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Die Vergangenheit ist ein fremdes Land...
Jestocost:
und dort lebt man anders. (L.P. Hartley)
In den Diskussionen um historisches Rollenspiel interessiert mich eine Sache: Die Fremdheit der Kulturen der Vergangenheit.
Wie könnte man wirklich andere Wertesysteme und Denkeinstellungen in einem solchen Spiel herausarbeiten? Die Rage, Rachsucht und der göttliche Wahnsinn Griechenlands (wie in "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt)? Die Homophilie Spartas? Die gnostische Angst vor der Dunkelheit der Sumerer?
Vampire versucht es ja teilweise durch die unterschiedliche Pfade in Dark Ages - aber was könnte man denn sonst noch machen?
Bitpicker:
Hauptproblem ist, dass man es den Spielern erst erklären muss, um es dann darzustellen, was irgendwie sinnlos wirkt. außerdem ist es wahrscheinlich noch schwieriger, als sich gründlich in ein Mage-Paradigma einzuarbeiten.
Wahrscheinlich hilft ein passendes Sachbuch, aus dem man Informationen über das Leben in der jeweiligen Periode entnehmen kann. Jost Herbig hat zum Beispiel mal ein Buch namens 'Fluss der Erkenntnis' geschrieben, in dem er eine Art Evolutionstheorie des Bewußtseins beschreibt. Nach seiner Theorie haben zum Beispiel die Griechen zur Zeit Homers (er leitet dies aus dessen Werken und ihrer Schreibweise ab) die Götter in allen Ereignissen gesehen und auch ihre eigenen verbalen Gedanken als Einflüsterungen der Götter verstanden. Das (wenn es denn stimmt) hat natürlich einen Einfluss auf das Spiel, aber alle Spieler müssten es verinnerlichen.
Vieles lässt sich auch aus anderen Elementen der Sprache ableiten. Zum Beispiel gibt es Indianersprachen, die bei Erzählungen einen grammatischen Unterschied machen zwischen Dingen, die man selbst erlebt hat, Dingen, von denen man nur gehört hat und Dingen, die so lange her sind, dass es keine lebenden Zeugen mehr geben kann. Das verrät eine bestimmte Einstellung, die so tief sitzt, dass sie sich in der Grammatik niedergeschlagen hat. Aber wie bringt man das ins Spiel, ohne die Sprache zu erlernen? :)
In meiner Mesopotamien-Chronik für Vampire habe ich ein wenig auf geltende Gesetze (Hammurabi-Stele) etc. verwiesen, aber meine Spieler wollten spielen, nicht studieren. Also konnte ich nur darauf hoffen, dass ein bisschen was im Vorbeigehen hängenbleibt.
Was man vermeiden muss, sind moderne Klischees in der Vergangenheit. Als Spieler habe ich mal bei einem V:DA-Spiel teilgenommen, bei dem ein Gruppe Toreador schließlich bei einer Zigarette diskutierend beisammen saß und moderne Umgangssprache verwendete - sowas killt die Stimmung schneller als 'unrealistische', aber wenigstens fremdartige Zeichnung der Situation.
Robin
Gast:
--- Zitat von: bitpicker am 25.06.2003 | 14:43 ---Vieles lässt sich auch aus anderen Elementen der Sprache ableiten. (...) Aber wie bringt man das ins Spiel, ohne die Sprache zu erlernen?
--- Ende Zitat ---
Das Problem hast du allerdings nicht nur bei historischen Settings. Auch bei Science-Fiction-Settings müsste sich die Sprache eigentlich weiter entwickelt haben.
Solche (neuro-)linguistischen Sachen, kann man eigentlich nur ignorieren. Oder um zumindest eine gewisse Fremdartigkeit zu erzeugen, könnte man ein paar Wörter einbauen, die statt den Standardworten benutzt werden. Das wird ja sogar gemacht: "Habt Ihr...?" etc. Tatsächlich waren die Unterschiede zwischen unserem Neu- und Mittelhochdeutsch ein "wenig" größer.
Gast:
--- Zitat von: Jestocost am 25.06.2003 | 14:27 ---Die Rage, Rachsucht und der göttliche Wahnsinn Griechenlands (wie in "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt)? Die Homophilie Spartas? Die gnostische Angst vor der Dunkelheit der Sumerer?
--- Ende Zitat ---
Sind das denn reale Charakteristika der jeweiligen Periode? Oder sind es nur Merkmale, die zufällig überliefert wurden, weil gerade die Tonscherben, Pergamente oder Inschriften erhalten blieben, die diesen Schluss nahelegen? Möglicherweise sind es nur lückenhafte Abbilder der Leit- oder angestrebten Idealkultur und hatten mit dem realen Leben der jeweiligen Epoche wenig zu tun.
Für ein Rollenspiel kann diese Fragestellung aber letztendlich unerheblich bleiben. Wenn du als SL beschließt, diese Aspekte zum "roten Faden" einer Kampagne zu machen, dann tu es eben. Nur die Vorstellung, dass man damit die "Realität" einer Epoche darstellt, was auch immer das sein mag, sollte man begraben.
Dash Bannon:
man kann immer nur versuchen eine gewisse Konstanz beizubehalten, eine realistische Darstellung der Vergangenheit ist nicht möglich, weil teilweise nur sehr wenig überliefert ist und auch nur wenig bis gar nix aus dem 'Alltagsleben' der 'Normalbevölkerung'.
Vielleicht ne eigene Realität 'schaffen' und versuchen die so Fremdartig wie möglich zu gestalten, bring andere Wertvorstellungen hinein, als sie in unserer 'Realität' existieren...und nach all den ' ' ist jetzt Schluss
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