Autor Thema: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern  (Gelesen 3203 mal)

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Online 1of3

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Es wird ja viel über die Vorteile von linear und Glockenkurve, einzel oder Pool, explodierend oder nicht diskutiert. Letztlich macht das alles aber keinen sehr großen Unterschied auf das Spielerlebnis. Hier ein paar Typen, die sich wirklich unterscheiden wie Nacht und Tag.

Würfel-mal-auf-Systeme
Beispiele: Mehr als ich zählen kann.
Dies ist wahrscheinlich die größte Gruppe. Für gewöhnlich kann die SL sagen, dass ein Spieler würfeln soll und legt dazu Fertigkeiten - oder wie sie auch heißen mögen -, sowie nach mehr oder weniger ausführlichen Richtlinien Schwierigkeiten fest. Nach dem Wurf wird zwischen mindestens zwei Ergebnissen "Erfolg" und "Fehlschlag" unterschieden. Es kann auch mehrere Abstufungen geben. Dabei ist es für gewöhnlich an der SL auszulegen, was diese bedeuten.
Mit anderen Worten in der allgemeinsten Form, kann die SL Fertigkeit, Schwierigkeit und Effekte für die einzelnen Erfolgsgrade relativ frei festlegen. In Abwesenheit irgendwelcher Richtlinien dazu - das kommt häufiger vor als man meinen könnte -, ist dieses System nichts anderes als ein Zeitgewinn für SL sich zu überlegen, was als nächstes passieren soll. "Ich mach das und das." - "Äh, OK. Würfel mal auf…"

Entscheidungskarten-Systeme
Beispiele: Itras By, Engel
Hierbei handelt es sich um eine abgespeckte und transparente Version der vorherigen Kategorie. An geeigneten Stellen, z.B. wenn ein Charakter etwas riskantes tut, wird eine Karte vom Stapel aufgedeckt. Diese kann entweder mit Antworten wie "Ja!", "Nein!", "Ja, aber…" usw. beschriftet sein oder mit quasi tarot-haften Motiven. Die beteiligten Spieler sollten dann die Antwort in ihre folgende Beschreibung verarbeiten. Da es keine Möglichkeit gibt, den Mechanismus an sich zu modifizieren, lassen sich Umstände, Kompetenzen oder ähnliche Parameter nur über ein Verständnis umsetzen, ob nun aufgedeckt werden soll oder nicht. Die Systeme wirken daher sehr konsensual.

Forgeianische Stake-Systeme
Beispiele: The Pool, Primetime Adventures
Bei diesem Typ wird bevor gewürfelt wird zunächst eine Intention geklärt. Dies kann durchaus eine kurze Diskussion bedeuten, zum Beispiel könnte beim Heranrücken eines orkischen Kriegstrupps der Paladin erklären, dass er die Orks zurückschlagen will. Nach einer genaueren Erklärung könnte dies heißen, den Orks so eine Lektion zu erteilen, dass sie die Dorfbewohner auch in Zukunft in Ruhe lassen. Wenn der Wurf fehlschlägt, ist die Aktion also nicht nachhaltig. Im gleichen Zug könnte der Knappe die Intention haben, sich vor der zuschauenden Dorfbevölkerung nicht lächerlich zu machen. Die beiden Intentionen werden unabhängig verhandelt und die Abwicklung beschließt für gewöhnlich die Szene. Daher ist diese Methode für kleinteilige Action-Sequenzen nur bedingt geeignet.

Pick-a-Fight-Systeme

Beispiele: Dogs in the Vineyard, With Great Power
Bei dieser Gruppe erklärt ein Spieler, dass sein Charakter eine Auseinandersetzung mit einem anderen Charakter beginnt. Die Beteiligten versuchen sich dann nach bestimmten Regeln über mehrere Runden hinweg in ihren Ergebnissen zu überbieten, wobei sie Ressourcen (z.B. Würfel oder Handkarten) verbrauchen. Bei den genannten Spielen gibt es Möglichkeiten durch In Kauf Nehmen von Problemen weitere Würfel bzw. Karten zu bekommen. Der Konflikt endet, wenn ein Spieler nicht mehr mithalten kann oder will. Systeme dieses Typs benötigen in Reinform Sonderregeln, wenn mehr als zwei Spieler beteiligt sind, und fassen letztlich alles als Konflikt auf. Im Zweifelsfalls wird eine Handlung also als Konflikt gegen die Natur modelliert.

Doch-das-soll-nicht-geschehen-Systeme
Beispiele: Polaris, SEUCOR
Bei dieser Variante dient Würfeln gewissermaßen als Stopp-Schild. Wenn sich ein Spieler entscheidet zu würfeln, wird das ansonsten mehr oder weniger freie Spiel-Gespräch unterbrochen und mit einem Würfelwurf festgestellt, ob die zuletzt gemachten Eingaben so stattfinden oder nicht. Bei Polaris diese Option in eine Reihe mit anderen Stopp-Schildern gestellt, so dass man die Wahl hat, ob man z.B. würfeln oder Resourcen ausgeben will. Wird diese Methode stringent eingesetzt, macht sie aus dem Spiel eine geregelte Diskussion über die Beschaffenheit und den Fortgang der Fiktion.

Zustand-der-Welt-Systeme
Beispiele: Durance, Kingdom
Bei diesen Spielen werden Würfel oder andere Marker weniger für den Erfolg einzelner Handlungen, sondern für die erzählerische Spannung, den Zusammenhalt der bespielten Community oder ähnliche quasi atmosphärische Gegebenheiten. Zu bestimmten Anlässen darf oder muss dann jemand z.B. einen Spielstein bewegen oder einen ausliegenden Würfel würfeln. Die Position der Spielsteine oder ausliegende Augenzahl der Würfel gibt dann bis zur nächsten Änderung der gesamten Gruppe mehr oder weniger explizit Auskunft, wie die Situation oder Umgebung dargestellt werden soll. Mehr tun sie nicht.

Move-Systeme
Beispiele: PbtA
Hierbei handelt es sich um ein Würfel-mal-auf-System, dem praktisch alle Freiheitsgrade verloren gegangen sind, d.h. es gibt nur eine relativ beschränkte Auswahl von Moves, auf die überhaupt gewürfelt werden kann. Jeder Move hat dabei einen fest definierten Trigger und findet statt, wenn ein Spieler mit seinem Charakter den Trigger erfüllt. Der Move erklärt dann, was gegen welche Schwierigkeit gewürfelt werden soll und was im Erfolgsfall passiert, d.h. all die Entscheidungen, die bei Würfel-mal-auf-Systemen zumindest teilweise der SL obliegen. Bei Aktionen, die keinen Move auslösen, hat die SL ohne Umweg direkt zu entscheiden. Da die Menge der Moves eingeschränkt ist, muss das Spiel einem relativ engen Sujet folgen.

Mischformen
Natürlich gibt es zwischen diesen Typen Mischformen.
  • Der Jenga-Turm in Dread ist ein relativ vager Zustand-der-Welt-Marker und das Ziehen entspricht einer Entscheidungskarte mit "Sterben!" oder "Weiter Leben!"
  • Defy Danger in Dungeonworld bringt Würfel-mal-auf ins Move-System.
Fragen

Wie nennt man Systeme wie Fiasko oder Conquer the Horizon, wo man sukzessiv Würfel aus der Mitte nimmt oder verteilt, so dass erstens das Spiel endet, wenn der Vorrat alle ist, und zweitens sich aus der Verteilung eine Art Endergebnis entwickelt?

Ist Capes ein Das-soll-nicht-Geschehen (weil ich anderen Leuten Goals unterschieben kann), Zustand-der-Welt (aber die Karteikarten werden ja am Ende der Szene abgeräumt) oder Pick-A-Fight (aber die Kontrahenten finden sich eher, als dass ich einen nominiere). Irgendwas anderes? Gibts vergleichbares?

Hab ich irgendwas vergessen?
 
« Letzte Änderung: 8.03.2020 | 11:42 von 1of3 »

Online 1of3

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #1 am: 7.03.2020 | 05:40 »
Nagut, einen hab ich noch. Ist fast so häufig wie Würfel-mal-auf.

Bewegen-und-Angreifen-Systeme
Diese Methode stellt Scharmützel zwischen Kleingruppen dar. Es ist immer ein Charakter am Zug. Wer am Zug ist, kann sich bewegen, einen Gegner in Reichweite wählen und einen Angriff gegen diesen würfeln. Charaktere haben festgelegte Angriffs- und Verteidigungswerte sowie eine Kapazität Schaden zu erleiden. Daher ist es vergleichsweise schwierig das Verfahren spontan einzusetzen. Gelegentlich werden reduzierte Formen z.B. für Duelle, Verfolgungsjagden oder sog. sozialen Kamp verwendet. Diesen mangelt regelmäßig an den stilgebenden Elementen Bewegen und Ziel Auswählen, wodurch sie weit weniger ansprechend wirken.

Offline thestor

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #2 am: 8.03.2020 | 08:09 »
Ich kenne eigentlich nur die Würfel-mal-auf-Systeme, kann mich gar nicht erinnern je was anderes gespielt zu haben. Naja, außer dem Jenga-Turm von Dread, war aber nicht so begeistert.

Wie machen sich denn diese anderen Systeme in der Praxis?

Offline Crimson King

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #3 am: 8.03.2020 | 08:46 »
Wie machen sich denn diese anderen Systeme in der Praxis?

Die sind, wie so vieles, Geschmackssache. Mit Polaris und Itras by-Karten hatte ich herausragende Runden. Meine Erfahrungen mit pbtA und forgeigen Stake Resolution-Sachen waren dagegen eher mau. Anderen wird das völlig anders gehen, und auch meine Erfahrungen müssen nicht mal am Auflösungsmechanismus hängen.

Würfel-mal-auf würde ich zur Vermeidung impliziter Abwertung eher als klassische Task Resolution bezeichnen.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #4 am: 8.03.2020 | 08:51 »
Also im Spielberichte Kanal findest du diverse Berichte zu Primtime Adventures (PtA), Dogs in the Vineyard (DitV), With Great Power (WGP), The Pool / The Puddle, Polaris. PbtA-Spiele werden ja aktuell sowieso verkauft wie heißes Hasperat, vermutlich auch weil die Grenze zwischen definierten Moves und Würfel-mal-auf fließend sein kann. Meine Beispiele oben waren nur Spiele, die ich gespielt und genossen habe, also insofern "Gut, danke der Nachfrage." ;)

Interessant ist vielleicht, dass in gewisser Weise wohl nur Würfel-mal-auf eine SL braucht. Das heißt nicht, dass man nicht die anderen Varianten in Spielen mit SL verwenden kann - die meisten der Beispiele, die ich genannt habe, haben eine dezidierte SL (ausgenommen Durance, Kingdom, Polaris) -, aber zumindest halte ich es für denkbar das anders zu regeln. Wenn du dich auf Bewegen-und-Angreifen beschränkst und keine SL hast, heißt das typische Ergebnis wohl Tabletop.

Würfel-mal-auf würde ich zur Vermeidung impliziter Abwertung eher als klassische Task Resolution bezeichnen.

Das hat den Nachteil, dass es den einleitenden Sprechakt nicht so schön klar macht. Wenn du eine Alternative willst, empfehle ich: "I AM NATURE! THESE ARE MY LAWS!"
« Letzte Änderung: 8.03.2020 | 09:23 von 1of3 »

Online schneeland

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #5 am: 23.03.2020 | 14:49 »
Nur kurz zum besseren Verständnis: ein System, in dem auch Gruppenproben vorgesehen sind wie MYZ, wäre trotzdem ein Würfel-Mal-Auf, weil klassisch auf Attribut + Fertigkeit gewürfelt wird, korrekt?
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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #6 am: 23.03.2020 | 14:57 »
Nur kurz zum besseren Verständnis: ein System, in dem auch Gruppenproben vorgesehen sind wie MYZ, wäre trotzdem ein Würfel-Mal-Auf, weil klassisch auf Attribut + Fertigkeit gewürfelt wird, korrekt?

Entschuldigung, MYZ ist Mutant Year Zero? Das kenne ich leider nicht. Die Frage ist eben eher, woher wissen wir, dass wir jetzt würfeln und woher wissen wir, was hinterher dabei herauskommt. Also wie kommt es dazu, dass etwas eine Gruppenprobe ist? Vielleicht gehen da ja noch ganz Dinge vor, als ich hier beschrieben habe. Ich bin sicher, dass die Liste hier nicht abschließend ist.

Online schneeland

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #7 am: 23.03.2020 | 15:14 »
Ja, genau.
Also konkretes Beispiel: Tales from the Loop.
Normale Proben werden individuell gewürfelt mit Attribut + Fertigkeit. Standardmäßig ein Erfolg notwendig, selten mehr.

Dann gibt es das Konzept "Extended Trouble", was im Prinzip eine Gruppenprobe ist, bei der Erfolge aus unterschiedlichen Fertigkeiten, die mit dem gleichen Ziel eingesetzt werden, gesammelt werden und eine Mindestzahl von Erfolgen pro Person erreicht werden muss (abhängig vom Schwierigkeitsgrad). Das passiert üblicherweise v.a. in der Abschlussszene eines Abenteuers.
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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #8 am: 23.03.2020 | 15:36 »
So wie du es beschreibst, ist es am ehesten ein eigener Typ. Ich glaube das Prinzip kenne ich von D&D4 als Skill Challenge. Ich probiere mal das zu beschreiben. Du kannst mir ja sagen, ob das passt:

- Die SL entscheidet, eine Problemstellung als Skill Challenge zu behandeln, und kennt die nötigen Erfolgszahlen für gewisse vordefinierte Ausgänge.
- Die Challenge umfasst bzw. beschließt die laufende Szene. Man macht nicht zwei Skill Challenges in einer Szene.
- Die Spieler*innen agieren als Team. Alle arbeiten an der selben Challenge mit, bis diese entweder gewonnen oder verloren ist.
- Die einzelne Spieler*in, welche Fähigkeiten sie verwendet. Alle einigermaßen plausiblen Fähigkeiten funktionieren.
- Es kann Regeln geben, dass nicht ein SC zweimal hintereinander agieren darf oder erst wenn alle waren oder dass sich gewisse Fertigkeiten verbrauchen usw.

Das unterscheidet sich, denke ich, schon strukturell schon von einfachen Fertigkeitswürfen, ebenso wie sich eben so ein klassisches Kampfsystem von einfachen Würfen unterscheidet. Von der narrativen Qualität hat dieser Modus für mich immer am besten gepasst, wenn im Film eine Montage kommen würde. Also die SCs sichern eine Dorf gegen die heranrückenden Plüderer. Da kann der eine die Dorfjugend trainieren, der nächste im Wald fallen stellen, der Priester kann einen Engel beschwören usw. Wichtig ist, dass die SCs irgendwie unabhängig am selben Problem arbeiten können.

Passt das so etwa?

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #9 am: 23.03.2020 | 15:45 »
Ja, das passt recht gut. Das TftL-Regelwerk sieht vor, dass den Spielern die notwendige Erfolgszahl vorab kommuniziert wird, aber das ist dann m.E. schon wieder ein Detail.
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Offline Ainor

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #10 am: 2.04.2020 | 18:13 »
Ich verstehe die Einteilung nicht ganz. Sind Würfel mal auf- und Bewegen und angreifen zwei Alternativen ?
Für mich klingt das so als seien beide zusammen quasi D&D und alle verwandten Systeme (Task resolution trifft das glaube ich ganz gut)

(4E skill challenges sind hier quasi die einzige Ausnahme).
Es wird zu viel darüber geredet wie gewürfelt werden soll, und zu wenig darüber wie oft.
Im Rollenspiel ist auch hinreichend fortschrittliche Technologie von Magie zu unterscheiden.
Meine 5E Birthright Kampagne: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,122998.0.html

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #11 am: 2.04.2020 | 20:14 »
Schon. Aber sie sind schon grundverschieden. Die Kriterien sind folgende und meines Erachtens nicht weder neuartig noch fernliegend:

Woher wissen wir, dass jetzt gewürfelt wird?
Woher wissen wir, was jetzt bewürfelt wird?
Was kommt dabei womöglich raus?
Wann würfeln wir dann das nächste Mal?

Und da unterscheiden sich die beiden oder vielleicht drei Sachen, die wir für D&D festgestellt haben ganz erheblich.

Woher weiß ich, dass ich im Kampf würfeln  muss? - Ich bin dran.
Woher weiß ich, was ich würfeln muss? - Eins der Manöver oder Angriffe, die mein Charakter hat. Kann ich mir abhängig von meinem Ziel aussuchen.
Was kommt dabei raus? - Schaden bzw. gewisse Statuseffekte.
Wann würfel ich wieder? - Wenn ich wieder dran bin, sofern ich dann nicht tot bin und es noch mindestens einen Gegner gibt.
« Letzte Änderung: 3.04.2020 | 09:22 von 1of3 »

Offline OldSam

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #12 am: 2.04.2020 | 23:04 »
Coole Auflistung, ist nen interessantes Thema!  :d

Ich vermisse einen Kandidaten, mit einem, wie ich finde, wirklich sehr innovativen Würfelmechanismus, nämlich der gute Greg Stolze mit seiner One-Roll-Engine (wie sie etwa in Reign genutzt wird).
Ein einzelner Wurf mit vielen Würfen für einen ganzen Kampf - die Idee ist u.a. weniger Zeit auf das Würfeln zu verwenden, mit Ergebnisinterpretation u.ä.
Wikipedia beschreibt es in einem Satz so: "ORE nutzt Würfelmengen (engl. dice pool) von zehnseitigen Spielwürfen (W10), um alle Variablen von Spielerhandlungen zu bestimmen, einschließlich des Erfolgs."
Der Wurf wird dann quasi "mehrdimensional" ausgewertet in Bezug auf Quantität und Qualität, es zählen alle vorkommenden Pasche - sehr cooles Würfelkonzept IMHO :)

Auf Anhieb fällt mir grad noch kein guter Titel dafür ein, aber ich würde auf jeden Fall schon sagen, dass es ne recht eigene Spielart darstellt...
« Letzte Änderung: 2.04.2020 | 23:13 von OldSam »

Online 1of3

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #13 am: 3.04.2020 | 08:35 »
Ja, das ist vielleicht ein Konzept, das sich in jeder hier beschriebenen Kategorien verwenden lässt. Es geht letztlich, um eine Art Priorisierung. Also wer würfelt, muss verschiedene Prioritäten gewichten. Bei ORE sind das Schnelligkeit, Schaden und Trefferlocation. Ich kann mir also z.B. aussuchen, ob ich meine zwei Fünfen und vier Dreien nehmen möchte und das bedeutet auf diesen Dimensionen dann jeweils anderes.

Sowas findet man aber z.B. auch bei PbtA bei einzelnen Moves, wenn es bei dem Move eine Reihe Optionen gibt und es heißt "Wähle 2!". Oder bei Otherkind, das ich tendenziell als Stake-Sytem bezeichnen würde, wo ich neben dem aktuellen Problem immer so Sachen mit gewichten muss wie "Verletze dich nicht" und "Bringe niemanden um".

Anders herum ist das aber auch in keiner der obigen Kategorien nötig. My Life with Master benutzt nach der Liste ein Move-System, auch wenn der Begriff damals noch nicht erfunden war. Hat aber solche Auswahl-Optionen, wie sie für PbtA typisch sind, nicht.
« Letzte Änderung: 3.04.2020 | 08:39 von 1of3 »

Offline Jiba

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #14 am: 3.04.2020 | 10:01 »
...vermutlich auch weil die Grenze zwischen definierten Moves und Würfel-mal-auf fließend sein kann.

Ich würde sogar einen Schritt weiter gehen: Alle Würfel-mal-auf-Systeme sind Move-Systeme!

Das Einzige, was PbtA tut, ist diesen Umstand ausdrücklich in die Regeln zu schreiben. Denn die Einschränkungen, dass auf bestimmte Aktionen gewürfelt wird, begleiten uns Rollenspieler schon länger, als man glauben mag. Denken wir zum Beispiel an die Storyteller-Systeme, die hatten alle ein Kapitel "Dramatische Systeme", in denen Subsysteme vorgestellt werden, die mit den Würfelwürfen abgehandelt werden: Die haben dann natürlich auch angezeigt, was man in diesem Spiel so tun sollte, wozu diese ganzen Fertigkeiten und Attribute also gut sind. Das war eben nur nicht erschöpfend, aber man hat sich schon stark daran orientiert als SL.

Und das Attacke-Parade-Hin-und-Her bei DSA ist auch nichts anderes als ein Move-Komplex, denn es basiert auf fest definierten Wenn-dann-Konditionen.

Man kann in Würfel-mal-auf-Systemen vielleicht leichter ausbrechen... aber am Ende des Tages sind das auch verkappte Move-Systeme.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #15 am: 3.04.2020 | 11:11 »
Ich sehe da durchaus substanzielle Unterschiede, gerade was z.B. die WoD angeht. Die Idee bei Würfel-mal-auf ist, dass du für eine gewisse Klasse von Sachen würfeln kannst, also meinwegen "Schwierige Aufgaben". Die SL stellt fest, dass so eine Situation eingetreten ist. Die SL wählt aus der Liste existierende Fertigkeiten, die passenste aus. Die SL ermittelt entweder frei Hand oder auf Basis irgendwelcher Listen die aktuelle Schwierigkeit.

Woher wissen wir, dass jetzt gewürfelt wird? - Die SL sagt das.
Woher wissen wir, was jetzt bewürfelt wird? - Was die SL sagt.
Woher wissen wir was dabei rauskommt? - Das Problem wird bei einem Erfolg irgendwie gelöst. Näheres bestimmt die SL.
Wann würfeln wir als nächstes? - Sobald die SL das sagt.

Was Move-Systeme tun ist klar zu sagen: Die Liste möglicher Würfe ist abschließend diese. Du kannst nichts anderes würfeln. Es gibt keine allgemeine Idee wie "Schwierige Aufgabe". Moves müssen tatsächlich überhaupt keine Aufgabe beschreiben. Es kann nun in beliebigen Spielen vereinzelt Elemente geben, die in gewissem Sinne move-artig sind. Also einen definierten Trigger haben, einen festen Spielwert benutzen und ein klar definiertes Ergebnis liefern. Initiative-Würfe funktionieren in den meisten Spielen so: "Wenn ein Kampf ausbricht, würfle auf Initiative usw..."

Das ganze Kampfsystem, das danach kommt, hat aber nun nicht mehr wirklich fiktionale Trigger. Es hat eine definierte Szenerie und darin Figuren und je nachdem, wie die sich zueinander befinden und welche Zustände sie gerade einnehmen, muss ich aus der Menge meiner Möglichkeiten eine Handlungsoption wählen, wenn ich dran bin. Ein wirklicher fiktionaler Trigger könnte ausbleiben. Wenn nichts triggert, triggert nichts. Wenn ich im Kampfsystem dran bin, werde ich aber was tun und, wenn mir nichts besseres einfällt, mach ich einen Angriffswurf.

Der Spielmodus ändert sich also und, bis eine Seite geschlagen ist oder man anderweitig aus dem Kampfsystem austritt, gibt es auch keine Auflösung in dem Sinne, dass wir danach wieder frei spielen. Wenn du also so willst, ist der ganze Kampf ein Konstrukt mit dem Trigger "Wenn ein Kampf ausbricht...". Ich würde das Konstrukt aber ebensowenig einen Move nennen, wie einzelne Teile davon.

Also ein prototypischer Move hat einen fiktionalen Trigger. Wir handeln den Move ab, wenn der fiktionale Trigger auftritt. Sonst sind wir im freien Spiel. Der Move sagt dann kurz und bündig, wie er abgehandelt werden möchte und wir kehren zum freien Spiel zurück. Ein Move-System nach obiger Definition ist also eins, das nur aus solchen Moves besteht. Ich würde also nicht sagen, dass Würfel-mal-auf-s alles Move-Systeme sind, sondern im Würfel-mal-auf-Meer können kleine Move-Inseln treiben, wie dieses flüssige Konzept eben auch andere der genannten Typen, wie Kampfsysteme oder Skill Challenges, relativ leicht inkorporieren kann.
« Letzte Änderung: 3.04.2020 | 12:01 von 1of3 »

Offline ArneBab

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #16 am: 4.07.2020 | 16:15 »
Also ein prototypischer Move hat einen fiktionalen Trigger. Wir handeln den Move ab, wenn der fiktionale Trigger auftritt. Sonst sind wir im freien Spiel. Der Move sagt dann kurz und bündig, wie er abgehandelt werden möchte und wir kehren zum freien Spiel zurück. Ein Move-System nach obiger Definition ist also eins, das nur aus solchen Moves besteht. Ich würde also nicht sagen, dass Würfel-mal-auf-s alles Move-Systeme sind, sondern im Würfel-mal-auf-Meer können kleine Move-Inseln treiben, wie dieses flüssige Konzept eben auch andere der genannten Typen, wie Kampfsysteme oder Skill Challenges, relativ leicht inkorporieren kann.
Verstehe ich es richtig, dass du die Unterscheidung darüber machst, dass ein Move eine einzelne hart verregelte Handlung mit klarem Trigger und klarer Ergebnismenge ist, während Bewegen-und-Angreifen ein Set an hart verregelten Handlungen ist, das durch einen klaren Trigger begonnen und mit klarer Ergebnismenge beendet wird, zwischendrin aber deutlich mehr Komplexität hat?
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #17 am: 4.07.2020 | 16:55 »
Ja, so meine ich das.

Offline Olibino

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Re: Arten von Würfelystemen, die wirklich mattern
« Antwort #18 am: 4.07.2020 | 18:32 »
Ich empfinde die Unterscheidung zwischen Würfel-mal-auf-Systemen und Move-Systemen ebenfalls als willkürlich. Beispielsweise gibt es bei Splittermond bei den einzelnen allgemeinen Fähigkeiten sehr genaue Beschreibungen wann diese getriggert werden und wann nicht, für was es Boni/Mali in welcher Höhe gibt und wie die möglichen Ergebnisse zu interpretieren sind. Es ist eher ein fließender Übergang wie strikt Trigger, Schwierigkeit und Ergebnisinterpretation vorgegeben sind und wieviel Einfluß der Spielleiter hat. Und auch bei den PbtA-Move-Systemen hat der Spielleiter ja durchaus einen Interpretationsspielraum, bei einem 6- Ergebnis sogar einen außergewöhnlich großen.

Was für mich mindestens genauso wichtig ist wenn nicht wichtiger: wie viele Rechenschritte benötigt man bis das Ergebnis feststeht. Da unterscheidet sich Splittermond ganz extrem von den PbtA-Systemen.