bestehlen, als sie auf offenem Feld anzugreifen. Die wenigsten Gegner kämpfen bis zum Tode. Viele lassen sich auch ablenken oder durch Gebrüll verjagen etc.
  - Wenn plausible überraschende Effekte durch Spieleraktionen eintreten,die Spieler darauf würfeln lassen.
Die Liste lässt sich sicherlich noch erweitern...

Die Regeln sehe ich als Werkzeuge des SL. Die Tauglichkeit dieses Werkzeuges ist maßgebend, ob die Illusion von Fairniss hergestellt wird, oder ob sich die Spieler trotz des Könnens des SL gefrustet fühlen (siehe das Beispiel mit den aventurischen Fensterscheiben).
Bei gamistischen Systemen hat der SL unter Umständen die Position eines Schiedsrichters und ist somit dem Regelsystem stärker unterworfen.
In vielen anderen Fällen habe ich aber den Eindruck,das viele Spieler dem SL seinen Teil dieser Aufgabe nicht zutrauen oder dieser dabei versagt. Die Spieler suchen daher Schutz beim Regelsystem und erwarten, das sich der SL diesem voll und ganz unterwirft. Ich selbst spiele als Spieler in einer DSA4.1 Gruppe mit einem SL vom Typ Opponent. Ich kann es diesen Spielern nachempfinden, aber befridiegend ist doch eine solche Situation nicht - oder ?

Der SL sollte für Ordnung sorgen
Spätestens wenn ein Konflikt In-Charakter nicht mehr gelöst wird und Off-Character weiter geführt wird,sollte der SL schlichtend eingreifen oder einzelne Spieler zurecht weisen.


Wenn ihr z.B. euer Lieblingsspiel (welches?) - worauf kommt es an? Welche Bedeutung haben Setting, Regeln, Erzählung?
Ich spiele am liebsten DSA4.1. Ich liebe es als Spieler das Setting zu erkunden. Ich liebe auch Shadowrun und mag Pathfinder. Traveller würde ich zu gern mal kennen lernen.
Ich habe eine Vorliebe für Rules Heavy und mag es wenn das Spiel mir taktische Möglichkeien bietet.
Mir ist im Spiel eine detaillierte Immersion sehr wichtig.
Was ist die Rolle der Spieler? Was müssen sie kennen, drauf haben? Wie sind sie an Setting, Regeln, Erzählung beteiligt? Welche Rechte und Pflichten haben sie da? Was sind wichtige SL-Techniken? Was ist auf keinen Fall anzuwenden?
 Ich finde es toll wenn Spieler Umgangsformen drauf haben. Ein ehemaliger Mitspieler hat immer gesagt "Das finde ich aber jetzt aber unfair",wenn er etwas nicht verstand oder ihm nicht passte und hat dies so stehen gelassen. Es war damit dem Spielleiter überlassen, wann er darauf eingeht und der Spielfluss wurde nicht durch Diskussionen unterbrochen. Es ist manchmal auch ratsam das Vier -Augengespräch mit dem SL zu suchen,anstatt die offene Diskussion. Als Spieler gilt für mich die Regel: Solange ich in meiner Spielweise nicht eingeschränkt werde, geht mich die Spielweise der anderen nichts an. Spieler brauchen ein dickes Fell. Viele Systeme legen es durch Rassenzugehörigkeit,Attribute wie schlechte Eigenschaften oder Nachteilen darauf an,das es Spannungen zwischen den Charakteren gibt,die auch ausgepielt werden. Erfahrene Spieler wissen,wie sie das zu nehmen haben - bei Anfängern kann es zu Problemen kommen.
Was nicht geht ist, als SC die Gruppe zu hintergehen. Dies kann einen Nachhaltigen Vertrauensverlust bei Mitspielern verursachen, der lange nach wirkt.
Spieler sollten sich bemühen,die Regeln,die ihren SC betreffen mit der Zeit lernen !

Was macht euch (als SL) einen Spielabend kaputt? Welche Werkzeuge zerstören das, was euch bzw. der Spielrunde wichtig ist?
 Spieler,die das Spiel sabotieren. Spieler,die sich Aufführen,als hätten sie für dieses Event bezahlt. Spieler,die versuchen bei DSA irgendwelche gamistischen Ansprüche durchzusetzen/einzufordern, die weder das System noch ich als SL leisten kann





Offline Runenstahl

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Re: Die Rolle der Spielleitung [Sammlung]
« Antwort #3 am: 21.01.2017 | 10:38 »
Lieblingsspiel: Zur Zeit PbtA. Aber im Grunde ist es egal was ich leite solange die Gruppe (einschließlich SL) mit den Regeln gut klarkommt. PbtA hat den Vorteil das jeder Spieler alle Regeln vor sich auf dem Heldendokument hat. Das erspart lästige "ich guck mal kurz in den Regeln nach" Momente. Grundsätzlich habe ich inzwischen auch einfach keine Lust mehr auf Regeldiskussionen. Da ziehe ich einfache Systeme mit klaren Regeln ohne Zig Ausnahmefälle vor.

Das Setting hat nur insofern Bedeutung als das alle Bock drauf haben sollten. Sonst macht es natürlich keinen Sinn. Grundsätzlich bespielen wir alle möglichen Settings.

Als SL suche ich mir aus was ich anbiete. Ich kann keine Kampagne leiten auf die ich keinen Bock habe. Anders herum kommt auch keine Runde zustande wenn es keine Spieler gibt die diese Kampagne spielen wollen. Da muß man etwas finden woran beide Seiten Spaß haben. Spaß im Sinne von "Will ich spielen". Das muß nicht lustig sein.

System- und Settingunabhänging sind die Spieler bei uns immer an der Erzählung beteiligt. Hin- und wieder gibt es mal ein Abenteuer das tatsächlich wie erwartet abläuft. Das ist aber eher die Ausnahme. In der Regel machen die Spieler unvorhersehbares und das ist gut so.

Wichtige SL-Techniken: Meine wichtigste Regel ist Konsistenz. Man kann als SL vieles machen solange es den Spielern logisch und nicht willkürlich erscheint. Und man sollte den Spielern Erfolg zugestehen. Das muß nicht heißen das ihnen alles immer sofort gelingt, aber wenn ihre Ideen stets scheitern macht das keinen Spaß. Die beiden wichtigsten Regeln sind also Konsistenz und ein Erfolgsgefühl bei den Spielern. Und Atmosphäre. Als SL in der Lage zu sein die Atmosphäre eines Settings rüberzubringen zu können ist unbezahlbar wichtig. Also die drei wichtigtsten Dinge sind Konsistenz, Erfolgsgefühl und... wartet. Unter den Dingen die als SL wichtig sind, sind solche Elemente wie... ach. Damn. Ich fang nochmal von vorne an...

Agieren und Reagieren ist eigentlich ein ständiges Wechselspiel. Als SL beschreibe ich erstmal die Situation und die Spieler reagieren darauf indem sie ihre Aktionen / Ziele / Vorhaben beschreiben... auf die dann wieder der SL reagiert.

Es gibt ein paar Dinge die für mich einen Spieleabend kaputt machen können:
- Schlechte Vorbereitung vom SL. Klar kann nicht alles vorhersehen was die Spieler machen. Aber eine gewisse Abenteuer-Grundlage sollte der SL schon mitbringen. Zumindest bei uns haben reine "Sandkasten" Kampagnen nie funktioniert sondern es war immer besser wenn zumindest ein paar Abenteueranreize vorgegeben werden.
- Spieler die "Cheaten" (in welcher Form auch immer, ganz besonders jedoch wenn es gegen andere Spieler geht)
- Spieler alle anderen stören/ablenken sobald sie selbst mal eine Minute lang nicht im Mittelpunkt stehen

Oh, einen habe ich noch: Hin- und wieder fangen Spieler an viele Fragen zu stellen... offenbar mit der Absicht sich eine Grundlage für eine Aktion zu erstellen. Das unterbreche ich dann mit einem "Worauf willst Du hinaus, was ist dein Ziel ?". Meine Spieler vertrauen mir genug um zu wissen das ihre Ideen oft genug angenommen werden um mir dann direkt zu antworten. Hilft enorm um den Spielfluß zu waren.
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Online Weltengeist

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Re: Die Rolle der Spielleitung [Sammlung]
« Antwort #4 am: 21.01.2017 | 11:02 »
Das ist jetzt sicherlich noch ein wenig unstrukturiert, aber ich haue hier mal rein, was mir spontan so einfällt. Vielleicht überarbeite ich das im Laufe der nächsten Tage nochmal.

Präferierter Spielleiterstil
  • Old-School-mäßige Trennung zwischen Spielleiteraufgaben (Aufgabenstellung, Spielwelt, NSCs) und Spieleraufgaben (SCs).
  • Herausforderungsorientiertes Spiel, aber ohne Vorgabe oder Vorüberlegung, WIE die Herausforderung zu lösen ist.
  • Kein Würfeldrehen. Herausforderungsorientiertes Spiel heißt auch, dass Dinge schiefgehen können. Als SpL bin ich fair und im Zweifel auf Seiten der Spieler. Erfolge der Gruppe sind aber echte Erfolge und nicht nur eine Illusion, die durch Schummeln vermittelt wird.
  • Kein Railroading. Ich überlege mir vorher einen möglichen Verlauf der Handlung, bin aber völlig offen (bis hin zum kompletten Umstricken der Geschichte), wenn die Gruppe etwas anderes macht. Das ist ganz wichtig - die Spieler haben völlige Handlungsfreiheit! Wenn sie die aber nicht nutzen, dann gestalte ich den Handlungsverlauf.
  • Möglichst gleicher Raum für Rollenspiel und Action (und innerhalb der Action nicht nur Kampf).
  • Ich ziehe es vor, wenn die Spieler die Handlungen ihrer Figuren wirklich beschreiben / ausspielen, und vergebe dafür Boni. Introvertierte Spieler sollten daher möglichst keine extrovertierten SC spielen.

Regeln
  • Die Regeln sollten Kampf, Skills und Rollenspiel gleichermaßen unterstützen.
  • Die Regeln sollten so übersichtlich wie möglich sein. Komplexe Regelsysteme kann ich mir nicht merken, und die Auseinandersetzung damit macht mir auch keinen Spaß.
  • Die Regeln sollten halbwegs detaillierte SC-Beschreibungen zulassen, dennoch sollte das Erstellen von NSCs schnell durchführbar sein.
  • Regeln bitte aus einem Guß, verschont mich mit Regelbänden, die andere Regelbände abändern o.ä.
  • Kämpfe sollten nicht zu lang dauern, außerdem sollte die Mechanik nicht von der Vorstellbarkeit ablenken. Bewegungspläne helfen, Tickleisten (Splittermond) oder Spielkarten (Warhammer 3rd) nicht.
  • Lieblingsystem: Ubiquity.

Setting/Kampagne
  • Setting: Schwierig. Eigentlich mag ich Settings mit ausgeprägtem eigenem Charakter am liebsten, aber da in den meisten Gruppen Leute sind, die sich damit nicht intensiv beschäftigen mögen, ist das in er Praxis meist nicht umsetzbar. Der Traum bleibt aber.
  • Kampagne: Auch schwierig. Viele Spieler lieben es, ihre Figuren über Jahre hinweg zu spielen. Mich dagegen überkommt meist nach einer Weile die Sehnsucht nach Abwechslung. Meist gewinne ich.

Vorbereitung
  • Ich bemühe mich um gründliche Vorbereitung, habe aber auch gelernt (gut!) zu improvisieren, wenn ich mit der Vorbereitung nicht fertigwerde oder die Dinge am Spieltisch nicht so laufen wie gedacht.
  • Aus Zeitgründen häufig "Kaufabenteueranpasser": Inspiration aus dem, was andere schreiben, wird an eigene Gruppe angepasst.
  • Habe aber auch schon Gruppen geleitet, in denen die Handlung sich komplett aus der Vorgeschichte und den Handlungen der SC ergab.
  • Typische Vorbereitung: Handlungsskizze in Szenenform (bei freiem Spiel stattdessen NSC-Pläne und mögliche Ereignisse), NSC-Beschreibungen und -Werte, Schauplätze, gelegentlich Regelwiederholung
  • Nemesis bei der Vorbereitung: Alles, was mit Regeln zu tun hat (NSC-Werte etc.). Daher entwickle ich NSC-Werte häufig, indem ich einfach existierende NSCs oder Monster "umetikettiere" (Echsenmensch verwendet Werte von Ork usw.).

Verhältnis innerhalb der Gruppe
  • Inzwischen spiele ich nur noch mit Leuten, die ich auch zum Grillen einladen würde. Das Menschliche muss unbedingt stimmen.
  • Vertrauen innerhalb der Gruppe (und ganz besonders gegenüber dem SpL) ist unabdingbar. Auch Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit sind zwei Punkte, ohne die ich nicht gut klarkomme.
  • Wichtige Entscheidungen (Was wollen wir spielen? No-Gos? SC-Tod?) werden gemeinsam getroffen.
  • Ich kann als SpL damit leben, dass Spieler sich zwischen den Runden wenig engagieren (keine Regeln lernen, keine Vorgeschichte schreiben etc.), aber nicht damit, dass sie sich am Spieltisch nicht engagieren. Je weniger ein Spieler beiträgt, desto eher muss er aber akzeptieren, dass ich Vorgaben (bzgl. Regeln etc.) mache.
« Letzte Änderung: 21.01.2017 | 15:37 von Weltengeist »
"Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat." (Juli Zeh, Unterleuten)

Spielt derzeit: The Wild Beyond the Witchlight (Savage Worlds - Prismeer), Troubleshooter (Savage Worlds - Starfinder)
In Vorbereitung: -

Offline Chruschtschow

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Re: Die Rolle der Spielleitung [Sammlung]
« Antwort #5 am: 21.01.2017 | 12:24 »
Im Großen und Ganzen kann ich das unterschreiben, was Weltengeist beschreibt.

Einige der Sachen ergeben sich ganz von allein, wenn ich mich als Spielleiter als "Fan meiner Spieler". "Make everyone around you look awesome" ist für alle Spieler aber gerade die SL eine ausgezeichnete Prämisse. Das heißt nicht, dass ich die SC nicht vor Probleme stelle oder Niederlagen ausschließe. Klar sind die drin, denn oft ist die Niederlage des einen SC auch ein Sieg des anderen. Es geht halt darum, dass ich mir meine SC anschaue, gucke, was sie toll können, spiele das an und versuche die Herausforderungen so zu gestalten, dass die Leute triumphieren oder in Größe scheitern können.

Die Ausrichtung des Spiels auf die Stärken der SC finde ich da als Aufgabe der SL ganz wichtig. Die Spieler teilen damit zum einen mit, was sie spielen wollen, wenn sie schon die Punkte der Charaktergenerierung auf einen Schwerpunkt schieben. Die SC zum anderen werden sich eher der Probleme annehmen, die auch in ihr Gebiet fallen. Wenn kein SC "Fahren" als Fertigkeit hat, sollte ich darauf achten nicht allzu viele Verfolgungsjagden einzubauen und mich darauf einstellen, dass die Spieler Himmel und Hölle in Bewegung versetzen, das zu umgehen. Und dafür muss ich als SL offen sein. (Und gleichzeitig kann ich bei SL, die so völlig losgelöst von den SC ihr Abenteuer durchziehen, oft die Wände hochgehen. Ich werde dann auch echt unleidig. ;))

Mein großes Problem sind Spieler, die dann einfach rum dümpeln oder als Teflon-Billys daher kommen. Ich improvisiere gerne und ausgiebig, brauche dann aber auch Spieler-Input. Und die Teflon-Billys gehen noch, wenn sie wenigstens proaktiv sind. Aber wenn die sich auch noch verschanzen? Da schlummer ich als SL irgendwann weg *Gähn* ;)
« Letzte Änderung: 23.01.2017 | 15:40 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

Rollenspiel in und um Paderborn - Die Rollenspielergilde e.V. - www.rollenspiel-paderborn.de

Offline Issi

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Re: Die Rolle der Spielleitung [Sammlung]
« Antwort #6 am: 2.04.2017 | 19:47 »
@
Weltengeist
Sehe ich ähnlich
@
david2
Zitat
Ein Brettspiel definiert Fairniss über seine Regeln,wo genau definiert ist, wann eine Regel zur Anwendung kommt. Fairniss ist beim Brettspiel klar über die Regeln verifizierbar.
Beim Rollenspiel ist Fairniss ein von allen Spielern,insbesondere durch den SL, anzustrebender Idealzustand. Wann eine Regelung zu Anwendung kommt, bestimmt in der Regel der SL. Fairniss ist im Rollenspiel häufig nicht verifizierbar - und daher eine Illusion.

Ich würde sagen eine "Brettspiel-Fairniss"ist nicht gegeben, die wäre tatsächlich eine Illusion,falls die jemand erwartet.
Stattdessen hat man "Rollenspielfairniss".Das ist auch Fairniss, aber eine, die etwas anders funktioniert.
So fair wie möglich, trifft es ganz gut.- Das heißt nicht dass es hundertprozent Fair ist oder sein kann, aber doch dass man sich um eine relative Fairness bemüht.
Eben eine die auf die Rollen und die Spieler Rücksicht nimmt.