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Aventurien ohne Zwölfgötter: besser und spannender

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Mann ohne Zähne:
Mitglieder des Tanelorn, die schon einige Jahre dabei sind, kennen mich als leidenschaftlicher Verfechter des Ur-DSA. Unter diesem Begriff verstehe ich die Regeln und die Welt der Erstauflage, oder genauer gesagt, des Abenteuer Basis-Spiels und einiger weniger Regeln des Ausbau-Spiels. Letzteres kam ja 1985 raus und führte die erste Aventurien-Beschreibung ein. Auch die Geweihten und der aventurische Pantheon wurden vorgestellt. Was ich damals als als 15-Jähriger noch cool fand, stellte sich als kreuzbraver, größtenteils moralisierender Abklatsch der griechisch-römischen Götterwelten heraus. Der erste Bote kam auch 1985 raus (damals hatte ich das Abo), der in lockerer Reihenfolge diverse Dinge zu den Göttern präsentierte.

Langweilig.

Meine DSA-Welt wurde maßgeblich geprägt von zwei Dingen: dem Basis-Spiel und dem wunderbaren (ich stehe zu dieser Meinung) ersten DSA-Roman, Andreas Brandhorsts "Das Eherne Schwert". Im Basis-Spiel findet sich keine Erwähnung der aventurischen Götter, keine einzige. Das kam erst 1985, als die Redaktion stillschweigend Brandhorsts Ideen in die ewigen Jagdgründe schickte, und die Metaplot-Eisenbahn Fahrt aufnahm.

Wie bereits erwähnt, ich war bei allen Punkten voll mit an Bord – was meiner Jugend geschuldet war. Seit vielleicht 20 Jahren betrachte ich Aventurien aus größerer Distanz, und eine der ersten Amtshandlungen, die ich damals vollzog, war die Beseitigung der Zwölfgötter. Oder genauer gesagt, die Auflösung des Pantheons. Die Zwölfgötter gibt es nach wie vor in unserem Alten Aventurien, aber sie sind nur zwölf unter Hunderten oder Tausenden.

Der Grund für diesen Schritt: Das Spiel wird freier und entfernt sich vom steif-gekünstelten, klischeehaften DSA-Spiel, das wir alle kennen – ich erinnere mich da mit einem unwohligen Gruseln an diverse Praios-Priester-LARPer, die auf diversen Cons tatsächlich in vollem Ornat predigend durch die linoleumgekachelten Gänge diverser Gemeinde- und Stadtzentren zogen. Ein weiterer Grund: Das Leben in Aventurien wird wieder gefährlicher, weil unberechenbarer. Wenn es so viele Götter gibt, wer kennt die schon alle, und wer weiß schon, ob sie sich zuständig fühlen für die Anliegen irgendwelcher Sterblicher.

Diese Unberechenbarkeit habe ich auch in unsere Hausregeln miteingebaut. Ich schrieb ein eigenes System zur Anrufung der Götter, bei dem es alles andere als sicher ist, ob und wie sie auf Gebete reagieren. Das klappt ganz hervorragend, und es beseitigt vor allem die "Wunder" des Abenteuer-Ausbau-Spiels, die ähnlich D&D und T&T, auch nur schnöde Zaubersprüche sind. Während das zwar realweltlich betrachtet seine Richtigkeit hat (Religion ist nicht trennscharf zu Magie), ist es im Spiel irgendwie langweilig.

Und "langweilig" im Spiel heißt: weg damit.

Mit dem Wegfall der Zwölfgötter als fast alleiniges Herrschaftsdutzend habe ich bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht.

** edit
Deshalb zwei Fragen:
a) Welche Erfahrungen habt ihr?
b) Mit welcher Ausgabe habt ihr zu spielen begonnen?

Jiba:
Für mich entfalten die Zwölfgötter vor allem dann ihren Reiz, wenn man sie mit Myranor zusammendenkt. Dort weist man den "Zwölfen" nämlich zum Teil ganz andere Aspekte und Charakterzüge zu (Rondra als Mutter von Kor in Aventurien, Korr als Vater von Rondr bei den Leonir in Myranor). Und man muss gar nicht so weit nach Westen blicken. Dass Swafnir bei den Thorwalern der liebe Walgott und bei den Gjalskerländern Zwafnir der böse Totengott ist, das sind für mich die Brüche, die das Ganze interessant machen.

Faras Damion:
Meine beiden Lieblingscharaktere in DSA sind Geweihte, die Quanionsqueste war die beste DSA-Kampagne, die ich geleitet habe war und ich lasse im Augenblick ständig Shinxir- und Numinoru-Kulte auftauchen.

Ich finde, die Götter haben Aventurien sehr bereichert und ich möchte sie nicht missen. :)

Edit: Ich habe 2002 mit DSA3 zu spielen begonnen. ich habe Erfahrung mit diversen anderen Systemen. In Fantasy-Systemen spiele ich gerne Priester. Und mit DSA1 kann ich bisher nicht viel anfangen, im Gegensatz zu einigen OSR-Systemen. :) Aber das lag vielleicht auch nur an den Spielleitern, bin da aufgeschlossen. ^^'

Mann ohne Zähne:
Was ich noch vergaß zu fragen: Mit welcher Ausgabe habt ihr zu spielen begonnen?

nobody@home:
Also Abschaffung des Pantheons zugunsten von Hunderten oder Tausenden von wahllos zusammengewürfelten Göttern wie in so ziemlich jeder anderen 08/15-Fantasyrollenspielwelt auch? Hm, ich weiß nicht, ob ich das wirklich einen Fortschritt nennen soll. 8]

Allerdings habe ich mich mit Aventurien und den Zwölfen auch schon ewig nicht mehr ernsthaft beschäftigt; ich bin seinerzeit mit der 1. Edition ein- und dann später nach der Entdeckung grundsätzlich anderer Systeme auch wieder ausgestiegen (ich glaube, einer meiner letzten Käufe war die erste Schwertmeisterbox). Nichtsdestotrotz ergibt es für mich irgendwie schon mehr Sinn, wenn zumindest die "größeren" Götter einer Fantasywelt, in der sie tatsächlich real existieren sollen, auch tatsächlich weltweit dieselben sind und nicht jede Kultur ihr ganz eigenes örtliches Pantheon auch auf der göttlichen Ebene selbst "ganz in echt" kriegt; der verbreitete Gedanke, daß sich ausgerechnet die Götter bei der Einrichtung ihrer Einflußbereiche gefälligst schön brav nach genau "ihren" jeweiligen Sterblichen zu richten hätten ("So, Zeus, hier hört Griechenland auf, gib das Gewitter jetzt ab!" "Wartet nur ab, bis meine Leute euch kolonisiert haben!"), wirkt nämlich bei genauerem Hinsehen schon etwas...na ja, provinziell.

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