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Ziele von Rollenspielen und Spieldesignern
BBB:
Hallo zusammen,
nachdem ich mich jetzt viele Stunden durch bestehende Diskussionsstränge gelesen und vieles gelernt habe (danke dafür!), lässt mich eine Frage nicht mehr los: Wenn ihr in der Vergangenheit ein eigenes Rollenspielsystem entwickelt habt oder gerade daran sitzt, eines zu entwickeln, welche Ziele verfolgt ihr (als Designer) damit und welches Ziel hat das Spiel?
Hintergrund ist der, dass ich mir immer mal wieder Gedanken darüber mache, wie man Rollenspiele entwickeln könnte und wie man dabei am besten anfängt, bzw. welche Schritte dabei zu gehen sind. Hier im Forum habe ich nun immer wieder davon gelesen, dass es am sinnvollsten sei sich zunächst über die eigenen Ziele im Klaren zu sein und dann auf diese hinzuarbeiten - was im ersten Moment absolut nachvollziehbar und logisch klingt. Aber in der Praxis erscheint es mir nicht ganz so trivial, denn ich bin mir nicht so sicher, ob sich die meisten Spielentwickler ihrer Ziele tatsächlich bewusst sind.
Vielleicht unterschätze ich sie aber auch.
Deswegen wollte ich an dieser Stelle einfach mal nachfragen: Welche Ziele verfolgt ihr als Entwickler mit euren Spielen, und welche Ziele sollen eurer Meinung nach die Spieler mit ihrem Spiel verfolgen. Ich bin da sehr neugierung und hoffe auf euren Input.
Liebe Grüße,
BBB
KhornedBeef:
Nur aus der Perspektive des Hausregelbastlers (Designer light..): Ich will oft bestimmte Elemente einer bestehenden Fiktion durchs Spiel erleben, d.h. das Spiel soll diese Fiktion auch erzeugen, wenn ich sie nicht herbeilabere. Das hat viel mit Simulation zu tun, und ist auch nichts, was für mich immer im Vordergrund steht. Aber wenn ich mit irgendeinem generischen System nicht auskomme, dann meist wegen sowas.
Beispielsweise haben viele Medien packende, ausgefuchste Fechtkämpfe. Musketiere, Spartacus, Star Wars.
YY:
--- Zitat von: BBB am 21.05.2018 | 23:52 ---Aber in der Praxis erscheint es mir nicht ganz so trivial, denn ich bin mir nicht so sicher, ob sich die meisten Spielentwickler ihrer Ziele tatsächlich bewusst sind.
Vielleicht unterschätze ich sie aber auch.
--- Ende Zitat ---
Meiner Wahrnehmung nach sind sich die meisten darüber im Klaren, wo sie im Großen hin wollen, aber im Kleinen oder vielmehr bei der handwerklichen Umsetzung wird es dann wacklig (s.u.).
Der Vorteil für mich ist der, dass ich "nur" ein Spiel mit passender Zielsetzung aussuchen und dann die Kleinigkeiten nachjustieren muss, anstatt alles komplett neu aufzuziehen.
Bei den großen Zielsetzungen bin ich auch ziemlich "massenmarkttauglich", aber die Kleinigkeiten verleiden mir viele, viele Systeme.
Erfahrungsgemäß sind es die Spiele mit recht ausführlich erläuterten Designentscheidungen und Einzelregeln, mit denen ich deutlich zufriedener bin.
Das ist für mich zumindest ein Hinweis darauf, dass die kleinen Dinge oft nicht ausreichend durchdacht werden. Da macht man einfach irgendwas und am Ende ist es dann nicht so recht passend - Paradebeispiel wäre für mich Shadowrun, wo man durch den einen oder anderen ehemaligen Freelancer einen Blick hinter die Kulissen auf US-Autorenseite werfen konnte, der das weitgehend bestätigt.
--- Zitat von: KhornedBeef am 22.05.2018 | 00:51 ---Beispielsweise haben viele Medien packende, ausgefuchste Fechtkämpfe. Musketiere, Spartacus, Star Wars.
--- Ende Zitat ---
Ah, Fechtkämpfe, meine ewige Nemesis ~;D
Um mal bei Star Wars (und da speziell der OT) zu bleiben:
Dort sind die Lichtschwertkämpfe wie alles andere in so einem Medium natürlich narrativ geprägt. Alles, was da an Details hinzugedichtet wurde, sprich verschiedene Kampfstile, Kristalle, Waffenarten usw. usf. - das ist alles nur Fluff und schöner Anstrich, den der geneigte Fan auswendig lernen kann, um der Welt seine Hingabe zu demonstrieren.
Jetzt kann man den Schritt (den Fehler?) machen, dieses ganze Drumherum zum Kern zu erheben. Dann hat man ein ergebnisoffenes, prozessorientiertes Spielelement - das kann wunderbar funktionieren, wie es z.B. die GURPS-Konversion oder Jedi Knight 2 und 3 vormachen.
Aber es ist eben in Verlauf und Ergebnis etwas ganz anderes als die Vorlage (was die gerade genannten ebenfalls demonstrieren).
Da muss man vorher klar entscheiden, was man will: Ein Spiel mit dem gleichen Anstrich, das aber doch sein eigenes Ding macht oder eine Erzählmethode, welche die Vorlage getreu nachbildet.
Für Letzteres ist es wesentlich zielführender, die Regeln direkt darauf auszurichten statt den den mühsamen Umweg eines angeblich freien und simulierenden Spiels zu gehen (das man dann ja doch wieder "zwingen" müsste, das gewollte Ergebnis zu produzieren). Und in dem Moment sollte man sich fragen, wie der Rest des Systems dazu stehen soll - schon hat man eine ziemlich große Grundsatzfrage vor sich, die einige Star Wars-Systeme nie klar beantwortet haben.
KhornedBeef:
Da hast du natürlich recht, so "technisch" sind viele Fechtduelle dann gar nicht. Wunderschön auf die Spitze (see what i did there?) treibt das ja auch The Princess Bride :)
Ein besseres Beispiel wären vielleicht sehr hart in Szene gesetzte Schießereien a la John Wick. Oder eben Medien die Kampfkünste sehr in den Mittelpunkt stellen, Wuxia und moderne Kampfkunstfilme (Ip Man, Man of Kungfu, etc). Aber auch da gibt es wenige wo es nicht "Hauptdarsteller überwindet inneres Problem -> wischt mit dem Boss den Boden" läuft.
YY:
--- Zitat von: KhornedBeef am 22.05.2018 | 15:50 ---Ein besseres Beispiel wären vielleicht sehr hart in Szene gesetzte Schießereien a la John Wick.
--- Ende Zitat ---
Das ist auch alles nur Anstrich. Es bleibt halt der grundlegende Unterschied im Medium.
Wenn ich Plot- und Kampfverläufe "wie im Kino" will, muss ich mich schon fragen, was ich dann überhaupt noch mit einem traditionellen RPG-Kampfsystem anfangen soll. Das funktioniert in dieser Form nur in Ausnahmefällen - nämlich da, wo man zumindest einige der üblichen Prämissen des Kampfsystems über Bord wirft.
Das fängt bei rein aus der Fiktion etablierten Stakes an und geht weiter über die Verhaltensparameter von Gegnern und SCs bis zum TPK als Möglichkeit oder sogar als default bei einer Niederlage.
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