Autor Thema: Wirkmechaniken, oder was Regeln regeln - Entwurf einer Theorie  (Gelesen 4545 mal)

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Dionysian Spectre

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Im Folgenden versuche ich meine Gedanken zu ordnen. Über Feedback, Meinungen und Anregungen dazu freue ich mich sehr. Insbesondere falls jemand schon eine Theorie oder ein Begriffspaar kennt, die das ausdrückt worauf ich hier anspiele, lasst es mich wissen.

Dies ist eine Theorie die die Wirkmechanik von Rollenspiel-Regeln in Kategorien aufteilt: Was regeln die Regeln? Es geht mir also, anders als anderen Rollenspieltheorien weniger um eine Klassifizierung von Spieler-Vorlieben, sondern mehr um eine Klassifizierung von Rollenspiel-Systemen und -Regelwerken.

Ich klassifiziere Wirkmechaniken in drei Gruppen. In einem Rollenspiel-System sind diese üblicherweise gemischt, das heißt ein Rollenspiel-System enthält Regeln aus verschiedenen Wirkmechanik-Klassen, man kann aber Rollenspiel-Systeme tendenziell einer Wirkmechanik zuordnen, gerade im Vergleich miteinander (z.B. “Pathfinder ist im Vegleich zu PbtA stark in Richtung Wirkmechanik B”).

Ich bezeichne die Wirkmechaniken im Folgenden mit A, B und C, weil mir keine guten und griffigen Begriffe einfallen und weil ich vermeiden möchte dass die Diskussion in einen Streit über Begrifflichkeiten abdriftet (gerade griffige Begriffe sind ja oft Kampfbegriffe die für oder gegen eine Spielweise eingefärbt sind).

Wirkmechanik A lässt die Spieler ihre eigenen Fertigkeiten einsetzen um das Ziel der Charaktere zu erreichen. Puzzle-Props am Spieltisch und Rätsel für die Spieler sind Beispiele hierfür. Aber auch wenn ein SC einen NSC überzeugt, weil der Spieler gelungen argumentiert. OSR-Spiele gehen stark in diese Richtung und nennen das dann “Player Skill instead of Character Skill”.

Wirkmechanik B verwendet eine Proxy-Mechanik, um zu ermitteln ob Charaktere ihr Ziel erreichen. Kampfregeln sind ein gutes Beispiel dafür: Würfelwurf + Bonus muss größer als Rüstungswert des Gegners sein, um Schadenspunkte von den Trefferpunkten des Gegners abzuziehen. Rollenspiele die stark in diese Richtung gehen haben in der Regel viele dicke Hardcover-Regelwerke und werden gemeinhin als “regelintensiv” bezeichnet. Pathfinder ist ein gutes Beispiel.

Wirkmechanik C verwendet auch eine Proxy-Mechanik, aber nicht um die Fertigkeiten des Charakters abzubilden, sondern um erzählerische Konventionen abzubilden. Bennies und Gummipunkte sind ein Beispiel hierfür, ebenso wie Regeln die das Erzählrecht betreffen oder das Recht für Spieler Fakten in der Spielwelt zu schaffen. Rollenspiele die stark in diese Richtung gehen werden manchmal “meta” bezeichnet. Zum Beispiel Fate, PbtA, aber auch Fiasko oder Erzählspiele im Allgemeinen.

So weit zur Klassifikation. Es folgen noch ein paar Gedanken die mir dazu einfallen:

Sowohl A als auch C werden als “erzählerisch” bezeichnet - und das führt dazu dass manchmal Leute aneinander vorbeireden.

Sowohl A als auch B gehen davon aus dass Spieler das Ziel verfolgen dass ihre Charaktere deren Ziele erreichen. C hingegen kann voraussetzen dass Spieler ihre Charaktere in die Pfanne hauen, wenn es dem narrativen Imperativ der Story entspricht (z.B. Fiasco oder Everyone is John).

Auch B benötigt “Player Skill”, aber auf Ebene der Proxy-Mechanik, also zum Beispiel beim Charakter-Bau oder während des taktischen Kampfes.

B ist deswegen so regelintensiv, weil es die Illusion einer fairen Welt erschaffen will: Alle drei versuchen eine spannende und unterhaltsame Geschichte zu erzählen. Bei A ist dafür nur “Common Sense” nötig, um Erfolg und Ausgang des Handelns der Charaktere am Handeln der Spieler abzulesen. Bei C können sich die Regeln auf wenige Genre-Konventionen oder Erzählfluss-Regeln begrenzen um den Ausgang zu erzählen. Nur bei B muss für jede mögliche Handlung der Charaktere und für das Verhalten der Spielwelt ein Proxy-Mechanismus definiert werden.

A ist sehr immersiv weil es ohne Proxy auskommt, macht es aber schwer jemand anderes als sich selbst zu spielen. B ist immer noch relativ immersiv weil der Spieler zumindest die Charakterherausforderung durchlebt, wenn auch nur per Proxy. C ist am wenigsten immersiv weil die Mechanik entlang erzählerischer Konventionen verläuft (was ich für den Grund halte warum einige Leute sich etwas schwer tun zum Beispiel mit PbtA warm zu werden).

snoopie

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Witziges Experiment. Einfach in einer Uni-Hausarbeit die Begriffe durch Rollenspieltermini ersetzt.

Boni

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Ich finde deine Überlegungen als Ansatz gelungen, muss aber nochmal im Detail darüber nachdenken. Auf jeden Fall überzeugt mich deine Klassifizierung erstmal.

eldaen

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Ich finde die Idee sehr spannend! Bin gespannt, was noch dazu kommt.

Zitat
Auch B benötigt “Player Skill”, aber auf Ebene der Proxy-Mechanik, also zum Beispiel beim Charakter-Bau oder während des taktischen Kampfes.

Ich glaube (!) das nennt sich im Englischen „rules mastery“.

Offline takti der blonde?

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Hast du ein konkretes Beispiel für Wirkmechanismus A?

Grüße

Hasran

Boni

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Wenn ich es korrekt verstehe, geht es z.B. um Geschicklichkeitsrötsel, die die Spieler lösen müssen, ohne das ihnen dabei die Skills auf dem Charakterbogen helfen können.

eldaen

  • Gast
Ich denke, da gibt es ein gutes Beispiel in der OSR Fibel:

Zitat
Die Fallgrube ist ein einfaches Beispiel: Traditionell funktionieren Fall– gruben in der 0e wie folgt:
Sie können leicht entdeckt werden, indem man mit einem langen Stab den Boden abtastet. Wenn du auf eine Fallgrube trittst, besteht eine Chance von 1 zu 6, dass sich die Fallgrube öffnet. Und das ist alles. Im Gegensatz dazu stehen die modernen Spiele mit Charakterklassen, die besondere Fähigkeiten besitzen, um Fallen zu finden und zu entschärfen. Werfen wir einen Blick wie eine Fallgrube in der 0e und einem modernen Spiel angegangen wird.

[…]

Beispiel: Die Fallgrube im modernen Rollenspiel
Spielleiter: Ein 3 m breiter Korridor führt nach Norden in die Dunkelheit. John, der Schurke: Ich such nach Fallen.
Spielleiter: Was für einen Schwierigkeitsgrad musst du erreichen, um etwas zu finden?
John, der Schurke: 15.
Der Spielleiter entscheidet, dass die Fallgrube vor der Abenteurergruppe einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad hat, also muss Andreas die unmodifizierte 15 oder mehr werfen.
Spielleiter: Würfle mit einem W20.
John, der Schurke: 16!
Spielleiter: Du untersuchst den Weg vor dir und findest einen Riss im Boden – Sieht aus als wäre da eine Fallgrube.
John, der Schurke: Kann ich sie entschärfen?
Spielleiter: Was ist dein Schwierigkeitsgrad dafür?
John, der Schurke: 12. Ich hab eine 14 gewürfelt.
Spielleiter: Okay, deine Bewegungen sind vorsichtig und dir gelingt es den Mechanismus der Falle zu verkeilen. Die Grube wird sich nicht öffnen. John, der Schurke: Wir gehen rüber. Ich geh zuerst.


Beispiel: Die Fallgrube im Old-school-Rollenspiel

Spielleiter: Ein drei Meter breiter Gang führt nach Norden in die Dunkelheit. John: Wir gehen vorwärts und tasten den Boden mit unserem 10 Fuß langen Stab ab.
Der Spielleiter wollte gerade sagen, dass der Stab die Fallgrube aufstößt, als er sich an etwas erinnert.
Spielleiter: Moment mal, du hast den Stab doch gar nicht mehr. Du hast ihn der Steinstatue zu fressen gegeben.
Wenn die Abenteurergruppe den Stab noch hätte, dann hätten sie die Falle automatisch gefunden.
John: Ich hab ihn ihr nicht zu fressen gegeben, die Statue hat ihn gegessen, als ich ihren Kopf berührt habe.
Spielleiter: Das heißt nicht, dass du den Stab zurückbekommen hast. Also, gehst du weiter den Korridor entlang?
John: Nein. Ich bin misstrauisch. Kann ich irgendwelche Risse im Boden erkennen, vielleicht in Form eines Vierecks?
Der Spielleiter zieht das in Erwägung, weil genau dort, wo John hinschaut, sich die Fallgrube befindet. Allerdings ist es dunkel und er fährt fort ...
Spielleiter: Nein, da sind gut eine Millionen Risse im Boden. Du würdest so einfach keine Fallgrube entdecken.
Ein anderer Spielleiter hätte auch entscheiden können, dass John die Falle entdeckt, denn er schaut am richtigen Ort nach.
John: Okay. Ich nehme meinen Wasserschlauch aus meinem Rucksack und gieße etwas Wasser auf den Boden. Rinnt es irgendwo durch den Boden oder bildet sich ein bestimmtes Muster?
Spielleiter: Ja, das Wasser scheint sich um eine rechteckige Fliese im Bo- den zu sammeln, die etwas höher steht als der Rest des Bodens.
John: So als wäre da eine verborgene Fallgrube?
Spielleiter: Möglich.
John: Kann ich sie entschärfen?
Spielleiter: Wie?
John: Ich weiß nicht, vielleicht mit einem Würfelwurf, um den Mechanis- mus zu verkeilen?
Spielleiter: Du kannst keinen Mechanismus erkennen. Du trittst drauf, das Scharnier tut seine Arbeit, du fällst. Was tust du, um es zu verkeilen? John: Ich weiß nicht. Okay, lasst uns drumherum gehen.
Spielleiter: Du gehst drumherum. Es gibt etwa zwei Fuß Abstand auf jeder Seite

 

Offline takti der blonde?

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Ich denke, da gibt es ein gutes Beispiel in der OSR Fibel:

Schwierig. Das "gameplay" ist anders, aber nur stilistisch und nicht mechanisch. Das zweite Beispiel kann auch genau so in jedem nicht-OSR Spiel vorkommen.
Oder anders gefragt: welche Regel mit Bezug auf Fertigkeiten des Spieles fand denn Anwendung?

Grüße

Hasran

eldaen

  • Gast
Aber das erste Beispiel nicht in einem OSR Spiel. Der Punkt ist: in Beispiel 2 gibt es gar keine Regel, auf die zurück gegriffen wird. Es läuft rein über die Fähigkeiten des Spielers. Also Dyonysian Spectre‘s Wirkmechanik A. Wohingegen Beispiel 1 Für Wirkmechanismus B steht.
« Letzte Änderung: 19.06.2019 | 21:53 von HEXer »

Offline 1of3

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Kannst du noch mal erklären, wie du auf den Begriff "Wirkmechanik" gekommen bist?

Ich glaube, dass dicke Regelwerke in welcher Art auch immer, ganz viel mit Für Sich Allein Träumen zu tun haben. Dabei ist weniger relevant, ob da jetzt diverse Prestigeklassen drin stehen oder ausgefallene Hintergrundtexte. Sie helfen sich vorzustellen, was man alles spielen könnte. Das muss nicht mit Zahlen zu tun haben, man kann auch ganz toll Nobilis-Charaktere sich ausdenken und das ist eher eine verbale oder literarische Übung.

So forgige Spiele schießen dieses Vor Sich Hinträumen ab. Die Regeln sind dazu da, dass du anderen Leuten was erzählst. Man kann nicht in der Deutsch-Stunde sitzen, vor sich hinträumen und einen Polaris-Charakter machen. Da ist nichts zu tun und nichts zu haben. Im Spiel locken sie dich aus der Reserve. Wenn du zwei einhalb Stunden Primetime Adventures gespielt hast, bist du fertig, weil du permanent aufpassen musst, was die anderen machen und darauf reagieren.

Die erste Kategorie, an die du vielleicht denkst, hat ganz viel mit Wenn Ich Ein Held Wär zu tun. Es geht nicht darum, sich einen ausgefallenen Tabaxi Bladesinger zu erträumen oder sondern darum, in dunkle Verliese zu ziehen. Als jemand X-Beliebiges bzw. quasi als man selbst. Fähigkeit finde ich dabei nicht ganz treffend. Es geht glaube ich wie bei den anderen beiden eher um eine Haltung als um ein Tun.

Insofern sind A, B und C vielleicht gar nicht schlecht: Avatarisches Spiel, Bastelei und Coole Show.
« Letzte Änderung: 19.06.2019 | 22:02 von 1of3 »

Offline takti der blonde?

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Aber das erste Beispiel nicht in einem OSR Spiel. Der Punkt ist: in Beispiel 2 gibt es gar keine Regel, auf die zurück gegriffen wird. Es läuft rein über die Fähigkeiten des Spielers. Also Dyonysian Spectre‘s Wirkmechanik A. Wohingegen Beispiel 1 Für Wirkmechanismus B steht.

Aber es wirkt ja eben gar keine Mechanik. Auch OSR Spiele kennen Regeln für Wahrnehmung etc. Die sind allerdings für die Spieler nicht so wichtig wie Situationen zu schaffen, die letztlich die Anwendung des Randomisierers vermeiden sollen und quasi 100% Erfolgsquote haben.

Grüße

Hasran

Offline K!aus

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Mich macht dieser Vergleich ziemlich stutzig. Bedeutet dies tatsächlich, dass in einem modernen Spieltm sich niemand mehr konkret mit der Herausfoderung befasst? Das wird weg-abstrahiert im Sinne von Herausforderung -> Wähle passenden Skill -> (Miß-) Erfolg -> Herausforderung geschafft / gescheitert - echt jetzt?  :think:

Langsam verstehe ich, warum es damalstm SL vs. Spieler hieß, denn wenn man sich eingehend mit den Herausforderungen beschäftigt, dann gewinnt natürlich die Seite mit den schlaueren Leuten. Und ich verstehe warum geschimpft wurde, dass Spieler nicht in Dumb-Stats investieren, weil der charismatische Spieler ohnehin jede CH Probe "ver-rollen-spielt".

Aber wenn es jetzt beim moderntm Rollenspiel (inhaltlich) um nichts mehr geht, müssten dann nicht alle viel tiefenentspannter sein? Bzw. ziemlich gelangweilt, denn man hat ja am Ende einer Session nichts "geschafft" außer ein paar Proben zu würfeln, um den (Miß-) Erfolg von etwas zu prüfen, mit dem man sich ohnehin nicht beschäftigt ...  wtf? ::)

Diese moderne Spielweisetm klingt sehr ... bedauerlich langweilig fadenscheinig armselig ... suche passendes Wort:(
GURPS Deathwatch
[FFG] Star Wars Jedi Ritter, Rebellen
Mein biete Thread - schau doch mal rein. :)

snoopie

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Aber wenn es jetzt beim moderntm Rollenspiel (inhaltlich) um nichts mehr geht, müssten dann nicht alle viel tiefenentspannter sein? Bzw. ziemlich gelangweilt, denn man hat ja am Ende einer Session nichts "geschafft" außer ein paar Proben zu würfeln, um den (Miß-) Erfolg von etwas zu prüfen, mit dem man sich ohnehin nicht beschäftigt ...  wtf? ::)

Diese moderne Spielweisetm klingt sehr ... bedauerlich langweilig fadenscheinig armselig ... suche passendes Wort:(

Das Thema wurde bereits in einem alten Fate-Thread ausgiebig erläutert.

Offline First Orko

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Diese moderne Spielweisetm klingt sehr ... bedauerlich langweilig fadenscheinig armselig ... suche passendes Wort:(

Sind fünf Wörter: Anders, als dir Spass macht. Muss man nicht gleich andere schön indirekt (Durchstreichen) diskreditieren.
It's repetitive.
And redundant.

Discord: maniacator#1270

Dir ist schon klar, dass es in diesem Forum darum geht mit anderen Leuten, die nix besseres mit ihrem Leben zu tun haben, um einen Tisch zu sitzen und sich vorzustellen, dass wir Elfen wären.

Offline YY

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Bedeutet dies tatsächlich, dass in einem modernen Spieltm sich niemand mehr konkret mit der Herausfoderung befasst? Das wird weg-abstrahiert im Sinne von Herausforderung -> Wähle passenden Skill -> (Miß-) Erfolg -> Herausforderung geschafft / gescheitert - echt jetzt?  :think:

Der Vergleich dient mehr dazu, den "spielphilosophischen" Hintergrund zu beleuchten und das geht am Besten, wenn man Extreme darstellt.
In der Praxis hat das "moderne" Spiel immer noch oft genug OSR-Anteile in dem Sinne, dass Spielerfähigkeiten und -wissen ein Stück weit wichtig sind. Sie sind nur nicht mehr zentral und man kann sich i.d.R. auf Charakterfähigkeiten und Würfel berufen/zurückziehen.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Offline Boba Fett

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Witziges Experiment. Einfach in einer Uni-Hausarbeit die Begriffe durch Rollenspieltermini ersetzt.

Hast Du eigentlich auch mal was zu den Themen beizutragen oder bist Du hier nur zum Stänkern ins Forum gekommen.
Du magst das ja vielleicht hipsterisch witzig finden, hier alle auf schnippische Art blöd anzumachen. Die meisten Leute reagieren hier nur noch genervt auf Dich.
Tu Dir und uns den Gefallen und änder Dein Kommunikationsverhalten oder such Dir ein anderes Forum.
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Dionysian Spectre

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Vielen Dank für die rege Beteiligung  :)

Hast du ein konkretes Beispiel für Wirkmechanismus A?
Was Boni und HEXer sagen. Ich hätte dieselben Beispiele gebracht.

Wirkmechanismus A findet man typischerweise nicht explizit in einem Regelwerk. Wenn dann höchstens durch das Weglassen oder Fehlen von Regeln. So zum Beispiel das "Fallen Suchen" und "Fallen Entschärfen" im von von HEXer zitierte Beispiel: OSR-Regeln sind für mich in dieser Hinsicht stark A, weil sie absichtlich und bewusst keine Fertigkeiten oder andere Probenmechaniken hierfür entsprechend B enthalten - und die Absicht dahinter auch noch explizit in Werken wie der OSR Fibel erklären.

Kannst du noch mal erklären, wie du auf den Begriff "Wirkmechanik" gekommen bist?
"Wirkmechanik" weil es jeweils ein Mechanismus ist mittels dessen die Spieler auf das Geschehen in der Spielwelt wirken. Der Begriff ist sicher nicht perfekt, aber das beste was mir eingefallen ist. Insbesondere wollte vermeiden dass "Regel" im Begriff enthalten ist, da A (wie eben oben ausgeführt) typischerweise nicht in Form einer Regel in Erscheinung tritt; die OSR spricht zum Beispiel von "rulings instead of rules" und diese "rulings" fallen für mich ganz klar unter Wirkmechanik A.

Insofern sind A, B und C vielleicht gar nicht schlecht: Avatarisches Spiel, Bastelei und Coole Show.
Haha, genial.  :d
Das hatte ich nun wirklich nicht im Hinterkopf als ich mir A, B und C ausgedacht habe, aber es passt tatsächlich.

Aber es wirkt ja eben gar keine Mechanik. Auch OSR Spiele kennen Regeln für Wahrnehmung etc. Die sind allerdings für die Spieler nicht so wichtig wie Situationen zu schaffen, die letztlich die Anwendung des Randomisierers vermeiden sollen und quasi 100% Erfolgsquote haben.
Dem stimme ich nur teilweise zu:

OSR ist ein breites Feld mit vielen Regel-Varianten, insofern sind pauschale Aussagen schwierig. Es gibt aber in der OSR (im direkten Vergleich zu Rollenspielen der D&D3 / Pathfinder Generation) eine starke Tendenz insbesondere das Fertigkeitensystem in seinem Umfang zu beschneiden oder gar ganz abzuschaffen, um es durch das zu ersetzen was ich Wirkmechanik A nenne (was nicht mittels Regelwerk sondern mittels OSR Fibel & co. vermittelt wird).

Das dies die Anwendung eines Randomisierers vermeiden soll sehe ich auch so.

Allerdings führt das nicht automatisch zu einer 100% Erfolgsquote. Denn der Erfolg ist von der Intelligenz und den Einfallsreichtum der Spieler abhängig, anstatt von einem Randomisierer. Und auch in einem System der Wirkmechanik B mit Randomisierer kann ein Spieler mit Intelligenz und Einfallsreichtum die Chancen zu seinen Gunsten verschieben, nämlich über "System Mastery" (beim Charakterbau und im taktischen Kampf).

Die Tendenz zu Wirkmechanik A kann man bei der OSR übrigens nicht nur bei (fehlenden) Fertigkeitensystemen beobachten, sondern auch im Kampf: In der OSR gibt es das Bild, Kampf als Krieg zu sehen, wohingegen man "modernen" Rollenspielen (D&D3/Pathfinder) vorwirft dass sie Kampf als Sport sehen würden. Gemeint ist damit, dass die Spieler versuchen einer direkten Konfrontation aus dem Weg zu gehen, zum Beispiel den Dungeon fluten und alle Gegner ertrinken lassen statt sich Raum für Raum durchzukämpfen. Dies ist ein weiteres Beispiel wo im OSR-Spiel der Randomisierer ausgeschaltet wird. Ich glaube aber nicht dass dabei Erfolg garantiert ist (denn die Spieler müssen ja erst mal auf die Idee kommen den Dungeon zu fluten), sondern dass hier von Wirkmechanik B (Taktischer Kampf nach Regeln) auf Wirkmechanik A (Spieler haben einen cleveren Einfall der das Problem löst) gewechselt wird.

Mich macht dieser Vergleich ziemlich stutzig. Bedeutet dies tatsächlich, dass in einem modernen Spieltm sich niemand mehr konkret mit der Herausfoderung befasst?
Deine Kritik außenvorgelassen, was ist denn überhaupt modernes Spiel?

Die Ursprünge von D&D, DSA und co würde ich irgendwo zwischen A und B verorten.
Von dort aus haben sie sich deutlich in Richtung B bewegt, mit Spielen wie Pathfinder als extreme Ausprägung.
Irgendwann gab es dann Rollenspieltheorie, die Forge-Bewegung und Indie-RPGs, die sehr viel in Richtung C hervorgebracht haben.
Und quasi als Gegenentwurf die OSR, die zurück zu den Wurzeln wollte und bei A gelandet ist.
Aktuelle Mainstream-Geneartionen wie D&D5 bewegen sich deutlich in die Mitte: nicht mehr ganz so extrem B wie die vorherigen Editionen, mit kleinen Anleihen von A und C.

Kann man C in diesem Zusammenhang noch als modern bezeichnen?



Noch mal allgemein zu der Frage mit Herausforderungen und garantiertem Erfolg:
Bei A ist die Herausforderung dass Spieler den richtigen Einfall oder das nötige Wissen haben. Der gewünschte Ausgang einer Charakterhandlung ist nicht garantiert.
Bei B ist die Herausforderung dass Spieler Rules Mastery und/oder Glück haben müssen. Der gewünschte Ausgang einer Charakterhandlung ist nicht garantiert.
Bei C ist die Herausforderung dass Spieler gemeinsam eine gute Geschichte erzählen. Der gewünschte Ausgang einer Charakterhandlung ist garantiert.

Beispiel Detektiv-Abenteuer:
Bei A bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler nicht darauf kommen.
Bei B bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler ihren Recherche- oder Wahrnehmungswurf versemmeln.
Bei C gibt es kein Risiko dass das Abenteuer stecken bleibt (siehe GUMSHOE).

Nun gehen ja auch Abenteuer der Art A und B oft davon aus dass es weitergehen muss, das heißt selbst wenn die Spieler nicht darauf kommen oder ihren Wurf versemmeln, dann wird der Spielleiter bzw. der Abenteuer-Autor sich große Mühe geben ihnen trotzdem noch irgendwie eine zweite (oder dritte, oder vierte) Chance zu geben damit das Abenteuer weitergeht.

Damit will ich nicht C rechtfertigen oder in Schutz nehmen - ich will nur sagen dass Herausforderung für die Spieler bei jeder Art von Rollenspiel in gewisser Weise eine Illusion ist, weil der SL die Herausforderungen in der Regel so zu gestalten versucht, dass sie lösbar sind - oder aber bereit sein muss vollkommen ergebnisoffen auch abseits des vorbereiteten Plots zu spielen.

C nimmt hier eine "Abkürzung", indem es die Illusion der Herausforderung fallen lässt. Damit nimmt C die Gefahr eines Fehlschlags heraus. Aber hat leider den Nachteil dass manche Spieler ohne diese Illusion der Herausforderung den Reiz des Spiels nicht mehr verspüren.

Offline takti der blonde?

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Wirkmechanismus A findet man typischerweise nicht explizit in einem Regelwerk.

Dann ist es aber keine Regel mehr. Wenn ich dich richtig verstanden habe, ging es dir darum, zu beschreiben, wie Regeln wirken, oder?


Zitat
OSR-Regeln sind für mich in dieser Hinsicht stark A, weil sie absichtlich und bewusst keine Fertigkeiten oder andere Probenmechaniken hierfür entsprechend B enthalten - und die Absicht dahinter auch noch explizit in Werken wie der OSR Fibel erklären.

Das sind natürlich bewusste Design-Entscheidungen, die ein bestimmtes gameplay fördern sollen, aber die tatsächlichen Regeln im Sinne von "Spielregeln" betreffen weiterhin den Charakter und nicht den Spieler.

Zitat
"Wirkmechanik" weil es jeweils ein Mechanismus ist mittels dessen die Spieler auf das Geschehen in der Spielwelt wirken. Der Begriff ist sicher nicht perfekt, aber das beste was mir eingefallen ist. Insbesondere wollte vermeiden dass "Regel" im Begriff enthalten ist, da A (wie eben oben ausgeführt) typischerweise nicht in Form einer Regel in Erscheinung tritt; die OSR spricht zum Beispiel von "rulings instead of rules" und diese "rulings" fallen für mich ganz klar unter Wirkmechanik A.

Der generelle Mechanismus ist "Ich beschreibe, was mein Charakter tut". Die meisten Spiele haben nun Regeln, um das abzuwickeln. Wann und welche dieser Regeln angewendet werden, entscheidet meist die Spielleitung. Wirkmechanismen B und C beschreiben ja tatsächlich die "Wirkung" von Regeln. "Wirkmechanismus A" ist eine gameplay-Entscheidung. Das sind meiner Meinung nach unterschiedliche Betrachtungskategorien.

Grüße

Hasran

Dionysian Spectre

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Ja du hast schon Recht, hassran, der Untertitel "was Regeln regeln" passt nicht so ganz. Mir ist das während des Schreibens schon bewusst geworden, weswegen ich beim etwas ungelenken Begriff "Wirkmechanik" gelandet bin, aber den Untertitel habe ich dann inkonsequenterweise trotzdem gelassen.

Mir geht es tatsächlich nicht nur um Regeln selbst, sondern auch um die Design-Entscheidung ob eine Sache im Spiel überhaupt mit einer Regel abgebildet wird.

Offline YY

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C nimmt hier eine "Abkürzung", indem es die Illusion der Herausforderung fallen lässt. Damit nimmt C die Gefahr eines Fehlschlags heraus. Aber hat leider den Nachteil dass manche Spieler ohne diese Illusion der Herausforderung den Reiz des Spiels nicht mehr verspüren.

Wenn man nur eine Illusion fallen lässt, wird gerade nicht die Gefahr eines Fehlschlags beseitigt - sie bestand ja nie.
Es wird lediglich der Spielfokus offen (und "ehrlich") verschoben: Weg vom "ob" hin zum "wie"; denn dass die Herausforderung geschafft wird (oder es zumindest keinen endgültigen Zustand des Scheiterns bzw. Gescheitert-seins gibt), steht zwar fest, aber nicht zu welchem Preis und auf welchem Weg.

Ob eine Herausforderung "echt" ist, also ob sie nicht nur lösbar ist, sondern ob man umgekehrt überhaupt scheitern kann, hat sich im Zeitraum der (ersten) Veränderung von A zu B schleichend verschoben, ohne dass es tatsächlich mit dem Wirkmechanismus zusammenhängen würde. Es war also eine parallele Entwicklung, aber keine kausale; das kam erst mit dem Schritt zu C, was man daran festmachen kann, dass man auch B weiterhin mit "echten" Herausforderungen spielen kann, C aber nicht mehr.

Auf dem Weg von A über B zu C hat(te) man also einen zunächst fließenden, nicht überall zwingend stattfindenden Übergang von der Herausforderung zur Illusion einer Herausforderung und dann einen harten Schnitt weg von dieser Herausforderung bzw. ihrer Illusion.
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Offline takti der blonde?

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Ja du hast schon Recht, hassran, der Untertitel "was Regeln regeln" passt nicht so ganz. Mir ist das während des Schreibens schon bewusst geworden, weswegen ich beim etwas ungelenken Begriff "Wirkmechanik" gelandet bin, aber den Untertitel habe ich dann inkonsequenterweise trotzdem gelassen.

Mir geht es tatsächlich nicht nur um Regeln selbst, sondern auch um die Design-Entscheidung ob eine Sache im Spiel überhaupt mit einer Regel abgebildet wird.

Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass WmA im Sinne deines OSR-Beispiels (Abkürzungen sind wichtig! ;)) auch den Begriff der Mechanik nicht verdient hat bzw. sich zu stark von WmB und C unterscheidet und eine eigene gedankliche Kategorie darstellt.

Es gibt ja tatsächlich Regeln, die den Spieler betreffen. Gab es nicht mindestens eine DSA-Edition, bei der das Aufsagen des Zaubersprüchleins fehlerfrei vom Spieler verlangt wurde, damit die Figur den Zauber wirken kann?
Daneben gibt es ja auch mindestens ein Spiel, das vom Spieler verlangt z.B. Liegestütze auszuführen, damit die Figur Herausforderungen überwinden kann.

Grüße

Hasran

Offline 1of3

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Dann ist es aber keine Regel mehr. Wenn ich dich richtig verstanden habe, ging es dir darum, zu beschreiben, wie Regeln wirken, oder?

Jein. Eine Regel wird ja nicht isoliert wirksam, sondern als Teil des Systems. Das heißt die Wirkung einer Regel wird sich danach ändern, welche anderen Regeln noch gelten. Es wirkt ansonsten aber schon eine Regel bei dem besprochenen Beispiel: Charakterbesitz. Du darfst entscheiden, was dein Charakter tut. Diese Regel ist nun auch in den meisten anderen Spielen da, sie wirkt nur anders, je nach dem, was noch da ist.

Luxferre

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Danke für diesen Thread und Deine Gedanken, DS  :d

Mir liegt in meiner Hauptrunde schon sehr lange etwas quer und ich konnte nicht den Finger drauf legen, was es ist/war. Durch Deine sehr logische und nachvollziehbare Einteilung, die sich erstmal auf das Großeganze konzentriert und Kleinigkeiten links liegen lässt, habe ich des Pudels Kern gefunden. Tak!  :d


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Offline Ninkasi

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Noch mal allgemein zu der Frage mit Herausforderungen und garantiertem Erfolg:
Bei A ist die Herausforderung dass Spieler den richtigen Einfall oder das nötige Wissen haben. Der gewünschte Ausgang einer Charakterhandlung ist nicht garantiert.
Bei B ist die Herausforderung dass Spieler Rules Mastery und/oder Glück haben müssen. Der gewünschte Ausgang einer Charakterhandlung ist nicht garantiert.
Bei C ist die Herausforderung dass Spieler gemeinsam eine gute Geschichte erzählen. Der gewünschte Ausgang einer Charakterhandlung ist garantiert.

Beispiel Detektiv-Abenteuer:
Bei A bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler nicht darauf kommen.
Bei B bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler ihren Recherche- oder Wahrnehmungswurf versemmeln.
Bei C gibt es kein Risiko dass das Abenteuer stecken bleibt (siehe GUMSHOE).

Nun gehen ja auch Abenteuer der Art A und B oft davon aus dass es weitergehen muss, das heißt selbst wenn die Spieler nicht darauf kommen oder ihren Wurf versemmeln, dann wird der Spielleiter bzw. der Abenteuer-Autor sich große Mühe geben ihnen trotzdem noch irgendwie eine zweite (oder dritte, oder vierte) Chance zu geben damit das Abenteuer weitergeht.

Damit will ich nicht C rechtfertigen oder in Schutz nehmen - ich will nur sagen dass Herausforderung für die Spieler bei jeder Art von Rollenspiel in gewisser Weise eine Illusion ist, weil der SL die Herausforderungen in der Regel so zu gestalten versucht, dass sie lösbar sind - oder aber bereit sein muss vollkommen ergebnisoffen auch abseits des vorbereiteten Plots zu spielen.

C nimmt hier eine "Abkürzung", indem es die Illusion der Herausforderung fallen lässt. Damit nimmt C die Gefahr eines Fehlschlags heraus. Aber hat leider den Nachteil dass manche Spieler ohne diese Illusion der Herausforderung den Reiz des Spiels nicht mehr verspüren.

Die Sache mit dem garantierten Erfolg verwirrt mich und auch " ..bleibt das Abenteuer stecken" .
Sind das feste Vorgaben/ Annahmen?
Klingt so nach: Scheitern ist keine Option.
Klar gibt es Abenteuer/ Spielleiter, welche so gestrickt sind, aber ist doch nur eine Teilmenge.

Möglich auch:
Bei A haben die SC einen anderen Einfall und der wird vom SL auch als "richtig" eingestuft.
Bei B wird ein Wurf versemmelt und es passieren tolle, schlimme Dinge und das Abenteuer geht weiter.
Bei C muss das eine richtige Buch in einer Bibliothek gefunden und verstanden werden, sonst bleibt das Abenteuer stecken. ( Nur leider hat keiner der Charakter in die passende Fertigkeit investiert (Gumshoe))

Offline Maarzan

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Möglich auch:
Bei A haben die SC einen anderen Einfall und der wird vom SL auch als "richtig" eingestuft.
Bei B wird ein Wurf versemmelt und es passieren tolle, schlimme Dinge und das Abenteuer geht weiter.
Bei C muss das eine richtige Buch in einer Bibliothek gefunden und verstanden werden, sonst bleibt das Abenteuer stecken. ( Nur leider hat keiner der Charakter in die passende Fertigkeit investiert (Gumshoe))

zu A) das muss aber stilkomform ein Einfall sein, der tatsächlich zu dem Original-Problem A passt und nicht nur eine "coole Idee, für welche die Umstände dann heimlich angepasst werden, damit es passt. Und damit bleibt es beim "richtig" aus dem Originalbezug.

zu B) Sich trotz Optimierung noch (spätestens als Gruppe) breit genug aufgestellt zu haben um Fehlschläge abfangen zu können, ist auch ein Teil von Systemmastery.

zu C) Nicht mein Feld. Mögen sich andere zu äußern.
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Offline Alexander Kalinowski

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Es geht mir also, anders als anderen Rollenspieltheorien weniger um eine Klassifizierung von Spieler-Vorlieben, sondern mehr um eine Klassifizierung von Rollenspiel-Systemen und -Regelwerken.
[...]
B ist deswegen so regelintensiv, weil es die Illusion einer fairen Welt erschaffen will
An den Spieler-Vorlieben gibt's also kein Vorbeikommen. ;)



Mich macht dieser Vergleich ziemlich stutzig. Bedeutet dies tatsächlich, dass in einem modernen Spieltm sich niemand mehr konkret mit der Herausfoderung befasst? Das wird weg-abstrahiert im Sinne von Herausforderung -> Wähle passenden Skill -> (Miß-) Erfolg -> Herausforderung geschafft / gescheitert - echt jetzt?  :think:
[...]
Diese moderne Spielweisetm klingt sehr ... bedauerlich langweilig fadenscheinig armselig ... suche passendes Wort:(
Nein, es ist eine andere Art der Herausforderung, wie bereits beschrieben. Man sollte nicht vergessen, dass viele Fans modernertm Spielweise mit der Old-School aufgewachsen sind und irgendwann zum x-ten Mal irgendwelche Gänge im Detail auszukundschaften vielleicht etwas langweilig und zäh wird. Außerdem ist es eine (Pacing-)Frage worauf der Fokus liegen sollte.



weswegen ich beim etwas ungelenken Begriff "Wirkmechanik" gelandet binen.
Ich halte den Begriff für gut, denn es beschreibt wie Spieler auf ihre Umgebung einwirken können. Allerdings ist das leider überhaupt nix Neues - es enspricht im Wesentlichen DFK (Drama, Fortune, and Karma).

Kann man C in diesem Zusammenhang noch als modern bezeichnen?
Modern ist im Wesentlichen ein inhaltsleerer Marketingbegriff, eine positiv besetzte Form von "neu".

Beispiel Detektiv-Abenteuer:
Bei A bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler nicht darauf kommen.
Bei B bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler ihren Recherche- oder Wahrnehmungswurf versemmeln.
Bei C gibt es kein Risiko dass das Abenteuer stecken bleibt (siehe GUMSHOE).
Knights of the Black Lily bietet eine weitere Variante: B mit der Option bei Fehlschlag nach C zu wechseln - allerdings unter Kosten. Diese Kosten sind idR geringer als "Wir sterben" oder "Wir lösen das Abenteuer diesmal nicht". Sie sind auch frei kallibrierbar durch den Spielleiter oder Szenario-Autor und bilden damit ein Werkzeug des Risikomanagements in Rollenspielen: wenn man als Spielleiter nicht bereit ist die SCs sterben zu lassen oder die Spieler (diesmal) nicht mit dem Risiko des Scheiterns des Abenteuers konfrontieren will, dann muss man sich eben etwas weniger Schwerwiegendes einfallen lassen, um das es geht: Beispiele: Der Endgegner entkommt, es entgeht einem ein Artefakt, ein geliebter NSC kommt ums Leben. Jedesmal wenn die Spieler nach Scheitern von B Metacurrency ausgeben (also Option C ziehen), dann erhöht sich das RIsiko, dass am Ende des Abenteuers irgendsoetwas passiert.

Nun gehen ja auch Abenteuer der Art A und B oft davon aus dass es weitergehen muss, das heißt selbst wenn die Spieler nicht darauf kommen oder ihren Wurf versemmeln, dann wird der Spielleiter bzw. der Abenteuer-Autor sich große Mühe geben ihnen trotzdem noch irgendwie eine zweite (oder dritte, oder vierte) Chance zu geben damit das Abenteuer weitergeht.
Und mit der oben beschriebenen Variante kostet es die Spieler etwas und sie wissen auch, dass sie es etwas kostet. Kurzfristiger Gewinn gegen langfristigen (also am Ende des Abenteuers) Schaden.

Damit will ich nicht C rechtfertigen oder in Schutz nehmen - ich will nur sagen dass Herausforderung für die Spieler bei jeder Art von Rollenspiel in gewisser Weise eine Illusion ist, weil der SL die Herausforderungen in der Regel so zu gestalten versucht, dass sie lösbar sind - oder aber bereit sein muss vollkommen ergebnisoffen auch abseits des vorbereiteten Plots zu spielen.

C nimmt hier eine "Abkürzung", indem es die Illusion der Herausforderung fallen lässt. Damit nimmt C die Gefahr eines Fehlschlags heraus. Aber hat leider den Nachteil dass manche Spieler ohne diese Illusion der Herausforderung den Reiz des Spiels nicht mehr verspüren.
Als erfahrener Spieler verspürt man den Reiz auch unter A und B nicht, wenn man merkt, dass der SL nicht bereit ist uns alle verrecken zu lassen - oder nicht einmal uns alle mit dem Scheitern des Abenteuers ärgern will! Daher die PESA-Frustrierten. Wenn (falls!) dies alles also nur ein Scheinrisiko ist, dann sollte man vllt. eben einen anderen Wetteinsatz finden, der einem nicht zu hoch ist. Damit kriegt man allemal mehr Spannung ins Spiel als mit einem Scheinrisiko, dass man rein theoretisch sterben könnte. (Natürlich ist das für die PESOS-Leute alles immer noch nicht reizvoll genug. ;) )
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Ich halte den Begriff für gut, denn es beschreibt wie Spieler auf ihre Umgebung einwirken können. Allerdings ist das leider überhaupt nix Neues - es enspricht im Wesentlichen DFK (Drama, Fortune, and Karma).

Was haben Drama, Karma, Fortune mit dem Thema hier zu tun? Ich seh das ehrlich gesagt nicht so recht. Magst du das noch mal erläutern?

Offline Alexander Kalinowski

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Gerne. :)

Zitat
Drama resolution relies on asserted statements without reference to listed attributes or quantitative elements.
Wenn Spieler lediglich korrekt die Vorgehensweise beschreiben (asserted statements) müssen wie sie eine Falle aufspüren und deaktivieren (also keine Skillwürfe, keine Metacurrency zum Einsatz kommen), dann entspricht das der Drama Resolution der Aktion "Falle Entschärfen". Wirkmechanik A.

Zitat
Fortune resolution relies on utilizing a random device of some kind, usually delimited by quantitative scores of some kind.
Wenn Spieler einen Charakter mit Fallen Entschärfen als Skill haben und sie die Falle durch einen erfolgreichen Wurf entschärfen können, dann entspricht das der Fortune Resolution der Aktion "Falle Entschärfen". Wirkmechanik B.

Zitat
Karma resolution relies on referring to listed attributes or quantitative elements without a random element.
Wenn ich eine Falle durch den Einsatz eines Gummipunktes (Fate Point, Fortune Point, Karma Point, Destiny Point, whatever) entschärfen kann, dann entspricht das der Karma Resolution der Aktion "Falle Entschärfen". Wirkmechanik C, zumindest insofern die Wirkmechanik auf einem quantitativen Element fußt (tut sie das nicht, dann entspricht sie Drama resolution).
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