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[Rant] Spieler verpäppeln
eldaen:
Achtung! Kurzer, unzusammenhängender Rant, weil wenig Zeit und ziemlich aufgeregt.
Mir geht der allgemeine Tenor hier bezüglich der Rolle, Rechte und Aufgaben von Spielleitern und Spielern schon länger ganz gehörig auf den Zünder. Zuletzt hatten wir es wieder bei dieser Diskussion über jenen Artikel auf Teilzeithelden.de.
Als ich sah, wie da von den meisten Leuten völlig an dem im Artikel vorgestellten Kernproblem vorbei argumentiert wurde, ist mir mit einem dumpfen Grollen der A***h geplatzt. Wie sehr muss man eigentlich in den 80ern 90ern unter kiesowschem Spielleitungsabsolutismus gelitten haben, um so massiv und völlig über das Ziel hinaus ins Gegenteil zu verfallen?? Wie sehr kann man unreflektiert Buzzwords wie Player-Empowerment, Play-to-find-out und dem ganzen forge-esken Amerikanischen PR-Geschwurbel folgen? Und einer berechtigten Beschwerde über fehlende Kooperation seitens der Spieler jedwede Grundlage absprechen?
Sicher, Flaschenhälse in Abenteuern sind ungut. Spielleiter sollten nicht auf eine bestimmte Lösung eines Problems bestehen. Aber: Ein Spielleiter darf durchaus wahrscheinliche Lösungen und Ereignisse antizipieren, sich darauf vorbereiten und bei abstrusen unpassenden, unsinnigen Entscheidungen und Ideen der Spieler einschreiten.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)Exkurs zum Artikel:
Und die fehlende Kooperation seitens der Spieler war der eigentliche Kritikpunkt des Artikels.
Die Spieler(in) hatte so ziemlich alles an Faktoren und Hinweisen rund um das Abenteuer ignoriert:
- Con-Abenteuer: Soll also verschiedene Regelmechanismen und Aspekte des Settings zeigen entsprechend auch (mindestens) eine Actionsequenz liefern.
- Pathfinder als Regelwerk: Ich bitte euch! Das ist wohl kaum ein Hinweis darauf, dass die inneren Konflikte und Dilemmata der Charaktere im Fokus des Ganzen stehen sollen...
- Kleriker werden ermordet - eine Klerikerin ist in der Gruppe: das ist doch Motivation pur dafür, "proaktiv" an die Lösung des Problemes heranzugehen. Man kann daraus ein charaktergetriebenes Survival-Drama machen. Aber das geht doch wohl stark an dem vorbei, was angedacht war.
Wie gesagt kann der SL und das Abenteuer da durchaus besser reagieren, aber ich habe es jetzt auch nicht so gelesen, dass auf genau einer bestimmten Lösung beharrt wurde, sondern schlicht mehr aktive Beteiligung zur Lösung des Problemes gefordert wurde, anstatt alle dahingehenden Aktivitääten ins Gegenteil zu verkehren.
Jetzt spüre ich schon wieder eine große Erschütterung in der Macht, so als wenn Millionen aufschreien "Railroader! Tyrann! Unterdrücker!"
Klaaaaar, der Spielleiter darf keine Spielerentscheidungen überstimmen oder entwerten. Niemals nicht! Natüüüürlich darf er keinen Plan haben, der der ganzen Geschichte eine (mal mehr mal weniger genaue) Richtung und Struktur gibt. Überhaupt ist es verpönt, so etwas wie einen Plot zu haben... Er darf höchstens "ja, aber" sagen, jedoch niemals (!) "nein".
Er muss alles immer im Blick haben. Alle Spieler, alle Regeln, und aus dem was die Spieler gnädigerweise bieten die ultimative Unterhaltung zaubern. Bei manchen der Leute, die hier so lautstark in der Richtung schreiben würde ich gerne mal in tatsächlichen Sitzungen Mäuschen spielen. Bei einigen Fate Spielleitern bin ich schon übelst gemärchenonkelt worden und ich vermute, dass das bei vielen anderen SLs hier nicht anders wäre, obwohl sie so vehemente Verteidiger der über allem stehenden Spielerfreiheit sind.
Wisst ihr was? das tangiert mich periphär! Ich mach da nicht mit!
Ich habe das große Glück, dass meine Spieler nicht verpäppelt sind. Dass wir einander vertrauen, dass wir miteinander Spielen, und meine Spieler nicht nur ihren eigenen Charakter und ihr eigenes Vergnügen im Blick haben, sondern auch das der Gruppe. Und jetzt haltet euch fest: die zählen mich als Spielleiter doch glatt dazu!
Ich lege in der Vorbereitung Wert darauf, die Flags meiner Spieler einzubeziehen und zu überlegen, was die wohl so reizen könnte, was sie in gewissen Situationen vermutlich tun werden - schlicht, meine Abenteuer auf die Spieler zuzuschneiden, so gut ich es kann. Und im Gegenzug erwarte ich von meinen Spielern, dass sie das Genre mit seinen Tropes, dass sie die Gruppe mit ihren Eigenarten, dass sie die Regeln mit ihren Grenzen und Möglichkeiten, dass sie das Abenteuer mit seinen Themen und Motiven und dass sie ihren eigenen Charakter vereinbarungsgemäß Spielen und damit den Spaß der gesamten Gruppe im Hinterkopf haben. Hab ich ja auch.
Und ich will eine spannende, unterhaltsame, Sinn ergebende Geschichte, kein reines Impro-Theater.
Natürlich überraschen sie mich häufig und natürlich lasse ich den Dingen ihren Lauf, solange ich (als der Experte innerhalb unserer Runde was das Setting und die Regeln angeht sowie als derjenige, der die Gruppendynamik und das Meta der Spielrunde zu moderieren hat) es für angebracht halte. Solange es im passenden Rahmen des Vereinbarten stattfindet. Das alles geschieht im Konsens. Das passt bei meinen längeren Spielrunden sehr gut. Aber das wird auch bei neuen Runden oder auf Cons vorher kurz abgesprochen und stellt überhaupt kein Problem dar.
Ich biete Vorbereitung gepaart mit Flexibilität, aber ich erwarte Zuverlässigkeit, was den Charakter betrifft und Kooperation, was den Spieler angeht.
Und wenn eine neue Gruppe oder ein neuer Spieler das anders sieht, dann kann er gehen. Regel 0. Ich spiele nicht mit Idioten. Ich spiele mit meinen Spielern auf Augenhöhe, weder als SL Tyrann noch als SL-Sub.
Hier hingegen klingt es manchmal als wäre der Spielleiter der einzige, der Pflichten hat, und den Spielern absolute Narrenfreiheit gewähren muss. Rollenspiel all inclusive. Wisst ihr was? Es gibt einen Unterschied zwischen Freiheit und Willkür! Mit Spielerfreiheit kann ich sehr gut umgehen. Aber Spielerwillkür ist keinen Deut besser als Spielleiterwillkür! No Player Empowerment Without Player Investment!
Es gibt hier und in den gängigen Rollenspielregelwerken jede Menge Hinweise und Richtlinien, was die Aufgaben und Pflichten eines Spielleiters sind - aber ist euch schon mal aufgefallen, dass kaum irgendwo definiert ist, was die Aufgaben und Pflichten eines Spielers sind?! Das einzige was ich da kenne, ist "How to play roleplaying games" von Greg Stolze.
Und damit ich nicht bloß der doofe Mecker-Onkel bin und weil ich es wirklich wichtig finde, auch mal die Rolle, Aufgaben und Pflichten der Spieler zu diskutieren, habe ich Greg angeschrieben. Netterweise hat er mir erlaubt, eine deutsche Übersetzung seines Artikels zu machen und online zu stellen.
Sicher sind das nicht die zehn Gebote, aber es ist doch zumindest mal ein Anfang für eine Diskussion. Ich hoffe, es ist für den ein oder anderen hilfreich:
Greg Stolze: Wie man Rollenspiele spielt (als Spieler)
(Ist auch als Anhang an diesem Post.)
[gelöscht durch Administrator]
KhornedBeef:
Der HEXer machts richtig: Fordert sein Recht auf Rant, und geht vorausschauend hin und trägt seinen Teil zur Erläuterung seines Anliegens bei.
+1
Klar, ist nicht verkehrt, das so vor der dem Spiel anzusagen, um die Probleme da auszuräumen. Aber so Leiten tue ich im Endeffekt auch. Die Überbeanspruchung von Freiheit ist im Moment kein Problem, aber wenn sie sich mit den Spielzielen (Setting/Atmosphäre/Genre) beißen täte, dann würde das erstmal in-game Konsequenzen haben. Wenn ich merken würde, dass konsequent gegen das angespielt wird, was ich als SL leisten kann, dann lege ich das Amt halt nieder.
Es gibt übrigens durchaus mehr Regelwerke, die die Spieleraufgaben benennen, aber meist kurz und mit dem erwarteten Spielverlauf vor Augen. Fate Core macht es anders ausführlicher, aber da ist ja auch soviel Abweichung vom klassischen Muster, dass sie keine Wahl haben.
Edit: Verdeutlichung bez. Fate Core
Jiba:
Ähm, wo benennt denn Fate die Spieleraufgaben nicht?!?
KhornedBeef:
--- Zitat von: Jiba am 11.04.2019 | 15:35 ---Ähm, wo benennt denn Fate die Spieleraufgaben nicht?!?
--- Ende Zitat ---
Missverständlich, hoppla :) meinte, dass Fate das ausführlicher macht.
takti der blonde?:
Danke für die Übersetzung.
Der Text von Greg wäre sehr viel besser, wenn er davon Abstand nehmen würde, bestimmte Arten des Spieles für problematisch zu erklären. Zumal seine Hinweise für Spieler-Verhalten gar nicht verkehrt, wenn auch teilweise trivial sind und auf nahezu jedes "Gruppenhobby" zutreffen.
Grüße
Hasran
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