Autor Thema: Vor-/Nachteile vorbereiteter Geschichten (war:Vor- und Nachteile v. Railroading)  (Gelesen 5031 mal)

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Offline Radulf St. Germain

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Ich weiß, wir hatten ja schon viele Threads über Railroading. Aber irgendwie musste ich in letzter Zeit öfter mal über diesen Themenkomplex nachdenken (und habe auch einen Blogeintrag dazu geschrieben - http://studio.hardpoints.de/lecture-notes-on-roleplaying.html). Es gibt sicherlich viele Beispiele für furchtbares Railroading aber ist das Railroading deswegen komplettes Teufelszeug?

Betrachten wir folgendes Beispiel: Ein Gruppe LG-Paladine wird durch Abenteuer "gerailroaded" in denen der Spielleiter davon ausgeht, dass sie immer Gutes tun. Wäre das ein Problem? Klar, die klassischen Nachteile (keine Entscheidungsfreiheit) sind da. Aber andererseits hat sich der DM sehr bemüht den Spielern genau das zu geben, was sie spielen wollten, er/sie hat gewissermaßen antizipiert, was die Spieler tun werden. Eine Sandbox gefüllt mit Monstern aber ohne Prinzen oder Prinzessinnen zum Retten wäre in diesem Fall wahrscheinlich weniger befriedigend.

Eure Meinung?
« Letzte Änderung: 26.05.2018 | 13:20 von Radulf St. Germain »

Pyromancer

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #1 am: 25.05.2018 | 20:05 »
Ich weiß, wir hatten ja schon viele Threads über Railroading. Aber irgendwie musste ich in letzter Zeit öfter mal über diesen Themenkomplex nachdenken (und habe auch einen Blogeintrag dazu geschrieben - http://studio.hardpoints.de/lecture-notes-on-roleplaying.html). Es gibt sicherlich viele Beispiele für furchtbares Railroading aber ist das Railroading deswegen komplettes Teufelszeug?

Betrachten wir folgendes Beispiel: Ein Gruppe LG-Paladine wird durch Abenteuer "gerailroaded" in denen der Spielleiter davon ausgeht, dass sie immer Gutes tun. Wäre das ein Problem? Klar, die klassischen Nachteile (keine Entscheidungsfreiheit) sind da. Aber andererseits hat sich der DM sehr bemüht den Spielern genau das zu geben, was sie spielen wollten, er/sie hat gewissermaßen antizipiert, was die Spieler tun werden. Eine Sandbox gefüllt mit Monstern aber ohne Prinzen oder Prinzessinnen zum Retten wäre in diesem Fall wahrscheinlich weniger befriedigend.

Eure Meinung?

Gretchenfrage: Was macht der SL, wenn die LG-Paladine NICHT das machen, was er antizipiert hat?

Offline Megavolt

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #2 am: 25.05.2018 | 20:06 »
Betrachten wir folgendes Beispiel: Ein Gruppe LG-Paladine wird durch Abenteuer "gerailroaded" in denen der Spielleiter davon ausgeht, dass sie immer Gutes tun.

Ich verstehe das Setup nicht. "Von irgendwas ausgehen" ist sicherlich kein Railroading-Operator. :D

Im schlimmsten Fall hat sich der SL halt getäuscht.

Offline Radulf St. Germain

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #3 am: 25.05.2018 | 20:10 »
Gretchenfrage: Was macht der SL, wenn die LG-Paladine NICHT das machen, was er antizipiert hat?

Das ist ein guter Punkt. Ich denke ich rede hier von Abenteuern, die als Railraod ausgelegt sind. Wie der DM dann damit umgeht, wenn es eine andere Entscheidung gibt ist eine weitere Frage. Wollen die Helden nicht Leute retten, dann steht er/sie halt ohne Vorbereitung da.

Offline Kampfwurst

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #4 am: 25.05.2018 | 20:16 »
Es kommt vermutlich darauf an, wie man Railroading versteht. Für mich bedeutet das in letzter Konsequenz, dass die Aktionen der Spieler gewöhnlich wirkungslos verpuffen, weil eh das passiert, was der Spielleiter geplant hat.

Dass man, hat man sich auf ein Abenteuer geeinigt, in die Richtung des Abenteuers spielt ist glaube ich einfach nur gute Rollenspiel-Etikette. Andernfalls braucht der Spielleiter sich nicht die Arbeit machen etwas vorzubereiten. Das hat aber für mich noch nichts mit Railroading zu tun.

Pyromancer

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #5 am: 25.05.2018 | 20:17 »
Das ist ein guter Punkt. Ich denke ich rede hier von Abenteuern, die als Railraod ausgelegt sind. Wie der DM dann damit umgeht, wenn es eine andere Entscheidung gibt ist eine weitere Frage. Wollen die Helden nicht Leute retten, dann steht er/sie halt ohne Vorbereitung da.

Da siehst du schon einen großen Nachteil von Railroading-Abenteuern: Wenn es blöd läuft, dann steht der SL ohne Vorbereitung da.

Offline Radulf St. Germain

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #6 am: 25.05.2018 | 20:23 »
Da siehst du schon einen großen Nachteil von Railroading-Abenteuern: Wenn es blöd läuft, dann steht der SL ohne Vorbereitung da.

Gut, aber was ist die Alternative? Alles vorbereiten? D.h. ich habe viel Material das wertlos verpufft. Nichts vorbereiten? Dann stehe ich auch ohne Vorbereitung da.
Ich meine die Fragen übrigens ernst - ich bereite gerne Dinge vor, mag eine erinnerungswürde Story und will die Spieler nicht in eine Richtung drängen. Geht das überhaupt?

Online Maarzan

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #7 am: 25.05.2018 | 20:25 »
Wer LG auf seinen Charakterbogen schreibt oder auch entsprechende Nachteile verrechnet hat (vorzugsweise nach Erkenntnis darüber, was das in dem Setting/Regelwerk bedeutet) hat sich diese Beschränkung erst einmal selber auferlegt.
Wenn diese Einschränkung dann effektiv wird, ist das erst einmal selbst gewollt bzw. in Kauf genommen.

Was es in dem Zusammenhang geben kann, ist entweder eine unterschiedliche Vorstellung davon, was z.B. LG etc ist, aber auch die Restchance, dass der Spielleiter auf seiner Seite Logik und Wahrscheinlichkeiten massiv verzerrt, Winkeladvokatzüge fährt und dann so etwas wie mit den Orkkindern rausläßt, wo der Paladin keine Chance hat nicht etwas Falsches zumachen: brintgt er sie um ist das BÖSE, lässt er sie oder gar noch Erwachsene zur Versorgung laufen (und alle "hüten" kann er auch nicht), töten sie andere Bewohner, deren Tod ihm zugeschrieben wird und mit seinem Armustgelübde hat er selbst keine Mittel eine andere Lösung zu organisieren. 

Oder bliebe noch die rechtschaffen-blöd Definition, wo dem "Guten" das eigenständige Denken verboten und durch weltfremde PC-Regeln ersetzt wird.

In dem Sinne: Gesinnung und Nachteile KÖNNEN als Railroadinghebel missbraucht werden, erfordern dafür aber in der Regel recht offensichtliche Willkürakte von seiten des Spielleiters, so dass es eher früher knallt, sind bei regulärer Anwendung aber eben KEIN Railroading.
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Pyromancer

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #8 am: 25.05.2018 | 20:36 »
Gut, aber was ist die Alternative? Alles vorbereiten? D.h. ich habe viel Material das wertlos verpufft. Nichts vorbereiten? Dann stehe ich auch ohne Vorbereitung da.
Ich meine die Fragen übrigens ernst - ich bereite gerne Dinge vor, mag eine erinnerungswürde Story und will die Spieler nicht in eine Richtung drängen. Geht das überhaupt?

Das wurde hier und überall sonstwo doch schon tausendmal durchdiskutiert... Suchfunktion!

Offline YY

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #9 am: 25.05.2018 | 20:38 »
Ich meine die Fragen übrigens ernst - ich bereite gerne Dinge vor, mag eine erinnerungswürde Story und will die Spieler nicht in eine Richtung drängen. Geht das überhaupt?

In "radikaler", idealisierter Form aller Bestandteile? Nein.


Grundsätzlich finde ich aber schon die Betrachtungsweise etwas daneben, dass die SCs alle LG sind und das der Aufhänger für ein irgendwie geartetes Railroading sein soll.

Da sollte man auch ganz vorne anfangen:
Die Spieler sitzen am Tisch, um zu spielen und nicht um zu allem und jedem zu sagen "Da würde mein Charakter aber niemals nicht mitmachen."*
Und wenn man das mal als Grundlage akzeptiert hat, ist es auch kein großer Schritt mehr, als SL offen zu sagen "Ich habe da was vorbereitet, was ich gerne mit euch spielen würde."
Mit auch nur einem Hauch Entgegenkommen von Spielerseite bekommt man eventuelle ingame-Stolpersteine zur allgemeinen Zufriedenheit ausgeräumt und dann läuft die Sache.



*Wenn das doch vorkommt, sollte man das auch auf der Metaebene ansprechen und nicht den großen ingame-Eiertanz aufführen. Befindlichkeiten dieser Art braucht echt keine Sau.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Radulf St. Germain

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #10 am: 25.05.2018 | 20:48 »
Grundsätzlich finde ich aber schon die Betrachtungsweise etwas daneben, dass die SCs alle LG sind und das der Aufhänger für ein irgendwie geartetes Railroading sein soll.

Vielleicht ein unglücklich gewähltes Beispiel. :-\

Aber ich lese aus Deinem Post (und auch den meisten anderen), dass Ihr von einer gewissen Ettikette ausgeht, bei der die Leute das spielen was vorbereitet wurde. Ich habe auch schon erlebt, dass die Spieler sich so verhalten wie sie denken, dass man es von ihnen erwartet. Ich hatte ein Abenteuer mit einer meiner Meinung nach interessanten moralischen Entscheidung designed. Die Spieler sind aber davon ausgegangen, dass das Abenteuer nur weitergeht, wenn sie Option X wählen.  :-\

Online Maarzan

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #11 am: 25.05.2018 | 20:54 »
Zu den Etiketten gehören die Akzeptanz der Dinge, welche vorher abgemacht bzw vom Spielleiter so angekündigt worden sind (z.B. alles loyale Anhänger von Fraktion y) .
Es ist dann aber auch kein Freibrief für beliebige weitere Manipulationen.

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Offline Crimson King

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #12 am: 25.05.2018 | 20:55 »
Gut, aber was ist die Alternative?

1. Ein gutes Grundverständnis des zu Grunde liegenden Settings mitsamt der wichtigen handelnden Personen, ihrer Motivationen und Beziehungen, einschließlich der NSCs zu erarbeiten, um im Bedarfsfall auf einem soliden Fundament improvisieren zu können.

2. Auf Basis des oben beschriebenen Grundverständnisses Abenteuer schreiben, die die Motivationen der Spieler und ihrer Charaktere ansprechen, so dass diese von sich aus Handlungen initiieren, die so erwartbar sind.

3. Die Spieler am Ende der Spielsitzung fragen, was sie als nächstes zu tun gedenken, um dann zielgerichtet vorbereiten zu können.
« Letzte Änderung: 25.05.2018 | 20:58 von Crimson King »
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

J.W. von Goethe

Offline YY

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #13 am: 25.05.2018 | 21:13 »
Ich habe auch schon erlebt, dass die Spieler sich so verhalten wie sie denken, dass man es von ihnen erwartet.

Sobald eine Seite  (i.d.R. der SL) merkt, dass da was schief läuft: OT explizit ansprechen.
Wenn das jemanden aus der Immersion reißt, ist das halt so - immer noch besser, als eine oder gar mehrere Sitzungen rumzueiern in dem Versuch herauszufinden, was sich der SL wohl für ein Verhalten wünscht.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Radulf St. Germain

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #14 am: 26.05.2018 | 08:39 »
Interesanter Input. Ich habe das Gefühl, ich muss vor allem nochmal an meiner Problemformulierung arbeiten. Irgendwie geht die Diskussion an dem Punkt vorbei, den ich machen wollte.

Offline Blizzard

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #15 am: 26.05.2018 | 10:17 »
Es gibt sicherlich viele Beispiele für furchtbares Railroading aber ist das Railroading deswegen komplettes Teufelszeug?
Kurze Antwort: Nein, ist es nicht.

Lange Antwort: Das Problem ist doch, dass es keine einheitliche Definition von RR gibt und keine klare Abgrenzung, was jetzt RR ist und was nicht. Oder wo RR anfängt und wo es aufhört. Dafür sind einfach die Ansichten zu RR zu individuell und zu unterschiedlich. Es tut mir leid für diejenigen, die schlechte Erfahrung mit RR gemacht haben. Aber RR ist letzen Endes nichts weiter als ein Tool oder Feature, das man einbauen kann-oder auch nicht. Falsch dosiert oder eingesetzt kann es dann eben zu diesen unschönen Nebenwirkungen kommen. Aber das ist ja mit anderen Elementen nicht anders, die falsch dosiert oder an den falschen Stellen eingesetzt werden. Wenn ich jahrelang vom SL in jedem Abenteuer schier unlösbare Rätsel vor den Latz geknallt bekommen habe, dann sind diese Dinge für mich auch Teufelszeug.^^
Von daher: Es kommt auf die Methodik an, wie und wann man RR einsetzt. Wohl dosiert und an den richtigen Stellen implementiert wirkt sich RR positiv auf das Abenteuer oder die Situation im Abenteuer aus.
RR ist also nicht per se schlecht und es ist auch nicht komplettes Teufelszeug. Anders gesagt: It's not a bug, it's a feature.
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Offline KhornedBeef

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #16 am: 26.05.2018 | 10:27 »
Moooaaannn, Leute. Das geht doch wieder schief ;)
Schreib am besten bei sowas am Anfang hin, was du unter Railroading verstehst, da gibt es doch ne Menge Diskussionen zu.
Das korrekte Antizipieren ist kein Railroading, aber die Ereignisse so hinbiegen, dass die Spieler der "antizipierten" Handlung folgen, egal was sie tun, nennt man halt je nach Geschick und Wortwahl "Illusionismus" oder "Railroading".

Persönlich bin ich ja am glücklichsten mit Meta-Railroading: "Hey, Leute, da...habe ich nix zu auf dem Plan, und da wäre ich gerne besser vorbereitet, weil ich die Entwicklung spannend finde. Könnt ihr das irgendwie noch etwas verschieben....?"
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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

alexandro

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #17 am: 26.05.2018 | 10:45 »
Betrachten wir folgendes Beispiel: Ein Gruppe LG-Paladine wird durch Abenteuer "gerailroaded" in denen der Spielleiter davon ausgeht, dass sie immer Gutes tun. Wäre das ein Problem? Klar, die klassischen Nachteile (keine Entscheidungsfreiheit) sind da. Aber andererseits hat sich der DM sehr bemüht den Spielern genau das zu geben, was sie spielen wollten, er/sie hat gewissermaßen antizipiert, was die Spieler tun werden. Eine Sandbox gefüllt mit Monstern aber ohne Prinzen oder Prinzessinnen zum Retten wäre in diesem Fall wahrscheinlich weniger befriedigend.

Selbst in vollkommen freien Abenteuern/Kampagnen haben die Spieler üblicherweise ihrem SL mitgeteilt, was sie grob machen/erleben wollen und halten sich auch dran. Die Charaktere ziehen nicht plötzlich los und versuchen in Hintertupfingen eine Emu-Farm zu gründen, nur weil sie es theoretisch könnten.

Die Sache in eben, dass es innerhalb des Spektrums "LG" vielfältige Möglichkeiten gibt sich zu verhalten. Der SL hat vielleicht nicht die Möglichkeit einkalkuliert, was passiert wenn die Charaktere den Hohepriester des örtlichen Tempels hinterrücks erdolchen, weil es relativ unwahrscheinlich ist, dass diese Situation im Spiel vorkommt (sollte es doch zu einem Angriff auf den Hohepriester kommen - z.B. weil die Charaktere diese für einen bösen Kultisten halten - kann aber auch eine grobe Ausarbeitung dieses NSC als Verbündeter helfen, mit dieser unerwarteten Situation umzugehen), aber er sollte sich auf jeden Fall überlegen, wie der BBEG darauf reagiert, dass die Paladine ihm die Chance geben sich zu ergeben und gefangen nehmen zu lassen.

Offline Coltrane

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #18 am: 26.05.2018 | 11:00 »
Zitat
selbst in vollkommen freien Abenteuern/Kampagnen haben die Spieler üblicherweise ihrem SL mitgeteilt, was sie grob machen/erleben wollen und halten sich auch dran. Die Charaktere ziehen nicht plötzlich los und versuchen in Hintertupfingen eine Emu-Farm zu gründen, nur weil sie es theoretisch könnten.
Naja, das kommt auf die Spieler an. Meine Runde hatte bei der letzten Sitzung Riesenspass daran in Chicago die Eröffnung eines Friseurladens zu planen und anzugehen. Eigentlich war die Grundidee meinerseits, dass sie einem geheimen Kult der Schlangenmenschen aufdecken und vernichten sollten. Das finden sie grundsätzlich auch spannnend und gut, aber die Idee mit dem Friseurladen war dann doch anziehender. Da sollte man dann so flexibel sein, die Spieler machen lassen solange sie Spaß dran haben und schauen wohin das die Story führt. Meiner Meinung nach werden Friseursalons bei Cthulhu allgemein unterschätzt.

Online 1of3

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #19 am: 26.05.2018 | 11:03 »
Ich kommentiere mal deinen Blogbeitrag:

Zitat
Many players dislike the idea that they are not in control.

Ok. Ich würde soweit gehen zu sagen: Niemand will Kontrollverlust fühlen.
Der Witz ist: Was die Leute als Kontrollverlust wahrnehmen, ist höchst unterschiedlich.

Daraus folgt: Wenn du vermeiden willst, dass deine Mitspieler Kontrollverlust spüren, musst du sie zunächst mal verstehen. Du kannst also nicht railroaden an sich. Du kannst nur Dinge tun, die deine spezifische Spielrunde als railroadend begreift. Bzw. du kannst versuchen, dieses Verhalten zu vermeiden.

Zitat
On the other hand, a sandbox where nothing interesting happens and a lot of adventure time is lost due to stumbling through the fog of war can also be a grueling experience.

Tatsächlich ist auch das Kontrollverlust. Das Problem ist in beiden Fällen, dass die Person nicht erkennt, welche Handlungsmöglichkeiten ihr offenstehen und diesen Handlungsraum daher auch nicht verinnerlichen kann.

In beiden Fällen hilft am besten diese Kommunikation: Ihr müsst klären, was ihr eigentlich spielt.

Ich habe das hier auf die Frage hin, ob es überhaupt Sandbox-Abenteuer gebe, dargestellt.

Offline Medizinmann

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #20 am: 26.05.2018 | 11:43 »
Zitat
Eure Meinung?
Definiere erstmal Railroading !
da es verschiedene Definitionen gibt, gibts auch verschiedene Ansätze
manche halten es schon für Railroading, wenn der SL ansagt welches Wetter ist ,andere halten Railroading für eine (mentale) Vergewaltigung der Spieler.....

HougH!
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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #21 am: 26.05.2018 | 11:48 »
Sobald eine Seite  (i.d.R. der SL) merkt, dass da was schief läuft: OT explizit ansprechen.
Wenn das jemanden aus der Immersion reißt, ist das halt so - immer noch besser, als eine oder gar mehrere Sitzungen rumzueiern in dem Versuch herauszufinden, was sich der SL wohl für ein Verhalten wünscht.

Yep. Wenn sich tatsächlich einer über "Immersionsbrüche" und "Metagaming" genau da meint aufregen zu müssen, wo sie recht eindeutig hilfreich sind...tja, dann gehört das für mich zum Preis genau der Freiheit, die einem das Medium Rollenspiel überhaupt erst bietet. Ich will eine eigenständige Person am Tisch sitzen haben, zu deren Aufgaben unter anderem das Management der Spielwelt auch und gerade in Situationen gehört, die sich nicht einfach von vornherein per Regelwerk oder Computer verautomatisieren lassen? Dann muß ich eben auch damit leben können, daß besagte Person trotz gelegentlicher anderslautender Statements von unqualifizierter Seite (8]) auch "nur" ein Mensch ist, keine Gedanken lesen kann und auch sonst nicht automatisch alles schon weiß; da gehören "Meta"-Interaktionen auf ausdrücklicher Spieler-zu-SL(oder auch mal Spieler-zu-Spieler)-Ebene dann halt einfach zwangsläufig mit zum Spiel.

Offline Radulf St. Germain

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #22 am: 26.05.2018 | 12:14 »
Ich kommentiere mal deinen Blogbeitrag.

Danke, der Gedanke mit der Sandbox als Kontrollverlust ist sehr spanned. In die Richtung habe ich noch gar nicht gedacht. Ich werde auch mal einen Beitrag zu Sandboxes schreiben.  ;D

Ich habe den Blogeintrag noch mal entschieden überarbeitet. Die Diskussion hat mir gezeigt, dass es mir um das Design (kommerzieller) Abenteuer und deren Railraoding-Anteil ging, ich aber die Erfahrung am Tisch davon nicht eindeutig genug angegrenzt hatte.

Wer Lust hat kann ja die aktualisierte Form nochmal lesen. http://studio.hardpoints.de/lecture-notes-on-roleplaying.html

eldaen

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #23 am: 26.05.2018 | 12:58 »
Gut, aber was ist die Alternative? Alles vorbereiten? D.h. ich habe viel Material das wertlos verpufft. Nichts vorbereiten? Dann stehe ich auch ohne Vorbereitung da.
Ich meine die Fragen übrigens ernst - ich bereite gerne Dinge vor, mag eine erinnerungswürde Story und will die Spieler nicht in eine Richtung drängen. Geht das überhaupt?

Ja, das geht. Mache ich auch so. (auch wenn ich das letzte mal wegen eines Special Guest Stars tatsächlich mal hetzen und railroaden musste, aber das ist eine andere Story...  ;D)

Graham Walmsley hat in seinem "Play Unsafe" ganz hübsch erläutert, dass auch ein improvisationslastiges Spielleiter durchaus von guter Vorbereitung profitiert - vorausgesetzt, der Spielleiter hält nicht auf Zwang an seinen Ideen fest.

Für mich ist bei der Vorbereitung wichtig, dass ich gut antizipieren kann.

Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ich zuverlässige Spieler brauche. Und das erschöpft sich nicht darin, regelmäßig halbwegs pünktlich aufzutauchen und Würfel & Charakterbogen dabei zu haben. Das beinhaltet nämlich auch, dass die Spieler ihren Charakter so spielen, wie sie ihn vorgestellt und (gemeinsam mit SL / der Gruppe) entwickelt haben. So wie abgesprochen halt. Ich bin da ganz bei Schopenhauer:

Zitat
"Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will."

Alles hat nämlich weniger was mit Spielerfreiheit zu tun, sondern ganz schnell auch mal mit Spielerwillkür. Ersteres ist erwünscht, letzteres toleriere ich nicht (denn alle, auch der SL, wollen Spaß haben).

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Wiiiichtig!

Denn: Beim Vorbereiten / Antizipieren arbeite ich doch als SL auf Grundlage der Charakterflags, der (im Idealfall dokumentierten) Gruppendynamik und der Vorlieben der einzelnen Spieler. Darauf muss ich mich verlassen können (und bei meiner HEX Runde kann ich das beispielsweise seit Jahren). Wenn ich dann vorbereite, bin ich in den allermeisten Fällen sehr nah an dem, was dann tatsächlich im Spiel passiert, ohne dass ich da Wahlmöglichkeiten oktroyierte. Natürlich habe ich einen Fahrplan (mit Alternativrouten, Abkürzungen, Umleitungen, Unfällen, etc.). Und da sind gewisse Stationen halt fixer vorgesehen, als andere. Meine "Fahrgäste" haben aber schließlich auch eine Panoramareise an einen gewisses Ziel mit gewissem Service und Sehenswürdigkeiten gebucht und nicht ein Ticket für nen Autoscooter aufm Jahrmarkt (man kommt nirgendwo her, es geht nirgendwo hin, aber Hauptsache es knallt und rummst). Wer sowas nämlich spielen will, ist bei meiner Vision von Rollenspiel falsch, auch wenn ich actionlastige Spiele bevorzuge.

Also ist es elementar wichtig, zwischen einem Railroading zu unterscheiden, dass Spielerentscheidungen entwertet, weil die Vorbereitung der SL schlecht war und Railroading, das Spielerentscheidungen entwertet, weil sie willkürlich und entgegen den mit der Gruppe (implizit oder explizit) getroffenen Vereinbarungen ist. So viel Moderator gestehe ich mir als SL dann doch zu. Zumal in vielen Gruppen der SL der Hauptverantwortliche für Dinge wie Gruppendynamik, Story-Arcs und Spieltheorie im Allgemeinen ist, während die Spieler doch häufig "nur" konsumieren.

Bei mir persönlich ist es so, dass je detailierter ich vorbereitet bin, desto besser kann ich am Tisch auch improvisieren. Meine Spieler überraschen mich ja trotzdem häufig! Aber dann in positivem Sinne - mit noch cooleren Sachen, mit Problemen, die sie sich selbst aufladen damit das Spiel interessanter wird, manchmal auch mit Abkürzungen. Und dann muss ich als SL auch laufen lassen und umstricken. Gut, wenn ich dann die Dinge trotzdem im Blick habe, und fundierte Entscheidungen (Improvisationen) treffen kann. Bei guter Vorbereitung und zuverlässigen Spielern ist Railroading weder auf die legitime noch auf die illegitime Art nötig. Manchmal dann auch weniger Improvisation, aber das macht ja keinen Unterschied am Spieltisch.

In summa:

- Vorbereitungen können ebenso hilfreich wie hinderlich dabei sein, auf Entwicklungen am Spieltisch zu reagieren (Walmsley: "Hold ideas lightly").
- Vorbereitung und ein "Fahrplan" sind nicht gleich Railroading.
- Wenn keine Spielerentscheidungen entwertet oder aufgehoben werden, ist es per definitionem kein Railroading.
- Es gibt (mindestens) zwei Formen von Railroading:
     - Railroading aufgrund fehlerhafter Vorbereitung der SL, die legitime, nachvollziehbare Spielerentscheidungen im Sinne vorher definierter Rahmenpunkte entwertet
     - Railroading, das Spielerentscheidungen entwertet / aufhebt, die entgegen der vorher vereinbarten Rahmenpunkte stehen, und nicht begründbar / Nachvollziehbar sind

Offline Radulf St. Germain

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #24 am: 26.05.2018 | 13:13 »
Zitat
Alles hat nämlich weniger was mit Spielerfreiheit zu tun, sondern ganz schnell auch mal mit Spielerwillkür. Ersteres ist erwünscht, letzteres toleriere ich nicht (denn alle, auch der SL, wollen Spaß haben).

Eine sehr interessante Denkrichtung, tatsächlich einen eigenen Thread wert. Ich habe das noch nie so gesehen, aber das ist definitiv ein bischen Nachdenken wert.

Offline Nørdmännchen

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #25 am: 26.05.2018 | 13:16 »
Ich habe den Blogeintrag noch mal entschieden überarbeitet. Die Diskussion hat mir gezeigt, dass es mir um das Design (kommerzieller) Abenteuer und deren Railraoding-Anteil ging, ich aber die Erfahrung am Tisch davon nicht eindeutig genug angegrenzt hatte.

Tatsächlich könnte sehr sinnvoll über "Railroading" gesprochen werden, wenn der Begriff nur als Form der Vorbereitung von Spielinhalten definiert werden würde. Dann wären sogar mal produktive Auseinandersetzungen im Vergleich mit einer Sandbox (und anderen Formen) möglich. Insofern finde ich Dein Vorhaben sehr gut.  :d
Leider hat Railroading im Sprachgebrauch ganz andere Konnotationen, so dass mir auch 1of3's Definition (als Gefühls-Äußerung) die besten Dienste leistet. Damit solche Debatten nicht in Begriffs-Kriegen enden, böte sich dann eher eine Vokabel wie "lineare Plotstruktur" o.ä. an. Soll das, um der Aufmerksamkeit willen, vermieden werden, so vielleicht eher Nomen verwenden? Railroad vs. Sandbox? Und dann strickt von der Benennung als Tätigkeit absehen?
»Gute Geschichten sind so gut aufgebaut, daß Lehrer natürlich denken, sie seien vorher geplant,
aber jede Geschichte hätte auch in eine Million andere Richtungen gehen können.«

– Keith Johnstone, Theaterspiele

Offline Radulf St. Germain

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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #26 am: 26.05.2018 | 13:19 »
Damit solche Debatten nicht in Begriffs-Kriegen enden, böte sich dann eher eine Vokabel wie "lineare Plotstruktur" o.ä. an. Soll das, um der Aufmerksamkeit willen, vermieden werden, so vielleicht eher Nomen verwenden? Railroad vs. Sandbox? Und dann strickt von der Benennung als Tätigkeit absehen?

Ja, das wäre wohl eine gute Idee einen anderen Begriff zu verwenden, das habe ich jetzt gemerkt.  ;)
Lineare Plotstruktur ist mir aber zu eng, es geht mir um vorbereitete feste(?) Elemente allgemein. Vielleicht sind dann Teilstücke linear?

Edit: Habe den Namen des Thread jetzt mal geändert - wenn jemand was besseres hat, nehme ich das gerne.
« Letzte Änderung: 26.05.2018 | 13:21 von Radulf St. Germain »

Offline KhornedBeef

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Spielvarianten im Rahmen der Railroadingsituation:

a) Railroading - der SL hat einen Plan und drückt den durch.
b) Illussionismus - der SL hat einen Plan, schafft es aber den Spielern vorzugaukeln (bis es auffliegt) , sie hätten eine freie Entscheidung.
c) Trailblazing - Die Spieler wissen, dass der Spielleiter (irgend)einen Plan hat, finden das gut und halten Ausschau nach Anzeichen, wo sie hin müssen.

d) man redet vorher offen drüber und jeder kann dann entscheiden, ob er das gut findet (und er dann so teilnimmt) und wenn ja, worauf er achten soll.
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Re: Vor- und Nachteile von Railroading
« Antwort #29 am: 26.05.2018 | 13:39 »
Lineare Plotstruktur ist mir aber zu eng, es geht mir um vorbereitete feste(?) Elemente allgemein. Vielleicht sind dann Teilstücke linear?

Das ist ein sehr vielversprechendes Vorhaben. Ich glaube der Diskussion wäre sehr geholfen, wenn mehr auf due Einzelsituationen und Teilabschnitte im gesamten Prozess des Rollenspielens geblickt würde.

Hmmh. Lineare Strukturelemente? Dramaturgische (eigentl. dramaturgisierte ~;D) Fragmente? Vorstrukturierte Szene/Abläufe? Hach... Worte finden schwer, ugga!
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Lineare Plotstruktur bedeutet mE nicht nur, dass einzelne Szenen vorbereitet werden, sondern dass es auch eine (eben lineare) Abfolgeplanung für diese Szenen gibt.

Dass heißt noch nicht, dass die SCs auf diesen Weg genötigt werden, aber das am Ende von Szene A ein von der SL gesetzter Hinweis steht, der zu Szene B führt, diese dann zu Szene C etc. Was geschieht, wenn die Spieler diesem Hinweis warum auch immer nicht folgen wollen, ist mE eine interessante, aber andere Frage. ;)

Ein anderes Vorgehen wäre, verschiedene Szenen vorzubereiten, aber diese nicht einen chronologischen oder dramatischen Zusammenhang zu setzen. Oder in nicht-lineare Zusammenhänge, also dass bspw Szene A Hinweise auf die Szenen B, C und D bietet und es wirklich den Spielern überlassen bleibt, welche Szene sie als nächstes ansteuern sollen.

ME hat eine lineare Plot-Gestaltung durchaus Vorteile: Bspw das Wegfallen der nervigen Debatte "Was machen wir jetzt?" mit all dem daran hängenden Theoretisieren, Diskutieren und Paranoisieren. Der Nachteil ist, dass diese Spielinhalte natürlich auch was für sich haben...
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Meh, um nicht herumzuirren, braucht es eine Struktur und Hinweise, aber nicht unbedingt linear. Es gibt ein komplettes Rollenspielsystem das das adressiert ;) solange man immer ein Schnürchen hat, das zu irgendeiner vorbereiteten Szene führt, wird alles gut.
Dagegen hat die lineare Abfolge einen Vorteil: Die SL kann einen dramatischen Bogen planen, statt (bibber) ertragen zu müssen, dass die Leute in die mega-Burner-Szene rennen, und erst danach die gemütlichen Pläuschchen finden. Oder man improvisiert die Pläuschchen ein bisschen...
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Dagegen hat die lineare Abfolge einen Vorteil: Die SL kann einen dramatischen Bogen planen, statt (bibber) ertragen zu müssen, dass die Leute in die mega-Burner-Szene rennen, und erst danach die gemütlichen Pläuschchen finden. Oder man improvisiert die Pläuschchen ein bisschen...

Ich glaube der dramatische Spannungsbogen ist ein wichtiger Punkt. Das hatte ich implizit im Kopf aber das ist tatsächlich gut, das nochmal konkret zu benennen.

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Es gibt ein komplettes Rollenspielsystem das das adressiert ;) solange man immer ein Schnürchen hat, das zu irgendeiner vorbereiteten Szene führt, wird alles gut.

Wenn ich überlege, wieviele Stunden Spielzeit ich schon damit verbracht habe, über zwei, drei eindeutige Handlungsoptionen zu debattieren...

Das kann tolles Rollenspiel sein. Aber ich persönlich bin dessen einfach etwas müde. Gilt aber auch für die Einsatzplanung für die eine, wie auch immer (bspw linear) herbeigeführte Option. Lieber mal wieder einfach die Streitaxt packen und blind ins Goblin- oder Räuberlager stürmen, als die stundenlange mintutiöse Planung a la SR; ist reine Geschmacksache... ;)

Daher:
Meh, um nicht herumzuirren, braucht es eine Struktur und Hinweise, aber nicht unbedingt linear.

Braucht es nicht, hat aber Vor- wie Nachteile.
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Damit solche Debatten nicht in Begriffs-Kriegen enden, böte sich dann eher eine Vokabel wie "lineare Plotstruktur" o.ä. an.

Ich bin nicht sicher, ob das überhaupt treffend ist, oder, wenn es denn treffend ist, wie sich das am Spieltisch abbildet. Was tun die Leute denn, wenn sie das tun? Diese Linearität ist ja schon eine Abstraktion. Welche Handlungen nehme ich als SL gegenüber den Party-Spielern vor?

Offline Radulf St. Germain

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Ich bin nicht sicher, ob das überhaupt treffend ist, oder, wenn es denn treffend ist, wie sich das am Spieltisch abbildet. Was tun die Leute denn, wenn sie das tun? Diese Linearität ist ja schon eine Abstraktion. Welche Handlungen nehme ich als SL gegenüber den Party-Spielern vor?

Aus meiner Sicht eine weiterführende Frage. Mir ging es primär darum, was die Vor- und Nachteile einer vorbereiteten Geschichte sind, was ich leider im OP nicht besonders gut formuliert hatte.

Online Isegrim

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Welche Handlungen nehme ich als SL gegenüber den Party-Spielern vor?

Ich gebe ihnen in jeder Szene Hinweise auf eine Folge-Szene.
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Offline Nørdmännchen

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Ich bin nicht sicher, ob das überhaupt treffend ist, oder, wenn es denn treffend ist, wie sich das am Spieltisch abbildet. Was tun die Leute denn, wenn sie das tun? Diese Linearität ist ja schon eine Abstraktion. Welche Handlungen nehme ich als SL gegenüber den Party-Spielern vor?
So lange es nur darum geht Vorbereitung zu beschreiben, kann das mMn durchaus treffend sein. (Völlig unabhängig von einer Sinnhaftigkeit eines solchen Vorgehens.) Das war tatsächlich nur ein Vorschlag um zu verdeutlichen, dass der Begriff noch gar kein Spielgeschehen bezeichnen möchte. Deine Fragen wären dann der wahrscheinlich notwendigste Teil der zu unternehmenden Betrachtung.
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Offline Bad Horse

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Der Vorteil einer vorbereiteten Geschichte: Du kommst nicht ins Schwimmen, was als nächstes passiert. Du hast einen Plan, wie alles im Idealfall ablaufen soll. Du hast einen Haufen Fakten, den du im Spiel zum Improvisieren nutzen kannst - vor allem dann wichtig, wenn du nicht gut im Improvisieren bist. Du kommst weniger ins Schwimmen, wenn die Spieler dich nach Fakten fragen, und du hast mehr Zeit, eine komplizierte Handlung mit Zeitstrahl und Wer-macht-was zu planen.

Der Nachteil einer vorbereiteten Geschichte: Die Spieler könnten denken, dass sie an einer Strippe durchs Abenteuer gezogen werden. Du könntest versuchen, in Richtung der vorbereiteten Geschichte zu drücken, auch wenn die Alternative den Rest am Tisch mehr interessiert. Du könntest einen logischen Fehler gemacht haben, den du nicht wieder plausibel erklärt bekommst. Du könntest offensichtliche Alternative übersehen haben und dann von der Entwicklung überfahren werden.

Im Prinzip finde ich es super, wenn man sich sorgfältig vorbereite - solange man die Vorbereitung als Startpunkt ansieht, von dem aus sich die Handlung entwicklen kann, und nicht als Fahrplan, nach dem sie sich entwickeln muss.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Offline Lichtschwerttänzer

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Ein Gruppe LG-Paladine wird durch Abenteuer "gerailroaded" in denen der Spielleiter davon ausgeht, dass sie immer Gutes tun. Wäre das ein Problem?
Ja, das fängt schon mal bei der Definition von Gutes Tun an.

Wie? Was? Wann?

SL erzählt wir spielen Mittelalterlich.
Baron bestraft freie Bürger für das Führen von Waffen.
Paladine gehen gegen den Verbrecher und Tyrannen und seine Schergen vor

Paladine auf einer Queste stossen auf das Tal mit BBEG und drehen um um Hilfe zu holen, die fähigen Kaliber für den Job zu informieren.

Paladine sind auf einer Queste um die Prinzessin zu retten , unterwegs bittet ein Drache um Schutz vor dem Prinzen.
Würde die Rettung der Prinzessin stark verzögern, gefährden usw...
“Uh, hey Bob?”
“What Steve?”
“Do you feel like we’ve forgotten anything?”
Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
“I don’t know, like, all of our stuff? Like the tent, the bedroll, my shovel, your pot, our cups, the food, our water, your dice, my basket, that net, our spare nails and arrowheads, Jim’s pick, my shovel, the tent-pegs…”
“Crap.”

Offline Arkam

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Hallo zusammen,

ich veruche mich hier Mal konkret an den Vor- und Nachteilen.

Der größte Vorteil ist natürlich das man die Geschichte weitergeben kann.
Der Nachteil iast das sich die Geschichte eben an eine Art Standardgruppe wendet. Bei Gruppen die davon abweichen sind eventuell Anpassungen nötig.
Man kann zudem Sachen vorbereiten. Gerade bei taktischen Spielen werden Pläne von Örtlichkeiten benötigt, Werte von Monstern und NPCs sollten vorhanden sein, die Routine der Wachen hilft bei der Planung und mögliche zu kaufende Ausrüstung kann schon Mal nachgefragt werden.
Wichtig ist das es neben den vorbereiteten Sachen wahrscheinlich auch andere Optionen gibt. Wenn die Spieler also Hirnschmalz und Optionen im System nutzen können sie vorbereitete Dinge übergehen oder neue Dinge erfordern. Im Zweifel hilft da nur eine klare Kommunikation. Also nich im Spiel Hindernisse in den Weg werfen sondern mitteilen was man vorbereitet hat und eventuell jetzt Vorbereitungszeit benötigt oder sogar erst am nächsten Termin weitermachen kann. Da kann dann die Runde entscheiden was sie möchte.
Man kann Optionen regeltechnisch vorbereiten. Gerade bei Systemen die verschiedene Subsysteme verwenden kann das eht nützlich sein. Ich spiele derzeit mit Shadowrun ein Cyberpunk Spiel. Da sind es etwa gerne das Hacken von Systemen und die Magie die man so ohne längere Pause ins Spiel einbringen kann.
Die Geschichte bleibt konsistent weil eben die nötigen Daten fixiert vorhanden sind.
Man kann einfacher spelen wenn Job, Familie oder andere Umstände ein freieres Spiel schwierig machen.

Kann es übrigens sein das die einzelne Runde da auch etwas aushandelt? Je mehr der Spielleiter bestimmen darf destso sicherer kann sich die Spielrunde fühlen. Man gibt also Optionen ab, die man nach Regeln hätte um das Überleben des Charakters zu sichern.
Der Gedanke ist noch unausgereift aber mein Gefühl sagt mir das er nicht ganz falsch ist.

Gruß Jochen
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Noir

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Der Nachteil iast das sich die Geschichte eben an eine Art Standardgruppe wendet. Bei Gruppen die davon abweichen sind eventuell Anpassungen nötig.

(Hervorhebung durch mich)

Das finde ich ganz spannend, ehrlich gesagt (und vielleicht weicht das auch schon wieder zu weit vom Thema ab und sollte gegebenenfalls in einem eigenen Thread besprochen werden.
Was ist denn eine Standardgruppe? Ist es "Krieger, Magier, Kleriker, Dieb"? Oder "Eine Gruppe von Leuten die ausziehen um Gutes zu tun"? Oder "Eine Gruppe von Leuten auf der Suche nach Abenteuern"?
Und wie oft weichen Gruppen von diesem Standard ab, dass man Kaufabenteuer nicht "by the book" spielen kann? Ich glaube nämlich ehrlich gesagt, dass das so gut wie nie passiert. Klar, die Gruppen haben immer eine eigene Vorgeschichte ... aber wenn ich so darüber nachdenke, kann ich mich kaum an eine Gruppe erinnern, mit der ich irgendein Kaufabenteuer nicht hätte spielen können.

Aber jetzt bin ich mir auch wieder sicher, dass das eigentlich gar nicht zum Thema gehört.

Deshalb jetzt auch nochmal zum eigentlichen Thema:

Der Vorteil von vorbereiteten Geschichten ist imho einfach: Man weiß immer was als nächstes passiert. Zumindest weiß man: Der böse Baron wird versuchen die Prinzessin zu entführen und wenn ihn niemand hindert, schafft er es auch. Währenddessen ist der König auf dem Rückweg von einem Feldzug und wird in exakt 10 In-Game-Tagen wieder in der Hauptstadt sein. Bis dahin passiert XYZ.

Was die Helden daraus machen, ist wieder eine ganz andere Geschichte.

Wenn ich nicht vorbereite, kann es mir durchaus passieren, dass ich diverse Punkte vergesse. Vielleicht passen die Zeiten irgendwann nicht mehr, weil ich etwas übersehen habe. Logiklöcher, die mit etwas Vorbereitung gar nicht erst entstanden wären, machen plötzlich Probleme.

Einen wirkllichen Nachteil kann ich da eigentlich nicht erkennen. Es sei denn, man neigt dazu, sich sklavisch daran zu halten. Soll heißen: Die Gruppe lässt die wichtigen Hinweise links liegen und ist sich sicher, dass das Büschel Haare, dass sie im Hundezwinger gefunden haben, etwas mit dem Fall zu tun hat (obwohl es vermutlich einfach nur Hundehaar ist) ? Kein Problem ... lass sie das Ganze untersuchen. Mach vielleicht sogar etwas spannendes draus (vielleicht kommt des Nachts immer wieder ein Kobold zum Hund und füttert ihn oder sonst was) ... aber solang hindert halt niemand den Baron daran, die Prinzessin zu entführen.

Online Maarzan

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Der Vorteil von vorbereiteten Geschichten ist imho einfach: Man weiß immer was als nächstes passiert. Zumindest weiß man: Der böse Baron wird versuchen die Prinzessin zu entführen und wenn ihn niemand hindert, schafft er es auch.

Vorbereitung macht das noch lange nicht zur vorbereiteten Geschichte. Der Knackpunkt ist eben das "solange in keiner hindert" und was man dann für den Fall "dass doch" vorbereitet.
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Noir

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Da dröseln wir jetzt aber den Begriff "Vorbereitung" SEHR klein auf. Wenn ich mich vorbereite, bereite ich schon eine Geschichte vor. Ich plane, dass die Spieler gegen den Baron vorgehen und was passiert, wenn sie es nicht machen. Das ist imho eine Geschichte. Vorbereitet.

Offline Teylen

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Die Ausarbeitung von Szenen wie Handlungssträngen bietet die Vorteile:
) Vorbereitete Konflikte. Man vermeidet das Problem, dass die Spieler mit ihren Charakteren dastehen, und ihnen auf die Frage "Was macht ihr?" vielleicht nur ein "Entspannen"/"Einkaufen gehen"/"Smalltalk" einfällt.
) Ausgearbeitete Konflikte. Bei denen die Nachforschungen der Spieler-Charaktere nicht erst Konflikte erzeugen müssen, die wiederum on-the-fly dergestalt konstruiert werden müssen, dass sie sinnvoll und dramatisch sind.
) Fundament für Improvisation. Es ist mitunter einfacher, auf Basis eines Handlungsstrang zu improvisieren, als zuerst die Handlung/Szene zu improvisieren und dann nochmal hierzu auf die Aktionen der Spieler zu reagieren
) Einbindung von (verschiedenen) Themen. Wenn man ein Thema anbringen will, vielleicht mehrere, funktioniert es mitunter besser wenn man dies vorbereitet hat, respektive die Dramaturgie dergestalt geformt, das es passt
) Es hat ein Ende. Eine improvisierte Runde steht mitunter vor dem Problem einen (dramaturgischen) Abschluss zu finden.

Die Ausarbeitung von Szenen wie Handlungssträngen bietet die Nachteile:
) Bindung an die Schaffung. Das heißt, wenn man eine Szene, Charaktere, Handlungen Gestaltung aufgebaut hat, tätigt man eine Investition, die es mitunter schwer macht sie Spieler-Handlungen entsprechend zu opfern
) Frustration bei unnützer Arbeit. Das heißt, nach der ganzen Zeit, laufen die Spieler-Charaktere am Dungeon vorbei, und man hat eine "unbearbeitete Story" rumliegen, in die man investiert hat, die aber nun nix mehr macht.
) Versuchung einer Erzählung. Die Frustration kann dazu führen, das man den Spieler und Spielercharakteren unabhängig von deren Handlungen und Spiel versucht die Inhalte zu zeigen.

Betrachten wir folgendes Beispiel: Ein Gruppe LG-Paladine wird durch Abenteuer "gerailroaded" in denen der Spielleiter davon ausgeht, dass sie immer Gutes tun. Wäre das ein Problem?
Das Problem wäre in diesem Fall nicht Railroading, sondern die Gruppenabsprache.
Das heißt, wenn der Spielleiter sich mit der Gruppe abspricht das diese LG-Paladine spielen, und die Spieler dann mit ihren LG-Paladinen nicht entsprechend der gemeinsamen LG-Vorstellungen spielen, wäre es ein Bruch der Gruppenabsprache und kein Railroading.
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Da dröseln wir jetzt aber den Begriff "Vorbereitung" SEHR klein auf. Wenn ich mich vorbereite, bereite ich schon eine Geschichte vor. Ich plane, dass die Spieler gegen den Baron vorgehen und was passiert, wenn sie es nicht machen. Das ist imho eine Geschichte. Vorbereitet.

Sehe ich nicht so. Genau in der Option für Flexibilität (im Rahmen der Natur des Settings) liegt doch der Knackpunkt begraben, der auf der einen Seite dann eine "Geschichte" in einer nicht trivialen Bedeutung mit entsprechenden "Qualitäten" ermöglicht, auf der anderen Seite dann zur Sicherung einer solchen dann zu Railroading greifen läßt.

Ansonsten wäre ja auch jede Sandbox, die nicht bereits den Entropietod erlitten hat auch "eine Geschichte", es gäbe also keinerlei Grund irgendwo da geschichtsbedingt eingreifen zu wollen.

Das Problem wäre in diesem Fall nicht Railroading, sondern die Gruppenabsprache.
Das heißt, wenn der Spielleiter sich mit der Gruppe abspricht das diese LG-Paladine spielen, und die Spieler dann mit ihren LG-Paladinen nicht entsprechend der gemeinsamen LG-Vorstellungen spielen, wäre es ein Bruch der Gruppenabsprache und kein Railroading.

Der Knackpunkt dabei könnte die unterschiedliche Vorstellung von "LG" sein bzw. in wie weit dann (dem Spieler im Detail ggf. so gar nicht direkt bekannter sondern nur nach Bedarf vom SL so verfütterter) Ideologie- und Glaubenssätze auch minimalen Ansprüchen an gesundem Menschenverstand und Selbsterhaltungstrieb entgegen stehen.
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Das ist bei mir genau der Punkt warum mir improvisierte Geschichten meist nicht gefallen. Ich weiß, dass Vergleiche mit anderen Medien immer schwierig sind, aber zu diesem Zweck passt es mMn sehr gut. Welcher Author veröffentlicht seinen Roman unredigiert? Welcher Sportler gewinnt ohne Training? Welches Computerspiel kommt ohne Beta-Test aus? Okay, letzteres ist derzeit quasi die Norm. Aber das ist ein ganz anderes Thema ;). Und jetzt zeig mir den SL, der eine Story mit durchdachten Motivationen der NSCs, wohl-platzierten Wendungen und ordentlich Action einfach so improvisiert.

@Teylen: ich würde bei dem Punkt "Bindung an die Schaffung" allerdings auch vermuten, dass das bei der Improvisation genau so schwierig sein kann wie bei der Vorbereitung (wer zweimal den selben Aspekt bennent gehört schon zum Establishment, oder wie ging der Spruch noch?). Ich glaube, dass dieses Problem eher der Geisteshaltung der SL entspringt und nicht dem Grad der Vorbereitung.
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Noir

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Sehe ich nicht so. Genau in der Option für Flexibilität (im Rahmen der Natur des Settings) liegt doch der Knackpunkt begraben, der auf der einen Seite dann eine "Geschichte" in einer nicht trivialen Bedeutung mit entsprechenden "Qualitäten" ermöglicht, auf der anderen Seite dann zur Sicherung einer solchen dann zu Railroading greifen läßt.

Da kommen wir auf keinen grünen Zweig. Für mich ist das alles eine Geschichte. Wenn die Helden sich entscheiden den Baron aufzuhalten: Gut. Verläuft alles nach dem ursprünglichen Plan. Wenn sie es nicht tun, wird die Prinzessin entführt und eine zweite Geschichte wird getriggert (die ich im besten Fall auch noch vorbereitet hab). Das ganze kann man dann natürlich noch mit Impro kombinieren. Aber das birgt gefahren. Letzten Endes ist das alles aber Begriffsreiterei.

Offline Teylen

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In diesem Fall würde ich weiterhin, dass Problem dabei sehen das die Gruppenabsprache/-diskussion nicht deutlich genug war. Nicht unbedingt im Railroading. Zumal man das Problem gleichermaßen hat, wenn man als Spieler in einer Gruppe LG-Paladine bemerkt das die anderen andere Vorstellungen dahingehend haben.

@Teylen: ich würde bei dem Punkt "Bindung an die Schaffung" allerdings auch vermuten, dass das bei der Improvisation genau so schwierig sein kann wie bei der Vorbereitung
Bei der Improvisation hat man weniger Zeit sich mit den jeweiligen Aspekten anzufreunden bzw. eine Beziehung dazu aufzubauen. Das heißt, einen NSC den ich mir gerade ausgedacht habe, werde ich eher umbringen lassen, als einen NSC denn ich vor ein paar Tagen gemacht habe und mit dem ich mich länger beschäftigte. Auch wenn beide NSC gleich cool sind.
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Online Maarzan

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Da kommen wir auf keinen grünen Zweig. Für mich ist das alles eine Geschichte. ...

Exakt: "Geschichte" alleine ist einfach zu unpräzise.
Daher schlage ich vor:
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