Autor Thema: Was macht ein System kampagnentauglich?  (Gelesen 3658 mal)

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Offline RackNar

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Was macht ein System kampagnentauglich?
« am: 5.02.2022 | 17:13 »
Moin,

irgendwo hier im Forum hatte ich vor Kurzem gelesen, ein System sei nicht kampagnentauglich. Seitdem frage mich, was es für Kriterien gib, die das festlegen. Ich persönlich sehe hier eher eine Frage des unterstützten oder eben nicht unterstützten Spielstils. Aber ich will nicht ausschließen, dass es Systeme gibt, die es per Definition nicht sind. Also was macht ein System, nicht die Welt oder die Abenteuer dazu? Zu wenig Progression der Werte?
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Offline duderino

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #1 am: 5.02.2022 | 17:19 »
Warhammer 2nd, weil die Gruppe es sowieso niemals lebend nach Middenheim schafft.

Offline Maarzan

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #2 am: 5.02.2022 | 17:21 »
Mangelnde Progression ist eins.
Mangelnde Detailiertheit wäre für mich eine weitere.
Mangelnde Variabilität in der Progression würde ich aber für mich inzwischen auch noch dazu nehmen, hat mich aber früher nicht gestört.
OK, eine komplett neue Ausbildung (und das ggf spontan) zu machen ist ggf auch etwas viel verlangt, aber wenn man auch unter neuen Lebensumständen so gar nicht aus seinem bisherigen Pfad kommt, stört mich das auch erheblich.
 
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Offline duderino

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #3 am: 5.02.2022 | 17:27 »
Stimme Maarzan hier bei allen Punkten zu. Ich selbst bin auch Progressions-Vernarrt, wenn es ums längerfristige Spielen geht. (Kenne aber auch Spieler, denen es anders geht, die stört das garnicht, dass ihr Zwerg immer der gleiche trinkfeste Geselle bleibt, der primär Hammerschwingen kann, und darin auch nicht nennenswert besser wird).

Die Sache mit Warhammer war ein bisschen humorvoll formuliert, aber im Kern ernst gemeint: Wenn Charaktere Wegwerf-Ware sind, weil das System zu tödlich ist, ist das bei mir schnell ein no-go bzgl Kampagnentauglichkeit. Wie war das mit Cthuluh tötete 1d6 Charaktere pro Runde?

Offline Alexandro

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #4 am: 5.02.2022 | 17:28 »
Wenn die Spieler es nicht langfristig spielen wollen.  ;)

Ganz ehrlich: jedes der hier vorgebrachten "Ausschlusskriterien" für Kampagnenspiel habe ich schonmal in einem System erlebt, welches wir in einer längeren Kampagne gespielt haben.

Persönlich mag ich es mittlerweile nicht mehr so sehr, wenn man sich zwischen den Spielsitzungen ausführlich mit seinem Charakter beschäftigen muss (Steigerungen planen, umfangreiche Feat-Beschreibungen einer Textanalyse unterziehen, etc.), aber ich habe auch schon in Kampagnen gespielt, wo das die Norm war (und trotzdem Spaß gehabt).
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Offline Kaskantor

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #5 am: 5.02.2022 | 17:30 »
Tödlichkeit ist schon ein Punkt, oder wenn man vor lauter Wahnsinn seinen Char eh nimmer richtig spielen kann, oder man so mutiert ist, dass man sofort hingerichtet wird.

Gibt da so einiges...:)
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Offline flaschengeist

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #6 am: 5.02.2022 | 17:32 »
Mangelnde Progression ist eins.
Mangelnde Detailiertheit wäre für mich eine weitere.
Mangelnde Variabilität in der Progression [...]

Ich teile diese Kriterien, wobei ich anerkenne, dass da draußen ein Spielstil existiert, der unter Progression auch die Veränderung von Persönlichkeit und Beziehungsnetzwerken fassen würde. Nach dieser Definition wäre dann jedes System kampagnentauglich, weil das auch ganz ohne Regeln geht (wenngleich Regelmechaniken auch hier unterstützen können).

Edit: Genau, nicht zu hohe Tödlichkeit ist auch ein wichtiger Punkt, sofern keine Wiederbelebung o.Ä. verfügbar ist.
« Letzte Änderung: 5.02.2022 | 17:34 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittelgewichtiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline Antariuk

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #7 am: 5.02.2022 | 17:39 »
Blades in the Dark wäre ein Beispiel, das mir sofort einfällt.

Das System mit integriertem Setting ist für offenes Sandboxing gemacht und eignet sich für eine Fertigkampagne (die man z.B. aus anderen Systemen adaptieren könnte) schon deshalb nicht, weil die eingebauten Eskalationsschrauben es unmöglich machen, ein "offenes Fahrwasser" für die SCs in Richtung vorgedachter Plot zu garantieren - allein durch die Mechanik des Stressabbaus kann ein SC mit Würfelpech (oder -glück, je nachdem wie man es sieht) in große Schwierigkeiten geraten, die die Dynamik der gesamten Gruppe zum Gefüge der befreundeten und verfeindeten Fraktionen verändern. Das eskaliert dann wie ein Schneeballsystem und macht Kampagnen, wo von vorneherein NSC oder Fraktionen so-und-solange leben müssen oder X oder Y tun sollten, quasi unmöglich, außer die Spielleitung regelt permanent gegen gewürfelte Ergebnisse oder lässt Teile der Regeln weg.

In diesem Kontext würde ich sagen, dass Blades dadurch (plan-)kampagnenuntauglich ist, weil alle SCs jederzeit Konflikte erzeugen oder Traumas erleiden können, die Motivationen grundlegend verändern kann, wenn man sie halbwegs ausspielt. Ein vorgegebenes, stringentes Plotgefüge verbietet sich da eigentlich automatisch.
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Offline Kurna

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #8 am: 5.02.2022 | 17:42 »
Für mich käme noch hinzu, dass Progression nicht zu schnell sein sollte.
In unseren Kampagnen, werden die Charaktere über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte gespielt. Da ich nicht gerne im "Superhero-Modus" spiele, ist es mir wichtig, dass die Charaktere auch dann noch "geerdet" sind. Gerne langsam kompetenter werdend, aber nicht mega-übermächtig.
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Offline Maarzan

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #9 am: 5.02.2022 | 17:42 »
Ich teile diese Kriterien, wobei ich anerkenne, dass da draußen ein Spielstil existiert, der unter Progression auch die Veränderung von Persönlichkeit und Beziehungsnetzwerken fassen würde. Nach dieser Definition wäre dann jedes System kampagnentauglich, weil das auch ganz ohne Regeln geht (wenngleich Regelmechaniken auch hier unterstützen können).

Edit: Genau, Tödlichkeit ist auch ein wichtiger Punkt, sofern keine Wiederbelebung o.Ä. verfügbar ist.

Wenn es nicht behandelt ist, aber gewünscht wird, ist das doof, aber mit entsprechend Arbeit und ggf Randproblemen dann selbst ergänzbar.  Das System wäre dann suboptimal, aber nicht aktiv behindernd.
Sind solche Regeln erst einmal drin und behindern, dann ist das meiner Erfahrung nach ein deutlich größerer Widerstand gegen Reparatur und vor allem kommt ohne Vorerfahrung zu dem Thema die Erkenntnis "so klappt es nicht" dann ggf (zu) spät, nachdem es bereist Ärger gab.
OK, für "Haben wir nicht, bräuchten wir aber, da wir gerade feststellen das spontane Ruling funktioniert doch nicht" gilt ja eigentlich dasselbe.

Gute Regeln >  keine Regeln > schlechte Regeln.
Wobei keine Regeln dann bei intensiverer Belastung meiner Erfahrung nach dann zu im Schnitt eher schlechten, weil eben spontan und ohne Gesamtübersicht bzw. Chance zum Check ausgeführten Rulings führt.


Für mich käme noch hinzu, dass Progression nicht zu schnell sein sollte.
In unseren Kampagnen, werden die Charaktere über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte gespielt. Da ich nicht gerne im "Superhero-Modus" spiele, ist es mir wichtig, dass die Charaktere auch dann noch "geerdet" sind. Gerne langsam kompetenter werdend, aber nicht mega-übermächtig.

Ja, die Progression sollte (meinem Geschmack nach) nicht nur "besser bei meinem bisherigen Pfad" (das sollte tatsächlich auch nicht zu schnell gehen, nur halt dann merklich) sondern eben die "Nebenerwerbe" berücksichtigen.
« Letzte Änderung: 5.02.2022 | 17:44 von Maarzan »
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Offline nobody@home

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #10 am: 5.02.2022 | 18:32 »
Ich denke, das ist mit eine Funktion der angepeilten Kampagnenlänge. Manche Systeme (wie beispielsweise einige prominente Mitglieder der pbtA-Familie) sind von vornherein darauf ausgelegt, daß die Abenteuer einer bestimmten Gruppe SC irgendwann ihr "natürliches" Ende erreichen -- die taugen dann logischerweise nicht so gut für ausgesprochenes Endlosspiel, zumindest nicht mit immer noch denselben Verdächtigen, aber als direkt kampagnenuntauglich würde ich sie deswegen noch lange nicht bezeichnen.

Offline Space Pirate Hondo

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #11 am: 5.02.2022 | 18:32 »
Als Spielleiter ist mir ganz wichtig, dass ich Regeln habe, eigene Inhalte zu erstellen. Ich möchte nicht komplett auf die offizellen Abenteuer/Kampagenen angewiesen sein, sondern in der Lage sein, eigene NSC und Szenen zu basteln.

Ich teile diese Kriterien, wobei ich anerkenne, dass da draußen ein Spielstil existiert, der unter Progression auch die Veränderung von Persönlichkeit und Beziehungsnetzwerken fassen würde. Nach dieser Definition wäre dann jedes System kampagnentauglich, weil das auch ganz ohne Regeln geht (wenngleich Regelmechaniken auch hier unterstützen können).

Edit: Genau, nicht zu hohe Tödlichkeit ist auch ein wichtiger Punkt, sofern keine Wiederbelebung o.Ä. verfügbar ist.

Bei narrativen System würde ich die Anzahl der Sitzungen auf 8-10 beschränken, sodass die Geschichte im Vordergrund steht, ohne dass die Spieler anfangen ihre Charaktere langweilig zu finden.

Offline Crimson King

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #12 am: 5.02.2022 | 18:47 »
Spiele mit klaren Abbruchbedingungen und engem inhaltlichen Fokus dürften für Kampagnen einfach nicht taugen. Die gibt es allerdings meines Wissens nur im Indie-Sektor. Da gibt es Spiele, die ganz explizit als One Shots konzipiert sind, bspw. Fiasco, Montségur, Witch - Road to Lindisfarne.

Ansonsten sehe ich erst mal nicht viel. Schnelle Progression führt zu kurzen Kampagnen, aber die Frage bezog sich ja nicht darauf, welche Systeme nur für Megakampagnen mit einer dreistelligen Zahl an Spielsitzungen taugen. Regelkomplexität ist Geschmackssache. Bei Cthulhu wird man eine Kampagne wahrscheinlich nicht mit den Charakteren beenden, mit denen man sie gestartet hat, aber auch das ist eine Frage des Spielstils, kein grundsätzlicher Blocker.

Ich mag darüber hinaus duderinos gedanklichen Ansatz aus der ersten Antwort. ;)
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J.W. von Goethe

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #13 am: 5.02.2022 | 19:20 »
Einige meinen, wenn sie Kampagne sagen, 10 Sitzungen, andere meinen 100+ Sitzungen. Für letzteres ist eine Form der Progression sinnvoll, die langfristige Ziele voraussetzt. Das wiederum setzt eine gewisse Menge und Granularität von Spielwerten voraus. Außerdem braucht man ein Setting, das genug hergibt.
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Variety

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #14 am: 5.02.2022 | 19:49 »
Perfekte Frage für mein Anliegen, da ich überlege, Fate wieder eine Chance zu geben. Was mich allerdings bei Fate abschreckt, ist die oft ins Spiel gebrachte fehlende Kampagnentauglichkeit. Irgendwie hängt Fate der Ruf an, ein schlichtes Oneshot-/Fewshot-System zu sein.

Offline Crimson King

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #15 am: 5.02.2022 | 20:20 »
Perfekte Frage für mein Anliegen, da ich überlege, Fate wieder eine Chance zu geben. Was mich allerdings bei Fate abschreckt, ist die oft ins Spiel gebrachte fehlende Kampagnentauglichkeit. Irgendwie hängt Fate der Ruf an, ein schlichtes Oneshot-/Fewshot-System zu sein.

Das stimmt allerdings nicht. Die Frage ist nur, was du von der Kampagne erwartest. DnD bietet beispielsweise eine krasse Progression von Level 1 bis 20, erst kämpfst du mit Ratten, später mit Göttern. Das bietet FATE In der Form nicht. Du fängst da schon sehr weit oben an, steigst ab da aber nicht mehr so krass. Was FATE dafür gut kann, ist Veränderungen am Charakter abbilden, indem sich Aspekte verändern.

Die 200-Sitzungen-Megakampagne würde ich aber mit FATE tatsächlich nicht leiten wollen. Was nicht heißt, dass es nicht geht.
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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #16 am: 5.02.2022 | 20:31 »
Perfekte Frage für mein Anliegen, da ich überlege, Fate wieder eine Chance zu geben. Was mich allerdings bei Fate abschreckt, ist die oft ins Spiel gebrachte fehlende Kampagnentauglichkeit. Irgendwie hängt Fate der Ruf an, ein schlichtes Oneshot-/Fewshot-System zu sein.

Könnte ich regelseitig erst mal nicht nachvollziehen. Fate gehört aus meiner Sicht zu den Systemen mit langsamer getaktetem Nettoaufstieg (ca. nach jedem Szenario/alle 2-4 Sitzungen eine Fertigkeit um 1 erhöhen, aber auch nur, wenn da, wo man mit ihr hinwill, gerade Platz ist...) und auf Wunsch niedriger bis potentiell nichtexistenter Tödlichkeit für SC -- das sollte sich für längere Kampagnen eigentlich sogar eher anbieten.

Was Fate halt nicht hat, sind lange Fertigkampagnen, und bis ins Letzte ausdetaillierte Settings sind auch eher Mangelware (auch wenn ich nicht behaupten will, daß es sie überhaupt nicht gibt -- Sachen wie Mindjammer oder Malmsturm bemühen sich ja doch schon einigermaßen, einen zu erschlagen, sie sind dabei nur im Vergleich zu den relativ kurz angerissenen Worlds of Adventure und dergleichen eben Ausnahmen). Aber auch von den "Kurzfassungen" eignen sich durchaus einige wie mMn etwa CAMELOT Trigger oder Masters of Umdaar schon dazu, längere Zeit dabei zu bleiben, solange sich eben die Motivation von SL und Gruppe hält; beide Beispiele bieten einiges an potentiellem Spielplatz und eine praktisch offene Settingzukunft.

Pyromancer

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #17 am: 5.02.2022 | 20:55 »
Wichtig sind für mich "Downtime-Regeln". Das System muss behandeln, was die SCs tun, wenn sie nicht "auf Abenteuer" sind. Dazu überhaupt Regeln für das Verstreichen von Zeit.

Offline Timo

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #18 am: 5.02.2022 | 20:58 »
Ich würde erstmal knallhart sagen als Antwort auf die Frage:

SL und Spielergruppe-die machen ein System kampagnentauglich
Es kommt immer drauf an, was man gemeinsam erleben möchte. Wenn wir mit Serien  vergleichen:
-Firefly hat bei ein paar Charakteren Entwicklungen der Fähigkeiten, andere bleiben auf einem Niveau
-Buffy/Angel-klassische Monster of the Week Serie mit diversen Powerlevelsteigerungen der Charaktere
-Lindenstraße...die Leute wurden älter, starben,  neue kamen dazu, lief ewig und wurde von vielen geguckt

Also kann man im Vergleich eine Kampagne mit einem System spielen, dass klare Regeln für Charakterprogression hat(D&D), und/oder auch Entwicklung der Welt (Fate in gewisser Weise) aber auch Systeme, bei denen der normale Nutzer sagen würde taugt nur für einen OneShot/Kurzkampagne (oder ist darauf ausgelegt) wie zB Dread oder Cthulhu kriegt man eine längere Kampagne hin.

Man könnte bei letzterem Mitglieder einer Organisation spielen, die Organisation lernt mit jedem Tod von Charakteren dazu und schickt dann neue Agenten ins Feld. Alternativ eine verfluchte Familie die den Fluch der auf ihr liegt über mehrere Generationen hinweg versucht zu brechen und im Laufe der Kampagne haben die Spieler Teilerfolge bis im großen Finale der Kampagne der Fluch gebrochen wird (von den Urururur..enkeln der ersten Charaktere)
-----

Eine nicht so philosophische Antwort wäre, zur einfachen Handhabung und Verständnis der Teilnehmer, sollte es ein System sein, dass die Teilnehmer über viele Sessions hinweg bei Laune halten kann, sei es durch Plot-, Welt- oder Charakterenwicklungsmöglichkeiten. Der gesunde Menschenverstand würde sagen, am besten wenn alle 3 drin sind.  ;)
Gut wäre es noch, wenn das System nicht zu tödlich ist, damit man möglichst lange mit seinen liebgewonnenen Figuren spielen kann.

D&D5 scheint da den Nerv gut zu treffen, DSA übrigens ebenso, nur halt biederer  :P  ;)


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Offline Arkam

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #19 am: 6.02.2022 | 08:33 »
Hallo zusammen,

ich habe mich hingesetzt und Paranoia, das eigentlich bei vielen als Kampagnen untauglich gilt Kampagnen tauglich gemacht.

Um Paranoia, https://www.tanelorn.net/index.php/topic,114002.150.html, kampagnentauglich zu machen musste ich die Art wie man das Spiel, laut Regelbuch, spielen sollte verändern.
Die Regeln gehen eigentlich von kurzen unzusammenhängenden Spielen mit immer neuen Charakteren aus. Hinzu kommt das viele Spieler eine sehr hohe Charakter Sterblichkeit mit dem System verbinden.

Interessanter Weise ist in die Regeln bereits ein System, Verrätersterne, integriert das man nur noch nutzen muss um zu hohen Charakterverlusten, obwohl von jedem Charakter noch fünf Klone existieren, vorzubeugen.

Haben Spielleitung und Spieler diesen Prozess erst Mal geschafft ist das System hervorragend Kampagnen tauglich. Jeder Charakter hat mindestens drei Gruppierungen mit teilweise widersprechenden Interessen in denen er aufsteigen kann und dadurch Vorteile erreichen kann.
Man kann also sowohl von den spieltechnischen Steigerungen als auch durch erzählerrische Fortschritte Vorteile im Spiel bekommen.

Gruß Jochen
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Offline Raven Nash

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #20 am: 7.02.2022 | 12:27 »
Für mich ist es vor allem immer die Frage: "Was kann ich mit dem Char noch machen?"
Das bedeutet einerseits, dass es Entwicklungsmöglichkeiten geben muss - sowohl auf dem Charblatt, als auch innerhalb einer Story. Wenn der Char also zu früh an den Punkt kommt, an dem er nur noch den Beruf wechseln kann, finde ich das langweilig. Ebenso langweilig finde ich es aber, wenn nur noch Intrigenspiel möglich ist, weil der Char halt alles einfach weghaut (oder man dazu zu den Dämonen nach Hause gehen muss) - und ich mag Intrigenspiel nicht (weder in echt noch in der Fiktion).

Es braucht also ein gesundes Mittelmaß an Fortschritt und Fähigkeit. "Mitskalierende" Bedrohungen finde ich da auch immer recht billig - einer meiner Kritikpunkte an 5E ist ja das blöde "balanced Encounter-Design". Geht zum Glück auch ohne.

Bei StarWars geht es ganz gut - ich hab eine Kampagne durch die komplette OT-Zeit geführt und am Ende waren die Chars zwar stark, konnten aber immer noch von einer Abteilung klug agierender Sturmtruppen in Bedrängnis gebracht werden.
Anders bei RoT-Genesys. Da war der Magier gleich zu Beginn in der Lage, Kämpfe problemlos zu entscheiden.

TOR ist durch seine Aufstiegsstruktur ebenfalls super für lange Kampagnen - ist ja auch das default-Programm.

Bei 5E muss man schon ein wenig eingreifen als DM, geht aber an sich auch recht gut. Zumindest, wenn man keine Gruppe hat, die auf den RAW Aufstieg pocht.
Aktiv: LevelUp! A5e
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Offline felixs

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #21 am: 7.02.2022 | 12:47 »
Es ist hier ja schon in mehreren Beiträgen angeklungen: Es kommt darauf an, was "Kampagne" bedeuten soll.
Die meisten meinen, wenn sie von "Kampagne" sprechen, eine Reihe von Episoden ("Abenteuer"), die durch einen Handlungsfaden zusammengehalten werden, oder dadurch, dass man sie mit den gleichen Figuren bespielt.
Oft wird erwartet, dass während einer Kampagne Veränderungen (meist Verbesserungen) an den Spielwerten der Figuren vorgesehen sind. Nötig ist das eigentlich nicht - es sind auch (reizvolle) Kampagnen denkbar, in denen die Spielwerte aller Figuren gleich bleiben. Aber die klassische Genrekonvention, gerade bei Fantasy, ist wohl die Kampagne mit allmählichem Stufenaufstieg der Figuren und der Verbesserung in einem Steigerungssystem. Wenn ein System das nicht macht oder nicht gut macht, kann man vielleicht davon sprechen, dass es ungeeignet für Kampagnen sei.

Für mich funktionieren Kampagnen grundsätzlich auch ohne ein Steigerungssystem. Wer mehr Wert auf regelseitig unterstützte Figurenentwicklung durch Spielwertveränderung legt, der wird das nicht missen wollen.

Letztlich hängt alles an den persönlichen Erwartungen und was man halt spielen möchte. Und am Ende zeigt die Praxis, was funktioniert - mich hat schon häufig überrascht, wie sehr sich das Spielgefühl eines Spiels vom Lesegefühl beim Regelstudium unterscheidet.

Die meisten Kampagnen scheitern - meiner Erfahrung nach - nicht an den Regeln, sondern an mangelnder Ausdauer oder Ermüdung (eines Teils) der Gruppe.
« Letzte Änderung: 7.02.2022 | 17:41 von felixs »
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Offline 1of3

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #22 am: 7.02.2022 | 13:04 »
Die Möglichkeit "noch ein Abenteuer" zu spielen. Wobei Abenteuer nicht notwendiger Weise linear aufeinander folgen müssen. Das hat gewisse Voraussetzungen.

Das Spiel darf kein eingebautes Ende oder festgesetzte Handlung haben. Lady Blackbird, Bluebird's Bride und ähnliche fancy Indiegames sind raus.

Es muss explizit Muster geben neue Handlungen zu erzeugen. Noch ein Monster. Noch ein Schurke. Noch eine Insel. Dazu muss klar sein, was diese Dinge im Sinne des Spiels ausmacht. Eine große Zahl von Spielen im 90er-Muster ist hier raus. All jene, wo man sich frag: Was tut man hier? Mage, Degenesis...

Es sollte eine ebenfalls eine Erinnerungs-Elemente geben, die auf vergangene Abenteuer zurückverweisen, aber irgendwie auch eine Differenz bilden. Die meisten Spiele lösen das damit, dass man die selben Hauptfiguren weiter spielt und die sich irgendwie ändern, sei es dass sie neue Fähigkeiten oder Schätze bekommen. Erinnerung und Differenz bestehen dann darin, dass man bei dem Monster/Schurken/Insel früher das noch nicht so gekonnt hätte. Man kann aber auch andere Sachen machen. With Great Power ist perfekt kampagnenfähig und da wird niemand besser. Man kann höchstens Sachen austauschen oder sie während eines Handlungsbogens verbrennen. Das macht wahrscheinlich niemand mehr als drei oder vielleicht vier mal, aber dann wahr es eben so eine Kampagne.

Kampagnenfähigkeit ist also Möglichkeit Handlungsmuster variiert wiederholen zu können.

Offline ArneBab

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #23 am: 7.02.2022 | 13:29 »
abo  :d
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
Zettel-RPG — Ein Kurzregelwerk auf Post-Its — für Runden mit Kindern.
Flyerbücher — Steampunk trifft Fantasy — auf einem Handzettel.
Technophob — »Wenn 3D-Drucker alles her­stel­len können, aber nicht dürfen, dann ist Techschmuggel Widerstand und Hacken Rebellion.«

Offline Doc-Byte

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #24 am: 7.02.2022 | 16:05 »
Dem Shadowrun Anarchy Regelwerk hängt der Ruf nach, nicht wirklich für ein langfristiges Spiel geeignet zu sein. - Andererseits sagen die Meisten, die es wirklich gespielt haben, dass es out-of-the-box gar nicht spielbar ist. Von daher kann man das mit der Kampagnentauglichkeit dann auch direkt mit hausregeln. ;D Das Hauptproblem im Falle von SR:A ist wohl tatächlich die sehr beschränkte Möglichkeit zur Charakterentwicklung, aber da sehe ich eigentlich auch gar nicht das Ziel dieser alternativen Regeln.
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Offline Gunthar

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #25 am: 8.02.2022 | 08:41 »
Komisch, das eingeschränkte Gefühl bei SR:A bei der Charakterentwicklung hatte ich irgendwie nur bei den im Buch vorgefertigten Charakteren. Man kann die Schranken aushebeln, wenn man will.
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Offline JS

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #26 am: 8.02.2022 | 09:02 »
Dem Shadowrun Anarchy Regelwerk hängt der Ruf nach, nicht wirklich für ein langfristiges Spiel geeignet zu sein. - Andererseits sagen die Meisten, die es wirklich gespielt haben, dass es out-of-the-box gar nicht spielbar ist. Von daher kann man das mit der Kampagnentauglichkeit dann auch direkt mit hausregeln. ;D Das Hauptproblem im Falle von SR:A ist wohl tatächlich die sehr beschränkte Möglichkeit zur Charakterentwicklung, aber da sehe ich eigentlich auch gar nicht das Ziel dieser alternativen Regeln.

Wir haben es eine Kampagne lang gespielt. Somit geht das. Es hat ein paar nervige Lücken, und die Spieler haderten mit dem Fehlen der NY, aber regeltechnisch war es kein Ding.
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

Offline tanolov

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #27 am: 8.02.2022 | 13:46 »
Blades in the Dark wäre ein Beispiel, das mir sofort einfällt.

Das System mit integriertem Setting ist für offenes Sandboxing gemacht und eignet sich für eine Fertigkampagne (die man z.B. aus anderen Systemen adaptieren könnte) schon deshalb nicht, weil die eingebauten Eskalationsschrauben es unmöglich machen, ein "offenes Fahrwasser" für die SCs in Richtung vorgedachter Plot zu garantieren - allein durch die Mechanik des Stressabbaus kann ein SC mit Würfelpech (oder -glück, je nachdem wie man es sieht) in große Schwierigkeiten geraten, die die Dynamik der gesamten Gruppe zum Gefüge der befreundeten und verfeindeten Fraktionen verändern. Das eskaliert dann wie ein Schneeballsystem und macht Kampagnen, wo von vorneherein NSC oder Fraktionen so-und-solange leben müssen oder X oder Y tun sollten, quasi unmöglich, außer die Spielleitung regelt permanent gegen gewürfelte Ergebnisse oder lässt Teile der Regeln weg.

In diesem Kontext würde ich sagen, dass Blades dadurch (plan-)kampagnenuntauglich ist, weil alle SCs jederzeit Konflikte erzeugen oder Traumas erleiden können, die Motivationen grundlegend verändern kann, wenn man sie halbwegs ausspielt. Ein vorgegebenes, stringentes Plotgefüge verbietet sich da eigentlich automatisch.

das eröffnet jetzt die frage was eine kampagne ist.

für mich ist kampagne immer auf längeres spiel (willkürliche grenze: > 10 Sessions) ausgelegt und hat mehr als eine "Teilstory".
Daher ist blades in the dark für mich sehr gut für kampagnen geeignet, grade weil soviel zeug passieren kann das man dann erstmal verfolgen und zu einer auflösung bringen muss. Dagegen ist z.b. Monsterhearts für mich kein Kampagnenspiel, weil sich das initiale Chaos schneller auflöst und nichts neues reingeworfen wird. (es sei denn man macht das als spieler/gm)

Offline AlucartDante

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #28 am: 8.02.2022 | 14:22 »
Charakterwertentwicklung braucht es für mich nicht für eine Kampagne. Bei traveller starten die Charaktere auch am Höhepunkt ihrer Fähigkeiten und es ist sehr gut kampagnentauglich.

Bei Shadowrun Anarchy ist glaube ich der Punkt ein anderer: Wenn es verschieden komplizierte Regelwerke zum gleichen Rollenspiel gibt, wird man für einen one-shot eher zu den einfachen greifen, um schnell starten zu können. Bei einer längeren Kampagne greift man eher zu den komplexeren, um mehr Möglichkeiten zu haben.

Offline Crimson King

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #29 am: 8.02.2022 | 14:25 »
das eröffnet jetzt die frage was eine kampagne ist.

für mich ist kampagne immer auf längeres spiel (willkürliche grenze: > 10 Sessions) ausgelegt und hat mehr als eine "Teilstory".
Daher ist blades in the dark für mich sehr gut für kampagnen geeignet, grade weil soviel zeug passieren kann das man dann erstmal verfolgen und zu einer auflösung bringen muss. Dagegen ist z.b. Monsterhearts für mich kein Kampagnenspiel, weil sich das initiale Chaos schneller auflöst und nichts neues reingeworfen wird. (es sei denn man macht das als spieler/gm)

Aus dem Bauch heraus würde ich Monsterhearts auch nicht benutzen wollen, aus dem von dir genannten Grund. Ich vermute aber, das geht, wenn man sich in der Auflösung bremst.
« Letzte Änderung: 8.02.2022 | 17:59 von Crimson King »
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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #30 am: 8.02.2022 | 14:36 »
Für mich braucht eine Kampagne, die Möglichkeit zum "unendlichen" Spiel. Dazu braucht es zeitliche und räumliche Kontinuität.

Auf das Spiel im Sinne von "System" angewandt, benötige ich also z.B. Figuren, die grundsätzlich in der Lage sind, lange genug zu überleben. Das Spiel sollte möglichst ergebnissoffen sein. Die Modelle sollten es mir erlauben, auch jene Dinge zu bespielen, die das Spiel nicht explizit "verregelt".

Offline ghoul

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #31 am: 8.02.2022 | 14:38 »
Eine lebendige, sich verändernde Spielwelt ist erforderlich, mit der die Personnagen interagieren können.
Systeme, die das unterstützen, sind kampagnentauglich.

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #32 am: 8.02.2022 | 14:40 »
Charakterwertentwicklung braucht es für mich nicht für eine Kampagne. Bei traveller starten die Charaktere auch am Höhepunkt ihrer Fähigkeiten und es ist sehr gut kampagnentauglich.

Ich würde sagen, die Möglichkeit zur Charakterentwicklung braucht's dafür irgendwie schon -- einfach, weil es für manche Charaktere wenig Sinn ergibt, daß sie sich im Laufe des Spiels längerfristig gar nicht merkbar verändern sollen. Dabei muß man aber zum einen mMn zwischen Entwicklung einer- und schlichtem Machtzuwachs allein andererseits unterscheiden, weil das einfach nicht dasselbe Konzept ist, und zum anderen will ich auch normalerweise keinen harten Zwang zum "Aufstieg"; es gibt ja genauso auch Charakterkonzepte, die einmal erstellt ruhig weitgehend statisch bleiben können, ohne daß das irgendjemandem wehtut, und nicht jeder wird sich auf den höchsten Stufen (oder dem Gegenstück dazu), die ein System vielleicht im Endstadium zu bieten hat, überhaupt so recht zu Hause fühlen. (Insbesondere letzteres kann leicht für Spieler wie SL gleichermaßen gelten.)

Offline ghoul

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #33 am: 8.02.2022 | 14:44 »
Charakterentwicklung geht nicht nur über Stats, sondern bspw. über Einfluss in der Spielwelt und über Entscheidungen, auf denen die Persönlichkeitsentwicklung der Personnage fußt.
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Offline Colgrevance

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #34 am: 8.02.2022 | 14:48 »
Ich würde sagen, die Möglichkeit zur Charakterentwicklung braucht's dafür irgendwie schon [...]

In welchem Rollenspiel ist denn eine Charakterentwicklung nicht möglich? Entwicklung muss ja nicht zwangsläufig eine Veränderung der spielmechanisch relevanten Werte bedeuten, und mir fällt spontan kein Rollenspiel ein, bei dem ich die Persönlichkeit des SCs nicht im Spiel verändern könnte (ob das immer plausibel ist, ist eine andere Frage).

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #35 am: 8.02.2022 | 15:03 »
Charakterentwicklung geht nicht nur über Stats, sondern bspw. über Einfluss in der Spielwelt und über Entscheidungen, auf denen die Persönlichkeitsentwicklung der Personnage fußt.

Nicht nur, aber eben auch -- und einem System, das diesen Weg tatsächlich kategorisch ausschließen wollte (was ja kein ganz hypothetischer Fall ist), würde ich dementsprechend auch und gerade in Sachen Kampagnentauglichkeit schon mißtrauisch begegnen. Selbe Antwort sinngemäß @Colgrevance.

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #36 am: 8.02.2022 | 15:11 »
Charakterwertentwicklung braucht es für mich nicht für eine Kampagne. Bei traveller starten die Charaktere auch am Höhepunkt ihrer Fähigkeiten und es ist sehr gut kampagnentauglich.


Und zumindest Classic Traveller hat Regeln für Training.

Offline Doc-Byte

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #37 am: 8.02.2022 | 16:02 »
Komisch, das eingeschränkte Gefühl bei SR:A bei der Charakterentwicklung hatte ich irgendwie nur bei den im Buch vorgefertigten Charakteren. Man kann die Schranken aushebeln, wenn man will.

Ich hatte den Eindruck, dass die Möglichkeiten (speziell in Hinblick auf das Booster-Konzept) doch recht eingeschränkt sind, aber kann mich natürlich irren. Für mich war das SR:A Regelwerk eigentlich tatsächlich für Spielrunden auf Conventions interessant, aber dazu ist es leider nie gekommen. Ich glaube aber, die Diskussion würde hier zu weit vom Thema wegführen. Ich wollte da nur kurz meinen Eindruck wiedergeben.

Wir haben es eine Kampagne lang gespielt. Somit geht das. Es hat ein paar nervige Lücken, und die Spieler haderten mit dem Fehlen der NY, aber regeltechnisch war es kein Ding.

Mit Regelwerken, die ohne Geld als eigene Ressource auskommen, hab ich mich inzwischen tatsächlich angefreundet. Da gibt es ja verschiedene Möglichkeiten, das umzusetzen. (Also, ich kenne immerhin zwei. ;D) Tatsächlich ist das sogar ein interessanter Ansatz in Hinblick auf die Frage nach der Charakterentwicklung, weil je nach Ansatz dann auch die Ausrüstung stärke als Teil der Charakterentwicklung angesehen werden kann, wenn sie über XP/Karma/etc. statt "Geld" bezahlt wird.
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Offline Colgrevance

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #38 am: 8.02.2022 | 17:11 »
Nicht nur, aber eben auch -- und einem System, das diesen Weg tatsächlich kategorisch ausschließen wollte (was ja kein ganz hypothetischer Fall ist), würde ich dementsprechend auch und gerade in Sachen Kampagnentauglichkeit schon mißtrauisch begegnen. Selbe Antwort sinngemäß @Colgrevance.

Konjunktiv hin, Misstrauen her - welche(s) existierende(n) System(e) hast du da denn konkret im Sinn?

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #39 am: 8.02.2022 | 17:43 »
Konjunktiv hin, Misstrauen her - welche(s) existierende(n) System(e) hast du da denn konkret im Sinn?

Primärbeispiel Traveller -- wobei sich seit der Version, die ich vor X Jahren kennengelernt habe (muß nach Wikipedia wohl das eingedeutschte Original gewesen sein, Megatraveller kam später), inzwischen wieder ein paar Editionen ergeben haben, so daß sich der bewußte Kritikgrund mehr oder weniger erledigt haben mag. Tatsache ist, daß zumindest meiner trüben Erinnerung nach so ziemlich die einzige Möglichkeit, am Können des eigenen Charakters nach der Erschaffung noch was zu ändern, damals darin bestand, eigens noch mal vier Spielweltjahre in entsprechendes Training zu investieren. Was natürlich für jemanden, der vielleicht überhaupt nur mit "Entermesser 1" und sonst nix angefangen hatte (und ich meine, beim Auswürfeln probehalber auch mal mindestens einen solchen Charakter produziert zu haben), trübe Aussichten für die Zukunft verhieß...

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #40 am: 8.02.2022 | 18:00 »
Primärbeispiel Traveller -- wobei sich seit der Version, die ich vor X Jahren kennengelernt habe (muß nach Wikipedia wohl das eingedeutschte Original gewesen sein, Megatraveller kam später), inzwischen wieder ein paar Editionen ergeben haben, so daß sich der bewußte Kritikgrund mehr oder weniger erledigt haben mag. Tatsache ist, daß zumindest meiner trüben Erinnerung nach so ziemlich die einzige Möglichkeit, am Können des eigenen Charakters nach der Erschaffung noch was zu ändern, damals darin bestand, eigens noch mal vier Spielweltjahre in entsprechendes Training zu investieren. Was natürlich für jemanden, der vielleicht überhaupt nur mit "Entermesser 1" und sonst nix angefangen hatte (und ich meine, beim Auswürfeln probehalber auch mal mindestens einen solchen Charakter produziert zu haben), trübe Aussichten für die Zukunft verhieß...

Erstens hat Traveller in der aktuellen Version (MgT2) durchaus Steigerungsregeln, und zweitens wäre mir neu, dass Traveller eine Veränderung (es muss ja nicht immer eine Verbesserung sein) der Spielwerte jemals explizit ausgeschlossen hätte. Durch Alterung sinken bei Traveller ja z. B. auch die Attribute, was ebenfalls eine Veränderung des Charakters modelliert.

Mir ist noch kein Rollenspiel begegnet, in dem explizit und kategorisch eine Veränderung der Werte ausgeschlossen worden wäre (wie gesagt, es muss ja nicht unbedingt eine Verbesserung sein; eine Reduktion der Werte durch Verletzung o. ä. wäre, ggf. im Rahmen von Rulings, ja auch möglich) - es hätte mich daher mal interessiert, was für Beispiele dafür existieren.

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #41 am: 8.02.2022 | 18:04 »
Eine lebendige, sich verändernde Spielwelt ist erforderlich, mit der die Personnagen interagieren können.
Systeme, die das unterstützen, sind kampagnentauglich.

Bspw. Classic Traveller funktioniert auch ohne nennenswerte Entwicklungsmöglichkeit der Personnagen-Stats.

Entscheidend ist weniger, dass sie es unterstützen, als vielmehr, dass sie es nicht verhindern. Und da fällt mir spontan kein System ein, außer Sachen mit Closed Room-Charakter, die eh schon als One Shots konzipiert sind, wie beispielsweise Montségur.

Was die Charakterentwicklung über Zahlenwerte angeht, stimme ich zu. Die ist im Grunde genommen durch DnD tradiert, es braucht sie aber nicht.
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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #42 am: 8.02.2022 | 18:17 »
Erstens hat Traveller in der aktuellen Version (MgT2) durchaus Steigerungsregeln, und zweitens wäre mir neu, dass Traveller eine Veränderung (es muss ja nicht immer eine Verbesserung sein) der Spielwerte jemals explizit ausgeschlossen hätte. Durch Alterung sinken bei Traveller ja z. B. auch die Attribute, was ebenfalls eine Veränderung des Charakters modelliert.

Mir ist noch kein Rollenspiel begegnet, in dem explizit und kategorisch eine Veränderung der Werte ausgeschlossen worden wäre (wie gesagt, es muss ja nicht unbedingt eine Verbesserung sein; eine Reduktion der Werte durch Verletzung o. ä. wäre, ggf. im Rahmen von Rulings, ja auch möglich) - es hätte mich daher mal interessiert, was für Beispiele dafür existieren.

Ich meine, wenn wir's unbedingt bis ins Extrem treiben wollen, dann müssen wir logischerweise auch von vornherein jedes System von der Liste nehmen, das überhaupt irgendeine Form von Charakterschadensverwaltung betreibt -- denn dadurch ändert sich ja auch schon mindestens ein Wert mehr oder weniger regelmäßig und das Spiel kann also logischerweise nicht mehr gezählt werden. Dann wird die Luft aber aus recht offensichtlichen Gründen schnell recht dünn...und an dem Punkt diskutieren wir dann auch eigentlich nicht mehr wirklich über Kampagnentauglichkeit an sich. ;)

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #43 am: 8.02.2022 | 18:33 »
Eine Charakterprogression in irgendeiner Form ist zumindest ein sinnvolles Mittel um einzelne Abenteuer zu einer Kampagne werden zu lassen. Eine gleichförmige Reihe von Abenteuern ohne Entwicklung des (aus Innenweltbetrachtung) Schwierigkeitsgrads würde sich für mich stärker wie eine Ansammlung von Kurzgeschichten ohne Struktur und Reihenfolge anfühlen.

Insofern ja: Charakterprogression ist ein Kampagnenwerkzeug.

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #44 am: 8.02.2022 | 18:35 »
Ich meine, wenn wir's unbedingt bis ins Extrem treiben wollen, dann müssen wir logischerweise auch von vornherein jedes System von der Liste nehmen, das überhaupt irgendeine Form von Charakterschadensverwaltung betreibt -- denn dadurch ändert sich ja auch schon mindestens ein Wert mehr oder weniger regelmäßig und das Spiel kann also logischerweise nicht mehr gezählt werden. Dann wird die Luft aber aus recht offensichtlichen Gründen schnell recht dünn...und an dem Punkt diskutieren wir dann auch eigentlich nicht mehr wirklich über Kampagnentauglichkeit an sich. ;)

Wie gesagt, Classic Traveller hat, wie du selbst merkst, Trainingsregeln. Sie mögen dir langsam scheinen, da sind sie trotzdem. :)

Offline Crimson King

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #45 am: 8.02.2022 | 18:42 »
Eine Charakterprogression in irgendeiner Form ist zumindest ein sinnvolles Mittel um einzelne Abenteuer zu einer Kampagne werden zu lassen. Eine gleichförmige Reihe von Abenteuern ohne Entwicklung des (aus Innenweltbetrachtung) Schwierigkeitsgrads würde sich für mich stärker wie eine Ansammlung von Kurzgeschichten ohne Struktur und Reihenfolge anfühlen.

Insofern ja: Charakterprogression ist ein Kampagnenwerkzeug.

Wenn du sowas wie Game of Thrones als Kampagne spielen wirst, wird die Charakterprogression eine untergeordnete Rolle spielen. Es gibt da bei einigen, aber bei weitem nicht bei allen Charakteren eine Entwicklung der Fähigkeiten. Veränderungen gibt es trotzdem, vor allem in der Einstellung einzelner Charaktere zueinander und zur Umwelt.
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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #46 am: 8.02.2022 | 19:04 »
Wenn du sowas wie Game of Thrones als Kampagne spielen wirst, wird die Charakterprogression eine untergeordnete Rolle spielen. Es gibt da bei einigen, aber bei weitem nicht bei allen Charakteren eine Entwicklung der Fähigkeiten. Veränderungen gibt es trotzdem, vor allem in der Einstellung einzelner Charaktere zueinander und zur Umwelt.

Nun -- nicht alle Spielwerte sind allein "Fähigkeiten", und je nach System sind andere Dinge, die sich ändern mögen, auch nicht automatisch nur unverregelter Fluff. Mein Comic-Superheld kriegt als Resultat eines Abenteuers eine neue NSC-Kontaktperson, auf die er von da an gelegentlich zurückgreifen kann? Das kann theoretisch über reines SL-Handwedeln ablaufen...oder halt auch über ein entsprechend vorgesehenes Regelelement, das womöglich sogar konkreten Platz auf dem Charakterbogen findet. Und obwohl's rein von der Idee her dasselbe sein mag, dürfte sich der Unterschied in der Umsetzung beim einen oder anderen Spieler schon im Spielgefühl bemerkbar machen.

Offline Colgrevance

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #47 am: 8.02.2022 | 19:24 »
Ich meine, wenn wir's unbedingt bis ins Extrem treiben wollen, dann müssen wir logischerweise auch von vornherein jedes System von der Liste nehmen, das überhaupt irgendeine Form von Charakterschadensverwaltung betreibt -- denn dadurch ändert sich ja auch schon mindestens ein Wert mehr oder weniger regelmäßig und das Spiel kann also logischerweise nicht mehr gezählt werden. Dann wird die Luft aber aus recht offensichtlichen Gründen schnell recht dünn...und an dem Punkt diskutieren wir dann auch eigentlich nicht mehr wirklich über Kampagnentauglichkeit an sich. ;)

Ich sehe einen Unterschied zwischen kurzfristig reversiblem Schaden und dauerhaften Beeinträchtigungen der Charakterwerte z. B. durch Alterung, gerade auch in der Relevanz für das Kampagnenspiel. Aber das ist in der Tat eher eine Nebenbaustelle; ich schätze, dass du mit dem Begriff "Charakterentwicklung" wohl (wie die meisten hier) vor allem eine Progression gemeint hast, während ich "Entwicklung" allgemeiner Verstehe, und daher über die Begrifflichkeit gestolpert bin.

Davon abgesehen bin ich nicht der Ansicht, dass Kampagnenspiel eine Veränderung der Spielwerte mit sich bringen muss, und selbst wenn ein Spiel dieses kategorisch ausschließen würde (wofür ich immer noch keine konkreten Beispiele gehört habe, die nicht ohnehin als One- bzw. Fewshot konzipiert sind), wäre es für mich nicht zwangsläufig schlechter für eine Kampgane geeignet. Aber das hängt sicher vor allem daran, was ich persönlich von einer Kampagne erwarte.

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #48 am: 8.02.2022 | 19:59 »
Ich sehe einen Unterschied zwischen kurzfristig reversiblem Schaden und dauerhaften Beeinträchtigungen der Charakterwerte z. B. durch Alterung, gerade auch in der Relevanz für das Kampagnenspiel. Aber das ist in der Tat eher eine Nebenbaustelle; ich schätze, dass du mit dem Begriff "Charakterentwicklung" wohl (wie die meisten hier) vor allem eine Progression gemeint hast, während ich "Entwicklung" allgemeiner Verstehe, und daher über die Begrifflichkeit gestolpert bin.

In Sachen "Entwicklung" bin ich dieser Tage zugegebenermaßen in erster Linie von Fate beeinflußt, wo's für den Spieler tatsächlich ausnahmsweise mal mehr Möglichkeiten gibt, seinen Charakter im Lauf einer Kampagne um- als ihn strikt immer nur auszubauen, und letzteres auch eher gemächlich erfolgt. Das würde ich auf der einen Seite also nicht primär als "Progression" betrachten (zumal ich bei Fate das Schneller-Höher-Weiter eh nicht als Hauptziel sehe; am Anfang mag sich Steigern hier und da durchaus noch lohnen, aber irgendwann tritt einfach eine gewisse Sättigung ein), andererseits ist es aber auch keine Art von Entwicklung, der man als Spieler einfach nur ausgeliefert ist und bloß zusehen kann (dein Vergleich mit dem Alterungsprozeß).

Aus meiner Sicht sitze ich da also etwas zwischen den möglicherweise künstlichen Extremen -- Veränderungen, die ich einfach nur hinnehmen muß, machen ein Spiel bestimmt nicht zwingend kampagnentauglicher (insbesondere dann nicht, wenn sie geeignet sind, Charaktere aus dem Spiel zu werfen), da habe ich also schon ganz gerne ein Wörtchen mitzureden; andererseits überzeugt mich streng monotones Wachstum um einen zunehmend verholzenden Kern herum rein vom Konzept "Charakterentwicklung" her auch nicht mehr wirklich.

Offline Arldwulf

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #49 am: 8.02.2022 | 20:00 »
Wenn du sowas wie Game of Thrones als Kampagne spielen wirst, wird die Charakterprogression eine untergeordnete Rolle spielen. Es gibt da bei einigen, aber bei weitem nicht bei allen Charakteren eine Entwicklung der Fähigkeiten. Veränderungen gibt es trotzdem, vor allem in der Einstellung einzelner Charaktere zueinander und zur Umwelt.

Wie gesagt, es ist nur ein Werkzeug. Natürlich kann man auch andere verwenden um das gleiche zu erreichen.

Mir ging es eher darum zu sagen, dass eine zusammengehörige Geschichte eben auch Entwicklung benötigt. Die Umsetzung kann dann variieren und natürlich muss es auch nicht immer eine Steigerung der Fertigkeiten sein.

Aber um bei Game of Thrones zu bleiben: jemand wie z.B. Jamie ist eben am Ende nicht mehr der gleiche wie zu Beginn. Nehme ich einen Teil der Geschichte und beschreibe den Charakter zu diesem Zeitpunkt so sagt dies etwas darüber aus in welchem Teil des Handlungsverlaufs diese Ereignisse geschehen. Die Entwicklung der Charaktere ist an die Entwicklung der Handlung gebunden und ein Spiegelbild dieser.

Offline felixs

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #50 am: 8.02.2022 | 21:51 »
Eine lebendige, sich verändernde Spielwelt ist erforderlich, mit der die Personnagen interagieren können.
Systeme, die das unterstützen, sind kampagnentauglich.

Man kann auch in sehr statischen Spielwelten Kampagnen spielen. Haben wir mit DSA 3 immer so gemacht.
Ob ich das heute noch so machen würde, weiß ich nicht. Aber hat damals gut funktioniert.
« Letzte Änderung: 8.02.2022 | 21:53 von felixs »
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Offline Jens

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #51 am: 9.02.2022 | 11:37 »
Man kann auch freies Spiel in einem statischen System starten, dann feststellen, dass man die offizielle Beschreibung falsch gelesen hat und das Sonnensystem, in dem die Hälfte der Handlung bisher stattfand, gar nicht existiert, sondern das eigentlich ein schwarzes Loch ohne Planeten ist.

Bumm, Kampagne in Richtung "fixen wir das"...

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Offline ghoul

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #52 am: 9.02.2022 | 11:46 »
Man kann auch freies Spiel in einem statischen System starten, dann feststellen, dass man die offizielle Beschreibung falsch gelesen hat und das Sonnensystem, in dem die Hälfte der Handlung bisher stattfand, gar nicht existiert, sondern das eigentlich ein schwarzes Loch ohne Planeten ist.

Bumm, Kampagne in Richtung "fixen wir das"...

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Das ist cool! Da kann man dann voll den Mindfuck draus machen.
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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #53 am: 9.02.2022 | 12:32 »
Nun -- nicht alle Spielwerte sind allein "Fähigkeiten", und je nach System sind andere Dinge, die sich ändern mögen, auch nicht automatisch nur unverregelter Fluff. Mein Comic-Superheld kriegt als Resultat eines Abenteuers eine neue NSC-Kontaktperson, auf die er von da an gelegentlich zurückgreifen kann? Das kann theoretisch über reines SL-Handwedeln ablaufen...oder halt auch über ein entsprechend vorgesehenes Regelelement, das womöglich sogar konkreten Platz auf dem Charakterbogen findet. Und obwohl's rein von der Idee her dasselbe sein mag, dürfte sich der Unterschied in der Umsetzung beim einen oder anderen Spieler schon im Spielgefühl bemerkbar machen.

Jup. Wobei es dann wohl nicht wirklich um Charaktere geht. Charakter ist in diesem Sinne ja ein spielmechanisches Konstrukt, nicht die fiktive Figur. Wir könnten theoretisch statt jedem Charspielenden einen Charakterbogen zu geben, auch alle Figuren auf einen großen Plan in die Tischmitte schreiben und bunte Linien dazwischen malen. Wir entwickeln dann nicht einzelne Charaktere, sondern die Gesamtheit des fiktiven Personals.

Wenn wir also solches besprechen, scheint Charakterentwicklung eher ein Spezialfall dokumentarischer Möglichkeiten über Spielzustände zu sein.

Offline Maarzan

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Re: Was macht ein System kampagnentauglich?
« Antwort #54 am: 9.02.2022 | 13:53 »
Klar kann Charakterentwicklung auch in einer Meinungsänderung abseits des Tagesgeschäfts bestehen. Aber oftgenug geht das mit einer neuen/geänderten Rolle der Figur in der Spielwelt einher: Der Bandit wird Händler, der Söldner Diplomat oder der eifernde Kleriker muss plötzlich eine Dorfgemeinschaft nicht nur schützen, sondern auch noch zivil administrieren.
Dazu benötigen sie entsprechende Fertigkeiten, vielleicht nie so toll wie jemand , der das von Anfang an gelernt hat, aber zumindest funktionell sollte es werden.
Und da finde ich es grob suboptimal, wenn das System dann sagt: Das geht so nicht.
« Letzte Änderung: 9.02.2022 | 13:57 von Maarzan »
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...