Autor Thema: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?  (Gelesen 19939 mal)

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Offline Tim Finnegan

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #125 am: 13.08.2012 | 23:14 »
Gurps kenne ich nicht.

Warhammer nur vom Hörensagen und es soll ein "Verstümmelungssystem" sein.
Macht es Spaß, damit zu spielen oder ist es schwer damit umzugehen, wenn der Held mit körperlichen Einschränkungen
umgehen muss?

Mit welchem System spielt ihr Cthulhu?
Spielt ihr es sehr tödlich und mit Wahnsinn?



Das witzige daran ist: Warhammer und CoC sind zwei Systeme/setting bei denen klar ist: Du kannst nur verlieren. Die einzige Frage die sich stellt ist: Wie weit kommst du bis es so weit ist.
Das kann übrigens sehr befreiend sein, alternativ zu krampfhafter Feigheit führen.
« Letzte Änderung: 13.08.2012 | 23:17 von Tim Finnegan »
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Offline Oberkampf

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #126 am: 14.08.2012 | 08:02 »
Ungeordnete Punkte:

Warhammer:
Da sagte Tim Finnegan eigentlich schon ziemlich deutlich, dass Warhammer ein Spiel ist, bei dem man verlieren wird. Wem nicht klar ist, dass der Spaß darin liegt, gegen die Kultisten & Dämonen und sonstigen Schweinereien zu kämpfen, auch wenn dabei körperliche und geistige Gesundheit vor die Hunde gehen, sollte lieber ein anderes Spiel suchen. In Warhammer ist man nicht der strahlende Held, der immer siegt, sondern der Held, der trotzdem durchhält. (Ist aber auch eines der wenigen Horrorsettings, die ich abkann, weil man eben nicht nur Opfer der unheimlichen Umstände ist.)

V:tM ist ein Storytelling-Rollenspiel, eigentlich sogar das Namensgebende für diese ganze Richtung, und dabei wird dem Spielleiter mMn eine sehr hohe Gestaltungsvollmacht zugesprochen, die nicht explizit durch andere Regeln abgedeckt sein muss. Gewissermaßen ist ein Einigen auf Storytelling ein Freibrief für den SL, seinen dramaturgischen Überlegungen freien Lauf zu lassen. Dabei können bei begnadeten Spielleitern gute Stories/Spielerlebnisse 'rauskommen, aber die Chance auf Mist ist sehr hoch.

Machtkämpfe:
Ich kann Machtkämpfe nicht von Interessen trennen. Aber was bedeuten Machtkämpfe? Jede Regeldiskussion, die ich bislang am Tisch erlebt habe, war ein Machtkampf. Ich empfinde es als störend, wenn man seine Interessen am Rollenspiel nicht offen legt, und dann quasi durch die Hintertür ins laufende Spiel einschmuggeln will (vielleicht weil man garnicht merkt/sich vorstellen kann, dass andere Spieler andere Interessen haben). Das ist, finde ich, eine Art, wo die Machtkämpfe unschöne Formen annehmen.

Awesome und Peinlich:
Genau das ist so eine dieser Sachen: Kann man sowas nicht vorher abklären? Zumindest ungefähr?
Awesome i.S.v. Indiana Jones 1 - 3 wäre für mich ok, im Sinne von Indiana Jones 4 (Kühlschrank!) einfach peinlich. (Und bitte kein Wort über die sogenannten Star Wars 1 - 3....)
Wenn man im RSP darauf steht, SCs wie Trottel aussehen zu lassen, denen jeder Versuch, irgendetwas zu tun, auf peinlichste Art misslingt, dann kann man das auch sagen und muss sich nicht hinter einem SL-Freibrief verstecken.
« Letzte Änderung: 14.08.2012 | 08:09 von SLF »
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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #127 am: 14.08.2012 | 08:16 »
Also allgemein habe ich festgestellt, dass Regeldiskussionen nerven, ich bin dankbar wenn ein SL hier zumindest vorerst erstmal sagt "wir machen das so". Ansonsten verzettelt man sich. Unterbrechungen gibt es ja auch so schon genug. Was nach dem Spiel läuft, ist da ein ganz anderes Thema, da kann man dann nochmal in Ruhe über etwaige Unklarheiten reden.

Aber ansonsten gilt, der SL schafft den Rahmen und definiert die Welt. Ja es gibt vielleicht Settingbücher, aber Anpassungen sind erlaubt - auch wenn sie bei besonders starren Settings angekündigt sein sollten, wenn sie  zu sehr aus dem Rahmen fallen.  Heißt die Logik der Spielwelt sollte nicht angetastet werden.
...und wenn sie nicht gestorben sind, dann geht und ändert das!

Offline Skiron

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #128 am: 15.08.2012 | 08:03 »
Achso, ich ging von dem Beispiel aus, das mehr danach klang als waere der SC beim Wache halten von zwei uebermaechtigen NSC ueberwaeltigt und eingekerkert worden. Ansonsten kenne ich Necessary Evil nicht (kurzem Googeln nach scheint es ein SW Setting zu sein? ).

Es würde zu lange dauern, dass eingehend zu erklären.
Ich wollte mit dem Beispiel nur verdeutlichen, dass es nicht zu so einer Situation kommt, die Du sie beschreibst, wenn ich in einer Gruppe spiele der ich vertraue und man aufeinander achtet. Es kann zu Situationen kommen in denen mein Charakter "aus dem Spiel" ist oder mein Charakter nicht viel handelt, aber ich als Spieler werde respektiert. Die Kommunikation ist erwünscht und vorhanden.

Ich finde es hierbei relativ kompliziert als Mitspieler und ggf. Spielleiter die Situation einzuschaetzen.
Das heisst ob die Situation beabsichtigt oder unbeabsichtigt war, ob ein Charaktertod nun in Ordnung oder nicht in Ordnung geht respektive in wie weit der Mitspieler nun gluecklich damit waere fuer den Rest des Spielabends nicht mehr mitzuspielen bzw. in welchem Ausmass das von der Gruppe, die ggf. ein Zusammenspiel mit allen Mitspielern wuenscht, als legitim empfunden wird.
Selbst wenn da im ersten Moment gesagt wird "Ach, das macht nichts" koennte durchaus das Gefuehl des ungluecklich sein empathisch wahrgenommen werden respektive "Das macht nichts" nicht vollstaendig ernstgemeint sein.

Das stimmt, solche Situationen finde ich auch immer wieder schwierig.
Ich habe deshalb im Spiel deutlich gemacht, dass es ok ist und auch noch mal nach dem Spiel direkt und deutlich gesagt.
Für mich ist es deshalb wichtig, dass ich mich in solchen Momenten vergewissern kann ob alles in Ordnung ist, oder ob ich die Signale
richtig gedeutet habe. Oder mich zumindest danach darüber verständigen.

Player versus Player. Spieler versus Spieler.
Wenn die SC aufeinander los gehen respektive gegeneinander handeln.

Ok, danke.

Im Drama ist es ja gewünscht, dass die Spieler gemeinsam spielen aber die Charaktere gegeneinander handeln.
Wenn ich es richtig verstehe, dann gibt es auch bei V:tM die Möglichkeit, dass Charaktere gegeneinander handeln,
wie verständigt ihr Euch darüber, dass das unter den Spielern gewünscht ist?

Rein nach den Regeln schlaeft ein Charakter keine ganze Nacht durch, solange er sich nicht in einem entsprechenden Zustand befindet [Starre, Gepflockt]. Ansonsten kann man in solchen Situationen, meines Erachtens nach, NSC verwenden. Das heisst dasein NSC in eine entsprechende Starre faellt und transportiert werden muss oder das ein oder mehrere NSC von NSC-Wachen ueberwaeltigt und in's Gefaengnis gesteckt werden.

Ich muss noch mal nachfragen um es besser zu verstehen.
War die Situation für den Spielleiter unvorhergesehen?
Hätten Deine Mitspieler etwas an der Situation ändern können?
Konntest Du Dich im Spiel bemerkbar machen? Also konntest Du sinngemäß sagen: hey mein Charakter spielt gerade nicht mit, macht mal was?

Das sehe ich gar nicht.
Nur weil der Spielleiter darauf hingewiesen wird das er einerseits immer Recht hat und desweiteren die Mitspieler unterhalten soll, befreit das die Mitspieler doch nicht von jeglichem normalen Sozialverhalten oder der Verantwortung gegenueber den anderen Mitspielern? (Spielern wie SL)

Nein, natürlich nicht, aber dafür muss man erstmal wissen, dass ein Spieler nicht glücklich ist mit einer Situation
und auch noch wissen, welche Handlung ihn glücklicher machen würde.

Man muss sich auf irgendeine Weise darüber verständigen.
Also erstmal wahrnehmen ein Spieler ist unzufrieden mit einer Situation und dann noch einschätzen zu können,
welche Möglichkeiten man hat, darauf einzuwirken, dass die Situation sich zu seiner Zufriedenheit auflöst.

Offline Skiron

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #129 am: 15.08.2012 | 10:37 »
Warhammer:
Da sagte Tim Finnegan eigentlich schon ziemlich deutlich, dass Warhammer ein Spiel ist, bei dem man verlieren wird. Wem nicht klar ist, dass der Spaß darin liegt, gegen die Kultisten & Dämonen und sonstigen Schweinereien zu kämpfen, auch wenn dabei körperliche und geistige Gesundheit vor die Hunde gehen, sollte lieber ein anderes Spiel suchen. In Warhammer ist man nicht der strahlende Held, der immer siegt, sondern der Held, der trotzdem durchhält. (Ist aber auch eines der wenigen Horrorsettings, die ich abkann, weil man eben nicht nur Opfer der unheimlichen Umstände ist.)

Genau solche "Argumentationen" halte ich persönlich kontraproduktiv, da sie auf einen Machtkampf hinauslaufen.
Denn Du sagst damit nichts anderes als: Meine Weise zu spielen ist die Richtige und wenn Du damit nicht klarkommst, sollest Du das Spiel nicht spielen.

Damit legst Du weder Deine eigenen Interessen offen, noch berücksichtigst Du, dass es auch andere Möglichkeiten gibt das Spiel zu spielen.
Gleichzeitig verwehrst Du Dir auch die Chancen neue Arten dieses Spiel spielen zu können kennenzulernen, die Dir vielleicht auch gefallen könnten.

Die meisten Regeldiskussionen empfinde ich als produktiv, dann stören sie auch im Spiel nicht.
Sie drehen sich darum einen Konsens zu finden, Missverständnisse auszuräumen oder die Balance zu erhalten.
Das kann auch emotional sein, wenn es einem Spieler um ein wichtiges Regelelement geht.
Ich lerne dabei die Regeln des Spiels und intuitiv welchen Wichtigkeitsgrad ein Spieler bestimmten Regeln zumisst,
was einen Rückschluss auf seine Spielweise erlaubt.

Machtkämpfe empfinde ich als emotional belastend und kontraproduktiv, weil ich weder verstehen kann, was ein Spieler/SL
damit erreichen möchte, aber sehr wohl mit einem Konflikt belastet werde, der zwischen den Spielern stattfindet und in das Spiel hineiwirk und über das Spiel hinauswirkt.

@Tim Finnegan, das kann ich mir gut vorstellen.
Ich denke, dass hier wichtig wäre, die Faktoren darzustellen, die dazu führen.

Günstig wäre es das in Bezug auf Spielleiter und Spieler.
Wie sind denn hier die Regeln des Systems zu Spielern und Spielleitern?

« Letzte Änderung: 15.08.2012 | 11:05 von Skiron »

Offline Tim Finnegan

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #130 am: 15.08.2012 | 11:31 »
@Skiron:

Du tust dem armen Tümpelritter hier unrecht.

Ich denke, ich habe in diesem Zusammenhang mal den Begriff "Todesspirale" gelesen, was ich passend finde. Kurz zusammengefasst bezeichnet es ein System in dem man entweder stillsteht oder sich abwärts bewegt, wobei beides sowohl mit konkreten als auch abstrakten System funktioniert, konkrete Systeme schneller bergab gehen.

Beispiel für ein abstraktes System wäre Shadowrun. Hier nimmst bewegt sich dein Zustandsmonitor, bei bestimmten Schwellwerten geht deine Leistung runter, was dazu führen kann dass dein Zustandsmonitor sich noch schneller Richtung Null bewegt, was sich mit jedem überschrittenen Schwellwert beschleunigt.

Warhammer fügt dem abstrakten System (Abstrakte Wundpunkte und Erschöpfung) noch eine weitaus größere konkrete Ebene hinzu indem man keinen abstrakten Schaden auswürfelt sondern konkrete Effekte (Beispiel: der Sprung von 2 Wound Points! zu "Das Kettenschwert trifft deinen Arm, zerfetzt haut, Muskeln und Knochen, du bist die nächsten 1d12 Runde  damit beschäftigt vor Schmerz zu brüllen, liegst am Boden, erhälst 1d10 Erschöpfung, verblutest und nein, der Arm ist erst mal nutzlos"). Ähnliche konkrete Regeln gibt es für Wahnsinn, Korruption, Verdammnis, u name it.

Das ganze wird klar und deutlich sowohl durch regelwerk als auch Setting kommuniziert, ebenso klar ist die Todesspirale mit all ihren Konsequenzen in den Regeln verankert.
Das klingt jetzt alles sehr tödlich und trist, wichtig dabei ist aber dass eben durch das vorhanden sein der Todesspirale richtige Heldentaten erst so richtig glänzen. Wenn sich ein Krieger, dessen Spieler sich aller Konsequenzen bewusst ist, trotzdem auf einen Feind wirft, ein Ritter sich trotz allem dem Drachen stellt, etc. ist der Stolz nach begangener Tat umso größer.

Als Spielleiter ist man angehalten "realistisch" zu spielen und Fairness aus dem Fenster zu werfen.

Das bringt mich zu deinem Einwand dass man Regeln diskutiert, schaut wem was Spaß macht, etc. Sowas finde ich ja durchaus nett, ist aber sehr weichgespühlt und wirkt auf mich etwas wie Spielen mit Netz und doppeltem Boden. Man kann sich auch mal auf ein Setting einlassen, mit allen Konsequenzen und das gerade deswegen auch mal authentischer Erleben.
« Letzte Änderung: 15.08.2012 | 11:45 von Tim Finnegan »
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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #131 am: 16.08.2012 | 07:55 »
Genau solche "Argumentationen" halte ich persönlich kontraproduktiv, da sie auf einen Machtkampf hinauslaufen.
Denn Du sagst damit nichts anderes als: Meine Weise zu spielen ist die Richtige und wenn Du damit nicht klarkommst, sollest Du das Spiel nicht spielen.

Damit legst Du weder Deine eigenen Interessen offen, noch berücksichtigst Du, dass es auch andere Möglichkeiten gibt das Spiel zu spielen.
Gleichzeitig verwehrst Du Dir auch die Chancen neue Arten dieses Spiel spielen zu können kennenzulernen, die Dir vielleicht auch gefallen könnten.


In dem Fall, Warhammer, rede ich nur von Warhammer als der Kombination von Regeln, Setting und Spielerlebnis. Es gibt verschiedene Settings bzw. Rollenspiele, die sich als "Dark Fantasy" ankündigen, z.B. Earthdawn, Evernight und eben Warhammer. Warhammer wird das durch die Regelpassagen getragen.

Natürlich kann man andere Arten von Fantasy, auch von "dark" Fantasy spielen, aber dann würde ich vorschlagen, nach geeigneteren oder leichter zuschneidbaren Systemen zu suchen. Wenn man es heroisch mag und die Finsternis sich nur in Beschreibungen, nicht in der Mechanik niederschlagen soll (oder man eigentlich einen Fantasy-Superhelden spielen will), ist Earthdawn vielleicht passender. Oder man gestaltet sich sein Setting mit SW oder FATE so, wie man es gerne bespielen möchte.

Man kann da sogar die Alte Welt von Warhammer als Hintergrund nehmen. Oder man kann, selbst wenn man sich auf ein "klassisches" dunkles, gefährliches Warhammer geeinigt hat, noch über viele Punkte verhandeln, beispielsweise die Rolle des Schwarzen Humors im Setting und in den Abenteuern. Ich kenne genug Leute, die sich über die alberenen deutschen Namen der NSCs aufregen und sowas aus "ihrem" Warhammer ausgeschlossn haben wollen (auch wenn ich das mag). Innerhalb des Spektrums der "dark Fantasy", die das Regelwerk ermöglicht, kann man einiges unterschiedlich gestalten - es muss ja nicht immer gegen KUlte ermittelt werden etc.

Bloß halte ich es für den falschen Ansatz, bei Warhammer dessen Kernsubstanz (die vom Regelwerk und den Ergänzungsbüchern betont wird) zur Diskussion zu stellen, weil Warhammer kein genreübergreifendes System ist, mit dem sich alles bespielen lässt.

Kurz: Für andere Spielweisen würde ich mir ein anderes Werkzeug suchen, und zum Glück gibt es ja mittlerweile eine Reihe von verschiedenen Werkzeugen/Systemen, die es erleichtern, das zu finden, was man haben möchte. Damit schließe ich (hoffentlich) nicht andere Spielweisen aus, sondern beziehe andere Spielsysteme ein!
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Offline Skiron

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #132 am: 17.08.2012 | 08:44 »
Das ganze wird klar und deutlich sowohl durch regelwerk als auch Setting kommuniziert, ebenso klar ist die Todesspirale mit all ihren Konsequenzen in den Regeln verankert.
Das klingt jetzt alles sehr tödlich und trist, wichtig dabei ist aber dass eben durch das vorhanden sein der Todesspirale richtige Heldentaten erst so richtig glänzen. Wenn sich ein Krieger, dessen Spieler sich aller Konsequenzen bewusst ist, trotzdem auf einen Feind wirft, ein Ritter sich trotz allem dem Drachen stellt, etc. ist der Stolz nach begangener Tat umso größer.

Als Spielleiter ist man angehalten "realistisch" zu spielen und Fairness aus dem Fenster zu werfen.

Ich finde das nicht trist, sondern mich interessiert das "Spielpotenzial".

Ich kenne Warhammer nicht, sondern habe bisher nur die Information, dass es ein Verstümmelungsystem ist.
Über Dich und SLF jetzt, die Informationen, dass Warhammer eine Welt ist, die bedrohlich ist und in der die Helden nur "verlieren" können.

Konkrete Fragen wären für mich jetzt:
Wird die Verstümmelung im Spiel thematisiert, finde ich persönlich spannend?
Wie gehen die Helden damit um?

Du hattest schon angedeutet, dass es befreiend sein kann, aber auch zur Feigheit führen. Wobei Feigheit wertend ist, ich sehe es so,
dass man als Spieler auch Hemmungen haben kann auf die Bedrohung loszustürmen, weil man die Gruppe nicht in Gefahr bringen will,
also aus einem anderen positiven Motiv nicht handelt.
Meine Vermutung wäre, dass einerseits es nicht so leicht ist, immersiv zu spielen und sozusagen die "Niederlage" des Helden zu "fühlen",
anderseits, dass die Regeln dahinter nicht klar sind, im Sinne, die Spieler können nicht einschätzen, wie stark die Bedrohung ist.
Haben sie eine Chance gegen die Bedrohung im Kampf oder haben sie keine Chance.

Der Spielleiter ist angehalten "realistisch" zu leiten und die Fairness aus dem Fenster zu werfen.
Bei einem "realistischen" Spiel stelle ich mir vor, dass die NSCs Leute die ihnen doof kommen auch entsprechend behandeln (keine Infos geben, gegen die Spieler agieren usw.), ebenso stelle ich mir vor, dass die Gruppe als Team zusammenarbeiten muss, weil ein Einzelkämpfer alleine nicht gegen eine bedrohliche Welt ankommt, technisch gesprochen also die Fähigkeiten der Charaktere aufeinander abgestimmt sein sollten und diese auch alle genutzt werden müssen um in der Gefahr zu bestehen. Was soll ich mir unter "Fairness aus dem Fenster werfen" konkret vorstellen? Spielleiterwillkür zur Demütigung der Spieler? <-überspitzte Darstellung, nicht böse gemeint, sondern nur als Beispiel, um zu verdeutlichen, was man sich darunter auch vorstellen kann.

Mich würde wirklich interessieren, wie das im Regelwerk wortwörtlich beschrieben ist. :-)

Und auf den Thread bezogen, wie kommuniziert ein Spielleiter dieses Spiel jemandem wie mir der keine Ahnung hat.
Tut mir leid, aber Eure Erklärungen zeigen mir noch kein Bild von diesem Spiel, weil ihr mir keine Welt vorstellt, sondern technische Details,
die mir aber auch nicht die Fragen beantworten, wie wird es im Spiel aufgefangen, wenn es einem Spieler nahegeht, dass der Charakter stirbt oder einen Verlust eines Körperteils erleidet. Wie wird damit umgegangen, wenn die Spieler sich nicht trauen einfach "loszuspielen"?

Und welche Version von Aufgabenteilung zwischen Spielleiter und Spieler haltet ihr hier für angebracht?

Man kann da sogar die Alte Welt von Warhammer als Hintergrund nehmen. Oder man kann, selbst wenn man sich auf ein "klassisches" dunkles, gefährliches Warhammer geeinigt hat, noch über viele Punkte verhandeln, beispielsweise die Rolle des Schwarzen Humors im Setting und in den Abenteuern. Ich kenne genug Leute, die sich über die alberenen deutschen Namen der NSCs aufregen und sowas aus "ihrem" Warhammer ausgeschlossn haben wollen (auch wenn ich das mag).

Schwarzen Humor finde ich sehr passend zu dem Spiel, was ihr bisher hier beschrieben habt.  ;D
Mir gefällt glaube ich die Vorstellung solcher Namen. Wollen sie es nicht, weil sie dann das Gefühl haben, dass es kein "ernstes" Spiel ist?

Bringt mich aber zu den Fragen auf die ich hinauswollte.
Wenn ich mir vorstelle ich spiele dieses Spiel sehr immersiv, also gehe eine Verbindung mit meinem Charakter ein, dann "trifft" es mich als Spieler, wenn diesem Charakter schlimme Dinge wiederfahren, ich würde vermutlich mit schwarzem Humor darauf reagieren, hätte aber auch das Bedürfnis, das im Spiel zu thematisieren, also als Beispiel: Mein Charakter würde sich sorgen, wie seine Liebste es aufnimmt, dass ihm Körperteile fehlen und er nicht mehr allzu attraktiv aussieht, oder Sorgen darüber, wie diese Einschränkungen sich auf den Kampf auswirken und er damit seine Kumpels nicht mehr so gut unterstützen kann wie zuvor. Ist halt die Frage ob das in einer Runde überhaupt gewünscht wäre.

Wenn ich es eher nicht immersiv spielen würde, dann würde mich das weniger treffen ich würde es sozusagen von "außen" betrachten und es wäre leichter damit umzugehen. Da würde ich vermutlich dazu neigen viel ausprobieren zu wollen.

Hier noch mal die Frage, ist das Regelwerk von Warhammer stimmig, also erlaubt das Regelwerk mit vielen Situationen "nach den Regeln" zu spielen, ohne dass es notwendig wird, dass der Spielleiter die Regeln biegt?

Offline Tim Finnegan

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #133 am: 17.08.2012 | 11:32 »
@Skiron:

Es gibt ja mehrere Warhammer Setting und Regelwerke. Der erste Teil meiner Antwort bezieht sich stark auf Warhammer Fantasy 2nd Edition.
Als Setting dient Die Alte Welt, eine Spielwelt die sehr stark unserer Welt samt Kulturen nachempfunden ist, Hauptspielort ist das Imperium, eine Fantasy-Variante von Deutschland im Hochmittelalter. Auch die Nachbarstaaten sind allesamt sehr leicht zu identifizieren. Hier wird sehr stark mit Klischess gespielt: Der Schwarzwald ist dunkel und groß, die Stadtstaaten von Tilea (Italien) sind ein verkabbelter Haufen von Gigolos, der Adel ist immer korrupt und intrigant.
Parallel dazu gibt es den ständigen Widerspruch einer "aufgeklärten Gesellschaft" vs. "Kosmischen Wahrheiten". So führt etwa Korruption des Geistes zu Korruption des Körpers und umgekehrt, was "moderne Wissenschaftler" nicht wahr haben wollen. Oder, als weiteres Beispiel für diese Denkweise: Eine Krankheit ist eine Krankheit, eine Krankheit ist aber auch ein "Geschenk" des Chaos-Gotts Nurgle und für seine Anhängerschaft eine Belohnung die sie stärkt. Im gleichen Stil sind eben Korruption und Mutation ansteckend und können übertragen werden.

Die Alte Welt leidet also an einem gewissen Paradox: Wenn man die Existenz der Chaos-Götter anerkennt, steigt ihre Macht, Unwissenheit und völlige Ignoranz sind der einzig brauchbare Schutz, was wiederum die heimliche Ausbreitung des Chaos begünstigt. So oder so, das Chaos gewinnt.

1st und 3rd Edition stellen eine Welt dar die verzweifelt versucht zu verdrängen während das Damoklesschwert schon über den kollektiven Häuptern kreist, die 2nd Edition stellt das Imperium kurz nach einem nur knapp zurückgeworfenen Invasionsversuch des Chaos dar und religiöser Eifer breitet sich aus.

Es wird durch die Bank all das thematisiert über was wir bisher so rein technisch gesprochen haben. Kriege und Kämpfe hinterlassen gebrochene und verkrüppelte Soldaten die ein elendes Dasein als Bettler fristen, verzweifelte Mütter setzten nach ihre mutierten Babies aus, korrumpierte Adlige lassen sich von experimentierfreudigen Wissenschaftlern ihre kleinen Mutation wegoperieren, derweil die Helden die wirklich etwas erreicht haben als Heilige in den Kirchenkanon aufgenommen werden.

Kommen wir mal zum Gruppenaspekt. In Warhammer ist die Charaktererschaffung ein unglaublich schnelles Ding denn du "erschaffst" dir keinen Charakter, du würfelst ihn dir auf ein paar Tabellen zusammen und feilst noch 1-2 Minuten am Endprodukt. Das bedeutet dass man meist mit einem absoluten Normalo dasteht, von Magd bis Köhler, mit viel Glück Stadtgardist oder Magierlehrling. Dem zu folge sieht es zu Anfang mit ausgereiften Kampffähigkeiten mau aus und man muss erst mal so weit überleben dass man in diesen Bereich kommt.
Hier kommt auch der Feigheits-Aspekt rein und ich denke es ist gleich verständlich warum ich so werte: Wie angedeutet kann es zu einem starken Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Startcharakteren kommen. Jemand der z.B. das Glück hatte als Roadwarden zu starten und mit Pferd, Säbel und Musketen bewaffnet ist, wird deutlich feiger agieren als der Spieler des bauern mit seiner Mistgabel, einfach weil er mehr zu verlieren hat, anstatt die Chance zu nutzen und zu glänzen.
Befreiend ist das Gegenteil. Ein vollwertiger Charakter ist super-schnell gemacht, auch ein schon etwas "höherstufiger" ist schnell zu Papier gebracht und man kann es sich richtig trauen Wagnisse einzugehen, etwa als Bauer den Tiermensch mit der Mistgabel attackieren.
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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #134 am: 17.08.2012 | 11:48 »
Vielen Dank! Sehr schöne und gute Erklärung! :-)

Trotzdem würde ich es nicht als "Feigeheit" werten, wenn ein "schwacher" Charakter nicht drauflosstürmt, sondern als intelligent,
interessant wäre für mich dann als Spieler, wie kann dieser Charakter nützlich sein, also agieren ohne sich selbst und andere in Gefahr zu bringen. Das spannende fände ich hier nun gerade, welche Möglichkeiten gibt das System und der Charakter her um so einen Charakter zu spielen.

Das Setting, dass Du beschreibst und auch die Regelmechanik gibt ein hohes Potenzial an Charakterspielmöglichkeiten, es thematisiert im Grunde den Paradigmenwechsel der im Mittelalter vom Glauben zur Aufklärung stattgefunden hat, ebenso die gravierenden Unterschiede
der Stände und Lebensbedingungen. Für mich setzt die Regelmechanik das sehr gut um, indem die Charaktere zufällig erschaffen werden.

Für mich wäre jetzt sehr spannend, wie wollen die Spieler und der Spielleiter den Fokus setzen, also welche Elemente interessieren sie persönlich. Auch wäre für mich die Frage wichtig, spielt man ein Kaufabenteuer oder entwickelt sich das Spiel durch die Interessen der Spieler (SL ist hier selbstverständlich mitgemeint). Kann beides viel Spaß machen, aber wäre eine Unterschiedliche Spielweise.
Außerdem sehe ich hierbei Konfliktpotenzial, wenn die Gruppe sehr kampflastig agiert und schnell durch das Abenteuer hastet, weil die Startpositionen so unterschiedlich sind und damit die Spielweise schwächere Charaktere und damit den Spieler benachteiligt und auch noch demütigt wenn es als Feigheit gewertet wird.
« Letzte Änderung: 17.08.2012 | 11:54 von Skiron »

Offline Tim Finnegan

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #135 am: 17.08.2012 | 12:26 »
Für mich wäre jetzt sehr spannend, wie wollen die Spieler und der Spielleiter den Fokus setzen, also welche Elemente interessieren sie persönlich. Auch wäre für mich die Frage wichtig, spielt man ein Kaufabenteuer oder entwickelt sich das Spiel durch die Interessen der Spieler (SL ist hier selbstverständlich mitgemeint). Kann beides viel Spaß machen, aber wäre eine Unterschiedliche Spielweise.
Außerdem sehe ich hierbei Konfliktpotenzial, wenn die Gruppe sehr kampflastig agiert und schnell durch das Abenteuer hastet, weil die Startpositionen so unterschiedlich sind und damit die Spielweise schwächere Charaktere und damit den Spieler benachteiligt und auch noch demütigt wenn es als Feigheit gewertet wird.

Es gibt ja praktisch 6 verschiedene, dabei parallel laufende Warhammer Systeme und sich überschneidende Settings, wobei jedes seinen eigenen, ganz klaren Fokus hat und praktisch alles mitliefert was benötigt wird um diesen Fokus zu unterstützen. Da, bis auf eine Ausnahme, die regeln untereinander recht kompatibel sind, kann man sich zusammenklauen was man so braucht.
Tja, was soll ich zu Kaufabenteuern sagen? "The Enemy Within" wird wohl noch lange auf vielen "Beste Abenteuer"-Listen auftauchen, auch wenn es mittlerweile stark angestaubt ist.
Ansonsten hat gerade Warhammer Fantasy das Zeug dazu als reine Sandbox gespielt zu werden.

Das Thema "einfach mal so Durchmoschen" führt zu einem interessanten Punkt: Das Steigerungssystem. Ein Charakter beginnt in einer Start-"Karriere", wobei jede "Karriere" vorgibt was lernbar un steigerbar ist. Hat man eine Karriere voll, kann man zur nächsten Karriere wechseln. Je näher sich die Karrieren sind, umso schneller kann man sie durchlaufen, erhält aber einen recht flachen Charakter (etwa Squir - Knight - Knight of the Inner Circle). Dagegen kann man "Karrieren" auch so wählen dass sie die Fähigkeiten des Charakters breiter streuen und ein schöneres Gesamtbild abgeben, etwa Student - Duelant.
Letzten Endes gleicht sich all das wieder aus indem es "modifizierende Karrieren" gibt, etwa Noble und Captain. So würde oben genannter Squire - Knight - Knight of the Inner Circle zwar als Kämpfer gut voran kommen, fehlt im doch aber die gesellschaftliche Position, also müsste er über kurz oder lang die Schritte zum "Noble-Knight" und "Knight-Captain" machen.

Und ich merke gerade dass ich nicht auf den Punkt "Fairness aus dem Fenster werfen" eingegangen bin.
Warhammer will in gewisser Art und Weise realistisch gespielt werden, mit nachvollziehbarem Geschehen. Viele der üblichen Tropen fallen daher weg, andere gewohnte Dinge werden ebenso umgeworfen.
Dazu kurz ein paar Kleinigkeiten:
- Das Auftraggeber-Quest-Schema fällt meist flach. Es wird meist eher mit Situationen gearbeitet auf die man sich entweder einlässt oder nicht.
- Die Sozialen Schichten, Stände und Eliten bleiben bewahrt. gehört man nicht dazu, dann gehört man nicht dazu und ende.
- Man kämpft wie man hallt kämpft. D.h. die üblichen Konzepte wie 1on1, faire Gegnerverteilung, etc. haben da wenig verloren. Wenn Plünderer den Magier identifizieren, wird der im Schlaf erdolcht und nicht in der fairen Feldschlacht. Im gleichen Sinne werden sich die Plünderer dem gepanzerten Ritter nicht stellen sondern sein Pferd abknallen.
- genau so sollte man auch mal die üblichen Heldenimmunitäten unter die Lupe nehmen, etwa Krankheiten und Gifte (siehe Bezug zu Nurgle weiter Oben). Bei der üblen Hygiene kann man sich immer etwas einfangen.
- Geld, Nahrungsmittel und Lebensqualität spielen ebenfalls eine Rolle. Siehe Oben, keine Quests, keine mystischen Schätze, kein sonderlicher Reichtum. Manchmal muss man sich die Frage stellen wie man an Essen kommt und wie weit man bereit ist dafür zu gehen.
« Letzte Änderung: 17.08.2012 | 14:00 von Tim Finnegan »
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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #136 am: 17.08.2012 | 16:52 »
Trotzdem würde ich es nicht als "Feigeheit" werten, wenn ein "schwacher" Charakter nicht drauflosstürmt, sondern als intelligent,
Ich habe genau die andere Erfahrung gemacht: Derjenige, der einen guten SC ausgewürfelt hat, agiert vorsichtig, weil er seinen SC nicht verlieren will.
Derjenige, der einen schlechten SC ausgewürfelt hat, spielt sehr waghalsig: Wenn sein SC stirbt, dann würfelt er einen neuen SC aus und dieser wird sehr wahrscheinlich bessere Werte als der alte SC haben.

Offline Tim Finnegan

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #137 am: 17.08.2012 | 17:36 »
Ich habe genau die andere Erfahrung gemacht: Derjenige, der einen guten SC ausgewürfelt hat, agiert vorsichtig, weil er seinen SC nicht verlieren will.
Derjenige, der einen schlechten SC ausgewürfelt hat, spielt sehr waghalsig: Wenn sein SC stirbt, dann würfelt er einen neuen SC aus und dieser wird sehr wahrscheinlich bessere Werte als der alte SC haben.

Eben jenes. Man kann nur gewinnen. Entweder ist man trotz mieser Werte erfolgreich, liefert somit eine gute Show ab und bekommt EXP, man scheitert kläglich, liefert damit eine gute Show ab und bekommt EXP oder verreckt und startet mit einem hoffentlich bessern Charakter neu durch.
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.
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Offline Skiron

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #138 am: 18.08.2012 | 08:15 »
Ich habe genau die andere Erfahrung gemacht: Derjenige, der einen guten SC ausgewürfelt hat, agiert vorsichtig, weil er seinen SC nicht verlieren will.
Derjenige, der einen schlechten SC ausgewürfelt hat, spielt sehr waghalsig: Wenn sein SC stirbt, dann würfelt er einen neuen SC aus und dieser wird sehr wahrscheinlich bessere Werte als der alte SC haben.

Ok, das leuchtet mir ein. :-)

Für mich hat das dann aber nichts mit Mut zu tun, wenn man waghalsig spielt, weil man denkt man hat einen "schwacher Charakter",
denn man gerne los wird. Genauso nachvollziehen kann ich, dass man an einem "guten Charakter" hängt und deshalb vorsichtiger spielt.
Für mich sind das Metaebenen Überlegungen und deuten darauf hin, dass ein "schwacher Charakter" bei bestimmten Spielformen keine Gelegenheit bekommt seine "Stärken" auszuspielen und nicht als Gelegenheit gesehen wird, diesen Aspekt der Welt darzustellen.

Im Sinne von "wie lebt ein Bauer, was bewegt ihn, mit welchen Widrigkeiten hat er zu kämpfen" Ich persönlich finde solche "schwachen Charaktere" viel interessanter als "starke", weil sie eine größere Herausforderung an die Intelligenz darstellen, diese zu spielen und "starke Charaktere" dazu neigen nur ihre Stärken auszuspielen, was nach dreimal ausspielen für mich persönlich eher langweilig wird, weil nicht lebendig in dem Sinn, dass ich hier keine eigenständige Person handeln sehe, sondern einen Spieler der taktisch agiert.

Um wieder zum Threadthema zurückzukommen,
es wäre wichtig zu lesen, wie das Regelwerk zu dem Umstand der zufälligen Charaktererschaffung Position bezieht und dem Ungleichgewicht das dadurch entstehen kann und wie sich hierauf die verschiedenen Leitformen auswirken.
« Letzte Änderung: 18.08.2012 | 09:32 von Skiron »

Offline Oberkampf

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #139 am: 18.08.2012 | 11:51 »
Noch schnell zu Warhammer:

Da beantworte ich mal ein paar Fragen aus warhammer 3 Sicht, da diese Variante die einzige ist, die ich bisher selbst geleitet habe (WH1+2 habe ich als Spieler erlebt).

Warhammer 3 ist nicht mehr ganz so zufällig in der Charaktererschaffung, der Zufallsmechanismus ist eine optionale Regel, wenn man die welt etwas "unfairer" und gemeiner Spielen will. Allerdings ist unfair nicht ganz treffend, da ja jeder die gleiche Chance beim Würfeln hat.

Die Klassen und Völker sind relativ ausbalanciert in ihren Möglichkeiten, im Gegensatz z.B. zu warhammer 1, wo Elfen von der Spielmechanik so viele Boni erhielten, dass jeder Powergamer einen Elfen spielen wollte. Das ist einer der Punkte von WH1, wo sich der Simulationsanspruch ("Elfen sind sooo toll") nicht mit dem Spielanspruch der Balance verbinden ließ.

Anfangscharaktere sind deutlich kompetenter als "Normalbürger" der Spielwelt, aber nicht so überzogen wie in Fantasy-Superheldensettings (wie Earthdawn). Das Spiel dreht sich darum auch mehr um die Charaktere als um die Simulation einer "glaubwürdigen" Spielwelt.

Schwere Wunden, Verkrüppelungen, Wahnsinn und Krankheit, eingeschränkt auch unterschiedlicher sozialer Rang, werden durch Spielmechaniken behandelt. Im Idealfall kommt der Spieler also gar nicht darum herum, die Schwächen des Charakters auszuspielen, man erhält dafür aber auch keine Gummipunkte wie die Bennies bei SW oder die Fatepunkte bei Dresden Files, wenn man durch Charakternachteile Schwierigkeiten bekommt.

Der Karrierenwechsel ist ein Element, um die "innere Entwicklung" eines Charakters nachzubilden. Allerdings kann man das unter verschiedenen Gesichtspunkten sehen:

Wer seinen Charakter nicht grundlegend ändern will, kann "ähnliche" Karrieren aneinanderreiehen, z.B. Falschspieler und Scharlatan. Das hat den Vorteil der Glaubwürdigkeit und Konstanz. (Ich selbst mache sowas gerade mit meinem Kutscher, der überwiegend Arbeiterkarrieren im Transportgewerbe erlernen wird.)

Wer seinen Charakter optimieren will, kann sich die Karrierenpfade mit dem größten Wumms heraussuchen (Feuermagier, Ironbreaker, elven Swordmaster). Das ist was für die Bastler.

Wer seinen Charakter anhand innerer oder äußerer Geschehnisse drastisch ändern will, kann auch das tun: Der Scharlatan entwickelt sich zum Hexenjäger oder Sigmarjünger, nachdem er einige Begegnungen mit dem Chaos hatte, die seine egoistische Weltsicht auf den Kopf stellten.

Die Kontrolle liegt hier in jedem Fall beim Spieler, während die Veränderungen des Charakters durch Wunden oder Wahnsinn von "außen" über die Regeln herangetragen wird.

Ich leite bei Warhammer 3 nur Kaufabenteuer oder konvertierte Kaufabenteuer, was daher kommt, dass zumindest einer meiner Spieler eine bestimmte Vorstellung von "Story" im Rollenspiel haben, die sich aus einer Mixtur von Simulationismus und Storytelling entwickelt hat: Es muss ein außenstehendes Geheimnis geben, dass die Charaktere in einer dramaturgischen Story "aufdecken", ohne dass die Welt völlig unglaubwürdig ist, sondern eine dem Willen des Spielleiters allein unterworfene, von den Charakteren unabhängige Welt ist. Ich halte den Anspruch für Quatsch, aber Warhammer 3 ist eines der wenigen Systeme, wo ich einer vorgegebenen Storyline noch etwas abgewinnen kann, weil einige Mechaniken trotzdem für Überraschungen sorgen können.

Einige der Kaufabenteuer sind jedoch recht "sandboxig" oder "dungeonartig" aufgebaut, d.h. die Spieler bestimmen trotz der "objektiv vorgegebenen" Geschichte wichtige Teile von deren Verlauf (Dungeon) oder deren Gesamtverlauf (Sandbox). Selbst einige der WH-Ermittlungsabenteuer, und davon gibt es sehr viele, sind nicht so linear wie man es von Detektivabenteuern erwartet. "Eye for an Eye" aus dem Grundbuch ist dafür ein Beispiel: Die Charaktere können sich ab der zweiten Szene frei auf einem größeren Grundstück bewegen, mit Personen reden und Sachen herausfinden, unternehmen oder unterlassen, ohne dass ihnen Szenenfolge oder Ergebnisse vorgeschrieben werden. Die klassische Warhammer 1 Kampagne "Enemy within" hatte auch weite, offene Strecken, darin einer PPK von SW nicht unähnlich.
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Offline Skiron

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #140 am: 15.11.2012 | 12:06 »
@Tümpelritter und Coldwyn Danke für Eure Erläuterungen.
Es ist ziemlich gut zu lesen, welche verschiedenen Ansätze es bei ein und dem selben Rollenspiel geben kann.
Genauso ist es spannend, wie Erwartungen von Spielern, wie z.B. "Story aufdecken" das Spiel prägen können.

@Pairon, Deine Anmerkung auf den Text von Rollenspielbüchern zu achten, war sehr sinnvoll.

Lustigerweise hatte ich diese in Erinnerung als ein Text, der im Grunde kopiert in den meisten Regelwerken steht.
Soviel zur Nachlässigen Wahrnehmung.

Nachdem ich jetzt einige Rollenspielsysteme gelesen habe ist auffällig, dass die allermeisten dem SL
Entscheidungs- und Deutungshoheit für bestimmte Mechanismen geben.
Savage World bildet dabei eine angenehme Ausnahme.

Was ich sehr auffällig und störend fand, ist, dass sehr viele Passagen extrem schwurbelig und schwammig sind.
Ich mag die Wörter "cool" und "Spaß" nicht mehr lesen. Es werden teilweise keine Begründungen angeführt sondern
geschrieben, lass die Charaktere dies und das ausprobieren, weil es eine "coolere Story" gibt.
Was im Grunde nichts erklärt und es für mich deshalb auch nicht verwunderlich ist, warum die Ansichten und Interpretationen
für bestimmte Elemente so auseinander gehen können.

Mein Fazit nach diesem Thread ist, dass es verschiedenen Varianten an Leitstilen gibt, in den meisten Fällen im Spiel der Spielleiter
Deutungshoheit und Entscheidungshoheit hat, was sich aus den Vorgaben der Regelwerke erklären läßt.

Dies dient unterschiedlichen Vorteilen.

1. Diskussionen im Spiel werden unterbunden
Vorteil, mehr Spielzeit, statt Diskussionen

2. Spieler können einen Wettstreit spielen
Vorteil, man hat einen Schiedsrichter der auf die Fairness achtet

3. Spieler müssen sich nur mit einer Person auseinandersetzen
Vorteil, man muss nur eine Person überzeugen, die man im besten Fall kennt und gut überzeugen kann

4. Regelauslegungen werden von einer Person vorgenommen
Vorteil, man spart sich die Diskussion um verschiedene Interpretationen

usw.

In meinen Augen ist es sinnvoll sich auch die Nachteile bewußt zu machen, weil man dann, wenn es zu Konflikten
kommt auch Alternativen zur Auswahl hat.

Interessant fand ich, dass die meisten, die sagen, dass der Spielleiter Deutungshoheit und Entscheidungshoheit hat,
dies nur für das Spiel gilt und nach dem Spiel auch Diskussionen stattfinden können, die entweder im Konsens oder Demokratisch
gelöst werden.

Insgesamt würde ich sagen, dass die Entscheidung welche Position der Spielleiter einnimmt und welche Befugnisse ihm zugeteilt
werden extrem spielbestimmend ist. Hier leiten sich eine Menge Folgen ab und ich denke es lohnt sich bei Konflikten
genau zu analysieren, wie man es selbst handhabt. In der Form, welche Erwartungen man hat und woraus man diese ableitet
und auch welche Verantwortlichkeiten man bereit ist zu übernehmen.

Meine persönliche Vorliebe ist immer noch, dass man als Gruppe gemeinsam spielt und es kein Hierarchiegefälle gibt,
auch wenn das vielleicht eine größere Anstrengung an Auseinandersetzung erfordert.

Offline aingeasil

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #141 am: 15.11.2012 | 12:53 »
Meine persönliche Vorliebe ist immer noch, dass man als Gruppe gemeinsam spielt und es kein Hierarchiegefälle gibt, auch wenn das vielleicht eine größere Anstrengung an Auseinandersetzung erfordert.

Das funktioniert nur so lange, wie alle am Spieltisch einen ähnlichen Aufwand in der Spielvor- oder -nachbereitung haben.

Offline Skiron

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Re: Der Spielleiter hat immer Recht! Der SL hat immer Recht?
« Antwort #142 am: 15.11.2012 | 13:01 »
Das funktioniert nur so lange, wie alle am Spieltisch einen ähnlichen Aufwand in der Spielvor- oder -nachbereitung haben.

Das stimmt. :-)

Ist aber ein Grund, warum ich gemeinsames Spiel mag.
Meine Feststellung ist, dass meine Motivation etwas für das Spiel zu tun höher ist, wenn dies
sich auch auf das Spiel auswirkt oder wahrgenommen wird. Mir gefällt es auch, dass dadurch auch Aufgaben relativ leicht
von anderen übernommen werden, wenn klar ist, dass einer aus der Runde weniger Zeit hat.
Außdem gefällt mir, dass man sich nach eigenen Interessen einbringt bzw. und durch das Einbringen der Mitspieler
angeregt wird sich selbst einzubringen ohne das es anstrengend ist und stressig. :-)
Man bekommt intuitiv mehr mit, was jeder Spieler mag oder nicht.