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Blutverlust im Rollenspiel

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gilborn:
Hallo liebes  :t:,

folgendes treibt mich momentan um:

Ich überlege derzeit an Ansätzen Verwundungen im Rollenspiel realistisch in dem Sinn darzustellen, dass der Tod entweder eintritt durch:

* Beschädigung des Zentralen Nervensystems oder aber, der Titel lässt es vermuten:
* Blutverlust.
Folgende Probleme stellen sich mir, denke ich an für mich optimale Blutverlustregeln:

* Blutverlustregeln sollten sich nicht Buchhalterisch anfühlen.
* Blutverlustregeln sollten gut skalierbar über die Zeit sein, sprich, je nach Verwundung kann es 10 min (oder, Frage an die Experten: Stunden?) oder ein paar Sekunden dauern (Halsarterie).
* Blutverlustregeln sollten spannend sein (Bsp.: Ex-Checks ob man stirbt bei CP2020)
* Blutverlustregeln sollen sich nach Blutverlust anfühlen und nicht abstrakt über die LP geregelt sein
Leider widersprechen sich viele der Forderungen oben, dennoch will ich das maximal Mögliche rausholen ich euch Fragen:

Was sind eure Gedanken zu dem Thema? Was ist euer Wissen zum Blutverlust?
Welche guten Regeln kennt ihr dazu, welche Spiele machen das besonders elegant?
Welche guten Regeln habt ihr euch dazu ausgedacht?
Oder welche fallen euch gerade ein?
Welche Dinge sollten Blutverlustregeln noch abdecken? (z.B. Unterscheidung zwischen Kreislaufkollaps und Tod?)

nobody@home:
Ich schätze, Blutverlustregeln, die sich nicht buchhalterisch anfühlen, dürften kaum zu realisieren sein. ;) Ähnlich sieht's mit dem "nicht abstrakt über die LP regeln" aus -- wenn man nicht extra allein des Klein-kleins wegen über die noch im Körper verbliebene Blutmenge irgendwie noch mal mit einem eigens dafür eingeführten Wert separat Buch führen will, wird's wahrscheinlich doch nur auf Zusatzschaden über Zeit hinauslaufen.

Zu den Systemen, die das Thema tatsächlich schon mal explizit behandeln, gehören (natürlich) GURPS und Hero/Champions, aber selbst bei diesen beiden Detailmonstern handelt es sich dann nur um frei verwend- oder weglaßbare Zusatzregeln von der Art "der Spieler des verletzten Charakters würfelt regelmäßig, ob sein Charakter immer noch blutet und wieviel Schaden er dadurch nimmt; erste Hilfe oder Würfelglück können die Blutung zum Stillstand bringen, hinreichendes Würfelpech den Charakter bei mangelnder Versorgung dagegen durchaus schon mal über den Jordan schicken". Dabei geht's, wohlgemerkt, ausdrücklich nur um dieses spezielle Unterthema auch schon bei relativ "leichten" Verletzungen und nicht beispielsweise um "Auswirkungen offensichtlich lebensgefährlicher Verletzungen allgemein"; mit denen wiederum befassen sich schon andere und weniger optionale Regeln, und die haben dann auch schon mal eher Gegenstücke in anderen Systemen (und sei es bloß das kampfrundenweise Runterzählen der Trefferpunkte bei bestimmten (A)D&D-Versionen, wenn man auf Null oder weniger ist, bevor der Tod dann bei -10 oder wo-auch-immer tatsächlich eintritt).

YY:
Interessante Zielsetzung, wobei Punkt 1 mMn schwerer spieltauglich umzusetzen ist als 2.
Kommen wir vielleicht noch zu ;)


--- Zitat von: gilborn am 14.12.2018 | 18:41 ---Frage an die Experten: Stunden?

--- Ende Zitat ---

Joah.
Die Unterscheidung, ob es nun recht unmittelbar am Blutverlust liegt oder "nur" an anderen Problemen, die im Zusammenhang damit mittelfristig auftreten, lohnt sich fürs Rollenspiel eher nicht.
Von daher kann man das leicht verkürzt schon so sagen, solange die zugehörige Behandlung dann auch abstrakt genug bleibt.


--- Zitat von: gilborn am 14.12.2018 | 18:41 ---Welche guten Regeln kennt ihr dazu, welche Spiele machen das besonders elegant?

--- Ende Zitat ---

Millennium's End macht in der Hinsicht für mich vieles richtig.
Leider arbeitet es mit einer ziemlich ausgefeilten Trauma-Tabelle, die zwar super funktioniert, sich aber schlecht in andere Systeme transplantieren lässt.

Trotzdem finde ich daran das eine oder andere erwähnenswert und als Denkanstoß hilfreich:
Es gibt keine "Blutpunkte" oder ähnliche Hilfskonstruktionen, sondern einfach je nach Verletzung(sgrad) eine Zeitangabe, wie lange es dauert, bis eine Einheit Blut verloren ist. Diese abstrakte Einheit ist ganz stumpf als die individuelle kreislaufkritische Menge definiert.
Solange diese erste Einheit noch da ist, ist alles halbwegs in Ordnung. Wenn sie weg ist, geht der Verletzte erstmal automatisch in Schock und wenn vier Einheiten fehlen, ist zwingend Exitus angesagt.
Sowohl der Blutverlust als auch der Schock können und müssen einzeln behandelt werden. Eine Konstitutionsprobe o.Ä. gibt es zwar dagegen, ob man von der Verletzung kurzzeitig handlungsunfähig wird, aber nicht gegen den Blutverlust. Hier haben robuste und gesunde Charaktere nur den Vorteil, dass für sie die Tabelle sowieso mit kleinen Verschiebungen ausgewertet wird - das macht meistens nicht sehr viel aus, kann aber durchaus mal relevant sein, wenn es um Transportzeiten usw. geht.

In der Spielpraxis führt das dazu, dass kleinere und mittlere Verletzungen insofern harmlos sind, als dass man gefühlt ewig Zeit hat, um sie notfallmedizinisch zu versorgen.
Andersrum gibt es Verletzungen, die so stark bluten, dass die reine Ausführungszeit der Stoppversuche relevant wird und es bei Mehrfachverletzungen durchaus sein kann, dass man den Patienten schon rein rechnerisch gar nicht mehr retten kann, selbst wenn man alles richtig macht.

Bei den schwereren Verletzungen gibt es dann noch einige an Stellen, die man nur mit operativen Mitteln behandeln kann - da steht man also mit normaler Erste Hilfe hilflos daneben und auch der Fachmann will das nach Möglichkeit nicht "feldmäßig" außerhalb des OP machen (müssen).


Twilight 2013 macht es einfacher und subsumiert Blutverlust unter "Instabilität".
Jeder von vier Wundstufen ist dabei eine Konstitutionsprobe mit steigender Schwierigkeit zugeordnet, deren Erfolgsgrad bestimmt, ob der Verletzte in Schock fällt und ggf. zusätzlich instabil wird.
Alle Wunden bzw. alle verletzten Lokationen eines instabilen Patienten werden kampfphasen- oder abseits von Kampfsituationen minutenweise eine Stufe schlechter, bis erstmals eine kritische Wunde schlimmer wird - dann ist der Patient tot.
Im blödesten Fall* wird also jemand kritisch verletzt, fällt (in dem Fall automatisch) in Schock, wird zugleich instabil und ist eine Minute bzw. eine Kampfphase später tot. Da muss also unmittelbar jemand helfen.
Anders als bei Millennium's End werden Erste Hilfe-Würfe u.Ä. durch die Wundstufen in der Schwierigkeit modifiziert.


*Sofort tödliche Treffer gibt es als Optionalregel, die werden aber einfach als fünfte Wundstufe modelliert, was im Sinne meiner Eingangsbemerkung nicht wirklich zielführend ist.



--- Zitat von: gilborn am 14.12.2018 | 18:41 ---Welche guten Regeln habt ihr euch dazu ausgedacht?
Oder welche fallen euch gerade ein?

--- Ende Zitat ---

Gute Regeln ausgedacht habe ich mir mangels Bedarf noch nicht.
Ich nutze die Millennium's End-Regeln mit kleinen Modifikationen an der Trauma-Tabelle sehr gern und finde die gut gelungen.
Twilight 2013 kommt da deutlich auf dem zweiten Platz, auch wenn meine kleinen Probleme damit eher im mittelbaren Umfeld sind (nämlich, wie Wunden bzw. Schaden überhaupt zustande kommt und wie die Gummipunkte damit interagieren).

GURPS hat genau wie Deadlands Regeln für Blutverlust, die aber beide recht buchhalterisch ausfallen und ganz gut das Kernproblem mit solchen Konstruktionen veranschaulichen.

Man kann das ganze Thema nämlich in vier Kategorien auftrennen:
- keine relevante Blutung (hört von alleine auf)
- mittelfristig behandlungsbedürftig (sprich: irgendwann nach dem Kampf müsste da mal jemand gucken)
- sofort behandlungsbedürftig (es muss noch im Kampf jetzt jemand gucken)
- sowieso nicht mehr zu retten (hört von alleine auf  :gasmaskerly: >;D)

Die erste Kategorie kann sowieso rausfallen.
Die zweite ist spielerisch eher selten interessant - das ändert sich im Grunde nur, wenn man dafür nicht unmittelbar verfügbare Mittel braucht, aber das ist i.d.R. aus der Situation ersichtlich und muss daher nicht unbedingt extra verregelt werden. Es sei denn, man will die besondere Behandlungsschwierigkeit einiger Verletzungen unbedingt spielmechanisch verwurstet haben.
Die dritte gibt noch am Ehesten was her, weil sie massive taktische und strategische Auswirkungen hat.
Und die vierte ist höchstens da interessant, wo sie zunächst von der dritten abgegrenzt werden muss.

Unterm Strich kann man die zwei mittleren Kategorien dann meist besser über Zustände u.Ä. abbilden, als sie eher umständlich aus mehr oder weniger buchhalterischen Blutverlustregeln "natürlich" entstehen zu lassen (und die Zuteilung in Kategorie 2 oder 3 (oder ggf. 4) ist auch das allererste, was man beim Blick in die Trauma-Tabelle von Millennium's End im Kopf hat und was dann am Ende an spielrelevanter Information übrig bleibt).


In den meisten Spielkonstellationen reicht es völlig, wenn man als default davon ausgeht, dass mittelprächtige Verletzungen sowieso angemessen versorgt werden - wenn hier noch fantastische oder futuristische Möglichkeiten hinzu kommen, wird das ohnehin noch mal ein Stück weniger problematisch.
Damit bleiben dann nur noch die Fälle übrig, bei denen diese Versorgung in irgendeiner Form nicht verfügbar ist und jene, wo die Verletzungen wirklich kritisch sind und die man dann noch mal auf "kriegen wir selbst hin" und "wir brauchen auf jeden Fall fremde Hilfe" runterbrechen kann.
Sich dafür ausufernde Blutungsregeln anzutun, ist mMn selten wirklich zielführend.


--- Zitat von: gilborn am 14.12.2018 | 18:41 ---Welche Dinge sollten Blutverlustregeln noch abdecken? (z.B. Unterscheidung zwischen Kreislaufkollaps und Tod?)

--- Ende Zitat ---

Die meisten Systeme haben ja halbwegs brauchbare Regeln für die Momente, wo Charaktere auf der Kippe stehen. Da kann man Blutverlust ohne Weiteres mit einsortieren.

Wo es eher hapert, ist bei der sauberen Trennung von Handlungs(un)fähigkeit und irgendwann tödlicher Verletzung. Das können nämlich durchaus mal zwei ziemlich verschiedene Paar Schuhe sein und dementsprechend braucht man dafür auch zwei getrennte "Ticker" und kann das nicht alles stumpf und ohne ergänzende Regeln über HP laufen lassen.

Wenn man sich in der Hinsicht aber unbedingt verausgaben will, fände ich es jedenfalls ganz nett, wenn die Behandlungsschwierigkeit nicht primär an der Schwere der Verletzung, sondern an der Lokation festgemacht wird - die bestimmt nämlich, was man da überhaupt mit welchen Mitteln machen kann und erst im zweiten Schritt ergibt sich über die Schwere der Verletzung die Dringlichkeit, mit der man das Ganze betreiben muss.
 

Ganz grundsätzlich stößt man mit dem Thema Blutverlust oder allgemein Verwundung aber bei halbwegs realistischer Umsetzung schnell an die Grenzen des präklinisch Machbaren.
Will heißen: Entweder hat die Gruppe selbst recht umfassende notfallmedizinische und chirurgische Möglichkeiten und die Spieler wollen sich damit auch tatsächlich spielmechanisch weitergehend auseinandersetzen, oder die Gruppe hat diese Möglichkeiten nicht (oder die Spieler haben keinen Bock auf zugehörige Spielmechanik) und das Ganze reduziert sich damit i.d.R. auf einen eher abstrakten Operations-/Überlebenswurf, wenn man den Verletzten bei Dritten, sprich NSCs, zur weiteren Versorgung abgegeben hat.

Da ist die Frage interessant und relevant, wo man den Übergang zu den meist mehr als kulanten Regeln zur mittelfristigen Heilung und Genesung setzt. Solange in diesem Kontext nämlich weiter Ponyhof angesagt ist (was ja für Spielzwecke meist auch sehr sinnvoll ist), muss man sich auch nicht übermäßig viel Arbeit mit enorm ausufernden Blutungsregeln machen.

Und wenn man das umgekehrt deutlich fieser/realistischer macht, kann man das Thema Blutverlust auch gleich wieder ganz grob mit reinwerfen und muss es nicht gesondert behandeln.
Dann gibt es "draußen" nur die Frage nach der sofortigen Behandlungsbedürftigkeit und wenn das erfolgreich passiert ist oder nicht nötig war, kommt der nachgeordnete Wurf, ob der Verletzte im OP bzw. allgemein im Verlauf der weiteren Behandlung hops geht. Da kann man sich zwar mit vielen tollen Modifikatoren und Tabellen austoben, aber an eigentlichem Spielprozess kommt dabei nicht viel rum.
Man kann das Thema eben sehr gut auf die relevanten Funktionsebenen runterbrechen und damit verbieten sich mMn allzu kleinteilige Betrachtungen mehr oder weniger von selbst.

gilborn:

--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Interessante Zielsetzung, wobei Punkt 1 mMn schwerer spieltauglich umzusetzen ist als 2.
Kommen wir vielleicht noch zu ;)

--- Ende Zitat ---
Ok, interessant:
Warum ist Punkt 1 schwerer spieltauglich umzusetzen?
Outgame Überlegungen, weil "instant death" durch Würfelpech bei SCs nicht so cool am Spieltisch ist?


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Joah.
Die Unterscheidung, ob es nun recht unmittelbar am Blutverlust liegt oder "nur" an anderen Problemen, die im Zusammenhang damit mittelfristig auftreten, lohnt sich fürs Rollenspiel eher nicht.
Von daher kann man das leicht verkürzt schon so sagen, solange die zugehörige Behandlung dann auch abstrakt genug bleibt.

--- Ende Zitat ---
Obwohl ich es nicht so klein klein Verregeln will, rein Interessenmäßig, welche anderen Probleme treten da mittelfristig auf?
Denke es würde mir für meine Modellierung Einiges helfen, wenn ich weiß wie es sich in Real verhält.


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---In der Spielpraxis führt das dazu, dass kleinere und mittlere Verletzungen insofern harmlos sind, als dass man gefühlt ewig Zeit hat, um sie notfallmedizinisch zu versorgen.
Andersrum gibt es Verletzungen, die so stark bluten, dass die reine Ausführungszeit der Stoppversuche relevant wird und es bei Mehrfachverletzungen durchaus sein kann, dass man den Patienten schon rein rechnerisch gar nicht mehr retten kann, selbst wenn man alles richtig macht.

Bei den schwereren Verletzungen gibt es dann noch einige an Stellen, die man nur mit operativen Mitteln behandeln kann - da steht man also mit normaler Erste Hilfe hilflos daneben und auch der Fachmann will das nach Möglichkeit nicht "feldmäßig" außerhalb des OP machen (müssen).

--- Ende Zitat ---
Das hört sich nach ziemlich genau dem Spielgefühl an, das ich haben mag.
Jetzt noch einen Mechanismus der diese Bandbreite abbildet und ich bin am Ziel  :d


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Ich nutze die Millennium's End-Regeln mit kleinen Modifikationen an der Trauma-Tabelle sehr gern und finde die gut gelungen.
Twilight 2013 kommt da deutlich auf dem zweiten Platz, auch wenn meine kleinen Probleme damit eher im mittelbaren Umfeld sind (nämlich, wie Wunden bzw. Schaden überhaupt zustande kommt und wie die Gummipunkte damit interagieren).

--- Ende Zitat ---
Hab die letzte Zeit viele deiner Beiträge zu Grappling, Attack of Opportunity, vollautomatisches Feuer etc. gelesen und Millennium´s End taucht da ja immer wieder bei dir auf. Bin jetzt wirklich neugierig geworden und hab mir aus rein akademischen Gründen mal ein Examplar bei Drivethrough geholt.


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Man kann das ganze Thema nämlich in vier Kategorien auftrennen:
- keine relevante Blutung (hört von alleine auf)
- mittelfristig behandlungsbedürftig (sprich: irgendwann nach dem Kampf müsste da mal jemand gucken)
- sofort behandlungsbedürftig (es muss noch im Kampf jetzt jemand gucken)
- sowieso nicht mehr zu retten (hört von alleine auf  :gasmaskerly: >;D)

Die erste Kategorie kann sowieso rausfallen.
Die zweite ist spielerisch eher selten interessant - das ändert sich im Grunde nur, wenn man dafür nicht unmittelbar verfügbare Mittel braucht, aber das ist i.d.R. aus der Situation ersichtlich und muss daher nicht unbedingt extra verregelt werden. Es sei denn, man will die besondere Behandlungsschwierigkeit einiger Verletzungen unbedingt spielmechanisch verwurstet haben.
Die dritte gibt noch am Ehesten was her, weil sie massive taktische und strategische Auswirkungen hat.
Und die vierte ist höchstens da interessant, wo sie zunächst von der dritten abgegrenzt werden muss.

Unterm Strich kann man die zwei mittleren Kategorien dann meist besser über Zustände u.Ä. abbilden, als sie eher umständlich aus mehr oder weniger buchhalterischen Blutverlustregeln "natürlich" entstehen zu lassen (und die Zuteilung in Kategorie 2 oder 3 (oder ggf. 4) ist auch das allererste, was man beim Blick in die Trauma-Tabelle von Millennium's End im Kopf hat und was dann am Ende an spielrelevanter Information übrig bleibt).

--- Ende Zitat ---
Hm, ich sehe den Punkt, aber bin noch nicht ganz überzeugt.
Ich hätte schon gerne, dass Punkt 2 und 3 analog und nicht digital geregelt sind (Hab mich nach deinem und nobody@home s Beitrag schonmal davon verabschiedet, dass es keine Hilfskonstruktion in Form von LE oder ähnlichem gehen wird).
Habe auch kein Problem damit, wenn der Charakter im Zweifelsfall jedes Mal wenn er dran ist, würfeln muss. Kann man ja auch als positiv sehen - zusammen mit einer im wahrsten Sinne des Wortes "saftigen" Beschreibung wird er so immer daran erinnert, dass er verwundet ist.
Für NPCs hätte ich dann aber schon gerne eine schnellere Bestimmung. Hm. Muss ich noch etwas drüber grübeln.


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Sich dafür ausufernde Blutungsregeln anzutun, ist mMn selten wirklich zielführend.

--- Ende Zitat ---
Das mag ich auf jeden Fall nicht.


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Die meisten Systeme haben ja halbwegs brauchbare Regeln für die Momente, wo Charaktere auf der Kippe stehen. Da kann man Blutverlust ohne Weiteres mit einsortieren.

--- Ende Zitat ---
Jein. Brauchbare Regeln wenn es drum geht zu bestimmen wie lange ein Char überlebt eventuell, die Dramatik die ich mir bei einer solchen Situation vorstelle, entfaltet das Ganze mMn eher selten.


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Wo es eher hapert, ist bei der sauberen Trennung von Handlungs(un)fähigkeit und irgendwann tödlicher Verletzung. Das können nämlich durchaus mal zwei ziemlich verschiedene Paar Schuhe sein und dementsprechend braucht man dafür auch zwei getrennte "Ticker" und kann das nicht alles stumpf und ohne ergänzende Regeln über HP laufen lassen.

--- Ende Zitat ---
Das ist sehr gut beobachtet und fällt für mich unter den Punkt fehlende Dramatik: Der Sprung zwischen Handlungsfähig und Bewusstlos geht bei den meisten Systemen meiner Meinung nach viel zu schnell.
Ich hätte gerne Charaktere die sich den Bauch zuhalten damit ihnen nicht die Gedärme rauspurzeln während sie, gegen die Ohnmacht kämpfend zur nächsten Deckung kriechen.
Allerdings bräuchte ich da nochmal etwas Nachhilfe in Sachen Realität:
Was verursacht die Handlungsunfähigkeit? Der Schock? Ein Schock im Sinne eines in den Keller gefallenen Blutdrucks inkl. Unterversorgung mit Sauerstoff?
Wovon hängt es in der Realität ab, wann man Handlungsunfähig wird, wovon wenn man stirbt? Sind da zwei getrennte Wirkmechanismen am Werk (da du von zwei getrennten "Tickern" sprichst)?


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Wenn man sich in der Hinsicht aber unbedingt verausgaben will, fände ich es jedenfalls ganz nett, wenn die Behandlungsschwierigkeit nicht primär an der Schwere der Verletzung, sondern an der Lokation festgemacht wird - die bestimmt nämlich, was man da überhaupt mit welchen Mitteln machen kann und erst im zweiten Schritt ergibt sich über die Schwere der Verletzung die Dringlichkeit, mit der man das Ganze betreiben muss.

--- Ende Zitat ---
Ah, auch interessant.
Ich werde zwar keine Trefferzonen im System vornehmen, aber ich halte fest:
Der Blutverlust steht nicht grundsätzlich in Korrelation mit dem Aufwand / Komplexität der Verarztung.


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Ganz grundsätzlich stößt man mit dem Thema Blutverlust oder allgemein Verwundung aber bei halbwegs realistischer Umsetzung schnell an die Grenzen des präklinisch Machbaren.
Will heißen: Entweder hat die Gruppe selbst recht umfassende notfallmedizinische und chirurgische Möglichkeiten und die Spieler wollen sich damit auch tatsächlich spielmechanisch weitergehend auseinandersetzen, oder die Gruppe hat diese Möglichkeiten nicht (oder die Spieler haben keinen Bock auf zugehörige Spielmechanik) und das Ganze reduziert sich damit i.d.R. auf einen eher abstrakten Operations-/Überlebenswurf, wenn man den Verletzten bei Dritten, sprich NSCs, zur weiteren Versorgung abgegeben hat.

Da ist die Frage interessant und relevant, wo man den Übergang zu den meist mehr als kulanten Regeln zur mittelfristigen Heilung und Genesung setzt. Solange in diesem Kontext nämlich weiter Ponyhof angesagt ist (was ja für Spielzwecke meist auch sehr sinnvoll ist), muss man sich auch nicht übermäßig viel Arbeit mit enorm ausufernden Blutungsregeln machen.

--- Ende Zitat ---
Da muss ich mir selber noch klar werden drüber.
Zu krass soll es nicht sein, aber etwas genauer als z. B. bei Shadowrun darf es dann schon sein. Hauptaugenmerk der Blutungsregeln sollte es sein, darzustellen wann jemand stirbt.
Idealerweise weiß man nur ungefähr wann es vorbei sein wird, aber nicht genau, damit es spannend bleibt. Die Ex-Checks von CP2020 finde ich da ganz gut, wenngleich sie aber halt nur das unmittelbare, bald anstehende abnippeln darstellen, aber nicht das Langfristige. Selbst D&D5 wäre gar nicht schlecht, vernichtet aber die Dramatik dann wieder durch viel zu einfache Möglichkeiten den Char wieder auf 1HP zu bringen (aber gut, ich sehe auch ein, dass das Spiel nicht für diesen Fokus gemacht worden ist).


--- Zitat von: YY am 14.12.2018 | 21:22 ---Und wenn man das umgekehrt deutlich fieser/realistischer macht, kann man das Thema Blutverlust auch gleich wieder ganz grob mit reinwerfen und muss es nicht gesondert behandeln.
Dann gibt es "draußen" nur die Frage nach der sofortigen Behandlungsbedürftigkeit und wenn das erfolgreich passiert ist oder nicht nötig war, kommt der nachgeordnete Wurf, ob der Verletzte im OP bzw. allgemein im Verlauf der weiteren Behandlung hops geht. Da kann man sich zwar mit vielen tollen Modifikatoren und Tabellen austoben, aber an eigentlichem Spielprozess kommt dabei nicht viel rum.
Man kann das Thema eben sehr gut auf die relevanten Funktionsebenen runterbrechen und damit verbieten sich mMn allzu kleinteilige Betrachtungen mehr oder weniger von selbst.

--- Ende Zitat ---
Hm. Stimmt schon, vielleicht sollte ich es darauf reduzieren, will ja auch keine knüppelharte Simulation machen und muss aufpassen, dass ich mich nicht zusehr in diesem einen Aspekt verrenne.
Der Austausch hier hilft auf jeden Fall sehr zu einem schlüssigem Bild zu kommen.

YY:

--- Zitat von: gilborn am 15.12.2018 | 19:19 ---Obwohl ich es nicht so klein klein Verregeln will, rein Interessenmäßig, welche anderen Probleme treten da mittelfristig auf?
Denke es würde mir für meine Modellierung Einiges helfen, wenn ich weiß wie es sich in Real verhält.

--- Ende Zitat ---

Relativ zeitnah wird die "triad of death" relevant, d.h. über den rein mechanischen Blutverlust hinaus kommt es zu Unterkühlung, Azidose und Gerinnungsstörungen, die sich gegenseitig verstärken (können) und damit weiteren/fortgesetzten Blutverlust begünstigen und sonstige negative Auswirkungen auf Kreislauf, Herztätigkeit usw. haben.
Beim Thema Schock kommen dann ggf. (Mikro-)Embolien u.Ä. und folgendes (Multi-)Organversagen hinzu.

Ganz am Ende steht dabei freilich immer der Tod durch Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff und die Ursache ist unterm Strich der Blutverlust. Es ist lediglich nicht so, dass der Tod zwingend und ausschließlich durch ein "mechanisches" Kreislaufversagen aufgrund mangelnder Trägerflüssigkeit eintritt.

Für Rollenspielzwecke ist das aber eindeutig vernachlässigbar.


--- Zitat von: gilborn am 15.12.2018 | 19:19 ---Das hört sich nach ziemlich genau dem Spielgefühl an, das ich haben mag.
Jetzt noch einen Mechanismus der diese Bandbreite abbildet und ich bin am Ziel  :d

--- Ende Zitat ---

Das sagst du so einfach ;)
Letztlich fällt das in die "Zuständigkeit" des Kampfsystems, weil das die Ursachen liefern muss. Das müsste man sich also genauer anschauen.


--- Zitat von: gilborn am 15.12.2018 | 19:19 ---Was verursacht die Handlungsunfähigkeit? Der Schock? Ein Schock im Sinne eines in den Keller gefallenen Blutdrucks inkl. Unterversorgung mit Sauerstoff?
Wovon hängt es in der Realität ab, wann man Handlungsunfähig wird, wovon wenn man stirbt? Sind da zwei getrennte Wirkmechanismen am Werk (da du von zwei getrennten "Tickern" sprichst)?

--- Ende Zitat ---

Ganz am Ende fällt es natürlich zusammen: Wenn erst mal der Kreislauf zusammenbricht oder zumindest deutlich in den Keller geht, wird man auch handlungsunfähig - nach einer entsprechenden Eintrübungsphase.

Man kann aber genau so durch Schmerz, Schädel-Hirn-Trauma oder auch rein psychologische Faktoren handlungsunfähig werden und sich davon recht kurzfristig wieder erholen, ohne dass eine kurzfristige Lebensgefahr besteht.
Umgekehrt kann man z.B. eine lebensbedrohliche Gefäßverletzung erleiden, ohne dass man davon unmittelbar in der Handlungsfähigkeit eingeschränkt ist.

Das trennen die meisten Rollenspielsysteme eben nicht und lassen alles über HP laufen, d.h. diese Zweiteilung gibt es dann nicht.
Mit "Ticker" habe ich mich ggf. etwas missverständlich ausgedrückt, weil Blutverlust da primär als "echter" Ticker gemeint war und HP als abstrakte Zusammenfassung.

Im Grunde bist du mit deinem Gedanken schon auf der richtigen Spur:
Es gibt oftmals keinen feststellbaren Weg von "voll handlungsfähig" zu "bewusstlos" und noch seltener wird unterschieden, ob und wie schnell das von alleine schlimmer wird - dabei ist genau das eigentlich eine der zentralen Fragen. 
Die sonstigen Ursachen für Handlungsunfähigkeit ohne zugehörige lebensbedrohliche Verletzung sind dann Nebenbaustellen und meist nur über Sonderregeln halbwegs sauber umsetzbar.


--- Zitat von: gilborn am 15.12.2018 | 19:19 ---Ich werde zwar keine Trefferzonen im System vornehmen, aber ich halte fest:
Der Blutverlust steht nicht grundsätzlich in Korrelation mit dem Aufwand / Komplexität der Verarztung.

--- Ende Zitat ---

Mit Trefferzonen wäre das natürlich am Einfachsten zu machen.
Ohne Trefferzonen muss man auf anderem Wege auf einen Blutverlust kommen, der nach beiden Achsen aufgeschlüsselt wird. Also einmal, wie schnell die rote Suppe raus läuft und zum anderen, wie schwer das zu stoppen ist.
Dafür muss man wie gesagt letztlich ins Kampfsystem gucken, inwiefern das hier direkt passende Ergebnisse liefern kann oder ob man das mangels spielmechanischer Alternativen mit einer eigenen Tabelle o.Ä. macht.


--- Zitat von: gilborn am 15.12.2018 | 19:19 ---Idealerweise weiß man nur ungefähr wann es vorbei sein wird, aber nicht genau, damit es spannend bleibt. Die Ex-Checks von CP2020 finde ich da ganz gut, wenngleich sie aber halt nur das unmittelbare, bald anstehende abnippeln darstellen, aber nicht das Langfristige.

--- Ende Zitat ---

Mit solchen Würfen tue ich mir in dem Kontext deswegen schwer, weil man dann zusehen muss, dass der maximale positive Einfluss nicht zu groß wird.
Sprich: Wenn Konstitutionsproben o.Ä. gewürfelt werden, sollten Charaktere mit sehr hoher Konstitution da nicht mehr oder weniger automatisch aus dem Schneider sein. Umgekehrt muss es auch für Normalos überlebbar bleiben.
Millennium's End geht da mit seinem Verzicht auf zugehörige Proben einen recht radikalen Weg, aber das ist mir bei Licht betrachtet lieber als viele andere Methoden, wo der Überlebenswurf zur Formsache wird.
Für Unsicherheit auf Spielerseite reicht es ja letzendlich, wenn die fest verregelten Zeiträume nicht genannt werden ;)


--- Zitat von: gilborn am 15.12.2018 | 19:19 ---Hab die letzte Zeit viele deiner Beiträge zu Grappling, Attack of Opportunity, vollautomatisches Feuer etc. gelesen und Millennium´s End taucht da ja immer wieder bei dir auf. Bin jetzt wirklich neugierig geworden und hab mir aus rein akademischen Gründen mal ein Examplar bei Drivethrough geholt.

--- Ende Zitat ---

:d

Perfekt ist es natürlich nicht; es hat im Gegenteil einige Macken und Designelemente, die mich vermuten lassen, dass manches eher aus Versehen richtig gemacht wurde.
Aber sowohl bei den Grundgedanken als auch bei einigen Details hätten sich andere gerne mal eine Scheibe abschneiden können und mit einigen wenigen Änderungen läuft das mMn richtig gut. 


--- Zitat von: gilborn am 15.12.2018 | 19:19 ---Ok, interessant:
Warum ist Punkt 1 schwerer spieltauglich umzusetzen?
Outgame Überlegungen, weil "instant death" durch Würfelpech bei SCs nicht so cool am Spieltisch ist?

--- Ende Zitat ---

Outgame-Überlegungen eher in zweiter Linie: Natürlich ist "instant death" i.d.R. nicht sonderlich spaßig, aber wenn man dagegen mit Gummipunkten o.Ä. Notbremsen zur Verfügung stellt, kann man sich das Ganze oftmals auch gleich ganz sparen, weil man bei einer signifikanten Eintrittsgefahr schlicht immer Punkte dafür zurückhalten wird und das Ganze dann schon wieder recht weit auf der Metaebene landet (vgl. die Warhammer'schen Schicksalspunkte oder die Hand Gottes in Shadowrun). Da will man dann als SL nicht der Arsch sein, der das nach Verbrauch des letzten Gummipunktes weiter forciert, bis es mal eintritt, aber sobald man das nicht macht, kommt es eben auch fast nie in letzter Konsequenz vor.

Die eigentliche Schwierigkeit sehe ich aber in der reinen Spielmechanik (gilt ja auch für NSCs):
So wie bei Twilight 2013 ist es mMn nicht sinnvoll - da steht es als höchste Wundstufe an der Spitze einer ziemlich hohen Pyramide in Sachen Erfolgsgrad. Will heißen, es ist entweder so schwer zu erreichen, dass es nicht oft vorkommt oder es ist ganz gut erreichbar und die Wundstufen darunter damit fast schon Automatismen. Dann gibt es kaum glimpfliche Angriffe und das Ganze wird unrealistisch (!) tödlich (letzteres Problem hat Millennium's End RAW an ein paar Stellen ebenfalls, aber das ist leicht korrigiert ;) ).

Damit zusammen hängt die viel grundsätzlichere Frage, ob so ein Treffer lediglich sehr dicht an die Kompetenz des Angreifers gekoppelt sein soll oder in welcher Form es auch Glückstreffer gibt/geben sollte.
Gerade wenn man keine Trefferlokationen benutzt, ist so ein sofort wirksamer ZNS-Treffer gar nicht so einfach zu modellieren, ohne irgendwie über den Erfolgsgrad zu gehen.

Wenn man es wie in Deadlands oder GURPS teil-entkoppelt, ist man aber schon mal auf dem richtigen Weg: Da führen (schwer machbare) Treffer in entsprechend empfindlichen Zonen "nur" zu mehr Schadenswürfeln bzw. einem anderen Schadensmultiplikator. Das geht in Form von Glückstreffern, ist aber zum allergrößten Teil Folge von absichtlichem Handeln durch kompetente Angreifer.

Die gleiche Frage stellt sich beim Thema blutende Wunden auch: Wie groß soll da der Zufallseinfluss bzw. die Möglichkeit zum Glückstreffer sein?
Wenn man sich schon die Arbeit einer halbwegs realitätsnahen Umsetzung macht, sollte das mMn auch berücksichtigt werden und nicht die Situation entstehen, dass ein eher inkompetenter Angreifer so gut wie gar nicht in der Lage ist, eine stark blutende Wunde zu verursachen - dann wäre das alles vergebliche Liebesmüh.

Und zuletzt sollte ein fehlgeschlagener, absichtlicher Angriff auf das ZNS auch bei knappem Scheitern folgenlos sein können, aber nicht müssen. Sprich: Es sollte weder immer folgenlos sein noch sollte ein knapp gescheiterter "Instakill" immer zu einer stark blutenden Wunde führen.
Gar nicht so einfach ;)

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