Autor Thema: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch  (Gelesen 3802 mal)

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Offline korknadel

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Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« am: 24.10.2018 | 16:55 »
Im Neuerwerbungsthread ging es ein paar Posts lang um die CD, die der Box Werkzeuge des Hexxenmeisters beiligt. Die dort geäußerte Kritik bezüglich Singletrack und Verpackung berührt mich eigentlich gar nicht. Mir stößt dabei eigentlich eher auf, dass ich ja grundsätzlich mit dieser ganzen Hintergrundmusik und auch mit Filmmusik größtenteils nichts anfangen kann, ich stehe eher auf die Scorsese-Vorgehensweise, nämlich Filme/Spiele mit Musik zu untermalen, die unabhängig davon schon existiert.

Und bei einem Spiel, das im Barock angesiedelt ist, fände ich den Gedanken reizvoll, Spielsituationen mit Barockmusik zu untermalen. In einem Kloster mag auch aus Traditionsgründen ein wenig Renaissancepolyphonie erklingen.

Ich möchte versuchen -- und lade auch dazu ein --, hier Stücke zu sammeln, die zur Untermalung gewisser Spielszenen denkbar wären. Bei der ganzen Repräsentationsmusik, den Wutarien, den Pastoralen, den Charakterstücken etc des Barock müssten sich doch eigentlich viele Situationen mit für das Setting zeitgenössischer Musik abdecken lassen.

Solche Vorschläge, so sie denn auf Konsens stoßen, wären dann natürlich auch als Soundtrack für andere Spiele wie All For One oder Witch Hunter etc verwertbar.

Der Sturm von Marin Marais aus Alcyone:
https://www.youtube.com/watch?v=POydmjVrD0I

Oder der Sturm aus Rameaus Platée:
https://www.youtube.com/watch?v=wDSZMnuWAKw

Die Schlummerszene aus Lullys Atys
https://www.youtube.com/watch?v=bfVXFJH3nuI

Die Schlacht von Biber (und andere Charakterstücke):
https://www.youtube.com/watch?v=5YBOmgi-qSs

Die Wilden aus Rameaus Les Indes Galantes:
https://www.youtube.com/watch?v=3zegtH-acXE

Triumph, ebenfalls aus Les Indes Galantes:
https://www.youtube.com/watch?v=p4ZMnrG1rog

Und passt nicht eine Arie mit dem Titel "crude furie degl'orridi abissi" nicht wie die Faust aufs Auge auf barocke Hexxenjäger?

Ich hoffe, dass ich die Liste künftig erweitern kann.

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Offline Chiarina

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #1 am: 24.10.2018 | 21:21 »
Mein ganz persönliches Problem mit Musik beim Rollenspiel ist, dass ich unweigerlich beginne zuzuhören. Das funktioniert bei mir nicht so ganz. Und wenn dann auch noch ein barockes Originalwerk erklingt... ich könnte nicht mehr spielen!

Was eventuell noch drin ist, sind kurze Instrumentalstücke, die eingeschoben werden können, um eine Atmosphäre überhaupt erst entstehen zu lassen. Einmal habe ich das mit Monteverdis Toccata (1. Link) ausprobiert, mit dem Ergebnis, dass meine Spieler mich schmunzelnd für schrullig erklärt haben... naja, mit der richtigen Runde aus Musikern, Geschichtsinteressierten und sonstigen Kulturschaffenden mag´s vielleicht funktionieren.

Am ehesten empfehle ich für repräsentative Anlässe die Eingangstoccata aus Monteverdis L´Orfeo:

Claudio Monteverdi: Toccata aus "L´Orfeo

Für intime Stunden nehme man vielleicht ein Werk für Virginal. Vielleicht aus dem Fitzwilliam Virginal book. Vielleicht dieses:

William Byrd: La Volta

Eine andere Möglichkeit für behagliche Stunden am Kamin: Lautenmusik

John Dowland: Semper dolens, semper Dowland

Vielleicht fällt mir noch mehr ein.
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Noir

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #2 am: 24.10.2018 | 21:28 »
Mein Problem mit solcher Musik ist, dass sie für mich nicht die Atmosphäre transportieren, die ich mir vorstelle. Grusel oder Unbehagen kommt bei mir nicht, wenn ich so fluffige Sachen höre. Ich bin ein sehr auditiver Mensch. Stimmung wird bei mir tatsächlich stark von der Musik mitgetragen. Wenn ich etwas zeitgenössisches einbauen wollen würde, müsste es für mich schon deutlich düsterer oder beklemmender oder irgendwie in dieser Art werden. Und da passt dann häufig eben doch eher der Filmsoundtrack - zumindest für mich.

Da hau ich dann eben sowas rein

https://www.youtube.com/watch?v=1ro4FHd51t4

und bin gefühlt deutlich krasser im barocken Deutschland als Hexenjäger unterwegs ... und das obwohl das ganze musikalisch vermutlich soviel mit Barock zu tun hat, wie ein Mettbrötchen mit Vegetarismus.

Offline korknadel

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #3 am: 25.10.2018 | 10:40 »
Marche des Combattants von Lully:
https://www.youtube.com/watch?v=alFFoBeLeG4

Einmal habe ich das mit Monteverdis Toccata (1. Link) ausprobiert, mit dem Ergebnis, dass meine Spieler mich schmunzelnd für schrullig erklärt haben... naja, mit der richtigen Runde aus Musikern, Geschichtsinteressierten und sonstigen Kulturschaffenden mag´s vielleicht funktionieren.

Seufz, ja. Datas Kommentar bestätigt genau das:

Mein Problem mit solcher Musik ist, dass sie für mich nicht die Atmosphäre transportieren, die ich mir vorstelle. Grusel oder Unbehagen kommt bei mir nicht, wenn ich so fluffige Sachen höre. Ich bin ein sehr auditiver Mensch. Stimmung wird bei mir tatsächlich stark von der Musik mitgetragen. Wenn ich etwas zeitgenössisches einbauen wollen würde, müsste es für mich schon deutlich düsterer oder beklemmender oder irgendwie in dieser Art werden. Und da passt dann häufig eben doch eher der Filmsoundtrack - zumindest für mich.

Das wird wohl den meisten so gehen. Fluffig oder beklemmend, düster. Ich bin ja ebenso ein sehr auditiver Mensch, aber ich höre nichts Fluffiges in all den von mir gebrachten Beispielen (zumindest in diesen Einspielungen). Ich persönlich finde es sehr bedauerlich, dass Barockmusik (und auch der Großteil der restlichen klassischen Musik) eigentlich nur noch in Zusammenhängen wie Weihnachten oder als Zitat, wenn in einem Film mal jemand eine Perücke trägt, auftaucht, sodass kaum mehr andere Konnotationen als "fluffig" möglich sind, weil die Intention -- der Affekt, wie barocke Zeitgenossen gesagt hätten -- dieser Stücke gar nicht erkannt werden kann, von der Plüsch-Weihnachtsassoziation völlig überwuchert ist. Dabei geht es im Barock ja durchaus auch viel um Düsternis und Beklemmung und eigentlich wirklich nur in den allerseltensten Fällen um fluffiges Weihnachten, Fluffigkeit war einfach kein Thema für die meisten der damaligen Kunstschaffenden und -rezipienten. Die wollten in der Oper auch lieber miterleben, wie Dämonen aus der Hölle beschworen wurden (zum Beispiel in Lullys Thesee, auch wenn das Beispiel nun tatsächlich nicht als Soundtrack taugen würde ...). Die Sturmszenen bei Marin und Rameau aus dem Eingangspost wurden natürlich als höchst dramatisch und bedrohlich empfunden und waren nicht umsonst berühmt. Schade (für mich), wenn das nicht mehr ankommt, weil unser Mainstream all das irgendwie unter Christbaumkugeln und Lametta subsumiert. Aber sei's drum, ich versuche trotzdem noch ein wenig, nach Musikstücken zu suchen, die sich zumindest in meinen Ohren sehr gut als Hintergrund einer barocken Rollenspielszene eignen.

Da hau ich dann eben sowas rein

https://www.youtube.com/watch?v=1ro4FHd51t4

und bin gefühlt deutlich krasser im barocken Deutschland als Hexenjäger unterwegs ... und das obwohl das ganze musikalisch vermutlich soviel mit Barock zu tun hat, wie ein Mettbrötchen mit Vegetarismus.

Das ist ein schön anzuhörendes Stück, und Du hast mit Deiner Vermutung recht, schon allein die Geigentechnik ist so gar nicht barock. Ich verstehe vollkommen, weshalb derlei Musik für solche Zwecke herangezogen wird, krass empfinde ich das allerdings ganz und gar nicht, denn meine ersten Assoziationen sind hier: effekthascherische Filmmusik, die sich bei klassischem Instrumentarium und den Tricks und Kniffs klassischen Tonsatzes bedient, dazu noch ein bisschen aus der Volksmusik entlehnte Melodieseligkeit, und fertig ist ein moderner Soundtrack, bei dem ich an historische TV-Serien wie Poldark denken muss und an Unterhaltungsindustrie, aber eben nicht an Barock. Ein Großteil der von mir geschätzten Barockmusik dagegen ist in dem Sinne krass, dass ihre Komponisten damals, in ihrer Zeit, Avantgardisten waren und dieses Neue, Frische, Krasse höre ich eben bei Vivaldi oder Biber, während ich bei James Howard Newton einen Handwerker höre, der sich meisterhaft bei allem von Palestrina bis Stockhausen bedient, um eine vorgeprägte und durch die Filmindustrie tausendmal eingebläute Gefühlstastatur zu bespielen. Wie gesagt, wenn so was mal während einer Rollenspielrunde liefe, würde ich das auch goutieren, weil schöne, stimmungsvolle Musik, aber wünschen tu ich mir halt, mal was Zeitgenössisches. Und deshalb dieser Thread.

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Offline felixs

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #4 am: 25.10.2018 | 11:24 »
effekthascherische Filmmusik, die sich bei klassischem Instrumentarium und den Tricks und Kniffs klassischen Tonsatzes bedient, dazu noch ein bisschen aus der Volksmusik entlehnte Melodieseligkeit, und fertig ist ein moderner Soundtrack

Eben deshalb  - meine ich - eignet sich das dann ja auch als Nebenbei-Musik.
Das funktioniert mit den von Dir beschriebenen Musikstücken nicht, bei denen es Aufmerksamkeit und auch ein wenig Reinhörens bedarf.

Meinem Eindruck ist es bei Musik sehr ähnlich wie mit der Literatur: Man hat eben doch eine starke Bindung an die Zeit. Es gibt einige Werke, welche die Zeit gut überdauern, aber das sind nicht viele. Und bei den überdauernden ist es wohl oft auch so, dass sie vor allem deshalb funktionieren, weil sie immer wieder neu kontextualisiert werden und damit in ihrem Zeitbezug erhalten bleiben. Manche Sachen mögen auch einfach zeitlos-genial sein.
Jedenfalls funktioniert auch Barock-Literatur für mich ebenfalls überhaupt nicht. Nicht Theater, nicht Dichtung, schon gar nicht die Romane der Zeit. Man kann das alles zur Kenntnis nehmen und ich finde es historisch interessant. Ästhetischen Genuss beschert es mir nicht.
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Offline Derjayger

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #5 am: 25.10.2018 | 18:30 »
Mein ganz persönliches Problem mit Musik beim Rollenspiel ist, dass ich unweigerlich beginne zuzuhören. Das funktioniert bei mir nicht so ganz. Und wenn dann auch noch ein barockes Originalwerk erklingt... ich könnte nicht mehr spielen!

Geht mir auch so! Die im Einganspost verlinkte Art von Musik ist - auch wenn es nicht-Klassiker nicht hören wollen - deutlich komplexer (= mehr Informationen pro Zeit) als die meiste Filmmusik. Wenn man da nicht gut zuhört, kann man schnell den Eindruck von Gedudel bekommen, weil man keinen Hörüberblick bekommt.

Zitat
Für intime Stunden nehme man vielleicht ein Werk für Virginal. Vielleicht aus dem Fitzwilliam Virginal book. Vielleicht dieses:

William Byrd: La Volta

Das ähnelt Tavernenmusik aus PC-RPGs...

Zitat
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John Dowland: Semper dolens, semper Dowland

... und das der Musik von Kai Rosenkranz (aus Gothic 1 und 2) - beides auch bei nicht-Klassikern beliebt. Deshalb glaube ich, dass die zwei verlinkten Stücke auch nicht schlecht ankommen würden. Manchmal reicht es, wenn man die Leute auf diese Ähnlichkeit hinweist, damit in ihnen ein Schalter umgelegt wird und sie plötzlich etwas damit anfangen können.

Bei den Sturm-Stücken wird's schwieriger, weil die Musik aus heutiger Sicht sehr stilisiert und auch mit vergleichsweise wenig Power daherkommt - da sind die meisten ganz andere Hans-Zimmer-Klangkaliber gewohnt. Die andere - für Alte Musik angemessene - Perspektive einzunehmen kriegen selbst Musikstudenten am Anfang nicht immer hin. Vielleicht könnte man eine Brücke bauen über die augenzwinkernden Zeichentrickeinlagen aus Ritter der Kokosnuss: https://www.youtube.com/watch?v=U1Zv39Dee1w&t=900s und https://www.youtube.com/watch?v=jYFefppqEtE und damit auch dem Spiel Rock of Ages, das zumindest optisch einen ähnlichen Stil hat: https://www.youtube.com/watch?v=7YbuQIxHU6Y. Obwohl... ist eigentlich etwas ganz anderes, der Vergleich hinkt.

Ein weiteres Problem an Klassischer Musik im Rollenspiel ist, dass an der Musik ein Rattenschwanz von negativen Assoziationen hängt - nur für alte Leute, nur für Spießer, usw. Mit offenen Ohren zu hören kriegen die meisten nicht hin.
Dadurch könnte typische Barockmusik genau dann gut ankommen, wenn die Ingame-Situation in besonderem, total überzeichnetem Maße barock ist - überwältigender Gestank aus welken Rosen (Parfüm), Schweiß und Urin, 5m hohe Perückenfratzen die verachtend auf einen Blicken und ungeniert über einen lästern, Korsett-Zwangsjacken, Todesstrafe auf schlechte Manieren, Tee-Infusion bis zum Koffeinschock, hirnverbrennende/kaleidoskopartige Verzierungen...

Tolle Musikbeispiele übrigens! :headbang:
« Letzte Änderung: 25.10.2018 | 22:59 von Derjayger »
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Offline felixs

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #6 am: 25.10.2018 | 18:36 »
Geht mir auch so! Die im Einganspost verlinkte Art von Musik ist - auch wenn es nicht-Klassiker nicht hören wollen - deutlich komplexer (= mehr Informationen pro Zeit) als die meiste Filmmusik. Wenn man da nicht gut zuhört, kann man schnell den Eindruck von Gedudel bekommen, weil man keinen Hörüberblick bekommt.

Ja. Wobei "Gedudel" hier nicht "Fahrstuhlmusik" ist, sondern "nerviges, störendes Geräusch", oder?
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Offline Derjayger

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #7 am: 25.10.2018 | 21:47 »
Genau! Etwas amorphes, scheinbar zufälliges, ein großes Durcheinander.
Leute, die viel Klassik hören, sind große Informationsmengen gewohnt. Die haben dann Probleme beim Hören von Filmmusik, weil ihnen da zu wenig los ist. Ich finde ja, dass man die freie Brainpower dann nutzen kann um herumzuträumen, gern am Songtext (falls vorhanden) entlang. Das ist eine super Sache und war überhaupt der Grund, warum mich Musik als Jugendlicher so gepackt hat (in vielen Metal-Stilen erzählen Songtexte Geschichten, die sich super für solche Träumereien eignen). Und da wären wir wieder beim Tischrollenspiel, wo ich ja auch irgendwie herumträumen möchte.

Übrigens noch ein Beispiel:
Zitat
Die Wilden aus Rameaus Les Indes Galantes:
https://www.youtube.com/watch?v=3zegtH-acXE

Was daran primitiv und wild ist, kann man glaube ich nur erkennen, wenn man viel Barockmusik gehört hat und sie damit vergleicht. Dann ist die Musik vergleichsweise banal bzw. primitiv*. Sonst klingt es halt irgendwie nach Alter Musik.
Das hier ist glaube ich schon direkter als irgendwie primitiv und wild* denkbar (ist ja auch deutlich neuer): https://www.youtube.com/watch?v=rP42C-4zL3w&t=3m28s

* Ich pack hier die übelsten Klischees aus :D https://www.youtube.com/watch?v=HqcGyBcbGE8 Fehlt nur noch ein Knochen im Haar.
« Letzte Änderung: 25.10.2018 | 22:06 von Derjayger »
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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #8 am: 25.10.2018 | 23:21 »
Aber kein Mensch wird Stravinsky nebenbei hören wollen, oder?  ;)

Mein Vater hat mir, als ich fand, dass ich Stravinsky nicht hören mochte, erzählt, dass die Menschen aus seinen Konzerten schreiend herausgerannt seien. Keine Ahnung, ob das stimmt. Jedenfalls hat mir damals schon nicht eingeleuchtet, warum das ein Qualitätsmerkmal sein sollte.

Meine Assoziation zu der Musik mit den galanten Indianern wäre auch gewesen, dass das halt irgendwas von vor hundert Jahren oder älter ist. Könnte auch für einen Ball auf Sanssouci sein, oder für eine Szene im Palast des Sonnenkönigs. Was weiß ich.
Mir kommt das übrigens noch nicht einmal sonderlich komplex oder irgendwie anders hochwertig vor. Ich finde auch nicht, dass man klassischer Musik immer dieses Mäntelchen umhängen muss. Es folgt halt andere Regeln und man kann sich dazu erziehen, diese zu verstehen. Oder eben auch nicht. Das gilt für so ziemlich jede Art von Musik.
« Letzte Änderung: 25.10.2018 | 23:28 von felixs »
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Offline Derjayger

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #9 am: 25.10.2018 | 23:34 »
Mein Vater hat mir, als ich fand, dass ich Stravinsky nicht hören mochte, erzählt, dass die Menschen aus seinen Konzerten schreiend herausgerannt seien. Keine Ahnung, ob das stimmt. Jedenfalls hat mir damals schon nicht eingeleuchtet, warum das ein Qualitätsmerkmal sein sollte.

Jo, das stimmt. Da gab's richtig Randale. Bei Beethovens Eroica auch. Sind lustige Anekdoten, kein Qualitätsmerkmal. :) Höchstens ähnlich wie sich Leute cool fühlen, dass sie gern Meshuggah hören (https://www.youtube.com/watch?v=oFiDcazicdk) - ist doch nett, dass sich Leute erbaut fühlen dadurch. :)

Zitat
Mir kommt das übrigens noch nicht einmal sonderlich komplex oder irgendwie anders hochwertig vor. Ich finde auch nicht, dass man klassischer Musik immer dieses Mäntelchen umhängen muss. Es folgt halt andere Regeln und man kann sich dazu erziehen, diese zu verstehen. Oder eben auch nicht. Das gilt für so ziemlich jede Art von Musik.

Jo, Rameau gehört zu den simpelsten "Klassikern" - ähnlich wie die anderen zitierten sogenannten "Kleinmeister". Komplexität ist auch hier kein Qualitätsmerkmal im Sinne eines hohen Werts, sondern wertfrei eine höhere Informationsdichte als in aller mir bekannten Rock/Metal/Pop/Filmmusik. Wenn man beides mal "aufräumen" würde (https://www.kunstaufraeumen.ch/sites/default/files/shop/shop.htm), wäre bei den Klassikern viel mehr verschiedenes Material da. Das ist auch keine Ansichtssache, das kann man zählen. Aber nochmal: Das ist kein Zeichen von hohem Wert, sondern bloß eine Eigenschaft.
« Letzte Änderung: 25.10.2018 | 23:39 von Derjayger »
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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #10 am: 25.10.2018 | 23:39 »
Jo, das stimmt. Da gab's richtig Randale.

Kann ich irgendwie verstehen  :)

Ich wäre auch sauer, wenn ich Konzertkarten hätte und dann kommt sowas. (Außer natürlich, man hätte mir das vorher gesagt. Dann wäre ich nicht hingegangen).

Zusatz: Und Meshuggah ist ja grausam. Habe das ca. 30 Sekunden ertragen. Reicht dann aber auch. Habe natürlich nichts dagegen, wenn andere das Hören.
« Letzte Änderung: 25.10.2018 | 23:42 von felixs »
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Offline Derjayger

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #11 am: 25.10.2018 | 23:43 »
Kann ich irgendwie verstehen  :)

Ich wäre auch sauer, wenn ich Konzertkarten hätte und dann kommt sowas. (Außer natürlich, man hätte mir das vorher gesagt. Dann wäre ich nicht hingegangen).

Jo. Interessant ist, dass es doch ein sehr beliebtes Stück ist, auch bei jungen Leuten und auch bei z.B. Metallern. Ist vielleicht nicht so ausschlaggebend, aber dieses Sacre-Video (https://www.youtube.com/watch?v=5UJOaGIhG7A) hat 2,5mio Aufrufe, während Blind Guardians Bard's Song (ihr größter Hit - https://www.youtube.com/watch?v=n63UbX5kzAc) 3,3mio hat, also gar nicht so viel mehr (beide 2010 hochgeladen).
« Letzte Änderung: 25.10.2018 | 23:48 von Derjayger »
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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #12 am: 26.10.2018 | 01:17 »
Bezüglich des Einsatzes klassischer Musik zum Rollenspiel bin ich ein wenig zwiegespalten. Einerseits kann ich korknadel verstehen: Speziell im Fantasybereich tummeln sich auf YT und Spotify aberdutzende an Playlists mit generisch-pompösen Atmo-Soundtracks für den Random-Button am Rollenspieltisch. Stört nicht, ist aber auch irgendwie immer dasselbe.
Schwierig wird es dann, wenn es konkreter wird: Musik für Cthulhu in Deutschland, 1930? Viktorianisches England? Wenn man selbst nicht tiiief in Klassik drinsteckt, kann man da sehr lange suchen.

Neben passender Szenenmusik (die ich nur seeehr nuanciert einsetze!) muss Musik fürs Rollenspiel für mich folgende Kriterien erfüllen:
1) Stimmung einfangen: Falls es im Hintergrund läuft soll eher ein gewisses akustisches Bild der Zeit gemalt werden, statt explizit Emotionen zu wecken - denn die passen seltenst zur Szene
2) Kein Gesang! Wirklich, ich habs versucht aber: Gesang nervt. Geht nicht ,wenn man nebenbei reden will. Punkt.
3) keine krassen Wechsel in Melodie, Lautstärke usw.: Jeder wahrgenommene Wechsel führt am Spieltisch zu Irritationen, spätestens nach dem 3. lauten Solo ist dann meist der Wunsch, doch mal zu wechseln da

Speziell aufgrund von (1) empfinde ich eigentlich nur die ersten beide Stücke (im Startbeitrag) als entfernt geeignet. Der Rest ist aufdringlich, will Emotionen wecken und hat zu viel Entwicklung im Stück.
Dazu kommen noch jeweils entweder 2 oder 3 , die die Stücke für mich leider völlig ungeeignet machen.

Mir erscheint es paradox, Musik die heutzutage doch eine gewisse Einstiegshürde (ob der kulturellen Prägung, Zeit usw -> sieh felix ' beitrag) erfordert und auch als allgemein komplexer als üblich gilt, ausgerechnet zum Rollenspiel zu nutzen  wtf?

Gerade da soll es eine Untermalung sein, ergänzend aber nicht störend, gerade so wie eine dekorative Anrichte..ein Möbelstück. Hm... Möbel.. Möbelmusik, war da nicht was?
Richtig! Eric Satie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, genau so eine Art von Musik (böse Zungen sollten sie später "Fahrstulmusik" nennen!) zu schaffen. Und ich finde, das ist im vortrefflich gelungen. Once Upon A Time In Paris ist herrlich unaufgeregt, dabei melancholisch-getragen und hat sich als Hintergrund für klassisches Cthulhu bewährt.

Daneben wird es aber dünn und meist ende ich dann auch bei mehr oder weniger generischer Ambientmusik

Die Idee, sich bei historischen Settings auf zeitgenössische Musik zu beziehen ist also grundsätzlich ein herer Gedanke, scheitert aber vermutlich meistens an den Hörgewohnheiten der Mehrheit und des doch recht spezifischen Anspruchs, den Hintergrundmusik fürs RPG mit sich bringt.
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline Chiarina

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #13 am: 26.10.2018 | 07:40 »
Geht ja ganz schön ab in diesem Strang!

Eben waren wir noch im Barock, jetzt bei Strawinsky.

Strawinsky und die anderen Jungs seiner Zeit hatten den Bonus, dass sie Vorreiter waren. Sie haben Dinge komponiert, die zuvor unerhört waren. Deshalb erzeugten sie Skandale... andere Skandale allerdings, als sie sich heute ereignen! Und zwar schlicht und einfach deshalb, weil einigen Leuten bewusst wurde, dass sie nicht mitkamen. Heute glaubt jeder mitzukommen und seine wertvolle Meinung kundtun zu können. Die Leute damals waren sprachlos, weil sie einer Kunst gegenüber standen, die sie so noch nie erlebt hatten.

"Le sacre du printemps" ist eine Ballettmusik. Das Neuartige war, dass Strawinsky sein Orchester streckenweise wie ein Schlaginstrument behandelt hat. In einigen Passagen hacken Streicher takteweise in schwierigen Rhythmen auf demselben schrägen Akkord herum und erzeugen keine Melodie, keine Begleitung, sondern stattdessen einen torkelnden, aggressiven Schlingerrhythmus, wie er bis zu dieser Zeit unerhört war. Es war auch die Zeit der Collage. Strawinsky war nicht daran interessiert musikalische Themen wie in der Vergangenheit auf möglichst intellektuelle Art und Weise zu verarbeiten - er hat stattdessen einfach einige Motive immer wieder neu arrangiert und zusammengestellt. Dazu kommt, dass Strawinskys Choreograph Nijinsky mit dem klassischen Ballett gebrochen hat. Statt Spitzentanz im Tütü bekamen die Zuschauer Russen aus heidnischer Zeit zu sehen, die zu Strawinskys vertrackten Rhythmen stampften. Am Ende wurde dann sogar noch eine Jungfrau geopfert.

Das war damals ein Skandal, ja! Aber es war ein anderer Skandal, als der mögliche Shitstorm, der heute erzeugt wird, wenn irgendwelche bequemen Casual Listener sich bemüßigt fühlen, über kulturelle Höchstleistungen ihre völlig unmaßgebliche Meinung zu verkünden... und oft genug nur die "thumb down" Taste drücken. Es ist heute sehr einfach, sich auszukotzen und einfach mal "Ist das Scheiße!" in den Raum zu stellen... meine Meinung.

Die Empörer von damals sind immerhin ins Konzert gegangen! Sie haben etwas Mühe aufgewendet, weil sie beim zeitgenössischen Kunstgeschehen nicht den Anschluss verlieren wollten. Sie waren interessiert! Im Konzertsaal trafen sie dann allerdings auf die Avantgarde. Diese Konfrontation war qualitativ völlig anders, als die zwischen Künstlern und reaktionären Meckerern von heute. Und zwar schon allein deshalb, weil das Publikum damals bewegt war. Dieses kalte Abqualifizieren von Kunst, wie wir es heute oft genug erleben, scheint mir damals seltener gewesener zu sein. Die Leute waren aufgerüttelt, weil ihnen ihr bisheriges Weltbild in Gefahr zu sein schien. Das ist für mich ein wichtiger Unterschied.

Im Folgenden zitiere ich eine interessante Passage aus einem Bericht Carl van Vechtens, einem Besucher der Uraufführung von Strawinskys "Sacre du Printemps":

Ein Mann, der hinter van Vechtens saß, hatte sich während der Aufführung erhoben. Van Vechtens berichtet: "Die ungeheure Erregung, die die alles niederzwingende Macht der Musik in ihm ausgelöst hatte, brach sich plötzlich Bahn, als er mit den bloßen Fäusten rhythmisch auf meinen Schädel einzuschlagen begann. Meine eigene Erregung war so stark, dass ich die Schläge einige Zeit überhaupt nicht wahrnahm."

Wenn ich´s mal provozierend formulieren darf: Vergesst doch eure zweit- oder drittklassigen Metal-Zeremonienmeister! Ich halte Wacken im Vergleich zu diesem Event für nicht mehr als Kasperletheater! (Ja klar... ist eben meine Meinung).

Und dann bleibt vielleicht noch Folgendes zu erwähnen: Der Sacre ist heute durchaus populär und zieht Publikum an... Er toppt dabei keine Charts, ist aber immerhin auch schon über hundert Jahre am scoren. Wer´s noch nicht kennt: Einfach mal Rhythm is it anschauen. Der Link verweist auf ein paar Ausschnitte aus dem Film, der komplette Film ist leider kostenpflichtig. Deutlich wird aber vielleicht, was das für ein tolles Projekt ist, wenn Schüler, begleitet von einem Weltklasseorchester, als Tänzer dieses Stück einstudieren.
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Offline felixs

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #14 am: 26.10.2018 | 08:20 »
Soweit abgestreift ist die Diskusssion gar nicht - es geht ja im Kern immer noch um die Frage der Verdaubarkeit von Musik.

Abgestreift sind wir insofern, als dass es wohl keinen Zweifel darüber gibt, dass wir nicht mehr über als Hintergrundmusik geeignete Musik sprechen.

Für das Thema ist vermutlich auch alles gesagt und bestätigt sich gerade wieder: Hörgewohnheiten und Reaktionen auf Musik sind unterschiedlich.
Eine Anekdote dazu noch: Wir haben mal ein paar Wochen lang in einer regelmäßigen Runde verschiedene Hintergrundmusiken (hauptsächlich Ambient-Sachen) probiert. Nichts davon ging, immer fühlte sich jemand gestört (übrigens selten ich). Und das schon bei Leuten, die sich eigentlich nicht grundsätzlich durch Hintergrundmusik gestört zu fühlen meinen.

Die Leute damals waren sprachlos, weil sie einer Kunst gegenüber standen, die sie so noch nie erlebt hatten.

Naja - ich glaube, man darf trotzdem den Faktor nicht außer acht lassen, dass es ihnen halt auch nicht gefallen hat. Was ich, wie geschrieben, sehr gut nachvollziehen kann.

[quote author=Chiarina link=topic=108506.msg134680402#msg134680402 date=1540532432
Die Empörer von damals sind immerhin ins Konzert gegangen! Sie haben etwas Mühe aufgewendet, weil sie beim zeitgenössischen Kunstgeschehen nicht den Anschluss verlieren wollten. Sie waren interessiert! Im Konzertsaal trafen sie dann allerdings auf die Avantgarde.
[/quote]

Die Empörer von damals hatten - mangels verfügbarer Tonträger irgendeiner Art - auch gar keine anderen Möglichkeiten, sich zu informieren. Und Konzerte hatten eben durchaus auch andere Funktionen. Man ging da keineswegs (nur) aus Interesse an der Kunst hin, sondern weil man einen gewissen habitus zu pflegen hatte.

Und dieser dünkelhafte habitus der Avantgarde (ob das Label nun passt oder nicht und was auch immer es bedeutet) ist ja gerade das ärgerliche.

Wenn ich´s mal provozierend formulieren darf: Vergesst doch eure zweit- oder drittklassigen Metal-Zeremonienmeister! Ich halte Wacken im Vergleich zu diesem Event für nicht mehr als Kasperletheater! (Ja klar... ist eben meine Meinung).

Ich halte Wacken generell für eine Art Kasperletheater. Soweit meine Meinung (gehe aber auch so gut wie nie auf Konzerte, gibt mir generell nichts).
Ist halt eine andere Kasperei als Aufführungen klassischer Musik.
« Letzte Änderung: 26.10.2018 | 08:32 von felixs »
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Offline Hotzenplot

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #15 am: 26.10.2018 | 08:27 »
Tolles Thema, auch wenn ich nur einen Bruchteil verstehe :).

Ich habe früher immer Musik zum Rollenspiel laufen gehabt, zurzeit nur noch selten. Ich komme nicht dazu, meine Musik zu sortieren und aufzuräumen, daran scheitert es momentan.
Ich hatte damals allerdings auch mal ein großes Paket (ca. 20-30 CDs) einer Klassik-Sammlung gekauft und mehrere Probleme damit gehabt. Da ich fast keine Ahnung davon habe, konnte ich überhaupt nicht einschätzen, wann ich welches Stück vielleicht gebrauchen könnte. Ich hätte mir das also alles anhören müssen. Da mir der Großteil aber nicht gefällt, ging das auch irgendwie schlecht.
Ende vom Lied: Die Sammlung gammelt bei mir seit 20 Jahren oder so vor sich hin.  :-[ (falls hier jemand von den Klassik-Fans dafür interessiert, ich gebe sie gerne ab an Kenner, die damit mehr anfangen können als ich).

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Ich habe die G7 in 10 Stunden geleitet! Ich habe Zeugen dafür!

Ich führe meinen Talion von Punin in der Borbaradkampagne im Rollenhörspiel
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Luxferre

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #16 am: 26.10.2018 | 08:55 »
Ich höre beide Welten. Aber beides nicht beim Rollenspielen.

Ich nenne es mal "echte Klassik" in Abgrenzung zu New Classics, aka Soundtracks/Filmmusik, der ich nur bewusst zuhören kann und die deshalb einen wirklichen Großteil meiner Aufmerksamkeit verschlingt. Ebenso bei härteren Tönen (ich werfe mal dieses Classical Death Metal Video in den Ring: klick mich, wenn Du mutig bist ) habe ich für eine der beiden Dinge keinen rechten Raum zum Entfalten.
Das fällt mir bei den meisten (nicht allen, aber das kann man ja bei Spotify sehr gut aussortieren) seichten Soundtracks zum Beispiel sehr viel leichter.

Offline felixs

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #17 am: 26.10.2018 | 09:15 »
Raum zum Entfalten.

Eine sehr gelungene Metapher für das, was man bei Rollenspiel-Hintergrundmusik braucht  :d
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Offline korknadel

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #18 am: 26.10.2018 | 09:36 »
"Le sacre du printemps"

Das war damals ein Skandal, ja!

Übrigens gab es auch im Barock ähnliche Skandale, Monteverdi musste einen gehörigen (wenn auch gelehrten) Shitstorm über sich ergehen lassen wegen seiner Verwendung unvorbereiteter Vorhalte (es ging vor allem um einen Nonvorhalt in einem seiner Madrigale ...). Aber im Barock herrschte eine Gier nach Neuem in der Musik und im Theater, was in unseren Ohren alles so vertraut und irgendwie nach Weihnachtsoratorium klingt, war damals sehr oft der modernste Scheiß. Man darf auch nicht vergessen, dass unser ganzes, auf Kadenzen beruhendes und (weitgehend) auf Dur und moll beschränktes funktionales Harmoniesystem erst um 1600 herum entwickelt wurde, und dass diese Entwicklung eine der krassesten Umbrüche der Musikgeschichte ist, dagegen sind Atonalität und Zwölfton fast schon Waisenknaben. Die neue, generalbassbasierte Art des Musizierens, die sich von Italien aus in Windeseile in ganz Europa ausgebreitet hat, war unerhört und bot Ausdrucksweisen und Räume für Virtuosität, von denen zuvor keiner etwas geahnt hat, und dieses Potential wurde schrittweise immer weiter erprobt, ausgelotet, bis sich daraus dann eben allmählich die (Wiener) Klassik entwickelte (die sich zwar vom Generalbass verabschiedete, aber die die im Barock entwickelte funktionale Tonalität beibehielt, sie blieb gültig bis Schönberg und den Experimenten mit Atonalität und ist auch die Basis von 98% aller populären und vor allem der meisten Filmmusik).

So, nun aber mal zum Thema zurück: Eigentlich ging es mir in diesem Thread darum, zeitgenössische Musik zu sammeln, die zur Untermalung gewisser Szenen taugen könnte. Es ging mir nicht um die Frage, ob einzelne Individuen mit Barockmusik oder klassischer Musik oder mit Gesang etwas anfangen können, oder ob sie damit ein Problem beim Rollenspiel haben. Bei dieser Sammlung gehe ich natürlich von Spieler*innen aus, die Bock haben, Barock- (und vielleicht ein bisschen Renaissance-)musik zu hören, wenn sie ihre Chars durch eine Barockwelt schubsen.

Und vielleicht noch eine Anmerkung zum Gebrauch des Begriffs "Soundtrack": Ich meine damit tatsächlich jetzt nicht eine Hintergrundmusik, die die ganze Zeit läuft, sondern analog zum Film die Anwendung einzelner Stücke während gewisser Szenen. In Apocalypse Now läuft ja auch nicht die ganze Zeit Wagner im Hintergrund, sondern der Walkürenritt ist dramaturgisch effektvoll platziert, und danach ist auch wieder gut mit Wagner.

Bevor es dann hoffentlich mit der Frage weitergeht, welche Stücke womöglich zu Illustrationszwecken verwendbar wären, muss ich allerdings noch ein paar Dinge richtig stellen, nicht dass irgendwer noch auf die Idee kommt, sie für bare Münze zu halten:

-- Die Aussage, dass Rameau zu den "simpelsten Klassikern" gehöre oder dass es sich bei anderen hier genannten Komponisten um sogenannte Kleinmeister handele, lässt sich bei auch nur oberflächlicher Kenntnis der barocken Musikgeschichte nicht halten. Es mag im tiefen Walde noch ein oder zwei unverbesserliche Bach-Jünger geben, die irgendwo im Quintenzirkel des Wohltemperierten Claviers den Bezug zur Faktenlage verloren haben und dieser Auffassung sind, aber nein, Rameau ist einer der ganz Großen und war seiner Zeit vor allem auf den Gebieten Harmonik und Instrumentierung etliche Nasen voraus.
-- Die "Informationsdichte" ist bei einem Großteil der klassischen Musik auch nicht höher als bei Filmmusik, da Filmmusik extrem oft die Kompositionstechniken klassischer Musik abkupfert. Klassik ist höchstens abstrakter, weil man nicht gleich ein "Gefühl" oder Bild mitgeliefert bekommt.
-- Ob Barockmusik "rummst" oder "rockt" ist unter anderem eine Frage der Interpretation, vor allem aber eine Frage der Lautstärke und Soundqualität. Gute Anlage, gute Einspielung und eine bessere Quelle als Youtube, und schon hört sich manches etwas anders an.
-- Die "Wilden": Das ist nur eine Übersetzung des Titels "Les Sauvages". Tatsächlich war Rameau nach dem Besuch eines Jahrmarkts, bei dem als Attraktion auch echte Indianer aufgetreten sind, sehr beeindruckt und hat daraufhin ein Stück für Cembalo geschrieben, das er für Les Indes Galantes dann recyclet und instrumentiert hat. Das ist also tatsächlich eine hübsche Synthese aus authentischem native american und Barocktanz. "Wild" heißt hier weniger "Orks in der Kneipe", sondern eher so etwas wie "ethno" oder "tribal".

Jetzt aber endgültig zum Thema zurück:

John Playfords Sammlungen von Tänzen sollten sogar das Herz so mancher Rollenspieler, die nichts mit Barockmusik am Hut haben, höher schlagen lassen, da sie im weitesten Sinne etwas "gälisch" angehaucht klingen, und das freut doch die meisten Hobbyisten, da ist Hobbithochzeit angesagt! Ganz besonders schätze ich die Einspielungen der Playfordschen Sammlung von Les Witches, die auch weitere Alben mit ähnlicher Literatur aufgenommen haben:
https://www.youtube.com/watch?v=9tGi_lM4x60&list=PLTAzo9NrKvSpyXAefLCmbXGYQKKNU5u1G
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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #19 am: 26.10.2018 | 09:45 »
Soweit abgestreift ist die Diskusssion gar nicht - es geht ja im Kern immer noch um die Frage der Verdaubarkeit von Musik.

Wie ich eben schon schrieb, geht es vielleicht in der entstandenen Diskussion im Kern um diese Frage, aber das Thema des Threads ist eigentlich ein anderes.

Abgestreift sind wir insofern, als dass es wohl keinen Zweifel darüber gibt, dass wir nicht mehr über als Hintergrundmusik geeignete Musik sprechen.

Und auch dazu die Anmerkung: Mir geht es weniger um Hintergrundmusik, sondern um "musikalische Spotlights". Also nichts, was die ganze Zeit vor sich hinblubbert, sondern Stücke, die man gezielt einsetzt. Sonst müsste man sich auch nicht die Mühe machen, bestimmte Stücke auszuwählen, denn Hintergrund ist ja irgendwie beliebig ...
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Luxferre

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #20 am: 26.10.2018 | 09:51 »
So, nun aber mal zum Thema zurück: Eigentlich ging es mir in diesem Thread darum, zeitgenössische Musik zu sammeln, die zur Untermalung gewisser Szenen taugen könnte.

Nach einigem Überlegen kommt mir eine härtere Gangart, als die Zeitgenössische irgendwie plausibler und sogar passender vor.
So nach dem Motto: Heavy-meets-Classic.
Ich meine, hey DÄMONEN haben die Welt angegriffen. Da braucht es nen entsprechenden Soundtrack und für mein Empfinden ist der kurz vor "Schatten des Dämonenfürsten"  :headbang:
Wahrscheinlich würde ich die diversen (nervigen!) Diablo-Soundtracks zur Einstimmung spielen und später dann auf ein leises Nichts steuern. Mir reicht es mitunter, eine Stimmung zum Start zu erzeugen, dass diese sich festsetzen kann und -bei guter SL-Leistung- hoffentlich bleibt ...


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Danke  ;)

Online First Orko

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #21 am: 26.10.2018 | 09:58 »
Und auch dazu die Anmerkung: Mir geht es weniger um Hintergrundmusik, sondern um "musikalische Spotlights". Also nichts, was die ganze Zeit vor sich hinblubbert, sondern Stücke, die man gezielt einsetzt. Sonst müsste man sich auch nicht die Mühe machen, bestimmte Stücke auszuwählen, denn Hintergrund ist ja irgendwie beliebig ...

Mea culpa, das hatte ich ehrlich total überlesen!  :-[ Aber vielleicht könnte man aus dem Strang einfach einen neuen Ableiten mit allgemeinen Vorschlägen zu "Vorschläge klassischer Musik für Rollenspiel" mit Links und kurzen Kommentaren, wofür man das jeweils einsetzen würde...?
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline Derjayger

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Re: Hexxen 1733 Soundtrack, aber zeitgenössisch
« Antwort #22 am: 27.10.2018 | 00:27 »
Ich lasse das OT-Fass über Musikgeschichte stehen, um nochmal über ein paar grundlegende Eigenschaften von Musik für PnP zu reden:

Zitat
-- Die "Informationsdichte" ist bei einem Großteil der klassischen Musik auch nicht höher als bei Filmmusik, da Filmmusik extrem oft die Kompositionstechniken klassischer Musik abkupfert. Klassik ist höchstens abstrakter, weil man nicht gleich ein "Gefühl" oder Bild mitgeliefert bekommt.

Jede Haydn-Sinfonie (von Bach/Beethoven/Brahms fangen wir gar nicht erst an) hat mehr Material und mehr verschiedene Kompositions- und Satztechniken als alle Hans Zimmer-Soundtracks zusammen (John Williams ist da eine löbliche Ausnahme). Hörst du das nicht? Das ist der Grund, warum man jedem Musikhochschul-Studi in 1-2 Semestern beibringen kann, die meisten heutigen Film-Soundtracks überzeugend stilgerecht zu komponieren oder improvisieren (nicht instrumentieren!), weil es selten mehr ist als eine Melodie in langen Notenwerten über 4-8 gehaltenen Harmonien plus Schlagzeug. Der Kontext zur Erinnerung: Beim Spielen will man nicht durch zu viele Klanginformationen abgelenkt werden.

Zitat
-- Ob Barockmusik "rummst" oder "rockt" ist unter anderem eine Frage der Interpretation, vor allem aber eine Frage der Lautstärke und Soundqualität. Gute Anlage, gute Einspielung und eine bessere Quelle als Youtube, und schon hört sich manches etwas anders an.

Da hat sich in letzter Zeit einiges getan. Trotzdem: Zeig mal eine Barockaufnahme, bei der "Normalhörer" sagen würden "joah, die rummst/rockt!". Die meisten erwarten ja "ein bisschen" mehr Blech und Schlagzeug: https://www.youtube.com/watch?v=_SBQvd6vY9s&t=41m34s

Ach ja, recht beliebt (und mit niedriger Informationsdichte) ist Orchestermusik von Gustav Holst (nicht nur die Planeten). Da könntest du fündig werden. Hier etwas, das dank Doppelrohrblatt und Dorisch die Assoziation zu Fäntelalter-Musik zieht, die viele Rollenspieler hören: https://www.youtube.com/watch?v=KeFDTHTj4PA Falls deine Spieler Pillars of Eternity 1 gespielt haben, müsste der Funke überspringen, weil der Spielekomponist sich hier ordentlich bedient hat.

Um übrigens eine Barock-Stimmung zu erzeugen, reicht quasi irgendwas in harmonisch-Moll und/oder einem Cembalo. Das halten die meisten für typisch barock, womit der Zweck erfüllt wäre.

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« Letzte Änderung: 27.10.2018 | 00:58 von Derjayger »
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