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vergessene Klassiker oder das SF/Fantasy-Antiquariat

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Suro:
Mir unbekannt war bis vor kurzem auch:
"Picknick am Wegesrand"(1971) von den beiden Russen Arkadi und Boris Strugacki.


--- Zitat ---Das Buch beschreibt Lebensepisoden einiger Bewohner der Stadt Harmont, in der vor vielen Jahren der „Besuch“ durch eine fremde Zivilisation stattgefunden hat. Damals ist die Zone entstanden, ein Gebiet, in dem viele Merkwürdigkeiten von den Besuchern hinterlassen wurden. Naturgesetze scheinen teilweise aufgehoben, Artefakte und Fallen bedrohen alle Eindringlinge. Die Hauptfigur des Romans ist Roderic Schuchart, ein „Schatzgräber“, einer jener Männer, die unerlaubt unter Einsatz ihres Lebens in die Zone eindringen, dort Artefakte sammeln und sie auf dem Schwarzmarkt zu Geld machen. Vom Leben gezeichnet, begibt er sich schließlich auf die Suche nach einer sagenumwobenen goldenen Kugel in die Zone. Dieser Kugel wird nachgesagt, sie würde alle Wünsche erfüllen.

Bemerkenswert ist das Nachwort von Stanisław Lem in der Suhrkamp-Ausgabe des Buches, in dem S. Lem die Geschichte rekapituliert und diese als „Ausgangsbedingung für ein Gedankenexperiment der ‚experimentellen Geschichtsforschung‘“ analysiert.
--- Ende Zitat ---
(Wikipedia)

Ist die Vorlage zu sowohl dem Film als auch dem Computerspiel "Stalker" - wenn auch recht frei, in beiden Fällen.

Visionär:
Die Gebrüder Strugatzki sollten vom Buch "das Experiment" her doch hinreichend bekannt sein. Finde ich besser als "Picknick am Wegesrand"

Mr Grudenko:
Vielleicht etwas recht abwegig, aber mal was aus deutschen Landen:

Carl Amery: "Das Köngisprojekt" (1974)

Leonardo daVinci baut für den Papst eine Zeitmaschine, allerdings scheitert der Versuch, Luther zu ermorden kläglich, weil sich die Geschichte halt nicht ändern läßt. Daraufhin werden speziell ausgebildete Schweizergardisten auf Zeitreise geschickt, um die Geschichtsschreibung zu ändern (bestimmte Passagen in Chroniken ändern, mündliche Überlieferung beeinflussen etc.), um so die Ziele des Vatikans durchzusetzen, u.a. die Re-Katholosierung Schottlands u.ä. Jedoch geht nicht alles wie geplant, weil sich die Agenten teilweise selbst (verschieden alt) begegnen/im Weg stehen.

Carl Amery: "An den Feuern der Leyermark" (1979)

Die Geschichte wie 1866 die Bayern mit Hilfe nordamerikanischer Söldner den Krieg gegen die Preußen gewinnen, sich hinterher relativ schnell die Demokratie in Deutschland ausbreitet und das ganze 100 Jahre später von einer extrem biederen deutschen Republik gefeiert wird.
Der Roman hat nicht wirklich eine durchgehende Geschichte, sondern springt fröhlich in den Zeiten, Orten und Handlungen, immer wieder werden Zeitungsartikel und Zeitschriftenaufsätze aus den alternativen 1960er eingestreut und das ganze mit einem recht altertümlichen und seltsam geschriebenen Deutsch (nach einer aus Süddeutschland initiierten Rechtsschreibreform)

Doc Letterwood:
Sehr zu empfehlen für alle SF-Fans: Die Heyne-Bibliothek SF-Klassiker.

U.a. bisher gelesen:

Der ewige Krieg (Joe Haldeman)


--- Zitat ---In dem Roman werden Soldaten in einem galaktischen Krieg durch Kollapsare mit Überlichtgeschwindigkeit in die Nähe ihrer Ziele verfrachtet, legen aber den Weg zu und von den Kollapsaren mit einer Geschwindigkeit nahe dem Licht zurück. Durch den sich dadurch ergebenen Effekt der Zeitdilatation vergehen zwischen den verschiedenen Kämpfen für die Soldaten nur Monate, auf der Erde jedoch gehen Jahre ins Land. Der Abstand in Sitten und Werten zwischen den Kämpfenden und der Gesellschaft, die sie ausgeschickt hat, wird so immer größer. Eine wirkungsvolle Allegorie für den Entfremdungsprozess heimkehrender Soldaten und die Frage nach dem Zweck von Kriegen. Am Schluss des Romans verstehen sich die Krieg führenden Gesellschaften gut miteinander, die überlebenden Soldaten werden aber von den inzwischen lebenden Menschen als fremd erlebt. Zu den beeindruckendsten Abschnitten des Romans gehört der Teil, in dem der Protagonist nach Abschluss seiner Dienstzeit auf die Erde zurückkehrt, aber nach kurzer Zeit feststellt, dass er mit den dortigen Lebensverhältnissen überhaupt nicht mehr zurechtkommt und sich aus Verzweiflung für eine weitere Militärdienstzeit verpflichtet - wie fast alle seiner Kameraden auch.

Der Roman fand vor allem deshalb so große Anerkennung, weil er einerseits den Zeitgeist traf und als einer von sehr wenigen SF-Romanen politische Themen aufgriff, andererseits aber den Regeln des Genres entsprechend spannend blieb, nicht zum Pamphlet ausartete. Innerhalb der Science Fiction gilt The Forever War als Gegenpart zu Starship Troopers von Robert Heinlein, worin deutlich promilitärische Positionen ausgedrückt werden.
--- Ende Zitat ---
(wikipedia.de)

Haldeman, Veteran des Vietnam-Krieges, hat darin sehr viel besser noch als Heinlein in "Starship Troopers" die Absurdität des Krieges thematisiert und...ich muss sagen, dies war das erste Buch, in dem mich eine Abschiedsszene fast zu Tränen gerührt hat.

Lobesang auf Leibowitz (Walter M. Miller jr.)


--- Zitat ---Walter M. Millers gefeierter Science-Fiction-Klassiker Lobgesang auf Leibowitz beginnt mit der zufälligen Ausgrabung eines heiligen Artefakts: ein zerknitterter, bröckliger Zettel, vom heiligen Sankt Leibowitz selbst beschrieben, auf dem zu lesen ist: "500 gr. Pastramischinken, Dose Sauerkraut, 6 Bagel -- für Emma mitbringen." Für die Brüder des Heiligen Leibowitz ist dieser von einem obskuren Ingenieur aus dem 20. Jahrhundert geschriebene heilige Einkaufszettel ein Symbol der Hoffnung aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit noch vor der "Simplifizierung", dem feurigen atomaren Holocaust, der die Erde in Dunkelheit und Ignoranz stürzte.

So wie 1984 von George Orwell vor dem Stalinismus warnte, warnt Lobgesang auf Leibowitz aus dem Jahre 1959 vor der Bedrohung und den Auswirkungen der atomaren Vernichtung. Indem er ein Mönchskloster in einer Abtei in Utah über einen Zeitraum von sechs- bis siebenhundert Jahren beobachtet, befasst sich dieser komische, doch trostlose Roman mit den soziologischen und religiösen Auswirkungen des zyklischen Aufstiegs und Untergangs der Zivilisation und fragt sich, ob die Menschheit jemals mehr erwarten kann, als dass sich ihre eigene Geschichte ständig wiederholt. Lobgesang auf Leibowitz ist in drei Teile untergliedert -- Fiat Homo ("Lasset uns Menschen machen"), Fiat Lux ("Es werde Licht") und Fiat Voluntas Tua ("Dein Wille geschehe"). Es ist durchdrungen von Katholizismus und Latein und untersucht den faszinierenden, scheinbar launischen Prozess um das Wie und Warum der Heiligsprechung. --Paul Hughes
--- Ende Zitat ---
(amazon.de)

Ein großartiges, manchmal absurd komisches und doch nachdenklich machendes Werk von Miller, in dem die atomare Bedrohung und die zu erwartende Zukunft durch die Lupe des Katholizismus und durch die Augen des christlichen "Untoten" Lazarus betrachtet wird.


Lyonesse:
Mir fällt noch Michael Shea ein, der einmal treffend als eine Mischung aus Jack Vance trifft Hieronimus Bosch beschrieben wurde - verdrehte, groteske und intelligente Fantasy, die wahrlich nicht von der Stange ist. Gelesen habe ich von ihm:
A Quest for Simbilis (Cugel in der Unterwelt - authorisiertes Cugel-Sequel von 1974))
The Incompleat Nifft, bestehend aus: Nifft the Lean und The Mines of Behemoth (Die Reise durch die Unterwelt und Fischzug im Dämonenmeer)
The A'Rak (nicht auf deutsch)
Shea hat u.a. auch einige Kurzgeschichten und einen Horrorroman im Stile Lovecrafts verfasst - The Color out of Time/Die Farbe aus der Zeit. Die Fantasyromane, die ich von ihm kenne, strotzen vor wunderbaren Einfällen und ließen ihn zweimal den World Fantasy Award gewinnen; dennoch ist er relativ obskur geblieben, was wahrscheinlich auch damit zu tun hat, daß seine Stoffe nicht besonders leicht verdaulich und wohl auch nicht jedermanns Geschmack sind.
Ich würde empfehlen ihn, wenn überhaupt dann im Original zu lesen - auch wenn seine Wortwahl ähnlich schwer wie die von Vance ist -, da mir zB. bei 'Cugel in der Unterwelt' Kürzungen in Lore Strassl's Übersetzung aufgefallen sind, die sogar in der neuen FanPro Ausgabe leider nicht behoben wurden.

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