Autor Thema: Reincorporation und Tilt  (Gelesen 3370 mal)

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Offline Fredi der Elch

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Reincorporation und Tilt
« am: 23.01.2011 | 15:13 »
Willkommen zu Stating the obvious mit Fredi. Da bin ich durch einen etwas älteren Podcast von Theory From The Closet, den ich gerade erst gehört habe, drauf gekommen. Und los geht's.

Reincorporation
Dinge existieren im gemeinsamen Vorstellungsraum nicht einfach. Sie müssen von jemandem in den gemeinsamen Vorstellungsraum hineingebracht werden.

Wenn also ein Charakter ein besonders guter Schütze ist, hat dies wenig bis kein Gewicht in der gemeinsamen Vorstellung, so lange diese Eigenschaft nur auf dem Charakterbogen (oder im Kopf des einen Spielers) existiert. Wenn er einmal gut schießt, wird dies in die gemeinsame Vorstellung übernommen, ist aber in der Geschichte sicher eher randständig. Wenn der Charakter jetzt in jedem Kampf den Meisterschützen macht und durch seinen Umgang mit der Waffe die Konflikte maßgeblich beeinflußt werden, dann wird die Eigenschaft "guter Schütze" immer wieder angesprochen und in der gemeinsamen Vorstellung verfestigt.

Dasselbe gilt für Eigenschaften genauso wie für wichtige Beziehungen (Familie, Liebesbeziehungen, etc.) oder Einstellungen und Werte ("Für mein Land tue ich alles", "Ich bin Pazifist") eines Charakters. Wenn man von der gemeinsamen Vorstellung her denkt, existieren sie vorab nicht, sondern gewinnen erst durch die wiederholte Erwähnung an "Realität".

Dieses wiederholte Einbringen eines Fakts in die gemeinsame Vorstellung kann dabei direkt passieren (Der Charakter schießt super) oder auch indirekt (Man sieht die Auswirkungen seines Handelns, in Dialogen wird die Fähigkeit des Charakters aufgegriffen, etc.). Dieses "konsolidieren" von Fakten in der gemeinsamen Vorstellung ist Reincorporation.


Tilt
Was ist jetzt Tilt? Tilt ist, wenn sich die vorher schön verfestigte "Realität" der gemeinsamen Vorstellung ziemlich plötzlich verändert. Also ein "Kippen" der bisherigen Faktenlage zu einer neuen "Realität" der in der gemeinsamen Vorstellung. Der Charakter kann (aus welchen Gründen auch immer) nicht mehr so gut schießen, seine Familie ist im nicht mehr so wichtig,er tut nicht mehr alles für sein Land. Der Tilt ist im besten Fall ein besonders spannender Moment im Rollenspiel, in dem alle Spieler gebannt auf den Ausgang bzw. Fortlauf der Geschichte warten.

Wichtig ist hier, dass der Tilt einen Teil seines Impacts durch die vorherige Reincorporation bezieht. Wenn ich nichts über einen Charakter weiß und er sich gegen seine Familie entscheidet, ist das nicht besonders spannend. Wenn die Familie vorher einmal in der Geschichte vorkam, ist es vielleicht verwunderlich. Wenn er vorher fast alles für die Familie getan hat und sie plötzlich im Stich lässt, ist es der Knaller (TM)! Dann sind plötzlich alle interessiert daran, wie und warum es dazu kommen konnte und wie es weitergeht. Je "realer" ein Fakt also in der gemeinsamen Vorstellung verankert ist, als je zentraler und "echter" die Spieler ihn also wahrnehmen, desto eher kann der Tilt sein "Knaller-Potential" entwickeln. Und "Knaller" klingt nicht umsonst so wie "Bang". Und das bringt uns zu...


NAR und Tilt
Narrativismus als kreative Agenda zielt im Spiel sehr stark auf diese "Tilt-Momente" hin, in denen die Chance besteht, dass sich ein Charakter (mehr oder weniger radikal) ändern kann (oder es eben auch nicht tut). Diese Schlüsselmomente sind es, in denen wir etwas über den Charakter lernen und ihn nachher besser kennen. Und da der Tilt zum Teil von der Reincorporation lebt, lebt auch NAR sehr stark von der vorangegangenen Realiät und Plausibilität des Charakters vor dem Tilt. Hatten wir auch schon vor 5 Jahren mal: [Forge] Nar, Plausibilität und Konsistenz  ;)


SIM und Reincorporation
Jetzt wage ich mich nochmal auf eher unbekanntes Gelände: Simulationismus. Ich muss zugeben, dass ich mich da nicht so wirklich auskenne und das deswegen alles sehr spekulativ ist. Ist nur so eine Idee. Kann aber auch alles Blödsinn sein. ;)

Ich denke, dass, genauso wie NAR auf die Tilt-Momente hin"spielt", SIM im Kern von den Reincorporation-Momenten lebt. Man "konsolidiert" die gemeinsame fiktive Realität, sei es an den Charakteren, dem Setting oder dem Genre. Das heißt nicht, dass keine Tilt-Momente vorkommen können. Aber auf sie wird nicht aktiv zielgerichtet hingearbeitet. Energie und Arbeit wird in das Herstellen der Reincorporation gesteckt: "Sticks" der Charaktere, Eigenheiten des Settings, Tropes des Genres.

Kurz: NAR konsolidiert nur, um zu kippen. SIM konsolidiert um seiner Selbst willen, kippt nur, wenn es passt, konsolidiert aber dann gleich wieder. (naja, so mittelkurz ;D )


Reincorporation, NAR und Realitätsempfinden
Jetzt nur noch kurz zu einem klassischen Problem, das viele Leute mit Pervy-Indie-NAR-Spielen haben und das ich früher immer schlecht nachvollziehen konnte.

Da NAR auf den Tilt hinsteuert, und dort möglichst viel Zeit verbringen will, wird oft möglichst wenig Reincorporation zu machen, bevor es zum Tilt kommt. Es heißt "Konflikt, Konflikt, Konflikt!" mit möglichst wenig Pause zum konsolidieren dazwischen. Die Kritik ist hier, dass sich das oft "gehetzt" anfühlt und auch oft der (emotionle) Bezug der Spieler zu den Konflikten nicht besonders stark sei. Die Kritiker wünschen sich hier mehr Zeit zum Aufbau vor dem Tilt und auch mehr Zeit zum konsolidieren zwischen den Konflikten (Tilts).

Was mir in der letzten Zeit immer klarer geworden ist, ist, dass sich Leute darin unterscheiden, wieviel Reincorporation sie brauchen, bevor etwas in der gemeinsamen Vorstellung als "real" und emotional bedeutsam erlebt wird und der Tilt somit den gewünschten Impact erreichen kann. Ich kann schon einen Bezug zu einer Beziehung in der gemeinsamen Vorstellung aufbauen, wenn diese nur in der "Aufbauphase" (R-Map-Bau, also quasi Vorabspiel) vorgekommen ist. Andere sehen eine Beziehung in mehreren Szenen im Spiel und sie fühlt sich immer noch flach und unecht an. Und das kann dann zu Problemen im Pacing (ich will gleich zum Tilt, andere wollen vorher noch "aufbauen") der Immersion (als Realitätsempfinden der gemeinsamen Vorstellung) und dem Tilt-Impact führen.


So, was wir jetzt damit machen, weiß ich auch nicht so genau. Ich wollte es einfach mal gesagt haben. ;D  Konstruktive Anmerkungen und Diskussionsbeiträge sind wie immer erwünscht. :)
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Offline Enkidi Li Halan (N.A.)

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #1 am: 23.01.2011 | 15:25 »
Like! :)

Online Maarzan

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #2 am: 23.01.2011 | 15:53 »
Veränderungen sind einfach Sachen, wo sich etwas bewegt und was damit Aufmerksamkeit auf sich zieht, quasi ganz natürlich. Wo sich was verändert, da können sich Risiken oder Möglichkeiten ergeben oder wenigstens erkenntnisse - aber nur, wenn das was da passiert irgendwo nachvollziehbar ist.
Zu Sim gesagt, sind Veränderungen bzw. Konflikte wo es zu Veränderungen kommt die Momente, wo man am ehesten hinter die Dinge und in ihre Zusammenhänge schauen kann - und das idealerweise ohen die Kulissen zu sehen. Statik ist einfach, Bewegung und trotzdem funktionierend und zusammenhängend bleibend ist im Vergleich eine Kunst.

Entsprechend wirken zu aufgesetzte Veränderungen eben störend, weil man die Strippen hinter den Kulissen sieht, bzw. innerhalb der Spielwelt kein Sinn darin steckt, weil "Der Spieler will was ausprobieren" zu deutlich die Motivation des Beobachteten ist.
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Offline Lord Verminaard

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #3 am: 23.01.2011 | 16:05 »
Hey Fredi, hast du Play Unsafe und die Ausführungen zu Platforms und Tilts gelesen? Dort geht es eher um Szenen, als um Charaktere, aber der Grundgedanke ist ein ähnlicher.

Die Differenzierung zwischen Nar und Sim... hm, irgendwie hab ich daran kein Interesse. Ich weiß nicht, und keiner weiß, wo eigentlich die Trennlinie zwischen "dramaturgischem" High Concept Sim und Vanilla Nar verläuft. Wenn du von Nar schreibst, meinst du halt die Art, wie du gerne spielst, damit hast du hier im :T: auch das Bild von Nar sehr geprägt, ich weiß aber nicht, inwieweit andere GNS-Verfechter das ähnlich sehen. Ist mir auch egal.

Ich würde es eher umgekehrt sehen: Ob man tiltet, oder nicht, ist Technik. Inwieweit das dann gut ankommt, ist Bewertungsfrage, ob CA bei dieser Bewertung hilft, sei dahingestellt. Die wertvollere Erkenntnis ist, dass der "Impact" des Tilt entscheidend davon abhängt, dass vorher Reincorporation stattgefunden hat. Und das stimmt dann für Szenen genauso wie für Charaktere.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #4 am: 23.01.2011 | 16:40 »
Hey Fredi, hast du Play Unsafe und die Ausführungen zu Platforms und Tilts gelesen?
Das ist ein "Standardwerk", oder? Hab ich noch nicht gelesen, Asche auf mein Haupt...  :-[  Gibts das bei Indiepressrevolution?

Zitat
Die wertvollere Erkenntnis ist, dass der "Impact" des Tilt entscheidend davon abhängt, dass vorher Reincorporation stattgefunden hat. Und das stimmt dann für Szenen genauso wie für Charaktere.
Ich denke, das ist tatsächlich der Kern. :)

Trotzdem: nenn es CA oder sonstwie: wie wichtig der Tilt im Spiel ist und wieviel Reincorporation das Spiel (bzw. der Spielprozess, die Spielerfahrung oder der Spieler - nicht der geschriebene Text) braucht, das sind reale Unterschiede. Manchmal gibt es richtig Druck in Richtung Tilt und manchmal ist es super, wenn der Charakter wieder "sein Ding" machen kann. Bei manchen Spielen ist der Tilt schon eingebaut und "Ziel" des Spiels (die Issue bei PtA ist nichts anderes als der Tilt-Moment, auf den der Charakter die ganzen Serie lang zusteuert) und bei anderen gibts Belohnungen für Reincorporation. Bei PtA jubele ich, wenn die Issue geklärt wird, bei D&D lache ich, wenn der Zwerg zum 400sten Mal mit Großvaters Rüstung anfängt. Und ich denke, das ist auch nicht ganz ohne Belang. :)
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Offline D. Athair

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #5 am: 23.01.2011 | 16:44 »
So, was wir jetzt damit machen, weiß ich auch nicht so genau.
Wir könnten beispielsweise feststellen, dass Reincorporation und Tilt in TSoY/Solar System eine große Rolle Spielen. Die Pfade sind dergestalt angelegt.

In Bezug auf Beziehungen, Einstellungen und Werte wird Reincorporation vom System mit Erfahrungspunkten belohnt.
Sofern sie was mit den gewählten Pfaden zu tun hat.

Jeder Pfad ist endlich. Beziehungen und Einstellungen ändern sich und damit hat mancher Pfad auch ausgedient. Tilt.
Ein besonderes Ereignis, das wiederum mit Erfahrungspunkten - wenn auch in höherem Maß - belohnt wird.
Die Konsolidierung findet statt, indem das Spiel keine Möglichkeit lässt auf einen alten Pfad zurückzukehren.


Mit den Konzepten von Reincorporation und Tilt gelingt es die Funktionsweise der TSoY'schen Pfade zu beschreiben.
Das macht das Erklären und letztlich auch das Spielen einfacher.
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Offline Fredi der Elch

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #6 am: 26.01.2011 | 17:17 »
Wir könnten beispielsweise feststellen, dass Reincorporation und Tilt in TSoY/Solar System eine große Rolle Spielen. Die Pfade sind dergestalt angelegt.
Das stimmt, TSoY macht aus meiner Sicht eine der brilliantesten (und quasi-klassischen) Umsetzungen von Reincorporation und Tilt. Auch der Effekt, dass man gerade in Krisensituationen mal viele XP braucht und dann eher dazu neigt, seinen Key gegen XP zu tauschen, ist ein super Effekt - in der Krise wird sich eher verändert.

Ich denke gerade drüber nach, wie ich mich den Thema noch nähern soll/möchte. Wenn ich dahinter gekommen bin, sag ich Bescheid. ;)
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Offline Lord Verminaard

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #7 am: 26.01.2011 | 18:29 »
Wobei TSoY eben auch den Tilt zu gegebener Zeit braucht, sonst wiederholt es sich irgendwann zu sehr. Da ist sozusagen das absehbare Ende eingebaut. Das bestärkt auch meine Einschätzung, dass die Stärke von TSoY in der Kurz- und Mittelstrecke liegt. Auf 100 m stark und auf 400 m kaum schlagbar, auf 1000 m manchmal schon mit leichtem Hänger und ab 2000 m eher unter ferner liefen. Wenn ihr versteht, was ich meine. ;)
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Offline Blechpirat

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #8 am: 26.01.2011 | 20:09 »

El God

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #9 am: 26.01.2011 | 20:34 »
Ja, das passt. Ich würde zum Beispiel auch sagen, dass das große Proble vieler Sim-Spiele ist, dass diese Tilt-Momente überhaupt nicht unterstützt werden und man dann schief angesehen wird, wenn man Aspekte des Charakters verändert. Anstatt einer dramatischen Wendung wird das als Bruch der Persönlichkeit wahrgenommen und entsprechend verachtet. Auch drastische Veränderungen der Werte werden als unwahrscheinlich bzw. "nicht realistisch" angenommen und daher vermieden. Aber warum? Viele Medien leben davon, dass der Charakter verschiedene Wendungen durchmacht, sich sein Bild stark ändert. Wo Sim-Spieler (um mal bei deiner Lesart zu bleiben, eigentlich bin ich da eher bei Lord V) eher Reincorporation brauchen, um den Charakter als dreidimensional und "plastisch erfahrbar" zu erleben, braucht der Nar-Spieler letztlich den Tilt, um zu sehen, dass der Charakter lebt indem er sich verändert.

Habe ich das soweit durchdrungen?

Offline Lord Verminaard

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #10 am: 26.01.2011 | 20:37 »
Ich fände es interessant, wenn sich jemand, der sich mit FATE auskennt, mal daran wagen könnte, Aspekte in diesem Lichte zu betrachten. Stichwort: Wo ist der Tank, äh, Tilt? ;)
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Offline Blechpirat

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #11 am: 26.01.2011 | 22:07 »
@Vermi:

Das gibt es in der Tat. So ist z.B. in DFRPG vorgesehen, dass jemand, der die schlimmste aller Konsequenzen wählen musste, daraufhin einen seiner Aspekte anpassen muss, um diese Erfahrung wiederzuspiegeln. Hier wird also eine körperliche, mentale oder soziale Auseinandersetzung, die verloren wurde, zum zwingenden Tilt-Auslöser.

Offline Fredi der Elch

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #12 am: 26.01.2011 | 22:52 »
Wobei TSoY eben auch den Tilt zu gegebener Zeit braucht, sonst wiederholt es sich irgendwann zu sehr. Da ist sozusagen das absehbare Ende eingebaut. Das bestärkt auch meine Einschätzung, dass die Stärke von TSoY in der Kurz- und Mittelstrecke liegt.
Ja, würde ich auch so sehen. Und eigentlich bräuchte TSoY noch eine Art "diminishing return" bei den Keys, so dass man nach einer Zeit der Reincorporation fast keinen Gewinn mehr davon hat und einen nur noch der Tilt weiterbringt. So würde sich ewiges wiederholen derselben Key-Einsätze schon mechanisch ausgebremst.

Habe ich das soweit durchdrungen?
So in etwa hatte ich das gemeint, ja. :)

Ich fände es interessant, wenn sich jemand, der sich mit FATE auskennt, mal daran wagen könnte, Aspekte in diesem Lichte zu betrachten.
Die Diskussion würde ich gerne hier führen:
Reincorporation und Tilt - Techniken
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oliof

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #13 am: 27.01.2011 | 08:23 »
Ja, würde ich auch so sehen. Und eigentlich bräuchte TSoY noch eine Art "diminishing return" bei den Keys, so dass man nach einer Zeit der Reincorporation fast keinen Gewinn mehr davon hat und einen nur noch der Tilt weiterbringt. So würde sich ewiges wiederholen derselben Key-Einsätze schon mechanisch ausgebremst.

Aus der Hüfte geschossen spielen hier zwei Dinge rein, die dem einen Riegel vorschieben (können): Zum einen die bereits erwähnten Krisen, die es attraktiv machen, einen Key auch mal aufzugeben. Zum anderen können diese "verbrannten" Keys nicht wieder gewählt werden. Und in Kombination mit tatsächlichem Spiel braucht man ja auch erstmal eine Situation, in der ein Key "ewig wiederholt" werden kann.  [Mit diesen Beobachtungen aus der Zuschauerriege ist die Diskussion aber noch nicht zu Ende … ich denk nochmal drüber nach, wenn ich wach bin.]


Offline Naldantis

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #14 am: 1.02.2011 | 00:43 »
Die wertvollere Erkenntnis ist, dass der "Impact" des Tilt entscheidend davon abhängt, dass vorher Reincorporation stattgefunden hat. Und das stimmt dann für Szenen genauso wie für Charaktere.

Ich verstehe hier nciht, wie man eine Erwartunghaltung oder eine gemeinsame Realität bei einzelnen Szenen aufbauen kann, um sie dann zu 'tilten'?
Schließlich bieten einzelne Szenen doch wenig Zeit zum 'Reincorporieren'?

Offline Lord Verminaard

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #15 am: 1.02.2011 | 01:40 »
Bei Szenen ist der Maßstab natürlich kleiner, aber auch hier ist es eine wirkungsvolle Technik, zuerst einen Status Quo zu veranschaulichen, ehe man diesen dann in Stücke reißt. Ich hatte ja oben aus "Play Unsafe" zitiert, das sich wiederum Begriffe aus dem Impro zu eigen macht. Da spricht man von Plattformen bzw. Routinen, die in einer Szene erst gebaut und dann eingerissen werden.

Beispiel: In dieser Szene geht es darum, wie eine Horde Ninjas deinen Charakter in seiner Wohnung überfällt. Ich beginne die Szene nicht damit, wie der erste Ninja durchs Fenster springt. Sondern ich beginne sie damit, dass ich erstmal eine Plattform baue: Du in deiner Wohnung, wie sieht es da aus, was machst du da? Erst wenn wir das etabliert haben, kommt mein Tilt: Der erste Ninja kracht durch das Fenster und die Action kann losgehen.

Ist natürlich eine ganz andere Anwendung, aber doch ähnlich genug, dass ich sie hier erwähnen wollte.
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Offline Naldantis

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #16 am: 2.02.2011 | 00:52 »
@Vermi:

Das gibt es in der Tat. So ist z.B. in DFRPG vorgesehen, dass jemand, der die schlimmste aller Konsequenzen wählen musste, daraufhin einen seiner Aspekte anpassen muss, um diese Erfahrung wiederzuspiegeln. Hier wird also eine körperliche, mentale oder soziale Auseinandersetzung, die verloren wurde, zum zwingenden Tilt-Auslöser.

Sorry, wenn ich da reinplatze, aber wie wird die schlimmste mögliche Konsequenz bestimmt?
Also wie definiert man ein Maß für 'Konseqenzschwere'?

Offline Blechpirat

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Re: Reincorporation und Tilt
« Antwort #17 am: 2.02.2011 | 07:56 »
Sorry, wenn ich da reinplatze, aber wie wird die schlimmste mögliche Konsequenz bestimmt?
Also wie definiert man ein Maß für 'Konseqenzschwere'?

Schaden ist in FATE 3 zunächst "nur" Stress. Er wird mit so einer Art Hitpoints aufgefangen, von denen man zwischen 2 und 5 hat. Reichen diese nicht aus, so müssen "Konsequenzen" gezogen werden. Davon hat man drei Stück, die 2/4/6 Stresspunkte auffangen können. Hat man diese Konsequenzen verbraucht, kann man noch die erwähnte "extreme" Konsequenz nutzen.

Eine einfache Konsequenz beschreibt (nach Wahl des Spielers) den Schaden, den er genommen hat (Blauer Fleck, Schusswunde im Bein, etc) und kann dann für und gegen den Spieler eingesetzt werden.
« Letzte Änderung: 2.02.2011 | 07:58 von Blechpirat »