Autor Thema: [Heldenreise] Ein Erzählspiel  (Gelesen 6145 mal)

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Achamanian

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Re: [Heldenreise] Ein Erzählspiel
« Antwort #25 am: 25.11.2011 | 11:19 »
Nach Bischof gibt es diese feste Abfolge. Die lässt sich nicht in abstrakte Regeln fassen. Das ist so nicht möglich. Man kann also kein RSP bauen, welches aufgrund weniger Regeln quasi diese Entwivcklung von innen auf natürliche Weise vollzieht.

Warum soll das nicht gehen? Natürlich meine ich nicht, dass man einen "Mastercode" schreiben soll, der aus einigen wenigen Regeln heraus dafür sorgt, dass sich ein Heldenmythos entfaltet, aber mit einem groben Gerüst, z.B. in Form von verschiedenen Konfliktresolutionsregeln für verschiedene Spielabschnitte, könnte man natürlich Regeln entwickeln, die relativ zuverlässig eine Heldenmythos-Geschichte nicht nur über äußere Vorgaben entwickeln, sondern auch aus einer inneren Dynamik heraus.
Du nennst doch selbst Polaris - da hast du doch ein Regelwerk, das Regelmechanismen bereitstellt, bei denen eine Tragödie entsteht, ohne dass dafür besonders viele äußerliche Vorgaben nötig wären. Warum soll das dann mit dem Heldenmythos per se unmöglich sein?

ErikErikson

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Re: [Heldenreise] Ein Erzählspiel
« Antwort #26 am: 25.11.2011 | 11:20 »
Naja. Hast du delber gesagt. Es gibt keinen Mastercode. Polaris ist nicht so sehr in Stufen strukturiert wie Berals Idee. IMHO würde es arg schnell komplex werden, wenn man die Stufen durch regeln herbeiführen will. Für mich ist Polaris schon der Gipfel der Meta-Inhalte, noch mehr, und es wird IMHO unspielbar.

Offline Beral

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Re: [Heldenreise] Ein Erzählspiel
« Antwort #27 am: 25.11.2011 | 11:23 »
Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob man für das, worauf die scheinbar hinauswillst, überhaupt Regeln braucht bzw. ob das überhaupt ein Spiel ist. Geht es dir nur darum, noch einmal möglichst kurz und bündig zusammenzufassen, welchen Regeln der Heldenmythos gehorcht, damit man sich dann zusammensetzen kann und sich anhand dieser Regeln eine Geschichte ausdenken? Das kann man machen, bloß dafür muss man, so scheint mir, eigentlich nichts entwickeln, da reicht tatsächlich die Übersicht, die du schon gemacht hast.
Jo, so ist die Sachlage bezüglich meiner ursprünglichen Ziele. Um das etwas blumiger auszudrücken, hier ein Werbeflyer für Heldenreise:

  • Mehrere Spielleiter!
  • Nur ein Heldencharakter!
  • Railroading maximal! Dagegen ist DSA ein Sandbox-Paradies!
  • Keine Spieler! Kein Stress! Niemand da, der sich über das Railroading beschweren könnte!
  • Bei Heldenreise sind alle Mitspieler auf der Glanzseite des Railroadings!
  • Regelarm! Loslegen von der ersten Minute an!
  • Das pure Erzählen! Keine Würfel, keine Werte!

Was die Heldenreise für ein Rollenspiel eher ungeeignet macht, ist die feste Struktur. Rollen implizieren, dass die Spieler miteinander interagieren können, und zwar mittels der Charaktere in der Spielwelt. Diese Interaktionen werden dadurch interessant, dass ihr Ausgang offen ist. Bei Heldenreise kann der er nicht besonders offen sein, sonst wird keine Heldenreise daraus.

Wichtige Feststellung: Die Heldenreise hat keine Interaktionsoffenheit auf der Ebene der Spielwelt.
Sich irgendwelche Mechanismen dafür auszudenken wäre ein strategischer Fehler. Das kann nur schiefgehen. Die vorgelegte Chronologie ist die zentrale Struktur für die Spielwelt.

Die Spieler interagieren natürlich trotzdem. Und ihre Interaktion ist sogar offen - auf der Spielerebene. Innerweltlich sind die Schienen klar ausgelegt. Aber welche Spielwelt legen die Spieler darüber? Welches Thema? Welche Geschichte kommt dabei heraus? Das sind die Dinge, die wirklich offen sind. Das sind dann auch die Dinge, die spannend sind. Ich habe zum Beispiel schon eine Heldenreise gezaubert, mit Fußball als Thema!

Wichtige Feststellung 2: Die spannende Interaktion findet bei Heldenreise auf der Spielerebene statt.

So. Und warum lohnt es sich Heldenreise zu spielen?

  • Weil du erstmals in deinem Leben in die Lage versetzt wirst, einen Heldenmythos selbst zu erschaffen!
  • Weil du bestimmst, wie dein Heldenmythos aussieht! Heldenreise sorgt nur dafür, dass es wirklich ein Heldenmythos wird.
  • Du bekommst das Minimum an notwendiger Struktur und kannst maximal kreativ werden!
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.

Achamanian

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Re: [Heldenreise] Ein Erzählspiel
« Antwort #28 am: 25.11.2011 | 11:34 »
Naja. Hast du delber gesagt. Es gibt keinen Mastercode. Polaris ist nicht so sehr in Stufen strukturiert wie Berals Idee. IMHO würde es arg schnell komplex werden, wenn man die Stufen durch regeln herbeiführen will. Für mich ist Polaris schon der Gipfel der Meta-Inhalte, noch mehr, und es wird IMHO unspielbar.

Okay, du vermutest also, das würde ziemlich kompliziert werden. Das ließe sich natürlich nur überprüfen, indem man mal einen Designversuch unternimmt. Ich vermute, es wäre durchaus ganz überschaubar. Weder das eine noch das andere bedeutet, dass es unmöglich wäre. Das Mission Statement bei der Entwicklung von Polaris oder Fiasco sah sicher auf den ersten Blick auch nicht ganz einfach aus.

Achamanian

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Re: [Heldenreise] Ein Erzählspiel
« Antwort #29 am: 25.11.2011 | 11:43 »

Wichtige Feststellung: Die Heldenreise hat keine Interaktionsoffenheit auf der Ebene der Spielwelt.
Sich irgendwelche Mechanismen dafür auszudenken wäre ein strategischer Fehler. Das kann nur schiefgehen. Die vorgelegte Chronologie ist die zentrale Struktur für die Spielwelt.

Die Spieler interagieren natürlich trotzdem. Und ihre Interaktion ist sogar offen - auf der Spielerebene. Innerweltlich sind die Schienen klar ausgelegt. Aber welche Spielwelt legen die Spieler darüber? Welches Thema? Welche Geschichte kommt dabei heraus? Das sind die Dinge, die wirklich offen sind. Das sind dann auch die Dinge, die spannend sind. Ich habe zum Beispiel schon eine Heldenreise gezaubert, mit Fußball als Thema!


Das ist aber auch bei vielen anderen, durchaus "verregelten" Indies so, dass die Interaktion nicht auf der Ebene der Spielwelt stattfindet sondern in erster Linie auf der der Spieler (abgesehen davon, dass es genaugenommen sowieso immer die Spieler sind, die interagieren, die Frage ist nur, auf welcher Abstraktionsebene von der In-Game-Handlung sie interagieren). Auch die explizite Interaktion zwischen Spielern auf einer der Spielweltwirklichkeit übergeordneten Ebene kann man ja in Regeln fassen. Die berühmten (und vielen verhassten) Regeln für Vergabe von Erzählrecht sind ja genau solche Regeln auf Spieler-Wirklichkeitsebene.

Kennst du denn Polaris? Das ist ja genau so, wie du beschreibst: Die Regeln gehen in erster Linie um Erzählrechte, der Ausgang und die entscheidenden Stationen sind der Struktur nach festgelegt, interessant ist, welche Geschichte dabei rauskommt. Trotzdem ist es gelungen, ein Regelwerk dafür zu erschaffen, das eben nicht in erster Linie eine äußerliche Vorgabe zu den Merkmalen ist, die eine gemeinsam erfundene Geschichte haben soll, sondern eines, dass tatsächlich einen generativen Spiel-Charakter hat.

ErikErikson

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Re: [Heldenreise] Ein Erzählspiel
« Antwort #30 am: 25.11.2011 | 14:08 »
Umso mehr ich drüber nachdenke, umso eher würde ich ne Fiasko oder Polaris variante draus machen.

Sagen wir, ein Spieler übernimmt den Helden, der nächste die Antagonisten, der nächste die Helfer und der letzte die prinzessin. Dann sind schonmal alle irgendwie versorgt.

Das einzige, was sich in relevanter Weise ändert, ist ja die Colour. Also würde ich das Spiel mit darauf aufbauen.

Vorschlag: Jede Phase hat einen Ausgangszustand und einen Endzustand. Der Endzustand der Phase 1 ist der Ausgangszustand der Phase 2. jetzt erzählt man drauflos. Aber jedesmal, wenn man sich mit einer Handlung vom Zielzustand entfernt, muss einer der Spieler ein "Aber" hinzufügen. Das "Aber" legt einen Weg fest, doch zum Zielzustand zu kommen.

Das geht solange, bis der Zielzustand erreicht ist.

Jedemal, wenn man in einer Phase die meisten "Aber" einbracht hat, darf man eines der folgenden Dinge tun:

-Die Colour ändern (gibt dann ein verrücktes Spiel alla Alice in Wonderland)
-Zwei Spieler wechseln, alsp bsp. der Helden spieler spielt jetzt die Antagonisten
-oder ähnliche Dinge


 

Offline Beral

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Re: [Heldenreise] Ein Erzählspiel
« Antwort #31 am: 2.12.2011 | 11:15 »
Weil ich Spaß daran habe, hier eine Geschichte nach dem Leitfaden. Einziger Ausgangspunkt ist die Idee, dass der Präsident vergiftet ist.

1. Akt
Der Präsident wurde vergiftet. Der Schurke verlangt eine Milliarde Lösegeld für das Gegengift verlangt, dass die USA Atomwaffenpläne an Teheran schicken. Chuck Norris wird angerufen. "Helfen Sie uns! Sonst ist die Welt verloren..." Chuck ist bereit. Das Pentagon bereitet die Mission vor.

2. Akt.
Chuck Norris ruft ein paar Kumpels an. Van Damme und Steven Seagal begleiten ihn. Seagal will den Ruhm und Van Damme braucht das Geld. Aber das verraten sie natürlich nicht. Die drei Helden besteigen den Kampfhubschrauber, der ihnen gestellt wird und düsen ab. In Sibirien gibt es einen Kontaktmann, der weiterhelfen soll. Das Trio landet irgendwo in der Taiga, in einem Städchen, das auf keiner Karte verzeichnet ist und dessen Name eine Nummer ist. Auf Googleearth ist in diesem Bereich Wald eingezeichnet. Der Hubschrauber wird mit Flugabwehrraketen begrüßt, aber Steven sitzt mit einem Scharfschützengewehr in der Ausgangslücke des Hubschraubers und knallt die Flarakschützen mit drei präzisen Headshots ab. Im Wachhaus kickt Van Damme ein paar besoffene und kartenspielende Soldaten ins Reich der Träume. die Helden steigen hinab in einen Bunker...

Ein riesiges Labor, noch nie gesehene Maschinen und Apparaturen. Mittendrin ein errgauter alter Mann im weißen Kittel. "Ihr seid gekommen", schmunzelt er. Und fragt hinterher: "Na, wer ist es gewesen?"
"Die Russen!" ruft Steven Seagal.
"Falsch." Der Alte macht eine Augenbewegung und Seagal bricht tot zusammen.
"Al Quaida war's." sagt Van Damme kühl.
"Falsch." Der Alte bewegt einen Finger und irgendwas lässt auch Van Damme zusammenbrechen. Nun blickt der Greis Chuck Norris an.
Chuck geht auf ihn zu, blickt ihm aus nächster Nähe in die Augen. Und haut dem Greis mit einem Roundhousekick direkt auf die Schläfe.
"Ich habe keine Zeit für Spielchen. Du alter Sack sagst es mir jetzt oder ich schlage dir alle Zähne aus."
So macht man das, Freunde.

Der alte KGB-Wissenschaftler erzählt von einer Verschwörung des CIA. Der Täter ist ein Iraner aus dem CIA-Gedankenkontrollprogramm. Man hat im Personenschutz des präsidenten eine Lücke eingebaut, damit der Iraner sein Werk tun konnte. Iran soll medienwirksam schuldig gemacht werden, um einen Angriff zu legitimieren. Der Täter befindet sich auf einer Geheimstation des CIA im Bermudadreieck.

Chuck will schon aufbrechen, als der alte Mann ihn aufhält.
"Warte. Du schaffst es nicht ohne Hilfe. Schau her, eine kugelsichere Salbe."
"Brauch ich nicht", sagt Chuck. "Ich bin unverwundbar."
"Oh! Dann hier, ein kleiner Chip. Damit kannst du gezielt elektromagnetische Strahlung aussenden und die Gehirnaktivität eines anderen komplett unterbrechen."
"Brauch ich nicht", sagt Chuck. "Ich mache auch so jeden Platt."
"Dann nimm wenigstens diesen Schlüsselanhänger. Das ist eine Miniaturfassung eurer Verfassung. Habe ich mal aus Souvenir aus Washington mitgebracht."
"Was kann es?"
"Du kannst Schlüssel darauf hängen."
Das findet Chuck ok und damit macht er sich auf seine Mission.

Sein Instinkt führt ihn zielsicher zur fraglichen Insel im Bermudadreieck. Der Hubschrauber wird abgeschossen und explodiert in der Luft. Chuck aber fällt ins Meer und überlebt. Er schwimmt die restlichen zwanzig Kilometer zur Insel und steht überraschend vor den Torwachen. Dort hat niemand mit einem Überlebenden gerechnet. Ein paar Kinnhacken räumen die Wachen aus dem Weg. Das Gebäude ist natürlich verschlossen und die Türen öffnen sich nur auf Augenerkennung. Kack drauf, Chuck schlägt die Tür ein und geht rein. Ein Kugelhagel geht auf ihn nieder, aber das ist Chuck Norris, Kugeln können ihm nichts anhaben. Er prügelt alle Soldaten und Agenten einfach nieder. Übrig bleibt eine bildschöne Laborantin. Vor ihr auf dem Tisch liegt der Iraner, tot.

"Wo ist das Gegengift?"
"Es gibt kein Gegengift."
"Aber warum?"
"Der Präsident soll sterben. George Bush wird mit einer CIA-gestützten Kampagne zum neuen Präsidenten und er wird Rache am Iran üben!"
"Aber der Iran hat doch gar nichts damit zu tun?!"
"Naja, irgendwie schon. Der Iran soll doch vernichtet werden."

Chuck ist verzweifelt. Kugeln konnten ihm nichts anhaben, aber die Verlogenheit seiner Heimat bricht ihm das Herz. So sitzt er da, demoralisiert und handlungsunfähig. Doch dann ertastet er den Schlüsselanhänger in seiner Tasche. Die Verfassung, das Symbol amerikanischer Grundwerte. Überreicht ausgerechnet von einem ehemaligen Feind. Was ist bloß aus Amerika geworden? Chuck wird wütend! Und er hat einen Plan.

"Ich muss zurück nach Washington! Wie lange bleibt dem Präsidenten noch?"
"Vergiss es", sagt die Laborantin. "Er hält maximal ein paar Tage durch, aber es dauert Wochen, um ein Gegengift zu entwickeln."
"Wir brauchen kein Gegengift. Ich werde eine Bluttransfusion mit dem Präsidenten machen! Mein Blut ist gegen Gift immun und wird den Präsidenten heilen!"
Die Laborantin wirkt zuerst geschockt. Dann rinnt ihr eine Träne die Wange hinunter. Dann sagt sie: "Es gibt hier einen Hangar, dort stehen Kampfflugzeuge für den Notfall!" Als Chuck im Flugzeug sitzt, gibt sie ihm einen Kuss auf die stachelige Wange. "Du hast ein wahrhaft großes Herz", haucht sie, "Bekomme ich ein Autogramm von dir?" Klar, bekommt sie. Direkt auf die Brust. Und dann macht sie die Tore auf, damit Chuck wegfliegen kann.

Pause.  ~;P

« Letzte Änderung: 7.12.2011 | 15:14 von Beral »
Spielertyp: Modellbauer. "Ich habe das Rollenspiel transzendiert."

"Wir führen keinen Krieg...sind aber aufgerufen eine friedliche Lösung auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen." Gerhard Schröder.