Autor Thema: Mehrere Systeme spielen - wozu?  (Gelesen 8814 mal)

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Pyromancer

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #50 am: 24.06.2008 | 11:40 »
Ich finde diese Metaphern irgendwie zu restriktiv, denn sie geben dem System ein zu großes Gewicht. Unterschiedliche Gefühle kann man schon durch eine andere Gruppenzusammensetzung, anderen Spielstil und andere Abenteuer erreichen. Das System hat ebenso einen nicht zu unterschätzenden Einfluß, aber die Metaphern, die bisher verwendet wurden, erwecken eher den Eindruck, daß es das Spielgefühl hauptsächlich bestimmt.

Das System hat ein großes Gewicht. Extrem-Beispiel aus dem realen Spielalltag: Das Ctulhu-Abenteuer "Schatten über Innsmouth", einmal mit dem CoC-Regeln, und einmal mit Feng-Shui-Regeln. Probier es aus, mit der gleichen Gruppe, und sag mir hinterher, wie groß der Einfluß des Systems auf das Spielgefühl war. ;)

Zitat
Mal zum Hintergrund der Fragestellung:
Ich spiele ja auch nicht erst seit gestern und hab schon ein, zwei Systeme ausprobiert und auch gesammelt. Ich frage mich einfach derzeit, ob sich das überhaupt gelohnt hat, denn ich hab so mehr Geld für unterschiedliche Systeme ausgegeben und auch die Regeln von einigen der bespielten Systeme nicht verinnerlichen können.
Und so frag ich mich einfach, wo ich da den Mehrnutzen hätte haben können.

Wenn du den Mehrnutzen nicht siehst, dann ist er für dich wahrscheinlich auch nicht vorhanden. Es muss ja nicht jeder ein Vielsystem-Spieler mit 20 aktiven Systemen sein.

Offline mat-in

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #51 am: 24.06.2008 | 15:28 »
Ich als viel-system-spieler muß sagen das mich vor allem die unterscheidlichen hitnergründe reizen. Regeln... da gibt es einen Stil den ich gern habe und der zu mir paßt, vor allem als SL und damit kann ich dann (in meinem repertoir) quasi alles machen. Ich kaufe mir mit sicherheit keine Publikation mit OGL-d20 weil dir Regeln gut sind und sich schön spielen... es gibt nur ein par wenige ausnahmen auf die ich bisher gestoßen bin, wo die Regeln wirklich dazu passen.

Aber man kauft ja auch nicht 75 Grundregelwerke, sondern vielleicht 20 Spielwelten, oder?

Offline Finarfin

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #52 am: 6.07.2008 | 16:21 »
Trennen wir mal die Frage in zwei Unterpunkte:
1) Warum verschiedene Hintergründe?
2) Warum verschiedene Regelsysteme?

Zu 1)
Verschiedene Settings bieten unterschiedliche Handlungen. Es gibt einfach in den Forgotten Realms oder in Aventurien keine Sternenschiffkämpfe im interplanetaren Raum, ja die hätten dort auch nichts zu suchen. Wenn ich aber eine entsprechende Abwechslung in den Handlungen will, benötige ich verschiedene Hintergründe (und selbst Aventurien und Faerun unterscheiden sich deutlich von einander).

Zu 2)
Der größte Einwand hier besteht ja wohl darin, dass doch am Ende eine Kletternprobe einfach eine Kletternprobe sein sollte, die sich jetzt nicht danach unterscheiden sollte, ob man an einem Felshang in Faerun oder an einem Felshang in Aventurien hängt. Ein Schwert im Bauch ist ein Schwert im Bauch, warum sollte das in Aventurien anders sein als in Seattle im Jahre 2061?
Nun, zum einen hat das Regelwerk Auswirkungen auf die Erfolgswahrscheinlichkeiten: bei D&D kann ein hochstufiger Krieger auf einem Berg von Feinden stehen und die Legionen der Orkarmee im Alleingang niedermähen, bei DSA hat ein Kämpfer gegen eine zahlenmäßige Übermacht so gut wie verloren, gegen eine Armee sicherlich.
D&D ist hier unrealistisch, wirft einer in den Raum? Ja, und? Wenn ich einen Conan spielen will, der zusammen mit anderen Conans die feindlichen Armeen plättet, dann interessiert mich Realismus nicht, Realismus würde auch die angestrebten Handlungen unterbinden. Bestes Beispiel ist hier Funky Colts: wenn ich Abenteuer im Stile des A-Teams erleben will, dann müssen die Mooks daneben schießen. Auch die entsprechende Fernsehserie ignoriert den Realismus.
Aber manchmal ist eine realistische Sterblichkeit für die Handlung notwendig.
Der entscheidende Faktor ist also hier, ob ich unterschiedliche Handlungsmuster zur Abwechslung spielen will, die eben unterschiedliche Mechaniken der Spielwelt erfordern.
Zudem ist es ein weiterer Faktor, wie wichtig einem überhaupt das Regelwerk ist.
Ich will, dass sich der Würfelwurf anfühlt, wie das, was man simuliert.
Ich kenne Spieler, denen ein Regelwerk so egal ist, dass sie genauso gut eine Münze als Probe für alles Würfeln könnten, ich aber gehöre nicht dazu. ich will das Setting im Regelwerk spüren, und andere Settings mit anderen Storyschwerpunkten erfordern dann auch andere Regelwerke.

Da liegt bei diesem Streit aber der Hase im Pfeffer: verschiedenen Spieler haben unterschiedliche Schwerpunkte in ihren Erwartungen gesetzt: extrem gesprochen: einigen kommt es z.B. darauf an, die Persönlichkeitsdefizite ihres Charakters zu beschreiben, das können sie mit jedem Regelwerk in jeder Hintergrundwelt tun; anderen hingegen kommt es darauf an, die Handlung so exakt wie möglich zu simulieren, also benötigen sie für völlig verschiedene Handlungen völlig verschiedene Regelwerke.

Offline Arkam

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #53 am: 7.07.2008 | 13:01 »
Hallo zusammen,

eigentlich kann man mit einem einzelnen Regelsystem alles abdecken. Also alle Hintergründe. alle Arten zu spielen und auch alle Regelwünsche.

Das Problem ist nur das es eine Heidenarbeit sein kann die jeweiligen Sachen vernünftig in ein gegebenes System zu übersetzen.

Als jemand dessen Spielzeit knapp ist verwende ich sie lieber zum Spielen als dafür ein System anzupassen oder das eigene Wunschsystem zu schreiben.

Als Spielleiter habe ich festgestellt das ich inzwischen von vollständigen und komplexen Systemen weg eher zu regelleichten Systemen tendiere bei denen ich mich auf die Vorbereitung des Abenteuers und die Reaktion der Spieler konzentrieren kann. Wenn das Aufstellen eines NPCs schon längere Zeit dauert fehlt mir häufig die Zeit fürs System.
Dabei will ich die vorgegebenen Regeln eben nicht ignorieren sondern Situationen auf nach einer gegebenen Regelbasis selbst umsetzen.
Das erklärt aus meiner Sicht auch etwas die Retrowelle. Die alten systeme kennt man eben noch auswendig oder sie waren einfach noch nicht so komplex. Man vergleiche einfach Mal DSA 1. Edition mit DSA Edition 4.1.

Gruß Jochen
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Offline mat-in

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #54 am: 7.07.2008 | 13:26 »
Nein, es ist nicht nur ein Fall von Tipparbeit... es macht einen Unterschied, ob man - zum Stiften von Verwirrung - in Paranoia "wer am latesten ruft hat die Initiative" benutzt oder im WildWest Spiel Deadlands Karten legt. Klar kann man das "alles mit Rollmaster machen", aber es geht dabei was verloren. Zu mindest in den seltenen Fällen in denen man ein gutes, passendes Regelwerk hat.

killedcat

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #55 am: 7.07.2008 | 21:29 »
Ein Satz:

"System does matter".

Offline mat-in

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #56 am: 7.07.2008 | 22:39 »
Zustimmen kann (und habe) ich da. Aber nicht so voll und 100%, denn die meisten Regelwerke vermitteln zwar ein bestimmtes Spielgefühl, aber daß paßt nur selten zur Spielwelt.

Positivbeispiel: Deadlands mit Pokerkarten-Initiative und Chips mit denen man den einsatz erhöhen und sein Ergebniss verbessern kann.

Neutral bis negativbeispiel: Fast alles andere. Es macht für mich keinen echten unterschied, ob ich für Shadowrun einen Pool aus w6 benutze oder 2w10+Fertigkeitswert. Sicher hat das "wir kippen einen Laster würfel ab" System einen gewissen Geschmack, aber ich bin mir sicher, wenn wir dieses Poolsystem von D&D kennen würden und Shadowrun w20 benutzen würde, hätten wir genauso Leute die argumentieren, daß Shadowrun nur mit w20 und D&D eben nur mit Pools gespielt werden kann.

Die allermeisten Systeme sind schlicht eine Frage von Spielstil und Geschmack... nicht von der Hintergrundwelt und Stimmung.

Offline JS

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #57 am: 7.07.2008 | 22:53 »
Ein Satz: "System does matter".

dem ist außer daumen hoch und kräftigem nicken nichts weiter hinzuzufügen.
Wer gern sagt, was er denkt, sollte vorher etwas gedacht haben.

Offline Robert

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #58 am: 8.07.2008 | 15:08 »
Hm, ich bin hin- und hergerissen.
Einerseits glaube ich, das man Systeme, die den gleichen "Geschmack" haben konvertieren kann und sich so einige verkorkste Regelsysteme ersparen kann.
Andererseits sind mir schon Fälle begegnet, wo so eine Konvertierung das Spielgefühl zerstört.

Prominentes Beispiel:
Earthdawn hat eines der bescheidensten Systeme, diesseits von DSA 4, und trotzdem würd ich es wieder im Original spielen(die SW-Konversion ist wirklich gut gemacht, aber irgendwie kommt damit  keine ED-Stimmung auf).
Wer Rechtschreib- oder Grammatikfehler findet, darf sie behalten!

Das ist nicht die Signatur, aber mir ist noch nichts Besseres eingefallen^^

Offline Ninkasi

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #59 am: 8.07.2008 | 15:17 »
Wenn das System zum Spielstil der Gruppe passt, kann man mit einem System verschiedene Settings ausfüllen.

Was ist aber mehr Arbeit?
Ein bekanntes, bewährtes System an ein fremdes Setting anpassen oder das zum fremden Setting gehörende System neu lernen?



Offline mat-in

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #60 am: 8.07.2008 | 15:23 »
Ein eigenes, an den eigenen Spielstil angepaßtes System zu schreiben ist mehr arbeit  ::)

Offline Ninkasi

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #61 am: 8.07.2008 | 15:25 »
Und hier noch eine andere Metapher:

Warum spiele ich nur Fußball?
Weil es Spaß macht, auch regelmäßig, jede Woche neu.
Klar könnte ich auch noch Handball spielen, aber wozu?
Ich mag es auf dem grünem Rasen zu Spielen und die Regeln sind simple und funktionieren. Viele Mitspieler finde ich auch.
Wenn ich mal ein anderes Setting will und wie die Handballer in die Halle gehe, dann nutze ich auch die Fußballregeln, nur wenig abgeändert und es macht auch Laune.

Schön ist es trotzdem in andere Ballspielarten reinzuschnuppern, aber ich habe nicht die Zeit und Lust alle auszuüben, falls mal eine neue Sportart auf dem Markt erschein wird sich auch ein ernster Blick lohnen. Vielleicht findet sich doch noch eine tolle Alternative ohne diese doofe Abseitsregel ;)

Offline Boba Fett

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #62 am: 8.07.2008 | 15:27 »
Ein bekanntes, bewährtes System an ein fremdes Setting anpassen oder das zum fremden Setting gehörende System neu lernen?
Das hängt vom System und dem Setting und dem Anspruch, den man an die Konversion legt, ab.

Und hier noch eine andere Metapher:

Warum spiele ich nur Fußball?
Weil es Spaß macht, auch regelmäßig, jede Woche neu.
Klar könnte ich auch noch Handball spielen, aber wozu?
Der Vergleich hinkt etwas... Denn Fußball und Handball unterscheiden sich zu sehr.
Die Frage ist eher:
Warum spiele ich nur Fußball in der bestimmten Mannschaft, die in der Kreisliga spielt?
Ich könnte ja auch in einer Thekenmannschaft und in einer Oberligamannschaft anheuern.
Wahrscheinlich, weil es bei der Thekenmannschaft zu sehr ums saufen geht und die Oberligamannschaft zu anstrengend wäre und ich zu viel Zeit für Training und Ligabetrieb investieren müsste.
Also Dinge, die ich nicht kann, möchte oder die nicht meinem Geschmack des "wie will ich spielen" entsprechen.
Andere schnuppern durchaus mal in andere Bereiche und merken vielleicht, dass geselliges Spiel ihnen inzwischen mehr Spaß macht.
Oder eben dass der Ehrgeiz geweckt wird und man eben doch mehr seine eigene Leistung rauskitzeln will.
« Letzte Änderung: 8.07.2008 | 15:32 von Boba Fett »
Kopfgeldjäger? Diesen Abschaum brauchen wir hier nicht!

Offline Ninkasi

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Re: Mehrere Systeme spielen - wozu?
« Antwort #63 am: 8.07.2008 | 15:33 »
Sicherlich. Der Vergleich von Zeit-/Arbeitseinsatz zwischen Systemanpassung und das kenn von mehreren (sagen wir mal 6) komplexeren System wollte ich nur mal als Anregung setzen.