Autor Thema: [Ein ruhiges Jahr] Erste Spielrunden  (Gelesen 1544 mal)

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Offline Huhn

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[Ein ruhiges Jahr] Erste Spielrunden
« am: 13.06.2018 | 20:55 »
Ich habe mir "Ein ruhiges Jahr" auf dem Nordcon zugelegt und es dann auch gleich dort ausprobiert. "Ein ruhiges Jahr" ist ein Spiel, in dem das Schicksal einer postapokalyptischen Gemeinschaft erfahren und auf einer geographischen wie symbolischen Karte festgehalten wird. Jeder Spielzug stellt eine Woche dar. Die Züge sind genau geregelt; ebenso gibt es strenge Vorschriften für den Ablauf aufkommender Diskussionen und Konflikte. Das soll einerseits darstellen, wie kompliziert und durchaus auch unbefriedigend Konfliktlösung in Gemeinschaften sein kann, andererseits verhindert es ein Stocken des Spielflusses durch ausufernde Diskussionen. Am Ende des Spiels steht der Einfall der mystischen Frosthirten, der das Ende des ruhigen Jahres markiert.

Weil die erste Runde uns so gut gefallen hat, haben wir auf der Rückfahrt im Zug gleich noch eine gespielt. Der erste Spielversuch war recht düster, wohingegen die zweite Runde dann irgendwie aus dem Ruder lief... aber lest selbst.

Offline Huhn

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Re: [Ein ruhiges Jahr] Erste Spielrunden
« Antwort #1 am: 13.06.2018 | 21:00 »
Runde 1: Betrayal on a Hill

Umgebung: Schottische Highlands
Mangel: Brennstoff, Stein
Überfluss: Vieh

In den schottischen Highlands hatte sich nach dem Angriff der Schakale eine Gemeinschaft niedergelassen, um einen Neuanfang zu wagen. Da das karge Land nur schwer zu beackern war, lebten die Menschen von der Schafzucht.

Als die Ruine eines gewaltigen Mechakriegers gefunden wurde, witterten einige Gemeinschaftsmitglieder eine Chance, den Wohlstand der Gemeinschaft durch technischen Fortschritt zu forcieren sowie durch die Förderung wertvollen Brennstoffs aus dem Tank der Maschine auch die Beheizbarkeit der Notunterkünfte im kommenden Winter zu sichern. Der Fund führte der Gemeinschaft jedoch auch die potentiellen Gefahren vor Augen, die irgendwo da draußen noch auf sie lauern mochten. Zum Schutz wurde daher mit der Ausbildung einer Bürgermiliz begonnen, die sich im Verlauf der Monate zu einer militärischen Einheit mit Kaserne, Waffenschmiede und weitreichenden polizeilichen Befugnissen entwickelte. Als auf der einen Seite des Hügels, auf dem die Gemeinschaft in Notunterkünften lebte, eine stillgelegte Raketenbasis mit überbordenden Brennstoffvorräten und auf der anderen eine sprudelnde Quelle mit frischem Wasser entdeckt wurden, schien es, als stünde den Menschen ein reichhaltiges Jahr bevor. Ein alter Steinbruch wurde aufgetan und die neugegründete Transportgilde gelangte zu Ansehen und bescheidenem Wohlstand, die aber natürlich nicht an die Macht der alteingesessenen Viehgilde heranreichten. Daneben forschte unterdessen die Gilde der Wissenschaft an effizienten Möglichkeiten der Verwertung der gefundenen Technik.

Doch als sich das Wasser der Quelle rostrot zu färben begann, wussten die Alten, dass üble Zeiten bevorstanden. Das war der Zeitpunkt, zu dem das Mädchen Laura, bekannt für ihren liederlichen Lebensstil, aus der Gemeinschaft verstoßen wurde. Die Menschen verfluchend verließ Laura den Ort. Kurz darauf verschwand Reinhard, der Oberste der Viehgilde - ein zurückgelassener Brief ließ verlauten, er habe sich auf die Suche nach dem verstoßenen Mädchen gemacht, unzufrieden mit der Entscheidung der Gemeinschaft. Als Reinhard nicht zurückkehrte, übernahm seine Frau Deborah die Führung der kopflosen Gilde. Gemeinsam mit dem Hauptmann der Miliz, Werner, nahm Deborah die Gemeinschaft unter ihre Fittiche. Mit militärischer Unterstützung zerschlug sie die Versuche, eine genossenschaftlich organisierte, konkurrierende Viehgilde zu gründen. Blutig verleibte sie die neugegründete Gilde und deren blaue Milch gebenden Tiere der alten Viehgilde ein.

Die internen Streitigkeiten hatten die Gemeinschaft jedoch abgelenkt von den Gefahren, die von außen kamen. Eine Gruppe Missionare, die sich die "Gemeinde" nannten, war auf ihrer haushohen fahrenden Kirche in den Ort gerollt um den herrschenden heidnischen Ahnenglauben zu vernichten. Und ein Trupp von über dem Hügel, unter der Führung von Laura und Reinhard, hatte die Raketenbasis besetzt. Das gefährdete die Winterpläne aufs Schärfste, denn der Brennstoff aus dem Mechakrieger war aufgrund einer Verpuffung unbrauchbar geworden, so dass die Vorräte im Raketenlager essentiell geworden waren. Zur Stärkung der inneren Sicherheit wurde ein Grenzzaun zum Raketenlager hin gezogen. Dennoch verschwanden zwei Kinder. Waren sie wirklich bei einem Unfall im Sumpf ertrunken - oder hatte nicht eher Laura sie entführt und gefoltert?

Die inneren Spannungen verschärften sich weiter, als sich das rostrote Wasser als giftig erwies und zahlreiche Gemeinschaftsmitglieder an grässlichem Durchfall verstarben. Eine eilig gegründete Heilergilde war der Flut an Kranken gegenüber machtlos. Einige Menschen setzten sich, angesichts der schlechten Lebensbedingungen, für eine Versöhnung mit Lauras Leuten ein. Vereinzelte Friedensgespräche am Grenzzaun wurden von der Miliz mit Argwohn betrachtet. Dann wurde Werner, der Hauptmann der Miliz, tot aufgefunden - erschossen mit der einzigen Pistole, die es im Ort gab. Als Mörder war schnell Laura im Gespräch. Doch wo war sie? Während Laura gesucht wurde, fanden Dorfbewohner auch Deborah, die Vorsitzende der Viehgilde, tot in ihrem Bett - erstochen. Auch Laura?

Mutige Dörfler wagten sich über den Grenzzaun in die Raketenbasis... und fanden diese verlassen vor. Unbemerkt hatten Laura und ihre Leute - wohl schon vor Tagen - die Raketenbasis verlassen. Offenbar hatten sie mangels Nahrungsmitteln den Rückzug angetreten - nicht jedoch ohne den Brennstoffvorrat unbrauchbar zu machen. Dieses Problem wurde jedoch auf später vertragt - zunächst musste ein Mörder gefunden werden. Da Laura ausschied, konnten es nur die Fremden aus der "Gemeinde" gewesen sein. Ein wütender Dörfler erschlug in hilflosem Zorn deren Anführer auf dem Marktplatz. Die "Gemeinde", davon überzeugt, der Satan sei den Dörflern von ihren Ahnen eingeflößt worden, überfuhr mit der fahrenden Kirche den gemeinschaftlichen Ritualplatz und machte ihn dem Erdboden gleich, ehe sie von dannen fuhr.

Da fielen die Frosthirten über das Dorf her. Und als Schnee und Eis das Dorf bedeckten, wurde der sterbenden Gemeinschaft klar, dass sie in all ihren Konflikten vergessen hatte, sich um Nahrung, feste Behausung und Brennstoffe für die Heizung zu kümmern. Jämmerlich erfroren die verbliebenen Dorfbewohner in ihren armseligen Hütten inmitten des hochgerüsteten Örtchens.

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Offline Huhn

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Re: [Ein ruhiges Jahr] Erste Spielrunden
« Antwort #2 am: 13.06.2018 | 22:08 »
Runde 2: Weich gebettete Sockenzwerge from Outer Space

Umgebung: Großstadt
Mangel: Holz, Kronkorken
Überfluss: Lebensmittel

In der vom Schakalkrieg zerstörten Metropole hatte sich auf einer Straßenkreuzung eine Gemeinschaft von Menschen in einer Notunterkunft zusammengefunden, um sich von hier aus eine neue Existenz aufzubauen. Dank der guten Ausstattung der Zeltstadt war Nahrung im Überfluss vorhanden. Holz hingegen zum Bau fester Unterkünfte war in der Stadt voll Beton und Stahl Mangelware. Eine Lösung könnte vielleicht der Handel bringen - aber wie handeln, wenn keine Währung vorhanden war?

Um zunächst einmal mobiler zu werden, beschlossen die Menschen, einen alten Bus wieder flottzumachen, der sie durch die Stadt hin zur benachbarten Zeltunterkunft bringen sollte, wo sie reich mit Waren beladen vom Handel heimkehren konnten. Eben diesen Handel hatte ein überaus freundlicher Vertreter jener Unterkunft ihnen nämlich vor Kurzem vorgeschlagen. Die Bedenken eines Teiles der Gemeinschaft, ob es moralisch vertretbar sei, mit jenen zu handeln, die im Schakalkrieg wenigstens zu Beginn die Schakale unterstützt hatten, wurden hierbei übergangen. Findige Gemeinschaftsmitglieder hatten unterdes das alte Hydrantensystem angebohrt und so die provisorische Unterkunft mit fließendem Wasser versorgt. Da sich die Basteleien als zukunftsträchtig darstellten, wurde mit Hilfe der Materialien, die Suchtrupps aus den umliegenden Gebäuden herbeibrachten, eine Werkstatt eingerichtet. Die begabten Brüder Gusto und Robert Handerson hatten dort das Sagen.

Die Handersons waren nur einer von mehreren Familienclans, die in der Unterkunft für Ordnung und Weiterkommen sorgten. Der größte und einflussreichste dieser Clans waren die Giovannis. Gab es Probleme oder musste eine abschließende Entscheidung getroffen werden, so waren es zumeist die Giovannis, die das letzte Votum abgaben. So waren es auch die Giovannis, die zunächst dafür stimmten, sich das geheimnisvolle Objekt, das am Ende der Hauptstraße niedergegangen war nicht anzusehen und sich stattdessen weiterhin auf den Aufbau der Gemeinschaft zu konzentrieren. Insbesondere da in letzter Zeit mutierte, giftige Kanalratten die Lebensmittelvorräte in den kühlen U-Bahn-Schächten zu bedrohen begonnen hatten, sei es vonnöten, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Um den Handel zu fördern und auszuweiten, begann Dorothea, eine visionsreiche junge Dame, mit dem Bau eines Leuchtturmes auf der Spitze eines alten Fernsehturmes am Rande des Hafens. Da ihr der Strom fehlte (der merkwürdigerweise abhanden gekommen war), musste sie das Licht mit Hilfe eines riesigen Leuchtfeuers betreiben. Im Schein des Leuchtfeuers erblühte der Handel zwischen den beiden Zeltstädten, ohne dass jedoch auswärtige Schiffe im Hafen eingelaufen wären. Der erblühende Handel in der Gemeinschaft zog einige weniger glückliche Bewohner der anderen Zeltstadt an. Sie alle wollten in der gut ausgestatteten Unterkunft an der Kreuzung leben. Doch bereits nach kurzer Zeit waren alle verfügbaren Plätze belegt und die restlichen Übersiedler wurden an einer eilig errichteten Straßenschranke aufgehalten und zurückgeschickt.

Dann jedoch hatte der alte Votan gar grausige Gesichte und warnte die Gemeinschaft vor nahendem Unheil. Aber niemand nahm den senilen Schamanen ernst. Erst als sich die Panzer vom alten Technikfriedhof wie von Geisterhand zu bewegen begannen und auf die Handelspartner in der Nähe des Hafens zuhielten, wurde die Gemeinschaft aktiv. Doch war es überhaupt sinnvoll, eigene Kräfte für die Rettung des Handelspartners aufzubringen oder sollte nicht viel lieber das Unglück der anderen zum eigenen (Raub-)Glück gewandelt werden? Eine kleine Gruppe Aufrechter, versammelt um Georg, den sie später den Wackeren nannten, wollte dies nicht zulassen und zog aus, die Freunde zu retten. Allein - sie kamen zu spät. Die Unterkünfte der anderen waren bereits zerstört, viele Menschen tot. Dennoch gelang es Georg unter Opferung seines eigenen Lebens, die Panzer zu besiegen und seine Anhänger führten die nun heimatlosen Freunde zum Lager an der Kreuzung.

Dort waren die Flüchtenden jedoch nicht willkommen - wo sollten sie alle unterkommen? Zwar gab es mittlerweile feste Unterkünfte - aber natürlich nur für die Einheimischen. Das Chaos verstärkte sich, als auf der alten Verbindungsstraße ein gewaltiges Ungetüm aus der Erde brach, nur um einige Meter weiter wieder in den Boden zu stoßen und zu verschwinden. Fürderhin versperrten zwei gewaltige, dunkle Löcher die sichere Passage in Richtung des Hafens. Die aus den Schlunden aufsteigenden Gase brachten eine grässliche Krankheit mit sich, die sowohl die Gemeinschaft im Lager als auch die Geflohenen vor den Schranken darniederlegte. Selbst der alte Votan lag sterbenskrank am Boden. Ein eilig zusammengewürfelter Suchtrupp tat jedoch zum Glück der Gemeinschaft ein namhaftes Bettenlager auf, so dass nun paradoxerweise noch der ärmlichste Tropf schlummern konnte wie ein Zar - insofern das ohne Dach über dem Kopf eben möglich war. Mit der Wärme war es jedoch bald vorbei, als dem klaffenden Loch eine Horde Zwerge entstieg, die es offenkundig auf die Socken der Menschen abgesehen hatten. Die kalten Füße verschlechterten die gerade erst gestiegene Laune wieder.

In dieser verwirrenden Situation gab es dennoch Bewohner der Straßenkreuzung, die sich auf ihr kulturelles Erbe besannen. Der feinfühlige Franz ließ dem wackeren Georg, der all die Menschen aus der Nachbarzeltstadt gerettet hatte, ein Denkmal errichten. Daneben wurde im alten Kunstmuseum eine Vernissage vorbereitet. Nicht alle waren mit dieser Verschwendung von Ressourcen und Arbeitskraft einverstanden, konnten sich jedoch gegen die Kunstlobby nicht durchsetzen.

Immerhin hatte sich die prekäre Sockensituation in der Zwischenzeit zum gewinnträchtigen Geschäft gemausert. Wieso sich die Socken stehlen lassen, wenn sie doch auch teuer verkauft werden konnten? Eine gewaltige Sockenfabrik wurde errichtet, in der die Alten des Dorfes in 16-Stunden-Schichten Socken strickten, die dann gewinnbringend an die unersättlichen Zwerge verkauft wurden. Beim Bau der Sockenfabrik hatte es einen schrecklichen Vorfall gegeben: Gusto Handerson war, mit einem Stromkabel erwürgt, neben seiner, hinter der Werkstatt heimlich errichteten, Hanfplantage gefunden worden. Der Mörder blieb unerkannt. Als kurz darauf auch noch Robert Handerson beim Bau eines Dachgartens von einem Hochhaus stürzte, war die Trauer groß. Eine engagierte Gruppe erbaute nun auch den Handersons ein Denkmal, die, so die öffentliche Darstellung, ein solches auch viel mehr verdienten als Georg, der diese ganzen nutzlosen Fremden überhaupt erst an die Kreuzung geführt hatte.

Besagte Fremden unterdes stiegen mittlerweile auf die Barrikaden - der Winter nahte und sie hatten nach wie vor keine Unterkunft und schliefen mit ihren guten Betten auf der Straße. Die Giovannis zeigten sich jedoch erbarmungslos und versuchten, den Aufstand blutig niederschlagen. Nichtsdestotrotz verschanzten sich einige Aufständische in der festen Unterkunft.

Zu diesen internen Konflikten war die Gemeinschaft an der Kreuzung zunehmend isoliert. Während auf der einen Seite die tobende Menge hinter den Schranken zurückgehalten werden musste, war auf der anderen aus dem geheimnisvollen und bis dato ignorierten, abgestürzten Flugobjekt eine gemeingefährliche Pflanze erwachsen, die mit Laserstrahlen alle sich Nähernden erschoss und sich zudem rapide vermehrte. Glücklicherweise vertrugen die außerirdischen Säher dieser Pflanzen offenbar keine Kälte und gingen bei den ersten Anzeichen des nahenden Winters ein. Manche Probleme, so lernten die Gemeinschaftsmitglieder, lösten sich eben auch einfach von selbst.

Die daraus resultierende Freude war jedoch von kurzer Dauer. Denn eine witterungsbedingte Springflut riss die Sockenfabrik und damit den Wohlstand der Gemeinschaft mit sich. Als dann auch noch ein gewaltiger Wurm dem Loch in der Straße entstieg und nach Opfern forderte, brach Panik aus. Ein beherzter junger Mann opferte schließlich den alten Votan ("Der liegt hier eh bloß rum und frisst!") dem Wurm und löste so die Situation, wenn auch sicherlich nicht zur Freude vieler Votan-Fans.

Die Lage an der Kreuzung war heikel - nicht genügend Unterkünfte, nicht ausreichende Nahrungsmittel und der zusammengebrochene Handel ließen die Menschen in Angst versinken. Kurz bevor die Frosthirten eintrafen, geschah jedoch das Unglaubliche: Dem Strahlen des Leuchtturms war ein großes Schiff gefolgt. In voller Fahrt krachte es einige Meter weit in die Kaimauern, wo es steckenblieb. Die Besatzung war sofort tot - aber die Vorräte und der Treibstoff waren noch vorhanden! Sie waren es, die schließlich der Gemeinschaft das Leben retten und sie über den harten Winter bringen sollten.

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Offline Kreggen

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Re: [Ein ruhiges Jahr] Erste Spielrunden
« Antwort #3 am: 13.06.2018 | 22:22 »
Ich hatte von dem Spiel gelesen und es hörte sich gut an. Nach den beiden Spielberichten - Hut ab dafür - bin ich neugieriger geworden. Kannst Du ein wenig zur Spielmechanik sagen?
- spielt + spielleitet meistens online auf dem Lurch & Lama Discord
- spielleitet zur Zeit am liebsten Broken Compass, Household, Behind the Magic & Mythos World

Offline Huhn

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Re: [Ein ruhiges Jahr] Erste Spielrunden
« Antwort #4 am: 13.06.2018 | 22:52 »
Kannst Du ein wenig zur Spielmechanik sagen?
Klaro, sehr gern. Ich hype das Spiel grad ein wenig. :D

Gespielt wird mit einem Blatt Papier für die Karte, einem Bleistift, einem Satz Spielkarten und Ärgersteinen. Wichtige Namen und Ressourcen werden zudem auf Karteikärtchen notiert. Pro Zug hat jede Person eine bestimmte Auswahl an Aktionen. Zuerst zieht sie eine Karte, zu der es dann im Buch in einer Tabelle weitere Anweisungen gibt. Gemäß dieser Anweisungen erzählt die Person dann, was ihrer Meinung nach gerade passiert. Die Karten repräsentieren die Jahreszeiten und wenn eine bestimmte Karte gezogen wird, zeigt das das Kommen der Frosthirten an und das Spiel endet sofort. Nach der Kartenaktion (sofern das Spiel nicht endete) hat die Person am Zug die Wahl, ob sie etwas entdecken, eine Diskussion ausrufen oder ein Projekt starten will. Diese Aktionen folgen dann wieder eigenen Regeln und bringen neue Fakten oder Erkenntnisse oder Gefühlslagen ins Spiel ein.

Insbesondere die Diskussionsregeln sind ganz cool: Alle dürfen einmal ihren Senf dazugeben und danach ist die Diskussion (ohne Abschluss oder Problemlösung) beendet. Es darf nicht unterbrochen, nachgehakt oder ausufernd erläutert werden. Das soll darstellen, dass Meinungsfindungen in großen Gemeinschaften immer schwierig sind. Wenn irgendeine Aktion oder Meinungsäußerung zu Unfrieden führt, darf sich die Person, die eine Spannung oder Verärgerung wahrnimmt, einen Ärgerstein nehmen (aber sich nicht dazu äußern!). Mit diesen Steinen wiederum können dann zum Beispiel nachher Aktionen gerechtfertigt werden, die der Gemeinschaft schaden, also selbstsüchtig sind. Im Grunde sind sie aber bloß Anzeiger für Spannungen innerhalb der Gemeinschaft.

Fokus des Spiel ist immer die Gemeinschaft als Ganze und ihre Geschichte, quasi aus der Vogelperspektive. Einzelpersonen, die im Verlauf des Spiels auftauchen, stehen immer nur exemplarisch für bestimmte Gemengelagen in der Gemeinschaft. Es geht nicht darum, die Lebensgeschichte einer dieser Personen dann von vorne bis hinten nachzuvollziehen. Sie tauchen auf, vielleicht auch mal öfter, und verschwinden wieder in der Versenke, wenn ihre Rolle an Relevanz verliert.

Die Regeln sind im Grunde sehr frei und die Kartenaktionen absichtlich ganz allgemein gehalten. Außer der Tatsache, dass du eine postapokalyptische Gemeinschaft bespielst, ist nichts festgelegt. Das kann durchaus phasenweise auch mal dazu führen, dass Sachen total an den Haaren herbeigezogen oder irrelevant wirken. Oder Dinge ins Spiel eingeführt und dann nie wieder genutzt werden (die hab ich in meinen Spielberichten auch größtenteils ausgeklammert, weil es sonst einfach aufgeufert wäre). Finde ich aber durchaus auch einen reizvollen Spielbestandteil. Wie viele Skandale hab ich nicht in den letzten Jahren in der Zeitung gelesen, von denen nach drei Tagen absolut niemand mehr sprach? Nicht alles, was passiert oder kurz aufscheint, hat langfristige Auswirkungen. Dafür gewinnen plötzlich andere Dinge, die vorher ganz unwichtig wirkten, an Relevanz.

Mein Fazit ist, dass mit diesem Spiel mit super einfachen Regeln spannende Geschichten erzählt werden können, über die noch einige Zeit später diskutiert werden kann. ("Spannend, dass wir völlig vergessen haben, dass wir am Anfang mal Holz als Mangel festgelegt hatten... da haben wir vor lauter Krieg ja die Häuser ganz vergessen!" oder "Wäre ja eigentlich auch spannend, mal zu sehen, wie eigentlich eine Gemeinschaft funktioniert, in der es zu viele alte Menschen gibt.") Ich hab auf jeden Fall richtig Lust, das noch einige Male zu spielen - und das find ich für so ein spezialisiertes Indie-Spiel schon eine ganz schöne Leistung, so einen Wiederspielwert zu bieten. Ist ja auch hoffentlich an meinen Spielberichten deutlich geworden, dass wir, in derselben Gruppenzusammensetzung, zwei völlig unterschiedliche Spielerlebnisse hatten.

*Fanfähnchen wedels*

Edit sagt: Ich hab vor lauter Freude die Karte ganz vergessen. Alles was festgelegt wird oder passiert, soll nach Möglichkeit in irgendeiner Form auf der Karte festgehalten werden. Das kann durch eine geographische Festlegung ("Hier ist ein Berg.") oder etwas Symbolisches ("Dieses umgefallene Weinglas zeigt den Giftmord am Fürsten an.") passieren. Beispiele wie das aussehen kann, hab ich bei meinen Spielberichten hochgeladen. Wichtig ist, dass wirklich alle zeichnen - egal ob sie das gut können oder nicht. Ist ja auch an unseren Karten zu sehen, dass wir alle nicht gerade Profis sind. *hüstel*
« Letzte Änderung: 13.06.2018 | 23:12 von Huhn »

Offline Hotzenplot

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Re: [Ein ruhiges Jahr] Erste Spielrunden
« Antwort #5 am: 14.06.2018 | 12:20 »
Sehr interessant zu lesen, danke für die Berichte.
ehrenamtlicher Dienstleistungsrollenspieler

Mein größenwahnsinniges Projekt - Eine DSA-Großkampagne mit einem Haufen alter Abenteuer bis zur Borbaradkampagne:
http://www.tanelorn.net/index.php?topic=91369.msg1896523#msg1896523

Ich habe die G7 in 10 Stunden geleitet! Ich habe Zeugen dafür!

Ich führe meinen Talion von Punin in der Borbaradkampagne im Rollenhörspiel
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