Autor Thema: Katharinas Rezensionen  (Gelesen 6575 mal)

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Offline Katharina

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Katharinas Rezensionen
« am: 5.01.2021 | 23:12 »
Hallo zusammen,

nachdem ich hier schon viele sehr hilfreiche Rezensionen lesen durfte, möchte ich nun auch die ein oder andere Rezension veröffentlichen. Der Schwerpunkt wird dabei auf Abenteuern rund um den Cthulhu-Mythos liegen. Ich werde primär Abenteuer rezensieren, die ich nicht nur gelesen, sondern auch geleitet oder gespielt habe, da ich bei meinen Rezensionen auch Tips und Erfahrungen aus der Praxis einfließen lassen möchte. Ich werde aber auch Abenteuer rezensieren, bei denen ich nach dem Lesen beschlossen habe, dass ich diese nicht spielen werde, da ich denke, dass auch die Begründung, warum man ein Abenteuer nicht spielen möchte, interessant sein kann.

Beim Aufbau meiner ersten Rezension habe ich mich schamlos bei anderen Rezensenten, vor allem bei Tegres, bedient. Es kann aber sein, dass ich das Schema im Laufe der Zeit noch anpassen werde. Ich habe außerdem beschlossen, in meinen Rezensionen das "generische Femininum" zu verwenden. Schreibe ich von "Spielerinnen" sind Spieler daher mitgemeint. Diese Lösung finde ich zwar nicht ideal, sie stellt für mich in diesem Fall aber den besten Kompromiss zwischen dem Anliegen, Frauen sichtbar zu machen, und dem Wunsch nach guter Lesbarkeit dar.

Während ich hoffe, über das Thema Gendern nicht allzu viel diskutieren zu müssen (es gibt für mich wahrlich Interessanteres), würde ich mich sehr über Feedback zu den Rezensionen und über Austausch zu den besprochenen Abenteuern freuen. Wenn jemand eines der rezensierten Abenteuer leiten möchte, stehe ich natürlich auch gerne in diesem Beitrag oder per PN für Fragen und Tips zur Vorbereitung zur Verfügung.

In diesem Sinne: Viel Freude mit den kommenden Rezensionen!
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Offline Rhylthar

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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #1 am: 5.01.2021 | 23:15 »
Ich sage schon mal Danke! :)
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline Katharina

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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #2 am: 5.01.2021 | 23:16 »
GOLEM

Titel: GOLEM
System: Call of Cthulhu (7. Edition)
Veröffentlichung: Upton Abbey
Autor: Stefan Droste
Verlag: Pegasus Spiele
Spieldauer: 4 Stunden
Genre/Stil: investigativ, stimmungsvoll
vorgefertigte Charaktere: ja (eigene Charaktere sind möglich, idealerweise als Prag-Touristinnen)
Seitenzahl: 8 Seiten (+2 Handouts)
Ort: Prag
Zeit: Gaslight
Mythosbezug: (geringe) Bezugnahme auf Juk-Shabb, Alchemie
Einstieg: Die Charaktere erwachen nach einer durchzechten Nacht in einer verlassenen Prager Kneipe
Rezensionsgrundlage: ich habe das Abenteuer geleitet
Anmerkungen: das Abenteuer profitiert von Spielerinnen, die sich auf die Vorstellung einlassen, gegenseitig ihre Gedanken hören zu können


Worum geht es?
In einem abgelegenen Stadtteil Prags leben Golems: Wesen mit einem kollektiven Bewusstsein, die äußerlich Menschen gleichen. Der Alchemist Korczak opfert diese Golems für seine Rituale, mit denen er Prag vor dem Großen Alten Juk-Shabb schützten will. Da die Golems sich nicht wehren können, möchten sie fliehen, wofür sie menschliche Körper benötigen.

Das Abenteuer beginnt damit, dass die Charaktere verkatert in einer abgelegenen Kneipe aufwachen und feststellen, dass sie gegenseitig ihre Gedanken lesen können. Außerdem haben sie Visionen, in denen sie erleben, wie Korczak sie opfert. Im Verlauf des Abenteuers können die Charaktere unter anderem herausfinden, dass sich Golems in ihnen eingenistet haben und dass Korczak Golems opfert. Außerdem können sie Isaak kennenlernen, einen „abtrünnigen“ Golem, der frei vom Kollektiv leben will und den Charakteren daher dabei helfen möchte, die Golems in ihnen zu vernichten.
Je nach den Entscheidungen der Charaktere sind verschiedene Verläufe und Enden des Abenteuers denkbar: Die Charaktere können die Golems mithilfe eines Rituals aus ihren Körpern zurück in Lehm verwandeln. Sie können aber auch den Golem in sich vernichten und so Isaak befreien. Oder sie versuchen, die friedfertigen Golems für Korczak zu retten. In meiner Gruppe haben sich die Investigatoren nach längeren Recherchen an einen Rabbi der Altneu-Synagoge gewandt und mit diesem gemeinsam das Ritual zur Rückverwandlung der Golems durchgeführt.


Inhaltliche Kritik
Das Abenteuer hat mit der Stadt Prag im Gaslight-Setting einen tollen, stimmungsvollen Hintergrund. Dazu passt auch die enge Verbindung des Abenteuers mit den für Prag typischen Themen Golem und Alchemie.

Gut gefallen hat mir auch die Idee des Kollektivbewusstseins, die originell ist und zugleich viel Rollenspielpotential bietet. Bei den vorgefertigten Charakteren gibt es beispielsweise eine Musikstudentin sowie ihren mitreisenden Vormund und ich erinnere mich noch gut an eine Szene, bei der die Studentin mit einem Zeugen flirten wollte, während der Vormund mental dazwischenfunkte.

Ein klarer Pluspunkt des Abenteuers ist für mich die große Offenheit. Mit Ausnahme der Startszene und den Begegnungen mit Korczak und Isaak, zu denen es im Laufe des Abenteuers kommt, gibt es keine festen Vorgaben zum Ablauf. Es liegt an den Spielerinnen, wie sie mit der Situation des Kollektivbewusstseins und dem, was Korczak ihnen über Juk-Shabb erzählt, umgehen wollen.

Auch das Ende ist offen gehalten und bietet zugleich ein moralisches Dilemma, das eine „richtige“ Lösung verhindert. Denn entweder es werden weiterhin unschuldige Golems sterben oder der gesamten Stadt droht eine große Gefahr, falls Korczak Recht behält. Möchten die Charaktere Isaak befreien, bedeutet das sowohl die Vernichtung des Golems als auch ein Ende für Korczaks Rituale. Als Spielleiterin habe ich die entsprechenden Diskussionen der Gruppe daher mit großer Spannung gelauscht. Ich empfehle hier aber auch, die Gruppe zu einer Entscheidung zu drängen, sobald sich die Argumente zu wiederholen beginnen.

Leichte Kritik meiner Spielerinnen gab es daran, dass das Abenteuer für Cthulhu zu wenig düster gewesen sei. Dies mag teilweise an meinen Beschreibungen gelegen haben. Dennoch würde ich von dem Abenteuer eher abraten, wenn man eine Handlung mit einem Fokus auf cthuloidem Horror sucht.


Präsentation und Vorbereitung
Das Abenteuer ist mit 8 Seiten relativ kompakt und darüber hinaus gut strukturiert und mit sinnvollen Zwischenüberschriften und Textkästen versehen. Da auch die Handlung überschaubar ist und kaum NPCs vorkommen, konnte ich das Abenteuer nach einmaligem Durchlesen problemlos direkt aus dem Buch heraus leiten.

Nachdem das Abenteuer sehr frei ist und sich nicht vorhersagen lässt, was die Charaktere genau unternehmen werden, empfehle ich jedoch zur Vorbereitung ein bisschen etwas über Prag zu lesen (oder Prag zu besuchen - was ich grundsätzlich auch sehr empfehlen kann). Ich habe dazu den Städteband zu Prag von Pegasus durchgeblättert und auf Wikipedia ein wenig zur Golem-Legende und dem Prager Stadtteil Josefsstadt gelesen, in dem ich die Kneipe zu Beginn des Abenteuers verorten würde.


Fazit
Ich kann das Abenteuer sehr empfehlen, wenn man ein originelles, rasch vorzubereitendes Abenteuer mit vielen Handlungsoptionen für die Charaktere sucht und keine Angst davor hat, die eine oder andere Szene improvisieren zu müssen. Wer ein eher klassisches Cthulhu-Szenario oder extremeren Horror sucht, könnte aber enttäuscht werden.
« Letzte Änderung: 15.05.2021 | 19:25 von KAW »
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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #3 am: 5.01.2021 | 23:41 »
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Offline Marask

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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #4 am: 6.01.2021 | 00:02 »
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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #5 am: 6.01.2021 | 00:22 »
Vielen Dank!  :)

Siehst du Probleme damit, das Abenteuer in eine längerfristige Kampagne einzubauen?

Gibt es übrigens Hinweise, wie man (mittel- bis längerfristig) eine Alternative für Korczaks Ritual finden könnte? Denn wenn die Gruppe eine Lösung wählt, die das Ritual verhindert, wäre das ja ein fast schon sich logisch anschließendes Folgeabenteuer.
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Offline Der Tod

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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #6 am: 6.01.2021 | 00:42 »
Oh, eins von mir darf den Anfang machen! ;D Ich freue mich, dass es bei dir wie gedacht funktioniert hat. Werde auch gespannt bei allem weiteren mitlesen.

Offline Katharina

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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #7 am: 6.01.2021 | 10:52 »
Vielen Dank für die netten Rückmeldungen!

Siehst du Probleme damit, das Abenteuer in eine längerfristige Kampagne einzubauen?

Solange sich die Charaktere aus irgendeinem Grund in Prag aufhalten, sehe ich hier keine Schwierigkeiten.

Zitat
Gibt es übrigens Hinweise, wie man (mittel- bis längerfristig) eine Alternative für Korczaks Ritual finden könnte? Denn wenn die Gruppe eine Lösung wählt, die das Ritual verhindert, wäre das ja ein fast schon sich logisch anschließendes Folgeabenteuer.

In dem Abenteuer wird erwähnt, dass die Ereignisse rund um die Golems in der Kampagne aus dem Prag-Städteband, die rund 20 Jahre später spielt, wieder aufgegriffen werden bzw. dass der Ausgang des Abenteuers auch die Kampagne beeinflusst. Ich habe die Kampagne allerdings noch nicht gelesen und kann daher nicht sagen, ob es darin auch um das Ritual zum Schutz vor Juk-Shabb geht. In dem Abenteuer selbst gibt es ansonsten keine Hinweise und keine Vorgaben für ein mögliches Folgeabenteuer.
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Offline Gotham Rundschau

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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #8 am: 6.01.2021 | 11:26 »
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Offline Katharina

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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #9 am: 17.01.2021 | 23:36 »
Die Dunkelheit unter dem Hügel

Titel: Die Dunkelheit unter dem Hügel
System: Call of Cthulhu (7. Edition)
Veröffentlichung: Pforten in die Finsternis
Autor: Christopher Smith Adair
Verlag: Pegasus Spiele (Original: Chaosium)
Spieldauer: 4-6 Stunden
Genre/Stil: Dungeon
vorgefertigte Charaktere: nein (die Anthologie enthält aber allgemeine Beispielcharaktere)
Seitenzahl: 23 Seiten
Ort: Providence, Rhode Islands
Zeit: 1920er
Mythosbezug: die Charaktere erforschen die Unterkunft eines Zauberers des Schlangenvolks; im Dungeon kommen außerdem Ghasts und Nachkos (deformierte Menschen) vor
Einstieg: Ein Freund lädt die Charaktere zu sich ein, da er in seinem kürzlich geerbten Anwesen „etwas Unglaubliches“ entdeckt hat
Rezensionsgrundlage: ich habe das Abenteuer geleitet

Worum geht es:
Unter der Stadt Providence befinden sich Höhlen und Gänge, die einst vom Schlangenvolk geschaffen wurden und in denen der Schlangenzauberer S’syaa-H’risss auf jene Zeit wartet, in der das Schlangenvolk wieder über die Erde herrschen wird.

Im 18. Jahrhundert entdeckte der Sklavenhändler Elijah Winscott einen der Gänge, der vom Providence River direkt zu seinem Anwesen führte. Als die Gesetze gegen den Sklavenhandel erlassen wurde, wollte er diesen Tunnel nutzen, um weiterhin Sklavinnen in die Stadt bringen zu können. Doch das Vorhaben endete in einer Katastrophe: Die Sklavinnen wurden von Ghasts zerfetzt oder weiter in in die Tiefe geschleppt, weshalb Elijah den Tunnelzugang rasch schließen ließ.

Nun, rund 150 Jahre später, hat Josh Winscott das Anwesen seines Vorfahren Elijah geerbt und ist dort auf den Tunnel gestoßen. Gemeinsam mit den Investigatorinnen möchte er diesen erforschen. Doch bevor es dazu kommt, unternimmt er bereits alleine eine erste Expedition in die Tiefe, von der er nicht zurückkehrt. Möchten die Investigatorinnen ihrem Freund helfen, müssen sie daher ebenfalls in den Untergrund von Providence hinabsteigen, wo sie auf Ghasts, deformierten ehemaligen Sklavinnen („Nachkos“) und S’syaa-H’risss stoßen.


Inhaltliche Kritik:
Die Dunkelheit unter dem Hügel ist ein Dungeonabenteuer, wie man es eher von D&D und anderen klassischen Fantasysystemen  kennt: Die Investigatorinnen erkunden nach und nach die einzelnen Räume, sind dabei mit Herausforderungen (Hinabklettern, Fallen) konfrontiert und müssen sich mit schrecklichen Kreaturen herumschlagen. Ich war im Vorfeld durchaus skeptisch, ob ein Dungeon-Abenteuer mit Cthulhu funktionieren kann, wurde aber positiv überrascht: Das Erkunden fremdartiger Räume und die ständige Bedrohung durch Angriffe furchteinflößender Wesen sorgen für eine unheimliche Stimmung, die durchaus zu Cthulhu passt. Das Abenteuer bietet dabei auch eine erfrischende Abwechslung von den typischen, eher investigativen Abenteuern.

Die Umsetzung selbst hat mich allerdings weniger überzeugt, da einige Ideen eher albern als originell sind. So gibt es beispielsweise einen „Saal der Musik“, eine Grotte, in der sich eine Art Orgel aus Bronze und Messing befindet, die statt Pfeifen über heulende Totenköpfe verfügt. Besonders gestört hat mich aber, dass die Beschreibungen des Dungeons und der Räume nicht zu einem Gangkomplex passen, der vom Schlangenvolk vor Millionen von Jahren gebaut wurde. Hier hat man, denke ich, viel Potential verschenkt, indem man eher einen 08/15-Dungeon mit Mythoswesen bevölkert hat, statt sich Gedanken darüber zu machen, wie Angehörige des Schlangenvolkes leben: Warum verfügt S’syaa-H’risss beispielsweise über einen Arbeitssessel, der perfekt zur Anatomie von Menschen passt?

Positiv fand ich wiederum, dass die einzelnen Herausforderungen ganz unterschiedlich angegangen werden können. Es gibt nicht nur eine richtige Lösung, sondern die Spielerinnen sind gefordert, kreativ zu werden. Zugleich gibt es auch verschiedene Möglichkeiten, wie das Abenteuer enden kann, wobei der Idealfall, dass Josh Winscott gerettet wird alle Investigatorinnen fliehen können, eher schwer zu erreichen ist und Spielerinnen voraussetzt, die angesichts des übermächtigen Schlangenzauberers nicht kapitulieren, sondern kreative Lösungen finden.


Präsentation und Vorbereitung:
Hinsichtlich der Form, gilt dasselbe wie für alle anderen Abenteuer der Anthologie: Es ist sehr viel Text. Die wesentlichen Informationen werden gemeinsam mit einer Vielzahl an stimmungsvollen, letztlich aber irrelevanten, Beschreibungstexten präsentiert. Soweit ich das verstanden habe, war das durchaus eine bewusste Entscheidung der Herausgeberinnen, da sich diese Anthologie an Einsteigerinnen richtet. Ich weiß allerdings nicht, ob es für Einsteigerinnen sonderlich einfach ist, beim Leiten permanent blättern zu müssen.

Ich selbst habe mir fürs Leiten daher eine A4-Übersicht mit den einzelnen Räumen und den wichtigsten Features gemacht und habe dann vor allem auf Grundlage dieses „Spickzettels“ geleitet. Eine solche Übersicht hätte ich mir auch im Abenteuer gewünscht, um der SL Vorbereitungsaufwand zu ersparen. Zugleich muss man dem Abenteuer aber zugute halten, dass die Darstellung wirklich sehr übersichtlich ist. Es gibt sinnvolle Zwischenüberschriften, Hervorhebungen im Text und Textboxen zu bestimmten Themen, wodurch ich stets rasche alle gesuchten Informationen gefunden habe.

Die (wenigen) Handouts sind, wie meist bei Cthulhu, sehr schön gemacht. Über die Bebilderung des Abenteuers hülle ich aber besser den Mantel des Schweigens - die ist einfach nur vollkommen unpassend.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)


Änderungen:
Nachdem ich mit einigen Details unzufrieden war, da sie meines Erachtens nicht zum Schlangenvolk passen, habe ich zunächst Lovecrafts „Die Namenlose Stadt“ gelesen, eine Geschichte, in der ein Forscher eine ehemalige Stadt des Schlangenvolks erkundet. Hier zeigt sich, dass Lovecraft sich deutlich mehr Gedanken zur Architektur und Lebensweise des Schlangenvolkes gemacht hat als der Abenteuerautor. Zugleich bleibt bei Lovecraft aber, wie immer, vieles unklar. Ich konnte aus der Kurzgeschichte wenig Konkretes für das Abenteuer gewinnen und habe mir daher selbst ein paar Gedanken gemacht:
Statt der Orgel gab es im Saal der Musik in mehreren Metern Höhe mehrere Löcher in den Wänden, vor die Felle gespannt waren. Diese Felle wurden von Nachkos getrommelt, wobei die Charaktere diese nicht sehen konnten, und auch den Rhythmus selbst aufgrund der ultratiefen Frequenzen vor allem als Vibration der Luft wahrnahmen. Soweit sie das Trommeln doch erahnen könnte, stellte es einen verstörenden Rhythmus dar, der keinem bekannten Rhythmus entsprach, aber zumindest entfernt an traditionelle karibische und afrikanische Musik erinnerte.
Sessel und Treppen wurden gestrichen, Bücher wurden durch Pergamente ersetzt.
Die Raumhöhe habe ich beibehalten (Lovecrafts Protagonist muss aufgrund der niedrigen Raumhöhe hingegen permanent kriechen), ich habe aber vorgesehen, dass es in der Höhe auch kleinere Gänge gibt, die man erreicht, indem man sich Stalagtiten hinaufschlängelt.

Darüber hinaus den Anfang gestrafft: Als die Investigatorinnen erstmals bei dem Anwesen ankamen, war Josch bei mir bereits in den Dungeon hinabgestiegen. Die im Buch vorgesehene Version, wonach die Investigatorinnen am Abend ankommen, man vereinbart, dass es am nächsten Morgen losgehen soll, Josh aber nachts alleine in die Tiefe hinabsteigt, erschien mir nämlich zu riskant: Warum übernachten die Freund nicht bei Josh im Anwesen? Was, wenn die Investigatorinnen noch am Abend hinabsteigen wollen? Fühlen die Spielerinnen sich nicht gegängelt, wenn ein NPC ohne Not eine solche Dummheit begeht? Vor diesem Hintergrund habe ich die Spielerinnen lieber gleich das leere Anwesen finden lassen, sodass sie von der ersten Minute an selbst entscheiden konnten, was sie tun möchten, statt einen Zeitplan aufgedrängt zu bekommen. Das Handout über den Sklaventunnel, das man eigentlich in der Bibliothek finden kann, habe ich neben anderen Büchern über die Geschichte des Anwesens auf Josh Küchentisch platziert, da es mir naheliegender erschien, dass Josh sich für die Geschichte des Anwesens interessiert, als dass die Charaktere in die Bibliothek recherchieren gehen, wenn ihr Freund verschwunden ist.


Fazit:
Wer einmal einen Cthulhu-Dungeon spielen möchte, erhält mit der Dunkelheit unter dem Hügel einige interessante und unheimliche Schauplätze. Ich empfehle allerdings, einige Räume abzuändern, damit das Ganze nicht albern wirkt. Mit etwas Arbeit kann aus dem Abenteuer aber ein spannender und stimmungsvoller Spielabend entstehen. Daneben lässt sich das Abenteuer auch als Ideensteinbruch verwenden, etwa wenn die Investigatorinnen im Zuge eines anderen Abenteuers auf eine Unterkunft des Schlangenvolkes stoßen.

[gelöscht durch Administrator]
« Letzte Änderung: 15.05.2021 | 19:25 von KAW »
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Re: Katharinas Rezensionen
« Antwort #10 am: 18.01.2021 | 00:29 »
Vielen Dank für die netten Rückmeldungen!

Solange sich die Charaktere aus irgendeinem Grund in Prag aufhalten, sehe ich hier keine Schwierigkeiten.

In dem Abenteuer wird erwähnt, dass die Ereignisse rund um die Golems in der Kampagne aus dem Prag-Städteband, die rund 20 Jahre später spielt, wieder aufgegriffen werden bzw. dass der Ausgang des Abenteuers auch die Kampagne beeinflusst. Ich habe die Kampagne allerdings noch nicht gelesen und kann daher nicht sagen, ob es darin auch um das Ritual zum Schutz vor Juk-Shabb geht. In dem Abenteuer selbst gibt es ansonsten keine Hinweise und keine Vorgaben für ein mögliches Folgeabenteuer.

Vielen Dank für deine zusätzlichen Erläuterungen. :)
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Offline Katharina

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Sucht nach Leben
« Antwort #11 am: 23.03.2021 | 23:45 »
Sucht nach Leben

Titel: Sucht nach Leben
System: Call of Cthulhu (7. Edition)
Veröffentlichung: Abenteuer aus der Gruft II (urspr. Teil der „Deutschland-Box“)
Autoren: Stefan Franck, Jan Christoph Steines
Verlag: Pegasus Spiele
Spieldauer: 1-2 Spielabende
Genre/Stil: investigativ, Charakterspiel
vorgefertigte Charaktere: nein
Seitenzahl: 23 Seiten (+8 Seiten Handouts)
Ort: München (kann leicht verlegt werden)
Zeit: 1924 (kann leicht verlegt werden)
Mythosbezug: eine Anrufung Yog-Sothoths bildet den Hintergrund des Abenteuers, im Finale kommt ein Artefakt Yog-Sothoths vor
Einstieg: Die Charaktere sind zu einer Hochzeit eingeladen (Verwandtschaft mit anderen Gästen bzw. Braut oder Bräutigam erforderlich)
Rezensionsgrundlage: Ich habe das Abenteuer gelesen und mich entschieden es nicht zu leiten
Anmerkungen: Ich habe meine Kritikpunkte an dem Abenteuer vor einer Weile im Pegasus-Forum zur Diskussion gestellt, als ich noch überlegte, das Abenteuer dennoch zu spielen. Ich denke, die dortige Diskussion ist interessant, wenn man das Abenteuer leiten möchte: https://foren.pegasus.de/foren/topic/33921-sucht-nach-leben-aus-abenteuer-aus-der-gruft-ii/

Worum geht es:
Die Charaktere werden von Clara, die mit einem Investigator verwandt ist, zu einer Hochzeit eingeladen. Während der Feier stoßen sie auf die Leiche eines von ermordeten Hochzeitsgasts, in der Nacht wird auch noch Clara entführt.
Tscherpel, der in seine Sekretärin Clara verliebt ist, beauftragt die Investigatorinnen mit der Suche nach ihr. Tatsächlich hat Tscherpel selbst Clara entführt und auch den Mord (sowie weiter Morde davor) begangen. Davon weiß er jedoch nichts, genauso wenig wie mitbekommt, dass er sich nachts in ein mordendes Monster verwandelt - die Folge einer Anrufung Yog-Sothoths, die seinen Körper einst verjüngerte.
Eine erste Spur führt zu Bergmann, da Clara romantische Gefühle für ihn hegt. Wie der Zufall es will, führte genau Bergmann damals die Anrufung Yog-Sothoths durch und in seiner Wohnung finden sich Hinweise auf das Ritual. Noch bevor die Investigatorinnen ihn dazu befragen können, wird Bergmann allerdings ermordet.
Mehrere Indizien lassen in der Folge Tscherpel verdächtig erscheinen. In dessen Anwesen kommt es schließlich auch zum Finale, in dem die Charaktere gegen ein von Yog-Soth berührtes Artefakt um Claras Leben kämpfen.

Kritik am Inhalt:
Nach der Ankündigung im Klappentext (Abenteuer aus der „legendären Deutschland-Box“, die „neue Maßstäbe für die Rollenspielwelt“ setzte) und dem starken ersten Abenteuer dieser Anthologie (Finstere Glut) hatte ich hohe Erwartungen in dieses Abenteuer gesetzt, die jedoch nur teilweise erfüllt werden konnten.

Der Einstieg in das Abenteuer ist originell und bietet viele Möglichkeiten zum Charakterspiel mit anderen Hochzeitsgästen. Das Abenteuer enthält dazu auch mehrere ausgearbeitete Gäste, die jedoch allesamt nichts mit dem eigentlichen Abenteuer zu tun haben. Dieses greift das Doppelgängermotiv von Dr. Jekyll und Mr. Hyde auf, was für ansich nicht besonders originell ist, mir jedoch bei einem Cthulhu-Abenteuer so bislang auch noch nicht untergekommen ist.

Meine Kritik an dem Abenteuer beruht darauf, dass die Entscheidungen und Handlungen der Charaktere für den Ausgang des Abenteuers weitgehend irrelevant sind. Das zeigt sich für mich insbesondere an folgenden Punkten:

  • Der Tote auf der Hochzeit ist Teil einer Mordserie. Es ist für die Lösung des Abenteuers allerdings irrelevant, was die Charaktere über den Toten oder generell über die Mordserie herausfinden. Sie können durch ihre Recherchen dazu kein belastendes Material gegen Tscherpel finden.
  • Es ist für die Lösung des Abenteuers irrelevant, was die Investigatorinnen über Claras Verschwinden herausfinden. Eigentlich dient ihre Entführung nur dazu, dass die Charaktere auf Bergmann aufmerksam werden und so Hinweise auf das Ritual finden.
  • Bei der Verfolgungsjagd von Bergmann steht von Anfang an fest, dass die Investigatorinnen ihn nicht rechtzeitig erwischen. Das wäre für mich in Ordnung, wenn sich aus den Gegebenheiten ergibt, dass sie nie eine Chance hatten. Genau das ist aber nicht der Fall, sondern die Charaktere sollen Bergmann gerade so auf den Fersen bleiben, dass sie ihn nicht schnappen, aber noch sehen, wie er zu Tode kommt. Die Entscheidungen während der Verfolgungsjagd und die Würfelwürfe sind im Ergebnis also völlig gleichgültig.
  • Bei der Hochzeit wird ein Theaterstück aufgeführt, das auf einer Geschichte über Yog-Sothoth beruht bzw. genau jene Geschichte erzählt, die mit der Lösung des Abenteuers zu tun hat, obwohl das Hochzeitspaar mit dem Mythos nichts zu tun hat und das Stück für eine Hochzeit auch reichlich ungewöhnlich ist. Hier hätte ich es besser gefunden, wenn die Investigatorinnen die Geschichte durch eigenes Zutun herausfinden können.

Davon abgesehen ist der Ermittlungsteil relativ frei aufgebaut und es ist auch offen, wie die Investigatorinnen schließlich in Tscherpels Villa gelangen und das Artefakt besiegen. Das Abenteuer unterstützt die Spielleitung dabei mit einem Grundriss der Villa und mehreren interessanten NPCs. Zu den Ermittlungen über die Mordserie und Clara enthält das Abenteuer jedoch für meinen Geschmack zu wenig Anhaltspunkte für die Spielleitung.

Präsentation:
Das Abenteuer ist klar strukturiert und gelayoutet. Viele Überschriften, Hervorhebungen und Infoboxen machen es leicht, sich zurecht zu finden.
Der Schreibstil gefällt mir gut, da er sich schnell liest und zugleich viel Stimmung versprüht. Ich hätte mir allerdings ein kompakteres Abenteuer gewünscht, da ich 28 Seiten für 1-2 Spielabende als zu viel empfinde. Allerdings gibt es zu Beginn des Abenteuers immerhin eine hilfreiche Zusammenfassung. Außerdem muss man dem Abenteuer zu Gute halten, dass viele dieser Seiten Hilfestellungen für die Spielleitung enthalten (interessante NPCs, Grundrisse von Tscherpels Villa, Gesprächsthemen für die Hochzeit).


Fazit:
Ich habe mich dagegen entschieden dieses Abenteuer zu spielen. Für mich sind Abenteuer dann interessant, wenn ich auch als SL überrascht werden kann, was jedoch ein höheres Maß an Freiheit für die Spielerinnen voraussetzt, als in diesem Abenteuer vorgesehen. Zwar lässt sich das Abenteuer natürlich aufbrechen um den Einfluss der Charaktere zu erhöhen, das wäre mir in diesem Fall allerdings zu viel Aufwand gewesen, da ich das Abenteuer zwar stimmungsvoll fand, aber nicht so außergewöhnlich, dass ich bereit gewesen bin, hier die nötige Zeit zu investieren um den Ermittlungspart gänzlich umzuschreiben.
Ich kann mir allerdings vorstellen, dass das Abenteuer Gruppen, die primär am Charakterspiel interessiert sind, dennoch gut gefallen könnte, da sowohl die Hochzeit als auch die (unglücklichen) Liebschaften dafür einiges an Potential bieten.
« Letzte Änderung: 15.05.2021 | 19:25 von KAW »
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Offline ghoul

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Re: Sucht nach Leben
« Antwort #12 am: 24.03.2021 | 09:20 »
  • Der Tote auf der Hochzeit ist Teil einer Mordserie. Es ist für die Lösung des Abenteuers allerdings irrelevant, was die Charaktere über den Toten oder generell über die Mordserie herausfinden. Sie können durch ihre Recherchen dazu kein belastendes Material gegen Tscherpel finden.
  • Es ist für die Lösung des Abenteuers irrelevant, was die Investigatorinnen über Claras Verschwinden herausfinden. Eigentlich dient ihre Entführung nur dazu, dass die Charaktere auf Bergmann aufmerksam werden und so Hinweise auf das Ritual finden.
  • Bei der Verfolgungsjagd von Bergmann steht von Anfang an fest, dass die Investigatorinnen ihn nicht rechtzeitig erwischen. Das wäre für mich in Ordnung, wenn sich aus den Gegebenheiten ergibt, dass sie nie eine Chance hatten. Genau das ist aber nicht der Fall, sondern die Charaktere sollen Bergmann gerade so auf den Fersen bleiben, dass sie ihn nicht schnappen, aber noch sehen, wie er zu Tode kommt. Die Entscheidungen während der Verfolgungsjagd und die Würfelwürfe sind im Ergebnis also völlig gleichgültig.
  • Bei der Hochzeit wird ein Theaterstück aufgeführt, das auf einer Geschichte über Yog-Sothoth beruht bzw. genau jene Geschichte erzählt, die mit der Lösung des Abenteuers zu tun hat, obwohl das Hochzeitspaar mit dem Mythos nichts zu tun hat und das Stück für eine Hochzeit auch reichlich ungewöhnlich ist. Hier hätte ich es besser gefunden, wenn die Investigatorinnen die Geschichte durch eigenes Zutun herausfinden können.
Oh, das klingt aber schlimm, vor allem mit der Fake-Verfolgungsjagd!  >:(
Von diesen Autoren ist man besseres gewohnt! Der Ghoul verlangt von ihnen, dass sie zur Strafe dreimal Hastur rufen!
« Letzte Änderung: 24.03.2021 | 09:22 von ghoul »
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PESA hilft!
PESA diskutiert.

Zensur nach Duden:
Zitat
von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität.

Offline Katharina

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Die Wunderkammer
« Antwort #13 am: 19.12.2021 | 22:23 »
Titel: Die Wunderkammer
System: Call of Cthulhu (7. Edition)
Veröffentlichung: Prag - Die Goldene Stadt
Autor: Daniel Neugebauer
Verlag: Pegasus
Spieldauer: 2+ Spielabende
Genre/Stil: Rätsel, Kampagnenabenteuer
vorgefertigte Charaktere: nein
Seitenzahl: 15 Seiten (+2,5 Seiten Handouts)
Ort: Prag
Zeit: 1927 (kann leicht verlegt werden)
Mythosbezug: die Wunderkammer wurde durch einen Zauber geschaffen und kann mit dem Zauber Tor-Kisten vernichtet werden.
Einstieg: Die Charaktere helfen bei der Katalogisierung einer versiegelten Bibliothek von Rudolf II.
Rezensionsgrundlage: Ich habe das Abenteuer als Teil einer Kampagne in Prag geleitet.
Anmerkungen: Das Abenteuer ist Teil der Kampagne „Prag - Die goldene Stadt“.

Worum geht es:
Beim Katalogisierung einer jüngst entdeckten Bibliothek stoßen die Investigator:innen auf eine Tür, die zu einer Wunderkammer von Rudolf II. führt. Mit der Hilfe von John Dee wollte dieser die Kammer für die Ewigkeit konservieren. Doch der Zauber schlug fehl und verwandelte die Wunderkammer in eine gefährliche Falle. Wer die Kammer einmal betreten hat, kehrt alle 12 Stunden dorthin zurück. Anfangs dauern die Aufenthalte nur wenige Sekunden, doch mit jedem Besuch verdoppelt sich die Dauer. Die Investigator:innen haben daher nur wenig Zeit eine Lösung zu finden, bevor die Aufenthaltsdauer so lange wird, dass man in der Wunderkammer verdurstet. Gleichzeitig ist die alchemistische Geheimgesellschaft der Rosenkreuzer der Gruppe auf den Fersen.

Kritik am Inhalt:
Ich muss zugeben, die „Wunderkammer“ beim Durchlesen unterschätzt zu haben. Denn die Idee mit der Wunderkammer kam mir zunächst eher absurd, zu simpel und wenig cthulhoid vor. Am Spieltisch entfaltete das Abenteuer dann aber sein volles Potential und ich erinnere mich noch gut an den Moment, als ein Spieler mit vor Schreck geweiteten Augen feststellte, dass sich die Aufenthaltsdauer jedes Mal verdoppelt und erkannte, was potentielles Wachstum bedeutet.

Sehr positiv finde ich, dass das Abenteuer mehrere Lösungsmöglichkeiten bereit hält. Meine Spieler:innen wollten zunächst den vergleichsweise einfachen Weg wählen und einer alten Dame deren Bezoar (ein Glücksbringer, der vor der Wunderkammer schützt) stehlen. Nachdem sie Bekanntschaft mit der reizenden alten Damen und ihren Katzen geschlossen hatten, brachten sie es jedoch nicht mehr übers Herz, die Frau in den sicheren Tod zu schicken und setzen stattdessen alle Hebel in Bewegung, um einen Zauber zu lernen, der die Kammer vernichtet.

Generell ist das Abenteuer sehr frei gehalten. Sieht man von den regelmäßigen Aufenthalten in der Wunderkammer ab, gibt es kaum zwingend notwendige Plotelemente und kein Railroading. Als Spielleitung sollte man also damit rechnen, viel improvisieren zu müssen. Mehrere Tabellen, unter anderem zu optionalen Ereignissen, helfen dabei, die Zeit zwischen den Besuchen der Wunderkammer interessant zu gestalten. Mir waren die darin enthaltenen Ereignisse allerdings teilweise zu banal (z.B. die Rattenhorde, die in die Bibliothek eindringt). Hier habe ich als Spielleiterin stattdessen einige Vorbereitungszeit investiert, um bereits Hinweise oder Teile von anderen Abenteuern und Szenarien der Kampagne einzubauen.

Präsentation:
Das Abenteuer ist klar strukturiert und gelayoutet, sodass sich wichtige Informationen schnell finden lassen. Der Text enthält keine unnötigen Informationen, der Schreibstil liest sich schnell und angenehm. Mehrere Tabellen unterstützen beim Leiten - so gibt es etwa einen Generator für die Titel von Büchern, die man in der Bibliothek finden kann.

Das Handout der Wunderkammer habe ich bis heute nicht verstanden (es ist der Grundriss eines einzelnen, leeren, viereckigen Raums). Die anderen Handouts gefielen mir hingegen gut, da sie wichtige Informationen stimmungsvoll transportieren.

Fazit:
Die Wunderkammer gehört zu den besten Abenteuern, die ich dieses Jahr geleitet habe. Die Idee ist sehr innovativ und die Präsentation des Abenteuers ist in meinen Augen vorbildlich. Durch die Offenheit lässt sich das Abenteuer auch hervorragend mit anderen Szenarien oder eigenen Vorhaben der Investigator:innen verknüpfen. Gleichzeitig ist es dadurch aber nur bedingt für unerfahrene Spielleriter:Innen oder Gruppen mit passiven Spieler:innen geeignet. Ich empfehle daher auf jeden Fall, vor dem Leiten die gesamte Kampagne zu lesen und sich auch ein wenig mit der Stadt Prag in den 1920er-Jahren vertraut zu machen (der Hintergrundteil des Buchs ist ebenfalls sehr gelungen). Damit lässt sich dann aus der tollen Idee und den nützlichen Werkzeugen am Spieltisch ein hervorragendes Abenteuer erschaffen.
Leitet derzeit: Symbaroum, Cthulhu und (unregelmäßig) Oneshots in Indie-Systemen
Spielt derzeit: Cthulhu und (unregelmäßig) Oneshots in Indie-Systemen
Gemeinsam mit meinem Partner bin ich in der Rollenspielwelt auch unter dem Pseudonym "DraKri" aktiv.

Offline Katharina

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Space Between Time
« Antwort #14 am: 23.01.2022 | 00:31 »
Titel: Space Between Time
System: Call of Cthulhu (7. Edition)
Veröffentlichung: A Time for Sacrifice
Autor: Ben Burns
Verlag: New Comet Games
Spieldauer: 1-2 Spielabende
Genre/Stil: Erforschung, Rätsel
vorgefertigte Charaktere: nein
Seitenzahl: 16 Seiten (+10 Seiten Karten, Handouts, NPC-Stats)
Ort: Einstieg in Havana (Kuba), dann Reise nach Cozumel (Yucatán) und an einen außerweltlichen Ort
Zeit: Juli 1930 (kann leicht ein paar Jahre verlegt werden)
Mythosbezug: Portale und die Existenz von Orten jenseits von Zeit und Raum
Einstieg: Die Charaktere reisen für eine gemeinsame Konferenz der Miskatonic Universität und der Universität von Havana nach Kuba, wo Professor Williamson sie ersucht, ihn auf eine Expedition nach Cozumel zu begleiten.
Rezensionsgrundlage: Ich habe das Abenteuer gelesen und werde es nicht leiten.

Worum geht es:
Prof. Williamson fand unlängst das Tagebuch seines Vaters, der vor 50 Jahren auf Cozumel beim Erforschen von Maya-Ruinen verschwand. Die Investigator:innen sollen gemeinsam mit Prof. Williamson herausfinden, was wirklich passierte und reisen dazu zu den Ruinen. Führen sie dort ein Opferritual auf einem Altar durch, beginnt eine der Statuen zu sprechen und erzählt von einem „Raum zwischen der Zeit“ und wie man dorthin und wieder zurückgelangt. Bei einem weiteren Altar kann man mittels Opferritual von einem „Brunnen des Wissens“ und seinen Gefahren lernen. Hinter einem weiteren Altar findet man schließlich ein Portal, das zu dem „Raum zwischen der Zeit“ führt. Dabei handelt es sich um ein non-Euklidisches Gebiet, von dem im Abenteuer insgesamt 25 Räume ausgearbeitet sind. Um zurück auf die Erde zu reisen, müssen die Investigator:innen zunächst vom Brunnen des Wissens trinken, um das Ritual für die Rückreise zu erlernen und in einem der Räume den benötigten Ritualdolch finden. Der Brunnen wird allerdings von einem Wächter beschützt. Wer diesen tötet, verwandelt sich in den neuen Wächter - ein Schicksal, das vor 50 Jahren Prof. Williamsons Vater ereilte.

Kritik am Inhalt:
Um gleich zum Punkt zu kommen: Mir ist die Handlung zu abstrus. Ich mag die Idee eines außerweltlichen Raums, aber dieses Abenteuer liest sich für mich mehr wie ein (schlechtes) Computerspiel: Zunächst finden die Investigator:innen Statuen, die ihnen völlig unmotiviert genau die Infos geben, die sie für das Abenteuer benötigen. Im „Raum zwischen der Zeit“ kann man dann praktischerweise gleich ein Ritual lernen um wieder zurück zu kommen. Direkt im ersten Raum gibt es auch eine Lichtquelle, um sich zurecht zu finden und dankenswerterweise hat jemand in einem der Räume einen Ritualdolch hinterlegt, damit man auch tatsächlich wieder zurückkommt. Für mich sind dass ein bisschen zu viele Zufälle, um die Geschichte noch realistisch wirken zu lassen (soweit man bei Fantasy-Abenteuern von „Realismus“ sprechen kann). Mich hat außerdem gestört, dass der Universität in Havana ein beliebiger Name gegeben wurde. Das ist für die Handlung natürlich egal, aber bei Cthulhu habe ich immer gerne, wenn Abenteuer historisch halbwegs akkurat sind - gerade wenn es um Informationen geht, die man auf Wikipedia leicht nachlesen kann.
Positiv muss ich allerdings anmerken, dass einige der Räume coole Ideen enthalten - vor allem der Protektor gefällt mir gut. Viele der Räume bestehen allerdings nur aus stimmungsvollen Beschreibungen, ohne dass die Investigator:innen darin irgendetwas zu tun haben. Hier sehe ich die Gefahr, dass sich das am Spieltisch mehr nach Sightseeing anfühlt, ohne dass die Investigator:innen Einfluss auf die Handlung haben.

Präsentation:
Das Abenteuer wird relativ übersichtlich präsentiert, kann aber in Punkto Funktionalität nicht mit den schlichten Pegasus-Layouts mithalten. Insbesondere hätte ich mir gewünscht, dass wichtige Informationen im Fließtext hervorgehoben sind, damit man rascher die richtige Passage findet. Der Schreibstil ist recht kompakt - die ein oder andere Kürzung hätte man für meinen Geschmack noch vornehmen sollen, aber insgesamt ist das schon sehr solide. Die Handouts sind in Ordnung, wirken für meinen Geschmack aber etwas zu comichaft.

Fazit:
Für meinen Geschmack ist das Abenteuer zu geskripted. Als Ideensteinbruch für Reisen an Gebiete außerhalb unserer Welt, ist es aber gut geeignet.
« Letzte Änderung: 23.01.2022 | 00:40 von Katharina »
Leitet derzeit: Symbaroum, Cthulhu und (unregelmäßig) Oneshots in Indie-Systemen
Spielt derzeit: Cthulhu und (unregelmäßig) Oneshots in Indie-Systemen
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