Autor Thema: Regeln für Charakterentwicklung?  (Gelesen 7988 mal)

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Offline Nick-Nack

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Regeln für Charakterentwicklung?
« am: 7.08.2017 | 17:15 »
Hallo zusammen!

Kennt ihr Rollenspielsysteme mit guten Regeln zur Charakterentwicklung? Dabei meine ich nicht Charakterentwicklung im Sinne von Computerspielen ("ich habe 5 XP bekommen und steigere Schwerter damit auf 3"), sondern im Sinne von Schriftstellerei ("nachdem er lange gezweifelt hat, ob er wegen Isildurs Fluch die Menschen in die Verderbnis führen wird, nimmt Aragorn schließlich doch seine Rolle als König an und stellt sich Sauron").
Das einzige Beispiel, was mir bisher eingefallen ist, sind die Bonds, die z. B. in vielen PbtA-Systemen auftauchen und durch Erfahrungspunkte belohnen, wenn sich das definierende Moment zwischen zwei Charakteren ändert. Aber da muss es doch eigentlich noch viel mehr geben, oder? :)

Liebe Grüße
daniel
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Online Maarzan

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #1 am: 7.08.2017 | 17:22 »
Ich würde jetzt die Persönlichkeitsattribute von Pendragon vermuten.
Da gibt es eine Liste von Persönlickeitsmerkmalen, welche in Paaren gegenüberstehen und sich im Laufe des Spiels verändern können.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Pyromancer

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #2 am: 7.08.2017 | 17:30 »
Dogs in the Vineyard hat ein sehr schönes System, wo sich die Traits potentiell nach jedem Konflikt ändern können.

Eulenspiegel

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #3 am: 7.08.2017 | 17:30 »
Bei 7. See gibt es Regeln für die eigene Charaktergeschichte.

Bei Dogs in the Vineyard gibt es sogenannten Fallout: Wenn du verletzt wirst, musst du Konsequenzen nehmen. Diese verändern deinen SC.

Offline Lord Verminaard

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #4 am: 7.08.2017 | 18:02 »
Ja das ist ein Thema, mit dem in den Forge-Spielen viel experimentiert wurde. Siehe z.B. die Issues bei Primetime Adventures, die Keys bei The Shadow of Yesterday, Spiritual Attributes bei The Riddle of Steel, etc. Regeln zur Persönlichkeitsentwicklung sind ja was anderes als einfach nur Personality Traits, wichtig ist ja immer die Dynamik, ich habe also auch eine (regeltechnische) Möglichkeit zur Veränderung und dadurch wird das Spiel auf die entsprechenden Konflikte/Entscheidungen zugespitzt.

Andersrum kann man natürlich auch versuchen, die Sachen zu erspielen und dann nur die Auswirkungen auf der Regelseite festzuhalten, das kenne ich allerdings eigentlich nur in Form von diversen Horror-Systemen, die den "langsamen Abstieg in den Wahnsinn" abzubilden versuchen. Unknown Armies hat mit dem Madness Meter hier eine sehr schöne Mechanik anzubieten.
« Letzte Änderung: 7.08.2017 | 18:15 von Lord Verminaard »
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Offline LordBorsti

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #5 am: 7.08.2017 | 18:05 »
Hallo zusammen!

Kennt ihr Rollenspielsysteme mit guten Regeln zur Charakterentwicklung? Dabei meine ich nicht Charakterentwicklung im Sinne von Computerspielen ("ich habe 5 XP bekommen und steigere Schwerter damit auf 3"), sondern im Sinne von Schriftstellerei ("nachdem er lange gezweifelt hat, ob er wegen Isildurs Fluch die Menschen in die Verderbnis führen wird, nimmt Aragorn schließlich doch seine Rolle als König an und stellt sich Sauron").
Das einzige Beispiel, was mir bisher eingefallen ist, sind die Bonds, die z. B. in vielen PbtA-Systemen auftauchen und durch Erfahrungspunkte belohnen, wenn sich das definierende Moment zwischen zwei Charakteren ändert. Aber da muss es doch eigentlich noch viel mehr geben, oder? :)

Liebe Grüße
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Was du suchst, ist Burning Wheel. Das ganze System ist darauf zugeschnitten, dass die Charaktere ihren Überzeugungen (Beliefs) nachgehen, mit diesen konfrontiert werden, sich bestätigt fühlen oder mit ihren Überzeugungen brechen.
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Offline rockston

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #6 am: 7.08.2017 | 19:10 »
Was du suchst, ist Burning Wheel. Das ganze System ist darauf zugeschnitten, dass die Charaktere ihren Überzeugungen (Beliefs) nachgehen, mit diesen konfrontiert werden, sich bestätigt fühlen oder mit ihren Überzeugungen brechen.
Zu 100% das. Ich fand damals das Video hier sehr informativ (Adam Koebel erklärt ne Stunde lang, was er an Burning Wheel so gut findet, und geht dabei auch sehr ins Detail): https://www.youtube.com/watch?v=E79DDGdX62I

Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #7 am: 7.08.2017 | 19:30 »
Es gibt einige Rollenspiele, denen es nur um den Verfall geht:

In Delta Green verlieren Figuren mit der Zeit Charakterzüge und Motivationen wie die Beigeisterung für das eigene Fachgebiet oder die Fürsorge für die eigene Familie.

In Misspent Youth haben Figuren Überzeugungen, die sie im Spiel verkaufen und verraten. Da wird die "coole" Rebellin also z.B. "trendy".

In The One Ring hat jede Figur eine Charakterschwäche, die sich nach und nach immer deutlicher äußert, je mehr die Figur mit dem Schatten in Berührung kommt.

In Posthuman Pathways müssen die Figuren neben ihrem sozialen Status ihre Identität, Vision oder ihr Ritual aufgeben, weil sie sich mit der Welt um sie herum ändern.

---

Das Gegenteil zum Verfall findet man in Breaking the Ice. Da werden Kompatibilitäten (geteilte Persönlichkeitsmerkmale, Interessen) zwischen den beiden datenden Hauptfiguren aufgebaut. Je mehr das am Ende sind, desto eher hält die Beziehung.

---

Einfach macht es sich 3:16. Da ist die Persönlichkeit der Figuren am Ende der Geschichte in einem wichtigen Punkt schlicht vorgegeben. [Das ist am Nächsten an deinem Aragorn-Beispiel dran, zumindest wenn sich Aragorn bzw. seine Spielerin nicht auch anders entscheiden können soll bzw. sich auch eine andere Entwicklung ergeben darf]

---

In mehr Richtungen geht es auf dem Grid aus Grey Ranks (Liebe, Hass, Enthusiasmus, Erschöpfung und Zwischenstufen).

Dog Eat Dog legt es darauf an, den einheimischen Hauptfiguren durch die fremde Besatzungsmacht ihre Persönlichkeit zu entreißen. Entweder, indem sie zum tödlichen Widerstand gezwungen werden, die Zeit nur verbittert und unglücklich überstehen oder ihre Identität aufgeben und sich anpassen. Dazwischen fallen Figuren nur selten.

In Carry können sich die Figuren im Spielverlauf ihrem emotionalen Ballast stellen und versuchen ihn zu überwinden. Außerdem wechseln sie nach und nach durch verschiedene Persönlichkeitsprofile (Accuser, Companion, Warrior etc.).

---

Ähnlich:

In A Dirty World hat die Persönlichkeit einer Figur eine akute, flüchtige Seite, die von Szene zu Szene schwankt (Purity vs. Corruption, Honesty vs. Deceit).

---
Mit weniger direktem mechanischem Zwang funktionieren:

Hillfolk, das darauf aufbaut, dass Figuren irgendwann über ihren eigenen Schatten springen und in gewissem Rahmen Zugeständnisse machen. Zur Not können sie mechanisch dazu gezwungen werden.

Freiformlastige Rollenspiele wie Montsegur 1244 oder Love in the Time of Seid, die den Spielerinnen viele Fragen stellen und die Situation so aufbauen, dass der Fokus von Anfang an auf der Persönlichkeit der Figuren liegt.
« Letzte Änderung: 7.08.2017 | 19:32 von Ucalegon »

Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #8 am: 7.08.2017 | 19:45 »
Andersrum kann man natürlich auch versuchen, die Sachen zu erspielen und dann nur die Auswirkungen auf der Regelseite festzuhalten, das kenne ich allerdings eigentlich nur in Form von diversen Horror-Systemen, die den "langsamen Abstieg in den Wahnsinn" abzubilden versuchen. Unknown Armies hat mit dem Madness Meter hier eine sehr schöne Mechanik anzubieten.

Kannst du erklären, was du hier mit "Erspielen" meinst? In UA wandert man doch das Meter auch nur rauf- und runter, weil die Würfel entsprechend fallen?

Offline Nick-Nack

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #9 am: 7.08.2017 | 20:48 »
Ich habe mir jetzt Burning Wheel mal genauer angeschaut, weil es von mehreren genannt wurde, kann aber keine Regeln für Charakterentwicklung entdecken. Was ich bisher gefunden habe, sind Regeln dafür, den aktuellen Status des Charakters aufzuschreiben und Belohnungen (Artha), wenn man sich daran hält. Was übersehe ich? :)
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Offline Issi

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #10 am: 7.08.2017 | 21:21 »
Pendragon hat Möglichkeiten, Charakter Entwicklung abzu bilden. Einen Leitfaden wie das im Rollenspiel funktionieren kann,  findest Du vermutlich eher in der Literatur.

Der Charakter hat zu Anfangs meist ein bestimmtes Ziel.
Und die Literatur bietet hier oft Hindernisse an.
Entweder der Held ueberwindet die Hindernisse. Die Hindernisse bringen ihn zu Fall. Oder aber er wechselt sein Ziel. Oder sogar noch seine Werte (Moral,Ansichten).
Um Charakter Entwicklung zu schaffen, ist es von Vorteil das Ziel und Werte des Charakters zu kennen, um die nötigen Hindernisse zu schaffen, die dem entgegen stehen und die dann letzten Endes die Entwicklung voran bringen.
Beispiel Ziel: Der fromme keusche Priester möchte seinem Gott und der Kirche gut dienen, und eines Tages mal ein einflussreiches Amt bekleiden.
Beispiele Hindernisse :
 1.Er bekommt  mit,  dass es seinem Vorstand  nur um Macht und Geld geht. Er wird gezwungen Dinge zu tun, die er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann.
2. Ein Frau tritt in sein Leben. Vielleicht verliebt er sich und wird Vater. Er möchte lieber eine Familie haben.

Die Hindernisse können überwunden werden oder  eine zeitweise Versuchung bzw. Zweifel darstellen. Welche ihn in seinem eigentlichen Ziel nur festigen. Sie können ihn aber ebenso davon abbringen und ein neues Ziel finden lassen.
Falls er sich nicht entscheiden kann, wird er auf Dauer vielleicht zwiegespalten bleiben oder schlimmsten Falls daran zerbrechen.

Edit. "Erfülle den Helden ihre Wuensche, das ist ein sicherer Weg sie unglücklich zu machen" ~;D
Will sagen: Ein schöne Möglichkeit ist es auch den Helden an seinem Ziel ankommen zu lassen. Und ihm dann die Schattenseiten zu spiegeln.
"Große Macht bedeutet große Verantwortung." ;)
Beispiel ....endlich Spiderman, mt Ruhm und Ehre.
Aber dafür keine Freizeit mehr, man muss seine eigenen Freunde anluegen, und hat jede Menge Feinde.

« Letzte Änderung: 8.08.2017 | 11:48 von Issi »

Offline Chan

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #11 am: 7.08.2017 | 21:29 »
Lies mal das belief commentary chapter.
https://www.burningwheel.com/wiki/index.php?title=Downloads
Das hat mir vieles klar gemacht wie beliefs funktionieren und sie die Entwicklung des Charakters zeigen können.


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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #12 am: 7.08.2017 | 22:16 »
Eine weitere Mechanik findest du im Smallville RPG ("Values").

Offline Lord Verminaard

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #13 am: 8.08.2017 | 08:57 »
Kannst du erklären, was du hier mit "Erspielen" meinst? In UA wandert man doch das Meter auch nur rauf- und runter, weil die Würfel entsprechend fallen?

Ja, "Erspielen" war nicht ganz richtig ausgedrückt, erspielen, tut man es ja irgendwo immer, das ist ja eben Rollenspiel. Was ich eigentlich sagen wollte: Das Madness Meter in UA dient der Simulation. Es ist dazu da, eine Frage zu beantworten, die sich aus dem Spiel heraus ergibt, und die Auswirkungen festzuhalten. Mein Charakter hat ein paar Trauma-Kerben bei Identität, jetzt kommt er wieder in eine Situation, die seine Identität in Frage stellt, wie reagiert er? Und wird er weiter traumatisiert, oder stumpft er ab? Das sagen mir die Würfel, und damit muss ich dann weiter spielen. Der Forger würde von Simulationismus sprechen.

Bei den sogenannten narrativistischen Spielen hingegen hast du Regeln, die selbst bereits eine Frage stellen, die es durch das Spiel und letztendlich, was definierend ist, durch eine bewusste Entscheidung des Spielers zu beantworten gilt. Mein Charakter in TSoY hat den Key of the Coward: Hier spiele ich meinen Charakter ganz gezielt feige, und werde vom System mit Erfahrungspunkten dafür belohnt, und damit arbeite ich gleichzeitig auf einen Entscheidungsmoment hin, wo ich eben meine Feigheit überwinde, den Buyoff erfülle und meinen Mut finde. Und auch dafür werde ich mit Erfahrungspunkten belohnt. Oder ich bleibe eben feige. Aber es entscheiden nicht die Würfel darüber, ob ich jetzt feige bin oder nicht, sondern das bin ich, der Spieler.
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Offline Issi

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #14 am: 8.08.2017 | 10:43 »
Ich würde auch eher dazu tendieren, die Entscheidung über die Entwicklung des Charakters den Spielern zu überlassen. Nicht den Würfeln.

Klar können Würfel sagen: Deine Figur ist jetzt aufgrund des Ergebnisses wahnsinnig oder sie ändert komplett ihre Meinung und wird jetzt böse. Oder sie ist jetzt  verliebt also verhalte dich mit ihr auch so.
Aber ich finde es besser nur Entwicklungsmöglichkeiten anzubieten. - In Form von Hindernissen die Konflikte provozieren-  ohne dem Spieler die endgültige Entscheidungsgewalt  über die Entwicklung seiner Figur nehmen.
Der Spieler könnte sonst die Lust an seinem Charakter verlieren und sich fremd bestimmt fühlen.

Edit. Sowas ergibt sich eigentlich am Besten im Spiel. Und durch Ausspielen. Würfel braucht es da mMn. nicht.

« Letzte Änderung: 8.08.2017 | 11:45 von Issi »

Offline LordBorsti

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #15 am: 8.08.2017 | 11:05 »
Ich habe mir jetzt Burning Wheel mal genauer angeschaut, weil es von mehreren genannt wurde, kann aber keine Regeln für Charakterentwicklung entdecken. Was ich bisher gefunden habe, sind Regeln dafür, den aktuellen Status des Charakters aufzuschreiben und Belohnungen (Artha), wenn man sich daran hält. Was übersehe ich? :)

Ein paar Kleinigkeiten  ;D

1. Learning by Doing -> Dein Charakter wird nur in Fertigkeiten besser, die er auch anwendet (wobei das jetzt nicht so relevant für deine Fragestellung ist)

2. Trait Vote -> Alle paar Abende reflektiert die Gruppe darüber wie die Charaktere gespielt wurden, du verlierst Traits, die du nicht ausgespielt hast und erhälst evtl. neue, je nachdem wie deine Mitspieler dich wahrgenommen haben

3. Du bekommst weit größerer Belohnungen dafür, wenn du deine Beliefs nicht nur darstellst sondern auf Ziele hinarbeitest oder mit deinen Beliefs brichst.

4. Es ist die zentrale Aufgabe des Spielleiters bei Burning Wheel die Beliefs, Instincts und Traits (BITs) der Charaktere herauszufordern, d.h. Szenen zu initieren in denen die Überzeugungen deines Charakters in Frage gestellt werden, seine Instincts ihn in Probleme bringen und seine Traits für unerwartete Wendungen führen. Noch besser ist es, wenn in der Szene mehrere Elemente angespielt werden und noch besser wenn die auch noch im Widerspruch stehen.

Das ganze ist ein Kreislauf ("Burning Wheel"):

Spieler formulieren BITs -> SL eröffnet Szenen die die BITs herausfordern -> Spieler setzen sich mit den Szenen auseinander -> Spieler erhalten Belohnungen für das ausspielen der BITs und deutlich größere wenn der Charakter dadurch eine Entwicklung durchmacht -> Spieler formulieren neue Beliefs und Instincts, Trait-Vote gibt neue Traits -> das ganze beginnt von vorne
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Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #16 am: 8.08.2017 | 11:34 »
Ja, "Erspielen" war nicht ganz richtig ausgedrückt, erspielen, tut man es ja irgendwo immer, das ist ja eben Rollenspiel. Was ich eigentlich sagen wollte: Das Madness Meter in UA dient der Simulation. Es ist dazu da, eine Frage zu beantworten, die sich aus dem Spiel heraus ergibt, und die Auswirkungen festzuhalten. Mein Charakter hat ein paar Trauma-Kerben bei Identität, jetzt kommt er wieder in eine Situation, die seine Identität in Frage stellt, wie reagiert er? Und wird er weiter traumatisiert, oder stumpft er ab? Das sagen mir die Würfel, und damit muss ich dann weiter spielen. Der Forger würde von Simulationismus sprechen.

Bei den sogenannten narrativistischen Spielen hingegen hast du Regeln, die selbst bereits eine Frage stellen, die es durch das Spiel und letztendlich, was definierend ist, durch eine bewusste Entscheidung des Spielers zu beantworten gilt. Mein Charakter in TSoY hat den Key of the Coward: Hier spiele ich meinen Charakter ganz gezielt feige, und werde vom System mit Erfahrungspunkten dafür belohnt, und damit arbeite ich gleichzeitig auf einen Entscheidungsmoment hin, wo ich eben meine Feigheit überwinde, den Buyoff erfülle und meinen Mut finde. Und auch dafür werde ich mit Erfahrungspunkten belohnt. Oder ich bleibe eben feige. Aber es entscheiden nicht die Würfel darüber, ob ich jetzt feige bin oder nicht, sondern das bin ich, der Spieler.

Alles klar. Ich war nicht bei der Frage - wobei die sich in UA eigentlich auch nicht einfach so aus dem Spiel ergibt, sondern von einer SL forciert wird; ohne entsprechende Situationen macht ein Horror-Spiel ja schlicht keinen Sinn - der Unterschied zur Buyoff-Situation in TSoY scheint mir also nicht wesentlich  - sondern bei den Auswirkungen. Denn die folgen in UA, sofern man nicht, wie alternativ vorgeschlagen, die Spielerin frei entscheiden lässt, ob nun Abhärtung oder Trauma angemessen ist, eben aus einem zufälligen Würfelwurf und nicht aus der Situation.
« Letzte Änderung: 8.08.2017 | 11:39 von Ucalegon »

Offline Nick-Nack

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #17 am: 8.08.2017 | 11:52 »
Ein paar Kleinigkeiten  ;D

1. Learning by Doing -> Dein Charakter wird nur in Fertigkeiten besser, die er auch anwendet (wobei das jetzt nicht so relevant für deine Fragestellung ist)

2. Trait Vote -> Alle paar Abende reflektiert die Gruppe darüber wie die Charaktere gespielt wurden, du verlierst Traits, die du nicht ausgespielt hast und erhälst evtl. neue, je nachdem wie deine Mitspieler dich wahrgenommen haben

3. Du bekommst weit größerer Belohnungen dafür, wenn du deine Beliefs nicht nur darstellst sondern auf Ziele hinarbeitest oder mit deinen Beliefs brichst.

4. Es ist die zentrale Aufgabe des Spielleiters bei Burning Wheel die Beliefs, Instincts und Traits (BITs) der Charaktere herauszufordern, d.h. Szenen zu initieren in denen die Überzeugungen deines Charakters in Frage gestellt werden, seine Instincts ihn in Probleme bringen und seine Traits für unerwartete Wendungen führen. Noch besser ist es, wenn in der Szene mehrere Elemente angespielt werden und noch besser wenn die auch noch im Widerspruch stehen.

Das ganze ist ein Kreislauf ("Burning Wheel"):

Spieler formulieren BITs -> SL eröffnet Szenen die die BITs herausfordern -> Spieler setzen sich mit den Szenen auseinander -> Spieler erhalten Belohnungen für das ausspielen der BITs und deutlich größere wenn der Charakter dadurch eine Entwicklung durchmacht -> Spieler formulieren neue Beliefs und Instincts, Trait-Vote gibt neue Traits -> das ganze beginnt von vorne
Nichts davon würde ich als Antwort auf meine Ursprungsfrage gelten lassen. Bei 1 ist das denke ich klar. Bei 2 bis 4 handelt es sich nicht um Regeln, die direkt Charakterentwicklung fördern, sondern die sie im Nachhinein belohnen, und damit sind sie genauso wertvoll wie wenn ich einfach am Anfang mit der Gruppe abspreche "wir wollen alle Charakterentwicklung".
Es geht ja nicht darum, die Spieler dazu zu motivieren, sondern ihnen Hilfsmittel an die Hand zu geben, um es dann auch tatsächlich zu bewerkstelligen :)
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Offline Nick-Nack

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #18 am: 8.08.2017 | 12:00 »
Lies mal das belief commentary chapter.
https://www.burningwheel.com/wiki/index.php?title=Downloads
Das hat mir vieles klar gemacht wie beliefs funktionieren und sie die Entwicklung des Charakters zeigen können.
Ah, danke, da sind schon mal einige schöne Ideen drin. Insbesondere, dass bestimmte Believes jeden Spielabend und andere alle ~1-2 Spielabende vorkommen müssen, finde ich eine interessante Regelung. Der letzte Schritt fehlt zwar noch (bis jetzt schaut auch das ja nur von hinten drauf und zeigt einem, wann man eine Regel gebrochen hat, statt sie von Anfang an zu erzwingen), aber da lässt sich denke ich noch was machen :)
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Offline LordBorsti

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #19 am: 8.08.2017 | 12:06 »
Nichts davon würde ich als Antwort auf meine Ursprungsfrage gelten lassen. Bei 1 ist das denke ich klar. Bei 2 bis 4 handelt es sich nicht um Regeln, die direkt Charakterentwicklung fördern, sondern die sie im Nachhinein belohnen, und damit sind sie genauso wertvoll wie wenn ich einfach am Anfang mit der Gruppe abspreche "wir wollen alle Charakterentwicklung".
Es geht ja nicht darum, die Spieler dazu zu motivieren, sondern ihnen Hilfsmittel an die Hand zu geben, um es dann auch tatsächlich zu bewerkstelligen :)

Aber genau das tut es doch? Die Beliefs/Instincts/Traits dienen doch dazu dem Spieler Werkzeuge an die Hand zu geben seinen Charakter zu entwickeln. Um einen Charakter zu entwicklen muss ich doch erstmal überhaupt definieren, wie die Basis aussieht. Das macht Burning Wheel über die BITs. Und dann kann ich als Spieler anfangen diese Basis langsam im Laufe des Spiels zu verändern und dadurch eben eine Charakterentwicklung zu bewirken. Burning Wheel macht das über Anreize/Belohnungen. die wirklich tollen Gummi-Punkte bekommst du nur, wenn du mit deinen Beliefs brichst oder deine Beliefs/Instincts/Traits im Widerspruch stehen und du diese Widersprüche am Spieltisch überzeugend ausspielst. Und danach kann dein Charakter nicht mehr so ein wie vorher, weil du den Widerspruch in die eine oder andere Richtung aufgelöst hast. Du formulierst neue Beliefs oder neue Instincts oder verlierst Traits. Das ist Charakterentwicklung in reinform.

Ich glaube unser Missverständnis beruht darauf, dass es aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten gibt, wie ein RPG Charakterentwicklung fördern kann:

Die erste Variante besteht darin die Veränderung des Charakters auf irgendeine Weise zu belohnen. Burning Wheel wäre da ein Vertreter. Wenn sich dein Charakter verändert, bekommst du die geileren Gummi-Punkte. Dungeon World gehört auch dazu, wenn ich meine Bonds anspiele und auflöse, bekomme ich XP.

Die zweite Variante besteht darin durch die Regeln mechanistisch eine Charakterentwicklung zu forcieren. Ein klassisches Beispiel ist Pendragon mit der Bewertung der Persönlichkeitsmerkmale mit seinen "zweiendigen Skalen". Cuthulhu würde z.B auch dazu rechnen. Wenn du zuviel üble Dinge siehst, wird dein Charakter langsam wahnsinnig und verändert sich und das solltest du als Spieler eigentlich auch ausspielen. Das wären Vetreter, die Charakterentwicklung durch Regeln forcieren.
« Letzte Änderung: 8.08.2017 | 12:11 von LordBorsti »
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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #20 am: 8.08.2017 | 12:10 »
Bei Fate können Charaktere nach dem Erreichen von Meilensteinen ihre Aspekte verändern, sogar ihr Konzept. Da kann ein Charakter also durchaus mit dem Konzept "Geheimnisvoller Waldläufer" starten und nach einem Großen Meilenstein in der Geschichte als "König von Arnor und Gondor" weiterspielen. Fate eignet sich deshalb meiner Meinung nach sehr gut für Charakterentwicklung jenseits von besseren Zahlenwerten.

Offline Issi

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #21 am: 8.08.2017 | 12:15 »
Zitat
Es geht ja nicht darum, die Spieler dazu zu motivieren, sondern ihnen Hilfsmittel an die Hand zu geben, um es dann auch tatsächlich zu bewerkstelligen :)
Oft verändert das Außen das Innen. Je nachdem, wie der Charakter von außen angesehen wird.

Ein wunderschöner Charakter der plötzlich entstellt ist, wird sicherlich eine Charakter Entwicklung durch machen.
Ein ungepflegter, verlodderter Charakter, der plötzlich zu Geld und feinen Kleidern kommt,ebenfalls. Allein dadurch dass ihn die NSC anders behandeln.
Da kann man als Spielleiter viel machen.
Auch die Ressonanz der NSC auf Taten kann helfen.
Wenn ein Charakter Gutes tut, und als Held gefeiert wird, wird er sich irgendwann auch als Held  fühlen.
Ein SC der Schlimmes getan hat, könnte dagegen Spott oder Verachtung ernten (NSC). Vielleicht verliert er die Gunst der Götter und bekommt dafür die der Dämonen.
Wenn ein Charakter etwas lernt, also gebildeter wird könnte das anderen auffallen.
Man kann wie gesagt auch über NSC Angebote machen, die den Charakter zum Beispiel befördern oder die ihn vom hohen Ross holen.

Wie wirkt der SC auf das Umfeld?

Durch sein Äußeres. (Aussehen, Kleidung, Stand, Sprache,Benehmen, Besitz)
Durch seine Taten oder Nicht-Taten. (Gute wie Schlechte)

Das sind Anknüpfungspunkte um idem Spieler zu spiegeln:  Kuck mal so kommt Deine Figur rüber. Stimmt das damit überein, wie Du sie siehst bzw. konzepiert hast?
Daraufhin wird er gegebenenfalls das korrigieren, was er anders haben will.

Sobald der Spieler mit seinem Charakter im Reinen ist, kann man mMn. mit der Verwirrung beginnen, seine Motive herausfordern oder sie in Frage stellen. :)

« Letzte Änderung: 8.08.2017 | 15:16 von Issi »

Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #22 am: 8.08.2017 | 12:20 »
Bei Fate können Charaktere nach dem Erreichen von Meilensteinen ihre Aspekte verändern, sogar ihr Konzept. Da kann ein Charakter also durchaus mit dem Konzept "Geheimnisvoller Waldläufer" starten und nach einem Großen Meilenstein in der Geschichte als "König von Arnor und Gondor" weiterspielen. Fate eignet sich deshalb meiner Meinung nach sehr gut für Charakterentwicklung jenseits von besseren Zahlenwerten.

Das ist mechanisch noch weniger als der leichte Druck durch ein XP-Belohnungssystem. Man macht alles selbst und darf dann, nachdem man seine Figur interessant entwickelt hat, den Charakterbogen entsprechend anpassen. Für Fate, das von statischen Figuren lebt, macht das Sinn. Für das, was hier gesucht wird, kaum.

Offline LordBorsti

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #23 am: 8.08.2017 | 12:25 »
Das ist mechanisch noch weniger als der leichte Druck durch ein XP-Belohnungssystem. Man macht alles selbst und darf dann, nachdem man seine Figur interessant entwickelt hat, den Charakterbogen entsprechend anpassen. Für Fate, das von statischen Figuren lebt, macht das Sinn. Für das, was hier gesucht wird, kaum.

Dass Fate von statischen Figuren lebt, halte ich für falsch. Die Aspekte bieten mechanisch deutlich mehr Entwicklungsmöglichkeit als klassische System mit ihren Attributen und Fertigkeitlisten.  >:(

ABER

Dass Fate keinen Anreiz dafür bietet seinen Charakter zu verändern und zu entwicklen würde ich so unterschreiben :)
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Offline Anro

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #24 am: 8.08.2017 | 12:28 »
Wenn ich es nicht falsch verstanden haben (Habe nur nen lets play gebinchwatched), hat MASK eine Methodik, wo nach Szenen unter bestimmten Voraussetzungen Bonds genutzt werden können, um eine Eigenschaft zu verschieben.
So stehen sich immer Paare gegenüber. Ich kann Sie gerade nicht benennen, aber so etwas wie (Power --x-- Empathie) kann dann in die eine oder andere Richtung verschoben werden. Das hat sowohl regel-technische als auch spielerische Auswirkungen.

Ich halte es für heikel, da man direkt in die Freiheit des Spielers in der Interpretation der Charakterpersönlichkeit eingreift.

Mich würde interessieren, was dein Ziel ist.
Implizit ist eine Charakterentwicklung immer spielbar.
Willst Du es mit Regeln unterstützen oder forcieren?

Vielleicht sind auch Freundschafts- und Fernziele etwas was interessant sein könnte.
- Freundschaftsziele nenne ich, etwas wie "bringe einen anderen dazu ein Gedicht vorzutragen" - "Sei mit wem anders in der Natur alleine und bringe ihn dazu die Schönheit der Natur wahrzunehmen". Diese können sich dann verändern, dass Sie immer die Genüsse der Charaktere repräsentieren.
- Fernziele sind Ziele, die der Spieler anfangs festlegt, was er glaubt, was sein Charakter eines Tages erreichen will "In jeder Stadt der Welt gewesen sein", "Der beste Schwertmeister der Welt". Dann unterteilt in erreichbare Ziele. Diese Ziele können auch geändert werden, wenn man glaubt, dass der Charakter sich nicht mehr dafür interessiert.

Ich weiß, dass das nicht 100% trifft, aber das sind ohne genau zu wissen, wie die Ziele aussehen meine ersten Gedanken.

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #25 am: 8.08.2017 | 12:37 »
Das ist mechanisch noch weniger als der leichte Druck durch ein XP-Belohnungssystem. Man macht alles selbst und darf dann, nachdem man seine Figur interessant entwickelt hat, den Charakterbogen entsprechend anpassen. Für Fate, das von statischen Figuren lebt, macht das Sinn. Für das, was hier gesucht wird, kaum.

Wäre halt die Frage, ob wir nach Systemen suchen, die Charakterentwicklung ermöglichen, oder solchen, die sie erzwingen wollen. Fate kann ersteres mMn recht gut -- wenn der Spieler will, daß sich der Charakter durch seine Erlebnisse verändern soll, dann kann er das, wenn er ihn lieber weitgehend statisch halten möchte, ist das auch in Ordnung --, versucht aber letzteres im Allgemeinen gar nicht erst. (Okay, prinzipiell kann man bei so was wie extremen Konsequenzen oder Spezialfällen wie den Lawbreaker-Stunts bei Dresden Files auch mal ganz grob von "erzwungenen" Veränderungen sprechen...aber auch da hängt es stark von den Entscheidungen des Spielers ab, inwieweit er sich damit herumschlagen muß.)

Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #26 am: 8.08.2017 | 12:40 »
Wenn ich es nicht falsch verstanden haben (Habe nur nen lets play gebinchwatched), hat MASK eine Methodik, wo nach Szenen unter bestimmten Voraussetzungen Bonds genutzt werden können, um eine Eigenschaft zu verschieben.
So stehen sich immer Paare gegenüber. Ich kann Sie gerade nicht benennen, aber so etwas wie (Power --x-- Empathie) kann dann in die eine oder andere Richtung verschoben werden. Das hat sowohl regel-technische als auch spielerische Auswirkungen.

Masks könnte ein guter Tipp sein. Gerade als Coming of Age-Rollenspiel. Review.

Zitat
A significant difference from most PbtA games: in lieu of character stats representing agility, strength, charm, etc., the characters have Labels that will change throughout an episode. The Labels represent the character sees her identity, but also the way others see her, or want to see her change.
[...]
These Labels’ ratings can change as the character’s self-image evolves with the use of some playbook moves, using Team pool points selfishly (see below), or when someone exerts Influence over her; the change usually involves raising one Label rating by one point, and lowering another by one.

Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #27 am: 8.08.2017 | 12:47 »
Wäre halt die Frage, ob wir nach Systemen suchen, die Charakterentwicklung ermöglichen, oder solchen, die sie erzwingen wollen. Fate kann ersteres mMn recht gut -- wenn der Spieler will, daß sich der Charakter durch seine Erlebnisse verändern soll, dann kann er das, wenn er ihn lieber weitgehend statisch halten möchte, ist das auch in Ordnung --, versucht aber letzteres im Allgemeinen gar nicht erst.

Nick-Nack sucht nach Regeln und nennt einleitend das Belohnungssystem aus DW. Ich würde das mal so interpretieren, dass es nicht um Rollenspiele geht, die mechanisch noch dahinter zurückfallen wie Fate oder gar überhaupt nichts anzubieten haben außer lauwarme SL-Tipps wie das bei den meisten anderen trad-Systemen der Fall ist.

Offline Nick-Nack

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #28 am: 8.08.2017 | 13:13 »
Mich würde interessieren, was dein Ziel ist.
Implizit ist eine Charakterentwicklung immer spielbar.
Willst Du es mit Regeln unterstützen oder forcieren?
Eher forcieren. Beispielsweise _zwingen_ die Playbooks bei PbtA-Systemen die Spieler dazu, ihre Charaktere klischeehaft entsprechendes des emulierten Genres zu spielen, einfach weil die Regeln explizit nur auf genretypische Handlungen ausgelegt sind und andere teilweise gar nicht abdecken. Ich suche etwas ähnliches für Charakterentwicklung: Angenommen, ich habe Spieler (und einen Spielleiter) am Tisch, die überhaupt keine Ahnung von Charakterentwicklung haben. Welches System sollte ich spielen, damit sie trotzdem eine gute Charakterentwicklung hinlegen?
Man kann sich jetzt über die Grenze zwischen _unterstützen_ und _forcieren_ streiten, aber viele der Systeme, die hier genannt wurden, machen weder das eine, noch das andere, sondern _ermöglichen_ nur eine Charakterentwicklung.
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Offline Mr.Renfield

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #29 am: 8.08.2017 | 13:18 »
Angenommen, ich habe Spieler (und einen Spielleiter) am Tisch, die überhaupt keine Ahnung von Charakterentwicklung haben.

gegenfrage: warum? wenn die leute sowas weder kennen noch wollen, warum dazu zwingen drängen?

Offline Chruschtschow

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #30 am: 8.08.2017 | 13:30 »
Bei Fate gibt es das auch bei verschiedenen Varianten. Im Allgemeinen hast du bei Fate ja deutlich mehr Möglichkeiten für eine Veränderung deines SC als für eine Verbesserung. Kleine Meilensteine fürs Austauschen von Aspekten, Fertigkeiten und Stunts gibt es ja ziemlich oft, weshalb die Aussage für mich nicht nachvollziehbar ist, das ganze sei statisch. Aber ja, das ermöglicht, erzwingt aber nicht.

Entrée Fight Fire. Hier spielen die SC Feuerwehrleute a la Backdraft, Chicago Fire etc. Und das hat die einfache Regel in Richtung: "Alle Konsequenzen werden zu Charakteraspekten." Konsequenzen entstehen im Allgemeinen beim Retten und Feuerbekämpfen. Konsequenzen werden wie üblich geheilt, also von der akuten "Verletzung" (Brandwunde im Gesicht, Ich habe meinen Partner sterben sehen) in eine dauerhaftere Form übertragen (Brandnarben im Gesicht, Schuld des Überlebenden). Und damit hinterlassen die Einsätze entsprechende Narben, weil die geheilten Aspekte zwar keine Konsequenzenslots mehr füllen, weiter aber Teil des SC sind.
« Letzte Änderung: 8.08.2017 | 13:32 von Chruschtschow »
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #31 am: 8.08.2017 | 13:34 »
Welches System sollte ich spielen, damit sie trotzdem eine gute Charakterentwicklung hinlegen?

"Charakterentwicklung" kann ganz unterschiedlich aussehen. Die Mechaniken dementsprechend auch. Ich habe das in meiner Liste oben ein bisschen sortiert. Forciert wird da überall. Den Playbooks aus AW ähneln z.B. die Persönlichkeitsprofile aus Carry.

Suchst du jetzt ein konkretes Rollenspiel, das die Aragorn-Story macht oder eine Übersicht über Herangehensweisen?

Entrée Fight Fire. Hier spielen die SC Feuerwehrleute a la Backdraft, Chicago Fire etc. Und das hat die einfache Regel in Richtung: "Alle Konsequenzen werden zu Charakteraspekten." Konsequenzen entstehen im Allgemeinen beim Retten und Feuerbekämpfen. Konsequenzen werden wie üblich geheilt, also von der akuten "Verletzung" (Brandwunde im Gesicht, Ich habe meinen Partner sterben sehen) in eine dauerhaftere Form übertragen (Brandnarben im Gesicht, Schuld des Überlebenden). Und damit hinterlassen die Einsätze entsprechende Narben, weil die geheilten Aspekte zwar keine Konsequenzenslots mehr füllen, weiter aber Teil des SC sind.

Auf Jason Morningstar ist Verlass. Das klingt nach einem funktionalen Hack.  :d

« Letzte Änderung: 8.08.2017 | 13:38 von Ucalegon »

Offline Nick-Nack

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #32 am: 8.08.2017 | 13:37 »
gegenfrage: warum? wenn die leute sowas weder kennen noch wollen, warum dazu zwingen drängen?
In der Realität gibt es sehr häufig Spieler, die es nicht kennen - was aber nicht heißt, dass sie es nicht wollen. Es gibt auch Millionen Fernsehzuschauer, die keine Ahnung von Charakterentwicklung haben, aber trotzdem Shows bevorzugen, in denen diese gut umgesetzt ist. Und Rollenspiel ist letztlich nur ein weiteres Medium, für das das gleiche gilt.
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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #33 am: 8.08.2017 | 13:38 »
"Charakterentwicklung" kann ganz unterschiedlich aussehen. Die Mechaniken dementsprechend auch. Ich habe das in meiner Liste oben ein bisschen sortiert. Forciert wird da überall. Den Playbooks aus AW ähneln z.B. die Persönlichkeitsprofile aus Carry.

Suchst du jetzt ein konkretes Rollenspiel, das die Aragorn-Story macht oder eine Übersicht über Herangehensweisen?
Deine Liste ist, glaube ich, schon ganz gut, ich bin bisher nur noch nicht durch alle Beispiele durch :)
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Offline Chruschtschow

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #34 am: 8.08.2017 | 13:45 »
Auf Jason Morningstar ist Verlass. Das klingt nach einem funktionalen Hack.  :d

Auf der Negativseite musst du halt im Blick halten, dass du eventuell riesige Mengen dann entsprechend verwässerter Aspekte ansammelst. Da muss dann halt irgendwann angemessen zusammengefasst werden und die vielen kleinen Neurosen werden zu einem ausgewachsenen PTSS.
Tolles Setting, würde ich aber mit Fate spielen. Und jeder Thread ist ein potentieller Fate-Thread. :d

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Offline nobody@home

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #35 am: 8.08.2017 | 14:01 »
In der Realität gibt es sehr häufig Spieler, die es nicht kennen - was aber nicht heißt, dass sie es nicht wollen. Es gibt auch Millionen Fernsehzuschauer, die keine Ahnung von Charakterentwicklung haben, aber trotzdem Shows bevorzugen, in denen diese gut umgesetzt ist. Und Rollenspiel ist letztlich nur ein weiteres Medium, für das das gleiche gilt.

"Es gibt Leute, die nicht wissen, daß sie dasselbe wollen wie ich, aber ich weiß das besser als sie und muß sie also nur hinreichend zu ihrem Glück zwingen, damit sie zu derselben Erkenntnis kommen" ist...nicht unbedingt immer das beste Argument.

Offline Gilgamesch

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #36 am: 8.08.2017 | 14:18 »
Okay, es stimmt natürlich, dass Fate die Charakterentwicklung nur unterstützt, aber nicht erzwingt. Bei einem System, das von Player Empowerment lebt, ist das ja auch naheliegend.

Wenn es explizit um Systeme mit erzwungener Charakterentwicklung gehen soll, fällt mir Cthulhu Edition 7 ein. Wenn dort ein Investigator nach einem missglückten Stabilitätswurf einen Anfall von Wahnsinn erleidet, darf der Spielleiter einen Hintergrundeintrag auf dem Charakterbogen umschreiben. Der Spielleiter erzwingt hier also eine Charakterentwicklung, die - abgesehen vom sinkenden Stabilitätswert - nichts mit Zahlenwerten zu tun hat.

Offline Anro

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #37 am: 8.08.2017 | 14:48 »
"Es gibt Leute, die nicht wissen, daß sie dasselbe wollen wie ich, aber ich weiß das besser als sie und muß sie also nur hinreichend zu ihrem Glück zwingen, damit sie zu derselben Erkenntnis kommen" ist...nicht unbedingt immer das beste Argument.

Das "zwingen" kam von mir und ist doch nur ein etwas schärferer Ausdruck für mechanisch (stark) unterstützen. Schon klingt es nett. Aber nicht so lustig und klar im Vergleich zu den anderen Möglichkeiten.

Zudem ist jemanden aus seiner Komfortzone zu bringen oft mit einer Form von Zwang zu bewerkstelligen und ja - dann ist es plötzlich echt schön da draußen.
(Locken geht auch, ist aber psychologisch irgendwie auch zwang, weil Belohnungsverwehrung letztendlich Strafe und somit Zwang ist).

@NN:
Kurze Philosophie:
Wenn wir davon ausgehen, dass eine Wirkung zu einer Reaktion führt ... und Charakterentwicklung extrensisch ist...
Um Änderungen dann zu erhalten, muss ein Charakter einen Anreiz von Außen bekommen. Von der Situation (GM), einem Gedanken/Vortrag(GM/anderer Spieler). Würde heißen, man würde als Spieler in bestimmten Intervallen (nach jeder Szene mit persönlichem Einfluss z.b.) Crossroad/Kreuzungs Vorschläge bekommen, wo die anderen Spieler anbieten, dass dieser Moment stark genug wäre um sein Hauptziel zu ändern. Diese Kreuzung würde dann als Wendepunkt vermerkt und der Charakter würde nun durch andere Entscheidungen, die dem neuen "Ziel/Virtue/Trait/Motivation" entsprechen belohnt werden.

Wenn wir davon ausgehen, dass eine Wirkung zu einer Gegenwirkung führt ... und daher Charakterentwicklung intrensisch ist...
(Reaktion = automatisch, Gegenwirkung = selbstbestimmte Aktion)
Dann sollte ein Charakter seine Ziele nur ändern dürfen, wenn eine bestimmte Situation eintritt, die sein altes Ziel aushebelt oder ein anderes extrem stark begründet. (und dann vielleicht noch ein "Wurf" auf etwas, damit er nicht seine Glaubensstruktur wie Hüte wechselt)
Kleines Beispiel:
Der Spieler hasst Orks und will alle auslöschen (lame, aber ok...).
A) Nun sieht er wie ein Baby von einem Echsenwesen gestohlen und gefressen wird.
B) Ein Ork rettet ihm das Leben.
zu A) Der Spieler weiß, er geht mit dem Charakter nun eh gegen Echsenwesen und nicht mehr gegen Orks, er opfert das Ziel (kleine Kosten ggf.) und ist von nun an "Hass auf Echsenwesen". Vielleicht bekommt er pro Hasserfüllter Aktion gegen Echesen nun Bonusxp, whatever.
zu B) Der Spieler kann nun vielleicht sein Ziel ändern in "Helfen Orks zu konvertieren und zu beschützen" oder Ähnliches, oder er verliert sein Ziel und erhält ein wenig "Teilabschluss"-Bonus. Er braucht dann eine neue Situation um ein neues langfristiges Ziel/Motivation zu erhalten, aber dafür hat er keine Wechselkosten.

So, ich hoffe es hat etwas Sinn gemacht und konnte irgendwie helfen.
« Letzte Änderung: 8.08.2017 | 14:50 von Anro »

alexandro

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #38 am: 8.08.2017 | 14:53 »
Eher forcieren. Beispielsweise _zwingen_ die Playbooks bei PbtA-Systemen die Spieler dazu, ihre Charaktere klischeehaft entsprechendes des emulierten Genres zu spielen, einfach weil die Regeln explizit nur auf genretypische Handlungen ausgelegt sind und andere teilweise gar nicht abdecken. Ich suche etwas ähnliches für Charakterentwicklung: Angenommen, ich habe Spieler (und einen Spielleiter) am Tisch, die überhaupt keine Ahnung von Charakterentwicklung haben. Welches System sollte ich spielen, damit sie trotzdem eine gute Charakterentwicklung hinlegen?

Smallville ist dafür ideal.

Für die Würfe bringen die Überzeugungen und Beziehungen Würfel. Man kann diese aber auch hinterfragen und dafür mehr Würfel bekommen, allerdings muss man sich dafür am Ende der Spielsitzung überlegen, wie sich die Überzeugungen/Beziehungen durch die Ereignisse des Spiels verändern.

Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #39 am: 8.08.2017 | 14:54 »
"Es gibt Leute, die nicht wissen, daß sie dasselbe wollen wie ich, aber ich weiß das besser als sie und muß sie also nur hinreichend zu ihrem Glück zwingen, damit sie zu derselben Erkenntnis kommen" ist...nicht unbedingt immer das beste Argument.

Ach komm. Weder Nick-Nack noch irgendwer sonst zwingt Leute dazu, Rollenspiele zu spielen, die ihnen nicht gefallen. Bei Proberunden für irgendwelchen trad-Kram wird doch auch nicht so ein Terz gemacht.

Offline Boba Fett

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #40 am: 8.08.2017 | 15:03 »
In der Realität gibt es sehr häufig Spieler, die es nicht kennen - was aber nicht heißt, dass sie es nicht wollen. Es gibt auch Millionen Fernsehzuschauer, die keine Ahnung von Charakterentwicklung haben, aber trotzdem Shows bevorzugen, in denen diese gut umgesetzt ist. Und Rollenspiel ist letztlich nur ein weiteres Medium, für das das gleiche gilt.
"Es gibt Leute, die nicht wissen, daß sie dasselbe wollen wie ich, aber ich weiß das besser als sie und muß sie also nur hinreichend zu ihrem Glück zwingen, damit sie zu derselben Erkenntnis kommen" ist...nicht unbedingt immer das beste Argument.

Die von Nick-Nack getätigte und von Dir zitierte Aussage und das von darunter interpretierte sind von vollkommen anderem Inhalt.

Nick Nack behauptet in keiner Weise, besser zu wissen, was andere wollen. Das unterstellst Du ihm aber.
Ich finde, das ist ein schlechter Diskussionsstil...

Vor allem hat Nick-Nack recht!

Menschen haben Wissensdefizite und auch auch Defizite in der Selbstreflektion.
(Das zeigt sich zum Beispiel sehr gut bei der Eigenbewertung von Vorlieben und Qualitäten von Spielern und Spielleitern...)
Und Menschen sind nicht selten konservativ und lehnen schnell pauschal Neuerungen ab, weil diese Aufwand bedeuten und unbequem erscheinen.

Deswegen muss man nicht glauben, es automatisch besser zu wissen.
Aber man muss auch nicht gleich davon ausgehen, dass eine getätigte Meinung zu einem Spielstil (oder was anderem) garantiert stimmt.
Nicht selten zeigt ein einfaches "mal ausprobieren" dass etwas selbst erlebtes ganz anders bewertet wird, als es in der Vorschlags-Kommunikation bewertet wurde.
Natürlich nur, wenn es keine voreingenommene ablehnende Grundhaltung existiert, die aus der vorangegangenen Kommunikation resultiert...

Und genau so soll dass nicht heissen, dass man den Vorschlag immer mit Gewalt durchboxen sollte.
Aber ein offener und unvoreingenommener Test zeigt meistens das beste Resultat.
« Letzte Änderung: 8.08.2017 | 15:10 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Nick-Nack

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #41 am: 8.08.2017 | 15:39 »
"Es gibt Leute, die nicht wissen, daß sie dasselbe wollen wie ich, aber ich weiß das besser als sie und muß sie also nur hinreichend zu ihrem Glück zwingen, damit sie zu derselben Erkenntnis kommen" ist...nicht unbedingt immer das beste Argument.
Das hat nichts mit meiner Aussage zu tun. Die Spieler _wollen_ Charakterentwicklung, sie wissen aber nicht, _wie_, und deswegen suche ich Regeln, die sie in die richtige Bahn lenken.
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Offline 1of3

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #42 am: 8.08.2017 | 19:59 »
Die Keys aus The Shadow of Yesterday wären noch ein Kandidat. Davon gabs mal eine deutsche Übersetzung, aber die ist irgendwie weg.

Offline nobody@home

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #43 am: 8.08.2017 | 21:04 »
Das hat nichts mit meiner Aussage zu tun. Die Spieler _wollen_ Charakterentwicklung, sie wissen aber nicht, _wie_, und deswegen suche ich Regeln, die sie in die richtige Bahn lenken.

 wtf?

...okay, danke für die Klarstellung, mir will nur nach wie vor nicht in den Kopf, wie "sie wissen, daß sie Charakterentwicklung wollen, aber nicht, wie man das anstellen könnte" überhaupt in der Praxis aussehen könnte. Liegt vermutlich daran, daß Charakterentwicklung -- so vom Spieler gewünscht -- für mich eine der normalsten Sachen von der (Rollenspiel-)Welt ist und sich mir die Frage "wie vermittle ich das jetzt jemandem, der es will, aber irgendwie einfach nicht schon von sich aus auf die Reihe kriegt?" einfach noch nie gestellt hat.

Ein System mit eventuellen "Stützrädern" für Charakterentwicklung, das mir spontan noch einfiele, wäre Marvel Heroic Roleplaying mit seinen eigenen "Meilensteinen". In dem Fall besteht ein Meilenstein aus drei thematisch zusammenhängenden potentiellen Charakterhandlungen für die Zukunft, die jeweils unterschiedliche Mengen an Erfahrungspunkten (einen, drei, oder zehn) einbringen, wobei die Handlung, die den 10-Punkte-Bonus rechtfertigt, gleichzeitig auch die "Auflösung" des Meilensteins und des damit verbundenen Subplots mit sich bringt, so daß sich der Spieler bei Gelegenheit einen neuen suchen kann. Ob ich nun gerade dieses System für "Anfänger" empfehlen würde, weiß ich allerdings nicht; soweit man hört, sind es gerade die Meilensteine und das Ausdenken derselben, mit denen Neueinsteiger in MHR ohnehin schon am meisten zu kämpfen haben, außerdem wird das System nach dem seinerzeitigen überraschenden Lizenzentzug durch Marvel nicht mehr aktiv vertrieben oder unterstützt.

Offline Selganor [n/a]

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #44 am: 8.08.2017 | 21:30 »
Ein System mit eventuellen "Stützrädern" für Charakterentwicklung, das mir spontan noch einfiele, wäre Marvel Heroic Roleplaying mit seinen eigenen "Meilensteinen". In dem Fall besteht ein Meilenstein aus drei thematisch zusammenhängenden potentiellen Charakterhandlungen für die Zukunft, die jeweils unterschiedliche Mengen an Erfahrungspunkten (einen, drei, oder zehn) einbringen, wobei die Handlung, die den 10-Punkte-Bonus rechtfertigt, gleichzeitig auch die "Auflösung" des Meilensteins und des damit verbundenen Subplots mit sich bringt, so daß sich der Spieler bei Gelegenheit einen neuen suchen kann. Ob ich nun gerade dieses System für "Anfänger" empfehlen würde, weiß ich allerdings nicht; soweit man hört, sind es gerade die Meilensteine und das Ausdenken derselben, mit denen Neueinsteiger in MHR ohnehin schon am meisten zu kämpfen haben, außerdem wird das System nach dem seinerzeitigen überraschenden Lizenzentzug durch Marvel nicht mehr aktiv vertrieben oder unterstützt.

Wobei MHR da auch nur einen Rahmen bietet wofuer man XP kriegt, aber nicht wie man diese XP dann ausgibt (das ist in MHR wirklich bloed gehandhabt)

Wenn ich es nicht falsch verstanden haben (Habe nur nen lets play gebinchwatched), hat MASK eine Methodik, wo nach Szenen unter bestimmten Voraussetzungen Bonds genutzt werden können, um eine Eigenschaft zu verschieben.
So stehen sich immer Paare gegenüber. Ich kann Sie gerade nicht benennen, aber so etwas wie (Power --x-- Empathie) kann dann in die eine oder andere Richtung verschoben werden. Das hat sowohl regel-technische als auch spielerische Auswirkungen.

Ich halte es für heikel, da man direkt in die Freiheit des Spielers in der Interpretation der Charakterpersönlichkeit eingreift.
Wenn du damit "Masks: A New Generation" (das PbtA-System fuer "Junge Superhelden" aka "Young Justice: the RPG") meinst dann sind das nicht einfach "Persoenlichkeit sondern sind tatsaechlich die Attribute (Danger, Freak, Mundane, Savior, Superior) die nicht nur darstellen wie der Rest der Welt den Charakter sieht (je hoeher Danger ist desto gefaehrlicher wird er wahrgenommen) sondern auch wie der Charakter sich selbst sieht.
Dieser Attributswechsel ist ein Kernaspekt des Spiels und kann durch verschiedenste Mechanismen getriggert werden um damit darzustellen wie diese Charaktere noch dabei sind ihren eigenen "Weg" oder ihre "Position" in der Welt zu finden. Sobald sie aber (bis zu zweimal) einen "Moment of Truth" hatten und aktiviert haben koennen sie damit eines der Labels fixieren und es kann (auch von ihnen selbst freiwillig) nicht mehr geaendert werden.

Aber Masks ist auch ein gutes Beispiel wie man "Aufstiege" in bestimmte Richtungen lenkt. So kann z.B. der Outsider (meistens ein Alien oder andere "Exoten") als einen seiner Advances sich die "Secret ID" (die einer der Kernaspekte des Janus aka "maskierter Superheld mit Geheimidentitaet und normalem Leben") zulegen oder der Doomed (der zwar immer mehr Power kriegt, aber die letzte "Power" ist, dass das Damoklesschwert dads die ganze Zeit schon ueber ihm geschwebt hat faellt und er jetzt tot ist) kann als einen seiner Advances entscheiden, dass er sich jetzt (zu seinen Konditionen)  der Quelle seines Dooms stellt und (falls er das ueberlebt) danach das Playbook wechselt (weil er dann ja nicht mehr "Doomed" ist)
Abraham Maslow said in 1966: "It is tempting, if the only tool you have is a hammer, to treat everything as if it were a nail."

Offline LordBorsti

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #45 am: 9.08.2017 | 10:25 »
...
Ein System mit eventuellen "Stützrädern" für Charakterentwicklung, das mir spontan noch einfiele, wäre Marvel Heroic Roleplaying mit seinen eigenen "Meilensteinen". In dem Fall besteht ein Meilenstein aus drei thematisch zusammenhängenden potentiellen Charakterhandlungen für die Zukunft, die jeweils unterschiedliche Mengen an Erfahrungspunkten (einen, drei, oder zehn) einbringen, wobei die Handlung, die den 10-Punkte-Bonus rechtfertigt, gleichzeitig auch die "Auflösung" des Meilensteins und des damit verbundenen Subplots mit sich bringt, so daß sich der Spieler bei Gelegenheit einen neuen suchen kann. Ob ich nun gerade dieses System für "Anfänger" empfehlen würde, weiß ich allerdings nicht; soweit man hört, sind es gerade die Meilensteine und das Ausdenken derselben, mit denen Neueinsteiger in MHR ohnehin schon am meisten zu kämpfen haben, außerdem wird das System nach dem seinerzeitigen überraschenden Lizenzentzug durch Marvel nicht mehr aktiv vertrieben oder unterstützt.

Kann ich nachvollziehen, dass das Ausdenken von Meilensteinen probleme bereitet. Dazu muss man die Charaktere bzw. das Genre schon ziemlich gut kennen.

Die Meilensteine sind in sofern sinnvoll, weil man beim MHR ja bekannte Comic-Helden "nachspielt". Wenn jemand also Spiderman spielt, aber keine Ahnung von Spiderman hat, dann braucht er - sofern sie gut formuliert sind - nur auf die Meilensteine schauen und kann den Charakter dann anhand der Meilensteine rollengerecht spielen. Für diesen Spezielfall sind die schon ziemlich gut. Für selbsterstellte Charaktere, finde ich das eher weniger sinnvoll.

Man könnte das System aber sinnvoll übertragen, indem man es an literarische oder Genre-Archetypen koppelt.

Beispiel: Ich spiele einen Charakter der dem Paladin-Archetypen entspricht. Dann könnten meine Meilensteine beispielsweise so aussehen:
- Beschütze einen Unschuldigen vor Willkür (1 XP)
- Entscheide dich ein Gesetz für eine größere Sache zu brechen oder ein Gesetz wortgetreu zu befolgen trotz möglicher negativer Konsquenzen (3 XP)
- Konfrontiere den Big Bad Evil Guy (10 XP)

Das geht dann ein bisschen in Richtung Alignment Moves von Dungeon World.

Wobei echte Charakterentwicklung ist das nicht, sondern geht eher in Richtung nachspielen.
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Offline Anro

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #46 am: 9.08.2017 | 11:00 »
Wobei echte Charakterentwicklung ist das nicht, sondern geht eher in Richtung nachspielen.

Ist es nicht so, dass diese Art den Charakter zu beschreiben dazu führt, dass man Charakterentwicklung dadurch erhält, dass man diese Beschreibung ändert?
Eine Charakterentwicklung ist doch eben die Sprengung und Neu-definition des selbstauferlegten Moral-/Regelkorsetts, oder sehe ich das falsch?

Wenn du damit "Masks: A New Generation" (das PbtA-System fuer "Junge Superhelden" aka "Young Justice: the RPG") meinst dann sind das nicht einfach "Persoenlichkeit sondern sind tatsaechlich die Attribute (Danger, Freak, Mundane, Savior, Superior) die nicht nur darstellen wie der Rest der Welt den Charakter sieht (je hoeher Danger ist desto gefaehrlicher wird er wahrgenommen) sondern auch wie der Charakter sich selbst sieht.
Jupps, wie gesagt, nur nebenbei geschaut und nicht ganz sauber abgespeichert (verwischt mit einem Homebrew-Engelartigen System, wo man einen Slider hat, wo man die Attribute verschiebt).
Danke für die schöne, gut erklärte Darlegung der Grundidee des Systems.

Offline nobody@home

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #47 am: 9.08.2017 | 11:25 »
Ist es nicht so, dass diese Art den Charakter zu beschreiben dazu führt, dass man Charakterentwicklung dadurch erhält, dass man diese Beschreibung ändert?
Eine Charakterentwicklung ist doch eben die Sprengung und Neu-definition des selbstauferlegten Moral-/Regelkorsetts, oder sehe ich das falsch?

Zumindest scheint Nick-Nacks Vorstellung von "Charakterentwicklung" im Ausgangspost in gerade diese Richtung zu zielen. Das heißt dann natürlich auch, daß es ein entsprechendes etabliertes (und anspielbares) Korsett erst einmal überhaupt geben muß, damit man es dann im Rahmen der Weiterentwicklung auch sprengen kann.

Offline Anro

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #48 am: 9.08.2017 | 11:29 »
Zumindest scheint Nick-Nacks Vorstellung von "Charakterentwicklung" im Ausgangspost in gerade diese Richtung zu zielen. Das heißt dann natürlich auch, daß es ein entsprechendes etabliertes (und anspielbares) Korsett erst einmal überhaupt geben muß, damit man es dann im Rahmen der Weiterentwicklung auch sprengen kann.
Dann ist es zumindest beeindruckender.

Wenn man als unbeschriebenes Blatt ohne Ziele, Moralregeln und Vorurteile in die Welt tritt und eine schlimme Sache erlebt - oder mehrere - dann schnürt man langsam ein Korsett.

Aber das sprengen und neu definieren ist sicherlich geiler, als das langsam anziehen.

Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #49 am: 9.08.2017 | 12:15 »
Man könnte das System aber sinnvoll übertragen, indem man es an literarische oder Genre-Archetypen koppelt.

Beispiel: Ich spiele einen Charakter der dem Paladin-Archetypen entspricht. Dann könnten meine Meilensteine beispielsweise so aussehen:
- Beschütze einen Unschuldigen vor Willkür (1 XP)
- Entscheide dich ein Gesetz für eine größere Sache zu brechen oder ein Gesetz wortgetreu zu befolgen trotz möglicher negativer Konsquenzen (3 XP)
- Konfrontiere den Big Bad Evil Guy (10 XP)

Das geht dann ein bisschen in Richtung Alignment Moves von Dungeon World.

Wobei echte Charakterentwicklung ist das nicht, sondern geht eher in Richtung nachspielen.

Darauf hat Lord Verminaard ja hingewiesen:

Regeln zur Persönlichkeitsentwicklung sind ja was anderes als einfach nur Personality Traits, wichtig ist ja immer die Dynamik, ich habe also auch eine (regeltechnische) Möglichkeit zur Veränderung und dadurch wird das Spiel auf die entsprechenden Konflikte/Entscheidungen zugespitzt.

Dementsprechend ergänzt TSoY dein Belohnungs-Modell oben durch den Buyoff:

Zitat
All Keys have a Buyoff, which is a reversal from the Key by the character. All Buyoffs give the character 10 experience points. This Buyoff occurs only when you, the player, wants it to happen: you can lose a battle with the Key of Bloodlust and still keep the Key. If you want your character to undergo a change in his personality, though, adding to the story, you can take this Buyoff by fulfilling it. If you do take the Buyoff, you can never take this Key again.

Ist es nicht so, dass diese Art den Charakter zu beschreiben dazu führt, dass man Charakterentwicklung dadurch erhält, dass man diese Beschreibung ändert?
Eine Charakterentwicklung ist doch eben die Sprengung und Neu-definition des selbstauferlegten Moral-/Regelkorsetts, oder sehe ich das falsch?

Eine, aber sicher nicht die einzige, würde ich sagen. Die Rollenspiele auf meiner Liste oben machen das z.B. alle anders. Masks als Coming of Age-Story auch. [Die Theoriediskussion haben wir übrigens hier mal angefangen.]

Ucalegon

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #50 am: 10.08.2017 | 14:55 »
Zwei weitere (etwas generischere) Systeme, auf die du einen Blick werfen kannst, sind:

Becoming - Die Heldin hat verschiedene Tugenden und Stärken. Im Laufe ihrer Quest wird sie von den Schicksalsgöttinen (restliche Spielerinnen) in Versuchung geführt, die ihr Hilfe versprechen, aber damit gleichzeitig ihre Tugenden ins Negative umkehren wollen. Die Heldin kann im Gegenzug versuchen, wieder zu verlorenen Tugenden zurückzufinden oder sie zu stärken.

Spark - Das Setting und die Figuren haben bestimmte Überzeugungen, in denen sie bestärkt werden oder die sie in Zweifel ziehen können. Beides wird mit Einfluss-Tokens belohnt, mit denen man u.a. am Ende einer Episode Andere dazu inspirieren kann, eine ihrer Überzeugungen zu ändern - was aber nicht zwingend bedeutet, dass sie abgelegt wird.

Offline nobody@home

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Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #51 am: 15.08.2017 | 12:31 »
Noch'n (wahrscheinlich etwas obskures) Spiel zum Thema Charakterentwicklung: Tenra Bansho Zero. Ohne hier das ganze betreffende System zitieren zu wollen, kann man die für den Faden relevanten Grundzüge ungefähr so zusammenfassen:

-- Jeder Charakter hat eine Anzahl von "Schicksalen" (ich übersetze "Fates" aus der englischen Version jetzt mal wörtlich). Das können Ziele sein, Beziehungen, Dinge, die dem Charakter aus seiner Vergangenheit noch nachhängen...halt so ziemlich alles Mögliche, was die Persönlichkeit des Charakters formt und sich interessant ins Spiel einbringen läßt. Spieler werden für dieses Einbringen von der Gruppe belohnt, aber auf die diesbezüglichen "Aiki"-Regeln will ich hier jetzt nicht speziell eingehen. Startcharaktere haben normalerweise zwei Schicksale, können sich aber später neue zulegen und/oder schon vorhandene steigern; der Wertebereich geht dabei von 2 bis 5, die mögliche Höchstzahl an Schicksalen liegt bei acht.

-- Zu bestimmten Zeitpunkten kann der Spieler gegen diese Schicksale würfeln, um Gummipunkte ("Kiai") zu erhalten. Je höher sowohl der Wert des betreffenden Schicksals als auch das Empathie-Attribut des Charakters dabei sind, um so mehr Punkte werden dabei wahrscheinlich herauskommen. Kiai läßt sich wie für Gummipunkte so üblich für verschiedene Zwecke nutzen, vom einfachen Kaufen von Einmal-Bonuswürfeln bis zur mechanischen Charakterverbesserung. Man könnte also grob sagen, je leidenschaftlicher der Charakter, um so mehr Boni fürs Spiel.

-- Jetzt der Knackpunkt: TBZ leiht sich aus dem Buddhismus die Idee, daß es andererseits nicht gut ist, sich zu sehr an die Welt zu klammern. Ausgegebenes Kiai verpufft nicht einfach, sondern wird aufgehoben und verwandelt sich zu gegebener Spielphase in "Karma". Das ist nicht unbedingt nur schlecht -- beispielsweise erlaubt ein hoher Karmawert mehr Investitionen in Schicksale --, aber wenn das Karma eines Charakters über 108 steigt und nicht rechtzeitig wieder reduziert wird, verwandelt er sich in einen mehr oder weniger unkontrollierbaren NSC ("Asura"), der nur noch seinen Leidenschaften und Obsessionen frönt und den der Spieler auch nicht mehr zurückbekommt. Zum Glück kann man Karma auch wieder abbauen, bevor die Grenze endgültig überschritten ist...

-- ...und zwar zufällig genau, indem der Spieler zu gegebener Zeit hingeht und Schicksale seines Charakters umschreibt (was nebenbei automatisch ihren Wert um 1 reduziert) oder sich komplett von ihnen trennt. Im Endeffekt werden Charaktere aufgestautes Karma also gerade über das Weiterentwickeln ihrer Persönlichkeit wieder los.

Tenra Bansho Zero ist in dieser Hinsicht eins der mMn interessanteren Systeme, allerdings muß man sich schon ein bißchen mit dem Setting (so eine Art anachronistisches Fantasy-Japan auf einem anderen Planeten) anfreunden können, weil die Regeln und insbesondere Charakterarchetypen ihrerseits doch recht direkt mit diesem verknüpft sind.

Ucalegon

  • Gast
Re: Regeln für Charakterentwicklung?
« Antwort #52 am: 2.01.2018 | 14:36 »
Auf Twitter gibt es gerade einen Thread dazu, wo auch gesammelt wird.

Ein weiteres Rollenspiel: Sufficiently Advanced 2E. Figuren haben sog. Core Values (von 1 "I am not completely convinced" bis 5 "I am obsessed. I will die for this belief."), deren Zahlenwert sich in Konflikten ändern oder die ganz ausgetauscht werden können. Die Spielerinnen dürfen außerdem Plots rund um CV ansagen, die sie festigen, erodieren oder neu interpretieren. Ziel und Kosten dafür werden von Anfang an festgelegt und die Figuren können dann langfristig daran arbeiten.