Autor Thema: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände  (Gelesen 1270 mal)

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Achamanian

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FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« am: 20.08.2012 | 17:22 »
Ich lese gerade das wunderbare Freefate und bereite mich gedanklich auf meinen ersten Fate-Test vor - der wird entweder mit dem SF-Setting Mindjammer oder mit Cthulhu stattfinden.
Im letzteren Fall möchte ich als Geisteszustandssystem auf jeden Fall den Monitor von Unknown Armies (abgespeckt auf die Merkmale Gewalt, Identität und Übernatürliches (Mythos)) verwenden, weil ich den einfach so großartig gelungen finde. Ich habe mir dazu schon ein paar Überlegungen gemacht, aber erst einmal wollte ich fragen, ob jemand dasselbe vielleicht schon gemacht hat und ich darauf zurückgreifen kann. (ich erkläre die beiden Systeme im folgenden nicht, das ist mir zu kompliziert ...)

Meine Idee besteht im Groben darin, dass mentale Stress-Konsequenzen unmittelbar in Kerben auf dem Zustandsmonitor umgesetzt werden, wobei kleine Konsequenzen Härtekerben geben und große Traumakerben. Wenn man genug Härtekerben auf einem Balken hat (da muss man den Maßstab an die Fate-Stufenleiter anpassen), muss man gegen entsprechend schwache Schrecken keine Willenskraft-Probe mehr würfeln, sondern kann sie einfach so ignorieren. Evtl. noch als Zusatzregel, dass der Stress nach einer Szene nicht einfach so wieder verschwindet, sondern dass man sich mit einer passenden Konsequenz sofort von ihm "freikaufen" muss - sonst würde es m.E. zu lange dauern, die ersten Härtekerben anzusammeln. Was mir an meiner Idee gefällt, ist das Abhärtung und Willenskraft nicht gekoppelt sind - d.h. der gegen Gewalt abgestumpfte Schläger muss normalerweise nicht würfeln, wenn er eine Leiche sieht, aber wenn jemand die Leiche ausgeweidet hat, dann sind seine Chancen, ein Trauma zu erleiden, genauso groß wie bei jedem anderen mit dem gleichen Willenskraftwert auch.
Das so jetzt mal sehr ungeordnet auf die Schnelle zusammengesponnen.

Was ich nicht brauche, ist der Hinweis, dass ich Geistezustände doch lieber einfach direkt über Konsequenzen regeln soll. Das könnte m.E. nur auf ein mentales "Verwundungssystem" mit Phobien und Geistesstörungen wie bei Cthulhu BRP hinauslaufen, und genau das will ich nicht. Das Tolle an dem Zustandsmonitor von UA ist für mich, dass er langfristig und relativ abstrakt, aber enorm greifbar die Entwicklung eines Charakters hin zu zunehmender Abgebrühtheit oder Traumatisierung erfasst und sich im Gegensatz zu den bei Cthulhu typischen Geistesstörungen (Angst vor Erdnussbutter, ahh!) meistens sehr direkt und ohne irgendetwas hinzubiegen auf konkrete Spielsituationen anwenden lässt.
Ich weiß, dass die Kombination der beiden Systeme nicht ganz aus einem Guss sein kann, das nehme ich aber in Kauf.

Offline Blechpirat

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Re: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« Antwort #1 am: 21.08.2012 | 11:00 »
Ich hab leichtes ziehen im Zahn bei dem, was du da vor hast ;) : Hört sich nach einem Verstoß gegen die Regel "Convert the Setting, not the System" an. Und wenn du dich in FATE gerade einliest, an so was zentralem wie dem Stress/Konsequenzensystem zu drehen... mutig.

M.E. gibt es zur Abbildung dessen, was du da vor hast, zwei klassische Wege. Der eine wäre ein (spezieller) Abwehrskill für jeden Monitor, der nur dann erhöht werden kann und darf, wenn ein Abhärtungserfolg eingetreten ist. Diese Skills müssen ja nicht mal unbedingt in der Pyramide sein, sie könnten extra laufen. Und wer den Abwehrskill auf einem bestimmten Wert hat, der muss eben nicht mehr gegen geringe Schwierigkeiten würfeln. Aber: Soll man hier seine Würfe mit FATE-Chips boosten dürfen?

Der andere Ansatz wäre an der Länge der Stresstracks zu drehen. Davon rate ich aber nach etwas nachdenken ab, weil lange Stresstracks langweilig sind.

Achamanian

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Re: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« Antwort #2 am: 21.08.2012 | 11:41 »
Ich hab leichtes ziehen im Zahn bei dem, was du da vor hast ;) : Hört sich nach einem Verstoß gegen die Regel "Convert the Setting, not the System" an. Und wenn du dich in FATE gerade einliest, an so was zentralem wie dem Stress/Konsequenzensystem zu drehen... mutig.

M.E. gibt es zur Abbildung dessen, was du da vor hast, zwei klassische Wege. Der eine wäre ein (spezieller) Abwehrskill für jeden Monitor, der nur dann erhöht werden kann und darf, wenn ein Abhärtungserfolg eingetreten ist. Diese Skills müssen ja nicht mal unbedingt in der Pyramide sein, sie könnten extra laufen. Und wer den Abwehrskill auf einem bestimmten Wert hat, der muss eben nicht mehr gegen geringe Schwierigkeiten würfeln. Aber: Soll man hier seine Würfe mit FATE-Chips boosten dürfen?

Der andere Ansatz wäre an der Länge der Stresstracks zu drehen. Davon rate ich aber nach etwas nachdenken ab, weil lange Stresstracks langweilig sind.

Das mit den speziellen Abwehrskills erscheint mir wie eine gute Idee, so wie du es beschreibst, habe ich das Gefühl, dass ich damit aber noch mehr am Fate-Kern drehen würde, als ich das ohnehin schon vorhatte. Aber ich werde mal verschiedene Varianten austesten ... an den Stresstracks zu drehen bringt dagegen wohl tatsächlich nichts, ich will ja ein System, das langfristige Veränderungen abbildet.
Im Prinzip halte ich wie gesagt auch nicht viel davon, verschiedene Regelmechanismen ineinanderzumanschen, aber ich sehe nach der FATE-Lektüre irgendwie nicht, wie sich da eine langfristige Geisteszustandsveränderung bewerkstelligen ließe - außer eben mittels bleibender Konsequenzen, aber die sind immer nur geeignet, um isolierte Ängste oder Störungen aufzuzählen, nicht aber den Grad der Traumatisierung oder Abhärtung in einem bestimmten Bereich. Und genau das brauche ich eben.
Könnte letztlich auch sein, dass FATE und Cthulhu oder andere "Wahnsinnssysteme" einfach nicht so gut zueinander passen.

Achamanian

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Re: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« Antwort #3 am: 21.08.2012 | 12:05 »
Okay, mein erster Versuch zur Regelung:

Es gibt drei Aspekte des Geisteszustands: Gewalt, Identität und Mythos (letzteren für die Konfrontatation mit kosmischen Wahrheiten über den Kakerlakenstatus der Menschheit usw.). Jeder Aspekt ist an eine  Fertigkeit geknüpft:
Gewalt (Empathie)
Identität (muss ich mir noch überlegen)
Mythos (Willenskraft)

Wann immer es einen guten Grund dafür gibt, dass einen Charakter der Schrecken packt (er wird Opfer von Gewalt oder übt welche es, er tut etwas, das seinem Selbstbild radikal zuwiderläuft, er sieht oder riecht ein Schlabbermonster), wird dem Schrecken ein Wert auf der Leiter zugewiesen. Wenn man auf jemanden schießt, ist das ein Wert von 1-2 bei Gewalt, wenn man gefoltert wird ein Wert von 5-6. Liegt dieser Wert unter oder gleich der Zahl der Härtekerben (s.u.) im entsprechenden Aspekt des Geisteszustands, wird kein Wurf fällig. Liegt er darüber, muss der Charakter mit der dem Aspekt zugeordneten Fähigkeit eine Probe gegen den Schreckwert würfeln. Bleibt er drunter, enthält er entsprechend Stress auf dem geistigen Stresstrack (Achtung - es gibt weiterhin nur einen Stresstrack. Wenn man in einer Szene Stress durch Gewalt, Identitätskrisen und Konfrontation mit dem Mythos enthält, addiert der sich einfach auf dem Track).
Nimmt ein Charakter eine Konsequenz, dann erhält er dafür eine Kerbe bei dem Aspekt des Geisteszustands, der zuletzt "attackiert" wurde. Eine leichte Konsequenz bedeutet eine Härtekerbe, eine schwere eine Traumakerbe, eine extreme eine Traumakerbe plus kurzzeitige geistige Umnachtung.
Als Sonderregel gilt: Nach einer Szene muss man sich von verbleibendem geistigen Stress mit einer entsprechend hohen Konsequenz "freikaufen" (so wird dafür gesorgt, dass zu Anfang ein paar Kerben entstehen und die Charaktere etwas "abhärten").

Eine erste Frage, die dabei bleibt, ob man in einer Szene dann unbegrenzt viele Konsequenzen nehmen kann anstatt nur drei. Das würde dem Systemkern wahrscheinlich Schaden. Evtl. löst die dritte geistige Konsequenz auf jeden Fall irgendeine Art von Zusammenbruch aus.

Zweite Frage ist, wie viele Härte-/Traumakerben überhaupt möglich sein dürfen, das müsste wohl irgendwo bei 5-10 liegen.

Ich könnte mir vorstellen, dass das so funktioniert, ohne FATE dabei allzu sehr zu vergewaltigen. Gut gefällt mir an dem Ansatz, dass Abhärtung und die Chance, eine Schreckprobe zu schaffen, wenn sie denn fällig wird, genau wie in UA nicht gekoppelt sind. Das macht es möglich, das Charaktere bis zu einem bestimmten Grad sehr abgebrüht sind, aber total zusammenbrechen, sobald etwas ein bisschen über ihre Grenzen hinausgeht. Dieses Element des Systems möchte ich auf jeden Fall bewahren.

Offline Blechpirat

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Re: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« Antwort #4 am: 21.08.2012 | 12:25 »
Man könnte die Abhärtung auch als "Rüstung" verstehen, die von dem Stress, den ein PC erhält, etwas abzieht. Wobei Rüstung eben nicht wörtlich zu verstehen ist, sondern auch ein Schutz vor anderen Sorten Stress als nur körperlichen verstanden werden kann.

Achamanian

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Re: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« Antwort #5 am: 21.08.2012 | 12:37 »
Man könnte die Abhärtung auch als "Rüstung" verstehen, die von dem Stress, den ein PC erhält, etwas abzieht. Wobei Rüstung eben nicht wörtlich zu verstehen ist, sondern auch ein Schutz vor anderen Sorten Stress als nur körperlichen verstanden werden kann.

Auch ne spannende Idee - ich muss mir heute Abend noch mal die Rüstungsregeln ansehen, um rauszufinden, ob die dafür brauchbar sind!

Offline LordBorsti

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Re: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« Antwort #6 am: 21.08.2012 | 13:20 »
Du könntest das Analog zur "Lawbreaker-Mechanik" vom Dresden Files Regelwerk machen.

Im Dresdenverse gibt es die 7 Laws of Magic. (Unter anderem: Du sollst keinen Sterblichen mit Magie töten)
Wenn ein Charakter gegen eines der Gesetz verstößt, rutscht er ein bisschen in Richtung "Dunkler Seite" ab. Das äußert sich darin, dass der Charakter einen "Lawbreaker"-Stunt erhält, der ihm in Zukunft einen Bonus auf Würfe gibt, die ihn dieses Gesetz ein weiteres Mal übertreten lassen. Außerdem muss der Charakter, wenn mehrere von diese Stunts einsammelt einen seiner Charakeraspekte ändern, um pervertierung seiner Persönlichkeit zu repräsentieren. Wenn der Charakter durch das Einsammeln von Lawbreaker Stunts seinen Refresh auf 0 senkt wird der Charakter zum NSC (aka Bösewicht).

Mechanisch:

Wer einmal gegen ein Gesetz verstößt erhält einen Stunt für -1 Refresh, der einen Bonus von +1 auf alle Würfe gibt um dieses Gesetz nochmal zu brechen.

Wer dreimal gegen das gleiche Gesetz verstößt erhöht den Refresh des Stunts auf -2 und erhält zukünftig einen +2 Bonus auf alle Würfe um dieses Gesetz zu brechen. Außerdem muss er einen Charakteraspekt ändern, der seine Persönlichkeitsänderung dokumentiert.

Wer gegen mindestens 3 Gesetze verstoßen hat, bekommt einen +1 Bonus auf alle Würfe um irgendeines der Gesetz zu brechen. Der Bonus addiert zu den obigen beiden Punkten und erhöht den maximalen Bonus auf +3.


Du könntest das übertragen: Stunts, die dem Charakter Boni bringen um Gewalt zu verarbeiten, oder Wissen zu haben (Mythos). Das Ansammeln von Stunts zieht Änderungen bei den Charakteraspekten nach sich (die Änderung der Geisteszusände). Und wer zuviele ansammelt (Refresh auf 0 senkt) wird wahnsinnig, zum gewalttägen NSC oder ähnliches.

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Achamanian

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Re: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« Antwort #7 am: 21.08.2012 | 14:00 »
Klingt gut, wobei ich mir dann natürlich Dresden Files auch noch holen muss Mist ;)

Offline Wawoozle

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Re: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« Antwort #8 am: 21.08.2012 | 14:06 »
Ich würde auch Blechpirats Rüstungsregel nutzen. Die ist doch einfach genug um das abzubilden was du vorhast oder ?
« Letzte Änderung: 21.08.2012 | 14:12 von Wawoozle »
Ihr wollt doch alle den Nachtisch zuerst !

Achamanian

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Re: FATE und Unknown-Armies-Geisteszustände
« Antwort #9 am: 21.08.2012 | 14:23 »
Ich würde auch Blechpirats Rüstungsregel nutzen. Die ist doch einfach genug um das abzubilden was du vorhast oder ?

Muss mal sehen - ich habe gerade dsa Regelwerk nicht zur Hand, aber der Ansatz klingt wie gesagt passend für meine Absichten!