Autor Thema: (Klassischer) Horror mit FATE  (Gelesen 1982 mal)

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Ucalegon

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(Klassischer) Horror mit FATE
« am: 24.09.2014 | 18:37 »
Geht (klassischer) Horror mit FATE und, wenn ja, wie?

Aus dem Eclipse Phase Regelthread:

Meine größten Bedenken bei FATE und EP betreffen vor allem den Dystopie/Horror-Charakter. Von meiner Erfahrung mit FATE her bezweifle ich, dass das System dieses Spielgefühl ermöglicht. Gründe dafür wären u.a. der hohe Meta-Anteil und die Art, wie Consequences funktionieren. Mit einer Art Purist mode wie in Trail of Cthulhu ginge es vlt., aber dafür kenne ich FATE zu wenig. Wie gehen denn die FATE-EP Spieler(innen) hier damit um? Kriegt ihr in euren Runden den Horror-Teil hin und wie?

Also wir haben in unserer Runde immer ein wenig geschwankt und der Horror kam eher durch die Beschreibungen und die Musik, als durch die Regeln zustande. Wir sind aber auch generell eine Runde in der viel gelacht wird. Als SL habe ich mir angewöhnt "Highlights" zu setzen, sprich es meistens laufen zu lassen und nur in besonderen Szenen mal den Atmossphäregrad durch Beschreibungen, Dialoge o.ä. anzuziehen und in eine Richtung zu lenken. Generell aber kommt es auch darauf an wie die Aspekte geschrieben werden, in welche atmossphärische Richtung das Spiel geht. "Letzter Überlebender meiner Einheit" ist zum Beispiel ein Aspekt gewesen der für mich das Setting sehr schön transportiert hat, ohne in die - von Fate ja durchaus intendierte- Pulprichtung zu gehen.

Das FATE und Horror nicht zusammen können ist ein reichlich schwachsinniger (Achtung, Pun-Alarm  :)) Mythos. FATE und Horror geht genau so gut wie FATE und Detektivstories. Und gerade für Horrorszenarien sind FATE Compels eine großartige Mechanik die dem Spielleiter das Leben deutlich erleichtert. Der Metaanteil dürfte bei FATE sogar deutlich geringer sein als beim Originalsystem, das ist einfach viel zu crunchy um die Spielmechanik in intensiveren Szenen ausblenden zu können.

Mit dem Metaanteil wollte ich vor allem auf die Möglichkeit hinaus, in Horror-Szenen als Spieler das Ausgeliefertsein zu durchbrechen, indem man über Fatepunkte dem eigenen Schicksal etwas "nachhilft". Gerade bei den Compels muss der Spieler ja überlegen ob er den Fatepunkt nimmt oder eben nicht. Was er zum Teil der Story macht oder nicht. Wenn ich einen Sanitywurf/Schadenswurf mache und der SC wird wahnsinnig/geht drauf ist das viel direkter. Das hat übrigens Ryan Macklin hier im Hinblick auf seine Arbeit an Achtung Cthulhu mit FATE ähnlich formuliert.

Edit: Das soll nicht heißen, dass FATE nicht für Horror taugt. Ich würde eher sagen, dass man den Horror bei FATE als Story generiert, während man ihn z.B. im klassischen CoC erlebt. Einen eigenen Diskussionsthread dazu fänd ich gut, falls es den nicht schon gibt.

Mach mal einen auf, ich denke das ist wirklich ein diskutierenswertes Thema.  :)

Offline Bad Horse

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Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #1 am: 24.09.2014 | 18:44 »
Hier sind schon mal Ideen diskutiert worden, wie man Horror mit Fate umsetzen kann.
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
The best lack all conviction, while the worst are full of passionate intensity.

Korrekter Imperativ bei starken Verben: Lies! Nimm! Gib! Tritt! Stirb!

Ein Pao ist eine nachbarschaftsgroße Arztdose, die explodiert, wenn man darauf tanzt. Und: Hast du einen Kraftsnack rückwärts geraucht?

Draig-Athar

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Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #2 am: 24.09.2014 | 18:52 »
Wir haben eine Cthulhu Runde mit FC angefangen, und bis jetzt (drei Sessions) läuft es hervorragend. Also ja, Horror und Fate passen zusammen.

Ucalegon

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Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #3 am: 24.09.2014 | 18:58 »
Habt ihr irgendwelche besonderen Absprachen getroffen/besondere Regeln eingeführt, um das zu erreichen?

Draig-Athar

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Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #4 am: 24.09.2014 | 19:27 »
Nicht mehr als bei anderen Settings, soll heißen: wir haben eine ganz normale Game Creation gemacht. Dabei haben wir halt vor allem die Ratschläge aus dem Toolkit zum "Horror Paradox" berücksichtigt.

  • Gast
Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #5 am: 24.09.2014 | 22:21 »
Ich habe erst vor ein paar Tagen in der Google+ Community einen langen Kommentar zum Thema Horror und Mystery in Fate geschrieben. Da es etwas mühsam ist, zum 26. Kommentar zu scrollen, bin ich so frei, mich hier mal selbst zu zitieren:

Zitat von: mir
I think the idea that Fate doesn't to mystery and horror well (and the popular crossovers thereof, too) is rooted in the matter of player agency.

Because, y'know, that's just what Fate is, a game with a huge deal of player agency – invoking aspects, declaring story details, creating advantages, succeeding with a cost, taking consequences.

But I'd like to call out a huge caveat here: Fate is about fiction first, not mechanics first. The golden rule trumps everything (http://fate-srd.com/fate-core/what-do-during-play#the-golden-rule). And that's especially true for the player agency bits of Fate.

While the Golden Rule's written in a positive, empowering way (Your intent, whatever it is, always takes precedence over the mechanics.), the opposite is of course true, too.

To wit, things that don't make any sense within the fiction are simply not possible, because the fiction always trumps the mechanics.

Or to spell it differently: Your actions always have to fit the narrative, and genre conventions, tropes and cliches are an essential part of that.

Sure, Fate has all these great mechanics for player agency, that certainly were written with pulpy action in mind. But they work with mystery and horror, too, as long as you adjust them to what makes sense in your game.

In a survival horror game, you cannot simply declare having an assault rifle at hand as a story detail. In a mystery game, you cannot declare that this guy is the perpetrator, hah, adventure's over! If you're about to get hit by a horror monster, you cannot name your consequence Nah, It's Just A Scratch! You cannot just Create an Advantage to determine it's weakness on the fly. It just wouldn't fit the intended atmosphere and the genre conventions.

But you can Create an Advantage to find a weakness reserching in dusty tomes in an ancient library. You can take a consequence like Ugly-looking Flesh Wound. You can declare having a certain contact to pursue your investigations. You can succeed with a cost, but the cost really has to hurt and cause new drama (SwaC saves you now to kick you shortly after, hard). You can declare that somewhere in this barn there ought to be at least an axe or rake (if it can seriously hurt the monster or just slow it down is an entirely different thing).

And that's my last issue: Narrative permission. Remember how you cannot do things that narratively just don't make sense. Like, if the fiction says that monster is immune to gunshots (or axes, or fluffy snow balls), it simply is. No matter how it is stated (explicitly by an aspect or implicitly by the setting's common sense/indisputable genre conventions), if the fiction says so, it is true.

If the characters attack the monster with a gun, that doesn't trigger a conflict, because it's only a conflict "as long as the characters involved have both the intent and the ability to harm one another." (http://fate-srd.com/fate-core/conflicts).

Such an action wouldn't even need a roll: If that thing is immune to your guns, you cannot mechanically capital-A Attack it. You could try to distract it, or try to shoot that wooden beam so that the tunnel collapses, to slow the thing down for a minute or two. But to actually hurt the thing, you either have to have a weapon that can actually hurt it (like, silver bullets for a werewolf), or otherwise achieve narrative permission to do so (like, first destroying the artifact that grants invulnerability).

The same's true for mystery. You cannot just roll Overcome to instantly discover the whole truth – it just wouldn't make any sense. How would a character do that?

I mean, actually – not what the player's going to roll, but what the character is going to fictionally do. If a player says "Well, I roll Contacts to find out who did it" I'd probably say something like "So what exactly are you going to do? Whom do you want to ask? Why would he tell you? How do you get access to that kind of information?"

Der Text hat einen Haufen +1 bekommen, also wird er so schwachsinnig hoffentlich nicht sein ;)
« Letzte Änderung: 24.09.2014 | 22:37 von Tar-Calibôr »

Draig-Athar

  • Gast
Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #6 am: 24.09.2014 | 22:41 »
Schöner Beitrag, trifft ziemlich genau das, wie wir an die Sache* herangehen.


*wobei ich da jedoch keinen Unterschied zu anderen Genres sehe, diese Punkte müssen einfach (manchmal mit anderen Vorzeichen) beachtet werden, großartige Regelanpassungen sind selten notwendig.

  • Gast
Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #7 am: 24.09.2014 | 22:54 »
*wobei ich da jedoch keinen Unterschied zu anderen Genres sehe, diese Punkte müssen einfach (manchmal mit anderen Vorzeichen) beachtet werden, großartige Regelanpassungen sind selten notwendig.

Das ist klar, auch bei anderen Genres sind diese Punkte wichtig. Doch gerade bei Mystery und Horror kommen sie meiner Meinung nach besonders zur Geltung, da bei diesen Genres die "narrativen Grenzen", wenn wir's mal so nennen wollen, besonders eng gesetzt sind – sie schränken den Handlungsspielraum der Charaktere doch deutlich ein. "Narrative Denials" spielen daher eine größere Rolle.

Bei "typischen" Fate-Genres hingegen, z. B. Pulp, Action oder Heroic Fantasy, sind diese Grenzen relativ locker, die Charaktere haben sehr große Handlungsspielräume – sie sollen larger-than-life sein, coole Dinge tun, haarsträubende Situationen meistern, und so weiter. Da stehen vor allem die "narrative permissions" im Mittelpunkt: Was kann dein Charakter, was andere nicht können?

Aber klar, auch dort spielt "narrative denial" beizeiten eine Rolle. Zum Beispiel, wenn eine Gruppe Pulp-Helden gegen Kaiju kämpft – natürlich können sie so ein Riesenmonster nicht einfach mit ihrem Revolver über den Haufen schießen und sagen "hey, das war eine Attacke, er muss doch Stress bekommen!" Natürlich müssen sie erst mal einen Weg finden, mit diesem Ding auf Augenhöhe zu agieren. Besorgt euch einen Panzer! Steigt in einen Kampfjet! Bewerft es mit Atombomben! Baut Anti-Kaiju-Mecha! DANN können wir darüber reden, ob ihr das Ding attackieren könnt...wenn ihr es schafft, nahe genug heran zu kommen. Und schnell genug wieder zu verschwinden, um nicht von eurer eigenen Bombe geröstet zu werden.
« Letzte Änderung: 24.09.2014 | 23:02 von Tar-Calibôr »

Draig-Athar

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Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #8 am: 25.09.2014 | 12:25 »
Entschuldigung, ich habe mich wohl zeimlich unglücklich ausgedrückt. Eigentlich wollte ich auf genau das hinaus, was du geschrieben hast. Meine Formulierung "manchmal mit anderen Vorzeichen" war leider sehr schlecht gewählt, da treffen es deine "engere und weitere narrativen Grenzen" einfach viel besser.

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Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #9 am: 25.09.2014 | 12:52 »
Baut Anti-Kaiju-Mecha!
Die heißen "Jaeger". ;)

Das Einhalten von Genre-Konventionen ist m.E. der entscheidende Punkt, der FATE und andere Erzählrollenspiele funktionieren lässt.
Nicht nur bei Horror, sondern generell. Nur ist bei Horror der Rahmen vielleicht etwas enger gesteckt, als beispielsweise bei Fantasy,
wo man leichter mal einen herbeierzählten Fakt noch eben so akzeptieren kann.
Dessen müssen sich einfach alle Spieler bei Spielbeginn bewusst sein und sich im Idealfall ins Genre eingelesen haben.
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Re: (Klassischer) Horror mit FATE
« Antwort #10 am: 25.09.2014 | 18:29 »
Das Einhalten von Genre-Konventionen ist m.E. der entscheidende Punkt, der FATE und andere Erzählrollenspiele funktionieren lässt.
Nicht nur bei Horror, sondern generell. Nur ist bei Horror der Rahmen vielleicht etwas enger gesteckt, als beispielsweise bei Fantasy,
wo man leichter mal einen herbeierzählten Fakt noch eben so akzeptieren kann.
Dessen müssen sich einfach alle Spieler bei Spielbeginn bewusst sein und sich im Idealfall ins Genre eingelesen haben.

Perfekt dargestellt!  :d
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