Autor Thema: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch  (Gelesen 6896 mal)

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Offline Lord Verminaard

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Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« am: 15.05.2017 | 19:05 »
Nachdem gerade der nächste Railroading-Thread implodiert, möchte ich den Begriff hier in diesem Thread nicht lesen. Ich meine es ernst! Wer das R-Wort sagt, muss ohne Abendessen ins Bett!

Was die Gemüter bei jenem Thema so hoch schlagen lässt, ist der empfundene Mangel an Fairness und Aufrichtigkeit. Das ist das, worum es eigentlich geht, und dafür gibt es viele Beispiele, das kann nicht nur vom SL ausgehen, sondern auch von Mitspielern, und das kann auch andere Ziele haben, als einen bestimmten Handlungsverlauf durchzudrücken, z.B. (verbreitet) zu „gewinnen“, jemand anderem eins auszuwischen, das letzte Wort zu behalten, das eigene Ego zu pflegen, usw. usf.

Eine wirklich harmonische Runde hast du dann, wenn Fairness und Aufrichtigkeit ganz selbstverständlich vorhanden sind und auch von allen Beteiligten gleich empfunden werden. Dabei ist Aufrichtigkeit wichtiger als Fairness: Fehler passieren, d.h. nicht jede Entscheidung, nicht jeder Vorgang wird immer fair sein, aber wenn die Absichten dahinter gut und ehrlich sind und die Mitspieler das auch erkennen, oder sogar, ohne es im Einzelfall erkennen zu können, den Vertrauensvorschuss geben, wird ein Fehler im Einzelfall leicht vergeben.

Dann wird es auch möglich sein, dass ein SL eine Entscheidung widerruft, weil die ganze Gruppe sagt, nee, passt irgendwie nicht. Es wird möglich sein, dass ein Spieler mit einer SL-Entscheidung nicht einverstanden ist, der Rest der Gruppe ihm aber bestätigt, dass die SL-Entscheidung okay ist, und er a) seine Meinung ändert oder b) seine Meinung nicht ändert, sich aber trotzdem der Mehrheit beugt, ohne Groll. Oder es wird möglich sein, dass ein SL sagt, mea culpa, hab ich jetzt gerade schlecht gelöst aber will ich jetzt auch nicht zurück drehen, machen wir nächstes Mal besser, okay?

Ein Vertrauensvorschuss macht einem hier das Leben sehr viel einfacher, deshalb ist es m.E. sinnvoll, zu Beginn einer neuen Runde den Mitspielern zunächst einen Vertrauensvorschuss zu geben. Verlangt man hingegen anfangs für alles und jedes eine Erklärung/Rechtfertigung, wird das Spiel holprig und es drohen Konflikte in Bezug auf Geheimnisse, insbesondere SL-Geheimnisse. Deshalb müssen alle Beteiligten darauf achten, dass der Schaden von Geheimnissen nicht den Nutzen überwiegt, gerade in frischen Runden, wenn die Aufrechterhaltung der Geheimnisse droht, zu einem Vertrauensverlust zu führen.

Fairness hat immer auch etwas mit der Interpretation der Fiktion zu tun, man kann sie nie davon losgelöst betrachten. Eine Gruppe, die kein gemeinsames Verständnis dafür hat, was in der Fiktion gerade passiert und welche Dinge möglich, welche wahrscheinlich, welche unmöglich sind, wird nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen, was Fairness angeht. Das eine ist von dem anderen nicht zu trennen.

Aufrichtigkeit, gute Absichten, das bezieht sich zunächst mal ganz banal darauf, ein gutes Spielerlebnis für alle haben zu wollen. Insofern ist der Spielstil, das Spielziel, indirekt von großer Bedeutung, weil natürlich die besten Absichten nichts nützen, wenn man von unterschiedlichen Prämissen ausgeht. Das hat in der Vergangenheit zu vielen, verhängnisvollen Missverständnissen geführt. Aber darauf sollte man es nicht reduzieren, denn unabhängig vom Spielziel kann jemand unaufrichtig sein, kann sich auf Kosten anderer profilieren wollen, kann es auf eine Machtprobe anlegen, kann irgendwas beweisen wollen, was in der Runde eigentlich gar nichts zu suchen hat, kann es gar (aus welchen Gründen auch immer) darauf abgesehen haben, die Runde zu stören, Mitspieler zu kränken, zu provozieren oder vorzuführen, und alles, was die Palette schlechten menschlichen Benehmens noch so hergibt.

All das gilt wohlgemerkt für jeden Mitspieler, nicht nur für den SL, auch wenn der SL es natürlich am Leichtesten hat, den anderen die Runde zu versauen. Aber jeder andere Mitspieler schafft das auch, wenn er sich etwas anstrengt. Wenn man hingegen als SL aufrichtig und fair ist, dann ist es ziemlich egal, ob man ein Abenteuer leitet, das nur aus Orts-, Personen- und Monsterbeschreibungen besteht, oder eines, das wie ein linearer Handlungsverlauf aufgeschrieben ist.
« Letzte Änderung: 15.05.2017 | 19:09 von Lord Verminaard »
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Offline Issi

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #1 am: 15.05.2017 | 19:18 »
Mal eine Frage: Was ist denn das Ziel dieses Stranges?
Möchtest Du verschiedene Meinungen zu diesem Thema lesen?
Oder worum geht es Dir?

Offline Lord Verminaard

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #2 am: 15.05.2017 | 19:23 »
Naja, ich hatte einen Gedanken, der mir mitteilenswert erschien, also habe ich ihn aufgeschrieben. Wenn keiner was dazu schreibt, ist der Zweck schlussendlich auch erfüllt, ich freue mich aber über Meinungen, Beispiele, Fragen, Ergänzungen... was man halt in so einem Thread so macht. Hauptsache, keiner redet über das R-Wort! ;)
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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #3 am: 15.05.2017 | 19:26 »
Ich vermute, du wirst da wenig Widerspruch ernten.  ;)
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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #4 am: 15.05.2017 | 19:30 »
Danke für den Thread.

Ich kann alles so unterschreiben. Einzig zu ergänzen wüsste ich bei deinem Abschnitt zur Fiktion, dass man dies m.E. genauso auch hinsichtlich der Regeln sagen kann. Ohnehin sind Fiktion und Regeln nur begrenzt zu trennen. Es hängt eben alles miteinander zusammen. Ich finde es kommt sehr gut heraus, dass es bei Fairness und Aufrichtigkeit nicht nur um das soziale Miteinander geht (auf der Meta-Ebene), sondern auch darum, wie man das Spiel tatsächlich spielt und handhabt, Fairness also tatsächlich in der Spielebene stattfindet mit allem, was dazu gehört.

Vieles kann ich auch ganz konkret an eigenen Erfahrungen und Spielerlebnissen nachvollziehen. Du hast mir da echt aus der Seele gesprochen, weil ich gerade auch einen ganz akuten Fall von fehlender Fairness erlebt habe und sich nach und nach herausstellt, dass da unterschiedliche Prämissen am Werk sind, die für mich in Frage stellen, ob ich in der Spielrunde überhaupt ein für mich faires Spielerlebnis haben könnte.

Ich erlaube mir, den Post im Best of :T: Thread zu verlinken.
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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #5 am: 15.05.2017 | 19:31 »
Am Ende läuft es doch darauf hinaus:

Redet miteinander - und zwar vorzugsweise rechtzeitig und offen. (Was natürlich auch ein gewisses gemeinsames Vokabular erfordert.)
Was sich natürlich nur für den gut anhört,der nicht glaubt offen seine Interessen nicht durchsetzen zu können.
(Und es so im Interesse dieser liegt wenn es schon Diskussionen gibt, das Wasser ob der von ihnen geplanten Eigenmächtigkeiten durch vorsätzliches Herbeiführen von Sprachwirrwar zu trüben)

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Offline Rhylthar

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #6 am: 15.05.2017 | 19:44 »
Zitat
Deshalb müssen alle Beteiligten darauf achten, dass der Schaden von Geheimnissen nicht den Nutzen überwiegt, gerade in frischen Runden, wenn die Aufrechterhaltung der Geheimnisse droht, zu einem Vertrauensverlust zu führen.
Ich kenne zwei Abenteuer, die deshalb wohl besser nur mit einer Gruppe gespielt werden sollten, die sich wirklich vertraut. Hier insbesondere die Spieler dem SL.

Edit:
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« Letzte Änderung: 15.05.2017 | 20:02 von Rhylthar »
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline Lord Verminaard

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #7 am: 15.05.2017 | 19:57 »
Am Ende läuft es doch darauf hinaus:

Redet miteinander - und zwar vorzugsweise rechtzeitig und offen. (Was natürlich auch ein gewisses gemeinsames Vokabular erfordert.)
Was sich natürlich nur für den gut anhört,der nicht glaubt offen seine Interessen nicht durchsetzen zu können.

Nee, eigentlich nicht. Sondern es heißt, seid aufrichtig, seid fair. Und wenn sich dann noch Leute mit gleichen Interessen zusammenfinden, dann muss auch gar keiner seine Interessen "durchsetzen". Reden kann nur helfen, Missverständnisse zu vermeiden, mehr nicht.
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Offline Issi

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #8 am: 15.05.2017 | 20:06 »
OK
Zitat
Nachdem gerade der nächste Railroading-Thread implodiert, möchte ich den Begriff hier in diesem Thread nicht lesen. Ich meine es ernst! Wer das R-Wort sagt, muss ohne Abendessen ins Bett!
Alles klar
Zitat
Was die Gemüter bei jenem Thema so hoch schlagen lässt, ist der empfundene Mangel an Fairness und Aufrichtigkeit. Das ist das, worum es eigentlich geht, und dafür gibt es viele Beispiele, das kann nicht nur vom SL ausgehen, sondern auch von Mitspielern, und das kann auch andere Ziele haben, als einen bestimmten Handlungsverlauf durchzudrücken, z.B. (verbreitet) zu „gewinnen“, jemand anderem eins auszuwischen, das letzte Wort zu behalten, das eigene Ego zu pflegen, usw. usf.
Auf jeden Fall
Zitat
Eine wirklich harmonische Runde hast du dann, wenn Fairness und Aufrichtigkeit ganz selbstverständlich vorhanden sind und auch von allen Beteiligten gleich empfunden werden. Dabei ist Aufrichtigkeit wichtiger als Fairness: Fehler passieren, d.h. nicht jede Entscheidung, nicht jeder Vorgang wird immer fair sein, aber wenn die Absichten dahinter gut und ehrlich sind und die Mitspieler das auch erkennen, oder sogar, ohne es im Einzelfall erkennen zu können, den Vertrauensvorschuss geben, wird ein Fehler im Einzelfall leicht vergeben.
Ich würde als wichtigstes gegenseitigen Respekt und Wertschätzung sehen. Undzwar unabhängig vom Spieltisch.- Dort erst geht es mMn. um Fair oder Unfair. Respekt fängt viel früher an
Zitat
Dann wird es auch möglich sein, dass ein SL eine Entscheidung widerruft, weil die ganze Gruppe sagt, nee, passt irgendwie nicht. Es wird möglich sein, dass ein Spieler mit einer SL-Entscheidung nicht einverstanden ist, der Rest der Gruppe ihm aber bestätigt, dass die SL-Entscheidung okay ist, und er a) seine Meinung ändert oder b) seine Meinung nicht ändert, sich aber trotzdem der Mehrheit beugt, ohne Groll. Oder es wird möglich sein, dass ein SL sagt, mea culpa, hab ich jetzt gerade schlecht gelöst aber will ich jetzt auch nicht zurück drehen, machen wir nächstes Mal besser, okay?
Fehler eingestehen funktioniert am Besten wenn jeder ein gesundes Selbstwertgefühl sein Eigen nennt. Es gibt jedoch auch erwachsene Menschen die das nicht besitzen, und Fehler deshalb zu kaschieren suchen. Bzw. nicht die Fähigkeit besitzen verlieren zu können. Bei solchen Mitspielern wird es schwer an die Aufrichtigkeit zu appellieren.-Weil für sie eben bedeuten würde Fehler vor anderen einzugestehen. Etwas was ein schwaches Selbst evtl. als unzumutbare Kränkung empfindet.
Zitat
Ein Vertrauensvorschuss macht einem hier das Leben sehr viel einfacher, deshalb ist es m.E. sinnvoll, zu Beginn einer neuen Runde den Mitspielern zunächst einen Vertrauensvorschuss zu geben. Verlangt man hingegen anfangs für alles und jedes eine Erklärung/Rechtfertigung, wird das Spiel holprig und es drohen Konflikte in Bezug auf Geheimnisse, insbesondere SL-Geheimnisse. Deshalb müssen alle Beteiligten darauf achten, dass der Schaden von Geheimnissen nicht den Nutzen überwiegt, gerade in frischen Runden, wenn die Aufrechterhaltung der Geheimnisse droht, zu einem Vertrauensverlust zu führen.
Das mit dem Vertrauensvorschuß sehe ich ähnlich, allerdings sollte man auch nicht zu lange zögern Sachen aufzudecken die man als störend empfindet. Die persönlichen Grenzen innerhalb einer Gruppe werden am Anfang relativ früh festgesteckt. Und schlimmsten Falls bekommt man einen Platz zugewiesen, der einem nicht gefällt oder es schleifen sich durchs Verschweigen Dinge ein, die einem nicht gefallen. Und je länger man es duldet desto schwerer wird es mMn. die Grenzen neu zu stecken

Zitat
Fairness hat immer auch etwas mit der Interpretation der Fiktion zu tun, man kann sie nie davon losgelöst betrachten. Eine Gruppe, die kein gemeinsames Verständnis dafür hat, was in der Fiktion gerade passiert und welche Dinge möglich, welche wahrscheinlich, welche unmöglich sind, wird nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen, was Fairness angeht. Das eine ist von dem anderen nicht zu trennen.
Ich würde sagen, dass Fairness auch unabhängig von der Fiktion existieren kann. Voraussetzung sind eigenes Selbstwertgefühl und Respekt für die anderen.

Zitat
Aufrichtigkeit, gute Absichten, das bezieht sich zunächst mal ganz banal darauf, ein gutes Spielerlebnis für alle haben zu wollen. Insofern ist der Spielstil, das Spielziel, indirekt von großer Bedeutung, weil natürlich die besten Absichten nichts nützen, wenn man von unterschiedlichen Prämissen ausgeht. Das hat in der Vergangenheit zu vielen, verhängnisvollen Missverständnissen geführt. Aber darauf sollte man es nicht reduzieren, denn unabhängig vom Spielziel kann jemand unaufrichtig sein, kann sich auf Kosten anderer profilieren wollen, kann es auf eine Machtprobe anlegen, kann irgendwas beweisen wollen, was in der Runde eigentlich gar nichts zu suchen hat, kann es gar (aus welchen Gründen auch immer) darauf abgesehen haben, die Runde zu stören, Mitspieler zu kränken, zu provozieren oder vorzuführen, und alles, was die Palette schlechten menschlichen Benehmens noch so hergibt.

Ein Fakt ist halt mMn. auch, dass sich Menschen mit instabilem Selbstwertgefühl von diesem Hobby bei dem man "großer Held" spielen kann oft angezogen fühlen. Um diesen Mangel zu kompensieren wird einiges unternommen unteranderem auch die Mitspieler durch kleine Spitzen und difuse Herabwürdigungen zu destabilieren.Das ist auf Dauer natürlich Gift für ein gutes Miteinander auf Augenhöhe.

Zitat
All das gilt wohlgemerkt für jeden Mitspieler, nicht nur für den SL, auch wenn der SL es natürlich am Leichtesten hat, den anderen die Runde zu versauen. Aber jeder andere Mitspieler schafft das auch, wenn er sich etwas anstrengt. Wenn man hingegen als SL aufrichtig und fair ist, dann ist es ziemlich egal, ob man ein Abenteuer leitet, das nur aus Orts-, Personen- und Monsterbeschreibungen besteht, oder eines, das wie ein linearer Handlungsverlauf aufgeschrieben ist.
Klar, umso wichtiger ist finde ich gegenseitiger Respekt. Und natürlich Vertrauen in das Wohlwollen der Mitspieler. Ob dieses Vertrauen gerechtfertigt ist  oder nicht, lässt sich fieserweise nicht immer schnell und leicht feststellen, da instablie Persönlichkeiten das Manipulieren oder Kaschieren teilweise so verinnerlicht haben können, dass sie persönliche Fiktion von Realität kaum noch trennen können. Hinzu kommt nicht selten eine äußerst einnehmende Persönlichkeit, der man ein solches Verhalten auf den ersten Blick nicht zutraut.
Insofern hilft es finde ich schon seine Mitspieler gut zu kennen, auch abseits des Spieltisches. Und es ist finde ich auch richtig schon zeitig kundzutun, wenn einem etwas gegen den Strich geht.
« Letzte Änderung: 15.05.2017 | 20:35 von Issi »

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #9 am: 15.05.2017 | 20:41 »
Ich würde noch anmerken wollen, dass die Umsetzung von Vermis Vorgaben auf den üblichen Cons mit fremden Spielern deutlich schwieriger zu gestalten ist.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #10 am: 15.05.2017 | 20:47 »
Es kommt echt auf die Leute drauf an. Ich hatte schon Runden, wo keiner keinen kannte und das absolut mühelos funktioniert hat. Hatte aber auch schon andere, wo das gar nicht zu gestalten war, da war die Frage eher, höflich bleiben und durchhalten, oder aufstehen und gehen. Der SL kann es eben auch nicht im Alleingang richten, jeder Spieler ist ja für sich selbst verantwortlich. Oder um es mit Kant zu sagen: Man muss gut sein, und das übrige erwarten.
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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #11 am: 15.05.2017 | 20:54 »
@ Issi:

Zitat
Ich würde sagen, dass Fairness auch unabhängig von der Fiktion existieren kann.

Klar kann sie das, aber mein Punkt ist, das du beim Rollenspiel, um Situationen so zu lösen, dass alle sich fair behandelt fühlen, an der Fiktion nicht vorbei kommst. Weil sie eben nicht nur Verhandlungsgegenstand, sondern auch Bezugsrahmen ist.
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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #12 am: 15.05.2017 | 20:58 »
Ich finde, dass ist ein sehr schöner Post und man muss nicht immer einen bestimmten Zweck verfolgen.

Nur Kleinigkeiten die dir oben fehlen, die ich aber schon erlebt habe - bzw. die der Punkt waren an dem ich mir die Finger verbrannt habe:

Ad b) Es ist leider auch möglich, dass der Spieler uneinsichtig bleibt.

Ad Allgemein: Es ist leider auch möglich, dass es Dinge gibt die unvereinbar sind und an denen Konsens unmöglich ist. SL sagt "Ich leite X, habe das nun offengelegt, möchte keinen in der Runde der mit X nicht einverstanden ist." Spieler spielt mit. X tritt ein. Spieler unglücklich, schafft aber auch nicht zu gehen, SL will auch kein Arsch sein und jemanden explizit aus einer Runde werfen ist sehr schwer, wie es jeder weiß, der sowas schon mal durchlebt hat. War der SL unfair? Nein. War der Spieler unfair? Nicht wirklich. Er wollte sich in das Spiel einfügen. Er hat sich bemüht, ebenso wie die SL aber es gab einfach keinen Common Ground.

Endete natürlich sehr traurig, aber vielleicht hast du ja tolle Ideen dazu wie man hier aufrichtiger und fairer sein könnte. Denn auch der Spieler war nicht unaufrichtig als er meinte es wäre schon ok. Er konnte es aber einfach nicht hinnehmen und trotzdem glücklich sein und der SL wollte ihn auch nicht unglücklich sehen aber konnte X auch nicht aufgeben. Ein richtig schönes Dilemma :)

@Rhyltar, gz!

Offline Lord Verminaard

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #13 am: 15.05.2017 | 21:00 »
Zu sagen, hey, wir wollen nicht das Gleiche, das wird mit uns in dieser Runde nichts, ist halt auch eine (wichtige) Form von Aufrichtigkeit. :)
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Offline Wandler

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #14 am: 15.05.2017 | 21:11 »
Naja, aber das ist ja nicht unbedingt sofort/vorab möglich (also mit dem Wissens und auch der Gefühlslage die man davor hatte meine ich :D). Also beide Seiten haben ja nach bestem Wissen, Gewissen und ihren Möglichkeiten versucht das zu tun :) Man wollte halt auch nicht gleich abblocken und dem anderen entgegen kommen, schließlich war man bemüht einen Kompromiss zu finden.
« Letzte Änderung: 15.05.2017 | 21:12 von Wandler »

Eulenspiegel

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #15 am: 15.05.2017 | 21:18 »
Wenn es erst während der Kampagne herauskommt, hilft es, sich zwischen den Spielabenden zu treffen und darüber zu sprechen, wie man sich das weitere Zusammenspiel vorstellt.

Es ist nicht fair, dem anderen Vorwürfe zu machen. Es ist aber auch nicht aufrichtig, seine eigenen Vorlieben zu verheimlichen.

Von daher: Akzeptieren, dass man bisher gemeinsam gespielt hat, akzeptieren, dass es eine Sache gibt, wo Uneinigkeit herrscht.
Zuallererst versuchen, einen Kompromiss zu finden, mit dem beide leben können. Wenn man so einen Kompromiss nicht findet, akzeptieren, dass es keinen solchen Kompromiss gibt.
Wenn man das alles akzeptiert hat, sich offen und aufrichtig darüber aussprechen, wie es weitergehen soll.

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #16 am: 15.05.2017 | 21:19 »
@ Wandler: Klar, Fehler passieren und Missverständnisse auch. Fairness und Aufrichtigkeit sind keine Garanten für eine gute Runde. Aber wenn eine Runde so richtig explodiert, oder so richtig vergiftet ist, dann würde ich darauf wetten, dass es an ihnen gefehlt hat.
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Online Maarzan

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #17 am: 15.05.2017 | 22:40 »
Meine Erfahrungen mit dem Thema kommen aus einem begrenzten "Markt" an Mitspielern, wo erkennbar nicht für jeden Geschmack genügend Freiwillige da waren. Und da war dann -teils auch durch entsprechende externe Ermutigungen als "besseres/erwachseneres/künstlerischeres Spiel"- durchaus die Bereitschaft den anderen einen Spielstil unter zu jubeln zu versuchen (war das hier imForum,wo das Gleichnis mit dem Ziegenkäse kam?) 
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Offline fivebucks

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #18 am: 15.05.2017 | 22:44 »
"Ziegenfleisch"   >;D

Ucalegon

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #19 am: 16.05.2017 | 01:34 »
Ich würde noch anmerken wollen, dass die Umsetzung von Vermis Vorgaben auf den üblichen Cons mit fremden Spielern deutlich schwieriger zu gestalten ist.

Habe ich ja schon öfter geschrieben: Meiner Erfahrung mit mir selbst und der Mehrheit der Mitspielenden nach wird der Nachteil einer fremden Con-Runde von der grds. Bereitschaft, sich auf ebendiese einzulassen, aufgewogen.

Ansonsten gilt für mich: Je eindeutiger und strukturierter das System, desto weniger Ärger und Missverständnisse. Und die SL-Rolle ist in vielen Systemen nun mal das Gegenteil von Klarheit.
« Letzte Änderung: 16.05.2017 | 01:36 von Ucalegon »

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #20 am: 16.05.2017 | 13:28 »
Moin! Spannendes Thema und den Eingangspost finde ich gut. Insbesondere halte ich es für sinnvoll, rollenspieltheoretische Diskussionen tatsächlich an gesellschaftlich oder wissenschaftlich etablierte Begrifflichkeiten anzudocken.  Das gefällt mir beispielsweise sehr am Forgebegriff des Gruppenvertrages. Das ist erstens ein etabliertes Konzept und zweitens intuitiv sofort verständlich. Weil die meisten Forger aber Techies sind, hatten die halt insgesamt zu wenig verhaltenswissenschaftliche Grundbildung. So eindrucksvoll viele von den Gedanken sind, die sich rund um die Forge gemacht wurden: es fehlt schlicht an Background und das merkt man. Deshalb gefällt mir der Ansatz in diesem Thread besser. Zwei Kommentare fallen mir dazu ein:

1. Inhalt

Ich finde den Bezug zu Fairness, definiert als "klare und zeitstabile Absicht, den Beteiligten ihr Recht zuzuteilen", super. Hilfreich für Rollenspieldiskussionen ist vermutlich ne zusätzliche Trennung in Verteilungsfairness (Wer bekommt was? Stichwort beispielsweise Balancing oder Spotlight oder XP-Vergabe), Verfahrensfairness (Wie wird entschieden, wer was bekommt? Stichwort beispielsweise Sandboxing oder das Wort, das nicht genannt werden darf), Interaktionsfairness (Wie wird miteinander umgegangen? Stichwort beispielsweise Spielleiterwillkür) und Informationsfairness (Wie gelangen die Beteiligten an ihre Informationen? Stichwort beispielsweise offenes Würfeln als SL oder Geheimnisse am Spieltisch). In diese vier Kategorien wird das Thema Fairness meines Wissens häufiger mal unterschieden und das scheint mir auch für Rollenspiele potentiell ertragreich zu sein. Wenn man da weiter machen möchte, müsste man sich vorher ein bisschen einlesen. Also ich müsste das zumindest und vermute, dass sich die Anzahl an Fairness-Spezialisten im Forum in Grenzen hält.

Aufrichtigkeit ist mir als Begriff zu vage und ich würde das ein bisschen umdrehen. Warum nicht von Vertrauen, definiert als "Zulassen von Verletzlichkeit gegenüber Dritten", sprechen? Das ist für mich greifbarer, klarer von Fairness trennbar und auf Anhieb ließen sich Konzepte wie Swift Trust (das ist das Fachwort für den im OP genannten "Vertrauensvorschuss") für Conspiel, vier Aspekte von Vertrauen für die Tischrunde, die Bereitschaft zum Vertrauen als Persönlichkeitsvariable von Spielern oder die Vertrauenswürdigkeit des SL wunderbar umsetzen. Hab mal auf eine Konkretisierung von Beispielen verzichtet. Fänd ich aber klasse, sich darüber strukturiert Gedanken zu machen. Nachteil: jemand muss sich auskennen oder zum Einlesen bereit sein. Aufwand.



2. Vorgehen:

Wenn man zu Themen wie aus Punkt 1 nur was aus der Hüfte schießt, vielleicht vorher in mal kurz was zusammengegoogelt hat und im Anschluss rabulistisch auf seiner Meinung beharrt, dann bringen die schönsten Konzepte nix. Da sowas aber desöfteren passiert, kommt man nach meiner Erfahrung um eine Qualitätskontrolle nicht herum. Sonst implodieren halt die Threads, sobald ein einziger sich mit genug Mumpitz und Hartnäckigkeit dazwischendrängelt. Die Nutzbarmachung von etablierten und in anderen Bereichen mit viel Empirie unterfütterten Konzepten fürs Rollenspiel: großartig. Derlei Dinge sinnvoll in Beziehung setzen zum Geschehen am Spieltisch: wunderbar. Damit kann man sehr, sehr viel erklären und könnte weit kommen. Das Problem: Beiträge müssen durchdacht und recherchiert werden. Mal eben mit Wikipedia nen paar Schlagworte zusammendengeln und das mit bisschen eigener Erfahrung zukleistern funktioniert nur so mäßig. Dann zerfasern die Diskusionen wieder. Deshalb braucht es meiner Ansicht nach eine Art Begutachtnugsprozess, um die Qualität von Beiträgen zu managen. Stelle ich mir sauschwierig vor. Das "International Journal of Roleplaying" macht das sehr professionell. Ich finde das ziemlich beeindruckend, was die machen und kenne tatsächlich mittlerweile zwei Leute, die dort mit ihren eingereichten Manuskripte abgelehnt wurden. Persönlich würd ich zwar anders vorgehen, denn dieses Pädagogisch-Konstruktivistische, worauf die da zu stehen scheinen, ist so gar nicht meins und entsprechend wenig interessieren mich die meisten Artikel von denen. Bin schon deutlich eher Fan von Empirie und nem positivistischeren Ansatz. Aber: die ziehen ihr Ding wirklich klasse durch. Mir nötigt das sehr viel Respekt ab. Fürs Tanelorn würde ich ebenfalls ein doppelblindes Begutachtungsverfahren vorschlagen, wenn Theoriedebatten wirklich einigermaßen ernsthaft geführt werden sollen. Das kann man deutlich laxer machen als bei einem halbwegs professionellen Journal wie dem IJoR. Aber sowas wäre meine Anregung. Ist natürlich Aufwand, logo.

EDITS: Sprachliche Glättung und Einfügen von Beispielen.
« Letzte Änderung: 16.05.2017 | 13:46 von Wellentänzer »

Offline Huhn

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #21 am: 16.05.2017 | 13:45 »
Ich bin mir nicht sicher, ob Wellentänzers Beitrag als Witz gemeint war - in dem Fall: Hut ab, der war elaboriert - oder ob er das ernst meint, in einem Hobby-Laber-Forum ein "doppelblindes Begutachtungsverfahren" einzuführen.

Wollt ihr nicht einfach "The Tanelorn Institute of Well Discussed Roleplaying-Stuff" (TIWDRS) gründen? Staatlich anerkannt und gefördert von der institutseigenen Stiftung? Ihr könnten jährlich eine Fachtagung halten und Rollenspielwissenschaftler aus aller Welt einladen. Fördermittel der DFG sind da sicher auch drin! Auch eine Zeitschrift "The interdisciplinary Art of Roleplaying", die im vierteljährlichen Zyklus erscheint, scheint eine gute Grundlage für ausführliche und inhaltlich gesicherte theoretische Debatten zu sein.

 :Ironie:

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #22 am: 16.05.2017 | 13:50 »
Das war nicht als Witz gemeint. Nichts für ungut: mit einer Qualitätskontrolle entfallen rein destruktive Beiträge wie Deiner - und das wäre in meinen Augen ein Gewinn. Wer keinen Bock auf theoretische Debatten hat, der soll es halt lassen. Ansonsten hätte Dir Google geholen bei der Suche nach dem International Journal of Roleplaying. Seufz.

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Offline KhornedBeef

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #23 am: 16.05.2017 | 14:15 »
Das war nicht als Witz gemeint. Nichts für ungut: mit einer Qualitätskontrolle entfallen rein destruktive Beiträge wie Deiner - und das wäre in meinen Augen ein Gewinn. Wer keinen Bock auf theoretische Debatten hat, der soll es halt lassen. Ansonsten hätte Dir Google geholen bei der Suche nach dem International Journal of Roleplaying. Seufz.

 :Ironie:
Buuuh. Ne, ich find hier muss auch Satire und gelegentlicher Flachwitz seinen Platz haben. Sonst habe wir hier noch so Relevanzbattles wie bei Wikipedia.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #24 am: 16.05.2017 | 14:17 »
@ Wellentänzer: Hm ich kenne die Modelle jetzt nicht, aber umgangssprachlich ist Vertrauen ja eher das Ergebnis, was sich dann irgendwann einstellt; mit Aufrichtigkeit meine ich ja die eigene Haltung jedes Beteiligten. Insofern, wenn man vom Ergebnis her denkt, ist Vertrauen vermutlich schon der richtige Anknüpfungspunkt. Ich war halt von der anderen Seite ("was gebe ich rein") herangegangen, denn wenn ich eben Leitstile / Vorbereitungsmodelle bewerte, dann scheint mir nicht entscheidend, ob die Spieler mir (in dem Moment) vertrauen, sondern nur, ob mein Vorgehen ("Fairness") und meine Motivation ("Aufrichtigkeit") Vertrauen rechtfertigen. Weiß natürlich jetzt nicht, inwieweit das in deinen Vertrauensbegriffen bereits mit abgebildet wird.
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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #25 am: 16.05.2017 | 14:33 »
@ Vermi: Die Motivation würde ja bereits in der Definition von Fairness selbst stecken, wenn man sowas wählen würde wie skizziert: "Fairness ist die klare und zeitstabile Absicht, den Beteiligten ihr Recht zuzuteilen." Das Vorgehen hingegen ist dabei nur eine Dimension der Fairness, nämlich die Verfahrensfairness bzw. prozedurale Fairness. Die beschreibt das Verfahren und das ist die kritische Frage, wenn man über dramaturgisch motivierte Spielleitereingriffe spricht. Aber es gibt auch ne ganze Menge zu sagen zur Fairness, beispielsweise zur Beurteilung des Ergebnisses der Verteilung und der sich daraus ergebenden Konsequenzen. Das wäre dann die Verteilungsfairness bzw. distributive Fairness. Riesenthema, auch im Rollenspiel.

EDIT: Noch kurz zum Vertrauen. "umgangssprachlich ist Vertrauen ja eher das Ergebnis, was sich dann irgendwann einstellt". Hm, echt? Ich sehe das eher als Skala. Das "Zulassen von Verletzlichkeit gegenüber Dritten" ist für mich ziemlich nah dran am umgangssprachlichen Verständnis. Aber ich denke da auf alle Fälle in einer Skala. Wenn ich mich mit Leuten zum Rollenspiel zusammensetze, dann opfere ich zunächst mal meine Zeit. Die kann ich verlieren, wenn die Runde scheiße läuft. Da ein solcher Verlust nicht so wahnsinnig groß wäre, macht man das schon mal und spielt auf Cons mit Fremden. Geringes Vertrauen. Außerdem gewährt man jedem der Beteiligten erst mal einen Vertrauensvorschuss. Damit es losgehen kann. Das ist aber flüchtig und muss über die Zeit unterfüttert werden. Wenn Du aber in einer Runde anfängst richtig zu schauspielern und aus Dir raus zu gehen und faxen zu machen und Gefühle zulässt und all das tust, was das Hobby schön machst: dann gewährst Du den Leuten viel Vertrauen, denn die können Dich natürlich verarschen damit, wie miserabel Du dieses oder jenes gemacht hast. Die können das in großer Runde herumerzählen und Dich in den Boden stampfen. Damit missbrauchen sie Dein Vertrauen und verletzen Dich. Je mehr Verletzlichkeit Du also gegenüber Dritten zulässt und je schmerzhafter der Missbrauch für Dich ist, desto ist das Vertrauen. Hm. Oder?


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« Letzte Änderung: 16.05.2017 | 14:45 von Wellentänzer »

Hellstorm

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #26 am: 16.05.2017 | 15:04 »
Persönlich halte das Andocken von "wissenschaftlichen" Begrifflichkeiten hoch gefährlich. Dadurch wird eine Diskusion sehr verkopft und Neulinge finden schwerer in die Diskusionen. Außerdem können Personen diese Begriffe ausversehen verwenden, ohne die "fachliche" Definiton zu kennen.

Beispielsweise ist der Begriff Vertrauen zwar relativ klar in der Bedeutung, so muss aber der Anwendungsbereich klar unterschieden werden. Vertrauen in Institutionen und Vertrauen in Personen funktioniert unterschiedlich und wird anders beeinflusst. Soll heißen, wenn man über "Vertrauen zum Spielleiter" reden möchte, müssen verschiedene Aspekte der Interpersonellen Verbindung betrachtet werden. Das kann dann auch auf das Verhältnis zur Gruppe erweitert werden.

Ein Rollenspielneuling der nun mit einer Frage zu so einem Thema kommt, wird sich diese Vorgedanken kaum machen. Will man also eine wissenschaftliche Diskusion haben, so muss der Kreis der Personen stark beschränkt werden und das Level der beteiligten Personen anhand einer Baseline (Wissen über Fachbegriffe, Formulierungsmethoden etc.) festgelegt werden. Aka ein Forum ist vorraussichtlich nicht der richtige Ort.

Jedoch kann man sicher Themen öffenen die genau diesen "elitären" (Mir viel kein besserer Begriff ein) Diskusionen haben. Dies kann man dann mit einem extra Kürzel versehen. Das kann in etwa funktionieren wie die "Schreibübungen" hier im Forum. Beispielsweise könnte Wellentänzer das Thema: "Fairness am Spielleitertisch" ausrufen. Danach werden Essasy gesammelt und in einem extra Thread diskutiert.


@Back to Topic
Fairness und Aufrichtigkeit am Spielleitertisch sind zu weit gefasst als das es einfache Überthematik dazu geben könnte. Die Diskusion braucht hier eine bessere Situation um sinnvolle Ergebnisse zu erzielen. Vieles lässt sich kurz in einem Satz zusammenfassen: "Dont be a dick!"
Wenn man unbedingt mehr zu diesem Thema wissen wollen, dann bleibt nur der Griff zu einem Sozialpsychologischen Buch und einem Buch über Gruppendynamik/Kommunikation.
« Letzte Änderung: 16.05.2017 | 15:17 von Hellstorm »

Offline Issi

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #27 am: 16.05.2017 | 15:36 »
Die Frage ist finde ich auch welchen Wert Fairness und vor Allem gegenseitigen Respekt für alle Teilnehmer hat und ob sie etwas ähnliches darunter verstehen.(Beispiel -behandle andere so, wie du selbst auch gerne behandelt werden würdest)
Wenn das der Fall ist bedarf es mMn. auch seltenst eines Appells.Vor Allem dann nicht,  wenn ähnliche Erwartungshaltungen bzgl. der Spielweise existieren.
Eine solche Ermahnung brauche ich mMn.  vor Allem dann wenn Uneinigkeit besteht, was denn IT und OT fair ist.
Wenn zum Beispiel einzelne diesen Wert im Reallife nicht pflegen, oder im Spiel abweichende Erwartungen haben.
Oder ums mal salopp zu formulieren.
Was mit bestimmten Mitspielern kein Problem ist, kann mit anderen ein großes sein.
Oder - es kann auch nur ein Problem geben, wenn eines da ist.
Was also mache ich, wenn eines da Ist? Finde ich den wirklich wichtigen Punkt.
"Sei kein Dick" ist zwar ein netter Ratschlag, Doch was hilft der, wenn du merkst,  dass gewisse Mitspieler kein Problem damit haben einer zu sein?
Wie geht ein Spieler mit solchen Leuten um, und macht das Sinn sich das anzutun? Aus welchen Gründen könnte es trotzdem Sinn machen? Aus welchen macht es keinen Sinn?
« Letzte Änderung: 16.05.2017 | 15:49 von Issi »

Ucalegon

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #28 am: 16.05.2017 | 15:41 »
Noch kurz zum Vertrauen. "umgangssprachlich ist Vertrauen ja eher das Ergebnis, was sich dann irgendwann einstellt". Hm, echt? Ich sehe das eher als Skala. Das "Zulassen von Verletzlichkeit gegenüber Dritten" ist für mich ziemlich nah dran am umgangssprachlichen Verständnis. Aber ich denke da auf alle Fälle in einer Skala. Wenn ich mich mit Leuten zum Rollenspiel zusammensetze, dann opfere ich zunächst mal meine Zeit. Die kann ich verlieren, wenn die Runde scheiße läuft. Da ein solcher Verlust nicht so wahnsinnig groß wäre, macht man das schon mal und spielt auf Cons mit Fremden. Geringes Vertrauen. Außerdem gewährt man jedem der Beteiligten erst mal einen Vertrauensvorschuss. Damit es losgehen kann. Das ist aber flüchtig und muss über die Zeit unterfüttert werden. Wenn Du aber in einer Runde anfängst richtig zu schauspielern und aus Dir raus zu gehen und faxen zu machen und Gefühle zulässt und all das tust, was das Hobby schön machst: dann gewährst Du den Leuten viel Vertrauen, denn die können Dich natürlich verarschen damit, wie miserabel Du dieses oder jenes gemacht hast. Die können das in großer Runde herumerzählen und Dich in den Boden stampfen. Damit missbrauchen sie Dein Vertrauen und verletzen Dich. Je mehr Verletzlichkeit Du also gegenüber Dritten zulässt und je schmerzhafter der Missbrauch für Dich ist, desto ist das Vertrauen. Hm. Oder?

Klingt überzeugend. Das bedeutet übrigens auch, dass mir uU jemand in einer Con-Runde deutlich mehr Vertrauen entgegenbringt als ein langjähriges Mitglied meiner Hausrunde, das aus welchen Gründen auch immer grds. nur ein bestimmtes Maß an Verletzlichkeit zulassen will/kann. Das beeinflusst auch stark, welche Rollenspiele/Themen/Stile man mit Leuten spielen kann und welche nicht. [Auch wenn natürlich jedes Rollenspiel, zu dem man irgendwie kreativ beiträgt, auf diesem Vertrauen baut].
« Letzte Änderung: 16.05.2017 | 15:43 von Ucalegon »

Pyromancer

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #29 am: 16.05.2017 | 15:42 »
Was neben Fairness und Aufrichtigkeit in meinen Augen auch extrem wichtig ist, ist Respekt. Die Spielteilnehmer sollen sich gegenseitig ernst nehmen, und sich ernst genommen fühlen.

Offline Wandler

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #30 am: 16.05.2017 | 17:28 »
Mir gefällt sowohl der Eingangspost, sowie auch Wellentänzers Anliegen. Eine gemeinsame double-blind-peer-reviewed Basis hätte sicher schon viele Diskussionen und Probleme unterstützt. Allerdings sehe ich die Umsetzbarkeit als kaum gegeben, selbst wenn es ein Wunschtraum wäre. So etwas lebt ja von einem Web of Trust, also die Authorität des Journals hängt vom Vertrauen in des Journal ab. Mir ist es meist sogar egal welche gemeinsame Basis man nutzt, Hauptsache es ist eine gemeinsame.

Trotzdem: Schöner Thread, bitte mehr davon.

Hellstorm, ist die Forge mit ihren Theorien nicht ein wenig ein Versuch so einen kleinen Kreis von Experten umzusetzen? Es wäre zu fragen warum konnte sie sich nicht durchsetzen/weiter verbreiten/zum de facto Standard werden, schließlich ist es sicher eines der größeren Projekte in die viel Lebenszeit und Motivation und Energie floss.
« Letzte Änderung: 16.05.2017 | 17:31 von Wandler »

Offline Huhn

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #31 am: 16.05.2017 | 17:38 »
Das war nicht als Witz gemeint. Nichts für ungut: mit einer Qualitätskontrolle entfallen rein destruktive Beiträge wie Deiner - und das wäre in meinen Augen ein Gewinn. Wer keinen Bock auf theoretische Debatten hat, der soll es halt lassen. Ansonsten hätte Dir Google geholen bei der Suche nach dem International Journal of Roleplaying. Seufz.
Die Tatsache, dass es das Magazin wirklich gibt, muss ja noch lange nicht heißen, dass du deinen Vorschlag, den ich einfach für weder umsetzbar noch sinnvoll halte, ernst meintest.

Ansonsten unterstütze ich Hellstorms Vorschlag - wenn dir wirklich an gut recherchierten Beiträgen gelegen ist, dann ist ein Forum, in dem es auch auf die Schnelle der Antworten ankommt, wenn der Anschluss ans Gespräch gewahrt werden soll, vielleicht nicht die richtige Form. Mach deinen eigenen Thread auf, sammle Beiträge, unterziehe sie deiner Qualitätskontrolle und veröffentliche sie dann. Aber ich glaube, dass ein solches Anliegen in Blogs besser umsetzbar wäre.

Dass die Forge mittlerweile tot ist, hat sicher auch seine Gründe... Humorlosigkeit mag einer davon gewesen sein.

Offline Lord Verminaard

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #32 am: 16.05.2017 | 21:14 »
Okay, ich denke, damit können wir den Exkurs zur Wissenschaftlichkeit bzw. Methodologie abschließen, ja?
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Offline Der Nârr

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #33 am: 16.05.2017 | 23:08 »
Fairness hat immer auch etwas mit der Interpretation der Fiktion zu tun, man kann sie nie davon losgelöst betrachten. Eine Gruppe, die kein gemeinsames Verständnis dafür hat, was in der Fiktion gerade passiert und welche Dinge möglich, welche wahrscheinlich, welche unmöglich sind, wird nie auf einen gemeinsamen Nenner kommen, was Fairness angeht. Das eine ist von dem anderen nicht zu trennen.
Und die Fiktion kann nur gebildet werden in ständiger Rücksprache mit den Regeln. Regeln und Fiktion sind hier kaum voneinander zu trennen. Die Fiktion ist zwar auch das, was ich beschreibe und ausspiele und sage und mache und was in meiner "Vorstellung" die Spielfiguren tun und erleben. Aber die Fiktion wird eben auch durch die Regeln geformt (System Matters!). Die Interpretation der Regeln und ihre Anwendung (alle lesen dieselben Regel, verstehen ihre Anwendung aber unterschiedlich) haben Einfluss auf die Fiktion. Zwei Rollenspieler können dieselbe Regel lesen und daraus verschiedene Dinge ableiten, was nun möglich ist. Das fließt ja sofort in die Fiktion zurück. Die Fairness schließt also ein, hinsichtlich der Interpretation der Regeln auf einen Nenner zu kommen und das ist gleichbedeutend damit, hinsichtlich der Interpretation der Fiktion auf einen Nenner zu kommen.
Und mit einem Nenner bei den Regeln meine ich nicht etwas wie "hier ist etwas uneindeutig formuliert, welche Auslegung wählen wir", sondern eher die allgemeinen Dinge, die nach dem Verständnis des Wortlauts der Regeln stattfinden und sich dann in der Debatte um RAW und RAI abzeichnen oder darin, welche Konsequenzen aus den Regeln folgen oder wie und wann man eine Regel benutzt oder welche Rolle eigentlich Rulings sind und was diese für das Spiel bedeuten. Oder auch so grundlegende Dinge wie etwa das Old-School-New-School-Schisma, das völlig unterschiedliche Herangehensweisen an Regeln propagiert und damit auch die Fiktion steuert.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #34 am: 17.05.2017 | 10:51 »
Klar, wenn man sich nicht darüber einigen kann, welche Regeln gelten, hat man ebenso ein Problem. Ich hatte die Fiktion hervorgehoben, weil das ein Thema ist, das nach meinem Empfinden in den Debatten oft vernachlässigt wird. Da wird dann so getan, als ob jede Interpretation der Fiktion gleichermaßen ihre Berechtigung hätte und gleichermaßen nebeneinander stünde. Obwohl es oft angezeigt wäre, statt dessen die Fiktion erst einmal zu betrachten, und dann ggf. auch zu konstatieren, dass einer der Beteiligten einfach mal daneben liegt. Das gilt natürlich für Regeln ganz genau so, den Punkt habe ich aber nicht hervorgehoben, weil es meiner Erfahrung das Problem ("meine Regelauslegung ist genauso gut wie deine") seltener gibt. YMMV.
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Offline Boba Fett

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #35 am: 17.05.2017 | 11:42 »
Also zunächst einmal: Zustimmung, kein Widerspruch!
ergänzend:
All das gilt wohlgemerkt für jeden Mitspieler, nicht nur für den SL, auch wenn der SL es natürlich am Leichtesten hat, den anderen die Runde zu versauen. Aber jeder andere Mitspieler schafft das auch, wenn er sich etwas anstrengt...

Ich glaube, dass schafft ein Mitspieler auch ohne Anstrengung. Und auch ohne Vorsatz.

Ein wichtiger Punkt, den ich bei all meinen Spielrunden immer beobachtet habe (auch an mir selbst), ist, dass es sehr schnell und einfach schief läuft, wenn man nicht unvoreingenommen sondern mit Mißtrauen an die Aktionen der anderen herangeht.
Anstelle eine grundsätzlichen "Unschuldsvermutung", oder der Einstellung, dass der Gegenüber grundsätzlich fair agiert, vermutet man zunächst einmal entweder eine Fehlentscheidung oder sogar vorsätzliches Benachteiligen. Und das prägt natürlich massiv das Rollenspielerlebnis und auch die Reaktion auf das erlebte.
Sitzen mehrere Leute am Tisch, die es nicht hinbekommen, vorurteilsfrei Entscheidungen anzunehmen, wird es sehr schwierig, das Spiel in positive Erlebnisse Bahnen zu bringen...

Ich denke, das gehört zu der Fairness, die Spieler unbedingt mit ins Spiel bringen müssen - und vielleicht auch zu dem, wo es am häufigsten schiefgeht.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Nørdmännchen

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #36 am: 17.05.2017 | 12:49 »
Danke für den sorgfältigen Versuch einer zielführenden Diskussion.

Ich möchte den von Vermi hervorgehobenen Bezug auf die Fiktion gerne nochmal unterstreichen (als die RSP-spezifische Ebene, auf der Fairness  und Aufrichtigkeit von Bedeutung sind). Denn ich glaube, hier entstehen viele der Wahrnehmungen und Verstimmungen, die das Thema so heiß hochkochen lassen, wo immer es auf auftaucht. Hier ein Vorschlag zur weiteren Differenzierung:

Wenn wir (böser Weise) die Forge-Definition von System hernehmen, als die Mittel und Methoden mit denen wir uns über die Inhalte der gemeinsamen Fiktion einigen, finden wir in den meisten Fällen:
Setting - als die bereits festgeschriebenen Inhalte der Fiktion. (Damit auch Ergebnisse bereits gespielter Runden, der Charaktererschaffung und des kooperativen Weltenbaus.)
Erzählfunktionen - Hoheit bzw. Aufgaben der Spielenden bezüglich der Gestaltung der Fiktion (Traditionell Spieler = treffen alle Entscheidungen für die SC, SL = spielt den ganzen Rest. Die Vergabe dieser Hoheiten sind dann auch schon Regeln.)
Mechaniken - Abstrakte oft physisch repräsentierte Komponenten außerhalb der Spielenden, die eingesetzt werden, um Entscheidungen über den Fortlauf der Fiktion von ihnen (mit-)bestimmen zu lassen. (Z.B. Würfelwürfe, Rundenstruktur usw.)

Das Spannende sind dann die Übergange zwischen diesen System-Komponenten:
Wie wird zum Beispiel über den Einsatz von Mechaniken entschieden? Wie bindend ist eine gedruckte Setting-Beschreibung für die SL-Funktion? Sind Charakterattribute und Zufallstabellen Setting oder Mechanik?

Insbesondere kann es auch innerhalb einer Kategorie zu Übergängen kommen:
Wenn traditionell die Spieler nur die SC-"Agency" (gibt's da ein gutes deutsches Wort für?) innehaben und die SL den Rest steuert, bleibt alles so lange einfach, bis die SC versuchen (Spieler-Agency) ihre Welt zu beeinflussen (SL-Agency). Ein simpler Vorgang, der wahrscheinlich den Löwenanteil des Rollenspiels ausmacht.
Die Spieler versuchen also ständig mittelbar Einfluss auf die SL-Agency zu nehmen (und vice versa). Meistens ohne, manchmal mit Mechanik - aber selbst die Mechanik wird oft genug "von SL-Gnaden" eingesetzt.

Genau in diesen Prozessen entsteht mMn der Eindruck von fehlender Fairness und Aufrichtigkeit - der die Szene dann in Angst und Schrecken versetzt.*

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #37 am: 17.05.2017 | 12:59 »
Wo ist da der Anlass für Ironie?

Im Prinzip diese traditionelle Unschärfe wird ja auch als impossible-thing-before-breakfeast beschrieben.

Wobei meines Erachtens bei den "Gestaltungsrechen" das große Problem ist, dass das Recht auf das Ausführen einer Aktion zu oft auch als Recht auf die Realisierung der damit verbundenen Absicht genomemn wird als nur das Rechta uf eine faire Abhandlung dieser Aktion nach den für alle gültigen und damit allen auch bei konkurrierenden Vorstellungen einen solchen Beitrag erlaubenden Mechaniken/Regeln.

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Offline Nørdmännchen

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Re: Fairness und Aufrichtigkeit am Spieltisch
« Antwort #38 am: 17.05.2017 | 20:18 »
Der Anlass zur Ironie betrifft nur die Wortwahl: "In Angst und Schrecken versetzen." Da ich den Eindruck nicht loswerde, das Problem führt dort zu mehr Zerwürfnissen, wo es nur thematisiert wird - als dort wo es erlebt wird (ich nehme mich da selbst nicht aus). Es ging mir also nur darum, dies als rhetorische Übertreibung kenntlich zu machen - aber das * fällt vermutlich zu unauffällig aus.

Und ich bin voll bei Dir - die Gestaltungsrechte bieten das größte Problempotential bzw. deren Übergänge zu sich und anderen System-Komponenten.
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