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[verschiedene Systeme] Huhn leitet Oneshots

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Huhn:
Ich leite immer mal wieder Oneshots, häufig auf Messen, Cons und vergleichbaren Veranstaltungen aber auch mal zuhause oder online. Und ich schreibe gerne Spielberichte. Damit ich nicht jedes Mal für jeden Oneshot einen eigenen Thread hier aufmache, dachte ich mir, ich sammel die alle in diesem Huhn-Oneshot-Thread. :) Wenn ich Zeit und Lust habe, geb ich nach dem Spielbericht auch noch meinen SL-Senf dazu.

Der besseren Übersicht halber sammle ich die Direktlinks zu den Spielberichten nach Systemen und dann alphabetisch nach Titel sortiert hier im Eingangspost (vielleicht werden es ja doch einmal ein paar mehr).


* Abenteuer Gestalten - Stadtbasteln mit Tarotkarten
* Beyond the Wall - [Die] Burg des Grauens (Nordcon 2019)
* Beyond the Wall - Feenhandel (Online-GRT 2021)
* Beyond the Wall - Feenhandel (CONspiracy Mai 2020)
* Beyond the Wall - Feenhandel (verschiedene Schnupperrunden) (ModellHobbySpiel 2019)
* Beyond the Wall - [Der] geheime Kult (Nordcon 2019)
* Microscope - Aufstieg und Fall der Maskengilden (April 2020)
* Quill - Mehr als Freundschaft (Solospiel, August 2019)
* [Ein] ruhiges Jahr - Gemeinschaft des Gun-Buddhas in der Wüste (August 2019)
* [The] Sealed Library (November 2020)
* Star Crossed - Die Drei Fragezeichen und die verbotene Leidenschaft (Januar 2020)
Weitere Berichte findet ihr ab jetzt hier: Blogger auf sternenloser See

Huhn:
Wo geleitet: Nordcon 2019, Freitagabend, 14. Juni 2019
System: Beyond the Wall
Abenteuer: "Die Burg des Grauens" aus "Wolfzeit und andere Abenteuer"
Autor_in: Kaid Ramdani
Dauer: 1h Charakterbau + ~2,5h Spiel

Die Burg des Grauens

SC:
Tara - die Diebin
Joseph, genannt Sepp, möchte aber lieber Sirius genannt werden - der Magier
Abraxas - der Hexenschüler
Wolfgang - der Dorfheld

Der trotz fortschreitender Überalterung idyllische Flecken Angerdorf wird von einer drückenden Schwere überfallen. Bleierne Mattheit lähmt das Dorfleben. Im Gasthaus "Zum Anger" treffen sich die Bewohner, um mit letzter Kraft ihre Humpen voll schalen Bieres zu heben. Schlimme Dinge sind geschehen und seit vor einigen Wochen der neue Baron die Burg bezog und seine unerbittlichen Steuereintreiber das Dorf überfielen, scheint die Freude den Ort endgültig verlassen zu haben. Selbst die Aussicht auf die bevorstehende rauschende Feier anlässlich der Doppelhochzeit der beiden Müllerskinder (die schöne Merle ist Abraxas versprochen, ihr Bruder Wolfram hingegen dem wackeren Wolfgang) vermag die Stimmung nicht zu heben.

Die vier Heldinnen und Helden sitzen ebenfalls im "Anger" und unterhalten sich über die vergangenen Tage. Vor Kurzem fand Wolfgang die Leiche eines Unbekannten, der einen reich verzierten Silberdolch bei sich trug, am Flussufer. Merkwürdig, dass den Mann niemand zu vermissen scheint. Unruhe kommt auf, als der greise Berthold völlig durchnässt in die Taverne stolpert. "Das Grab!", ruft er, "Sie haben das Grab geöffnet!" Nur mit Mühe ist der Alte zu beruhigen. Schließlich bekommen die Tavernengäste einen verständlichen Bericht von ihm: Jemand habe das Grab seiner jüngst verstorbenen Frau Gerlinde geöffnet und die Leiche samt Sarg gestohlen.

Ungläubig machen sich die jungen Menschen auf den Weg zum Götteracker, wo die Toten begraben liegen. Zu ihrem Erstaunen stellen sie fest, dass der Alte die Wahrheit sprach - ein leeres, säuberlich freigeschaufeltes Grab klafft vor ihnen. Die Spuren schwerer Stiefel führen bis zum äußeren Tor des Ackers, dort enden sie auf mysteriöse Weise unvermittelt. Die schwachen Spuren magischer Aktivität am Tor deuten auf die Nutzung eines Portals hin. Aber wohin führte es?

Die Priesterin im angrenzenden Tempel zeigt sich entsetzt von der Entweihung der Totenruhe und bietet ihre Unterstützung bei einem Ritual des Aufspürens an. Während Abraxas und Joseph/Sirius unter fachkundiger Anleitung ein rituelles Rauchfeuer entfachen, müssen sich Tara und Wolfgang angriffslustiger Fledermäuse erwehren, die versuchen, den Ritualkreis zu stören. Die Flattertiere erweisen sich jedoch als nicht besonders kampftauglich, das letzte ergreift die Flucht, als es seine Kameraden aufgespießt auf der Lanze des Helden sieht. Der aufsteigende magische Rauch deutet auf die Burg des Barons als Zielort des Portals am Tor.

Noch in derselben Nacht brechen die tapferen jungen Menschen auf, um herauszufinden, was dort oben vor sich geht. Hat der Baron schlechte Berater? Ist er überfallen und überwältigt worden von üblen Schurken? Oder ist er gar selbst der Unhold?!

Von Weitem bereits ist zu sehen, dass in der düsteren Burg lediglich das oberste Fenster des Turmes erleuchtet ist. Vor dem Burgtor muss sich die Gruppe entscheiden: Klopfen sie am scheußlichen Türklopfer höflich an oder versuchen sie, im Geheimen in die Burg einzudringen? Schließlich entscheiden sie sich für Letzteres und mit Hilfe einer Haarnadel gelingt es Tara der Diebin, den Dienstboteneingang zu öffnen.

Ein verdächtig langer, dunkler Gang führt an einigen Türen auf einen unbelebten Burghof. Direkt über den Hof zu gehen, wäre töricht, weswegen entschieden wird, zurück in den Gang zu gehen und zu schauen, was hinter den Türen liegt. Doch als die jungen Leute sich umdrehen, ist der Gang fort. Stattdessen finden sie sich in einer stattlichen Eingangshalle wieder. Eine ausladende Treppe führt in den ersten Stock, reich verzierte Flügeltüren in angrenzende Räumlichkeiten des Erdgeschosses. Hinter einer der Flügeltüren finden die Heldinnen und Helden einen Ballsaal. Als sie ihn betreten, tanzen geisterhafte Erscheinungen zu unhörbarer Musik. Eine angeheiterte Gespensterdame fordert den Magier Sirius zum Tanz. Leider erweist er sich als wenig geschickt. Nachdem er ihr mehrfach versehentlich in durchscheinende Körperteile gegriffen und auf die Geisterfüße getreten ist, beendet sie den Tanz höflich und der Ball verschwindet.

Ehe sie in den nächsten Raum gehen, spannt Abraxas listig einen Ariadnefaden, damit sich die Gruppe im Labyrinth nicht weiter verläuft. Nun bleiben immerhin die zurückgelassenen Räume sichtbar. Eine Wendeltreppe im Flur führt nach oben, wo die Gruppe hofft, den Leichenräuber zu finden. Am oberen Ende des Turmes finden sie jedoch eine Reihe bunter Türen: eine rote, eine gelbe, eine grüne, eine blaue und eine violette. Auf gut Glück öffnen sie die rote Tür und finden dahinter einen fensterlosen, vollständig mit Samt ausgekleideten Raum mit gläsernem Boden, der darüber hinaus jedoch völlig leer zu sein scheint. Hinter der violetten Tür schwappt eine Welle violetter Tinte hervor und fließt rauschend die Stufen hinab. Hinter der gelben Tür wogt unter strahlend blauem Himmel ein Sonnenblumenfeld.

Joseph der Magier ruft einer plötzlichen Eingebung folgend in das Feld hinein: "Oh Baron, erscheine!". Doch erschöpft wie er ist, gelingt ihm die saubere Aussprache nicht. Statt des Barons erscheint Oberon, der Elfenfürst, in Begleitung seines Hofstaates und seiner teuren Frau Titania. Etwas verwirrt versucht Joseph die Situation dennoch für sich zu nutzen und verhandelt mit dem Fürsten. Oberon bietet an, ihren Blick von der Labyrinth-Illusion des Dämons, der auf dieser Burg herrscht, zu befreien. Lediglich einen wahren Namen verlangt er dafür. Joseph ist bereit, seinen Namen für Oberons Hilfe einzutauschen, handelt jedoch die Bedingung aus, dass der Name nur einmal und nur im Rahmen von Recht und Gerechtigkeit eingesetzt werden dürfe. Der Elfenfürst nimmt den Handel an und die Illusion zerfällt.

Die tapferen Recken finden sich, vom Zauber befreit, auf dem Burgturm wieder. Flackernde Kerzen und Kreidezeichnungen deuten auf ein Ritual hin. In der Mitte des Ritualkreises liegt die modernde Leiche der alten Gerlinde. Darüber gebeugt flattert ein Umhang, der eine nebulöse Gestalt verhüllt. Die Heldinnen und Helden haben Glück - der Dämon konnte sein Ritual noch nicht vollenden und steht nun körperlos und verletzlich vor ihnen. Tara zertritt geistesgegenwärtig den Ritualkreis, während die beiden magisch Begabten sich dem Dämon selbst stellen. Doch letztendlich ist es Wolfgang, der mit dem blau glühenden Silberdolch, den er vor wenigen Tagen der Leiche des Unbekannten abgenommen hatte, dem Dämon den Garaus macht. Mit einem schrecklichen Schrei zerstiebt die schattenhafte Gestalt und der Umhang fällt leer zu Boden.

Vorsichtig tragen die jungen Heldinnen und Helden die entweihte Leiche der Gerlinde wieder ins Dorf zurück. Die Burg bleibt dunkel verlassen hinter ihnen zurück.

Ja, das mit "Oh Baron" und "Oberon" war der wohl merkwürdigste Verhörer meiner SL-Geschichte. Wir haben hinterher gut darüber gelacht, aber ich glaube, es hat alle massiv verwirrt (mich weil ich mich wunderte, wie der Spieler auf den Elfenfürsten kam und den Spieler, der sich wunderte, wie ICH auf den Elfenfürsten kam^^). Hat zwar am Ende funktioniert, aber auch ein wenig die Story zerlegt. Eigentlich hätten sie noch in einer Ahnengalerie den silbernen Dolch am Gürtel des alten Barons und eine gewisse Familienähnlichkeit zwischen den Ahnen des Barons und Wolfgang erkennen sollen. Das hätte das Finale etwas nachvollziehbarer gemacht.

Letztendlich war es eine coole Runde, aber so richtig zufrieden war ich mit meiner "Leistung" als SL nicht. Hätte die Spielerin des Wolfgang besser einbinden müssen - sie war komplette Anfängerin und ging zwischen den erfahrenen und sehr wortgewandten Mitspieler_innen etwas unter.

Es war aber auch das erste Mal, dass ich etwas anderes als Feenhandel für BtWgeleitet habe und ich muss sagen, dass es schon sehr anspruchsvoll ist, sich ad hoc so viel einfallen lassen zu müssen. Habe hardcore die Story ausgewürfelt, während die Charaktere gebaut wurden und das Abenteuer vorher bloß mal überflogen. Spontan mal eben ein cooles magisches Türrätsel für den Eingang oder spontan mal eben eine unentrinnbares Labyrinth (hatte ich beides ausgewürfelt)... da bin ich schon etwas ins Schwitzen gekommen. Aber irgendwie auch cool - ich improvisiere gerne innerhalb eines gegebenen Rahmens. Deswegen gefällt mir Beyond the Wall ja so gut, weil es genau das bietet.

Tante Petunia:
Spannend! Abo!  :d

Weltengeist:
Interessantes Format - gerne mehr davon! :d

Huhn:
Wo geleitet: Nordcon 2019, Samstagabend, 15. Juni 2019
System: Beyond the Wall
Abenteuer: "Der geheime Kult" aus "Beyond the Wall und andere Abenteuer"
Autor_in: John Cocking und Peter Williams
Dauer: 1h Charakterbau + ~2h Spiel

Der geheime Kult

SC:
Bemia, die Diebin in Ausbildung
Jeffrey, der angehende Magier
Firman, der Möchtegern-Ritter

Im schönen Turnford sitzen Bemia, Jeffrey und Firman in der Taverne "Zur Diebischen Freude" und schlürfen das zweifelhafte Bier, für dessen Brauvorgang Bemia selbst (die neben ihrer Tätigkeit als wenig erfolgreiche Diebin noch einen Brotjob hat) veranwortlich ist. Sie unterhalten sich über die seltsamen Ereignisse in den vergangenen Wochen. Erst vor Kurzem färbte sich der Fluss des Dorfes blutrot. Und ein geheimnisvoller Stern, der über dem Dorf erschien, wird von einigen als Unglückssymbol gedeutet. Und war nicht erst neulich ein geheimnisvoller Fremder durch die Stadt gezogen? Der wirkte doch nicht geheuer! Auch die anderen Leute in der Taverne interessieren sich für das Thema und es entsteht ein angeregtes Gespräch. Wulfgar, der Wirt, ist besorgt. Lynna, die Waldläuferin (eine gute Bekannte Bemias), hingegen warnt vor übermäßigem Aberglauben und will beschwichtigen. Die drei jungen Leute beteiligen sich am Gespräch um Zeit zu überbrücken, denn Mathilde, die schöne Müllerstochter, die Verlobte Firmans, wollte noch vorbeikommen. Als sie nach Einbruch der Dämmerung noch nicht erschienen ist, keimt Sorge in der Runde auf und die drei beschließen, zur Mühle zu gehen und Mathilde abzuholen.

In der Mühle brennt noch Licht, die Tür ist nur angelehnt - recht ungewöhnlich für die späte Stunde. Im mehlstaubvernebelten Inneren findet die Gruppe zu ihrem Erschrecken den Müller Douglas gefesselt und geknebelt vor. Nachdem er befreit ist, berichtet er von Kuttenträgern, die seine Tochter entführt und ihn bewusstlos geschlagen hatten. Er bittet inständig, seine geliebte Tochter aus ihren Klauen zu befreien, was die drei Jugendlichen natürlich zusichern.

Schnell sind Spuren vor der Mühle entdeckt, die am Fluss entlang in Richtung des Sumpfes führen, der sich unweit des Dorfes erstreckt. Früher wurde hier Torf gewonnen, aber mittlerweile betritt ihn aus Sicherheitsgründen niemand mehr - zu unberechenbar ist der Schlick geworden. Doch die Spuren der Entführer führen das Grüppchen mitten hinein in das gefährliche Gelände. Tatsächlich sind die drei Freundinnen und Freunde nur wenige Fuß weit in den Sumpf hineingegangen, als Jeffrey einen falschen Schritt macht und im Schlamm zu versinken beginnt. Die beiden anderen wollen ihn hinausziehen, doch etwas Knochiges greift nach seinem Knöchel und zerrt ihn tiefer nach unten. Ein beherzter Stich mit Bemias Dolch rettet den angehenden Magier vor der skelettierten Hand, die ihn in den Untergang hatte ziehen wollen. Früher wurden hier die Verbrecher versenkt. Ob diese Hand zu einem von ihnen gehörte?

Mitten im Sumpf, wo sich dereinst die Torfstecherhütte befand, findet sich ein großer Platz mit einem dunklen Loch in der Mitte, in das plätschernd Wasser hineinläuft. Der unheilvolle Stern, der jüngst über dem Dorf erschien, steht genau über diesem Platz. Ein Stofffetzen, zurückgelassen an einem Busch nahe der Lichtung, lässt vermuten, dass Mathilde in das Loch hinuntergeschleppt wurde. Tastend erkennt Jeffrey mit einem Stab, dass sich am Rand des Loches unter dem fließenden Wasser eine Treppe befindet. Mit einem Sicherungsseil um den Bauch erkundet Firman den weiteren Weg. Während er sich umsieht, ruft hinter der Gruppe jemand nach den jungen Menschen. Es ist Lynna, die Waldläuferin. Sie hat durch Douglas von Mathildes Entführung gehört und möchte sich an der Suche beteiligen. Die Gruppe willigt ein und so begleitet Lynna sie nun. Als der Abgang in das dunkle Loch halbwegs sicher erscheint, binden sich schließlich auch die anderen beiden mit dem Seil fest und steigen die morastigen Stufen hinab ins Dunkel.

Mit magischem Licht erleuchtet Jeffrey ein gemauertes Gewölbe, unvermutet geräumig und durchzogen von Kanälen, in denen blutrotes Wasser zähflüssig fließt. Monotoner Singsang etönt aus der Ferne. Bemia kommt ein Name in den Sinn: "Xatuel". Sie hat das Gefühl, der Name sei wichtig, kann ihn jedoch nicht zuordnen. Beim Versuch, das Gewölbe weiter zu erkunden, rutscht Jeffrey, der mit dem Licht voranschreitet, aus und fällt in einen der Kanäle. Kaum berührt er das Wasser, beginnt es zu rumoren im Gemäuer. Blasen steigen aus der roten Flüssigkeit auf und die Wände beginnen sich zu verändern bis sich die Gruppe schließlich in einem fleischigen, runden Hohlraum befindet, dessen Wände zu pulsieren scheinen. Sie haben nur wenig Zeit, sich zu sammeln - grünliche Flüssigkeit beginnt von den Wänden zu tropfen und schnell ist klar, dass die daraus aufsteigenden ätzenden Dämpfe ihnen nicht viel Zeit zum handeln lassen werden. Zwei Ausgänge öffnen und schließen sich in rhythmischem Pulsieren. Firman opfert beherzt seine Lanze, indem er sie in den Ausgang rammt, um selbigen lange genug offenzuhalten, dass alle entkommen können. Allerdings zahlt er einen Preis für seinen Mut - grünliche Flüssigkeit strömt an der Lanze entlang auf seine Hände und verletzt ihn empfindlich.

Aus der pulsierenden Höhle entkommen, stehen die Freundinnen und Freunde auf einer weiten Ebene. Schwarzes, kniehohes Gras wogt in einer leichten Brise. Einige Fuß entfernt steht ein steinerner Torbogen in der Landschaft. An einem Faden hängt ein eisernes Schloss darin. Neugierig geht die Gruppe um den Torbogen herum und erblickt von der anderen Seite einen Schlüssel am Faden hängend. Jeffrey greift nach dem Schlüssel, doch greift hindurch wie durch eine Illusion. Probehalber will er den Kopf durch das Tor stecken, stellt jedoch fest, dass sich hinter dem Schlüssel eine Barriere aus eiskaltem, wässrigen Material befindet. Schnell zieht er das Gesicht zurück. Die Gruppe bespricht die Theorie, dass es sich bei der Barriere um eine Art Spiegel handeln könne. Demnach wären Schlüssel und Schloss lediglich Spiegelbilder der auf der anderen Seite der Barriere hängenden realen Vorbilder. Jeffrey angelt mit seinem Stab hinter der Barriere nach dem richtigen Schlüssel und in der Tat gelingt es ihm, den Schlüssel hervorzuziehen. Als er danach greifen will, ertönt hinter ihm eine krähende Stimme: "Und genau da sollst du hin! Für Xatuel!" Verrat! Lynna, mit irrem Blick in den Augen, versucht, den Magier durch das Tor zu stoßen. Doch sie hat nicht mit Firmans starken Armen gerechnet. Unbeeindruckt hebt er die schmächtige Frau hoch und hält sie selbst in das eiskalte Grauen hinter dem Torbogen. Als er die Arme wieder zurückzieht, hält er die vertrockneten Überreste Lynnas in den ebenfalls schwer verletzten, taub gewordenen Händen.

Während Jeffrey den Schlüssel in der Hand hält, bemerken die anderen am Horizont schattenhafte Gestalten, die stumm und starr dastehen und die Gruppe zu beobachten scheinen. Einige von ihnen stehen näher. Firman und Bemia erkennen in ihnen die verstorbenen Mitglieder der Dorfgemeinschaft. Ein Schauder läuft ihnen über den Rücken. Mit Hilfe des Schlüssels gelingt es der angeschlagenen Gruppe schließlich, das magische Tor zu öffnen. Plötzlich löst sich eine der schattenhaften, durchscheinenden Gestalten vom Horizont und tritt näher. Es ist Douglas, der Müller. Er deutet auf das offene Tor. "Rettet Mathilde...", haucht er, kaum hörbar und die drei jungen Heldinnen und Helden beeilen sich, von Sorge um die Müllerstochter erfüllt, durch das Tor zu treten.

Keine Minute zu früh betreten sie den dahinterliegenden Ritualraum, in dem fünf Kuttenträger um eine bewusstlose Gestalt auf einem Altar herum stehen und frevlerische Gesänge intonieren. Der Führer des Kultes kommt den drei jungen Menschen bekannt vor - der geheimnisvolle Fremde, der neulich durch ihr Dörfchen gezogen war, trug ein Amulett mit seinem Abbild um den Hals! Der Kultführer bemerkt die Eindringlinge und hetzt ihnen die anderen Kuttenträger auf den Hals. Er selbst versucht, mit der bewusstlosen Mathilde über der Schulter zu fliehen. Bemia wirft geistesgegenwärtig ihren Dolch, der in seiner Schulter steckenbleibt. Unterdessen erwehrt sich Firman der mächtigen Angriffe eines besonders brutalen Kultanhängers - jedoch vergebens. Mit einem gewaltigen Schlag streckt der Kuttenträger den bereits zuvor angeschlagenen Ritter nieder. Bewusstlos und aus zahlreichen Wunden blutend bleibt Firman am Boden liegen. Jeffrey bemüht sich vergebens um das Wirken eines Zaubers, der jedoch in der Aufregung nicht funktionieren will. Schließlich ist es Bemia, die Geistesgegenwart und List beweist und laut ruft: "Ihr braucht das Blut einer Jungfrau? Ich habe hier Mathildes Verlobten bei mir, der schon längst mit ihr im Stroh lag! Diese Frau ist keine Jungfrau mehr!" Daraufhin erbleichen die Männer unter ihren Kutten sichtlich. Was wäre nur geschehen, hätten sie dem Dämon Xatuel eine falsche Jungfrau zum Opfer geboten? Erschüttert ergreifen sie die Flucht und lassen Mathilde zurück. Die dämonische Zwischendimension, die als Ritualraum diente, löst sich auf und Jeffrey, Bemia sowie die bewusstlose Mathilde und der schwer verletzte Firman finden sich am Rand des alten Sumpfes wieder und blicken auf das im Schlafe liegende Dorf.

Bemia und Jeffrey schleppen die beiden anderen zur Dorfbaderin, wo sie notdürftig zusammengeflickt werden. Mathilde ist gerettet! Jedoch müssen die jungen Leute erfahren, dass ihr Vater Douglas erschlagen in seiner Mühle aufgefunden wurde. Und der düstere Kult des Dämons Xatuel existiert weiterhin irgendwo da draußen und wird erneut versuchen, seinen Herrn und Meister auf Erden zu holen. Das Grauen ist noch nicht gebannt!

War eine ziemlich coole Runde, auch wenn hier wieder aufgrund der kurzfristigen Improvisation der ein oder andere Logikschluckauf drin war. Zum Beispiel war es wenig geschickt von mir, dass der Magier keinerlei Schaden bekam, als er durch das verschlossene Tor schaute, während der Ritter gleich mal nen W8 Schaden kassierte, als er Lynna da reinhielt. Habe das dann so erklärt, dass ja Lynna zwischendrin den Namen des Dämons nannte und dadurch das Tor quasi "aktiviert" hat. Aber selbst wenn es so gewesen wäre, hätte ich irgendwie deutlich machen müssen, dass sich etwas am Tor verändert hat.

Auch der Endkampf war etwas konfus. Ich hab völlig unterschätzt, wie dieser Kultkrieger reinknüppelt. Der hat halt gleich beim ersten Mal vollen Waffenschaden (W8+2) gewürfelt und den Ritter einfach ausm Leben geknüppelt. :D Wenn Bemias Spielerin nicht diese geniale Idee mit der Jungfräulichkeit gehabt hätte, wäre das wohl ein TPK geworden, selbst wenn ich davon ausgegangen wäre, dass ein Teil des Kultes mit dem Opfer flieht, um das Ritual woanders zu vollenden. Zudem war die Initiativereihenfolge irgendwie unklar, was dazu führte, dass ich einer Spielerin ständig ins Wort fiel. Ich muss mich wirklich dringend mal mit der Dynamik von Kämpfen in Rollenspielen beschäftigen. Ich habe das Gefühl, dass meine Gegner immer wie aufgescheuchte Hühner herumlaufen und sich jede Runde für ein anderes Kampfziel entscheiden. Das muss besser werden, denn es verhindert irgendwie auch, dass die Spieler_innen taktisch sinnvoll vorgehen können und sorgt dafür, dass jeder Kampf zur Barschlacht ausartet.

Hatte nach der Runde mit einem Spieler noch ein interessantes Gespräch über Improvisation und Vorbereitung. Er dachte, ich hätte das Torrätsel vorbereitet und eine fertige Lösung dafür parat. Dem war nicht so. Tatsächlich hatte ich ausgewürfelt, dass ein Ritual der Gruppe das Tor zum Kult öffnet. Entsprechend wollte ich deutlich machen, dass da ein Tor ist und dass das zu ist und dass sie es öffnen sollen. Daher der Aufbau mit dem Tor und dem Schloss. Der ganze Rest entstand dann als Reaktion auf die Handlungen der SC.

Ich schau immer, was sie so für Ideen bringen und ob ich die fantasievoll/cool/innovativ genug finde, dass sie funktionieren könnten. Der Spieler meinte dann, dass das die Spannung rausnehmen würde, wenn die SC "eh alles schaffen". Woraufhin ich erklärt habe, dass "es nicht schaffen" an der Stelle sowieso ne dumme Option gewesen wäre. Was wäre denn dann passiert? Die SC hätten auf ner Dämonen-Todesebene vor nem verschlossenen Tor gestanden und das Spiel wäre rum gewesen. Total unbefriedigend. Warum also diese uncoole Option überhaupt einräumen? Selbst wenn ich das Rätsel vorbereitet hätte, hätte ich ihnen doch Tipps zur Lösung gegeben, um diese Situation zu vermeiden - dann wäre Scheitern ja auch nur sone Pseudo-Option gewesen. Wenn ich solche Rätsel improvisiere, geht es mir weniger darum, dass die Spieler_innen eine exakte, vorgegebene Lösung finden, als darum, dass sie cooles Spiel erzeugen. Nicht OB sie die Aufgabe lösen, sondern WIE. In diesem Fall haben sie die Aufgabe gelöst, aber der Ritter hat schwere Verletzungen davongetragen, so dass er angeschlagen in den Endkampf startete. Hätte die Gruppe eine besonders langwierige Lösung gefunden (etwa das Gras nach dem Schlüssel absuchen), wäre vielleicht Mathilde schon tot und der Dämon schon inkarniert gewesen, was den Endkampf deutlich erschwert hätte. Insofern finde ich schon, dass ich den Entscheidungen der Spielgruppe Gewicht beimesse.

Nichtsdestotrotz habe ich mir nach den zwei Nordcon-Runden vorgenommen, mal eine Sammlung an coolen Rätsel zusammenzusuchen, die ich mir für solche Improrunden mitnehmen kann. Schaden tuts nichts.

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