Autor Thema: Louise Glück?  (Gelesen 4655 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Coltrane

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.280
  • Username: Coltrane
Louise Glück?
« am: 8.10.2020 | 13:10 »
Hat jemand schon mal was von ihr gelesen? Immerhin erhält sie ja den Literaturnobelpreis für 2020. Ich habe noch nie von ihr gehört. Es würde mich interessieren, ob es nur mir so geht.

Offline Niniane

  • gackernde Fate-Fee
  • Titan
  • *********
  • Welcome to Uncanny Valley
  • Beiträge: 16.749
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Niniane
    • FateCast
Re: Louise Glück?
« Antwort #1 am: 8.10.2020 | 13:23 »
Nein, genau das war eben auch mein Gedanke.
Flawless is a fiction, imperfection makes us whole
The weight that holds you down, let it go
(Parkway Drive - Ground Zero)

Offline Faras Damion

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.664
  • Username: Faras Damion
Re: Louise Glück?
« Antwort #2 am: 8.10.2020 | 13:25 »
Ich kannte sie auch nicht und habe eben ein paar ihrer Gedichte gelesen.

Aber ich komme mit  Lyrik in fremden Sprachen nicht klar (auch wenn es "nur" Englisch ist).
Method Actor: 92%, Storyteller: 67%, Tactician: 58%, Power Gamer: 46%, Casual Gamer: 29%, Butt-Kicker: 21%, Specialist: 13%

Offline Flamebeard

  • Resident Car Mechanic
  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 4.693
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Flamebeard
Re: Louise Glück?
« Antwort #3 am: 8.10.2020 | 13:30 »
Und wenn ich mir die Beschreibung auf Wikipedia so durchlese, hört sich das für mich nach 'Free Jazz, nur als Gedicht' an. Also eher nicht so meine Baustelle.
(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Mein Biete-Thread

Offline Jiba

  • ערלעך מענטש
  • Mythos
  • ********
  • Bringing the J to RPG
  • Beiträge: 11.193
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Jiba
Re: Louise Glück?
« Antwort #4 am: 8.10.2020 | 13:35 »
Wenn man "Louise Glück poems" googelt, erhält man in der Google Bildersuche (!) einige Ergebnisse mit ihren Gedichten. Find ich nett, was sie schreibt. Aber bei moderner Lyrik fällt es mir insgesamt oft schwer, das prätentiöse vom tiefsinnigen zu unterscheiden.  :P
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Coltrane

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.280
  • Username: Coltrane
Re: Louise Glück?
« Antwort #5 am: 8.10.2020 | 13:39 »
Danke euch erstmal. Auch für die Texthinweise.

Offline Little Indian #5

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.405
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Little Indian #5
Re: Louise Glück?
« Antwort #6 am: 8.10.2020 | 16:00 »
Bei uns in Dortmund gibt es eine Straße,  die "Luisenglück" heißt.


Hat aber wahrscheinlich eher nichts mit dem Literaturnobelpreis zu tun...
"I want to live forever or die trying." (Groucho Marx)

Offline Huhn

  • Herrin der Wichtel
  • Famous Hero
  • ******
  • Federtier
  • Beiträge: 3.566
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Huhn
Re: Louise Glück?
« Antwort #7 am: 8.10.2020 | 16:29 »
Ich kenne nicht nur Louise Glück nicht, sondern habe zu meiner Schande feststellen müssen, dass ich überhaupt nur von einem Bruchteil der Preisträger und Preisträgerinnen jemals was gehört habe. Und tatsächlich gelesen habe ich bewusst nur von zweien etwas (Sartre, der den Preis nicht angenommen hat, und im Studium sicherlich mal in Ausschnitten Mommsen). Zu Herta Müllers Dichtung hab ich mal nen Vortrag gehört und ... hab festgestellt ... äh ... dass ich damit nicht so viel anfangen kann. Für mich ist es eher ein Abstandhalter, wenn jemand diesen Literaturpreis gewonnen hat. Was weiß ich, was da prämiert wird - jedenfalls nicht der Unterhaltungswert, dessentwegen ich Bücher für gewöhnlich in die Hand nehme.

Edit:
Zitat von: Tante Wiki
Nach Nobels Testament, das den Statuten der Nobel-Stiftung zugrunde liegt, soll mit dem Preis für Literatur ausgezeichnet werden, wer „das Vorzüglichste in idealistischer Richtung geschaffen hat“.
Naja ok, dann geht mir "Vorzüglichkeit" beim Lesen scheinbar ab. Ich les jedenfalls keinen uninteressanten Krempel, nur weil ein Haufen alter Leute in Schweden der Meinung sind, dass da der Menschheit "der größte Nutzen" geleistet worden sei. ;D
« Letzte Änderung: 8.10.2020 | 16:52 von Huhn »

Offline Sashael

  • Gimli des Radsports
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Beiträge: 16.490
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sashael
Re: Louise Glück?
« Antwort #8 am: 8.10.2020 | 17:57 »
Haben mich ziemlich umgehauen.
Warum?
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline JS

  • Titan
  • *********
  • Ich war es nicht!
  • Beiträge: 13.114
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: JS
Re: Louise Glück?
« Antwort #9 am: 8.10.2020 | 18:07 »
Ich habe noch nie von ihr gehört. Es würde mich interessieren, ob es nur mir so geht.

Das muß ich leider von fast jedem Literaturnobelpreisträger behaupten, was aber eher gegen mich spricht und nicht gegen die Bekanntheit dieser Personen. Fachbuch- und Rollenspielautoren werden offenbar nicht berücksichtigt, sonst sähe das ganz anders aus.
 ^-^
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

Offline Niniane

  • gackernde Fate-Fee
  • Titan
  • *********
  • Welcome to Uncanny Valley
  • Beiträge: 16.749
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Niniane
    • FateCast
Re: Louise Glück?
« Antwort #10 am: 8.10.2020 | 18:31 »
Von Peter Handke hatte ich im Vorfeld schon gehört, "Die Angst des Torwarts vorm Elfmeter" ist ja durchaus ein Titel, den man vielleicht schon gehört hat. Ansonsten geht es mir aber wie Huhn: Irgendwelche Literaturpreise sind für mich kein Grund, das Buch zu kaufen. Ich habe nämlich häufig auch den Eindruck, dass da die schwurbeligsten Texte prämiert werden, weil kein Jurymitglied zugeben will, dass es den Text eigentlich nicht verstanden hat :D
Flawless is a fiction, imperfection makes us whole
The weight that holds you down, let it go
(Parkway Drive - Ground Zero)

Offline tartex

  • Titan
  • *********
  • Freakrollfreak und Falschspieler
  • Beiträge: 13.502
  • Username: tartex
Re: Louise Glück?
« Antwort #11 am: 8.10.2020 | 18:43 »
Irgendwelche Literaturpreise sind für mich kein Grund, das Buch zu kaufen. Ich habe nämlich häufig auch den Eindruck, dass da die schwurbeligsten Texte prämiert werden, weil kein Jurymitglied zugeben will, dass es den Text eigentlich nicht verstanden hat :D

Naja, beim Großteil der Literatur-Nobelpreise kann den Preis gut nachvollziehen. Wobei ich z.B. mit Handke nix anfangen kann. Dafür bin ich aber umso größerer Jelinek-Fan.
Die Zwillingsseen: Der Tanelorn Hexcrawl
Im Youtube-Kanal: Meine PnP-Let's-Plays

Offline Jiba

  • ערלעך מענטש
  • Mythos
  • ********
  • Bringing the J to RPG
  • Beiträge: 11.193
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Jiba
Re: Louise Glück?
« Antwort #12 am: 9.10.2020 | 08:59 »
Ich bleibe mal bei "Dead End".

Was dort geschildert wird, ist ein gnadenloser Rückblick auf eine Verbindung von zwei Menschen, die katastrophal gescheitert ist. Mich trifft vor allem dieses Nebeneinander von Brutalität und Nichtigkeiten.

Dass es die Autorin dann aber noch hinbekommt, in den letzten drei Versen die vorausgegangene Bitterkeit zu relativieren und zu einem offenen Ende zu kommen, finde ich bemerkenswert.

Ich glaube, es gibt im Leben viel weniger Eindeutigkeit, als es uns die meisten Texte glauben machen wollen. Dieser Text zeigt genau das. Hat mich beeindruckt.

Und doch destillierst du eine für dich eindeutige Bedeutung aus diesem Text. In Wahrheit zeigt er genau das nicht. Er spiegelt das, was man selbst als Leser mit in ihn hineinträgt. Dort wird nicht ein "gnadenloser Rückblick auf eine Verbindung von zwei Menschen, die katastrophal gescheitert ist" geschildert. Dort werden Assoziationsräume ausgebreitet, die diesen Schluss zulassen. Es gibt eben auch keine Eindeutigkeit in der Textinterpretation.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Jiba

  • ערלעך מענטש
  • Mythos
  • ********
  • Bringing the J to RPG
  • Beiträge: 11.193
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Jiba
Re: Louise Glück?
« Antwort #13 am: 9.10.2020 | 10:18 »
Ganz so beliebig, wie du das hier darstellst ist die Sache aber mit Sicherheit nicht. Gedichte haben einen Interpretationsspielraum, das sicherlich, aber du kannst auch nicht alles mit ihnen machen.

Die Aussage "In Wahrheit zeigt er genau das nicht" ist falsch. Korrekt ist "In Wahrheit zeigt er genau das auch, aber nicht nur." Sagst du ja hinterher selbst.

Das habe ich auch nicht gesagt. Ich habe nicht gesagt, dass es beliebig ist, aber schon, dass es auf die Verfasstheit des Interpretierenden mit ankommt.

Zu dem letzten Satz: Zustimmung. So lässt es sich besser auf den Punkt bringen.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Sashael

  • Gimli des Radsports
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Beiträge: 16.490
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sashael
Re: Louise Glück?
« Antwort #14 am: 9.10.2020 | 14:39 »
Das kann man aber auch aus Texten, die beim automatischen Schreiben entstehen.

Ich gebe zu, dass ich den Gedichten sehr skeptisch gegenüberstehen, weil Frau Glück teilweise eine Technik nutzt, die ich bei Gedichten geradezu verachte.
Um den Reim zu bewahren, macht sie einen Umbruch mitten im Satz, weil sich das dort stehende Wort für einen Reim eignet.

Für manche ist das anscheinend toll und intellektuell anregend, aus dem natürlichen Satzrythmus herausgerissen zu werden, ich sehe das als lazy writing.

Das haben andere Dichter besser hinbekommen.

Ich weiß nicht, was sonst an Nominierungen zur Debatte stand, aber die mir zur Verfügung stehenden Gedichte weisen für mich(!) bei der Wahl in die Richtung, die Niniane vermutet. ;)
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline ghoul

  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 5.243
  • Username: ghoul
    • Ghoultunnel
Re: Louise Glück?
« Antwort #15 am: 9.10.2020 | 15:00 »
Ah, eine Seelenverwandte! Mir macht man die gleichen Vorwürfe.
Dabei sehe ich den Fluss gerade nicht gestört, weil der weiterführende Satz die Verse tarnt. Also weniger Brüche des Leseflusses, wenn man flüssig liest.
Die Verse sind dann weniger aufdringlich, subtiler.
Tactician: 96%
PESA hilft!
PESA diskutiert.

Zensur nach Duden:
Zitat
von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität.

Offline Sashael

  • Gimli des Radsports
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Beiträge: 16.490
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sashael
Re: Louise Glück?
« Antwort #16 am: 9.10.2020 | 15:50 »
Die Verse sind dann weniger aufdringlich, subtiler.
Wenn man flüssig liest, sind die Verse nicht subtil, sondern schlicht nicht vorhanden.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline ghoul

  • Legend
  • *******
  • Beiträge: 5.243
  • Username: ghoul
    • Ghoultunnel
Re: Louise Glück?
« Antwort #17 am: 9.10.2020 | 16:26 »
Dann lies doch halbfluessig!  ~;D
Tactician: 96%
PESA hilft!
PESA diskutiert.

Zensur nach Duden:
Zitat
von zuständiger, besonders staatlicher Stelle vorgenommene Kontrolle, Überprüfung von Briefen, Druckwerken, Filmen o. Ä., besonders auf politische, gesetzliche, sittliche oder religiöse Konformität.

Offline Jiba

  • ערלעך מענטש
  • Mythos
  • ********
  • Bringing the J to RPG
  • Beiträge: 11.193
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Jiba
Re: Louise Glück?
« Antwort #18 am: 11.10.2020 | 14:56 »
Wenn es um Inhalte geht, melde ich mich vielleicht wieder. Bis dahin noch viel Spaß.
Also, so sehr man deiner Herleitung auch zustimmen kann (und das tue ich grundsätzlich – der Ausflug durch die „Versgeschichte“ ist ausgesprochen kenntnisreich)... der Abgang, quasi eine Art Mic-Drop am Ende, aus dem spricht  eine gewisse Trotzigkeit. Ich glaube nicht, dass du so jemanden überzeugen wirst, sich näher mit Lyrik zu beschäftigen.

Wenn Sashael über Form reden will, dann reden wir eben zuerst über Form.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Huhn

  • Herrin der Wichtel
  • Famous Hero
  • ******
  • Federtier
  • Beiträge: 3.566
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Huhn
Re: Louise Glück?
« Antwort #19 am: 11.10.2020 | 17:54 »
Warum spricht hier niemand über Inhalte?
Ich habe die beiden Gedichte gelesen, die du verlinkt hast. Aber in mir lösen die nicht wirklich was Erhellendes aus. Eventuell sind die von der Sorte, dass man sie sehr oft lesen und wirklich reflektieren muss, damit sie einem ans Herz wachsen. Aber das glaube ich in dem Fall, zumindest für mich, nicht.

Soweit ich das der Biographie der Autorin auf Wikipedia entnehme, hat sie einige schwere Schicksalsschläge hinter sich, die wohl großen Einfluss auf ihre Weltsicht und damit ihre Dichtung haben. Damit ist sie in einer Ausgangslage, die ich so nicht mitbringe.

Die beiden verlinkten Gedichte lesen sich für mich bestenfalls melacholisch, schlimmstenfalls etwas hoffnungslos: Gescheiterte Beziehungen halt. Oder so.

Mich hat der Tonfall der Gedichte an die sowjetische Frauendichtung erinnert, die ich mal vor Jahren in einem Seminar lesen musste. Da ging es am laufenden Band um alkoholkranke Frauen und Männer, zerrüttete Verhältnisse, graue Betonwände und Hoffnungslosigkeit. Blaaah. Ich finde das bestenfalls auf einer "musealen Ebene", als Betrachterin von außen, vage interessant. Ansonsten bevorzuge ich Texte mit aktiv an Problemen arbeitenden und irgendwie hoffnungsvoll vorwärts blickenden Protagonist*innen. Oder wenigstens tragisch zum Scheitern verurteilten Sagen/Heldengestalten. Aber dieses dumpfe, graue, hoffnungslose, belanglose Nichts, das mir aus solchen Gedichten wieden verlinkten entgegenschlägt. Das finde ich nur bedrückend, nicht bereichernd, nicht originell, nicht unterhaltsam. Mag ein Spiegel der Lebensumstände Mancher sein - aber was bringts mir, mich mit der Depression anderer zu befassen?

Mich würde ja interessieren, ob auch mal fröhliche Texte einen Nobelpreis wert waren oder ob auch hier zutrifft, dass Elend offenbar immer "lyrisch wertvoller" ist als Freude.

Offline Jiba

  • ערלעך מענטש
  • Mythos
  • ********
  • Bringing the J to RPG
  • Beiträge: 11.193
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Jiba
Re: Louise Glück?
« Antwort #20 am: 11.10.2020 | 19:07 »
Mich würde ja interessieren, ob auch mal fröhliche Texte einen Nobelpreis wert waren oder ob auch hier zutrifft, dass Elend offenbar immer "lyrisch wertvoller" ist als Freude.
Wann ist das letzte Mal eine Komödie Bester Film bei den Oscars geworden?

Eben.
Ich muss aber sagen, dass sich das Komische auch für viele Kritiker wesentlich unrealistischer und ferner der echten Probleme anfühlt. Man muss sich als Künstler halt auch mehr emotional nackig machen, wenn man über die schlechten Dinge schreibt, denke ich...
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Sashael

  • Gimli des Radsports
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Beiträge: 16.490
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sashael
Re: Louise Glück?
« Antwort #21 am: 11.10.2020 | 20:05 »
Wann ist das letzte Mal eine Komödie Bester Film bei den Oscars geworden?
Sie redete nicht von Komödien, sondern von föhlichen und optimistischen Texten und da gabs einige bei den Oscars.

Ich habe allerdings wirklich den Eindruck, dass heutzutage oft gilt "Drama sells". Eine Entwicklung, die ich persönlich nicht toll finde.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline Coltrane

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.280
  • Username: Coltrane
Re: Louise Glück?
« Antwort #22 am: 11.10.2020 | 21:32 »


Manchmal fragen mich meine Schüler übrigens, warum es so viele traurige Gedichte gibt.
Ich sage dann oft: "Wenn du glücklich bist, warum solltest du ein Gedicht schreiben?"
Einige zumindest verstehen das.

Naja, dann schreibt man eine "Ode an die Freude".

Offline Huhn

  • Herrin der Wichtel
  • Famous Hero
  • ******
  • Federtier
  • Beiträge: 3.566
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Huhn
Re: Louise Glück?
« Antwort #23 am: 11.10.2020 | 21:54 »
Ich sage dann oft: "Wenn du glücklich bist, warum solltest du ein Gedicht schreiben?"
Ach so ein Humbug! Warum sollte man nur dichten, wenn man traurig ist? Joachim Ringelnatz konnte auch die Stimmung bedichten, die man hat, wen man einfach mal so richtig gut gelaunt aufwacht.  ^-^ Ok, ist in diesem Beispiel natürlich lang nicht so anspruchsvoll, aber hey - das verlinkte Gedicht blieb mir im Kopf, macht mich seit Jahren froh und spricht mich sowas von an!

Und man, wie viele Liebesgedichte gibt es! Die sind ja zumeist auch in Höchststimmung verfasst worden!

Achteinhalb Verse lang bekommen wir Leser erzählt, wie sehr das lyrische Ich von der Beziehung die Nase voll hat... dass es die albernen Zwanghaftigkeiten und die geschmacklose Dekoration der Wohnung des Partners nicht mehr ertragen kann und dass es keine Lust mehr auf den Abwasch und den Standard-Sex hat.

Dann schreibt es davon, dass es die Hände und das Haar des Partners und die damit empfundene Lebendigkeit vermisst.

Das Gedicht stellt eine mangelhafte Situation einer anderen gegenüber.
Die Beziehung war nicht gut, also Trennung.
Ohne die Beziehung fehlt Lebendigkeit, also besser doch keine Trennung?

Das klingt verzweifelt, aber andersherum heißt das doch auch, dass beide Situationen etwas für sich haben:
Wenn ich mich trenne, muss ich die schlechte Beziehung nicht mehr ertragen: Yay!
Wenn ich mich nicht trenne, kann ich weiter an dieser Lebendigkeit teilhaben: Yay!
So wie ich das Gedicht verstehe, liegt die Trennung bereits hinter ihr. Und jetzt, wo die verstaubte Beziehung vorbei ist, heult sie ihr nach. "Hach, war zwar alles Scheiße, aber nun will ich ich doch zurück, weil ich mich so bequem ans Elend gewöhnt hatte". Ich mag keine Leute, die nicht zu ihren Entscheidungen stehen wollen. Was denn nun? War die Beziehung nun am Ende oder nicht? Hätte sie sich vor der Trennung überlegen müssen. So ists sinnloses Jammern über verschüttete Milch. Statt loszuziehen und etwas Besseres oder wenigstens Neues zu suchen.

Offline Coltrane

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.280
  • Username: Coltrane
Re: Louise Glück?
« Antwort #24 am: 11.10.2020 | 21:58 »
Ja, es mag auch ein paar Gegenbeispiele geben.

Die Ode an die Freude nennt es übrigens einen "großen Wurf" einen Freund errungen oder ein holdes Weib gefreit zu haben.
Die Freude ist preiswürdig, weil sie alles andere als selbstverständlich ist.
:d

Offline Jiba

  • ערלעך מענטש
  • Mythos
  • ********
  • Bringing the J to RPG
  • Beiträge: 11.193
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Jiba
Re: Louise Glück?
« Antwort #25 am: 11.10.2020 | 22:15 »
Ich mag keine Leute, die nicht zu ihren Entscheidungen stehen wollen.

Okay, ich kenne dich nicht, aber ich glaube in der Absolutheit kann ich mir das nicht vorstellen. Du kennst garantiert Leute, die du magst, und die nicht zu jeder ihrer Entscheidungen immer absolut gestanden haben. Das ist nur menschlich.

Achteinhalb Verse lang bekommen wir Leser erzählt, wie sehr das lyrische Ich von der Beziehung die Nase voll hat... dass es die albernen Zwanghaftigkeiten und die geschmacklose Dekoration der Wohnung des Partners nicht mehr ertragen kann und dass es keine Lust mehr auf den Abwasch und den Standard-Sex hat.
Entschuldige, wenn ich hier ein wenig widersprechen muss.
Ich komme zwar in der Interpretation zum selben Ergebnis wie du, aber die von mir gefetteten Aussagen sind reine Assoziation. Nichts davon steht so im Text. Als "albern" empfindet sie das nicht, sie empfindet das als "crap", sie lehnt das vehement ab, sie spricht von nicht weniger als "Abuse" mit Frühstück und "Abuse" mit Bloody Maries. Die Wohnung des Partners wird nicht als geschmacklos beschrieben, sondern lediglich als voll mit Schnickschnack, Krimskrams ("bric-a-brac"), eine Wertung wie "geschmacklos" steckt da nicht drin – wir erfahren lediglich, dass in diesen Krempel "Liebesbriefe" drapiert wurden, die sie auch für Scheiße hält. Von Sex ist nirgendwo überhaupt die Rede. Das Lyrische Ich hegte die Blutarmut ihn ihrem Partner ("anemia") und führte ein brutales ("vicious", vielleicht auch nur "übles") Standard-Zusammenleben, ein Koexistieren gleichsam. Das ist alles, mehr steckt da erstmal nicht drin.

Dass wir das, was da steht, dann allegorisch auf Anderes beziehen, da sind wir dann schon einen Schritt weiter. Aber der Text gibt vieles, was du anbringst, in der Klarheit gar nicht her.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Huhn

  • Herrin der Wichtel
  • Famous Hero
  • ******
  • Federtier
  • Beiträge: 3.566
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Huhn
Re: Louise Glück?
« Antwort #26 am: 11.10.2020 | 22:26 »
Okay, ich kenne dich nicht, aber ich glaube in der Absolutheit kann ich mir das nicht vorstellen. Du kennst garantiert Leute, die du magst, und die nicht zu jeder ihrer Entscheidungen immer absolut gestanden haben. Das ist nur menschlich.
Nein! Die habe ich natürlich alle rücksichtslos aus meinem Leben verbannt!  ::) Mich selbst eingeschlossen! Mich gibts in meinem Leben gar nicht mehr! Übrig ist nur das rationale Superhuhn, dessen vollumfänglich gültige Meinung du dich hier zu lesen glücklich schätzen durftest! Nimm dir mal ein Beispiel an mir!
(Ich mag übrigens auch absolut und überhaupt nie keine Leute, die sich mit Wortklaubereien statt dem Inhalt meiner Aussagen befassen.)

Offline Huhn

  • Herrin der Wichtel
  • Famous Hero
  • ******
  • Federtier
  • Beiträge: 3.566
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Huhn
Re: Louise Glück?
« Antwort #27 am: 11.10.2020 | 22:39 »
Die "Morgenwonne" ist ein tolles Gedicht. Es ist aber sicherlich auch gerade deshalb bemerkenswert, weil seine Darstellung ungebrochener Freude außergewöhnlich ist. Wahrscheinlich wird auf die "Wonne" deshalb auch schon im Titel hingewiesen.

Sicherlich gibt es "glückliche Gedichte". Es gibt aber auch einen Schaffensdrang. Und der ist vielleicht doch größer, wenn nicht alles in Butter ist.
Es gibt ganze Riegen von unterhaltsamen Gedichten, die sich zumindest nicht mit Unglück befassen. Oder spricht Ottos Mops irgendwo tief in sich drinnen auch eigentlich von der existenziellen Angst Ottos, seinen Mops zu verlieren? Hat Hugo Balls Karawane Angst vor der endlosen Weite der Wüste? Spricht aus Kästners verhextem Telefon insgeheim das missbrauchte Kind, dem jeglicher Spaß genommen wird?  Was ist mit Alltagsdichtung zu herzlichen Anlässen? Jede gereimte Büttenrede - ein Schrei vereinsamter Seelen nach Aufmerksamkeit? Haribo macht Kinder froh - sterben muss man sowieso?  ;D

Zu sagen, dass Dichtung nur dem Ausdruck von Unglück diene, sagt viel über deine literarischen Vorlieben und deine Sicht auf Lyrik. Die ich ja nicht teilen muss. Ich denke sehr wohl, dass sich Lyrik häufig mit (starken) Emotionen befasst oder von ihnen getragen wird. Die müssen aber nicht zwingend negativ sein.

Offline Jiba

  • ערלעך מענטש
  • Mythos
  • ********
  • Bringing the J to RPG
  • Beiträge: 11.193
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Jiba
Re: Louise Glück?
« Antwort #28 am: 11.10.2020 | 22:56 »
@Huhn
Hey, bitte nicht so viele Ausrufezeichen. Wollte dir nicht zu nahe treten. Als Wortklauberei war das nicht gemeint, mehr als Überleitung zu meinem eigentlichen Punkt. Wir kennen alle Leute, die nicht immer zu ihren Entscheidungen stehen. Und wir kennen sicher auch Leute, die schon einmal beschissene Beziehungen gehabt haben. Oder vielleicht hatten wir auch selbst eine. Oder eine beschissene Freundschaft. Oder ein anderer Schicksalsschlag. Und wir haben dann auch schon einmal über irgendetwas gejammert. So richtig gejammert.

Und das, was Frau Glück hier schreibt, geht ja schon die die Richtung Alkoholismus und Missbrauch. Da öffnet sich wer in diesem Gedicht. Die gibt einen Einblick, dass selbst die Trennung von so einem Arschloch nicht einfach so abgefrühstückt werden kann. So geht es immer und immer wieder Menschen, die aus solchen Situationen kommen. Wie Chiarina sagt: Das Leben lässt sich eben nicht immer hübsch in Hier und Dort oder Schwarz und Weiß oder Happy und Sad zergliedern. Glück schreibt hier über Ambivalenzen (heck, die "Liebesbriefe zwischen dem Krimskrams" sind ja sprachlich geradezu possierlich präsentiert – gehasst hat sie sie trotzdem).

Ein "Hach, und jetzt lasst uns bitte alle ganz schön positiv nach vorne blicken" – dazu sind nicht alle Menschen direkt in der Lage. Die müssen erst einmal Wunden lecken. Und ganz im Ernst, wenn wir uns auf der Welt umgucken, dann bietet die uns verdammt viele Gelegenheiten, keine Hoffnung zu haben, nicht an das Positive zu glauben. In manchen Situation wirkt Optimismus nämlich auf so manchen Leser auch wie Eskapismus.

Tatsächlich kann der Konsum von "trauriger" Lyrik Leuten dabei helfen, ihre eigene Traurigkeit besser zu verarbeiten. In der Musik sehen wir das quasi ständig.
Ich glaube übrigens auch, dass wir uns auf einer tieferen Ebene mit uns und anderen auseinandersetzen, wenn wir das mit einer gewissen Ernsthaftigkeit tun (mal als Gegenstück zu Positivität benutzt, damit wir nicht bei dieser Traurigkeit verharren). Negative Gefühle sind schwieriger zu bewältigen, sie erschüttern uns mehr, sie haben ihren Ursprung häufig im Zwischenmenschlichen, in der Gesellschaft oder in politischen Gegebenheiten – kurz: Sie aufzuarbeiten, erzählt uns eigentlich immer etwas darüber, wie die Welt, aus einer ganz bestimmten Perspektive, tatsächlich wirken kann. Sie sagen uns "Hey, das müssen wir reparieren!"

Das ist jetzt aber nur ein Gedanke dazu. Ich will positiven Werken auch nicht ihre Wirkung oder eventuelle Genialität absprechen (einer meiner Lieblingsfilme, "Die fabelhafte Welt der Amélie" ist zum Beispiel positiv bis Anschlag). Aber ich habe gemerkt, dass Werke, die zumindest nicht gänzlich positiv sind, in der Regel mehr für mich als Leser tun. Die glaube ich einfach eher.

P.S: Interessant finde ich, dass wir "Unterhaltung" mit "Positivität" gleichsetzen. Das würde ich nicht tun. Horrorliteratur zum Beispiel kann wahnsinnig gut unterhalten, aber ist eher selten positiv.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Sashael

  • Gimli des Radsports
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Beiträge: 16.490
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sashael
Re: Louise Glück?
« Antwort #29 am: 11.10.2020 | 23:49 »
Aber ich habe gemerkt, dass Werke, die zumindest nicht gänzlich positiv sind, in der Regel mehr für mich als Leser tun. Die glaube ich einfach eher.
Ich finde es viel schwieriger, positive Emotionen gehaltvoll rüberzubringen, als negative. Jammern und rumheulen kann irgendwie jeder.

Aber wieviele Texte hast du schon gelesen, die Freude tatsächlich so in Worte gefasst haben, dass du das nachvollziehen konntest, dass dich dieses Gefühl ebenso gepackt hat? Geht mit Mimimi viel schneller und einfacher.

Misery loves company and company loves more.
Eben WEIL so viele lyrische Texte voller negativer Erlebnisse existieren, finde ich sie immer belangloser. Tragik wurde zur Massenware.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline Huhn

  • Herrin der Wichtel
  • Famous Hero
  • ******
  • Federtier
  • Beiträge: 3.566
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Huhn
Re: Louise Glück?
« Antwort #30 am: 12.10.2020 | 09:49 »
Ich sage gar nicht, dass Dichtung nur dem Ausdruck von Unglück dient.
So habe ich dein Zitat oben aber gelesen.
Zitat
"Wenn du glücklich bist, warum solltest du ein Gedicht schreiben?"
Oder andersherum formuliert: Du hast nur einen Anlass, ein Gedicht zu schreiben, wenn du unglücklich bist.

Wenn dir meine Beispiele alle nicht "literarisch" genug waren: Mit der Anakreontik gab es eine ganze Stilrichtung, die sich nur mit netten Dingen wie Liebe, Freundschaft, Natur, Wein und Geselligkeit und so Gedöns befasste. Ich hoffe, Goethe und Schiller genügen dann deinen Ansprüchen. Ich denke, wenn ich Literaturgeschichte studiert hätte, würden mir zahlreiche weitere Beispiele für Gedichte "nicht-unglücklichen" Inhalts einfallen. Spontan kommt mir noch die Naturlyrik (nicht nur) der Romantik in den Sinn, da gibt es zahlreiche Beispiele, in denen das lyrische Ich die Schönheit und Idylle der Natur bewundert.

Jedem das seine. Von mir aus auch Büttenreden.
Die muss ich jetzt aber nicht mit Luise Glück vergleichen, oder?
Ich bezog meine Beispiele gar nicht auf Louise Glück, denn die ist wohl wirklich nicht für ihre fröhliche Lustdichtung bekannt. Es geht mir um die von dir vermittelte Behauptung, Lyrik per se müsse halt immer tragischer/unglücklicher Natur sein. Und das stimmt nicht.  Man muss nicht unglücklich sein, um das Bedürfnis zu haben, zu dichten. Und einfach sämtliche, zahlreiche Gegenbeispiele, die ich anbringe, als sonderliche Ausnahmefälle oder wertlose Amateurdichtung abzutun, finde ich nicht sehr sachlich. Das vermittelt mir den Eindruck, dass du eine recht enge Vorstellung davon hast, was "ordentliche" Lyrik ist und alles, was da nicht reinpasst, wird einfach abgetan als nicht behandlungswürdig.

An der literarischen Qualität der Texte von Louise Glück habe ich nie gezweifelt. Das kann ich ohnehin nicht beurteilen.

Ich habe, um kurz auf Jibas Beitrag zu sprechen zu kommen, auch nicht gesagt, dass ich grundsätzlich etwas gegen traurige Gedichte habe. Ich les die gelegentlich auch sehr gerne. Ich mag nur persönlich diese Art besonders alltagsnahen Textes über zerrüttete Verhältnisse und die Auswegslosigkeit der Zivilisation nicht (nennen wir sie mal frei "Problemliteratur" - also "realistische" Literatur über Probleme moderner Menschen, die theoretisch so real auch auftreten könnten und die üblicherweise als nicht leicht oder vollständig auflösbar präsentiert werden und den Menschen in einer passiv seinen (bedrückenden) Umständen ausgesetzten Rolle zeigen).  Das gibt mir nichts, das deprimiert mich einfach nur.

Im Übrigen hat schon Arno Schmidt in den 1950-ern die Behauptung aufgestellt, dass aufgrund der Tatsache, dass die Nobel-Jury alles nur in Übersetzung liest, halt auch nur der mittelmäßig interessante Kram prämiert wird, der sich gut ins Schwedische Übersetzen lässt. Mal so als Denkanstoß, denn der Eindruck, dass nicht unbedingt das prämiert wird, was laut Anspruch des Nobelpreises "der Menschheit den größten Nutzen" gebracht und das "Vorzüglichste in idealistischer Richtung" geschaffen hat, ist ja nicht nur meiner.
Die taz unterdessen mutmaßt, dass Louise Glück unabhängig von ihrem tatsächlich wertvollen literarischen Schaffen vor allem deswegen prämiert wurde, weil man versuchte, die Preisvergabe diesmal bewusst unpolitisch zu halten.
« Letzte Änderung: 12.10.2020 | 09:56 von Huhn »

Offline Evil Batwolf

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 418
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Evil Batwolf
Re: Louise Glück?
« Antwort #31 am: 12.10.2020 | 10:39 »
...Spontan kommt mir noch die Naturlyrik (nicht nur) der Romantik in den Sinn, da gibt es zahlreiche Beispiele, in denen das lyrische Ich die Schönheit und Idylle der Natur bewundert....

Tja, schade, dass es die Idylle in der Natur so gar nicht gibt.

Romantik war eben auch eine Gegenbewegung zur Aufklärung, eskapistisch und manchmal ungesund individualistisch. Kann man als Beispiel für "positive" Dichtung heranziehen, muss man aber nicht.

Und über die handwerkliche Qualität derlei Schaffens ist damit noch gar nichts gesagt.

Am Ende ist die Befassung mit Kunst ein Dialog zwischen Künstler und Betrachter (Leser), also kann es immer sowohl am Werk als auch am Empfänger liegen, wenn da was nicht funktioniert. Oder an beiden.

Offline Sashael

  • Gimli des Radsports
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Beiträge: 16.490
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sashael
Re: Louise Glück?
« Antwort #32 am: 12.10.2020 | 11:14 »
Tja, schade, dass es die Idylle in der Natur so gar nicht gibt.
Natürlich gibt es die. Noch nie an einem ruhigen Sommertag durch Wald und Wiese gewandert?

Sehr idyllisch.

Dass es im "echten" Kreislauf des Lebens tatsächlich ausschließlich um fressen, gefressen werden und fortpflanzen geht, hat damit übrigens absolut nichts zu tun. Idylle ist ausschließlich eine (oberfächliche) Betrachtung des Augenblicks. Und liegt damit eben im Auge des Betrachters und nicht in den aktuellen (unsichtbaren) Geschehnissen.

Diese Gedichte von Fr.Glück sind auch nur subjektive Betrachtungen das aktuellen Zustands. Und enthalten das moderne Mimimi. Kraftlos, grau, reuevoll ... für mich inhaltlich uninteressant. Die Form passt tatsächlich zum Inhalt. So wenig Energie, wie die Person im Gedicht hat, so wenig hat sie auch in die Formulierung gesteckt.
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline Evil Batwolf

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 418
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Evil Batwolf
Re: Louise Glück?
« Antwort #33 am: 12.10.2020 | 11:55 »
...Idylle ist ausschließlich eine (oberfächliche) Betrachtung des Augenblicks. ...

Da wäre jetzt mein Problem, dass ich "oberflächlich" nicht unbedingt als Qualitätsmerkmal verstehe. Schon gar nicht, wenn man Oberflächlichkeit möchte, weil sich das kuschliger anfühlt und unterhaltsamer zu lesen ist.

Ich weiß, das ist jetzt fies überinterpretiert  ;).

Trotzdem. Für mich wäre dann "Wahrhaftigkeit" eher ein Kriterium für Qualität und preiswürdige Kunst. Aber auch dieser Begriff ist zugegeben in hohem Maße subjektiv.

Offline Huhn

  • Herrin der Wichtel
  • Famous Hero
  • ******
  • Federtier
  • Beiträge: 3.566
  • Geschlecht: Weiblich
  • Username: Huhn
Re: Louise Glück?
« Antwort #34 am: 12.10.2020 | 15:00 »
Ah ok. Tiefgründig kann etwas nur sein, wenn es sich mit menschlichem Elend befasst. Alles andere ist oberflächlicher Eskapismus. Wer das nicht versteht, ist halt kein wertvoller Dichter und Denker sondern bloß sone reimende Ulknudel. Das lustige Huhn verlässt dann hier mal die hohen Hallen der einzig waren Kunst. ::)

Offline Faras Damion

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.664
  • Username: Faras Damion
Re: Louise Glück?
« Antwort #35 am: 12.10.2020 | 15:17 »
Die Frau hat 50 Jahre lang Gedichte geschrieben und es wird hier nur über zwei geredet und ihr Werk daran bewertet? Ernsthaft?

Reden wir doch über ihre Einbeziehung der griechischen und römischen Mythen. Wir sind schließlich ein Rollenspielforum.    ^-^
Method Actor: 92%, Storyteller: 67%, Tactician: 58%, Power Gamer: 46%, Casual Gamer: 29%, Butt-Kicker: 21%, Specialist: 13%

Offline tartex

  • Titan
  • *********
  • Freakrollfreak und Falschspieler
  • Beiträge: 13.502
  • Username: tartex
Re: Louise Glück?
« Antwort #36 am: 12.10.2020 | 15:21 »
Ah ok. Tiefgründig kann etwas nur sein, wenn es sich mit menschlichem Elend befasst. Alles andere ist oberflächlicher Eskapismus. Wer das nicht versteht, ist halt kein wertvoller Dichter und Denker sondern bloß sone reimende Ulknudel. Das lustige Huhn verlässt dann hier mal die hohen Hallen der einzig waren Kunst. ::)

Was erwartest du in einem Rollenspielforum, wo die Mehrheit der Leute wahrscheinlich auch nur Metal und Goth hört?  >;D
Die Zwillingsseen: Der Tanelorn Hexcrawl
Im Youtube-Kanal: Meine PnP-Let's-Plays

Offline Sashael

  • Gimli des Radsports
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Beiträge: 16.490
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sashael
Re: Louise Glück?
« Antwort #37 am: 12.10.2020 | 15:48 »
Die Frau hat 50 Jahre lang Gedichte geschrieben und es wird hier nur über zwei geredet und ihr Werk daran bewertet? Ernsthaft?

Reden wir doch über ihre Einbeziehung der griechischen und römischen Mythen. Wir sind schließlich ein Rollenspielforum.    ^-^
Würde ich ja gerne. Hast du mal Links?

Die beiden Gedichte find ich wie schon zu bemerken war, Mist. ;)
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline Faras Damion

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.664
  • Username: Faras Damion
Re: Louise Glück?
« Antwort #38 am: 12.10.2020 | 16:01 »
Nutze Google selbstständig.  ::)
Method Actor: 92%, Storyteller: 67%, Tactician: 58%, Power Gamer: 46%, Casual Gamer: 29%, Butt-Kicker: 21%, Specialist: 13%

Offline Sashael

  • Gimli des Radsports
  • Moderator
  • Titan
  • *****
  • Beiträge: 16.490
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Sashael
Re: Louise Glück?
« Antwort #39 am: 12.10.2020 | 17:16 »
Nutze Google selbstständig.  ::)
Also wenn du irgendwas behauptest,solltest du es auch nachweisen können.

Ich hab jetzt noch ein halbes Dutzend ihrer 'Werke" gelesen und bin von der Frau immer weniger beeindruckt.
Das sind nichtreimende Prosatexte in Gedichtlayout,  belanglose Gedankenspielereien hart an der Grenze zu automatischem Schreiben.

Wenn das ausreicht, um heutzutage einen Literaturnobelpreis zu bekommen ...  ::)
"Ja natürlich ist das Realitätsflucht. Was soll daran schlecht sein? Haben Sie sich die Realität in letzter Zeit mal angesehen? Sie ist grauenhaft!"


Leitet Itras By mit Battlemap. ;D

Offline Faras Damion

  • Hero
  • *****
  • Beiträge: 1.664
  • Username: Faras Damion
Re: Louise Glück?
« Antwort #40 am: 12.10.2020 | 17:30 »
Also wenn du irgendwas behauptest,solltest du es auch nachweisen können.

Ich hab jetzt noch ein halbes Dutzend ihrer 'Werke" gelesen und bin von der Frau immer weniger beeindruckt.
Das sind nichtreimende Prosatexte in Gedichtlayout,  belanglose Gedankenspielereien hart an der Grenze zu automatischem Schreiben.

Wenn das ausreicht, um heutzutage einen Literaturnobelpreis zu bekommen ...  ::)

Deine Meinung ist völlig in Ordnung. :)

Ich kann auch nichts mit ihr anfangen, aus anderen Gründen.

Aber ich kann verstehen, dass sie die ganze Preise bekommen hat und ich finde ihre Entwicklung durchaus spannend.


Method Actor: 92%, Storyteller: 67%, Tactician: 58%, Power Gamer: 46%, Casual Gamer: 29%, Butt-Kicker: 21%, Specialist: 13%

Offline Evil Batwolf

  • Experienced
  • ***
  • Beiträge: 418
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Evil Batwolf
Re: Louise Glück?
« Antwort #41 am: 12.10.2020 | 18:52 »
Ah ok. Tiefgründig kann etwas nur sein, wenn es sich mit menschlichem Elend befasst. ...

Reich-Ranicki hat das so gesehen. Das muss man nicht teilen (tu ich übrigens auch nicht  ;)), ist dann aber offenbar auch kein so völlig abwegiger Standpunkt.

Das lustige Huhn verlässt dann hier mal die hohen Hallen der einzig waren Kunst. ::)

Schade, hätte mich interessiert, warum Du Deinen Schwerpunkt so stark auf "positive Grundstimmung" legst, also im Grunde die andere Seite der Reich-Ranicki-Medaille ins Licht hältst. Ich finde ja, der oben erwähnte Ringelnatz wäre ein schönes Beispiel für eine gute Mischung. Der war mal humorvoll und satirisch, mal melancholischer in seinem Werk. Eigentlich ein Beleg, dass sowohl das eine wie das andere wahrhaftig sein kann.

Offline Jiba

  • ערלעך מענטש
  • Mythos
  • ********
  • Bringing the J to RPG
  • Beiträge: 11.193
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Jiba
Louise Glück?
« Antwort #42 am: 22.10.2020 | 21:51 »
Wilhelm Busch fiele mir als ein winziger und zugleich wahrhaftiger Dichter noch ein.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline tartex

  • Titan
  • *********
  • Freakrollfreak und Falschspieler
  • Beiträge: 13.502
  • Username: tartex
Re: Louise Glück?
« Antwort #43 am: 23.10.2020 | 10:06 »
Wilhelm Busch fiele mir als ein winziger und zugleich wahrhaftiger Dichter noch ein.

Also "winzig" ist natürlich nochmals ein anderer Anspruch.
Die Zwillingsseen: Der Tanelorn Hexcrawl
Im Youtube-Kanal: Meine PnP-Let's-Plays

Offline Jiba

  • ערלעך מענטש
  • Mythos
  • ********
  • Bringing the J to RPG
  • Beiträge: 11.193
  • Geschlecht: Männlich
  • Username: Jiba
Re: Louise Glück?
« Antwort #44 am: 23.10.2020 | 10:42 »
Naja, seine Werke sind ja häufig amüsante Miniaturen.  ;)
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini