Thema: Empfehlt mir ein System für Märchen, Sagen und Legenden

[Dionysian Spectre]

Welches System würdet ihr empfehlen, um zum Beispiel Grimms Märchen zu bespielen, oder etwas wie Beowulf, Krabat oder das letzte Einhorn?

Im Prinzip schon Fantasy: es gibt Magie und Ungeheuer und dergleichen. Aber im Vergleich zum typischen Fantasy-Rollenspiel gibt es keine allgegenwärtigen Fantasy-Rassen (Elfen, Zwerge, Orks, usw.), keine allgegenwärtigen Götter (Fantasy-Polytheismus mit Klerikern) und auch keine eigene Welt mit tausend Jahren ausgearbeiteter Geschichte (sondern eben "es war ein mal" zu einer nicht genau bestimmten Zeit an einem nicht genau bestimmten Ort der mehr oder weniger in unserer eigenen Welt liegt).

Die Stimmung darf ruhig düster sein, aber nicht apokalyptisch oder grimdark (Sachen wie Malmsturm, Hexxen, oder Warhammer nicht mein Ding). Das Machtniveau soll eher niedrig sein (die SCs sollen normale Leute sein die das Monster mit List und Schläue besiegen, nicht Superhelden die Horden von Monstern niederschnetzeln).

Momentan überlege ich in zwei Richtungen:

Entweder ich modifiziere ein klassisches System für meine Zwecke: irgendein OSR-System, oder D&D5 (mit Level-Beschränkung), oder vielleicht Forbidden Lands als Basis; dann alle Dinge die ich nicht will entfernen (Fantasy-Rassen, Kleriker, manche Zaubersprüche, ...) und hoffen dass der Rest noch funktioniert. LotFP geht ja schon ein Stück Weit in diese Richtung, vielleicht kann ich mir da etwas abschauen.

Oder ich nehme PbtA als Basis und bastle mir passende "legendenhafte" Playbooks.

Habt ihr dazu Ideen oder Vorschläge? Gerne auch in eine ganz andere Richtung an die ich noch nicht gedacht habe.
Vielen Dank im Voraus für eure Hilfe.

[Jinx]

Kennst du schon Ironsworn? -> https://www.ironswornrpg.com/
Kommt aus der PbtA ecke und ist schon recht finster.

[Shadom]

Ist zwar lange her aber kennst du Grimm?
https://www.drivethrurpg.com/product/65325/Grimm-Core-Rulebook


Kinder (kann man aber auch ändern auf Erwachsene) aus unserer Welt fallen in die Märchenwelt, wo aber alles eher düstere Versionen der klassischen Märchen sind.
Weniger wirklich horror sondern eher düster bis whimsical (je nachdem wieviel man von den verzerrten Märchen auch mitnimmt).
Schöne Weltbeschreibung, mehr als genug Plothooks. War gut damals!


System extrem simpel aber funktional.

[Sir Markfest]

Schau dier mal Beyond the Wall auch an:
https://www.system-matters.de/spiele/beyond-the-wall/

Einige Abenteuer sind recht märchenhaft, und ohnehin kannst du dir die Welt um das Dorf herum machen wie sie dir gefällt.

[Tegres]

Ich mache gerade etwas ähnliches und nutze dafür Beyond the Wall (ein B/X-Klon). Dort spielt man auch nur Menschen. Kleriker gibt es keine, Götter spielen keine Rolle. Dafür sind Feenwesen, Dämonen und Geister in ihren unterschiedlichsten Formen präsent. Es gibt auch einen Baukasten für Goblins, Dämonen und Drachen. Magie ist etwas besonderes und muss erst im Laufe der Zeit gelernt werden. Die Helden kennen zunächst nur ihr Dorf und hben von der Welt da draußen nur Gerüchte, Märchen und Gutenachtgeschichten gehört. Nach und nach verteidigen sie ihr Dorf vor Gefahren und ziehen irgendwann aus, um mehr über die Welt zu erfahren bzw. um das Dorf vor Gefahren beschützen zu können.
Ich habe hier ein Thema aufgemacht, wo es um märchenhafte OSR-Szenarien geht. Wenn du wissen willst, wie du Stimmung bei mir am Spieltisch bei dem System ist, kannst du einen Blick in meine Spielberichte werfen.

[Faras Damion]

Wähle ein System, mit dem du dich wohlfühlst und das deine Gruppe mag.

Je nach Ausrichtung würde ich persönlich CoC oder Storyteller nehmen.

Beyond the Wall bietet schon gute Vorlagen.

[Sindaja]

Für sehr freie Erschaffung der Welt könnte man bestimmt auch Fate bzw. Turbo-Fate nutzen. Mit Nest und Märchenkrieger Los! hat es ja sogar märchenhafte Settings.

Ansonsten finde ich ja auch die World of Darkness Systeme sehr gut modifizierbar - vor allem für Settings in unserer Welt. Mit der Chronicle of Darkness (bzw. generell New World of Darkness) kann man ja auch ganz gut "normale" Menschen spielen, mit den Dark Eras gibt es Ideen, wie man die Regeln auf andere Zeiten übertragen kann und während das Zusatzmaterlial oft auf düster angelegt ist, kann man aber auch deutlich freundlicheres Spielen - wie wir z.B. in einer Scion-Kampagne auch gemacht haben. Und Ideen für Antagonisten finden sich in den ganzen Spiellinien.

Als modifiziertes System könnte Cthulhu vielleicht auch ganz gut funktionieren, weil es eher auf unsere Welt zurechtgeschneidert ist und von den Regeln her recht zugänglich. Ich kann mir vorstellen, daß auch hier kleine Anpassungen zu gut spielebaren Ergebnissen führen (weniger Horror, geistige Stabilitäts-Regeln entfernen oder durch etwas anderes ersetzen).

[felixs]

Ich würde meinen, dass das System fast egal ist. Nimm irgendwas, was nicht zu sehr zum Hack-n-Slay-Spiel einlädt und mach deutlich, dass die Ungeheuer wirklich gefährlich sind. Grundsätzlich könnte ich mir z.B. DSA 1 ganz gut dafür vorstellen. Oder irgendein Erzählsytem ohne zuviel "Meta". Midgard 5 sollte auch funktionieren, gerade weil man ohne entsprechende Ausrüstung gegenüber Zauberwesen und Zauberei ziemlich aufgeschmissen ist. Die Regeln sind generisch gehalten und Spielerfiguren wären dann halt nicht magiekundig. Auch Call of Cthulhu könnte ich mir als Regelsystem dafür gut vorstellen.

Die Welt und die Geschichten hast Du ja schon im Kopf - oder habe ich das falsch verstanden?

Und bitte erzähl von Deinen Erfahrungen. Mich interessiert das nämlich sehr. Zwar würde ich sowas eher in einer "klassischen" Fantasy-Welt ansiedeln, aber das Spiel mit "normalen" Leuten und Lösungen mit (auch) List statt (nur) Stahl interessieren mich. Bisher sind die meisten meiner Versuche gescheitert, eine solche Stimmung zu schaffen und solche Lösungsansätze zu begünstigen.

[Derjayger]

Ähm.
GURPS
(in einer Lite-Variante)
Wenige CP, viele Zuckerbäcker- und Schuster-Skills, läuft!
Die Diplomatieregeln (Reaction usw.) sind detailliert genug für's Besiegen der Grimm-Monster. Kämpfen muss man dort ja nach meiner Erinnerung nicht. Es gibt auch wählbare Vorteile, bei denen der SL den Spieler warnt, wenn er gerade dabei ist, etwas leichtsinniges zu tun (was bei der hohen Sterblichkeit sicher sinnvoll ist). Es gibt auch extrem passende Nachteile wie Neugier oder Übermut, die Grimmsche Charaktereigenschaften schön verregelt haben. Perfekt

Und was solls nu sein? Beowulf oder Grimm?

[aikar]

Meine erste Wahl wäre Fate. Je nachdem wie detailliert/abstrakt man es haben will, Turbo Fate oder Fate Core. Turbo Fate bietet sich vor allem für Runden mit SEHR unterschiedlichen Charakteren an.

Wir hatten eine Turbo-Fate-Märchen-Runde mit einem sanftmütigen Riesen, einem geschrumpften und immer noch arroganten Drachen und einem magiebegabten Eichhörnchen (Der erste Zauber des Zauberlehrlings ist so richtig schiefgelaufen).

[Little Indian #5]

Ich würde auch zu Beyond the Wall raten.

[D. Athair]

Welches System würdet ihr empfehlen, um zum Beispiel Grimms Märchen zu bespielen, oder etwas wie Beowulf, Krabat oder das letzte Einhorn?

Das sind in meinen Augen schon sehr unterschiedliche Sachen. Krabat und Beowulf sind in einer relativ konkreten Zeit verortet (Epoche). Grimms Märchen zumindest in einer spezifischen Kultur. Das letzte Einhorn kenn ich (immer noch) nicht.

Was es gibt:
Man könnte Mythic Russia (leider noch nicht bespielt) nehmen, das Heroquest1 als System verwendet und ganz gut "Märchen-Russland" einfängt. Geschichte hat es aber schon ...

Was ich mir gut vorstellen kann:
Eher freiformiges Spiel. Ich hab mal ne Runde mit RISUS gespielt. Würd ich heut so nicht mehr machen sondern stattdessen das Everway-ähnliche 42! Ideen nehmen. Daraus kann man sich leicht selbst ein tragfähiges freiformiges Regelwerk, dessen Probenmechanismus auf dem Ziehen von Bildkarten (siehe auch Engel) basteln.

Momentan überlege ich in zwei Richtungen:

Entweder ich modifiziere ein klassisches System für meine Zwecke: irgendein OSR-System, [...]

Old School Essentials (aka B/X Essentials) würde sich da anbieten. Das zugehörige Dolmenwood-Setting (aktuell noch als Wormskin Magazine veröffentlicht) liefert eine begrenzte märchenhafte Sandbox mit entsprechenden Wesen. Da ist ein guter Schuß Weirdness und Düsternis drin, aber man kann auch selber spielen. Dolmenwood hat ein west/mitteleuropäisches Flair und bezieht sich auf keine konkrete historische Epoche (wie bei Märchen üblich). Was an den Regeln toll ist, ist die gute Erklärung und die vorbildliche Aufmachung.